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SEEMANNSCHAFT & SEGELPRAXIS
BLITZSCHLAG
Geballte Ladung
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Text: KAI KÖCKERITZ
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nisternde, unheimliche
Lichter züngeln an den
Mastspitzen und in einigen
Fällen am Bugspriet empor: Elmsfeuer. Da Seeleute
schon immer stark dem Aberglauben
verfallen waren, galten diese gespenstischen Lichter als Unglücksboten und
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kündigten angeblich den nahen Untergang des Schiffes an. Dass dieser Aberglaube durchaus gerechtfertigt war, zeigt
die Physik. Bei einem Elmsfeuer handelt
es sich um kleine Entladungen zwischen
Luft und Bootskörper, die durch einen
Potenzialunterschied zwischen beiden
Objekten entstehen. Dafür muss die
umgebende Luft aber auch stark geladen
sein, was nur bei einem aufziehenden
Gewitter der Fall ist. Daher besteht bei
einem Elmsfeuer auch erhöhte Gefahr
eines Blitzeinschlages. Schlug der Blitz
dann tatsächlich in ein Schiff ein, konnte eine Katastrophe oft nicht verhindert
werden: Masten wurden gespalten, fingen Feuer und setzten im schlimmsten
Fall das Schiff in Brand. Für einen effektiven Blitzschutz ist Holz ein denkbar
schlechter Werkstoff. Ebenso wie GFK in
heutiger Zeit. Dass auch heute noch ein
Blitzschlag erhebliche Schäden verursachen kann, zeigt die Geschichte des
segeln-Lesers Michael Pullich. Während
eines Sommertörns schlug der Blitz in
dessen topgepflegten 20er Jollenkreuzer
ein und verursachte einen Totalschaden.
Um solchem Verlust vorzubeugen, haben
wir für Sie zusammengestellt, wie sich
ein effektiver Blitzschutz an Bord realisieren lässt. Dass ein nahendes Gewitter
aber auch durchaus zu neuen Bekanntschaften führen kann, zeigt die Geschichte von Manfred Pienemann, einem
Mitglied des segeln-Leserbeirates, der
sich auf der Flucht vor einem Unwetter
unverhofft mit zwei Finnen in einem
Unterstand wiederfand.
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Die letzte Fahrt der opus73
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Text und Fotos:
MICHAEL PULLICH
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A
uch im vorigen Jahr
sollte es mit unserem
20er Jollenkreuzer
wieder nach Schweden
gehen. Unser Plan sah vor,
möglichst früh zu starten,
am 1. Juli in Stockholm
anzukommen, am 12. Juli in
Sigtuna zu sein und dann
so zurückzusegeln, dass wir
rechtzeitig zur 20er Meisterschaft Mitte August wieder in
unserem Heimatclub in Bad
Zwischenahn wären. Doch es
sollte alles anders kommen.
Nach einigen Tagen schönen Segelns kündigte sich
schlechtes Wetter an. In
Schweden sendet Stockholm
Radio zweimal täglich einen
revierbezogenen Küstenwetterbericht und sprach eines
Tages von Schauern, einzelnen Gewittern und mäßigen
bis frischen Winden aus
nördlichen Richtungen. Kein
richtiges Sommerwetter, doch
wir machten opus73 seeklar.
Das Segeln machte auch bei
diesem Wetter Spaß. Doch
als wir den Bockholmssund
erreichten, ging es in harte
Arbeit über. Die hochbewaldeten Ufer treten hier auf
nur 200 Meter zusammen,
der Sund verläuft in OstWest-Richtung, und von
dem frischen Nordwind kam
unten nichts an. Wir brauchten fast zwei Stunden, bevor
wir nördlich des Leuchtfeuers Långhällsudde wieder
freies Wasser erreichten. Hier
wehte nun Nordwind mit
vier Beaufort und entsprechender Welle. Wir liefen
Kurs Nordnordwest und über
uns hing inzwischen eine
geschlossene Wolkendecke,
die bisher graue Bewölkung
wurde immer schwärzer und
bald sahen wir erste Blitze.
Wir zogen unser Ölzeug an
und schlossen Schotten und
Luk. Südlich von uns begann
es heftig zu regnen, und in
Erwartung einer Gewitterböe
reffte ich das Großsegel.
Aber es kam anders als erwartet; da wir offensichtlich
mitten unter dem Zentrum
des Gewitters waren, kam
der Wind plötzlich von allen
Seiten, so irrwitzig wie ich es
noch nie erlebt hatte. Mal regnete es 50 Meter an Backbord,
während wir im Trockenen
saßen, mal direkt über uns,
dann wieder vor dem Schiff
oder achteraus. Der Wind
wehte nicht stark, aber in seiner Richtung so unvorhersehbar, dass an ein geordnetes
Segeln nicht mehr zu denken
war. Ich startete den Außenborder und wir bargen das
Großsegel. Eine Ankerbucht
in circa zwei Seemeilen Entfernung hatten wir uns zum
Abwettern bereits ausgeguckt.
Kaum war das Groß geborgen,
hörte ich einen ohrenbetäubenden Knall.
Ich war zunächst wie taub;
mein Blick in den Masttopp
bestätigte, dass uns ein Blitz
erwischt haben musste: der
Windex war verschwunden,
die Topplaterne geborsten.
GPS und elektronischer
Windanzeiger waren ausgefallen, ebenso Funk und Mobiltelefon. Es roch verdächtig
nach Strom. Meine Frau sah
zwar pudelnass, aber – zum
Glück – gesund aus und wirkte auch nicht verstört. Auch
ich fühlte mich bis auf das
heftige Pfeifen im Ohr ganz in
Ordnung.
Der Motor lief noch und unter Deck war nur die Schalttafel am Mastfuß auseinandergeflogen.
Als meine Frau eine halbe
Stunde später auf zwei
Meter Wassertiefe den Anker
ausbrachte, meldete sie
von vorne, dass der Steven
beschädigt sei – eine gelinde
Untertreibung! Der Steven
war von oben bis auf den Kiel
gespalten, an Steuerbord hatte sich die Beplankung komplett vom Steven gelöst. Ein
Blick über Bord zeigte mir,
dass der Wasserpass unter der
Wasserlinie verschwunden
war – das Schiff musste undicht sein. Ich ‚tauchte‘ in die
Kajüte, räumte Ausrüstung
und Polster beiseite, um an
die Handlochdeckel des vorderen Auftriebsraums zu gelangen. Als ich einen öffnete,
stand das Wasser direkt unter
der Öffnung; schnell wieder
zu, um ein weiteres Volllaufen des Bootes zu verhindern.
Regelrecht gespalten wurde
auch die Carbon-Ruderpinne.
Zwei Solarpaneele auf der
Heckeindeckung und der
dazugehörige Regler waren
zerstört, der Batterielader und
die Anschlusskabel für GPS,
Telefon und Funk hatten den
Geist aufgegeben. Merkwürdigerweise waren die daranhängenden Geräte heil geblieben,
auch die Bordbatterie hatte
den Blitzeinschlag überlebt.
Nach (sehr) kurzer Beratung Z
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SEEMANNSCHAFT & SEGELPRAXIS
BLITZSCHLAG
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mit unbrauchbaren Vorschlägen wie „mit Tape zukleben“
und ähnlichen abstrusen Ideen entschied ich, Ankerauf
zu gehen und das Boot an geeigneter Stelle auf Grund zu
setzen. Knapp eine Seemeile
von unserem Ankerplatz
entfernt fanden wir hinter
einer Huk eine Bootsrampe
mit seitlichem Steg. Genau
richtig. Zum Glück befand
sich diese Rampe auch auf
dem Festland und nicht auf
einer Insel, sodass sich die
Möglichkeit bot, das Boot
später mit unserem Trailer zu
bergen. Wir machten seitlich
am Steg fest, nahmen zwei
Fender, die wir unter den Bug
quetschten, zogen opus73
auf den rollenden Fendern so
hoch auf die Rampe, wie es
unsere Kräfte gestatteten, und
sicherten das Boot mit zwei
Leinen vom Bug zu Befestigungspunkten an Land. Nach
nur 400 Seemeilen war unser
Urlaubstörn zu Ende.
Etwas später inspizierten
wir unser Boot genauer. In
den Stauraum unter meiner
Koje an Steuerbord war auch
Wasser eingedrungen, der
Schlafsack war nass und es
waren drei kleine Löcher in
der Außenhaut des Rumpfes
zu erkennen, die aber jetzt
dank des Auflegens etwas
über der Wasserlinie lagen.
Die Handlochdeckel des vorderen Auftriebsraumes sind
nicht hundertprozentig dicht,
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sodass die vorderen Polster
feucht waren. Wir brachten
die nassen Sachen auf den
Steg und breiteten sie zum
Trocknen aus.
Rechts und links vom
Mastfuß sind kleine Stauräume. An Steuerbord lagerten
zehn Saftkartons; jeder hatte
durch den Blitz ein kleines
Loch bekommen und der Saft
suppte langsam in die Bilge.
Mit etwas Tape dichteten wir
len – schulterte ich meinen
Rucksack und nahm den Bus,
um unser Trailergespann zu
holen.
Am nächsten Morgen
konnten wir das Boot mit
Hilfe eines Treckers an Land
ziehen. Erst jetzt erkannten
wir das ganze Ausmaß des
Blitzschadens: Das Unterwasserschiff hatte an vielen
Stellen Löcher durch Blitzaustritte; auch der achtere
Widerstand, über Wanten,
Stage und Püttinge, abgeleitet.
Als Widerstand war jedoch
der hölzerne Bootskörper im
Weg. Die weitere Blitzableitung geschah deshalb über
die metallene Stevenschiene,
das Kohlefaser-Ruder und
Schwert und – als Besonderheit – über den kupferhaltigen
Antifouling-Anstrich, der eine
gute Leitfähigkeit zum Wasser
herstellte. So sind dann auch
deutliche Starkstromüberschläge im Bereich des Stevens, des gesamten Unterwasserschiffes, des Schwertes, der
Spiegelabrisskante und des
Ruders zu sehen.
Bedingt durch den als Isolator wirkenden Bootsrumpf –
zwischen gut leitendem Mast
und kupferhaltigem Antifouling – kam es sehr wahrscheinlich zu einer Überwärmung des Bootsrumpfes, mit
der Folge, dass das Epoxydharz teilweise über seinen
Einweichungspunkt von circa
90 Grad Celsius erwärmt
wurde und damit seine
Klebkraft eingebüßt hat.
Die formverleimte Bootsschale wurde dadurch
delaminiert.
Eine Prüfung der mit
Epoxydharz formverleimten
Bootsschale an Backbord,
Steuerbord und am Heck
ergab keinen Zusammenhalt
der Furnierschichten. Die
Furnierschichten ließen sich
in langen Streifen per Hand
abziehen. Die Formstabilität
ist nicht mehr gewährleistet. “
Das hätte ein sehr trauriges Ende für unsere geliebte
opus73 bedeutet. Trotz des
verheerenden Gutachtens
entschlossen wir uns zu einer
umfassenden Reparatur, in
der die äußeren vier Furnierschichten komplett abgefräst
und neu auflaminiert werden.
Die Reparatur ist noch im
Gange, es sieht aber vielversprechend aus, dass die alte
Struktur wieder hergestellt
werden kann.
»Die Carbon-Pinne und der Vorsteven
waren regelrecht gespalten«
die Saftkartons wieder ein.
Die an Backbord lagernden
Weinflaschen waren hingegen
unbeschädigt – zum Glück.
Wir lenzten den Doppelboden
– keine Pumpe dabei! Also
mit dem Zahnputzbecher! –
und stellten fest, dass kaum
Wasser nachkam. Geschätzt
nur ein halber Liter in einer
Stunde.
Nach einer Nacht mit nur
wenig Ruhe – die Gedanken
ließen sich nicht abstel-
Doppelboden war undicht,
der Unterwasseranstrich aus
VC17m war an vielen Stellen
großflächig verbrannt und
am Spiegel war ein Stück
Holz weggeflogen. Zu Hause
begutachteten ein Bootsbauer
und ein Sachverständiger der
Versicherung das Boot. Die
Zusammenfassung des Sachverständigen ergab:
„Die Schäden am Unterwasserschiff des Bootsrumpfes
zeigen typische Blitzaustritt- beziehungsweise Eintrittsspuren.
Vermutlich erfolgte
der Blitzeinschlag in
den Masttopp, wurde
von dem AluminiumMast gut, weil geringer
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Den Blitz
handeln
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Text: KAI KÖCKERITZ
den meisten Fällen circa 20.000 Ampere,
kann aber auch bei etwa zwei Prozent
der Einschläge mehr als 100.000 Ampere
erreichen.
Da die Wahrscheinlichkeit eines Blitzeinschlages an Bord nicht kontrolliert
werden kann, muss ein anderer Weg
eingeschlagen werden, um die gewaltigen Stromstärken zu bewältigen, die innerhalb weniger Millisekunden entfacht
werden. Blitzschutz bedeutet nämlich,
den Blitz unter Kontrolle zu bringen.
Diese Vorgehensweise lässt sich auf zwei
wesentliche Punkte reduzieren:
• Mit einem Blitzfänger den Einschlagpunkt am Mast genau festlegen.
Ü
PA N TA E N I U S
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Alles richtig
gemacht ...
GER11153
ber Gewitter und Blitze herrschte
seit jeher weit verbreiteter Irrglaube und Desinformation. “Weiden
meiden und Buchen suchen!“. Nur einer
der vielen – falschen – Merksätze, die als
Volksweisheit in die deutsche Sprache
gefunden haben. Blitze bevorzugen keine
bestimmten Baumarten, sondern höher
gelegene, spitz zulaufende Objekte.
Dem Segler kann bei einem Blick hoch
ins Rigg schon Angst und Bange werden:
Wenn es schlecht läuft, ist der Mast bei
einem Gewitter das höchste Objekt weit
und breit. Noch dazu meist aus einem
Werkstoff, der hervorragend elektrische
Energie leitet – Aluminium. Der Schluss
liegt nahe, dass Masten in einem Gewitter regelrechte Blitzfänger sind. Dennoch
sind Berichte über Blitzeinschläge auf
Yachten selten und die genauen Abläufe
eines Blitzschlages trotz einiger Jahrhunderte Blitzforschung noch nicht hinreichend erforscht. Noch geht man davon
aus, dass der genaue Einschlagpunkt
dem Zufallsprinzip unterliegt. Erst auf
den letzten Metern „sucht“ der Blitz eine
günstige Stelle, um sich zu entladen.
Eine Yacht auf offener See ist daher auch
kein Blitzmagnet, der Blitze aus einigen
Kilometern magisch anzieht. Allerdings
ist das Risiko, von einem Blitz getroffen
zu werden, an Bord wesentlich größer
– ganz gleich, ob das Rigg geerdet ist
oder nicht. Die unter Seglern verbreitete
Annahme, ein isolierter, nicht geerdeter
Bootsrumpf sei sicher vor einem Blitzeinschlag, ist daher auch der Kategorie
Irrglaube zuzuordnen.
Die meisten Blitze toben sich einige Kilometer über dem Masttopp aus und sind
Entladungen innerhalb der Wolken.
Die Stromstärke eines Blitzes beträgt in
• Den Strom anschließend über ausreichend dimensionierte Kabel auf dem
einfachsten, schnellsten und damit kürzesten Weg ins Wasser leiten.
Der Mast mit Stagen und Wanten bildet
das Grundgerüst eines Faradayschen
Käfigs – es fehlt nur der Abschluss zur
Erde. Bei Stahl- und Aluminiumyachten
ist der Käfig sogar bereits vollständig.
Eigner einer GFK-Yacht müssen hingegen
einen Weg finden, den Strom auf vorgegebenen Bahnen durch den isolierenden
Kunststoffrumpf nach außen zu leiten.
Erst dann ist der Faradaysche Käfig
abgeschlossen, funktionsfähig und die
Besatzung vor lebensgefährlichen Über- Z
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schlägen sicher. Überschläge entstehen,
wenn der Blitz sich einen Weg durch das
Schiff ‚suchen’ muss. Im ungünstigsten
Fall über den Menschen. Verantwortlich
ist dafür der sogenannte Potenzialausgleich, der zwischen zwei verschieden
geladenen Objekten stattfindet. Die
Potenzialunterschiede an und unter
Deck sind bei einem nicht geerdeten
Schiff gewaltig, und es sind extrem hohe
Spannungen erforderlich, um einen Potenzialausgleich zwischen den Objekten
zu schaffen. Daher müssen sowohl Mast,
Wanten und Stagen als auch Relingsstützen und alle größeren Metallgegenstände
durch Leitungen mit einer gemeinsamen
Erde verbunden werden. Mit einem
Querschnitt von 16 Quadratmillimetern
bei Wanten und Stagen und acht bei Relingsstützen sind die Kabel ausreichend
dimensioniert, um den Strom sicher zu
leiten und einen für den Menschen ungefährlichen Potenzialausgleich im Schiff
zu schaffen. Die elektrische Verbindung
des Mastes zur Erde sollte mindestens
über einen M8- oder besser einen M10Bolzen geschehen. Manche Schiffe verfügen über eine Maststütze aus Edelstahl,
die allerdings elektrisch nicht mit dem
Mast verbunden ist. Nur die Maststütze zu erden ist daher nicht genug. Erst
muss eine Verbindung zwischen Mast
und Stütze hergestellt werden. Wenn
die Kräfte des Mastes unter Deck durch
das Hauptschott aus Holz aufgenommen
werden, ist es etwas aufwändiger, den
Mast zu erden. In diesem Fall darf man
auch nicht der Versuchung erliegen, das
Erdungskabel hinter der Deckenverkleidung bis an die Bordwand zu führen, um
es an ihr entlang nach unten zu führen.
Um menschliche Opfer bei einem Blitzschlag zu vermeiden, müssen optische
Opfer gebracht werden: Die Haupterdung
muss vom Mast kommend auf direktem
Wege nach unten geführt werden – am
Hauptschott entlang. Keine Knicke, keine
großen Kurven.
Bei der Erdung eines Blitzschutzes ist
interessanterweise das Fahrtgebiet von
entscheidender Bedeutung. Da Salzwasser eine wesentlich bessere Leitfähigkeit
besitzt als Süßwasser, ist der Widerstand
im Süßwasser, den der elektrische Strom
überwinden muss, teilweise hundertmal
höher. Durch einen elektrischen Widerstand ( R ) wird eine Spannung ( U ) erzeugt, sobald Strom ( I ) anliegt. In einer
Formel ausgedrückt: U= R x I
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Dadurch ergeben sich auf Binnenrevieren mit Süßwasser erstaunlich hohe
Spannungen, die nur durch eine ausreichend große Erdungsfläche kontrolliert
werden können.
Vereinfacht dargestellt:
• eine kleine Platte mit 0,02 Quadratmetern hat in der Nordsee einen Erdübergangswert von einem Ohm: 20.000 x 1 =
20.000 Volt
• dieselbe Platte hat im IJsselmeer einen
Erdübergangswert von stolzen 100 Ohm:
20.000 x 100 = 2.000.000 Volt
Ist das Schiff nicht ausreichend geerdet,
entsteht hohe Spannung – im schlimmsten Fall kann es zu rückwärtigen Überschlägen kommen: Der Blitz schlägt aus
dem Wasser zurück in das Schiff.
Daher ist gerade in Süßwassergebieten
auf eine ausreichende Erdung zu achten!
Schiffe mit untergebolzten Metallkielen
sind wesentlich einfacher nachzurüsten,
da der Kiel als Erde verwendet werden
kann. Die einzelnen Leitungen werden
in diesem Fall am Kielbolzen zusammengeführt. Schwieriger gestaltet sich
das Nachrüsten auf Schiffen mit einem
ummantelten Kiel. Am Unterwasserschiff
muss eine Kupfer- oder Stahlplatte befestigt werden, die mit den Leitern unter
Deck verbunden wird.
Ein ausreichendes und komplettes
Blitzschutzsystem nachzurüsten, ist eine
kosten- und zeitintensive Maßnahme, die
an Bord aufgrund der beengten Platzverhältnisse oft nicht zu 100 Prozent
möglich ist. Daher ist ein komplettes
Blitzschutzsystem oft nur innerhalb
eines Totalrefits möglich, in dem der
Innenraum zu großen Teilen entkernt
wurde. Nur so lassen sich die Leitungen exakt verlegen und die Bordelektronik entsprechend installieren. Auf
älteren und kleineren Schiffen können
die Kosten schnell an den Zeitwert des
Bootes grenzen. Weshalb im Fachhandel behelfsmäßige Blitzschutzanlagen
vertrieben werden, die nach einem
einfachen, aber auch effektiven Prinzip
funktionieren:
Am Mast wird ein Kugelkopfbolzen
fest installiert. Sobald ein Gewitter
aufzieht, wird eine Schraubklemme
an ihm befestigt und durch Leitungen
und Federklemmen an den Oberwanten
befestigt. Auf der Höhe der Oberwanten
wird ein Kupfergewebeband mindestens
1,50 Meter in das Wasser gelassen. Der
Faradaysche Käfig ist geschlossen und
der Blitz wird auf direktem Weg ins Wasser abgeführt. Das Kupfergewebeband
erreicht allerdings nicht die erforderliche Erdungsfläche, um Überschläge zu
vermeiden. Ein gewisses Restrisiko bleibt
bestehen und Vorsicht ist aufgrund des
höheren Widerstandes im Süßwasser
gerade auf Binnenrevieren geboten. Bei
Mörer Schiffselektronik, die seit einigen
Jahren eine durch den Verband der Elektrotechnik (VDE) geprüfte Anlage vertreiben, kostet das komplette System für ein
32 Fuß Schiff circa 470 Euro.
WEITERFÜHRENDE LITERATUR
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