Schaulaufen der edelflitzer - Classic Event Organisation
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Schaulaufen der edelflitzer - Classic Event Organisation
Gourmet Der „International Lamborghini Owners Club“ im Passeiertal Schaulaufen der Edelflitzer Trotz einer bewegten Firmengeschichte, inklusive wirtschaftlicher Probleme und Besitzerwechsel, steht der italienische Sportwagenhersteller Lamborghini auch anno 2011 für besonders extravagante Designs und ultraschnelle Boliden. Vor kurzem hielt der älteste Lamborghini-Club Europas sein Jahrestreffen in Südtirol ab. IN war beim Stelldichein der Edelflitzer im Passeiertal hautnah mit dabei. Von Jonas Benedikter 14 insüdtirol nr. 35 AUTOS Fotos: Matteo Groppo „I ch glaube, ich höre sie“, sagt Werner Merfels und lächelt leicht. Ob er als Autofan die mit Spannung erwarteten Sportflitzer der Marke Lamborghini nun tatsächlich hören kann oder ob seine Bemerkung vor allem dazu dienen soll, zwei ungeduldige Buben zu vertrösten, sei dahingestellt. Tatsache ist, dass die Anspannung unter den gut 40 Schaulustigen – darunter viele Paare mit Kindern – vor dem Sandwirt nun erst recht zum Greifen spürbar ist. Noch allerdings schlängelt sich nur der ganz gewöhnliche Vormittagsverkehr über die Passeirer Staatsstraße, die kurz vor dem Parkplatz des Sandwirts eine scharfe Rechtskurve beschreibt, ehe sie nach St. Leonhard weiterführt. „Jetzt müssten sie jeden Augenblick hier sein“, verkündet Werner Merfels, immer noch ohne erkennbare Anzeichen von Nervosität. Und tatsächlich: Ein weißer Lamborghini Diablo taucht mit satt brummendem Motorengeräusch hinter der Kurve auf und wird von Frau Merfels per Handzeichen in den Hauptparkplatz des Sandwirts gelotst. Die Ankunft des rassigen Sportflitzers war aber erst der Anfang: Fast im Sekundentakt treffen nun weitere Lamborghinis am Parkplatz ein. So gut wie alle Modelle der italienischen Edelschmiede sind zu bestaunen. Der Lärm der parkenden Boliden ist ohrenbetäubend, der Gestank der Auspuffgase durchdringend. Als sich die Flügeltüren der ersten Lamborghinis öffnen, werden die aussteigenden Besitzer von Schaulustigen empfangen, die einen ersten Blick in das Innere der Fahrzeuge zu erhaschen versuchen. Im allgemeinen Durcheinander sind Besitzer und Zuschauer nur schwer voneinander zu unterscheiden, da nur wenige Fahrer die schwarzen T-Shirts des „International Lamborghini Owners Club“ (ILOC) mit dem markanten Stier-Logo der italienischen Nobelmarke tragen. Als sich der Staub gelegt hat und auch die letzten Nachzügler freie Parkflächen ergattert haben, glänzen gut 30 Lamborghinis in der Passeirer Vormittagssonne. Der ILOC lädt, die Lamborghinis kommen Dass sich ausgerechnet das Passeiertal für einige Stunden zum Mekka für Lamborghini-Enthusiasten mausern sollte, ist beileibe keinem Zufall zu verdanken: Der bereits erwähnte „International Lamborghini Owners Club“, der älteste Verein seiner Art in Europa, hat Südtirol zum Schauplatz seines diesjährigen Europameetings auserkoren. Als „Basisstandort“ für das dreitägige Event mit mehreren Spritztouren und Besichtigungen dient das Thermenhotel in Meran. An diesem ersten Veranstaltungstag steht für die sportwagenbegeisterte Teilnehmerschaft eine Besichtigung des „MuseumPasseier“ auf dem Programm, ehe der gesamte Tross ins Sarntal weiterzieht. Werner Merfels, seines Zeichens Inhaber des veranstaltenden Unternehmens „Classic Event Organisation Germany“, organisiert seit 20 Jahren Motorsportund Oldtimertouren und kennt Südtirol wie seine Westentasche. Auch für ihn ist es jedoch die erste Erfahrung mit Lamborghini-Besitzern. „Insgesamt sind 65 Teilnehmer mit 33 Fahrzeugen nach Südtirol gereist. Die Sicherheitsmaßnahmen vor Ort? Wir haben uns gegen einen privaten Sicherheitsdienst zur Überwachung der Wagen entschieden, weil der beste Schutz durch die Öffentlichkeit gewährleistet ist. Deshalb haben wir einen Großteil der Lamborghinis vor dem Thermenhotel geparkt und Viele der Lamborghini-Besitzer öffneten bereitweillig die Flügeltüren und Motorhauben ihrer Flitzer, um den Zuschauern einen tieferen Einblick in die edlen Sportwagen zu ermöglichen. nr. 35 insüdtirol 15 AUTOS Emanuel Reich aus Absam in Tirol, mit Sohn Raphael und Töchterchen Paula „Das ist ein Diablo SE 30, eine ‚Special Edition‘ Baujahr 1994. Davon wurden nur 150 Stück gebaut. Der Wagen hat spezielle Magnesiumfelgen und einen besonders leistungsstarken Magnesium-Motorblock. Das war damals sicherlich das schnellste Straßenauto der Welt.“ Hubraum: 6 Liter | PS: 540 Höchstgeschwindigkeit: 333 km/h „Meine Begeisterung für die Marke Lamborghini hat schon in der Kindheit begonnen. Es war immer mein Ziel, so einen Wagen zu besitzen. Heute habe ich nicht nur einen, sondern fünf Lamborghinis. Dieser hier ist aber mein absolutes Prachtstück. Was das Besondere an diesen Sportwagen ausmacht? Die waren schon immer extravaganter als Ferraris, speziell was Form und Styling angeht. Lamborghinis hatten stets ein besseres, schöneres und aggressiveres Design zu bieten als die Konkurrenz.“ Peter Hausmann aus Königswinter in Nordrhein-Westfalen „Das ist der Murciélago LP640. Der ist mittlerweile gar nicht mehr im Handel zu haben. Deshalb ist das ein rares Stück.“ Hubraum: 6,4 Liter | PS: 540 Höchstgeschwindigkeit: 340 km/h „Als Lamborghini-Dealer für Bonn beschäftige ich mich seit mittlerweile 35 Jahren mit diesen Sportwagen, deshalb liegt meine Begeisterung auf der Hand. Wenn man mit Lamborghini groß geworden ist, dann steht man zu dieser Marke. Bald kommt übrigens das Nachfolgemodell für den Murciélago, der Aventador. Der wird ab 2012 an die ersten Kunden ausgeliefert werden. Der schönste Lamborghini für mich ist und bleibt aber der Miura.“ 16 insüdtirol nr. 35 Dr. Herbert Rausch aus Korschenbroich in Nordrhein-Westfalen „Das ist ein Lamborghini Espada. Dieses Modell wurde von 1968 bis 1978 hergestellt. Meiner ist der viertletzte, der gebaut wurde.“ Hubraum: 4 Liter | PS: 350 Höchstgeschwindigkeit: ca. 250 km/h „Ich habe mich schon während meiner Studienzeit Ende der 60er-Jahre für die Marke Lamborghini begeistert. Es gab zur damaligen Zeit nichts Vergleichbares zum Lamborghini Miura, auch nicht aus dem Hause Ferrari. Meinen Espada hier habe ich aber erst zu Beginn der 90er erstanden. Der Wagen war damals total verdreckt. Bei der Probefahrt flog sogar ein Scheibenwischer weg. Deshalb habe ich ihn auch zu einem günstigen Preis bekommen.“ Ewald Mattes aus Potsdam „Das ist ein Gallardo Baujahr 2004, einer der ersten, die gebaut wurden. Ich habe dieses Auto seit sieben Jahren, bin damit aber relativ wenig unterwegs. Das ist für mich ein reines Vergnügungsauto für gelegentliche Spritztouren.“ Hubraum: 5 Liter | PS: 500 Höchstgeschwindigkeit: 310 km/h „Ein Schweizer Freund mit einer kleinen Lamborghini-Sammlung hat mich 2003 zu einer 40-jährigen Jubiläumsfeier von Lamborghini eingeladen. Mir hat der verschworene Gemeinschaftssinn unter den Lamborghini-Enthusiasten damals ziemlich imponiert. Ein gutes Jahr später hat mich ein Bekannter dazu überzeugt, mir selbst so einen Wagen zu kaufen. Seitdem habe ich viel Spaß damit und mir noch zwei weitere Modelle zugelegt, einen Countach 5000 S mit 12-ZylinderMotor und einen roten Jalpa.“ Ein Lamborghini Murciélago testet den Asphalt der Passeirer Staatsstraße. Der „International Lamborghini Owners Club” (ILOC) Gründungsjahr: 1979 | Gründungsort: Offenbach am Main/Hessen | Präsident: Stefan Sehring Der „International Lamborghini Owners Club“ ist der älteste Lamborghini-Club Europas. Die derzeit rund 100 Mitglieder kommen hauptsächlich aus Deutschland, aber auch aus dem benachbarten Ausland. Grundvoraussetzung für den Beitritt zum ILOC ist der Besitz eines Fahrzeugs der Marke Lamborghini, aber auch „ein echter Enthusiasmus für Lamborghini“, wie es Clubpräsident Stefan Sehring ausdrückt. Der ILOC veranstaltet jährlich zwei Treffen für seine Mitglieder. www.iloc-ev.de auch nachts dort gelassen. Je mehr Leute um die Autos herum sind, desto besser“, erklärt Merfels hastig, bevor er sich unter die Clubmitglieder mischt, die zwischen den Schaulustigen hindurch in Richtung Museumseingang strömen. Einige besonders umgängliche Besitzer lassen sich derweil von der allgemeinen Hektik nicht anstecken und erlauben Kindern, für ein Erinnerungsfoto in ihren Boliden Platz zu nehmen. Andere öffnen auf Nachfrage die – bei Lamborghinis am Fahrzeugheck angebrachten – Motorhauben ihrer Wagen und genießen die staunenden Blicke auf ihre leistungsstarken Motorblöcke. Die Atmosphäre ist locker, der Umgangston unter den Besitzern freundschaftlich. Man kennt sich und nimmt sich die Zeit für einen entspannten Plausch unter Gleichgesinnten. Nur bei einem Thema halten sich die meisten Mitglieder bedeckt: Den Kaufpreis ihrer Wagen. Auch die Anzahl ihrer Lam- borghinis geben die meisten Besitzer auf Nachfrage nur widerwillig preis. Mit Vollgas ins Sarntal Die Schaulustigen aus der Umgebung kümmern derlei Fragen indes nur wenig: Viele berühren ehrfürchtig das Fahrgestell oder die Heckspoiler der edlen Sportwagen oder mustern die ledergepolsterte Innenausstattung ihres Lieblingsmodells. Den LamborghiniEnthusiasten steht aber noch ein ganz besonderes Schmankerl bevor: Mehr oder weniger nach Zeitplan verlassen die Mitglieder des ILOC das „MuseumPasseier“ und nehmen ohne Eile in ihren Karossen Platz. Anschließend brausen sie einzeln in Richtung Sarntal davon. Ein Spektakel, das an der Parkplatzausfahrt für klingelnde Ohren und neidische Blicke sorgt. Kein Wunder: Nach einem Vormittag inmitten rassiger Sportflitzer fällt es irgendwie schwer, wieder mit dem eigenen Allerweltsauto vorlieb nehmen zu müssen.