„Wir investieren auch in Immobilien und Unternehmensanleihen“
Transcrição
„Wir investieren auch in Immobilien und Unternehmensanleihen“
18 BZB Juni 13 Politik KZVB „Wir investieren auch in Immobilien und Unternehmensanleihen“ Die Bayerische Ärzteversorgung trotzt der Niedrigzinsphase BZB: Der SPIEGEL berichtet, dass einige Versorgungswerke aufgrund der Niedrigzinspolitik Schwierigkeiten haben. Sie können die nötigen Kapitalrenditen nicht mehr erzielen. Wie ist die Situation bei der Bayerischen Ärzteversorgung? Förster: Die Bayerische Ärzteversorgung hat das Geschäftsjahr 2012 gut gemeistert. Eine Nettorendite von 4,3 Prozent kann sich angesichts des angespannten gesamtwirtschaftlichen Marktumfelds durchaus sehen lassen. Das Gesamtvolumen der Kapitalanlagen ist weiter gewachsen und beträgt auf Buchwertbasis rund 17,9 Milliarden Euro. Die Bayerische Ärzteversorgung ist daher trotz anhaltender Kapitalmarktturbulenzen und niedriger Zinsen – von denen übrigens alle Marktteilnehmer (Versicherungen wie Privatanleger) gleichermaßen betroffen sind – gut aufgestellt. Dass die Finanzierung gesichert ist, wird jährlich durch das versicherungsmathematische Gutachten, unabhängige Wirtschaftsprüfer sowie durch die Versicherungs- und Rechtsaufsicht des Freistaats Bayern mit eigenen Aktuaren bestätigt. Schneider: Für die Bayerische Ärzteversorgung ist entscheidend, dass die erzielte Rendite nicht über einen längeren Zeitraum unter dem Rechnungszins liegt, der für die versicherungsmathematischen Berechnungen der Anwartschaften und Renten des Versorgungswerks verwendet wird. Aktuelle Hochrechnungen haben gezeigt, dass selbst bei einem kontinuierlich niedrigen Marktzinsniveau über die nächsten Jahre der Rechnungszins des Versorgungswerks noch lange erreicht werden kann. Dies hat das Versorgungswerk im Wesentlichen der Zusammensetzung des Kapitalanlagenbestands, den in den letzten Jahren gebildeten Sicherheitspuffern sowie Foto: Bayerische Ärzteversorgung Die Zinsen auf den Kapitalmärkten kennen derzeit nur eine Richtung: nach unten. Für kurzfristige Anlagen gibt es mittlerweile gar keine Rendite mehr. Auch die Versorgungswerke leiden unter der Zinsflaute. Wir sprachen mit Dr. Michael Förster und Dr. Günter Schneider von der Bayerischen Ärzteversorgung darüber, wie das Versorgungswerk dennoch die notwendigen Renditen erwirtschaftet. Dr. Günter Schneider (l.) und Dr. Michael Förster vertreten die Zahnärzte im Verwaltungsausschuss der Bayerischen Ärzteversorgung. seinem elastischen Finanzierungsverfahren, dem offenen Deckungsplanverfahren, zu verdanken. BZB: In welche Anlageformen haben Sie die Beiträge Ihrer Mitglieder hauptsächlich investiert? Förster: Das Basisinvestment besteht derzeit zu 62 Prozent aus verzinslichen Anlagen und wird ergänzt durch Immobilien (fünf Prozent) und Investmentfonds (33 Prozent), wobei die Aktienquote bei rund neun Prozent liegt. Nun kann sich natürlich auch die Bayerische Ärzteversorgung dem schwierigen Kapitalmarktumfeld nicht entziehen. Es müssen deshalb Anlagen gefunden werden, die einerseits sicher sind und eine geringe Ausfallwahrscheinlichkeit haben, und andererseits auch eine Rendite bieten, die den Rechnungszins erreicht beziehungsweise übersteigt. Das Versorgungswerk hat daher sehr frühzeitig eine Neufokussierung in der Anlagestrategie eingeleitet. So wurden vermehrt Unternehmensanleihen erstklassiger Bonität erworben, die Zinserträge oberhalb des Rechnungszinses erbringen. Zudem investiert die Bayerische Ärzteversorgung besonders in hochwertige Immobilien, die konstante Mieteinnahmen gewährleisten. Beispielsweise wird derzeit in München-Bogenhausen die Errichtung eines Bürokomplexes mit einer Fläche von rund 26 000 Quadratmetern vorgenommen. In einem weiteren freistehenden Bau entsteht Politik BZB Juni 13 19 KZVB ein Wohngebäude mit 28 Wohnungen, verteilt auf acht Etagen. Bereits weit vor der Fertigstellung konnte eine der größten europäischen Patent- und Rechtsanwaltskanzleien als Hauptmieter gewonnen werden. Im Blickpunkt steht ferner die Ausweitung der sogenannten alternativen Anlagen. Darunter fallen unter anderem Investitionen in die Bereiche Transport, Versorgung, regenerative Energie und soziale Infrastruktur. Die Bayerische Ärzteversorgung identifiziert darüber hinaus langfristige Trends, die einen systemrelevanten Hintergrund haben und tätigt Investitionen, die weitestgehend unabhängig von der Kapitalmarktentwicklung sind und somit auch in volatilen Zeiten stabile Cashflows aufweisen. Schneider: Die Komplexität der Märkte und die rasante Geschwindigkeit der Veränderungen erfordern gründliche Analysen, hohe Aufmerksamkeit und Entschlossenheit. Ein Beispiel ist das Verständnis von „Sicherheit“, das sich im Zuge der Finanzund Staatsschuldenkrise fundamental gewandelt hat. Wer hätte es zum Beispiel vor einigen Jahren für möglich gehalten, dass Brasilien ein besseres Rating als die Ex-Kolonialmacht Portugal haben könnte oder Anleger sogar negative Renditen akzeptieren, um in deutsche Staatsanleihen zu investieren? Die Kapitalanlagepolitik wird daher kontinuierlich an das veränderte Umfeld angepasst. Ganz wichtig ist hierbei vor allem Solidität, aber auch Bescheidenheit. Wir haben keine Glaskugel, mit der wir die Zukunft voraussehen können, daher ist ein Ansatz mit spekulativen Entscheidungen definitiv unangebracht. Gefragt sind vielmehr eine sorgfältige Analyse und eine nachvollziehbare, gut diversifizierte Anlagestrategie. Es bleibt eine anspruchsvolle Aufgabe, die gestiegenen Herausforderungen erfolgreich zu meistern. BZB: Sind unter Ihren Investments Risikopapiere von EU-Krisenstaaten? Förster: Die Bayerische Ärzteversorgung hält in ihrem Anlagevermögen keine Staatsanleihen aus den europäischen Krisenländern. BZB: Sind Sie ausreichend auf die demografische Entwicklung vorbereitet? Schneider: Die Lebenserwartung hat in den letzten Jahren stark zugenommen. So ist sie bei den männlichen Mitgliedern der Freien Berufe von 1991 bis 2012 um mehr als fünf Jahre angestiegen. Dies ist natürlich sehr erfreulich, doch für die Versiche- rungsträger, die lebenslange Renten zahlen, ist es eine Herausforderung, denn sie haben dadurch höhere Aufwendungen als es bisher der Fall war. Das Versorgungswerk musste angesichts dieser Situation ein Konzept erarbeiten, um die Finanzierung der höheren Lebenserwartung sicherzustellen. Durch rechtzeitiges Handeln konnten die Belastungen der Biometrie – übrigens aus eigener Finanzkraft – bereits vollständig abgearbeitet werden. Auch die durch die Anhebung der Regelaltersgrenze auf 67 Jahre freiwerdenden Mittel wurden für die Anpassung der biometrischen Rechnungsgrundlagen verwendet. Dieser Beschluss war verständlicherweise nicht populär, leistete aber einen entscheidenden Beitrag, die berufsständische Altersversorgung für kommende Jahrgänge auf eine sichere Basis zu stellen. BZB: Was sagen Sie zu der These, die Euro-Krise und die niedrigen Zinsen haben das umlagefinanzierte Rentensystem gestärkt? Förster: Bei den aktuellen Zahlen und Prognosen der gesetzlichen Rentenversicherung handelt es sich lediglich um eine Momentaufnahme. Die derzeitig positive Entwicklung hängt daher am seidenen Faden. Denn der Aufschwung in der Rentenkasse stützt sich nicht etwa auf eine rasante Bevölkerungszunahme oder ähnliche demografische Faktoren, sondern auf eine relativ stabile Wirtschaft sowie einen robusten Arbeitsmarkt. Es wäre jedoch zu einfach, darauf zu vertrauen, dass dieser Aufschwung noch viele Jahre anhalten wird. Ob es neue Erschütterungen im Zuge der Finanz- und Staatsschuldenkrise, andere globale Verwerfungen sind oder ein Stimmungswandel in der deutschen Bevölkerung, der nächste Wirtschaftseinbruch ist nicht auszuschließen. Und dann werden die Prognosen der gesetzlichen Rentenversicherungen wieder ganz anders ausfallen. Mit allzu einfachen Aussagen ist also Vorsicht geboten. Das offene Deckungsplanverfahren der Bayerischen Ärzteversorgung mischt Elemente der Umlage einerseits und der Kapitaldeckung andererseits. Die Kapitaldeckung steht im Vordergrund. Dennoch verbleibt Raum für einen Umlageanteil. Im Ergebnis bieten Mischverfahren durch mehrere Einflussfaktoren und Flexibilität in der Steuerung den Vorteil, robuster gegenüber extremen Entwicklungen zu sein. BZB: Vielen Dank für das Gespräch! Das Interview führte Leo Hofmeier.