Ausgabe 2009 zum - karriereführer-Bewerbung

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Ausgabe 2009 zum - karriereführer-Bewerbung
DAS JOBMAGAZIN DERWAZ
WAZ MEDIENGRUPPE
NRZ WR IKZ + karriereführer
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Aufsteiger im Gespräch mit:
Fritz Pleitgen, Geschäftsführer RUHR.2010 und Jazzprofessorin Ilse Storb
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Die WAZ Mediengruppe mit Hauptsitz in Essen ist eines der
führenden europäischen Medienunternehmen.Tageszeitungen in NRW,
Thüringen, Niedersachsen und Bayern bilden das Kerngeschäft unseres Hauses, das
zudem in acht weiteren europäischen Ländern im Zeitungs- und Zeitschriftensektor aktiv ist.
Eine innovative Internetplattform, modernste Druckbetriebe, lokale Hörfunksender und Anzeigenblätter sowie ein breites Spektrum an Dienstleistungsunternehmen komplettieren die Geschäftsfelder.
Für unseren Standort in Essen suchen wir
für August 2010 Auszubildende zum / zur
Medienkaufmann / -frau
(Digital und Print)
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Druck- und Verlagszentren in Essen und Hagen
Als Absolvent / in der Wirtschaftswissenschaften, des Wirtschaftsingenieurwesens und der Druck- und
Medientechnologie bieten wir
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Trainee-Programm
Bewerben Sie sich bitte ausschließlich online unter:
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Auf unserer Homepage finden Sie außerdem weitere
Infos zu unseren Ausbildungsberufen und Trainee-Programmen.
SCHRIFT : SÄTZE
Blick zurück.*
11. April 2006, großer Jubel im Revier: Die EU gibt bekannt, dass die Metropole Ruhr im Jahr 2010 Kulturhauptstadt Europas sein wird. Mit dem Sieg begann die Arbeit. Die Frage war: Was kann das Ruhrgebiet? Und wo liegt
seine Zukunft? Im Jahr 2006 begannen wir mit den Vorbereitungen für das Jobmagazin Aufsteiger, 2007 erschien dann die erste Ausgabe. Seitdem begleiten wir die Metropole Ruhr auf ihrem Weg ins Jahr 2010. Mit
Geschichten über Wandel und Wachstum, Ideen und Innovationen. Und über das Ruhrgebiet als modernen Arbeitgeberstandort, als Region, in der Hochschulabsolventen aus allen Bereichen exzellente Karrierechancen offenstehen. p Jetzt : geht’s los.
Stand der Dinge.**
Jetzt, im Herbst 2009, schließt sich der Kreis: Herzlich willkommen in der „Spezialausgabe des Aufsteiger zur Kulturhauptstadt 2010“. Wir besuchten Fritz Pleitgen, Geschäftsführer von RUHR.2010, und sprachen über Images
und Perspektiven dieser Region, die Pleitgen noch immer als „unterschätzt“ bezeichnet. Doch das muss kein Nachteil sein: Wer heute im Ruhrgebiet was auf die Beine stellt, genießt Aufwind – wie wir in unserer Geschichte über
Trends und Themen der Wirtschaft im Revier herausgefunden haben. p Spitzen : Liga.
Kopf hoch, tanzen!***
Und nach der Arbeit? Feierabend. Im Revier ein alter Brauch: nach der Maloche ein gemütliches Pils. Dazu reden.
Lachen. Tanzen. Und zwar nicht alleine, sondern in der Gemeinschaft. Und gerne mit Musik aus aller Welt. Wir sprachen mit Ilse Storb, Deutschlands einziger Jazz-Professorin, über das Ruhrgebiet als idealem Ort für eine vitale, globale Musikkultur. Eine Kultur, die sich nicht abgrenzt, sondern vereint. Eben: typisch Ruhrgebiet! p Welt : Musik.
Was soll das?****
Um uns kurz zu erklären: Der Titel Aufsteiger erinnert an den „Steiger“, den Betriebsführer der Bergarbeiter unter
Tage. Und er steht für eine Region, die sich gewandelt hat. Die den Aufstieg von unter Tage nach oben vollzogen
hat. p Name : Symbolik. / Der Fußball prägt das Ruhrgebiet. Daher finden Sie im Aufsteiger immer wieder Verweise auf diesen Sport. Wie die Vereine und ihre Fans, so die Leute: Man hält zusammen. Und die Eigenschaften, die
Bergarbeiter vorgelebt und Fußballspieler verankert haben, zählen im Revier auch im modernen Berufsleben: Offenheit, Gradlinigkeit, Verlässlichkeit. p Revier : Charakter. / Die Postleitzahlen am Rand der Geschichten sind eine
Hommage an das Album „4630 Bochum“ von Herbert Grönemeyer. Aber sie verdeutlichen auch die Vielfalt des
Reviers: Jede Zahl steht für einen Arbeitgeber in der Region. p Postleitzahl : Unternehmen.
Glückauf und: You’ll never walk alone, Ihre Aufsteiger-Macher.
* Titel eines Liedes des Grönemeyer-Albums „Mensch“, 2002.
** Titel eines Liedes des Grönemeyer-Albums „Bleibt alles anders“, 1998.
*** Titel eines Liedes des Grönemeyer-Albums „Zwölf“, 2007.
**** Titel eines Liedes des Grönemeyer-Albums „Ö“, 1989.
INHALT
Schrift : Sätze
01
Editorial, Inhalt
Spitzen : Liga
02
Arbeiten in Zukunftsbranchen
Tourismus : Boom
06
Das Revier wird zum Touristenmagnet
Erfahrungs : Werte
08
Fritz Pleitgen über Karriere im Ruhrgebiet
Lokal : Kolorit
10
Ruhrgebiet, wo bleibt dein Mief?
Welt : Musik
12
Die Jazzprofessorin Ilse Storb im Gespräch
Wasser : Kraft
16
Energielieferant Ruhr
Verwandlungs : Künstlerin
20
Die Schauspielerin Sandra Borgmann im Interview
FUNDAMENT :
Franz Dinnendahl 1775 geb., baute erste Dampfmaschine im Ruhrgebiet. > Friedrich Harkort 1793 geb., „Vater des Ruhrgebiets“, Unternehmer und
Politiker. > Alfried Krupp 1812 geb., Industrieller und Erfinder. > Zeche Zollverein 1847 erbaut, 1986 stillgelegt, früher Bergwerk, heute Weltkulturerbe.
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ESSEN / SÜDVIERTEL
Mit Spitzenpositionen im Bereich Energie, Stahl,
Metallverarbeitung und Logistik sowie einer der
dichtesten und leistungsfähigsten Hochschul- und
Forschungslandschaften steht die drittgrößte
Metropolregion Europas in den Startlöchern. Die
Trends der Weltwirtschaft sind erkannt und die
Metropole arbeitet sich auf die vorderen Plätze vor,
beispielsweise in der Medizintechnik, Gesundheitswirtschaft, Chemieindustrie und Informatik. Dr. Lars
Tata, Projektleiter „Zukunft Ruhr2030“: „Zwischen
den Oberzentren Bochum, Essen, Dortmund und
Duisburg etablieren sich Zukunftsfelder, die nicht
nur in die Region abstrahlen, sondern weit über
regionale und nationale Grenzen hinaus. Seit Langem entwickeln die Menschen mit ihrem spezifischen Know-how Innovationen und Problemlösungen, die weltweit nachgefragt werden. Diese
Lösungskompetenz baut die Region zurzeit weiter
aus.“ Viele Lösungen und Techniken lassen sich
exportieren, aber ein Charakteristikum ist wohl einzigartig, betont Evonik-Vorstand Dr. Klaus Engel: „Die
dualität und Identität wird die Region ihren Weg des
Wandels erfolgreich fortsetzen. Davon profitieren
wir. Grau war gestern.“ Evonik, ein internationaler
Konzern mit starken Wurzeln im Ruhrgebiet, ist mit
seinen Geschäftsfeldern Spezialchemie und Energie
in mehr als 100 Ländern tätig und zählt zu den
führenden Immobilienunternehmen der Region.
Wenn es nach Vorstand Klaus Engel geht, werden
in zehn bis 20 Jahren Visionen Wirklichkeit: So
könnten beispielsweise Zehntausende von abgasfreien, lautlosen Elektroautos durch die Städte und
über die Autobahnen der Region fahren. In Marl
haben Fachleute von Evonik eine neuartige, hauchdünne Membran entwickelt – SEPARION®. Sie
sorgt in Lithium-Ionen-Batteriezellen dafür, dass die
elektrischen Komponenten sicher getrennt werden.
Dieses Bauteil macht den Weg frei für Elektrofahrzeuge der Zukunft, denn es ermöglicht – zusammen
mit weiteren Komponenten – Batterien mit bislang
ungekannter Leistungsfähigkeit. Das Unternehmen
verfügt damit heute über einzigartige Kompetenz
beim Zukunftsthema Elektroautos. Evonik-Vorstand
Klaus Engel zu den Zukunftsaussichten der Region:
„In der Umwelttechnik, der Nanotechnik oder mit
innovativen Kunststoffen punktet das Ruhrgebiet
ebenfalls. Spezialchemie, in der extrem viel Knowhow und Spitzentechnik steckt, gehört hier zum Alltag. Ich bin überzeugt, das alles bringt das Ruhrgebiet noch weiter voran und hat positive Auswirkungen auf neue Arbeitsplätze. Wir suchen
überwiegend Naturwissenschaftler und Ingenieure.“
> Köln-Mindener Eisenbahn 1847 eröffnet, führte quer durch das Ruhrgebiet. > Henrichshütte1854 in Hattingen gegründet, erster industrieller Hochofen im Ruhrgebiet. > Villa Hügel 1873 in Essen
erbaut, Wohn- und Repräsentationshaus Familie Krupp. > Otto Heinrich Flottmann 1875 geb., Erfinder des Presslufthammers. > Bergarbeiterstreik 1889 erster organisierter Massenstreik im Ruhr-
KOMPETENZFELDER
: METROPOLE RUHR
ENERGIEWIRTSCHAFT
- 240 Unternehmen
- 48.000 Beschäftigte
- 52 Mrd. € Jahresumsatz
- 9,6 % Exportquote (NRW)
- 2.300 Ingenieure
GESUNDHEITSWIRTSCHAFT
CHEMIEINDUSTRIE
- 225 Unternehmen
- 23.000 Beschäftigte
- 6 Mrd. € Jahresumsatz
- 51 % Exportquote (BRD)
LOGISTIK
- 5.750 Unternehmen
- 85.000 Beschäftigte
- 9,7 Mrd. € Jahresumsatz
- 127 Krankenhäuser und Kliniken
mit über 900 Fachabteilungen
- 1.100 Pflegeheime und ambulante Dienste
- 310.000 Beschäftigte (davon Kliniken: 80.000/ vgl.
Bergbau 30.000)
- 300 bis 400 medizintechnologische Unternehmen
- 3 medizinische Fakultäten
- 8,4 Mrd. € Jahresumsatz
(Quelle: Netzwerk MedEconRuhr,
Wirtschaftsförderung metropoleruhr GmbH)
INFORMATIONSUND KOMMUNIKATIONSTECHNIK
- 7.500 Unternehmen
- 47.000 Beschäftigte
- 15 Mrd. € Jahresumsatz
- 60 % Exportquote (NRW)
MIKROSYS
- Rund 40 U
- (Schwerpu
- 2.000 Bes
- 344 Mio. €
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DUISBURG / RUHRORT
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04
05
Den Markttrends voraus
Wie wandlungs- und zukunftsfähig die Macher und
Menschen in der Region sind, beweist Haniel: Das
Handels- und Dienstleistungsunternehmen ist mit
dem Ruhrgebiet groß geworden, und das Ruhrgebiet
mit Haniel. Seit über 250 Jahren hat es seinen
Stammsitz in Duisburg, wollte nie den Standort
wechseln und hat immer früh die Markttrends identifiziert. Angefangen als Handelshaus für Kolonialwaren und Kohlenhandlung wuchs das Unternehmen zu einem international aufgestellten Handelsund Dienstleistungskonzern mit vier Unternehmensbereichen. Unter anderem mit Celesio (Pharma) und
ELG (Rohstoffe). Schon seit 1972 hat das Unternehmen den Pharmabereich im Fokus. Mit dem Ergebnis: Celesio, international führender Pharmagroßhändler, deckt die gesamte Bandbreite des
Pharmahandels und der pharmabezogenen Dienstleistungen ab. Oder mit der ELG, einem weltweit
führenden Unternehmen für den Handel und die Aufbereitung von Edelstahlschrott. Der Haniel Konzern
beschäftigt rund 50.000 Menschen in fast 40 Ländern, in Deutschland rund 10.000. Zudem hält der
Konzern wesentliche Anteile an der Metro. Haniel
HR-Direktor Dr. Michael Prochaska: „Langfristig orientiertes Denken und Handeln sowie eine frühe Internationalisierung, das zeichnet die Hafenstadt Duisburg und Haniel aus. Und das Wachstum der Region
wird nach der Konjunkturdelle weitergehen. Deswegen sind Wirtschaftswissenschaftler und BWLer bei
uns immer hoch gefragt.“ Talente im Controlling,
Rechnungswesen, in der Logistik, im Marketing und
Vertrieb werden bei der Konzernmutter und ihren
Töchtern stetig gebraucht. Dietmar Bochert, Leiter
PR & CSR bei Haniel, wünscht sich für die Ruhrmetropole 2030, dass die Region weiter interessante Menschen anzieht und sich zu einem wirtschaftlich
und kulturell vielfältigen, bunten Zentrum entwickelt.
„Med. in Ruhrgebiet“
Aber nicht nur als Handelsstandort ist die Region
stark positioniert. Die dichteste Kliniklandschaft
Europas befindet sich entlang der A 40, A 42 und
A 43. Die gesamte Gesundheits- und Medizintechnikbranche gehört hinsichtlich der Größe, Dichte
und Vielfalt zur europäischen Spitze. Zum neuen
Profil des Ruhrgebiets gehört aber nicht nur die einzigartige Infrastruktur, sondern auch die medizinisch-wissenschaftliche Forschung und Entwicklung. „Med. in Ruhrgebiet“ ist auf dem Weg zur eigenen Marke. 300.000 Menschen arbeiten
inzwischen an der Ruhr in Einrichtungen, Forschungslabors und Unternehmen des Gesundheitswesens, 26.000 allein sind es in der „Gesundheitsstadt Bochum“, die den Zuschlag für den Gesundheitscampus bekam. Bis 2011 wird die
Fachhochschule für Gesundheitsberufe mit
500 Arbeitsplätzen und 1.000 Studienplätzen aufgebaut. Zahlreiche Netzwerke von Unternehmen, Institutionen und Wissenschaft wie BioMedTec Ruhr,
Med-Econ Ruhr oder Life Technologies Ruhr bündeln Kompetenzen in biomedizinischer Technik, Biomaterialien, Bildgebung, Bio-IT und anderen Bereichen. Das traditionell ausgeprägte Know-how der
Ingenieure an der Ruhr findet neue Einsatzgebiete in
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BOCHUM / LAERHEIDE
bergbau. > Landschaftspark Duisburg-Nord 1902 gegründet, 1985 stillgelegt, zweithäufigst besuchte Attraktion NRWs. > Berthold Beitz 1913 geb., Krupp-Pionier, Entwickler des
Reviers. > Peter Scholl-Latour 1924 in Bochum geb., Journalist und Publizist. > Uta Ranke-Heinemann 1927 in Essen geb., Theologin und Autorin. > Gasometer Oberhausen
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BOCHUM / LAERHEIDE
YSTEMTECHNIK
Unternehmen
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DUISBURG / RHEINHAUSEN
RUHR 2030 AWARD
Seit 2008 verleiht der Initiativkreis Ruhr den
Ruhr 2030 Award für Innovationen in den
Bereichen Energie, Werkstoffe und Logistik.
Die ersten Gewinner des mit 50.000 Euro
dotierten Preises waren Rolf Bracke und sein
Team vom GeothermieZentrum Bochum. Sie
haben „GeoJetting“ entwickelt, ein neuartiges
Bohrverfahren, das
Bergbautechnologie für die Geothermie
nutzbar macht.
Dieses Jahr ging der Ruhr 2030 Award an
ein Evonik-Team um den Diplom-Chemiker
Dr. Frank Weinelt für die Entwicklung einer
Fliese von der Rolle. „ccflex“ heißt das Produkt,
ein Wandbelag aus Keramik, der wie eine
Tapete gerollt werden kann.
der medizinischen Mikrotechnik oder bei medizinischen Werkstoffen, den sogenannten Biomaterialien. Die Visus Technology Transfer GmbH im BioMedizinZentrum Bochum ist eines der rund 400 medizintechnologischen Unternehmen, die in der Region
aktiv sind. Im Jahr 2000 als Spin-off gegründet, entwickelte es sich zu einem führenden Anbieter von
Bildmanagement in der Medizin. Geschäftsführer
Jörg Holstein: „Wir arbeiten an der Schnittstelle IT,
Gesundheitswirtschaft und Medizintechnik. Wir
ersetzen nicht nur den Röntgenfilm mit digitaler
Technik, sondern bieten darüber hinaus komplexe
Bildmanagementlösungen für Krankenhäuser und
Praxen, für kleine Abteilungen, aber auch für standortübergreifende Verbundlösungen mit Rechenzentrumsbetrieb.“ Mit inzwischen 50 Mitarbeitern kann
das kleine, international tätige Unternehmen auf
zehn bis 20 Prozent Wachstum pro Jahr verweisen
und ist daher immer an talentierten Softwareentwicklern und an Ärzten für das Produktmanagement interessiert.
Vom Ballungsraum in die weite Welt
Nach Paris und London ist das Ruhrgebiet der drittgrößte Ballungsraum Europas. Mit 8,3 Prozent des
Bruttoinlandsproduktes liegt das Logistikvolumen im
Ruhrgebiet weit über dem durchschnittlichen Wert
in Europa. Redet man über die Logistik in der Region,
reihen sich Superlative hintereinander: Hier liegt das
dichteste Wasserstraßennetz mit rund 70 privaten
und elf öffentlichen Häfen, in Duisburg gibt es den
größten Binnenhafen Europas, Dortmund hat den
umfangreichsten Kanalhafen Deutschlands und ist
das Kompetenzzentrum in der E-Logistik. Im östlichen Ruhrgebiet entwickeln sich Standorte für Handelsunternehmen mit Verteillogistik. In Herne, Herten und Gelsenkirchen entsteht der Last Mile Logistik Park. Kleine und große Unternehmen im ganzen
Revier bewegen die Waren, die in alle Welt gehen.
Vor rund zwei Jahren zog die Mülheimer Geschäftsstelle der Schenker Deutschland AG nach Duisburg.
Das Unternehmen ist mit 42.000 Mitarbeitern und
rund 1.100 Standorten einer der weltweit führenden Logistik-Dienstleister. Auf einem fast
40.000 Quadratmeter großen Gelände im linksrheinischen Hafenareal entstand ein modernes
Umschlags- und Logistikzentrum mit Spezialisierung
auf Landverkehre und Logistiklösungen. Axel Kühn,
Leiter Zentrale Personal und Führungskräfte: „Logistik ist ein absoluter Wachstumsmarkt, von dem
auch unsere Standorte Duisburg und Dortmund
profitieren. Für Absolventen ist der Arbeitsplatz
Logistik sehr attraktiv geworden, weil er das dunkle
und düstere Hinterhofimage längst abgeworfen hat
und auch unter schwierigen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen eine relativ hohe Arbeitsplatzsicherheit bietet.“ Und sie gilt als internationales
Business. Absolventen der Betriebswirtschaft, Logistik und IT sind bei DB Schenker willkommen. Neben
dem Direkteinstieg am Standort können Berufseinsteiger auch als Trainee beginnen und bekommen
einen Einblick in alle Bereiche des Logistiksektors.
ITK in Spitzenposition
Ob Kohlekraftwerk, Containerterminal im Duisburger Hafen oder Diagnostik in der Gesundheitsstadt
Bochum – die Basis aller Spitzenleistungen ist eine
hervorragende Informations- und Telekommunikationstechnologie (ITK). „Der Standort Ruhrgebiet ist
Weltmeister in der Entwicklung von exzellenter Soft-
ware für verschiedene Anwendungsbereiche. Insbesondere bei den ,embedded systems‘, den eingebetteten Systemen, die nicht nur in Autos, DVD- oder
MP3-Playern installiert sind, sondern auch in der
industriellen Anwendung“, betont Dr. Winfried
Materna, Geschäftsführer Materna GmbH. Der CoModerator des Initiativkreises Ruhr ergänzt: „Unsere Stärke ist die Kombination von höchstem elektrotechnischem und kommunikationstechnischem
Know-how gepaart mit ausgefeilten Fertigungstechniken. Hier haben unsere Hochschulen und die Forschung einen erstklassigen Stand.“
In der gesamten Metropolregion zwischen Essen,
Dortmund, Duisburg und Bochum finden sich Hunderte IT-Unternehmen und -Institute, in denen rund
50.000 Mitarbeiter beschäftigt sind. So gibt es in
Bochum eines der größten und besten Kompetenzzentren im Bereich IT-Sicherheit, das auch als deutsche Kaderschmiede einmalig in Deutschland ist. In
Dortmund hat das Fraunhofer-Institut für Softwareund Systemtechnik seinen Sitz ebenso wie das Institut für Materialfluss und Logistik, das weltweit beste
Institut für praktische Logistik. Dazu finden sich hier
etliche innovative Firmen, die auf Mikrosystemtechnik und Geoinformatik spezialisiert sind. Materna,
1980 in Dortmund gegründet, beschäftigt 1.300
Mitarbeiter und ist inzwischen europaweit mit ITLösungen vertreten, unter anderem in der öffentlichen Verwaltung wie Zoll- und Justizverwaltung. Dr.
Materna: „In der ITK werden mittelfristig und aufgrund der demografischen Entwicklung viel mehr
Mitarbeiter benötigt als vorhanden. Wir laufen in der
Region mit großen Schritten auf einen Fachkräftemangel zu.“ Bei Materna selbst sind regelmäßig Stellen für hoch qualifizierte IT-Kräfte zu besetzen. Der
Unternehmensgründer bekam im letzten Jahr das
Bundesverdienstkreuz für seine entscheidenden
Impulse zum erfolgreichen Wandel der Region –
gerade im IT-Sektor. Seine Vision für die Metropole
2030: „Ich wünsche mir, dass das Ruhrgebiet als
Innovations- und Ideenschmiede weltweit Vorzeigeregion für die Wirtschaftszweige Energie, Logistik und
Werkstoffe wird.“
Kreative Absolventen gefragt
Fachkräftemangel ist in der politischen Diskussion
oft ein Schlagwort. Seine Konsequenzen werden nur
unzureichend beschrieben, betont Hanns-Ludwig
Brauser, Geschäftsführer der Wirtschaftsförderung metropoleruhr. „Tritt er ein – und dies ist für
die nächsten Jahre vorauszusehen –, stellt er eine
massive Bedrohung der wirtschaftlichen Struktur,
insbesondere des Mittelstandes, dar.“ Damit es
nicht so weit kommt und die Metropolregion ihre
Stärken weiter ausspielen kann, sollten Absolventen
die klassischen Kompetenzfelder gut im Auge behalten. „Forschung, Technik und Dienstleistung made
in Metropole Ruhr“ ist auf dem Vormarsch zur Spitze.
Evonik-Vorstand Dr. Klaus Engel: „Kreativität ist ein
wesentlicher Schlüssel für die Zukunft des Ruhrgebiets. Wir brauchen gute Spezialisten, aber keine
engstirnigen Fachidioten. Generell gilt für alle Absolventen: Wer die Fähigkeit hat, über den eigenen Tellerrand hinauszuschauen, sich auf immer neue
Anforderungen der Arbeitswelt einzustellen und
auch den Mut hat, als Querdenker gegen den Strom
zu schwimmen, der wird seinen Weg machen –
davon bin ich überzeugt.“
1928/29 errichtet, seit 1994 Veranstaltungsraum und Wahrzeichen des Ruhrgebiets. > Otto Rehhagel 1930 in Essen geb., Fußballspieler und Nationaltrainer. > Rita Süssmuth 1937 in Wuppertal
geb., Ministerin und Bundestagspräsidentin. > Hans-Adalbert Rürup 1943 in Essen geb., Chef-Ökonom bei AWD Finanzoptimierer. > Helge Schneider 1955 in Mülheim geb., Musiker, Schriftsteller,
/
FÖRDERTURM
Das Revier wird zum Touristenmagnet
TOURISMUS :
Urlaub in Deutschland liegt im Trend: Statt mit All-inclusive-Bändchen am Arm an vollgestopften Stränden zu schwitzen, verbringen immer mehr junge Leute ihren Urlaub
in Deutschland. Sie entdecken die bayerischen Alpen, Nord- und Ostsee – und immer
häufiger das Ruhrgebiet. Von Kerstin Neurohr
DAS RUHRGEBIET ENTDECKEN – unsere Tipps
RuhrKOMPAKT
Auf 630 Seiten gibt dieser Erlebnisführer einen umfassenden
Überblick über das Ruhrgebiet und seine Attraktionen – übersichtlich strukturiert, schön bebildert und mit vielen praktischen
Tipps eine Fundgrube auch für Urgesteine des Potts.
Der Kulturhauptstadt-Erlebnisführer von Achim Nöllenheidt,
erschienen im Klartext Verlag, Mai 2009. 14,95 €.
Die RuhrTOPCard
Ein Jahr lang freien Eintritt zu über 90 Freizeitattraktionen im
Ruhrgebiet: Jedes Angebot kann einmal besucht werden, darunter sind zahlreiche Museen, Erlebnisstationen der Industriekultur, Spaßbäder und Wellnessoasen, aber auch Fahrgastschiffe
auf Rhein und Ruhr.
Die RuhrTOPCard für 2010 gibt’s ab Dezember im Internet
unter www.ruhrtopcard.de oder bei der Hotline unter 01805
- 18 16 180.
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06
07
etwas, was die Menschen beschäftigt, neugierig
macht, was man entdecken will. Das Museum erreiche daher auch eine breitere Zielgruppe als früher.
Als die Bergwerke in Betrieb waren, kamen die
Kumpel mit ihren Familien, um zu zeigen, wie es
unter Tage zugeht. Und die Zechen nutzten das
Anschauungsbergwerk, um potenziellen Mitarbeitern den Beruf des Bergmanns vorzustellen. „Heute
kommen Kindergärten, Schulklassen, Studenten
und Familien in das Museum, um die riesige Sammlung zu sehen, Vorträge zu hören und Sonderausstellungen zu besuchen“, so Eva Koch, „sogar Brautpaare gibt es immer wieder zu sehen: In der ‚Steigerstube’ geben sie sich das Jawort unter Tage.“
„Außerdem hat sich das Kulturangebot, das es im
Ruhrgebiet auch früher schon gab, erweitert und
geöffnet“, erklärt Axel Biermann. Die RuhrTriennale
ist mittlerweile eines der bedeutendsten europäischen Festivals, das Klavier-Festival Ruhr ist das
größte Klavierereignis weltweit und im Frühjahr
2010 wird die erste Biennale für internationale
Lichtkunst stattfinden und das Kulturprogramm
bereichern.
BOOM
CLUSTER TOURISMUS
„Ende der Neunziger war das noch ganz anders, da
hat man im Ruhrgebiet nicht viele Touristen getroffen“,
erinnert sich Axel Biermann, Geschäftsführer Ruhr
Tourismus. Seitdem hat sich viel getan, auch aufgrund
des „Masterplans für Reisen ins Revier“, der 1997 auf
Initiative von NRW-Wirtschaftsminister Wolfgang Clement entwickelt wurde. Die Übernachtungszahlen steigen, im letzten Jahr verzeichnete die Metropole Ruhr
fast sechs Millionen Übernachtungen. Dementsprechend steigt auch die Zahl der Arbeitsplätze in Hotels,
Gastronomie, bei Verkehrsunternehmen und in der
Handelsbranche, und natürlich bei den Sehenswürdigkeiten. Auf dem Gelände der Zeche Zollverein arbeiten
über 1.000 Menschen – das sind mehr als kurz vor
Schließung der Zeche.
Ein wichtiger Pfeiler für diese Entwicklung ist die
Route der Industriekultur, die 1999 eröffnet wurde
und auf etwa 400 Kilometern 25 Ankerpunkte im
Ruhrgebiet verbindet. Das Deutsche BergbauMuseum in Bochum ist ein solcher Ankerpunkt. Es
wurde schon 1930 eröffnet und ist mittlerweile das
größte Museum zum Thema Bergbau weltweit,
sogar ein Anschauungsbergwerk unter Tage gibt es
zu bestaunen. „Das Interesse an Industriekultur ist
in den letzten 15, 20 Jahren enorm gewachsen“,
bestätigt Eva Koch, Pressesprecherin des
Museums. Ihre Begründung: Nachdem die Zechen
nach und nach geschlossen wurden, sei Bergbau
eben keine Selbstverständlichkeit mehr, sondern
Es wurde viel investiert, das Ruhrgebiet lockt mit
neuen Attraktionen: 1996 wurde der Movie Park
Bottrop eröffnet, 2001 kam das Alpin Center
Bottrop mit seiner 640 Meter langen Skihalle dazu.
Bereits seit 1988 zieht der „Starlight Express“
Besucher nach Bochum. „Wir hatten bis heute über
12,5 Millionen Besucher hier“, sagt Pressesprecherin Nadine Villmann, „damit ist ,Starlight Express’
das erfolgreichste Musical der Welt an einem
Stand-ort.“ Von diesem Erfolg profitieren auch andere Ziele im Ruhrgebiet, weiß Villmann: „Nach nur
zwölf Monaten Spielzeit hatte sich die RollschuhShow zu einem bedeutenden Werbe- und Imagefaktor für das ganze Ruhrgebiet entwickelt. Schnell verdoppelte sich die Zahl der Hotelübernachtungen.
Viele Theatergäste nahmen das Musical zum
Anlass, weitere Attraktionen des Reviers zu besuchen.“ Auch für den Arbeitsmarkt im Ruhrgebiet
haben diese Investitionen unmittelbare Auswirkungen: Alleine bei „Starlight Express“ arbeiten derzeit
370 Menschen, knapp 200 davon in Vollzeit.
Der Tourismus-Boom hat drei positive Effekte,
erklärt Axel Biermann: Zum ersten kommt Geld ins
Ruhrgebiet. Allein in Dortmund wurden im Jahr
2007 1,2 Milliarden Euro Umsatz mit Tourismus
gemacht, in Bochum waren es 660 Millionen. Zum
zweiten profitieren die Bürger der Metropole Ruhr:
Der Freizeitwert und damit die Lebensqualität steigen mit den neuen Attraktionen. Selbst wer schon
lange im Ruhrgebiet wohnt, kann Neues entdecken
und erleben. Und drittens profitieren Unternehmen,
die um qualifizierte Mitarbeiter werben: Das Ruhrgebiet ist ein attraktiver Standort geworden, der
nicht nur reisens-, sondern lebenswert ist.
Das Kulturhauptstadt-Jahr ist für das Ruhrgebiet
und seine Entwicklung zum Touristenziel ein wichtiger Baustein. „Die Aufmerksamkeit ist riesig“, beobachtet Biermann, „das haben wir ganz deutlich bei
der Internationalen Tourismus-Börse gemerkt, die
im Frühjahr in Berlin stattgefunden hat – jetzt schauen
alle auf das Ruhrgebiet.“ Das müsse man nutzen, sagt
der Tourismus-Manager mit Blick in die Zukunft:
„Die Region ist auf dem richtigen Weg – und wir
haben noch viel Motivation und viele Ideen, die umgesetzt werden können, auch über 2010 hinaus.“
Schauspieler und Regisseur. > Kohlekrise 1957/1958, führte zur Schließung zahlreicher Zechen, Hochöfen und Stahlwerke. > Sönke Wortmann 1959 in Marl geb., Regisseur
und Produzent. > Ruhr-Universität Bochum 1965 eröffnet, heute über 30.000 Studierende in 150 Studiengängen. > Christian Tombeil 1965 geb., Tänzer und Regisseur, ab 2010
Sprechen Sie Ihre Zielgruppe dort an, wo sie ist!
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an Hochschulen!
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/
INTERVIEW
FRITZ PLEITGEN
Fritz Pleitgen hat keine Zeit. Vor dem ersten Urlaub in zwei Jahren muss er
noch Feuer löschen, die gerade bei der Organisation des KulturhauptstadtJahrs brennen. Multitasking ist kein Thema des Interviews, das führt er vor.
Und spricht lieber darüber, wie man vom Ruhrgebiet aus Karriere machen
kann und welche Fähigkeiten und Erfahrungen ihn selbst an die Spitze
gebracht haben. Interview: Petra Engelke
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ERFAHRUNGS
Fritz Pleitgen (geboren am 21.03.1938 in Duisburg) ist seit 2007 Geschäftsführer der
RUHR.2010 GmbH, die das KulturhauptstadtJahr organisiert. Vorher war er zwölf Jahre lang
Intendant des WDR, bei dem er seit 1963 arbeitete, unter anderem als Auslandskorrespondent
für die ARD-Studios in Moskau, Ost-Berlin und
Washington. Als Reporter begann er bereits mit
14, machte später ein Zeitungs-Volontariat, hat
aber kein Abitur und wurde trotzdem später Präsident der Europäischen Rundfunkunion, der
74 Sender aus 54 Staaten angehören. Fritz
Pleitgen ist verheiratet und hat vier Kinder.
am Ende auch Arbeitsplätze. Entsprechend konkrete Angebote für Hochschulabsolventen zu schaffen,
das kann eine Kulturhauptstadt allerdings nicht leisten. Eine Kulturhauptstadt kann aber Impulse geben
und darauf dringen, dass diese nachhaltig verfolgt
werden.
Herr Pleitgen, Sie sagen, das Ruhrgebiet sei „vastly
underrated“. Hat es Vorteile, in einer unterschätzten Region beruflich anzufangen?
Ja, das glaube ich ganz sicher. Alle glauben, wir
seien noch die Inkarnation der 50er- und 60er-Jahre.
Dabei sind wir eine sehr dynamische und vitale
Metropole, die den Wandel wie keine andere Region
in Europa repräsentiert. Aber es ist auch richtig, dass
wir nicht an einem Überangebot von hochattraktiven Arbeitsplätzen für Hochschulabsolventen leiden.
Meine große Hoffnung richtet sich auf die Kreativwirtschaft, die jetzt eine Boom-Entwicklung erlebt.
Da ist es natürlich ein enormer Standortvorteil, in
nächster Nähe gut ausgebildete Akademiker zu haben.
Welche Erfahrungen haben Sie mit Bewerbern
gemacht, die frisch von der Universität kommen?
Als ich noch Intendant des Westdeutschen Rundfunks war, kamen junge Menschen zu mir mit enormen Vorleistungen. Es war beeindruckend, was sie
alles gemacht haben, mit welchen Zeugnissen sie in
die Welt hinausgingen. Es gehörte zu meinen
schmerzlichsten Erfahrungen, denen sagen zu müssen: „Wir haben leider keinen Platz für Sie. Wir
haben gegenwärtig keine Stelle anzubieten.“
Und welchen Rat können Sie diesen Menschen geben?
Ich kann nur sagen: Wenn die Region diese Angebote nicht hat, dann sollte man den Blick weit hinausrichten. Und auch Risiken eingehen. Dabei sammelt
man enorme Erfahrungen und lernt auch, wie man
:WERTE
Was könnte Hochschulabsolventen Ihrer Ansicht
nach hier halten?
Natürlich attraktive Angebote! Ich hoffe, dass auch
die Kulturhauptstadt Europas etwas dazu beitragen
wird, auf zweierlei Art und Weise: Erstens sollte
unser Programm direkt dazu führen, dass Arbeitsplätze in der Kulturwirtschaft entwickelt werden
können, insbesondere in der Kreativwirtschaft, möglicherweise auch im Kulturtourismus. Zweitens
hoffe ich, dass wir so viel Interesse für potenzielle
Investoren außerhalb des Ruhrgebiets an unserer
neuen Metropole Ruhr erwecken, dass die sagen:
Hier wollen wir uns engagieren. Globale Ratschläge
meinerseits zu erteilen, würde ich für sehr vermessen halten. Die besten Kräfte in der Region zu halten, muss das Interesse derjenigen sein, die hier
politische und wirtschaftliche Verantwortung tragen. Die große Sorge ist, dass Berlin jetzt zur alles
überragenden Attraktion wird.
Was würden Sie denn jemandem sagen, der nach
dem Abschluss denkt: „Ich gehe nach Berlin.“?
Berlin ist sicher attraktiv, aber wir haben hier auch
viel zu bieten. Wir leben im Zeitalter des Internets.
Mit einem Klick oder zwei kann man sich schnell
einen Ein- und Überblick verschaffen, was es hier an
Angeboten gibt. Aber ich gebe zu: Verließe ich jetzt
hier die Universität, dann würde ich auch nachschauen,
wie es woanders aussieht. Das ist ein ganz natürliches Verhalten. Ich bin auch nicht in meinem engen
Sprengel geblieben, sondern habe versucht, in die
Welt hinauszugehen. Hauptsache, diese Leute kommen nach ihren Lehr- und Wanderjahren wieder
zurück und bringen ihre Erfahrungen dann hier ein.
Welchen Beitrag kann die Kulturhauptstadt leis-ten,
um Hochschulabsolventen hier eine Perspektive zu
eröffnen?
Kultur betrachte ich als eine Investition in die
Zukunft. Kultur inspiriert, sie bringt jeden Einzelnen
weiter, Kultur macht kreativ, und Kreativität schafft
sich in schwierigen Situationen behauptet. Wer seine
Zukunft auf sich zukommen lässt, wird in der heutigen Zeit nicht besonders weit kommen, es sei denn,
er hat per Glück einen Lottogewinn gelandet. Aber
dieses schöne Schicksal wird ja nur wenigen zuteil.
Sie sind kein Akademiker, haben kein Abitur. Meinen
Sie, dass es Karrieren wie Ihre heute noch geben
kann?
Natürlich gibt es die. Viele haben aus der Garage
heraus Imperien aufgebaut. So etwas ist auch heute
noch möglich. Es wäre im Übrigen schlecht, wenn
es jetzt nur noch Akademiker gäbe. Dann wäre die
Konkurrenz für sie ja noch größer.
Was mussten Sie lernen, um sich durchzusetzen?
Am meisten habe ich durch Fehler gelernt. Bei
anderen und nicht zuletzt bei mir. Ich habe zwar
keine gravierenden Fehler begangen, so dass ich
sagen müsste: Diesen Makel werde ich mein Leben
lang nicht los. Aber in der Berichterstattung, in
Grundeinschätzungen, in der Charakterisierung von
Menschen, in der Verantwortung dafür, beim Überprüfen von Vorgängen, da bin ich nun alles andere
als fehlerfrei gewesen. Aber ich habe mir immer
wieder vor Augen geführt, welche Wirkungen Fehler
haben können und deshalb aufgepasst, dass keine
Wiederholungen passieren.
Worauf konnten Sie dabei aufbauen?
Mein Kapital waren die Erfahrungen, die ich sehr
früh gesammelt habe. Ich habe mit 14 Jahren
begonnen, als freier Mitarbeiter mein eigenes Geld
zu verdienen. Ich bin als junger Mann mit dem Fahrrad durch Europa gereist. Das war damals noch
etwas ganz Besonderes. In vielen Gebieten war ich
der erste Deutsche, der nach dem Krieg dort wieder aufgekreuzt war. Dass ich später als Journalist
in die Sowjetunion gegangen bin, das haben viele
nicht verstanden. Die sagten: Was willst du da? Das
Land steht total unter Zensur. Das ist doch kein
angenehmes Leben, was die privaten Verhältnisse
angeht, denn dort herrschte der große Mangel.
Aber diese Erfahrungen in einer ansonsten saturierten Welt waren sehr wichtig. Ich habe zwar keine
unendlichen Opfer bringen müssen, aber ich habe
mich doch nicht ganz so verhalten wie der Mainstream, obwohl ich schon verheiratet war und Familie hatte, die es nicht bereut hat, dass ich sie immer
mitgeschleppt habe. Es lohnt sich, ausgetretene
Pfade zu verlassen, etwas zu riskieren. Das würde
ich jedem raten.
Was gäbe es denn heute noch an vergleichbaren
Risiken?
Ich kann Ihnen jetzt nicht empfehlen, zum Mond zu
fliegen, bloß weil das – übertrieben gesagt – ungefähr
gleichzusetzen wäre mit einer Reise damals nach
Südfrankreich oder nach Nordnorwegen. Aber es gibt
sicher Dinge, die andere nicht machen, die schwierig aussehen. Ich würde, wenn es überhaupt Angebote gibt, nicht das eine oder andere ablehnen, weil
vielleicht die Familienverhältnisse oder etwas anderes nicht so ganz passen. Gerade in jungen Jahren
muss man akzeptieren, was kommt. Sofern es nicht
gegen die Ehre oder gegen die Menschenwürde
geht. Aber an der Bereitschaft, eine Herausforderung anzunehmen, sollte man es nicht fehlen lassen.
Was ist mit Leidenschaft: Ist das eine wichtige
Sache oder ein Selbstverwirklichungsmythos aus
den 70er-Jahren?
Ich glaube schon, dass man Leidenschaft für seine
Aufgabe aufbringen muss. Sonst bringt man nicht
die 120 Prozent, die erforderlich sind, um zu bestehen. Wer heute bei 100 Prozent stehen bleibt, das
meine ich natürlich im übertragenen Sinne, der wird
es nicht allzu weit bringen. Dafür ist die Konkurrenz
zu groß. Und um dafür die Kraft, die Energie und vor
allen Dingen die Kondition aufzubringen, muss man
schon Leidenschaft haben. Man muss sich nicht
berauschen, aber man sollte das schon sehr emotional angehen.
Monika Piel hat über Sie gesagt, Sie seien ein
Bauchmensch und würden durchaus auch auf Ihren
Instinkt hören …
Ja, dabei habe ich fast immer gute Erfahrungen gemacht. Wenn ich mir manche Entscheidung zu häufig habe durch den Kopf gehen lassen, dann hat sich
nachher herausgestellt, dass sie wegen meiner Zögerlichkeit und Unentschlossenheit falsch war. Deshalb
habe ich häufig mehr auf meinen Instinkt vertraut,
nicht zuletzt bei der Beurteilung von Menschen.
Das klingt nach einsamen Entscheidungen.
Nein. Ich bin immer daran interessiert, mich mit
anderen zusammenzusetzen oder abzustimmen.
Nach dem alten Gewerkschaftslied in Amerika „United we stand, divided we fall“. Also lass uns lieber
gemeinsam denken und gemeinsam etwas schaffen. Das wird uns allen etwas bringen. Darüber
muss man seine Persönlichkeit nicht aufgeben. Das
ist wie beim Fußball, der vom Mannschaftsspiel und
Solisten lebt. Durch Sologänge bekommt eine Veranstaltung wie ein Fußballspiel erst den richtigen
Appeal. Die Stärke der Gemeinschaft und der Wille
der Solisten, das sollte man von Kindesbeinen lernen. Wir kennen viele Fälle, wo ausgewiesene Egoisten enorm viel erreicht haben, weil sie skrupellos
waren. Aber das ist der Gesellschaft nicht immer
gut bekommen. Und den Solisten am Ende meist
auch nicht.
Intendant Grillo-Theater Essen. > Jens Lehmann 1969 in Essen geb., Fußball-Torwart. > Mirko Kussin 1974 in Recklinghausen geb., Förderpreis Literatur 2009 der Gesellschaft für Westfälische
Kulturarbeit. > Sonja Rohde 1975 in Hagen geb., wird 2009 als erste Deutsche ins All fliegen. > Klaudia Pirc 1976 geb., betreibt Veranstaltungsportal www.ruhrgebiet-fuer-lau.de. > Maurice Maurer
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1980 in Castrop-Rauxel geb., einziger Deutscher im YouTube-Sinfonieorchester in New York. > Horst Schimanski 1981 TV-Premiere, Götz George als Kommissar in Duisburg. > Manuel
Neuer 1986 in Gelsenkirchen geb., Torwart Schalke 04. > Maren Marmulla 1988 in Dortmund geb., preisgekrönte Manga-Zeichnerin. > Internationale Bauausstellung Emscher Park
JOBMESSE
:KONAKTIVA
Der Abschluss ist schon in Sicht, doch viele wissen
noch nicht, was danach kommen soll. Weiter studieren, arbeiten oder vielleicht doch erst noch ein Praktikum?
Hilfe bei der Antwort auf diese Fragen bietet die
konaktiva, eine der größten studentisch organisierten Jobmessen in Nordrhein-Westfallen. An drei
Tagen (10.–12. November) findet die konaktiva in
der Messe Westfalenhallen Dortmund, Halle 6
statt. Über 130 nationale und internationale Unternehmen aus verschiedenen Branchen präsentieren
sich hier und bieten neben Informationen über sich
selbst auch konkrete Arbeitsplätze, Praktika oder
Diplomarbeiten.
Daneben findet ein umfangreiches Rahmenprogramm statt: In Vorträgen erzählen Unternehmensvertreter, was ihr Unternehmen so besonders
macht und warum es für Absolventen interessant
sein könnte. In Podiumsdiskussionen treten sich
mehrere Unternehmen gegenüber, und jeder Besucher kann genau die Fragen stellen, die ihn oder sie
schon immer an dem Unternehmen oder der Branche interessiert haben. Zusätzlich werden angeboten: Kostenloser Bewerbungsmappencheck, simuliertes Bewerbungstelefoninterview, professionelle
Bewerbungsfotos, Online Reputation Management,
aktuelle Stellenausschreibungen auf der Jobwall,
Studi-Lounge mit Erfrischungsgetränken, kostenloser Bus-Shuttle zu der Messe.
Viele der Unternehmen bieten zusätzlich dazu Einzelgespräche an, in denen sich Besucher direkt auf
eine ausgeschriebene Stelle bewerben können,
ohne lange auf ein Bewerbungsgespräch warten zu
müssen.
Die Messe einschließlich des Rahmenprogramms
ist für alle Besucher kostenlos.
Weitere Informationen zur konaktiva unter
www.konaktiva-dortmund.de.
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DAS JOBMAGAZIN VON WAZ MEDIENGRUPPE UND KARRIEREFÜHRER
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E-Mail: [email protected] Internet: www.karrierefuehrer.de/aufsteiger
IDEE UND KONZEPTION: Viola Strüder REDAKTION: Franziska Andrä, Christina Bönner, Kerstin Neurohr, Viola Strüder (verantw.),
Transmedia Verlag GmbH & Co. KG, Weyertal 59, 50937 Köln
AUTOREN DIESER AUSGABE: André Boße, Petra Engelke, Nina Hundhausen, Kerstin Neurohr, Christiane Siemann,
Constanze Wolff
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INTERVIEW
ILSE STORB
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WELT
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INTERVIEW
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ILSE STORB
Ihre Heimat: Essen-Bredeney – und die ganze Welt. Ihre Karriere: Ungewöhnlich, wendungsreich – und auch gekennzeichnet von Freude, Kampf und Disziplin. Ihr Alleinstellungsmerkmal: Europas einzige Professorin für Jazzforschung.
Ilse Storb. Pardon, Prof. Dr. Ilse Storb, so viel Zeit muss sein. Geboren 1929 in Bredeney, einem südlichen Stadtteil von
Essen. Ihre frühe Leidenschaft gehörte dem klassischen Klavier. Sie studierte in Paris, ihr Thema: „Untersuchungen zur
Auflösung der funktionalen Harmonik in den Klavierwerken von Claude Debussy“. Als sie Ende der Sechziger im Hochschuldienst arbeitete, verfiel sie mehr oder weniger zufällig dem Jazz. Es ist die Liebe ihres Lebens geworden – und schon ihre
Mutter hatte ihr gesagt: „Kind, du brauchst nicht zu heiraten. Du studierst Musik. Die bleibt dir, die Kerle hauen doch
sowieso alle ab.“
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Ilse Storb empfängt uns an einem Sommerabend in ihrem Haus in Essen-Bredeney. „Morgens nicht so gerne“, hatte sie im Vorgespräch gesagt, „ich bin eine
Nachteule.“ Man kennt die Jazzprofessorin als exotische Persönlichkeit, die
schon manche TV-Talkshow aufgemischt hat. Heute soll es aber auch um ernste
Themen gehen. Um Fleiß und Leidenschaft als Karrieremotor. Und um das Ruhrgebiet als Heimat eines Instituts für Musik aus aller Welt. Das Gespräch führte
André Boße.
Frau Storb, die Festschrift, die man Ihnen zum
80. Geburtstag im Juni widmete, trägt den Titel
„Rastlose Brückenbauerin“ ...
... Wissen Sie, erst sollte sie „Mutter Courage des
Jazz“ heißen. Aber dann hat mir einer der Herausgeber Informationen über die literarische Figur
der Mutter Courage zu lesen gegeben. Sie war ja
eine richtige Kriegsgewinnlerin! Das passt nun
gar nicht zu mir. Und beinahe noch ein Fehler: Ein
Aufsatz sollte die Überschrift „Ilse, die Entwaffnende“ tragen. Aber man hatte sich vertan und es
hieß: „Ilse, die Entwaffnete“ (lacht). Um Gottes Willen!
Reden wir übers Brückenbauen. Wie anstrengend
ist es, sich als Ziel zu setzen, Dinge zu verbinden, die
nicht zusammenzupassen scheinen? Zum Beispiel
Jazz und Klassik.
Ich habe viele Kämpfe ausgetragen. Aber nicht aus
persönlichen Motiven heraus, sondern für die
Sache. Für eine Änderung der Verhältnisse. Wenn
es um die Sache geht, kenne ich Widerstand, so
lange ich denken kann. Aber ich habe mich mit den
Jahren darauf eingestellt.
Zum Beispiel?
Mit meinem Professorentitel. Ohne den sind Sie als
Frau in ministeriellen oder universitären Kreisen
automatisch die Vorzimmerdame. Die Wissenschaft in Deutschland war lange Jahre eine reine
Männerdomäne. Und der Jazz übrigens auch.
Warum war es so schwer, Jazz im wissenschaftlichen Milieu zu etablieren?
Es war ein stetiger Kampf gegen die Klassiker!
Bach, Beethoven, Brahms – mehr kannte die deutsche Musikwissenschaft nicht. Wer mit Jazz
ankam, traf auf die ganz alten Vorurteile: „entartete
Negermusik“. Ich bin irgendwann mal durch die Uni
in Duisburg gerannt und habe die Professorenkollegen gefragt: „Haben Sie etwas gegen Jazz?“
Und die Antwort?
Ein Kollege aus der Kunst konnte mich erst einmal
beruhigen, aber die Abneigung ist latent. Sehen Sie,
die deutsche Musikwissenschaft ist rückwärtsgewandt. Komponisten, die noch leben, dürfen kein
Thema sein. Als ich in den Achtzigerjahren mit meiner Arbeit über den amerikanischen Jazzmusiker
Dave Brubeck kam, bezweifelte man stark, ob sich
diese Musik überhaupt analysieren lasse.
Sie haben mit dem Jazzlabor an der Universität
Duisburg 30 Jahre lang bewiesen, dass das geht.
Mit dem Jazzmusiker und Jazztheoretiker Joe Viera
haben wir damals sehr erfolgreich eine akademische Jazzausbildung in die Lehrerausbildung integriert. Wir haben gemeinsam gespielt, aber auch
Theorie vermittelt. Es gab Seminare zur Jazzgeschichte, zur politischen Dimension des Jazz sowie,
und das war uns ganz wichtig, die pädagogische
Seite, sprich: Wie vermittle ich das den Schülern?
Das lief 30 Jahre lang gut. Helge Schneider war
einer von vielen, die im Jazzlabor dabei waren. Aber
Erfolg ist leider keine Garantie dafür, dass etwas
Bestand hat. Man hat das Jazzlabor geschlossen.
Kaputt gemacht.
Aus Geldmangel, wie es damals hieß.
(winkt ab) Ach, Geld war massenhaft da! Es ging um
Personalpolitik der Universität Duisburg, des Wissenschaftsministeriums und der Folkwang Hochschule in Essen. Greenpeace hat es so formuliert:
„Wenn die Welt eine Bank wäre, wäre sie schon
längst gerettet.“ Was in Deutschland fehlt, ist nicht
das Geld, sondern das Interesse an Musikpädagogik. Es fehlt die Vitalität, Musik ganzheitlich zu begreifen. So, wie es in Afrika geschieht.
Was genau meinen Sie mit Ganzheitlichkeit?
Wenn man Musik lebt, unterscheidet man nicht zwischen Körper, Geist und Seele. In diesem Land wird
1989–1999, Zukunftsprogramm des Landes NRW. > Visions 1990 erste Ausgabe, monatliches Magazin für alternative Musik, Redaktion in Dortmund. > Profi-Grill 1991 in Wattenscheid eröffnet,
Pommes-Bude von Sterne-Koch Raimund Ostendorp. > Wissenschaftspark Gelsenkirchen 1995 eröffnet, Zukunftsenergien, Gesundheitswirtschaft und IT. > CentrO Oberhausen 1996 eröffnet, früher
INTERVIEW
/
ILSE STORB
Das Ruhrgebiet ist ein idealer Standort für dieses
Institut, oder?
Ja, es geht hier sehr interkulturell zu. So eine Vielfalt
gibt es sonst vielleicht noch in Berlin. Ich genieße das.
Sie sind ein echtes Essener Gewächs.
Meine Familie lebt seit 500 Jahren hier in Bredeney.
ZUM
80. GEBURTSTAG
von Ilse Storb sind im NonEMVerlag Duisburg zwei Bücher erschienen. Die Biografie
Swingingly Yours. Ilse Storb. Love & Peace (15 Euro)
sowie die Festschrift Rastlose Brückenbauerin (45 Euro).
das getrennt. Die Deutschen sind verkopft. Dies ist
eine „verklemmte Nation“, wie der spanische Autor
Heleno Saña es nach Jahrzehnten in diesem Land
formuliert hat. Wenn ich durch die Gegend laufe und
jedem in meiner Art um den Hals falle, habe ich
manchmal den Eindruck, die Leute sind kurz davor,
die Polizei zu rufen. (lacht)
Wir Deutschen mögen da etwas distanzierter sein,
aber ist das wirklich ein Problem?
Was den Zugang zur Welt der Kulturen betrifft, unbedingt. Wenn Deutsche der Ganzheitlichkeit und
Ursprünglichkeit der Afrikaner begegnen, sind sie
schnell irritiert. Es ist ein anderer Ansatz, Musik zu
leben. Es gibt in Afrika ein Sprichwort: „Ein Lied tanzen,
einen Tanz singen.“ Musik wird aus der Bewegung und
dem Rhythmus erlebt – und nicht, wie in der klassischen Musikwissenschaft, mithilfe eines Metronoms.
Verständlich, dass die deutsche Musikwissenschaft
Probleme beim Zugang zur Musik der Welt hat.
Und wieder kämpfen Sie gegen diese Vorbehalte an
– und arbeiten derzeit an der Gründung eines „Instituts für Weltmusik“ ...
... Vorsicht beim Begriff „Weltmusik“, der wird seit
Jahren kommerziell missbraucht! Da ziehen dann
sogenannte Weltmusik-Gruppen durch das Land
und spielen angeblich afrikanische Musik mit Keyboards und E-Gitarren. Was ich vorhabe, ist ein Institut an der Folkwang Musikschule in Essen, nicht zu
verwechseln mit der Folkwang Hochschule, die ja
vor allem elitär ausbildet. An der Musikschule sind
8.000 Schülerinnen und Schüler angemeldet, von
zwei bis 88 Jahren, und dort wollen wir ein Angebot
ausbauen, das der Bevölkerungsstruktur des Ruhrgebiets gerecht wird: türkische, arabische, afrikanische, hoffentlich auch bald chinesische Musik. Aber
auch Tanz und Theater. Wir brauchen ein Haus für
die Musiksprachen dieser Welt!
/
14
15
Bei Ihrer Lust auf andere Kulturen: Haben Sie
jemals ernsthaft erwogen wegzuziehen?
Ja, ich habe mehrmals darüber nachgedacht. Aber
ich bin hier doch stark verwurzelt. Sehen Sie, mein
Vater war hier Volksschullehrer. Er hat ganz Bredeney unterrichtet – da baut man einen Bezug zu dem
Fleckchen Erde auf. Wenn Sie aus meinem Wohnzimmerfenster schauen, sehen Sie, wo mein Elternhaus stand. Ein Bauernhof, erbaut 1780. Ich verbrachte dort eine wunderbare Kindheit. Dann kam
der Krieg. Eine Luftmine im Frühjahr 1943 – und
das war es dann.
Sie waren 16 Jahre alt, als der Krieg endete. War
Ihnen damals klar: Jetzt lege ich richtig los, jetzt bin
ich fleißig?
Oh, ich war auch im Krieg fleißig. (lacht) Ich komme
aus einer Lehrerfamilie, und man musste mich nicht
zum Lernen zwingen. Als die Schulen wegen der
Bombenangriffe geschlossen waren, habe ich mir
selber einen Stundenplan erarbeitet. Gut, die erste
Stunde begann nicht um 8 Uhr, das war ja schrecklich. 9 Uhr reichte auch. Und ich habe immer schon
sehr viel Klavier gespielt.
Ganz klassisch?
Ja, nicht zu verwechseln mit dem Jazzklavier. Ich
kann nicht, wie die Barpianisten, auf Zuruf
150 Stücke in zwölf Tonarten spielen.
Wie kommt eine klassische Pianistin und angehende Musikwissenschaftlerin zum Jazz?
Purer Zufall. Man hat mir beigebracht, an den Universitäten immer einen Blick auf das Schwarze
Brett zu werfen. 1968 begann ich den Hochschuldienst an der Uni Duisburg und fand einen Aushang:
„Musikwissenschaft und Jazz“. Da dachte ich,
Moment, was will diese Retro-Wissenschaft mit
Jazz anfangen? Das gibt bestimmt Mord und Totschlag – nichts wie hin! (lacht) Und so nahm ich an
der Gründung der Internationalen Gesellschaft für
Jazzforschung in Graz teil.
Als absolute Anfängerin.
Genau. Ich kannte mich mit den großen B’s aus:
Bach, Beethoven und Brahms. Und dann wurde ich
dort vom Namedropping erschlagen: Mingus,
Monk, Mulligan! Oh Gott, dachte ich, da gibt es eine
musikalische Welt, von der du nichts mitbekommen hast. Noch dazu sollte es sich um „Live-Musik“
handeln. Auch ein Begriff, den ich vorher nicht
kannte. Also ab auf ein Konzert, ein Tribute-Festival
zum 70. Geburtstag von Duke Ellington, 1969 in
Berlin mit Leuten wie Cecil Taylor oder Thelonious
Monk. (atmet auf) Was für eine Befreiung! Was
für eine Offenheit! Dieses Gefühl hatte ich zuvor
schon einmal, als ich Mitte der Fünfziger zum Studieren nach Paris kam: Küsschen hier, Küsschen
da – das gefiel mir. Was Jazz betraf, war ich
sofort Feuer und Flamme. Mir war klar: Das, was
Jazz auszeichnet, muss Teil der Musiklehrerausbildung werden: diese rhythmische Vitalität, diese
Offenheit.
Viele Leute benötigen etwas Zeit, um sich in die
Welt des Jazz reinzuhören. Haben Sie gleich
Zugang gefunden?
Als ich Monk am Klavier hörte, betete ich ein paar
Ave Maria. Ich dachte, so dissonant, wie der spielt,
schmeißen die ihn gleich aus der Philharmonie raus.
(lacht) Den einfachsten Zugang hatte ich zum Pianisten Dave Brubeck, über den ich ab 1971 bis
1991 meine Habilitationsschrift verfasst habe. Er
war wie ich Pianist, kam aus der Klassik, und man
konnte die Transkriptionen seiner Musik kaufen. Das
war wichtig, denn forschen Sie mal über einen Jazzmusiker, von dem es keine Noten gibt. Na, viel Spaß.
Nun hat Ihnen Brubeck zum 80. Geburtstag ein
Stück geschenkt. Mögen Sie es?
Ja, es ist gut geworden. Er hat mir auch eine wunderschöne Widmung geschrieben: „Mit Dank für
alles, was du für den Jazz und für meine Musik
getan hast.“ Da kamen mir Tränen der Rührung.
Wenn Sie gleich morgen auf eine einsame Insel
müssten und nur eine einzige Schallplatte mitnehmen dürften, welche wäre das?
Eine von Louis Armstrong. Er war nicht nur ein
genialer Musiker, er war auch ein genialer Mensch.
„I like to make people happy“ lautete sein Lebensmotto.
Sie haben ein Buch über ihn geschrieben. Eine
wahre Herkulesarbeit.
Ich habe von morgens bis abends in den Archiven in
New Orleans oder New York gewühlt. Das musste
schnell gehen; die Hotels waren so teuer. Geschlafen habe ich kaum, ich habe tatsächlich bis zur
Erschöpfung gearbeitet. Viel Energie, viel Disziplin.
Als Energiebündel kennt man Sie. Wie wichtig war
die Disziplin im Laufe Ihres Werdegangs?
Ohne geht es nicht. Ich muss immer lachen, wenn
ich Leute treffe, die sagen: „Ich möchte so gut Klavier spielen können wie Sie.“ Ich sage dann: „Kein
Problem, täglich sechs Stunden üben.“
Gibt es eine Chance, Ihnen eine Absicht auszureden,
wenn Sie wirklich etwas wollen?
Nein, was ich für die Bildung, die Weltmusik und die
Völkerverständigung will, wird hoffentlich gemacht.
Da können mir auch Leute nichts anhaben, die mir
im Weg stehen. Und diese Haltung hat sich letztlich
immer ausgezahlt. Ich erinnere mich zum Beispiel
an ein Treffen mit dem Herausgeber des LouisArmstrong-Buches. Ich hatte gerade die erste Fassung abgegeben, da gab es Widerstände. (belehrend) „Frau Storb, Frau Storb“, sagte der feine Herr,
„Subjekt, Prädikat, Objekt!“ Nach diesem Treffen
genehmigte ich mir einen Cognac und rechnete nur
noch mit dem Ausfallhonorar. Drei Fassungen und
mehrere Kubikmeter gestapeltes Papier später war
das Ding dann fertig – und der Herausgeber war
wie umgedreht, als er mich dann hier in Essen
besuchte. (exaltiert) „Aaah, Frau Storb, wie schön.“
Dazu Blumen. Als wäre ich plötzlich die Königin von
England.
Und was machen Sie, wenn Sie dann doch mal an
der Welt verzweifeln?
Ich bekomme kurz einen Wutanfall. Und dann gehe
ich schwimmen oder spiele Klavier. Soll ich denn da
in der Ecke sitzen und stricken? Oder heulen?
Würde ja eh keiner hören, ich lebe alleine.
Industriegelände, heute Einkaufs- und Freizeitzentrum. > Hartware MedienKunstVerein 1996 in Dortmund gegründet, Plattform für Medien-Kunst, zieht 2010 in den U-Turm. > Essener
Klinik für Naturheilkunde und Integrative Medizin 1999 gegründet, kombiniert Schulmedizin und Naturheilkunde. > Biomed-Triangle 2002 eröffnet, biomedizinisches Technologiedreieck
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WASSE
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SPECIAL
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HYDROENERGIE
Der Name spricht für sich: Wer sich ernsthaft mit dem Ruhrgebiet auseinandersetzen möchte, kommt
um den circa 220 Kilometer langen Nebenfluss des Rheins nicht herum. Die Ruhr ist nicht nur Namensgeber, sondern auch einer der bedeutendsten Wasser- und Energielieferanten des größten deutschen
Ballungsraums. Zahlreiche Wasserkraftwerke säumen ihre Ufer und liefern neben rund 85.000 Kilowatt
Strom auch Arbeitsplätze für Tausende von Menschen. Von Constanze Wolff
Wer heutzutage von „erneuerbaren Energiequellen“
spricht, denkt dabei meist an die populäre Solarenergie oder an andere Energieformen wie Wind,
Erdwärme und Biomasse. Was dabei schnell vergessen wird: Diese Energieformen liefern zurzeit
nur rund 2,1 Prozent der weltweit erzeugten elektrischen Energie – weit abgeschlagen hinter der Wasserkraft (16 Prozent). Wasserkraft ist die bei Weitem wichtigste erneuerbare Quelle, die zur Stromversorgung der Erdbevölkerung beiträgt.
noch auf die Bedeutung der Wassermühlen für das
Ruhrgebiet. Die Ruhr wird nicht erst seit dem
Beginn der Elektrifizierung zur Energiegewinnung
genutzt – aber private und kommunale Wasserkraftwerke ersetzten die alten Mühlen zunehmend.
In Kombination mit großen Kohlevorkommen stieg
das Ruhrgebiet so nach und nach zu Europas
führendem Standort in Sachen Energieversorgung
und Energietechnik auf. Heute gehört die Energieforschung zu den wichtigsten Forschungsfeldern in der
Region: 750 Wissenschaftler an Universitäten,
Fachhochschulen und außeruniversitären Forschungseinrichtungen arbeiten an Grundlagen
ebenso wie in der anwendungsnahen Forschung
und in der Entwicklung marktorientierter Lösungen.
Mehr als 80.000 Beschäftigte sind in der Metropole Ruhr in der Energiebranche tätig – vom weltweit
tätigen Energieversorger über Maschinen- und
Anlagenbauer für Kraftwerkstechnik bis hin zu mittelständischen Unternehmen, die Lösungen auf
Basis von erneuerbaren Energien anbieten.
ER :KRAFT
45468
MÜLHEIM / RUHR
KRAFT : WERKE
Dabei nutzen Wasserkraftwerke die Fließgeschwindigkeit oder Schwerkraft des Wassers, um Strom
zu erzeugen. Die kinetische Energie des Wassers
treibt eine Turbine an, die den Generator in Betrieb
setzt, in dem die mechanische Energie in elektrischen Strom umgewandelt wird. Je nach Bauart
werden verschiedene Arten von Kraftwerken unterschieden: Bei Laufwasserkraftwerken wird die Fließgeschwindigkeit von Flüssen ausgenutzt, Speicherwasserkraftwerke arbeiten mit der Schwerkraft des
Wassers, das aus einem höher gelegenen Reservoir auf die Turbine fällt. In Pumpspeicherkraftwerken wird das Wasser, nachdem es die Turbine
angetrieben hat, aufgefangen und wieder in den
über der Anlage gelegenen Speicher zurückgepumpt. Gezeitenkraftwerke hingegen nutzen die
Bewegung von Ebbe und Flut, um die Turbinen des
Kraftwerks anzutreiben.
Technischer Vorgänger der Wasserkraftwerke
waren Wassermühlen, in denen die mechanische
Energie des Wassers unmittelbar genutzt wurde.
Städtenamen wie „Mülheim“ verweisen auch heute
KARRIERE : CHANCEN
Einer der ganz Großen in der Branche ist E.ON,
eines der weltweit größten privaten Strom- und
Gasunternehmen. Mit 110 Wasserkraftwerken ist
E.ON das führende Unternehmen auf dem Gebiet
der umweltfreundlichen Stromerzeugung aus Wasserkraft. Bei E.ON Wasserkraft sind sämtliche
Berufsfelder vertreten, die in einem international
agierenden Stromerzeugungsunternehmen zu finden sind – vom Wasserbauingenieur über Elektrotechniker bis zum Maschinenbauingenieur. „Von
einer Krise ist bei uns nichts zu spüren“, kommentiert Franz-Xaver Haas, Leiter Personal bei E.ON
Wasserkraft, die Frage nach der Entwicklung der
Branche. „Der Bereich der erneuerbaren Energien
wird immer wichtiger und wächst stetig – eine
echte Boom-Branche.“
Hinter diesem Boom stecken in erster Linie politische
Entscheidungen. Die EU hat sich zum Ziel gesetzt,
den Anteil der erneuerbaren Energien bis zum Jahr
2010 von sechs auf zwölf Prozent zu verdoppeln,
der weltweite Kohlendioxid-Ausstoß soll bis 2050
halbiert werden. Und wenn Deutschland aus der
Bochum-Dortmund-Witten. > Zollverein School of Management and Design 2003 in Essen gegründet, Einrichtung für Lehre und Forschung. > Pixelprojekt Ruhrgebiet 2003 gegründet, Fotosammlung
zum Ruhrgebiet, www.pixelprojekt-ruhrgebiet.de. > Städteregion Ruhr 2030 2003 geschlossener Kooperationsvertrag zahlreicher Städte des Ruhrgebiets. > Heimatdesign 2004 in Dortmund
Kilowattstunden Strom: Das entspricht dem jährlichen Strombedarf von etwa 300.000 Haushalten.
Ähnlich wie E.ON sieht RWE die größten Ausbaupotenziale für Wasserkraft in Mittel- und Osteuropa –
eine Tatsache, die sich auch in den Anforderungen
an neue Mitarbeiter niederschlägt: „Wir suchen
Menschen, die bereit sind, ihre Komfortzone auch
über die deutschen Grenzen hinaus auszudehnen,
und die neben der fachlichen Qualifikation auch ein
hohes Maß an kultureller Sensitivität mitbringen“,
erläutert Quarg.
„WASSER IST DIE KOHLE DER ZUKUNFT!“ (JULES VERNE, 1874)
DATEN & FAKTEN WASSERKRAFT
Das wirtschaftlich ausbaubare Wasserkraftpotenzial der
Welt umfasst 15 Milliarden Megawattstunden jährlich.
Obwohl davon erst rund 20 Prozent genutzt werden, ist
Wasserkraft die wichtigste erneuerbare Energie weltweit.
Mehr als 20 Länder der Erde decken ihren Strombedarf
zu über 90 Prozent aus der Kraft des Wassers, in
Deutschland sind es circa fünf Prozent. Weltweit sind nur
noch ein Drittel der 177 großen Flüsse (ab 1.000 Kilometer Länge) und ihrer Nebenflüsse frei von Dämmen,
Staustufen und Sperrwerken. An der Ruhr befinden sich
zahlreiche private und kommunale Wasserkraftwerke –
zumeist Laufwasserkraftwerke wie in Wiemeringhausen,
Olsberg, Nuttlar, Alfert, Velmede, Eversberg, Heinrichsthal, Stockhausen, Freienohl, Wildshausen, Arnsberg,
Fröndenberg, Schwerte/Westhofen, Wetter und Witten.
Aufgrund der endlichen Ressourcen im Bereich fossiler
Brennstoffe und des gestiegenen Umweltbewusstseins
ist der Bereich der Wasserkraft ein echter Wachstumsmarkt. Die größten Möglichkeiten für die Errichtung
zusätzlicher Anlagen bestehen in Afrika, in Südamerika
und in Südostasien – überall dort sind auch bereits verschiedene Großprojekte im Aufbau.
44791
Kernenergie aussteigen möchte, müssen 30 Prozent der benötigten Energie aus anderen Quellen
gewonnen werden. „Eine wirkliche Alternative dazu
gibt es nicht“, bringt Diplom-Ingenieur Thomas Günther
die Situation auf den Punkt. „Nicht nur Kohle, Erdgas
und Erdöl, sondern auch Uran ist nur in begrenzten
Mengen vorhanden.“ Der Maschinenbauer beschäftigt sich bereits seit 30 Jahren mit erneuerbaren
Energien – zunächst als Energieberater für die Verbraucherberatung NRW, seit 1993 als selbstständiger Konstrukteur von Wasserkraftanlagen.
Mit der Bega Wasserkraftanlagen GmbH hat er
deutschlandweit bereits mehr als 80 Anlagen mit
einer Leistung von zwei bis fünf Kilowatt realisiert:
„Meine Kunden sind die Eigentümer alter Wassermühlen, die aus ökologischen, ökonomischen oder
denkmalpflegerischen Gründen mit dem Wunsch
einer Reaktivierung der alten Mühle auf mich
zukommen.“ Da nur eine begrenzte Zahl solcher
Standorte existiert, sieht er die Zukunft vor allem im
Bereich der Meeresenergien: „Generell sind im
Bereich der erneuerbaren Energien vor allem Ingenieure, Techniker und hoch qualifizierte Handwerker
gefragt – und von allen haben wir zu wenig.“
BOCHUM / GRUMME
45141
ESSEN / ALTENESSEN
/
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GRENZEN : LOS
Auch David Quarg, Head of Recruitment and HR
Development bei RWE Innogy, setzt auf eine solide
Ausbildung: „Wenn es um die technische Weiterentwicklung der Anlagen geht, ist eine Ausbildung als
Ingenieur in der Energie- bzw. Elektrotechnik oder im
Maschinenbau eine sehr gute und vor allem breite
Basis. Eine Spezialisierung kann dann nach dem Studium erfolgen. Einem guten Ingenieur oder Naturwissenschaftler fällt das nicht schwer.“ Diese Aussage beruht auf dem Erfahrungswissen aus mehr
als 100 Jahren: RWE erzeugt bereits seit 1905
Strom aus Wasserkraft und setzt damit auf eine
wichtige und zuverlässige heimische Energiequelle.
Heute betreibt RWE Innogy Laufwasserkraftwerke
mit einer Leistung von insgesamt rund 500 Megawatt – allein in Deutschland befinden sich 45 Anlagen, zum Beispiel an der Mosel, der Saar und der
Ruhr. Sie erzeugen jedes Jahr etwa 1,2 Milliarden
Auch Frank Meyer, Personalleiter bei Voith Hydro,
setzt auf die internationalen Kompetenzen seiner
Mitarbeiter: „Im Anlagenbau sind besonders Projektmanagement und Sprachen wie Englisch, Spanisch, Portugiesisch und Chinesisch von großer
Bedeutung.“ Voith Hydro ist ein im April 2000
gegründetes Joint Venture von Voith und Siemens
und mit mehr als 40.000 Generatoren und Turbinen auf der ganzen Welt eines der führenden Unternehmen für saubere und CO2-freie Energieerzeugung aus Wasser. Das Unternehmen blickt auf
mehr als 140 Jahre Erfahrung im Wasserkraftgeschäft zurück, mit über 43.000 Mitarbeitern gehört
die Voith-Unternehmensgruppe zu den größten
Familienunternehmen Europas.
PERSONAL : ENTWICKLUNG
Neben interkulturellen Fähigkeiten ist daher auch
die Freude an der Arbeit in einem internationalen
Umfeld eine Voraussetzung für ein Engagement bei
Voith Hydro: „Rund zwei Drittel des auf der Erde
nutzbaren Potenzials an Wasserkraft liegen nicht in
Europa“, erläutert Personalleiter Meyer. Da bisher
jedoch 80 Prozent dieses Potenzials nicht genutzt
werden, können Wasserkraftwerke nicht nur einen
wichtigen Beitrag zur Lösung des Weltenergieproblems leisten, sondern auch spannende Jobaussichten eröffnen: „Absolventen, die sich zu einem Einstieg in die Wasserkraft entschließen, finden heute
und in Zukunft ein Umfeld, das von Wachstum und
dem Bedarf an gut ausgebildeten, motivierten und
mit guten Sprachkenntnissen ausgestatteten Mitarbeitern geprägt ist.“ Als typisch für einen Wachstumsmarkt bezeichnet er dabei die umfassenden
Entwicklungschancen: „Absolventen können sich
hier besonders gut entwickeln, da sie schnell Verantwortung übernehmen und wertvolles Fachwissen aufbauen können.“ Mitarbeiter sollten daher vor
allem die Bereitschaft mitbringen, sich gewissenhaft in die Thematik einzuarbeiten und kontinuierlich
dazuzulernen. Die Spezialisierung kann dabei durchaus erst im Unternehmen erworben werden: „Im
Bereich mechanischer Komponenten ist beispielsweise die Vertiefungsrichtung Strömungsmechanik
ideal; ebenso sind Kenntnisse im Bereich Finiter-Elemente-Methoden beziehungsweise im Bereich der
Festigkeitsberechnungen gefragt. Fächer wie Energietechnik, Mess- und Regelungstechnik und Automatisierungstechnik bieten gute Grundlagen für den
Arbeitsbereich der Generatoren.“
Franz-Xaver Haas von E.ON bringt es auf den Punkt:
„Ein flexibler Markt erfordert flexible Mitarbeiter.
Neben einer soliden Grundausbildung sind daher
vor allem hohes Engagement, internationale Teamfähigkeit und der berühmte lange Atem unabdingbare Voraussetzungen für eine Karriere im Bereich
der Wasserkraft.“ Wer diese Voraussetzungen mitbringt, für den heißt es „Volle Kraft voraus!“ in einer
echten Boom-Branche.
gegründet, Plattform für junges Design aus dem Ruhrgebiet. > Unperfekthaus 2004 in Essen eröffnet, 2007 Kulturpreis, Künstlerdorf, Kneipe, Hotel. > Universitätsallianz Metropole
Ruhr 2007 gegründet, Kooperation der Unis Bochum, Dortmund und Duisburg-Essen. > ruhrwärts Kulturnetzwerk 2007 gegründet, fördert Kultur, Bildung und Völkerverständigung.
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SANDRA BORGMANN
VERWANDLUNGS
GLÜCKAUF
WEGMARKEN IM LEBENSLAUF VON
SANDRA BORGMANN …
…UND EREIGNISSE IM RUHRGEBIET
ZUR GLEICHEN ZEIT
GEBOREN 25.04.1974 IN MÜLHEIM AN DER RUHR
1974
FUSSBALL-WM-SPIELE AUF SCHALKE UND IN DORTMUND
SCHAUSPIELDIPLOM AN DER
ESSENER FOLKWANG HOCHSCHULE
1997
BUNDESGARTENSCHAU IM NORDSTERNPARK
IN GELSENKIRCHEN
ERSTE KINOROLLEN: „OI!WARNING“ UND „LATE SHOW“
1998
NEUER RUHRTUNNEL IN MÜLHEIM
BEKANNTESTE FERNSEHROLLE ALS ROSALIE
IN „BERLIN BERLIN“
2001
FC SCHALKE 04 WIRD MEISTER DER HERZEN
DEUTSCHER COMEDYPREIS FÜR „LADYKRACHER“
2002
WELTREKORD IM CHA-CHA-CHA-MASSENTANZEN IN BOCHUM
UMZUG NACH HAMBURG
2005
AUSTRAGUNG DER WORLD GAMES IM RUHRGEBIET
SANDRA BORGMANN
IM GESPRÄCH MIT NINA HUNDHAUSEN
:KÜNSTLERIN
Durststrecken machen ihr keine Angst. Sie ist optimistisch, zäh und extrem wandelbar: gute Voraussetzungen für eine Schauspielkarriere. Die meisten kennen sie als Rosalie in der Fernsehserie „Berlin Berlin“. Seitdem sah man sie auch bei „Ladykracher“, als
Mörderin im „Tatort“ oder als RAF-Terroristin im „Baader-Meinhof-Komplex“. Im wahren Leben ist sie gerade Mutter geworden.
Die Schauspielerin Sandra Borgmann.
Sie sind im Ruhrgebiet aufgewachsen, haben dort
auch studiert. Wie hat das Ruhrgebiet Sie geprägt?
Ich habe viel über das Ruhrgebiet verstanden, als ich
weggegangen bin. Da habe ich die Art der Ruhrpottler schätzen gelernt. Die Kommunikation kann sehr
direkt und offenherzig sein. „Was kann ich für dich
tun, watt brauchste, Schätzeken?“ oder: „Wir zwei,
wir machen dat schon zusammen“, sind Sätze, die ich
aus dem Ruhrgebiet kenne. Am Set nehme ich das
Team als Ganzes wahr und mache keine Unterscheidung zwischen Schauspielern und Technikern. Das
ist, glaube ich, etwas, was das Ruhrgebiet mir mitgibt.
Was bedeutet Ihnen das Ruhrgebiet heute?
Das Ruhrgebiet ist Heimat für mich. Das ist gekoppelt
an die Menschen. Wenn jemand mit demselben Dialekt spricht wie ich, dann fühle ich mich direkt wohl
und zu Hause. Es ist weniger der Ort an sich. Wenn
ich mit dem Zug dorthin fahre, bin ich schon manchmal froh, dass ich nicht mehr dort wohne. Es gibt
noch viel Grau. Wenn man von außen ins Ruhrgebiet
kommt, kann man sich erst mal gar nicht vorstellen,
dass das auch ein ganz schöner Fleck ist, wo man gut
leben kann. Das ist ein ganz anderer städtischer
Zusammenhang, der scheinbar endlos ist und doch
immer wieder sehr so kleinstädtisch wirkt. Man
braucht eine Zeit lang, bis man entdeckt, dass das
Ruhrgebiet eigentlich sehr schön ist und dort viel passiert und auch viel möglich ist.
Sie haben an der Folkwang Hochschule in Essen studiert. Ihr Kulturtipp für die Kulturhauptstadt 2010?
Zeche Zollverein ist grandios, da muss man unbedingt hin. Noch ein Tipp: Es gibt Bustouren entlang
der Industriekulturroute. Das geht über den ganzen
Tag und man erfährt extrem viel über das Ruhrgebiet.
Ich habe dabei viele neue Sachen gelernt. Für mich
/
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sind diese Orte der Industriekultur immer noch die
spannendsten im Ruhrgebiet.
Sie sind in Ihren Rollen wahnsinnig wandelbar. Wie
schaffen Sie es, sich für jede Rolle neu zu erfinden?
Ich verstehe meinen Beruf ganz stark als einen, in
dem es um Verwandlung geht. Es gibt Schauspieler,
die sehr mit ihrem Typ spielen. Dann gibt es Schauspieler, die eher hinter ihren Rollen verschwinden.
Und das ist das, was ich mir für meine Arbeit wünsche. Im besten Fall verschwinde ich hinter dem, was
ich behandle, und der Zuschauer verfolgt nicht Sandra Borgmann, sondern die Frau, die ich dann spiele.
Ich freue mich, wenn man mich dadurch als wandelbar erlebt. Wenn Leute mich auf der Straße erkennen, fragen sie mich manchmal: „Kennen wir uns
nicht vom Sport?“ Ich mag das ganz gern, weil die
Leute das Gefühl haben, sie würden mich aus einem
persönlichen Kontext kennen.
Sie haben sehr schnell nach Ihrer Ausbildung als
Schauspielerin Karriere gemacht. Was ist das
Geheimnis Ihres Erfolgs?
Vielleicht die Wandelbarkeit. (lacht) Und am Anfang
bestimmt auch einfach mein Gesicht. Als ich begann
und noch gar kein Material hatte, das ich bei Bewerbungen hätte einreichen können, habe ich nur aufgrund von Fotos zwei Einladungen zu großen Kinoproduktionen bekommen. Dadurch, dass die Regisseure
auf mein Foto angesprungen sind, bin ich in die
Castings reingekommen. So ging es gut los. Das war
fantastisch. Der Rest ist Arbeit. Und die Freude an
dieser Arbeit natürlich.
Mussten Sie auch mal Durststrecken überwinden?
Ja, nach „Berlin Berlin“ gab es so eine Zeit. Da habe
ich erst mal nur Angebote gekriegt, wo es hieß: Rosa-
lie hat doch gut geklappt, dann spiel das doch genauso. Das wollte ich aber nicht. So hatte ich ein Jahr, wo
fast nichts zustande kam.
Hat Ihnen das Sorgen bereitet?
Nein. (lacht) Das bin ich. Ich bin relativ zäh. Mich hat
das nie erschrocken, wenn ich nicht weiß, wie es weitergeht. Das gehört auch zu meinem Beruf, dass
manchmal eine Zeit lang nichts reinkommt. Ich finde
das auch gut, nicht zu wissen, wie es weitergeht.
Dinge passieren, die mich überraschen. Und in Zeiten, in denen nichts passiert oder anders als ich es
mir wünsche, schaue ich, was davon vielleicht mit mir
zu tun hat, also was ich konkret tun oder lassen kann.
Das können ganz banale Sachen sein. Nach „Berlin
Berlin“ hab ich mir zum Beispiel einfach die Haare
lang wachsen lassen, um aus diesem „Best-BuddyDing“ rauszukommen.
Haben Sie einen Karrieretipp für unsere Leser?
Sich selbst ernst zu nehmen, kann nicht schaden.
(lacht) Es hilft zu wissen, was man sich wünscht und
auch, welche Einwände man dagegen hat. Das kann
man gut betrachten und sich dann unerschrocken
dem widmen, was man machen möchte – unabhängig davon, wie der Markt dafür ist. Der Markt ändert
sich sowieso die ganze Zeit. „Ran ans Neue und dann
heiter weiter“, wie meine Hebamme immer sagt.
(lacht)
Welche beruflichen Ziele haben Sie für Ihre Zukunft?
Ich habe viele einsame Frauen gespielt und viele Mörderinnen. Das ist alles sehr spannend, aber ich würde
mich freuen, wenn ich mal Frauen spielen könnte, die
nicht so arg traumatisiert sind, sondern etwas glücklicher. Und ich fände es ganz toll, einfach mal eine
Geliebte zu spielen. Das wünsche ich mir.
> ThyssenKrupp Quartier 2007 Baubeginn, Fertigstellung 2011, neue Konzernzentrale. > Masterplan Ruhr 2008 veröffentlicht, Analyse zu Wohnen, Städtebau und Stadtentwicklung.
> HotSpot Ruhr 2010, Ruhrgebiet, größter WLAN-HotSpot Europas. > Nationales Fußball-Museum 2012 Eröffnung in Bochum.
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