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Politik
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Schnittstellen zwischen
Medizin und Zahnmedizin
Drittes Hirschfeld-Tiburtius-Symposium
Unter dem Titel „Zahnmedizin & Medizin: Nahtstellen im Fokus“ fand am 4. Juni das dritte Hirschfeld-Tiburtius-Symposium in Berlin statt, an dem
auch vier bayerische Zahnärztinnen teilnahmen.
Die Vorträge des Kongresses zeichneten sich durch
hohe fachliche Kompetenz und Praxisnähe aus.
Dr. Dietmar Oesterreich, Vizepräsident der Bundeszahnärztekammer (BZÄK), berichtete über interdisziplinäre Projekte der BZÄK. Endlich werde
auch in der Medizin die Zahnmedizin als integraler Bestandteil wahrgenommen. Die Wechselwirkungen zwischen Mundgesundheit und Allgemeingesundheit spielen aufgrund des demografischen Wandels und der rasanten Zunahme verschiedener Allgemeinerkrankungen – wie zum Beispiel Diabetes mellitus, koronale Herzkrankheiten, chronisch obstruktive Lungenerkrankungen,
rheumatoide Arthritis – eine immer wichtigere
Rolle. Zudem dürfe man nicht den bio-psychosozialen Aspekt verschiedener Erkrankungen aus
dem Auge verlieren.
Gender-Medizin
Dr. Andrea Diehl, Berlin, stellte Verbindungen
zwischen Gynäkologie und Craniomandibulärer
Dysfunktion (CMD) vor. Unter ganzheitlichen Aspekten wurden verschiedene Funktionsketten des
menschlichen Körpers aufgezeigt, sodass es zu
Zugspannungen durch die Dura mater vom Infundibulum, dem Hypophysenstiel bis zum Sacrum
kommen kann. Narbenzüge in den Fasziensystemen können so aufgrund gynäkologischer Eingriffe zu myofaszialen Läsionsketten werden, woraus eine Funktionsstörung im Kiefergelenk resultieren kann. Da doppelt so viele Frauen an CMD
leiden wie Männer, sollte diese Thematik bei der
Ursachenforschung berücksichtigt werden. In der
Multikausalität dieser Erkrankung stellt Stress einen der Hauptfaktoren dar. Sowohl innerer Stressperfektionismus als auch äußere Stressoren wie
Zeit- und Arbeitsdruck können zu vielfältigen akuten und chronischen Krankheitsbildern führen.
Vertieft wurde der Gender-Gedanke von Priv.-Doz.
Dr. Dr. Christiane Gleissner, Mainz, mit dem Vor-
trag „Hormone und Mundgesundheit: Was wissen
wir heute?“. Die Referentin stellte verschiedene
Syndrome und Erkrankungen mit oralen Manifestationen dar. So sollte bei einer Dentitio präcox
auch an eine mögliche Fehlregulation der Schilddrüse gedacht werden. In einem klinischen Fall
war eine hormonelle Dysregulation auch die Ursache für eine radiologisch diagnostizierte apikale
Ostitis der Unterkieferfrontzähne bei Vitalität. Nach
Hormongabe und Calciumverabreichung normalisierte sich der pathologische Befund. Unter der
Berücksichtigung, dass die Sexualhormone viele
verschiedene Zielgewebe haben, werden selbst
Skeptiker durch fundierte Fakten von der GenderMedizin überzeugt. So führen Östrogene zu einer
Vermehrung von Plaque und Gestagene induzieren weniger Reparaturprozesse.
In Zukunft wird die Berücksichtigung von Pubertät, Schwangerschaft, Postmenopause und Hormonersatztherapie neue Behandlungsoptionen eröffnen. Auch die Zusammensetzung von Kontrazeptiva, die zu einer selektiven Vermehrung bestimmter Bakterienarten führt und mit einer Erhöhung der Sulkusflüssigkeit einhergeht, ist in ihrer
Auswirkung auf die Mundgesundheit noch weitgehend unerforscht. Die Deutsche Gesellschaft für
geschlechtsspezifische Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde (DGGZ) leistet hier unter der Präsidentin Priv.-Doz. Dr. Dr. Gleissner Pionierarbeit.
Ganzheitliche Implantologie
Dr. Dr. Anette Strunz, Berlin, widmete sich der Allgemeingesundheit der Patienten unter ganzheitlichen, implantologischen und invasiv-chirurgischen Aspekten. Vor jedem Eingriff sollte höchster
Wert auf eine ausführliche Anamnese gelegt werden. Ihr besonderes Anliegen: Auch bei langjährigen Patienten muss die Anamnese regelmäßig erneuert und unterschrieben werden, da sich Gesundheitszustand und Medikation vielleicht geändert haben – mit Auswirkungen auf die Mundgesundheit und Konsequenzen für die Therapie.
Das Motto „Erst grübeln, dann dübeln“ verhilft dem
Patienten zu einer optimalen Versorgung. Trotz des
hohen technischen und wissenschaftlichen Stan-
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Komplexe Befunde und Therapien
Den Würgereiz und seine Ursachen thematisierte
Prof. Dr. Stephan Eitner, Erlangen. Wichtig sei die
psychologisch richtige Gesprächsführung. Da das
Unterbewusstsein keine Verneinung kennt, müssen Aussagen positiv formuliert werden. Für den
Behandlungserfolg entscheidender ist allerdings
die subjektive Einschätzung des Krankheitsgefühls
und des Krankheitswertes durch den Patienten.
Verspricht er sich dadurch mehr Mitgefühl oder
eine privilegierte Behandlung, so wird keine Therapie möglich sein. Der Würgereiz dient auch als
Angst-Parameter, der durch verschiedene Reize
wie Gerüche, Geräusche, Anblicke oder Vorstellungen ausgelöst werden kann. Er kann aber auch
durch Erkrankungen, somatische Anomalien oder
Medikamente wie Digitalisglykoside verursacht
werden.
Die psychogene Zahnersatz-Unverträglichkeit kann
unter dem Bild der Dysmorphophobie vorliegen,
indem sich der Patient auf einen Körperteil konzentriert. Der konventionelle Weg zur Behandlung
von Würgereiz liegt in der Beachtung spezieller
Parameter wie Tageszeit, Gesprächsführung oder
Vermeidung einengender Bekleidung. Weitere Möglichkeiten bestehen mit Oberflächenanästhesie, Sedierung, Akupunktur oder Narkose.
Der Vortrag von Dr. Susanne Fath, Präsidentin des
Dentista Clubs, über die Bedeutung von Parodontitis und Diabetes in der Praxis ging sehr ausführlich in die Ätiologie und Pathogenese der Erkrankung ein. Resümierend lässt sich feststellen, dass
eine effektive PA-Behandlung nur bei einer gut
eingestellten Diabetestherapie möglich ist. Hier ist
eine intensive interdisziplinäre Zusammenarbeit
die beste Voraussetzung für einen Behandlungserfolg beim Zahnarzt und beim Diabetologen.
Priv.-Doz. Dr. Ingrid Peroz von der Charité in Berlin klärte auf, dass Funktionsstörungen und Implantate nicht im Widerspruch stehen. Die geschlechtsspezifische Prädisposition für Bruxismus
wird auch hier betont. Beim tiefen Biss und bei der
verkürzten Zahnreihe können durch die Sicherung
der vertikalen Dimension und die Schaffung eines
Unterstützungspolygons mit einer implantologischen Versorgung Parafunktionen und Okklusionsstörungen beseitigt werden. Auch der Vortrag von
Dr. Veronika Hannak, Berlin, war sehr praxisnah.
Foto: Birgit Dohlus
dards sollte der Chirurg eine gewisse Demut vor der
Natur einbringen: Alles ist nur Ersatz und nie so
gut wie die Natur selbst es geschaffen hat.
Die Dentista-Präsidentinnen Dr. Susanne Fath (Mitte) und Priv.-Doz. Dr. Dr. Christiane
Gleissner mit Dr. Dietmar Oesterreich, Vizepräsident der BZÄK
Mit vielfältigen klinischen Beispielen gab sie Therapievorschläge für die gängigsten Mundschleimhauterkrankungen aus der Praxis für die Praxis.
Rahmenbedingungen für Zahnärztinnen
Die Philosophie des Dentista Clubs ist, in komprimierten Beiträgen Denkanstöße zu geben, verschiedene Themenbereiche anzusprechen, die über einzelne Fachgesellschaften vertieft werden können.
Die Hirschfeld-Tiburtius-Symposien richten sich an
alle Zahnärzte und geben dem weiblichen Zugang
zur modernen Zahnmedizin ein Forum. Die Referentinnen wünschen sich bessere Rahmenbedingungen für Zahnärztinnen. Daher bringen sie sich
aktiv in die Arbeit des Dentista Clubs ein. In den
bestehenden Rahmenbedingungen muss allerdings
jede für sich das beste Lebensmodell finden.
Dr. Alexandra Reil
Tännesberg
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