Politikbrief_1-15

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Politikbrief_1-15
POLITIKBRIEF
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ANGA Verband Deutscher Kabelnetzbetreiber e.V.
Interview mit Dr. Wilhelm Eschweiler, Vizepräsident der Bundesnetzagentur und
Vizevorsitzender von BEREC, zur Zukunft der Telekommunikationsregulierung
„Der Breitbandausbau
braucht maßgeschneiderte
Einzelfall-Lösungen“
Sie haben sowohl die deutschen als auch die europäischen Belange im Blick. Was kann Europa
von Deutschland lernen, was Deutschland von Europa?
Eschweiler: Hierzulande haben wir den Ausbau des mobilen Breitbands ganz bewusst frühzeitig aufgegriffen. Mit der Vergabe der 700-Megahertz-Frequenzen sind wir die ersten in Europa, die diesen
Frequenzbereich für eine bessere Breitbandversorgung in der Fläche zur Verfügung stellen. Damit geben
wir zugleich Anreize für die Mitgliedstaaten, sich über die Zukunft austauschen. Gute Zielvorgaben aus
Brüssel helfen, die europäischen Telekommunikationsmärkte gemeinsam zu gestalten und Europa als
interessanten Markt darzustellen.
Demnächst steht die Neuordnung des Regulierungsrahmens auf der Agenda. Welchen Herausforderungen muss sich Europa stellen, um wettbewerbsfähig zu bleiben?
Die Telekommunikationsmärkte in Europa und in anderen Regionen der Welt sind sehr unterschiedlich in
ihrer Dynamik. Wenn es darum geht, den europäischen Markt fit für den globalen Wettbewerb zu
machen, sind unsere Erfahrungswerte wertvoll, aber kein Grund, nicht nach noch besseren Lösungen zu
suchen. Die von der Europäischen Kommission angekündigte
Die Telekommunikationsmärkte in Überarbeitung des Telekommunikationsrechtsrahmens bietet dazu
eine gute Möglichkeit. In Europa müssen wir den Sektor zeitgeEuropa und in anderen Regionen mäß weiterentwickeln und vor allem für die digitale Welt ertüchder Welt sind sehr unterschiedlich tigen. Verfahrenserleichterungen zu schaffen ist ebenso wichtig
wie neue ökonomische Ansätze zu verfolgen, die den gewandelten
in ihrer Dynamik. Bedürfnissen der Märkte gerecht werden.
Genau wie Deutschland will auch die EU schnelle Internetzugänge und eine flächendeckende
Breitbandversorgung schaffen. An welchen Stellschrauben muss gedreht werden, um dieses Ziel
zu erreichen?
Mit dem Start des Projekts 2016 haben wir die Weichen für das Erreichen der Breitbandziele der Bundesregierung gestellt: eine flächendeckende Breitbandversorgung der Bevölkerung. Das Einbeziehen der
700-Megahertz-Frequenzen für drahtlose Breitbanddienste war ein aus Brüssel kommendes Signal, das
ab 2017 sukzessive umgesetzt werden soll und das wir bereits bis Mitte 2018 bundesweit erreicht haben
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wollen. Diese Maßnahmen müssen wir durch eine wachstumsorientierte, investitions- und innovationsfreundliche Regulierung flankieren. Auch für das Erreichen weitergehender Ziele wird es darum gehen, den Breitbandbedarf von morgen zu
antizipieren und die erforderlichen Vorkehrungen zu treffen.
Wie sieht aus ihrer Sicht die optimale Balance zwischen zentraler Regulierung und nationalstaatlichen Befugnissen aus?
Die Bedürfnisse der Verbraucher in Europa unterschieden sich kaum. Hohe harmonisierte Standards sind eine Stärke
Europas und zahlen sich insbesondere bei technischen Fragen aus. Allerdings gibt es auch Bereiche wie den Breitbandausbau, die maßgeschneiderte Einzelfalllösungen erfordern. In bestimmten Bereichen kann eine Harmonisierung sinnvoll
sein, die nationale Besonderheiten angemessen berücksichtigt. Wichtig finde ich, angesichts unterschiedlicher Dynamiken den richtigen Zeitpunkt für one-size-fits-all-Lösungen auszuloten, damit die Antriebsmotoren der Wirtschaft nicht
gebremst werden. Mit Blick auf die nationalen Besonderheiten hat sich das bisherige institutionelle Design bewährt. 
AK TUEL LE S
„Die echte Konvergenz steht noch bevor.“ So Philipp Humm, CEO
Europe der Vodafone Group, beim Cable Congress in Brüssel. Eine
intelligente Regulierung müsse diese Entwicklung fördern. Das bedeute z.B. Differenzierung zwischen verschiedenen Diensten, Zugang
zu Premiuminhalten sowie eine Förderpolitik, die den Ausbau zukunftssicherer Netze in den Mittelpunkt stellt.
Thesen zur europäischen
Telekommunikationsordnung von morgen
Im Sommer 2015 will EU-Kommissar Günther Oettinger einen
Maßnahmenplan zur Vollendung des digitalen Binnenmarkts
vorlegen. Wohin die Reise geht, deutet bereits der im September
2013 vorgelegte Entwurf zur TK-Binnenmarktverordnung an. Einfluss
auf die weitere Entwicklung hat darüber hinaus die Debatte über
den Abbau der TK-Regulierung zugunsten sogenannter nationaler
Champions, die derzeit in Brüssel geführt wird.
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Eine Reform des europäischen Regulierungsrahmens muss sich daran messen lassen, ob sie einerseits den Infrastrukturwettbewerb weiter vorantreibt, andererseits Investitionen in den Netzausbau ermöglicht und nicht zuletzt neue Belastungen
für Netzbetreiber vermeidet. Regulierung muss eine Refinanzierung von Investitionen möglich machen und erlauben,
neue Einnahmequellen zu erschließen. Insoweit hat sich der bestehende Regulierungsrahmen bewährt. Insbesondere der Infrastrukturwettbewerb hat zu mehr
Der Infrastrukturwettbewerb hat Angebotsvielfalt bei niedrigen Preisen geführt. Gleichzeitig investiert die Branche
zu mehr Angebotsvielfalt in den Netzausbau: Bei den deutschen Kabelnetzbetreibern betrug die Investitionsquote in den letzten Jahren ca. 20 Prozent. Für 2015 rechnet die Netzallianz Digitales
bei niedrigen Preisen geführt. Deutschland mit einem Gesamtvolumen der Branche von rund 8 Milliarden Euro.
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Zentrale Forderungen für eine Telekommunikationslandschaft, die die digitale Vernetzung und flächendeckend verfügbare Hochleistungsnetze in den Mittelpunkt stellt:
» Die deutschen Kabelnetzbetreiber stehen mit eigenen Inhalte- und Aggregationsdiensten in einem zunehmenden
Wettbewerb mit Internet-Unternehmen aus den USA. Dabei unterliegen sie jedoch einer deutlich schärferen und
häufig fragmentierten Regulierung. Entscheidend ist, dass die regulatorischen und rechtlichen Rahmenbedingungen
über die gesamte Internet-Wertschöpfungskette so ausbalanciert werden, dass chancengleicher Wettbewerb möglich ist.
» Die europäische TK-Regulierung muss auch in Zukunft am Wettbewerb zwischen verschiedenen Infrastrukturen festhalten. Die hohen Investitionen der Kabelnetzbetreiber in den Ausbau ihrer Netze erhöhen den Druck auf den Wettbewerb und treiben insgesamt den Ausbau des Hochgeschwindigkeitsinternet voran. Ein reiner Dienste-Wettbewerb
auf einem Netz schafft dagegen keine Anreize für zusätzliche Investitionen.
» Ex-ante Regulierung basiert auch weiterhin auf dem Prinzip der erheblichen Marktmacht. Unternehmen ohne erhebliche Marktmacht dürfen nicht zur Zugangsgewährung verpflichtet werden. Eine symmetrische Regulierung aller Netzbetreiber fördert weder den Netzausbau noch den Infrastrukturwettbewerb und wäre deshalb nicht zielführend.
» Innovative Geschäftsmodelle tragen ganz wesentlich dazu bei, die Refinanzierung von Infrastrukturinvestitionen
sicherzustellen. Eine Vorrats-Regulierung, wie sie für den Bereich der Netzneutralität diskutiert wird, würde bestimmte
Geschäftsmodelle von vorneherein ausschließen. Das hätte negative Auswirkungen auf die Innovationskraft im Internet und die Wertschöpfung in den Netzen.
» Neue Belastungen für Netzbetreiber, gleichgültig auf welcher gesetzlichen Grundlage, sind auf ihre Auswirkungen auf
den Breitbandausbau zu überprüfen. Strikt abzulehnen etwa sind Vorschläge, TK-Netzbetreiber als Signaltranspor
teure zu Abgaben im Rahmen der Filmförderung heranzuziehen.
Nachlese zum Politikbrief 03-2014:
Das Gutachten von Professor Dr. Hubertus Gersdorf
zum Thema Netzneutralität und Medienvielfalt steht
zum Download zur Verfügung.
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TKG-Novelle benachteiligt Kabelnetzbetreiber
Das Bundeswirtschaftsministerium (BMWi) plant eine gesetzliche Regelung zur Sicherstellung der sog.
Routerfreiheit. Um Endkunden die freie Wahl über ihr Endgerät zu ermöglichen, will das BMWi einen
passiven Netzabschlusspunkt in TK-Netzen festlegen. Kunden sollen so wählen können, ob sie einen vom
Netzbetreiber zur Verfügung gestellten Router in Anspruch nehmen oder ein eigenes Gerät verwenden.
Die ANGA begrüßt die Absicht des BMWi, Verbraucherrechte zu stärken. Der
Vorschlag schießt jedoch über das Ziel hinaus, weil er Kabelnetzbetreiber
die technischen Besonderheiten ungleich stärker belastet als DSL-Anbieter. Anders als in DSL-Netzen gibt es in
der Kabelnetze berücksichtigen. Kabelnetzen keinen passiven Netzabschlusspunkt. Hier ist ein Modem als Netzabschlussgerät erforderlich, um dem Kunden die vereinbarten Dienste bereitstellen zu können. An das Modem können Kunden Router und sonstige Endgeräte ihrer Wahl anschließen. Bei freien
Kabelmodems bestünde die Gefahr von Netzstörungen. Eine gesetzliche Regelung zur Routerfreiheit muss daher die
technischen Besonderheiten der Kabelnetze berücksichtigen, um eine Benachteiligung der Kabelnetzbetreiber zu vermei
den. Hier besteht noch Nachbesserungsbedarf.
Eine Regelung zur Routerfreiheit
muss
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Stellungnahme von ANGA zum Gesetzentwurf des BMWi
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Filmförderung auf dem Prüfstand
Erst vor gut einem Jahr ist die jüngste Novelle des Filmförderungsgesetzes (FFG) in Kraft getreten – jetzt steht bereits die
nächste Überarbeitung an. Die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM) Monika Grütters hat eine
erste Konsultation gestartet, damit die betroffenen Interessengruppen ihre Vorstellungen einbringen können. Auf dieser
Grundlage will die BKM bis Herbst 2015 einen ersten Gesetzentwurf erarbeiten und einen runden Tisch zur weiteren Diskussion ins Leben rufen. Das neue Gesetz soll zum 1. Januar
2017 in Kraft treten.
Zum Hintergrund: Wer mit der Verwertung von Filmen Geld verdient, ist nach dem FFG zur Zahlung einer Abgabe an die
Filmförderungsanstalt (FFA) verpflichtet. Aus den eingenommenen Geldern werden neue Filmprojekte finanziert. Einige
der klassischen Einzahler – wie etwa die Videotheken – stellt die sich wandelnde Medienlandschaft vor Herausforderungen; viele verschwinden komplett. Entsprechend schrumpfen auch die Einnahmen des Fördersystems. Angesichts dieser
Entwicklung fordert u.a. die FFA, den Kreis der Abgabepflichtigen zu erweitern, um die wegbrechenden Einnahmen zu
kompensieren. Bereits in der Vergangenheit hatten Filmindustrie, aber auch Teile der Politik verlangt, Internetzugangsanbieter in die Abgabepflicht einzubeziehen. Inzwischen wird auch diskutiert, Kabelfernseh- und IPTV-Anbieter als
Plattformbetreiber für das von ihnen zugänglich gemachte Free-TV-Angebot heranzuziehen.
Solche Überlegungen verkennen, dass es sich sowohl beim Angebot des Internetzugangs als auch bei Kabel- bzw.
IPTV-Anschlüssen um reine Zugangs- bzw. Transportdienstleistungen handelt. Anbieter solcher Produkte vermarkten
selbst keine Kinofilme und profitieren entsprechend auch nicht unmittelbar von ihrer Verbreitung. Die Vermarktung findet an anderer Stelle statt, etwa bei Internet-Streaming-Plattformen und Fernsehveranstaltern. Deshalb hält die ANGA
eine Einbeziehung von Internetzugangsanbietern oder TV-Plattformbetreibern in die Abgabepflicht des FFG für verfassungswidrig und lehnt sie ab.
Das Fördersystem der FFA sollte stattdessen grundlegend auf seine Effizienz überprüft werden. Eine bestmögliche Nutzung der vorhandenen Mittel ist einer Verpflichtung neuer Akteure vorzuziehen. Der Gesetzgeber sollte bei der Neuregelung des FFG auch bedenken, dass zusätzliche Belastungen für die Infrastrukturbetreiber investitionshemmend wirken –
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und damit dem Ziel eines schnellen Breitbandausbaus entgegenstehen.
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Gemeinsame Stellungnahme von ANGA,
BITKOM und eco, März 2015
TE RM IN E
5./6. Mai: Media Convention und re:publica
Experten aus Fernsehen und Film, Forschung und Politik diskutieren in Berlin mit Vertretern der digitalen
Generation über aktuelle Themen der Medien- und Netzpolitik, über Trends im Medienmarkt und
Entwicklungen der Mediengesellschaft.
2./3. Juni: Mediendialog Hamburg
Beim Senatsempfang mit anschließender Konferenz in kleinem Kreis erörtern Inhalteanbieter, Werbewirtschaft und technische Infrastrukturanbieter mit Vertretern aus Politik und Wissenschaft mögliche
Strategien für den Ausgleich von Interessengegensätzen in der digitalisierten Welt.
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ANGA COM 2015: Das Beste aus
zwei Welten
Ein Muss für Netzbetreiber, Programmanbieter und Ausrüster, aber auch für Behörden und Institutionen: Vom 9. bis zum
11. Juni 2015 öffnet die ANGA COM erneut in Köln ihre Pforten. Die Kongressmesse für Breitband, Kabel & Satellit hat
sich national und international als führende Dialogplattform und wichtiger Marktplatz für die Branche etabliert. Zu den
Topthemen zählt in diesem Jahr der anhaltende Trend zu IPTV, das die etablierten DVB-C-Angebote des klassischen
Kabelfernsehens gut ergänzen kann.
Zusammenarbeit wird groß geschrieben: Die ANGA COM kooperiert in diesem Jahr mit insgesamt 12 führenden Verbänden
der Breitband- und Medienbranche, darunter BITKOM, BREKO, BUGLAS, Deutsche TV-Plattform, VATM, VPRT sowie der
ZVEI-Fachverband Satellit & Kabel. Auf internationaler Ebene wird die ANGA COM vom DVBKonsortium, dem FTTH Council Europe, der ISBE – International Society of Broadband Experts, der
9. bis 11. Juni 2015
Society for Broadband Professionals und erstmals der Wirtschaftskammer Österreich unterstützt.
ANGA COM, Köln Fortgesetzt wird darüber hinaus die 2014 gestartete Kooperation mit dem Medienforum NRW. 
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Tickets für das gesamte Kongressprogram, einschließlich Besuch der Ausstellung,
sind zum Preis von 200 Euro erhältlich, online unter www.angacom.de.
Der Verband Deutscher Kabelnetzbetreiber (ANGA) e.V.
ist Ansprechpartner der Politik für alle Themen rund um
Netze und Inhalte.
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Lukas Jeuck, Referent Politik und Kommunikation,
Telefon 030 240 477 392, [email protected]
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ANGA Verband Deutscher Kabelnetzbetreiber e.V.
Reinhardtstraße 34, 10117 Berlin
Geschäftsführung: Dr. Peter Charissé und Dr. Andrea Huber
Grafik: Freizeichen, Düsseldorf
Fotos: BNetzA, Cable Europe, ANGA COM; iStock, Fotolia
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