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Little Willow Ein eBook von Schülern des Berufskolleg Alsdorf. Klick auf Seite für weiter > Little Willow Luise Koschmiga träumte, träumte den gleichen Traum wie gestern, wie vorgestern: Ein junger Mann, der sie um Hilfe bittet. Dieses Mal erfährt sie seinen Namen: Aiden! Aiden Rayn McCartney. Dann wachte sie auf und seufzte. Als Medium wusste sie, worum es geht, wenn sich ein Traum wiederholte. Eine Seele brauchte sie! Doch warum gerade ein Mann mit einem englischen oder schottischen Namen, wo sie doch in Russland wohnte und kein Englisch verstand? Einmal wach, lauschte sie auf die Geräusche um sich herum. Sie hörte die Kühe auf der Wiese, den Hund des Dorfpolizisten und das tiefe Atmen ihres Kindes im Bettchen neben sich. Luise Koschmiga lebte in einem Dorf in Russland. Tagsüber arbeitete sie als Kellnerin. Die Abende verbrachte sie meistens mit Olga, ihrer zweijährigen Tochter. Luise war 20 Jahre alt. Eine hübsche Erscheinung: 170 cm groß, schlank mit einer hellen Haut, langen schwarzen, gelockten Haaren und leuchtend grünen Augen. Sie lachte gern und viel und auf ihre vollen Lippen schauten die Männer gern. Im Dorf kannte sie jeder und sie hatte viele Freunde, denn zu ihrem Humor gesellte sich noch Hilfsbereitschaft und die Tatsache, dass sie ein Medium war. Erst half sie verschwundene Dinge wiederzufinden, dann bei der Suche eines Vermissten und dann meldeten sich die Seelen bei ihr: Zuerst waren es Leute aus dem Dorf, danach aus Russland und jetzt wie es schien aus ... ? Doch dank dieser Gabe und ihrem Job als Kellnerin war es ihr möglich, diese kleine aber feine 3-Zimmer-Wohnung zu finanzieren und auch alleine für ihr Kind zu sorgen. Ihre Wohnung! Oh Luise war so stolz auf sie! Sie lag in einem Mehrfamilienhaus, das Anfang des 19. Jahrhunderts gebaut worden war. Wunderschöne große, hohe Räume. Die Hausbewohner waren eine Mischung aus alt und jung, mit und ohne Kinder, die sich alle, wenn auch nicht immer verstanden, doch gegenseitig halfen. Und dann die Lage: Das Haus war umgeben von einem großen Garten, dessen eine Hälfte aus einer Grasfläche bestand. Ansonsten Blumen- und Gemüsebeete, dahinter begannen die Felder und danach der Wald. Sie konnte nicht wieder einschlafen. Vorsichtig glitt sie aus dem Bett, griff ihre Kleidung und ging barfuß in die Küche. Sie zog sich an und machte sich einen Kaffee. Wie üblich trug sie dunkle Sachen. Sollte sie sich ihre Lieblingsspeise zubereiten? Maultaschen mit Käse gefüllt, dazu eine Tasse Kaffee und etwas Musik: Rock! Oder die Beatles! Oder auch die Wings, Paul McCartneys Band. Die CD lag noch im Player. Musik hören, tanzen, singen und sich mit Freunden treffen waren ihre Hobbies. Sie wusste, dass das alles Ablenkungsmanöver waren. Sie wollte die Traumgestalt loswerden. Aiden Rayn McCartney – so hatte er gesagt. Gesehen hatte sie ihn selbst: Ein junger Mann, groß gewachsen, blaue Augen, dunkelblonde schulterlange Haare und einen dicken, geflochtenen Ziegenbart. Bunt gekleidet war er, mit einem Saiteninstrument über der Schulter und einer Flöte in der Hand. Und neben sich, ganz klar zu ihm gehörend, war da ein Wolf gewesen. Sie schauderte. Aiden schien einen zahmen Wolf zu besitzen, ansonsten nicht viel. Und noch etwas wurde ihr jetzt bewusst. Er kam ganz klar aus einem anderen Jahrhundert. Mittelalter vielleicht? Und was für eine Linda hatte er erwähnt? Offensichtlich die Frau, die er liebte. Es war im Jahre des Herrn 1595. Franz Li Giovanni betrachtete seine Verlobte: Linda van Ahlen! Sie gehörte zur Familie der Dogen, der mächtigsten Fürsten Genuas und war auch noch mit dem niederländischen König Eduart verwandt, was sie in den Rang einer Prinzessin hob. Sie war jung noch keine 15 Jahre alt mit langen gelockten, dunkelbraunen Haaren und blauen Augen. Ihre kleine, schlanke Gestalt war meistens in dunkelblaue Seide gekleidet. Seide, die aus China stammte. Aus dem Land seiner Mutter! Linda war eine gute Partie, eine ausgezeichnete Partie. Sie würde es ihm ermöglichen, in den Adelsstand erhoben zu werden. Das gefragte Handelshaus Giovanni. Seine Familie handelte in Gold, Schmuck, Seide und Opium. Seine Mutter stammte aus China, wo sein Vater sie auf einer seiner Handelsrouten kennen gelernt hatte. Ihr Talent als ausgezeichnete Handelsfrau bewies sie bis jetzt. Sie war verantwortlich für den Verkauf von Schmuck und Seide. Franz war eine Mischung aus Ost und West, sowohl in seinem Äußeren als auch in seiner Art sich zu benehmen und zu kleiden. Seine dunklen Haare trug er nach hinten, eng an den Kopf geölt, so dass seine leicht schrägen, schwarzen Augen groß in dem schmalen Gesicht erschienen. Er hatte seine eigene Art sich zu kleiden. Seine Hosen waren meistens weiß kariert, dazu trug er schwarze Lederschuhe. Der einzige Schmuck war ein Ring an der rechten Hand. Er liebte die Frauen und sie liebten ihn. Sein anderes Aussehen ließ ihn geheimnisvoll erscheinen. Auch Linda war beeindruckt, als ihr Vater ihr eröffnete, dass er um ihre Hand angehalten hatte. Und heute war ihr Verlobungsball. Der Adel Mailands, einige ihrer königlichen Verwandten sowie die Familien der mächtigsten Handelshäuser waren anwesend. Das Schloss war erleuchtet von hunderten von Kerzen, ebenso viele Rosen verbreiteten ihren Duft, der sich mit den Parfüms der anwesenden Damen vermischte. Champagner funkelte in den Gläsern, die von in eleganten Handschuhen bekleideten Händen gehalten wurden. Im Ballsaal spielte eine Gruppe von fahrenden Musikern die neuesten Tanzmelodien des Kontinents. Und im Speisesaal wurde das großartige Mitternachtsessen vorbereitet. Weder Kosten noch Mühen waren für diesen Abend gescheut worden. Linda war im siebten Himmel. Neben ihrem Vater und Onkel stand ihr gutaussehender Verlobter und unterhielt sich angeregt mit ihnen, auf der Tanzfläche befand sich ihr königlicher Cousin und am Ende des Saales flüsterten ihre Freundinnen, von ihren Müttern bewacht, miteinander. In dem Augenblick erschien ihre Amme und flüsterte ihr zu, dass ihre Katze Bella verschwunden sei. Linda liebte diese Katze, ein Geschenk ihres Vaters, über alles. Sie durfte Lindas Räumlichkeiten wegen der vielen Ratten im Schloss nie verlassen. Und jetzt das! Sie musste sie suchen. Ohne jemandem Bescheid zu sagen, verließ sie eiligst den Ballsaal. Doch ihr Verschwinden wurde bemerkt, zwar weder von ihrem Verlobten noch ihrem Vater sondern von einem der Musiker. Aiden Rayn McCartney! Er war zwar ein fahrender Sänger, doch stammte er aus einer angesehenen Familie. Einer Familie, die seit Jahrhunderten die Sänger der schottischen Könige waren. Und damit die Hofsänger. Er spielte die Laute und die Flöte und seine Stimme war wunderschön. 17 Jahre zählte er, jung für einen Hofsänger, zu jung. Deshalb hatte er sich entschlossen zusammen mit seinem zahmen Wolf Sky, einige Länder zu durchwandern. Er wollte Menschen und neue Lieder kennen lernen. Als Mitglied des fahrenden Volkes war er bunt gekleidet und reiste mit ihnen von Palast zu Marktplatz, spielend und singend, sich so sein Essen verdienend. Rayn hatte die junge Frau sofort bemerkt. Sie war schön, ja aber da war mehr als das. Sie war voller Leben und Lachen und Freude. Dann wurde die Verlobung bekannt gegeben und er fühlte, wie er plötzlich voller Verzweiflung und Traurigkeit war. Er hatte sich verliebt! Natürlich sah er die Amme sich Linda van Ahlen nähern, sah wie diese erbleichte und dann den Raum verließ. Er winkte seinen Mitspielern zu und folgte ihr unbemerkt mit seinem Wolf neben sich. Einen Namen rufend, eilte sie durch die Korridore und er hinter ihr. Da machte Sky plötzlich einen riesigen Sprung und in seinem Maul hielt er vorsichtig eine kleine weiße Katze mit einer schwarzen Tatze und einer schwarzen Schwanzspitze. „Meine Dame!“ rief Ryan. Linda drehte sich um und sah einen Wolf mit Bella im Maul, der ruhig neben einem der Musiker saß. „Keine Angst, Sky ist zahm und mein bester Freund!“ rief Ryan der blass werdenden Linda zu. Er nahm die miauende Katze und reichte sie Linda mit einer Verbeugung. Dann drehte er sich um und kehrte in den Ballsaal zurück. Die Tänze hatten wegen des Essens aufgehört und die Musiker machten eine Pause. Doch Ryan nahm seine Flöte und fing an zu spielen. Er merkte nicht, dass Linda den Saal betreten hatte. Sie wollte sich bei ihm bedanken, doch er hörte und sah sie nicht. Nur Sky hob den Kopf und betrachtete sie. Linda blieb stehen und verlor sich in der Musik und seinem Anblick. Beides nahm sie gefangen. Wie schön der Musiker aussah, wie vertieft er in sein Spiel war und was für eine wunderschöne Melodie. Und es geschah: Linda van Ahlen verliebte sich, verliebte sich in Aiden Ryan McCartney, den fahrenden Sänger. In den nächsten Tagen und Wochen vertieften sich diese Gefühle. Die Musiker waren der Einladung von van Ahlens gefolgt und blieben im Schloss. Abends spielten sie oder Ryan sang. Er sang die alten Lieder seines Volkes und komponierte neue, die er alle Linda widmete. Die Anwesenden empfanden das als normal, war sie doch das einzige Kind seines Auftraggebers. Doch neben Linda und Ryan, deren Augen sich immer wieder begegneten, war es Franz, der die Verliebtheit der beiden bemerkte. Wie konnte das sein? Ein Niemand, ein fahrender Sänger, der die Liebe Lindas errungen hatte. Franz war wütend. Sein Stolz und seine Ehre waren verletzt. Er liebte sie nicht, war er doch mehr an ihrem Namen interessiert, doch dass sie sich jemand anderem zugewandt hatte und dann noch so jemandem war unerträglich. Luise wachte schweißüberströmt auf: Sie hatte soeben im Traum einen Mord miterlebt: Aiden Ryan McCartney war von einem jungen Mann mit einem leicht asiatischen Aussehen mit einer Sense getötet worden! Dieser wollte die Leiche gerade in einen Tümpel stoßen, als der Wolf des Toten mit einem Mädchen an seiner Seite auftauchte. Das Tier sprang den Mann an, biss ihn in Hals und Gesicht und als dieser ihn mit den Händen wegstoßen wollte, sah Luise wie ein Finger zu Boden fiel. Im nächsten Augenblick schwankte der Boden, die beiden Männer versanken und zurück blieben der Wolf und das junge Mädchen. In dem Moment war sie aufgewacht und hatte mühselig einen Aufschrei unterdrücken können. Wie furchtbar, das alles gewesen war. Sie wusste, das alles hatte sich vor hunderten von Jahren zugetragen, doch sie hatte den Mord eben erlebt. Was sollte das alles? Welche Rolle hatte sie in dieser Tragödie? Ein wenig später saß sie bei einer Tasse Kaffee in ihrer Küche und ließ die Traumbilder noch einmal Revue passieren. Der Mord! Außerhalb einer Stadt, denn es war nur der Schein des Mondes zu sehen gewesen. Der Ort, es muss ein Moor gewesen sein, so wie die Toten versanken. Das Mädchen, offensichtlich in Ryan verliebt, wohl die Linda vom ersten Mal. Und nun? Luise trat ans Fenster und schaute hinaus. Ihr Blick fiel auf den Rasen und verweilte. Sie konnte den Blick nicht von dem Gartenstück abwenden, das nie jemand betrat, wo kein Kind Fußball spielte oder sie jemals mit Olga gesessen hatte. Warum kam ihr das jetzt in den Sinn? Was hatte dieses Stück Gras mit den Toten zu tun? Luise beschloss am Tag im Stadtarchiv nachzuforschen. Dann kehrte sie ins Bett zurück und schlief traumlos, bis Olga sie weckte. Am Nachmittag saß Luise auf dem Rasen ihres Hauses und spürte und fühlte mit ihrem sechsten Sinn. Irgendwo unter ihr lag der Körper des Mädchens Linda. Luise hatte herausgefunden, dass das ganze Grundstück über zwei Jahrhunderte hinweg ein Friedhof gewesen war. Eine Begräbnisstätte für Fremde, Ketzer, Selbstmörder, so stand es in den Annalen der Stadt. Linda! Aiden Ryan! Was ist eure Geschichte? Luise seufzte und beschloss auf einen weiteren Traum zu warten. So funktionierte es meistens für sie. Vor dem Schlafengehen hörte sie Musik. Ihr war nach Paul McCartneys Lied ‚Little Willow’ zumute. Er hatte es für seine Frau komponiert, als diese mit dem Krebs rang. „Er ist tot! Mein Verlobter tötete ihn! Jetzt ist er auch tot! Sky, du hast ihn getötet! Was sollen wir tun! Sie werden dich umbringen. “ Linda war außer sich. Sie stand mit dem heulenden Wolf zu ihren Füßen am Rande des Moores, wo die beiden eben vor ihren Augen versunken waren. Aiden Ryan hatte sie gebeten auf Sky aufzupassen. Er wollte sich mit Franz wegen eines Kompositionsauftrages treffen. Die Musiker waren an diesem Morgen weitergezogen, doch hatte ihr Vater Aiden Ryan gebeten noch bei ihnen zu bleiben. Einzelheiten sollte er mit Franz Li besprechen. Oh sie war so glücklich gewesen! Dann war Sky nicht zu halten gewesen. Er hatte geheult, war hin und her gelaufen und dann durch das offene Fenster gesprungen. Sie war ihm hinter gelaufen, in Richtung Moor und dann der Mord, Skys Angriff, das Versinken der beiden Getöteten. Linda nahm den Wolf am Halsband und lief los, stundenlang, ziellos, richtungslos! Bei einem Bauernhof angekommen, wollte sie sich ein wenig in der Scheune ausruhen. Doch dort entdeckte sie einen Knecht und die Bäuerin beim Schäferstündchen. Sie stahl die Kleidung des Knechts und sein Messer. Im nahen Wald schnitt sie sich ihre langen Haare ab, zog sich um und machte sich mit dem Wolf an der Seite auf den Weg zu den Musikern. Sie wollte sich ihnen anschließen. Luise träumte: Die junge Frau, Linda van Ahlen, zog als Junge verkleidet mit den fahrenden Musikern nach Schottland. Bei der McCartney Familie wurde sie als Musikerin und Sängerin ausgebildet. Sie sang oft die Lieder, die Ryan für sie komponiert hatte. Doch kam sie in Schottland nicht zur Ruhe und schloss sich einer Truppe von Troubadoren an, mit denen sie durch ganz Europa zog. Sie spielte, komponierte und war bekannt wegen ihrer Schönheit und ihrer Traurigkeit. Da wachte Luise auf. Linda hatte wohl Ryans Lieder gesungen, war dadurch so mit ihm verbunden gewesen, dass er keine Ruhe gefunden hatte und sein Geist immer um sie herum gewesen war. Er hatte sich Luise genähert, als sie die Lieder der Beatles spielte. Irgendwie gab es zwischen ihnen eine Verbindung. Am nächsten Tag nahm Luise ihren MP3 Player nach draußen, spielte Beatles Lieder und auch Paul McCartneys Stück, während sie auf dem Rasenstück hin und her lief. Plötzlich blieb sie stehen, bückte sich und fing wie wild zu graben an. Da stieß sie auf etwas Hartes. Sie fegte die Erde weg, rieb mit ihrem Rock den Stein sauber: Eine Grabplatte: Little Willow *1608! Ende Diese Geschichte entstammt der Phantasie der Schüler des BK in Alsdorf. Aufgeschrieben wurde die Geschichte von Regina Sommer. Das eBook erstellte Bernd Held. Fotonachweis in der Reihenfolge der Verwendung (Quelle: Wikipedia, unter verschiedenen Lizenzen für freie Nutzung bzw. Public Domain, da das Copyright abgelaufen ist): André Karwath, BCB, D. Brandis, Prof. Dr. Otto Wilhelm Thomé, Armin Kübelbeck, Friedrich Böhringer, Heike Löchel, D. Brandis, Jerzy Opiola, André Karwath, Dr. Hagen Gräbner, Willi Horsch. Kinder-KuK ist ein Projekt des Kreises Aachen, Stabstelle für Projektentwicklung, Forschung und Gleichstellung - S16 (Projektleiterin Dr. Nina Mika-Helfmeier) und dem KuK Monschau www.kreis-aachen.de www.kuk-monschau.de Gefördert vom: Ministerpräsidenten des Landes Nordrhein-Westfalen