aktuell Nr. 8 vom 29.02.2016.

Transcrição

aktuell Nr. 8 vom 29.02.2016.
D 8512
52. Jahrgang
Nr. 8
Montag, 29. Februar 2016
NACHRICHTEN
MINISTERIUM
Preisverleihung
Der vom Verteidigungsministerium
neu geschaffene „Preis Bundeswehr und Gesellschaft“ ist erstmalig verliehen worden. Seite 3
POLITIK
Cyber-Sicherheit
Bedrohung im Cyber-Raum: Um
auf Angriffe reagieren zu können,
ist eine neue Sicherheitsstruktur
geplant.
Seite 4
Inherent Resolve:
Basis in Katar
Das „Combined Air Operations Center“ plant und
überwacht Operationen gegen den „IS“. Auch deutsche
Soldaten sind vor Ort. Seite 5
HINTERGRUND
In Echtzeit informiert
Wenn Augenzeugen zu Berichterstattern werden: Soziale Medien
informieren binnen weniger
Augenblicke über Krisenherde
in der Welt.
Seiten 6/7
VIDEO DER WOCHE:
Ohne Rettungsausrüstung fliegt
keines der Luftfahrzeuge der
Marineflieger über See. Wie die
Abteilung „Rettung und Sicherheit“ in Nordholz den Zustand
von Rettungsinseln, Kälteschutzanzügen und Schwimmwesten
überprüft, zeigt das Video
„Notausrüstung für die Marineflieger der Bundeswehr“.
Foto: Joshua Strang / U.S. Air Force
BW CLASSIX: Bereits vor seiner Einführung wurde über den
„Fuchs“ in den höchsten Tönen
gesprochen. Hohe Geländegängigkeit, Reichweite und
Transportkapazität zeichnen ihn
aus, wie der Beitrag „Fuchs auf
Rädern (1980)“ zeigt.
Das Video der Woche
und der Beitrag „Bw
CLASSIX“ unter
www.youtube.com/­
bundeswehr.
[email protected]
2
aktuell
INTERN
29. Februar 2016
Foto: Screenshot Twitter. UNICEF
BILD DER WOCHE
Star im Netz: Anfang des Jahres geht das Bild des kleinen Murtaza aus Afghanistan um die Welt. Der Junge hat sich eine gestreifte Plastiktüte über die Brust gezogen –
ein gebasteltes Fußballtrikot. Mit Filzstift steht darauf der Name eines weltberühmten Fußballers geschrieben: „Messi“. Innerhalb weniger Tage verbreitet sich das Bild
via Social Media in rasantem Tempo im Internet. Der argentinische Fußballstar Lionel Messi reagiert – vergangene Woche erhielt Murtaza sein Originaltrikot mit Signatur.
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ISSN: 1618-9086
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Redaktion das Recht auf Kürzung vor.
ZITAT
EDITORIAL
„ISIL fighters are learning that they have
no safe haven. We can hit them anywhere,
any-time – and we do.“
Wie vertrauenswürdig sind 140
Zeichen? Genau so viele Zeichen
können Nutzer des Online-Nachrichtendienstes Twitter mit einer
Meldung absetzen. Rund 500
Millionen solcher „Tweets” werden pro Tag weltweit versendet.
Die kurzen Statusmeldungen verbreiten sich innerhalb weniger
Augenblicke im Netz, verbinden
dabei Menschen aus aller Welt
und können unter ihnen mitunter
sogar ein Gefühl von Vertrautheit
erzeugen. „Tweets“ sind öffentlich – und sie sind ungefiltert.
Es ist ein aufregender, liberaler
Gedanke, dass jeder Internetnutzer jederzeit darüber berichten kann, was um ihn herum
geschieht. Es entsteht eine Meinungsvielfalt, die kein traditionelles Medium vergleichbar
annähernd leisten kann. Menschen können per Internetverbindung Ereignisse in aller Welt verfolgen. Auch Krisen und Kriege.
Im Netz gibt es eigene Plattformen, die – durch Twitter und
andere soziale Medien gespeist –
fast in Echtzeit einen Überblick
über aktuelle Geschehnisse in den
Krisenherden weltweit ermöglichen (Seiten 6/7).
Eine Transparenz, die Risiken
birgt. Die schnelle Information
aus vermeintlich erster Hand
kann die Wahrheit zum Preis
US-Präsident Barack Obama twittert unter dem Namen @POTUS
und kommentierte vergangene Woche die Lage im Kampf gegen
die Terrormiliz „Islamischer Staat“.
KALENDERBLATT
Vor 20 Jahren: Am 29. Februar 1996 landet der Astronaut Thomas
Reiter wieder auf der Erde. 179 Tage war er auf der bis dahin längsten Weltraummission der europäischen Weltraumorganisation ESA
unterwegs. Insgesamt hat Brigadegeneral Reiter 350 Tage im All verbracht – mehr als alle anderen europäischen Astronauten.
Vor 85 Jahren: Am 5. März 1931 wird im Deutschen Theater Berlin
„Der Hauptmann von Köpenick“ von Carl Zuckmayer uraufgeführt.
In dem Stück verkleidet sich der arbeitslose Schuhmacher Friedrich
Wilhelm Voigt als Hauptmann und räumt mit einem Trupp ahnungsloser Soldaten die Stadtkasse von Köpenick leer. Nur zehn Tage später
wird der Hochstapler in Berlin verhaftet. Die Tragikomödie beruht
auf einer wahren Begebenheit aus dem Jahre 1906.
Vor 115 Jahren: Am 1. März 1901 wird in Wuppertal die weltweit
einzigartige Schwebebahn eröffnet. Mehr als 10 000 Menschen wollen
die Jungfernfahrt des „stählernen Lindwurms“ verfolgen. Heute ist
die Einschienenbahn das Wahrzeichen der Stadt und steht seit 1997
unter Denkmalschutz.
Vor 155 Jahren: Am 3. März 1861 hebt Zar Alexander II in Russland die Leibeigenschaft auf. Mehr als 22 Millionen Menschen erhalten dadurch Freiheit und Bürgerrechte. Grund und Boden müssen
die Bauern allerdings erst vom Adel kaufen – viele von ihnen müssen
dafür hohe Schulden aufnehmen.
(eb)
haben. Die Wahrnehmung eines
Ereignisses erfolgt zunächst
immer subjektiv – das kann
auch den unmittelbar verfassten „Tweet“ beeinflussen. Und:
Einige Gruppen nutzen soziale
Medien, um gezielt falsche Informationen zu verbreiten und
die öffentliche Meinung zu
beeinflussen. Ein Kampf um die
­
Wahrheit.
Informationen aus dem Netz
müssen kritisch hinterfragt werden. Journalisten müssen doppelt
prüfen und andere Quelle hinzuziehen. Kurze Statusmeldungen
können eine umfassende Analyse, wie sie traditionelle Medien
leisten, nicht ersetzen. Aber sie
können sie ergänzen.
Patricia Franke
Stellv. Produktverantwortliche
MINISTERIUM / HINTERGRUND
aktuell
3
Foto: Wilke/RedBW
29. Februar 2016
Engagierter Einsatz für die Bundeswehr: Andreas Stangl (4. v. r.) nahm den Preis „Bundeswehr und Gesellschaft“ für die „Chamer Wirtschaftsjunioren“ entgegen.
Der Brückenschlag
Verteidigungsministerin vergibt erstmals den Preis „Bundeswehr und Gesellschaft“.
von Christiane Tiemann
Berlin. Die Bundeswehr stellt
hohe Anforderungen an die Soldaten im Inland und im Auslandseinsatz. Studien belegen,
dass der Arbeit der Bundeswehr
durch die Gesellschaft zunehmend mehr Anerkennung entgegengebracht wird. Die Soldaten erfahren jedoch noch nicht
immer die entsprechende Würdigung ihres Einsatzes für Frieden,
Recht und Freiheit.
Der vom Verteidigungsministerium neu geschaffene und erstmalig vergebene Preis „Bundeswehr und Gesellschaft“ ehrt jene,
die sich mit besonderem Engagement für die Angehörigen der
Bundeswehr und damit für eine
noch stärkere Verankerung der
Bundeswehr in der Gesellschaft
einsetzen. Der Preis ist Teil der
Agenda Attraktivität und kann
an Einzelpersonen, Gruppen oder
Institutionen verliehen werden.
Vergangene Woche überreichte Verteidigungsministerin
Ursula von der Leyen im Berliner
Bendlerblock den Preis Andreas
Stangl von den „Chamer Wirtschaftsjunioren“ und würdigte
die Initiative „Brückenschlag“.
„Mit vielen Gesten, Postkarten
und Paketen“, so die Ministerin,
„schaffen es die ,Chamer Wirtschaftsjunioren“, eine Brücke
zwischen der Bevölkerung und
den Soldatinnen und Soldaten zu
schlagen und damit gesellschaftliches Interesse und Wertschätzung für die Auslandseinsätze der
Bundeswehr zu wecken.“ Mit der
Ehrung wolle die Bundeswehr
Dank ausdrücken.
Die Preisträger erhalten eine
Skulptur in Form eines dreiteiligen Würfels: Der äußere, tragende Teil symbolisiert die
Gesellschaft, der Mittelteil aus
Keramik steht für die Teile der
Gesellschaft, die sich um die
Bundeswehr verdient gemacht
haben. Ein Kern aus Messing verkörpert die Bundeswehr – eingebettet in die Gesellschaft.
Kooperationspartner der Preisverleihung ist der Deutsche
Städte- und Gemeindebund. Dessen Hauptgeschäftsführer Gerd
Landsberg bewertete die Ehrung
als ein wichtiges Signal. Gerade
in Zeiten zunehmender globaler Krisen und Unsicherheiten
sei für die Menschen immer
deutlicher erkennbar, dass die
Bundeswehr ein unverzichtbarer Baustein für die Sicherheit
sei. „Dazu muss sich die Gesellschaft immer wieder bekennen“,
so Landsberg.
Mehr OSZE wagen
Vertrauen aufbauen,
Sicherheit herstellen
„Eine der größten Herausforderungen für den deutschen
OSZE-Vorsitz ist, vertrauensund sicherheitsbildende Maßnahmen ganz vorn auf die politische
Agenda zu setzen“, sagte Nadja
Douglas von der Humboldt-Universität zu Berlin. Vor allem in
Fragen der Rüstungskontrolle
könne die OSZE eine wichtige
Rolle spielen, sagte die Expertin
für internationale Beziehungen.
Fortschritte seien möglich,
wenn der deutsche OSZE-Vor-
sitz die Bedrohungswahrnehmungen anderer Staaten ins Blickfeld rücke. Beispiel Russland:
Der Westen könne Moskau entgegen kommen – aber nur, wenn
auch Russland sich an eigene
Verpflichtungen halte, wie etwa
den Abzug der russischen Streitkräfte und schweren Waffen aus
den Regionen Transnistrien, Südossetien und Abchasien.
Douglas kritisierte, dass das
Zentrum für Verifikationsauf-
Mehr zum Preisträger Seite 11.
Ministerin: IS bedroht
ganz Nordafrika
Experten diskutieren über neue Ansätzen für den deutschen OSZE-Vorsitz.
Berlin. „Dialog erneuern, Vertrauen neu aufbauen, Sicherheit
wiederherstellen“ – unter dieser
Überschrift hat Deutschland zu
Beginn des Jahres den Vorsitz
der Organisation für Sicherheit
und Zusammenarbeit in Europa
(OSZE) übernommen.
Eine Expertenrunde im Unterausschuss des Deutschen Bundestages für Zivile Krisenprävention, Konfliktbearbeitung und
vernetztes Handeln hat vergangene Woche Perspektiven und
Empfehlungen für die Gestaltung
des deutschen OSZE-Vorsitzes
erörtert. Die Federführung liegt
beim Auswärtigen Amt.
Im Fokus der Diskussion
standen Konzepte der Krisenprävention und des zivilen Konfliktmanagements.
50 Vorschläge für potentielle Preisträger, eingereicht aus
alle Bereichen der Bundeswehr,
bundeswehrnahen Verbänden
und Gewerkschaften sowie des
Deutschen Städte- und Gemeindebunds gingen beim Empfehlungsausschuss unter Vorsitz von
Gerd Landsberg ein. Neben dem
Hauptpreis zeichnete die Ministerin acht weitere Personen mit
der „Medaille des Bundesministeriums der Verteidigung“
aus und ehrte sie damit für ihre
besonderen Verdienste für die
­
Bundeswehr.
gaben der Bundeswehr (ZVBw)
nur noch über 160 von ehemals
500 Dienstposten verfüge. Das
zeige, dass die Prioritäten derzeit woanders gesetzt würden.
Ein Vorwurf, den Ernst-Christoph Meier als Vertreter des Verteidigungsministeriums (BMVg)
entschieden zurückwies. „Man
kann sich hier nicht ausschließlich an der Zahl der Dienstposten
orientieren. Entscheidend ist, ob
eine Dienststelle ihre Aufgaben
mit dem Personalumfang erfüllen kann. In der neuen Struktur ist
das ZVBw sehr leistungsfähig“,
sagte Meier als Referatsleiter für
die Bereiche Rüstungskontrolle,
Vertrauensbildung, Nichtverbreitung und OSZE im BMVg. Er
betonte, dass die umfassende
Modernisierung des Wiener
Dokuments über Vertrauensund Sicherheitsbildende Maßnahmen in Europa eine Priorität
des deutschen OSZE-Vorsitzes
sei, Russland hieran aber bislang
noch kein Interesse zeige.
Wichtiger Schritt zu
mehr Bedeutung
Peter Wittschorek vom
Berliner Zentrum für internationale Friedenseinsätze sieht in
dem Entschluss des deutschen
Vorsitzes, sich für die Verlängerung und eine Ausweitung des
Budgets für die OSZE-Beobachtermission in der Ostukraine einzusetzen, einen wichtigen Schritt,
der OSZE wieder zu mehr Bedeutung zu verhelfen.
Diese Mission könnte Ausgangspunkt für einen neuen
Ansatz des Konfliktmanagements durch die OSZE sein.
„Wenn wir uns etwa die Flüchtlings- und Migrationskrise ansehen, dann muss man sich fragen,
warum gibt es nicht auch in Südeuropa eine solche Mission?“, so
­Wittschorek.
(kli)
Berlin. Verteidigungsministerin
Ursula von der Leyen hat einmal
mehr auf die Bedrohung des afrikanischen Kontinents durch den
sogenannten Islamischen Staat
(IS) hingewiesen. Die Ministerin
sagte der Bild am Sonntag: „Der
IS-Terror bedroht ganz Nordafrika.“ Daher sei es wichtig, „um
Demokratie ringende Länder
wie Tunesien nach Kräften zu
stützen“. Vertreter des Verteidigungsministeriums und des
Auswärtigen Amtes reisten in
der vergangenen Woche nach
Tunis. In Gesprächen mit Vertretern der tunesischen Regierung soll ausgelotet werden, wie
Soldaten der Bundeswehr tunesische Sicherheitskräfte ausbilden
können. Sollte Deutschland mit
seinen Partnern ein Ausbildungscamp für tunesische Sicherheitskräfte betreiben, wäre das nach
Ansicht von der Leyens ein Stabilitätsgewinn für die gesamte
Region. „Und wenn sich eines
Tages im direkten Nachbarland
Libyen eine Einheitsregierung
bildet, könnten deren Sicherheitskräfte auch von etablierten Ausbildungskapazitäten in Tunesien
profitieren“, so die Ministerin
weiter.
(eb)
4
aktuell
POLITIK / HINTERGRUND
29. Februar 2016
Berlin. Angesichts der anvisierten Waffenruhe in Syrien haben
die USA, Großbritannien, Frankreich und Deutschland in der vergangenen Woche ihre Positionen
im Syrien-Konflikt abgestimmt.
Regierungssprecher Steffen
Seibert sagte, Bundeskanzlerin
Angela Merkel, US-Präsident
Barack Obama, der britische Premierminister David Cameron und
Frankreichs Staatschef François
Hollande seien sich einig gewesen, „die Einhaltung der Bestimmungen der Vereinbarung zur
Waffenruhe besonders sorgfältig
zu beobachten“. Diese sollte vom
vergangenen Samstag an in dieser Woche gelten. Der syrische
Präsident Baschar al-Assad hatte
sich nach russischen Darstellungen in der vergangenen Woche
zur Einhaltung der von den USA
und Russland ausgerufenen Feuerpause für Syrien bereit erklärt.
Eine entsprechende Erklärung
hatte der Kreml am vergangenen
Mittwoch veröffentlicht. (eb)
China stationiert
Kampfjets auf Archipel
Berlin. China hat Kampfflugzeuge auf dem Paracel-Archipel
im Südchinesischen Meer stationiert, auf das auch Taiwan
und Vietnam Anspruch erheben. Die Maschinen befinden sich auf der WoodyInsel, bestätigte das US-Pazifikkommando. Der Sprecher des
Kommandos erklärte, die USA
seien „weiterhin besorgt“, dass
China mit der Verlegung hochentwickelter Waffensysteme
auf die Insel fortfahre. Aus dem
­chinesischen Außenministerium
verlautete, alle chinesischen Aktivitäten seien durch die territoriale
Souveränität gedeckt. Das Verhältnis zwischen den USA und
China ist wegen Pekings Gebietsansprüchen im Südchinesischen
Meer angespannt. Peking vertritt
die Ansicht, China habe Hoheitsrechte über nahezu das gesamte
Südchinesische Meer, einschließlich der Küstengewässer. (eb)
In Israel Waffenpflicht
auch außer Dienst
Jerusalem. Soldaten der israelischen Armee müssen in Zukunft
auch außerhalb des Dienstes
Waffen tragen. Das geht auf
eine Anordnung des israelischen
Generalstabschefs, Eisenkot, aus
der vergangenen Woche zurück.
Grund dafür ist die angespannte
Sicherheitslage in Israel. Ein
unbewaffneter israelischer Soldat war bei einem Angriff radikaler Palästinenser auf einen Supermarkt im Westjordanland ums
Leben gekommen.
(eb)
Foto: fotolia
Westen dringt auf
Waffenruhe in Syrien
Die digitale Gefahr
Experten zeigen Cyber-Risiken auf – Bundeswehr plant Studiengang „Cyber-Sicherheit“.
von Stefan Rentzsch
Berlin. Sieben Sachverständige
aus Wissenschaft, Wirtschaft und
Politik – darunter auch Staatssekretärin Katrin Suder – haben
sich vergangene Woche den Fragen von Fachpolitikern aus den
Bundestagsfraktionen zur Rolle
der Streitkräfte in der digitalen
Dimension gestellt.
Die Experten waren sich einig:
Die Bedrohungen aus dem CyberRaum werden immer häufiger,
größer und verursachen mehr
Schaden.
Jüngste Beispiele seien die
Attacken auf den Deutschen
Bundestag im Mai oder auf das
ukrainische Stromnetz Ende vergangenen Jahres. Die Angriffe
gehen inzwischen weit über die
„einfachen“ Viren und Trojaner
hinaus. So sehen die Experten
als eine der größten Herausforderungen sogenannte „Advanced Persistant Threads“ (APT).
Dabei handelt es sich um komplexe, hochwertige, zum Teil
lang andauernde Angriffe, die
mit großem Aufwand für ein einziges oder eine begrenzte Anzahl
an Zielen konzipiert sind. APTs
sind besonders schwer zu entdecken und zurückzuverfolgen.
Thomas Kremer, Vorstandsmitglied der Deutschen Telekom,
stellte zudem einen Unterschied
der Cyber-Waffen zu ihren physischen Pendants heraus: „Schadsoftware ist wiederverwendbar“,
so Kremer. „Abgewandelt oder
verfeinert ist sie gegen immer
neue Ziele einsetzbar.“
Hoch qualifiziertes
Personal ist wichtig
Darüber hinaus müsse sich die
Bundeswehr in Sachen Personal
mehr öffnen. „Hochqualifiziertes Personal zu gewinnen, ist
schwierig“, sagte Suder. Geplant
sei daher ein eigener Studiengang „Cyber-Sicherheit“ an der
Universität der Bundeswehr in
München sowie eine eigene Ausbildung, um Fachkräfte frühzeitig zu gewinnen und zu binden.
„Das wird jedoch nicht reichen“,
betonte die Staatssekretärin.
„Deswegen müssen wir mehr
mit Wirtschaft und Wissenschaft
kooperieren, um Expertisen aus-
zutauschen“. Auch ginge es um
die Frage, wie man Fachwissen
von ausgeschiedenen und mittlerweile in der Wirtschaft tätigen Menschen wieder für die
Bundeswehr nutzbar machen
könnte.
Auch der Schutz der Waffensysteme, die immer weiter vernetzt sind, steht auf Suders
Agenda. „Wir planen Testcenter,
um Waffensysteme und Zulieferer noch vor der Auslieferung zu
überprüfen“. Die Bundeswehr
teste ihre Waffensysteme natürlich auch selbst auf Schwachstellen.
Klärungsbedarf gibt es noch
im Hinblick auf das Völkerrecht.
Fraglich ist vor allem, was man
im Cyber-Raum unter einem
bewaffneten Angriff zu verstehen hat, der zu einem Gegenschlag berechtigt. Laut dem
Rechtswissenschaftler Michael
Bothe kommt es nicht auf die
Art des Angriffs oder die eingesetzten Mittel an, sondern
auf die Wirkung. Verursache er
ein „hohes Maß an physischen
Schäden“, ergebe sich daraus ein
Recht zur Selbstverteidigung. In
einem solchen Fall käme auch der
Bündnisfall des Artikels 5 des
NATO-Vertrages zum Tragen.
Es müsse allerdings zweifelsfrei
geklärt sein, von wem der Angriff
ausgehe. „Selbstverteidigung auf
Verdacht geht gar nicht“, stellte
der Experte klar.
Fähigkeiten nur zur
Verteidigung
Suder stellte klar, dass die
Bundeswehr ihre Fähigkeiten
zum aktiven Wirken im CyberRaum ausschließlich zur Verteidigung nutzt. Offensive Einsätze der etwa 60 Mann starken
Gruppe CNO (Computer-Netzwerk-Operationen), einer Unterabteilung im Kommando Strategische Aufklärung, erforderten
zudem immer ein Mandat des
Bundestages.
„Die Bundeswehr als große
und vernetzte Institution muss
auf Angriffe im Cyber-Raum vorbereitet sein und adäquat reagieren können“, sagte Suder.
Mehr Informationen zum Thema
auf www.bmvg.de.
„Cyber-Bedrohung ist wie die Pest“
Berlin. Der Beauftragte für die strategische Steuerung nationaler und internationaler Rüstungsaktivitäten der Bundeswehr, Gundbert Scherf, hat kürzlich beim
8. Clausewitz-Strategiegespräch in der
Berliner Landesvertretung Sachsen-Anhalts
erläutert, wie sich Streitkräfte künftig auf die
strategischen Herausforderungen im CyberRaum einstellen.
„Cyber-Bedrohung ist wie die Pest. Die
bekämpft man vor allem durch bessere
Hygiene und Prävention.“ So brachte es
Scherf auf den Punkt. Mit seinem pointierten Statement wies der Experte aus dem
Verteidigungsministerium auf die enorme
Relevanz hin, die der Cyber-Raum und die
Hybride Kriegsführung mittlerweile für das
sicherheitspolitische Umfeld haben. Eine
neue Quantität und Qualität der Bedrohung
sei erreicht durch die weitreichenden Veränderungen, die sich im Kern um IT, Digitalisierung und Cyber drehten. „Wir reden von
Umwälzungen, die die Handlungsfähigkeit
der Streitkräfte – also den Kern der Bundeswehr – berühren“, so Scherf.
Spionage, Cyber-Terror und SabotageAttacken – die Menge der Cyber-Angriffe
wachse weltweit. Cyber-Angriffe mit potenziell verheerenden Folgen für die Funktionsfähigkeit von Staaten bezeichnete er als
eine strategische Bedrohung. Angesichts
dieser rasanten Veränderung stelle sich die
Bundeswehr dynamisch und innovativ auf
diese Lage ein. „Deutschlands Sicherheit
wird auch im Cyberraum verteidigt“, sagte
Scherf. Cyber-Verteidigung und der Aufbau von entsprechenden, professionellen
Cyber-Fähigkeiten werden zu Kernauf-
gaben der Bundeswehr. Dabei bleibe sie
stets ­Parlamentsarmee.
„Wir müssen Innovation neu denken. Wir
müssen mehr an „Innovation outside in“
teilhaben.“ Hier hob der Experte die aktuellen Ideen zu Kooperationen des Ministeriums mit Experten aus Wirtschaft und Forschung hervor. Diese sei auch deshalb so
wichtig, weil die Bundeswehr durch fortschreitende Digitalisierung von funktionsfähigen und sicheren Netzwerken abhängig
sei – im Grundbetrieb wie im Auslandseinsatz. Diese Herausforderung habe die Bundeswehr erkannt und stelle sich ihr. „Wir
müssen IT neu denken und Cyber-Sicherheit auf allen Ebenen einbauen“, erklärte
Scherf. „Das Thema Cyber-Verteidigung
wird wichtiger – es geht um die Zukunftsfähigkeit von Streitkräften.“
(jf)
29. Februar 2016
EINSATZ / BUNDESWEHR
aktuell
5
CAOC: Die
Schaltzentrale
von Andreas Berg
Al Udeid. Von der Ostküste der
arabischen Halbinsel am Persischen Golf wird seit Oktober
2014 die Operation „Inherent
Resolve“ der internationalen
Koalition gegen die Terrormiliz „Islamischer Staat“ (IS)
geplant und überwacht. Auch
acht deutsche Soldaten sind vor
Ort, um von hier aus die Einsätze
der deutschen Luftwaffenkräfte
im türkischen Incirlik zu steuern.
Das „Combined Air Operations Center“ (CAOC) liegt aus
strategischen Gründen zentral
in der arabischen Golfregion.
Es ist für den gesamten Nahen
Osten zuständig, dies umfasst
die Einsatzgebiete Syrien, Irak
und Afghanistan. Erstmals war
der Gefechtstand im
Februar 2003 voll
einsatzbereit.
Deutschland
Armenien
Foto: Joshua Strang / U.S. Air Force
Das „Combined Air Operations Center“ in Katar:
Zentrum für Operationen im Nahen Osten.
ist mit seinem voll integrierten
Planungsstab als eine von insgesamt 18 Nationen im CAOC
vertreten.
„Current Ops“ – das
Herz des CAOC
Einige hundert Arbeitsplätze
stellen im Innern des Gefechtstandes die Synchronisation des täglichen Einsatzes von der übergeordneten strategischen Weisung
bis auf die taktische Ausführungsebene sicher. Dazu sind Spezialisten für Satellitenkommunikation,
Bildanalyse, IT-Netzwerke, Computerprogrammierung, Funk und
Systemadministration nötig. Der
sogenannte „Current Ops Floor“
im CAOC bildet das Herz des
Gefechtstandes. Hier werden die
gerade ablaufenden Operationen
gesteuert.
Gemeinsames Ziel aller Abteilungen ist das tägliche Erstel-
Aserbaidschan
Immer in Bewegung: Auf übergroßen Leinwänden wird im CAOC ständig die aktuelle Luftlage projiziert.
len der sogenannten „Air Tasking Order“, die detailliert den
Einsatz der Kräfte der Koalition im gemeinsamen Einsatzgebiet regelt. Alle wesentlichen Arbeitsplätze gliedern
sich schichtfähig rundum die
Uhr in die Bereiche offensive
Operationen, defensive Operationen und Luftbeweglichkeit.
Das deutsche Verbindungselement verfügt hier über ein nationales Büro. Dort ist nationale
Informationstechnik installiert,
um direkt mit Deutschland oder
dem Kontingent in der Türkei
kommunizieren zu können.
Ist der Einsatzauftrag
mandatskonform?
Usbekistan
China
Türkei
Turkmenistan
Syrien
Afghanistan
Libanon
Israel
Iran
Irak
Jordanien
Kuwait
Saudi-Arabien
Pakistan
Katar
Al-Udeid
Oman
Vereinigte
Arabische
Imirate
Der höchste deutsche Repräsentant („Senior National Representative“) im Dienstgrad eines
OberstKashmir
leitet das Verbindungselement und ist gleichzeitig der
sogenannte „Red Card Holder“
(RCH). Seine Befugnisse sind
durch entsprechende Vorgaben
aus Deutschland klar geregelt.
Mit seinem Team stellt er sicher,
dass der Einsatz deutscher Flugzeuge stets mandatskonform verläuft. Er würde, im Falle einer
möglichen Auftragsanfrage an
die deutschen Kräfte, die dem
deutschen Mandat widerspräche,
sinnbildlich eine rote Karte zeigen und damit verdeutlichen:
Diesen Auftrag dürfen die deutschen Soldaten nicht ausführen.
Planung und Durchführung des
Flugbetriebs sicher. Sie beraten
den RCH, welche Aufträge in
welchen Gebieten vom Mandat des Deutschen Bundestages
gedeckt sind und angenommen
werden können.
Koordinierung
der Flüge
Positive Resonanz
zur Aufklärung
Die deutschen Aufklärungstornados können vom CAOC
für elektrooptische oder Infrarotbilder bei Tag und bei Nacht
beauftragt werden. Die Aufklärungsergebnisse werden über
gesicherte Leitungen an das deutsche Team in Al Udeid übermittelt.
Auch der Bedarf für Luftbetankung seitens des deutschen
Tankflugzeugs wird im CAOC,
konkret in der sogenannten „Tanker Coordination Cell“ geplant
und beauftragt. Demnach werden
am Vortag des Einsatzes unter
anderem Gebiet, Zeit, Höhe, Art,
Umfang, Dauer und geplante
Abgabemenge bekannt gegeben.
Für den Einsatz der Flugzeuge Tornado und Airbus
A310 MRTT stellt je ein deutscher Verbindungsoffizier die
Auch in der „Coalition Intelligence Fusion Cell“ des CAOC,
in der alle Aufklärungsergebnisse der Koalition zusammenlaufen, arbeiten ein Offizier und
ein Feldwebel der Bundeswehr
aus dem Bereich Militärisches
Nachrichtenwesen. Mit ihrer
Expertise beraten sie ebenfalls
den deutschen RCH und bilden
eine weitere wesentliche Schnittstelle zum Einsatzgeschwader in
Incirlik. Besonders bemerkenswert ist dabei die positive Resonanz zu den Aufklärungsprodukten, die das deutsche Team
bereits nach wenigen Tagen im
Einsatz bekam. Grund hierfür:
Die hervorragende Qualität der
Bildauswertung in Zusammenhang mit der hochauflösenden
Sensorik der deutschen Aufklärungstornados.
NATO steckt Kurs für Ägäis-Mission ab
Rückkehrerappell für
AFTUR Soldaten
Jemen
Mit deutscher Führung: „Standing NATO Maritime Group 2“ soll Schleuseraktivitäten aufklären.
ablegende Boote direkt stoppen.
Da nur Griechenland in der EU
ist, beide Staaten aber Mitglieder
der NATO sind, wird das Bündnis zur Plattform für die Zusammenarbeit aller Akteure.
Die NATO wird selbst keine
Boote anhalten. Ihr Auftrag ist es
lediglich, ­Schleuserbewegungen
zu beobachten, auszuwerten und
zu melden. In Kooperation mit
Griechenland und der Türkei
kommen die NATO-Einheiten
auch in deren Hoheitsgewässern
zum Einsatz. Türkische und
griechische Schiffe werden ihre
jeweiligen Hoheitsgewässer
dagegen nicht verlassen.
Die Seenotrettung ist – wie bei
EU-Operation Sophia im Mittelmeer – nicht ausdrücklich Teil
des militärischen Auftrages. Sie
bleibt aber weiterhin die ständige
Pflicht eines jeden Seefahrers. Die
NATO hat deshalb festgelegt, dass
Schiffbrüchige durch die Einheiten der SNMG 2 in der Regel wieder in die Türkei zurückgebracht
werden. Flüchtlingen soll so der
Anreiz genommen werden, die
gefährliche Überfahrt zu wagen.
Das Vorgehen der Schlepper wird
dadurch erschwert.
Die SNMG 2 steht derzeit unter
deutschem Kommando. Auf dem
Einsatzgruppenversorger „Bonn“
werden sich rund 210 deutsche
Soldaten unter der Führung von
Flottillenadmiral Jörg Klein
an dem Einsatz in der Ägäis
beteiligen.
(kie)
Foto: Wilke/Bundeswehr
Brüssel. Mitgliedsstaaten der
NATO haben sich vergangene
Woche in Brüssel auf die Richtlinien zur Seeraumüberwachung
in der Ägäis geeinigt. Die Türkei, Deutschland und Griechenland hatten dem Bündnis zuvor
entsprechende Maßnahmen vorgeschlagen.
Vorgesehen ist, dass durch
die „Standing NATO Maritime
Group 2“ (SNMG 2) Informationen über die örtlichen Schleusernetzwerke gesammelt werden.
Diese Informationen sollen dann
der europäischen Grenzschutzagentur Frontex und den Sicherheitsbehörden in Griechenland
und der Türkei bereitgestellt werden. Diese können so effektiver
arbeiten – und die Türkei könnte
Die „Bonn“: Führungsschiff der Standing NATO Maritime Group 2.
Sanitz. Vergangenen Donnerstag ist der Einsatz „Active Fence
Turkey“ mit einem feierlichen Appell formell und endgültig beendet worden. Dabei
bedankten sich der Inspekteur
der Luftwaffe Generalleutnant
Karl Müllner, der Wehrbeauftragte Hans-Peter Bartels und
die Ministerpräsidenten Erwin
Sellering aus Mecklenburg-Vorpommern und Torsten Albig
aus Schleswig-Holstein bei den
Rückkehrern. Für die Flugabwehr war es der längste Auslandseinsatz seit Gründung der Bundeswehr: Fast drei Jahre lang
schützten rund 1200 Soldaten
des Flugabwehrraketengeschwaders 1 die türkische Stadt Kahramanmaras nahe der syrischen
Grenze. Sieben Tage die Woche,
rund um die Uhr.
(eb)
aktuell
HINTERGRUND
aktuell
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Der Kampf um die Wahrheit
Jeder Internet-Nutzer kann weltweit asymmetrische Konflikte verfolgen – nahezu in Echtzeit.
von Patricia Franke
Berlin. Raketenbeschuss in
Kabul. Die italienische Botschaft
wird im vergangenen Monat
getroffen, zwei Sicherheitskräfte werden verletzt. Wenige
Minuten später ist der Anschlag
auf der Internetplattform liveuamap.com zu sehen. Ein Bild vom
Großbrand vor der Botschaft
inklusive. Via Twitter hatten die
Betreiber der ukrainischen Plattform von dem Anschlag erfahren, die Informationen überprüft
und auf ihrer Webseite geteilt.
Verwendet wird dabei ein Algorithmus, der Twitter-Nachrichten
­
speziell auf Schlüssel wörter
wie „Explosion“ oder „Afghan Forces“ durchsucht. Ist ein
„Tweet“ oder ein Bild mit einem
sogenannten GPS-Tag versehen,
kann bestimmt werden, von wo
die Nachricht abgesetzt wurde.
Auf der interaktiven Karte kann
so jeder Internetnutzer bis ans
Gebäude genau heranzoomen
und sehen, wo die Raketen eingeschlagen haben.
Augenzeugen als
Berichterstatter
Websiten wie liveuamap.com
gewinnen als Informationsquelle
aber auch als Propagandamittel
bei Konflikten mit asymmetrischer Kriegsführung und mehreren Konfliktparteien immer
mehr an Bedeutung. In Städten
wie Kabul oder Aleppo ist die
Lage unübersichtlich. Fast täglich kommt es zu Anschlägen,
und oft ist nicht sofort klar, wer
den Anschlag verübt hat: der
„Islamische Staat“, die Taliban
oder eine Rebellengruppe? Den
Augenzeugen vor Ort kommt
in Konfliktregionen dabei eine
ganz besondere Rolle zu. Sie
melden über soziale Netzwerke
wie Twitter oft unmittelbar nach
dem Geschehen, was sie gesehen
haben. Die bereitgestellten Informationen sind frei verfügbar und
können von jedem Internetnutzer
verwendet werden.
So funktioniert auch das
Konzept der Betreiber von
liveuamap.com. Vor zwei
Jahren ging die Website in
der Ukraine online. Zehntausend Menschen protestierten damals in Kiew gegen die
Regierung von Präsident Viktor Janukowitsch. „Wir wollten
der Welt einfach von den Protesten berichten”, erklärt der
Ukrainer Rodion Rozhkovsky.
Nur wenige englischsprachige
Quellen habe es gegeben, die
über die Krise berichteten.
„Falsche Berichte gab es dafür
umso mehr,” sagt Rozhkovsky
der Redaktion der Bundeswehr.
Nachdem der Nachrichtensender CNN die ukrainische Hauptstadt auf der Karte in Pakistan markiert hatte, beschloss
Rozhkovsky, die Ereignisse in
der Ukraine auf Englisch zu protokollieren und auf einer interaktiven Karte einzutragen.
Vom Non-Profit- zum
Start-up-Unternehmen
Im August 2014 wurde die
Seite bereits mehr als 100 000
Mal pro Tag aufgerufen. Aus
dem Non-Profit-Projekt wurde
ein Start-Up-Unternehmen,
das sich vorwiegend aus Werbung finanziert und deren
Dienste mittlerweile in den
USA gehostet werden. Parallel dazu erweiterten die ukrainischen Betreiber die Karte auf
die Krisenherde Syrien und den
Mittleren Osten.
Mittlerweile erfasst die virtuelle Karte die ganze Welt.
Im Durchschnitt greifen 35 000
Nutzer täglich auf die Internetplattform zu. Hinzu kommen
täglich 7000 Downloads der
gleichnamigen App.
Öffentliche Postings
und Bilder als Quelle
Einer, der solche frei verfügbaren Quellen für seine Beiträge nutzt, ist Julian Röpcke.
„Ich nehme ungern Agentur-Meldungen, sondern lieber
die Originalquellen, denn ich
habe festgestellt, dass Meldungen von Nachrichtenagenturen
nicht immer stimmen”, sagt der
Politik- und Multimediaredakteur der Bild-Zeitung der Redaktion der Bundeswehr.
Mithilfe der Geolokalisierung
klärt Röpcke zunächst, ob Bilder tatsächlich an dem angegebenen Ort aufgenommen wurden. Dabei vergleicht er die
Positionsdaten der Bilder mit
frei zugänglichem Kartenmaterial, beispielsweise bei Google
Earth. Parallel dazu verifiziert er,
inwiefern sich die Informationen
mit anderen Videos oder Beiträgen, beispielsweise vom Vortag,
decken oder zeitgleich von anderen Konfliktparteien im Netz veröffentlicht werden. Damit kann
er unter anderem auch Frontverläufe im Syrienkonflikt oder in
der Ukraine bestimmen.
Auf seinem privaten TwitterAccount hat Röpcke fast 34 000
Follower. Sein Ziel sei es, die
Frei verfügbare Medien haben Einfluss auf moderne Kriegsführung
Wahrheit in Krisenregionen herauszufinden und diese zu veröffentlichen. Schließlich werden
im Netz auch gezielt Lügen verbreitet. „Bei den frei verfügbaren Quellen geht es nicht darum,
von irgendjemandem die Informationen nachzuplappern, sondern zu schauen, welcher Informationswert hinter der Nachricht
steckt, beispielsweise in den Bildern selbst, die veröffentlicht
wurden“, erklärt der 32-Jährige.
Veröffentlichte Bilder nutzten Röpcke und seine Kollegen
auch in der Nacht der Pariser
Anschläge im vergangenen
November. „Es war eine konfuse Lage“, sagt er. „Wir haben
versucht, nicht auf die Angaben der Nachrichtenagenturen
zu warten, sondern haben auf
Basis der Fotos und Videos,
die vorhanden waren, versucht
die Anschlagsorte zu bestimmen.“ Mittels Geolokalisierung und digitalen Karten von
Google Maps, Bing Maps und
Yandex Maps habe die Redaktion eine digitale Karte erstellt
und nur wenige Stunden nach
den Anschlägen detailliert über
das Geschehene berichten könnten. Damit seien er und seine
Kollegen weltweit die Ersten
gewesen.
Kimo Quaintance ist Experte
für Cyberpower und National Security. Der US-Amerikaner lehrte unter anderem am
George C. Marshall Center und
an der Universität der Bundeswehr in München. Im Interview
erklärt er die Vor- und Nachteile
von frei verfügbaren Quellen als
Grundlage für Berichterstattung
und welchen Einfluss sie auf die
moderne Kriegsführung haben.
Herr Quaintance, vor fünf Jahren
hat einer der weltweit bekanntesten Sprachwissenschaftler,
Noam Chomsky, in einem Interview gesagt “Twitter ist kein
Medium für einen ernsthaften
Informationsaustausch”. Hat er
Recht gehabt?
Nein, das glaube ich nicht. In
Bezug auf Kommunikation liegt
Chomsky falsch. Twitter wird
häufig kritisiert, zu oberflächlich zu sein. Es ist sicher kein
Medium für eine Kommunikation
auf höchster Ebene. Es eignet
sich aber sehr gut, um Informationen und Argumente in kürzester Zeit auszutauschen und
zu teilen. Es erlaubt Menschen,
schnell und effizient mitzuteilen,
was um sie herum passiert.
Damit kann ein Bewusstsein
für eine Situation in Krisenzei-
ten geschaffen werden. Das
wäre nicht möglich, wenn wir
von traditionellen Medien abhängig wären.
genutzt werden, dann glaube
ich, dass es ein großer Vorteil
sein kann, wenn sich Journalisten sozialer Medien bedienen.
Es gibt Journalisten und Medien,
die frei verfügbare Informationen
aus dem Netz als Grundlage für
ihre Berichterstattung nutzen.
Welche Risiken birgt diese Art
der Berichterstattung?
Ich sehe höchstens ein Risiko,
wenn Journalisten handwerklich
nicht gut arbeiten. Guter Journalismus bedeutet, dass man sich
verschiedener Quellen bedient,
die Fakten überprüft und sich als
Journalist nicht von Kommentaren aus den sozialen Medien
abhängig macht, statt selbst
raus zu gehen und sich ein Bild
zu machen. In den USA werden Journalisten manchmal als
etwas faul bezeichnet, wenn sie
sich Quellen wie Twitter bedienen und nicht selbst vor Ort
sind. Wenn die frei verfügbaren
Quellen allerdings verantwortungsvoll und als Ergänzung
Soziale Medien können allerdings auch als Propagandamittel missbraucht werden.
Absolut. Dafür gibt es gerade
sehr gute Beispiele im Ukrainekonflikt oder in Syrien. Obwohl
viele Menschen von dort berichten, ist es schwer, ein klares
Lagebild zu erhalten. Einige
Menschen sind sehr hartnäckig
und manipulierend. Egal ob es
Rebellen oder Regierungen sind:
Beide Seiten betreiben einen sehr
hohen Aufwand, die öffentliche
Wahrnehmung zu manipulieren.
REDE, STATEMENT
Welchen Einfluss haben soziale
Medien auf die moderne Kriegsführung?
FLUGZEUG, JET
Es gibt
zum einen
den Aspekt,
der laufende
Operationen
gefährdet.
Im amerikanischen Militär gab es
Fälle, dass
Soldaten
Fotos veröffentlicht haben, die Informationen, beispielsweise über ihren
Standort oder geheim eingestuftes Material, enthielten. Das hat
Aufständischen ermöglicht, Mörser oder Artillerie gezielt einzusetzen.
Auf der anderen Seite sind
Taliban oder Al-Shabab-Milizen
sehr erfolgreich, indem sie beispielsweise ihre Sicht eines
Ereignisses, etwa nach einem
EXPLOSION ODER
SPRENGUNG
Anschlag,
darstellen.
Das macht
es für die
andere
Seite wie
reguläre
Armeen
schwerer,
weil sie
zunächst
einmal
Informationen über den Anschlag
sammeln müssen. Wenn sie zwei
Tage später dann ihre „Wahrheit“ veröffentlichen, haben
die Rebellen bereits einen Vorsprung, da sie die Öffentlichkeit
mit ihrer Sichtweise dominieren.
Das hat einen großen Einfluss
auf die moderne Kriegsführung,
gerade wenn es darum geht, die
„Hearts and Minds“ der Bevölkerung und deren Unterstützung
für eigene militärische Operationen zu gewinnen.
Foto: Privat
Die Fragen stellte Patricia Franke.
TRANSPORT ODER
ZIVILES FLUGZEUG
Was sind „Open Sources“?
Der Begriff „Open Source“ ist nicht einheitlich
definiert. Im Kontext von medialer Berichterstattung
werden darunter frei verfügbare Quellen verstanden („Open Source Journalismus“). Jeder, der
beispielsweise einen Computer besitzt, kann
einen Blog starten, Videos oder Statusmeldungen
posten und damit seine Gedanken der ganzen
Welt zugänglich machen.
Software-Entwickler verstehen unter „Open
Source“ offene also frei verfügbare Quelltexte.
Je nach Lizenz haben Anwender das Recht,
die Software nach Belieben weiterzugeben, den
ursprünglichen Quelltext zu erhalten oder die
Software zu verändern und in veränderter Form
weiterzugeben.
Im Zusammenhang mit geheimdienstlicher
Arbeit oder militärischer Aufklärung („Open
Source Intelligence“) wird hingegen alles
als „Open Source“ bezeichnet, was keine
sensiblen Daten enthält, also nicht nachrichtendienstlich eingestuft ist. Darunter fallen Zeitungen,
Bücher, Videos im Internet, Webseiten. Diese
Quellen werden zur Aufklärung herangezogen
und ausgewertet.
GEWEHR, BEWAFFNETE MENSCHEN
Interaktive Karte: Per Mausklick können Nutzer
im Internet, wie hier bei liveuamap.com, verfolgen, was in verschiedenen Krisenherden passiert.
Foto [M]: Screenshot www.liveuamap.com (23.02.2016)/RedBw
6
Berlin. Brigadegeneral Gerd
Kropf hat vergangene Woche
Reservisten zu einer Informationsveranstaltung eingeladen.
„Fast das gesamte territoriale
Netzwerk von den Landeskommandos über die Kreisverbindungskommandos, Bezirksverbindungskommandos und
RSU-Kompanien besteht aus
Reservisten“, erklärt Kropf, der
als stellvertretender Kommandeur des Kommandos Territoriale
Aufgaben auch Beauftragter für
Reservistenangelegenheiten
ist, im Interview. Ziel sei, die
Durchhaltefähigkeit der Lagezentren in den Landeskommandos und der Operationszentrale zu verstärken. Nicht zuletzt
die Flüchtlingshilfe im Inland
erfordere einen stärkeren Einsatz von Reservisten. „Was wir
suchen, sind Angehörige der Allgemeinen Reserve, die in unsere
sogenannte Verstärkungsreserve
integriert werden.“
(eb)
Das ganze Interview auf www.
bundeswehr.de
Heeresaufklärer
trainieren Peschmerga
Munster. Noch bis zum 6. März
trainieren Soldaten der Heeresaufklärungstruppe in Munster
Offiziere der kurdischen
Peschmerga. Unter der Leitung
von Oberst Norbert Hähnlein sollen die Soldaten der Peschmerga
lernen, mit Hilfe einfacher technischer Hilfsmittel verwertbare
Informationen zu gewinnen und
für weitere militärische Operationen auszuwerten. Nach dem
Abschluss ihrer Ausbildung sollen
die Peschmerga die gewonnenen
Erkenntnisse als Multiplikatoren
im Irak weitergeben.
(eb)
29. Februar 2016
NATO übt in Norwegen
Bis zum 11. März läuft „Cold Response“ mit Beteiligung von 250 Bundeswehrsoldaten.
von Markus Tiedke
Vaernes. In Norwegen hat die
„heiße Phase“ der Großübung
„Cold Response“ begonnen. Auf
Einladung der norwegischen
Streitkräfte sind rund 14 000
Soldaten aus 14 Nationen nach
Mittelnorwegen gekommen, um
gemeinsam ihre Fähigkeiten im
Winterkampf zu schulen. Cold
Response wird alle zwei Jahre
veranstaltet. Der Fokus liegt auf
dem Zusammenwirken von Spezial- und spezialisierten Kräften.
Einer der Kernaufträge in diesem Jahr: die Voraussetzungen für eine große amphibische
­Landung schaffen.
NATO-Übung mit
langjährigen Partnern
Die meisten der teilnehmenden Nationen sind NATO-Staaten. Mit Schweden und Finnland
beteiligen sich indes auch Länder, die seit langem verlässliche
Partner, aber nicht Bündnisstaaten sind. Deutschland hat etwa
250 Soldaten nach Norwegen
entsandt. Das Gros der Kameraden gehört der Division Schnelle
Kräfte und dort vor allem der
Luftlandeaufklärungskompanie
310 aus Seedorf an. Ferner sind
Soldaten des Kommandos Spezialkräfte und Heeresflieger sowie
Angehörige des Lufttransportgeschwaders 62 im Übungsraum
eingesetzt.
Kernaufgabe der Aufklärer
aus Seedorf ist die Unterstützung der Spezialkräfte. Im Zuge
der deutsch-polnischen Task
Group 3 schaffen sie mit ihren
Aufklärungsergebnissen die
Grundlage für deren Einsätze.
Die Fernspähkräfte der Kompanie sind in allen Klimazonen
und Geländeformen einsetzbar. Die Bedingungen im hohen
Norden stellen allerdings auch
spezialisierte Einsatzkräfte vor
besondere Herausforderungen.
Das anspruchsvolle Gelände
und schnell wechselnde Witterungsbedingungen erfordern ein
hohes Maß an Flexibilität. Bevor
die Aufklärer in die zur Übung
befohlenen Räume abrückten,
unterzogen sie sich Mitte Februar noch einer speziellen Arktisausbildung. In den kommenden Tagen muss sich der neue
Wirkverbund der Luftlandeaufklärungskompanie 310 nun bei
der Übung bewähren.
Als dienstältester deutscher
Offizier hat Oberstleutnant Torsten Glockzin den Aufbau des
Hauptquartiers der Task Group
verfolgt: „Die Norweger organisieren das hier großartig“, sagt er
in Richtung Gastgeber.
Foto: Royal Navy Media Archive/Carl Osmond/Flickr
Bedarf an
Reservisten wächst
BUNDESWEHR
Foto: U.S. Marine Corps/Cpl. Dalton A. Precht/Flickr
aktuell
Special Operations
Task Group
„Wir hatten bislang eine strikte
Trennung von konventionellen
und spezialisierten Kräften
sowie Spezialkräften. Mit der
gemeinsamen Special Operations Task Group werden nun
Einheiten mit unterschiedlichen
Qualifizierungen eng zusammenarbeiten.“ Gerade die Luftlandeaufklärungskompanie 310
mit ihren vielfältigen Fähigkeiten sei dafür ein gutes Beispiel.
„Ich bin sicher, dass die Angehörigen der Task Group gemeinsam ihren Teil zum Gesamterfolg
der Operation beitragen werden“,
sagt Glockzin.
Foto: Bender/RedBw
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Und Action: Britische Marines bei der Landung (o.). Das Großgerät
wird bei den extremen Bedingungen einem Härtetest unterzogen (m.).
Deutsche Fallschirmjäger bei Cold Response (u.) (Archiv).
Visite in achttausend Metern Höhe
Penzing. Beim Lufttransportgeschwader 61 erwartet Sanitätssoldaten ein Flug in einer zur
Medical-Evacuation-Maschine
­
umgerüsteten „Transall“. Zwölf
Angehörige des Zentralen
Sanitätsdienstes aus dem ganzen Bundesgebiet trainieren den
Evakuierungseinsatz in der Luft.
Einer von ihnen ist Feldwebel Mathias Edenharter, der sich
hier zum „Flugmedizinischen
Assistenten“ weiterqualifizieren will. Dafür macht er sich
zunächst mit dem Flugzeug vertraut und wird zum „Additional
Crew Member“, also zusätzlichen Besatzungsmitglied,
ausgebildet. Dazu gehört, die
Notfallausrüstung von der Ret-
tungsinsel bis zum Magnesiumzündstab kennenzulernen.
Vor dem Flug wuchten die Soldaten die zweieinhalb Tonnen
schweren AirMedEvac-Ausrüstungsteile in die „Transall“ und
richten zwei Patiententransportplätze für Intensivpatienten ein.
Auch Liegeplätze für weitere
Patienten rüsten die Soldaten ein.
Dass Sanitätssoldaten die Ausrüstung selbst montieren können,
ist wichtig. Im Einsatz sind sie
dafür zuständig.
Beim Start werden Soldaten
und Ausrüstung leicht durchgeschüttelt. Die Versorgung der
Patienten ist dabei aus Sicherheitsgründen untersagt. Da die
Patienten bei MedEvac-Flügen
bereits stabil und transportfähig
sind, stellt das kein Problem dar.
Auf dem Flug hört einer der
zwei Intensivpatienten plötzlich
auf zu atmen, sein Herz steht still.
Sofort wird der Patient – es ist eine
Puppe – vom Arzt und seinem
Rettungsassistenten reanimiert.
Nach dramatischen Minuten sind
die Vitalfunktionen wiederhergestellt. Auch Edenharter beweist
sich am Plastikpatienten: Um die
Atmung zu sichern, intubiert er
ihn. Die Atemwege werden dann
mit einem Tubus freigehalten.
„Das ist während des Fluges gar
nicht so einfach. Bei dem Lärm
und den Vibrationen muss man
sich noch stärker konzentrieren,
als ohnehin schon.“
Foto: Lenke/Luftwaffe
Sanitätssoldaten aus ganz Deutschland trainieren beim AirMedEvac-Lehrgang den Einsatz in der Luft.
Trainingsnotfall: Feldwebel Mathias Edenharter beim Reanimieren.
Mitte des Jahres wird Edenharters Ausbildung abgeschlossen
sein. Aber vor dem ersten AirMedEvac-Einsatz erwartet ihn
noch ein Einsatz am Boden –
im Kosovo.
(neu)
Der Beitrag „AirMed
Evac-Lehrgang auf der
C160“ unter
www.youtube.com/
bundeswehr.
29. Februar 2016
ZOOM
aktuell
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Gestern und heute: Lothar von Trotha schlug 1904 den Hereroaufstand brutal nieder (l.). Eine traditionell gekleidete Herero im Nordwesten Namibias (r.).
Land der Nama und Herero
Bis 1915 war Namibia Kolonie des Deutschen Kaiserreichs – heute ist das Land die zweitjüngste Nation Afrikas.
Der „Südwester Reiter“ fällt Weihnachten 2013. Damals lässt Namibias Regierung das Symbol
deutscher Kolonialzeit absägen und in einem Museum verschwinden. Bis dahin stand das Reiter­
standbild eines deutschen Kolonialsoldaten im Zentrum von Namibias Hauptstadt Windhoek.
Dass der Bronzekrieger so lange durchgehalten hat, ist ein kleines Wunder. Schließlich steht
er für einen brutalen Vernichtungskrieg, den die Deutschen in Namibia führten. Der Name des
Landes an Afrikas Südwestflanke stammt von der Namibwüste, die sich an der Küste entlangzieht.
Für diese Wüste nebst dem kargen Land dahinter interessierte sich lange niemand. Erst der Nach­
zügler unter den Kolonialmächten, das Deutsche Kaiserreich, beanspruchte
1884 das Gebiet, das heute der Staat Namibia ist. Die dort lebenden Völ­
ker, vor allem die Herero und Nama, wurden ins Abseits gedrängt. Das
wenige gute Weideland besetzten deutsche Siedler. Als die Herero
und Nama 1904 rebellierten, schickte das Kaiserreich eine Straf­
expedition unter Generalleutnant Lothar von Trotha. Der
Veteran des Boxeraufstands galt selbst in der damaligen
Zeit als „selbstsüchtiger und kaltherziger Mensch“ – so
Namibia
die Einschätzung seines Zeitgenossen Hermann von Wiss­
mann. Rund 80 000 Herero und Nama kostete die Nie­
derschlagung des Aufstands durch die Schutztruppe von
WINDHOEK
Swakopmund
Trothas das Leben.
Unabhängigkeit
erst im Jahre 1990
Lüderitz
Die Deutschen begründeten ein koloniales Apartheidsregime,
das Namibia bis 1990 prägen sollte. Nach dem 1. Weltkrieg verlor das
Kaiserreich seine Kolonie „Deutsch­Südwest­Afrika“. In der Folge verwaltete Südafrika das
an Bodenschätzen reiche Land erst für den Völkerbund, dann für die Vereinten Nationen.
Immer wieder versuchte Südafrikas Buren­Regime, den Anschluss von „South West Africa“
zu erreichen, scheiterte aber an internationalem Widerstand. Die schwarze Bevölkerung begann
sich politisch zu organisieren. Zur wichtigsten Partei wurde die „South West Africa People’s
Organisation“, kurz SWAPO. Diese begann 1966 einen Guerillakrieg gegen Südafrika, der
bis zum Sturz der Apartheid dauerte. Erst 1990 wurde Deutschlands Ex­Kolonie als Namibia
unabhängig. Bis zur Gründung des Südsudan 2011 war Namibia die jüngste Nation Afrikas.
Heute leben dort rund 2,3 Millionen Menschen.
SWAPO immer
noch stärkste Partei
Formal ist das Land eine Demokratie, aber die SWAPO ist seit der Unabhängigkeit die domi­
nante politische Kraft. Auch der jetzige Präsident, Hage Geingob, gehört noch zur Riege der
alten SWAPO­Kader.
Im Westen wird Namibia als stabiler Partner im fragilen Afrika geschätzt. Umstürze und Revol­
ten: Fehlanzeige. Bis jetzt sitzt die SWAPO fest im Sattel. Gründe dafür: Die Oppositionspar­
teien sind konzeptionslos und die SWAPO kann als einzige Massenpartei in allen Volksgruppen
mobilisieren. Zudem gibt es eine innerparteiliche Pluralität, die den einzelnen SWAPO­Fraktio­
nen den Zugang zur Macht ermöglicht. Seit der Unabhängigkeit wechselten sich drei Präsidenten
der Partei ab, ohne die Macht für sich zu vereinnahmen. Nicht der Normalfall auf dem Kontinent.
„Deutschland ist kein herausragender
Fixpunkt für Namibia.“
Henning Melber, Professor für Politikwissenschaften an der
Universität Pretoria in Namibia, ist selbst „Deutschnamibier“.
Er kennt das Land wie seine Westentasche.
Herr Melber, welche Rolle spielt die deutschsprachige
Minderheit in Namibia?
Von den sogenannten „Deutschnamibiern“ gibt es
geschätzt noch rund 20 000, was gerade mal ein Prozent der Bevölkerung ausmacht. In der Politik spielen
sie keine Rolle mehr, aber in der Wirtschaft. Dort prägen sie den klassischen Mittelstand. Einige betreib e n Farmen. Ansonsten sind Rechtsangelegenheiten, das Handwerk, Gastronomie
und Handel typische Berufsfelder unter
deutschstämmigen Namibiern.
Wie wichtig ist Deutschland noch für
­Namibia?
In der Entwicklungshilfe ist die Bundesrepublik Deutschland der wohl wichtigste
Partner. Aber Deutschland ist kein herausragender Fixpunkt für die ehemalige Kolonie. Südafrika ist die Regionalmacht, an der
sich Namibia vor allem orientiert. Daneben
gibt es in den letzten Jahren eine zunehmende „Go East“
Tendenz. Namibia baut seine Wirtschaftsbeziehungen zu
China aus und pflegt auch gute Kontakte zu Nordkorea. Ein
nordkoreanisches Unternehmen hat sogar den neuen Sitz der
namibischen Regierung in Windhoek gebaut.
Was ist die größte Herausforderung für Namibia mit Blick
in die Zukunft?
Die Wirtschaft muss dem Klimawandel angepasst und
nachhaltiger werden. Hier sehe ich noch keine erfolgversprechenden Strategien. Die Dürreperioden nehmen zu.
Ertragreiche Landwirtschaft, in der noch fast die Hälfte der
Namibier arbeitet, ist immer weniger möglich. Zudem muss
Namibia in Produkte investieren, deren Wertschöpfung nachhaltig für das Land ist. Südafrika mit seinem weltweit erfolgreichen Rooibostee wäre ein Beispiel. Bis jetzt dominiert
eine Wirtschaftspolitik über Konzessionsvergabe an ausländische Konzerne.
Die Fragen stellte Björn Müller
Foto: dpa/pa (3)
von Björn Müller
10
aktuell
SPORT
Erfolg ab seits des Rampenlichts
spielen Mannschaften, die nur
aus Vollprofis bestehen.“
Stamm spricht ein Problem an,
das ihm sehr am Herzen liegt.
In Deutschland ist Wasserball
eine Randsportart. Tonangebend in dem Sport
sind Ungarn, Italien
und diverse Länder,
die aus dem ehemaligen Jugoslawien
­hervorgegangen sind.
„Dort ist das eine ganz
andere Hausnummer –
eine Art Volkssport. Hier
kann es passieren, dass in
der Bundesliga zehn Zuschauer
in der Halle sind“, beklagt
Stamm. Der Athlet nennt dafür
zwei Gründe: Zum Einen
sei die Jugendar-
Zudem sei die Trainerausbildung in Südosteuropa wissenschaftlicher.
Für Stamm selbst ging es sportlich steil nach oben:
Mit gerade einmal 16 Jahren
spielte er
das erste
Mal in der
Bundesliga. Ein
Jahr später
­
berief ihn
sein Vater –
damals Bundestrainer – in die Nationalmannschaft. „Das hat es nicht
unbedingt einfacher gemacht“,
sagt er. Man wurde teilweise
komisch
ange-
guckt.
Viele waren
der Meinung, ich hätte das nur
wegen meiner Familie geschafft.“
Erfolg rufe eben immer auch
­Neider hervor.
beit in diesen Ländern
viel besser aufgestellt. „Während
hier pro Jugendgruppe zehn junge
Sportler im Becken schwimmen,
sind es dort 100“, sagt Stamm.
Doch der Sportsoldat biss sich
mit Leistung durch. Inzwischen
stehen zehn Deutsche Meistertitel und 210 Länderspiele auf seinem Konto. „Die Anfangszeit
hat mich geformt und zu dem
gemacht, was ich heute bin“,
sagt Stamm, der seit 2007 bei
der Bundeswehr ist.
Ein Saisonziel bleibt
noch übrig
Mit seinem Spandauer Verein
ist Stamm Mitte Februar aus der
Champions League ausgeschieden. Die Meisterschaft scheint
so gut wie sicher. Bleibt noch
ein Ziel in dieser Saison für den
Sportsoldaten: Olympia in Rio.
Für Stamm wären es nicht die ersten Spiele. Bereits 2008 in Peking
war er dabei, als die deutsche
Mannschaft Zehnter wurde. „Ich
kenne das Gefühl. Das nochmal
zu erleben, wäre schon geil. Vor
vier Jahren in London hat es ja
nicht gereicht“, sagt Stamm.
Die erste Chance zur Qualifikation haben die Wasserballer
jedoch vergeben. Bei der Europameisterschaft in Belgrad Ende
Januar landete die Nationalmannschaft auf einem enttäuschenden elften Platz. Aber noch ist
Rio nicht abgehakt. „Anfang
April steigt das letzte Qualifikationsturnier in Italien“, weiß
Stamm. „Die ersten Vier sind bei
Olympia dabei. Da geht es dann
um alles.“
Foto: Bienert/RedBw (5)
Deutschen Wasserballs. Er führte die
Wasserfreunde ab
1979 zu 14 Deutschen Meistertiteln in Folge.
Dazu kamen
zwei EuroWasserballer und Sportsoldat
pameistertitel und eine
Marko Stamm führt die
WM-BronzeWasserfreunde Spandau
medaille mit
von Titel zu Titel.
der Nationalmannschaft.
Heute ist er
Präsident des
Vereins Wasserfreunde Spandau
04. „Da sind die
Fußstapfen ziemlich
groß“, konstatiert Marko.
„Meine Eltern wollten mir
zuerst den Druck ersparen,
auch so erfolgreich sein
zu müssen. Aber irgendvon Stefan Rentzsch
wann haben sie sich
damit abgefunden, dass
Berlin. Wer im deutschen Was- ich Wasserball spiele.“
serball etwas gewinnen will, Die Spandauer besitzen
muss bei den Wasserfreunden quasi ein Abo auf die DeutSpandau spielen. Der Berliner sche Meisterschaft. Seit 1979
Verein ist die Topadresse in der gewann der Verein 34 von 37
Bundesliga. Einer der besten Titeln. Auch in dieSpandauer ist Stabsunteroffi- ser Saison sieht es
zier (FA) Marko Stamm. Er ist gut aus. Alle
Kapitän der Mannschaft.
zwölf Spiele
k o n n Der Apfel fällt nicht weit ten die
Wasservom Stamm
freunde
Der 27-Jährige Sportsoldat spielt b i s h e r
bereits seit der C-Jugend bei den gewinWasserfreunden. „Ich habe schon n e n .
bei meiner Geburt bei dem Ver- D a s
ein unterschrieben“, scherzt er. l e t z t e
Und das, obwohl seine Eltern Match am
zunächst genau dies verhindern v e r g a n g e wollten. „Bis ins Alter von 13 Jah- nen Dienstag
ren habe ich quasi jede Sportart gegen die White
ausprobiert – Fußball, Tennis, Sharks Hannover
Judo, Hockey, Schwimmen. Nur endete 14:6. „Die Konkurrenz
vom Wasserball wollten meine in der Bundesliga ist nicht wirkEltern mich fernhalten“.
lich groß“, sagt Stamm. „Wir
Der Grund: Sein Vater Hagen freuen uns deswegen immer auf
Stamm ist eine Legende des die Champions League. Dort
29. Februar 2016
Treffer: Marko Stamm im Spiel gegen die Mannschaft von ZF Eger .
Noch lange nicht genug
Winterberg. ­Hauptfeldwebel
Tatjana Hüfner ist eine der erfolgreichsten Rodlerinnen überhaupt.
Einmal Olympia-Gold und sechs
Weltmeistertitel gehören zu
ihrer Trophäensammlung. Von
2008 bis 2012 gewann sie fünf
Gesamtweltcups in Folge. Das
hat bisher keine andere Rodlerin
geschafft.
Doch in der Folge reichte es
nur noch für zweite und dritte
Plätze. Ihre Dauerrivalin Natalie
Geisenberger verdrängte sie mehr
Foto: dpa(pa
Rodlerin Hauptfeldwebel Tatjana Hüfner läuft im Alter von 32 Jahren zur Hochform auf – und will weitermachen.
Rasant: Sportsoldatin Tatjana
Hüfner auf der Bahn in Insbruck.
und mehr vom Rodelthron. Und
im vergangenen Sommer stoppte
sie zudem ein Achillessehnenriss.
Doch Hüfner ist eine Kämpferin. Dem Motto „Hinfallen ist
OK – nur Liegenbleiben nicht“
folgend, wurde sie rechtzeitig
wieder fit und rodelte im Alter
von 32 Jahren die erfolgreichste
Saison seit 2012. Diesmal reichte
es zwar wieder nur für den dritten Rang hinter Geisenberger
und der Russin Tatjana Iwanowa.
Doch ihre drei Weltcupsiege in
Oberhof, Altenberg und Winterberg zeigen, dass die Formkurve
wieder deutlich nach oben geht.
„Was für eine Saison. Ich bin
überglücklich. Vielen Dank an
alle, die mich so großartig dabei
unterstützt haben, mich wieder
ran zu kämpfen“, fasste Hüfner
ihre Gefühle nach dem Saisonfinale in Winterberg zusammen.
In Altenberg sicherte sich die
gebürtige Neuruppinerin zudem
erstmals die Europameisterschaft. „Europameisterin war ich
noch nie, der Titel kommt also
in der Sammlung dazu“, freute
sich Hüfner.
Die drei Siege im Jahr 2016
scheinen der Berufssoldatin Lust
auf eine weitere Saison gemacht
zu haben: „Ich lasse mich nach
meiner Verletzung jetzt medizinisch durchchecken. Aber es
sieht so aus, als könnte ich meine
Karriere noch fortsetzen“, sagt
Hüfner. Vielleicht kann sie ja
im nächsten Jahr ein Stück vom
Thron zurückerobern.
(sr)
29. Februar 2016
SOZIALES / PERSONAL
aktuell
11
bei uns Gleichgültigkeit.“ Die
Wirtschaftsjunioren entschieden, etwas gegen dieses Desinteresse zu unternehmen. Sie als
Bürger wollten – unabhängig von
Politik und Staat – ein Zeichen
setzen, um ihre Verbundenheit
mit den Soldaten fern der Heimat zu signalisieren. So stellten
sie das erste Willkommensplakat
als Dankeschön für die heimkehrenden Soldaten und Information
für die Chamer Bevölkerung auf.
Die Aktion „Brückenschlag“ war
geboren.
Er hätte nie gedacht, dass die
Plakataktion so gut ankommt,
staunt Stangl noch heute über
die überwältigende Resonanz,
die das erste Begrüßungsschild
auslöste. „Die Soldaten wussten
nichts von der Aktion und waren
entsprechend überrascht, als sie
sich selbst riesengroß auf einem
Plakat sahen. Viele haben mir
erzählt, sie hätten beim Anblick
Gänsehaut bekommen.“ Mittlerweile stellen die Wirtschaftsjunioren nach jedem Auslandseinsatz ein neues „Dankeschön“
auf und unterstützen die Soldaten und ihre Familien auch
auf andere Weise. Sie schicken
Alltagsgegenstände an ferne
Einsatzorte, schreiben Grußbotschaften aus der Heimat und
organisieren Vorträge in Schulen zum Thema Auslandseinsatz. Dass sie nun dafür den Preis
erhalten haben, freut Stangl sehr.
Insbesondere, weil sie von der
Truppe für diesen Preis vorgeschlagen wurden: „Der Preis ist
ein Zeichen zurück an uns. Das
motiviert zum Weitermachen.“
Eine Motivation
zum Weitermachen
Die „Wirtschaftsjunioren Cham“ erhalten den Preis der Bundeswehr
für ihre langjährige Unterstützung von Soldaten im Einsatz.
von Stefanie Hutschenreuter
Ortsmarke. Bei offiziellen
Anlässen trägt Dr. Andreas
Stangl stets eine gelbe Schleife
am Revers. Ab und zu sprechen
ihn Fremde darauf an und fragen, wozu der Anstecker denn
gut sei. Seine Antwort: „Die
gelbe Schleife ist ein Symbol
für meine Solidarität mit den
Menschen, die in fernen Ländern ihr Leben für unsere
Sicherheit riskieren.“ Denn
seit Jahren setzt sich der
Anwalt für Bau- und Mietrecht in seiner Freizeit
für die Belange von Bundeswehrsoldaten im Auslandseinsatz ein.
2009 rief er das Projekt „Brückenschlag“ der „Wirtschaftsjunioren
Cham“ ins Leben, das immer wieder aufs Neue Brücken zwischen
der Bevölkerung und den in der
Region Cham stationierten Soldaten baut. Für dieses außergewöhnliche Engagement erhielten
die Chamer Wirtschaftsjunioren und Projektleiter Andreas
Stangl nun
die Auszeichn u n g
„Bundeswehr und
Gesellschaft“.
Foto: Schmidt/RedBw (oben),
Damit sind sie die ersten Träger
des Preises, der mit 2500 Euro
dotiert ist.
Die erste Begegnung:
Wie alles begann
Den Anstoß, „etwas tun zu
müssen“, gab ein Gespräch
Stangls mit einem Feldjäger
aus Roding, der sich darüber
beklagte, wie wenig die Bevölkerung über die Auslandseinsätze der Soldaten informiert
sei. Stangl lud ihn kurzerhand
zu einem Vortrag über seine Afghanistan-Einsätze bei den „Wirtschaftsjunioren Cham“ ein. Die
Initiative vernetzt junge Unternehmer und Führungskräfte im
Landkreis Cham (Bayern). Ein
Satz des Soldaten blieb Stangl
und den anderen Zuhörern dabei
besonders in Erinnerung:
„Während die Soldaten aus
anderen Nationen am
Einsatzort von wildfremden Personen
Briefe und Pakete
erhalten, herrscht
Die Aktion wird
zum Projekt
Stangls Triebfeder sind seine
Erfahrungen als Wehrdienstleistender zu Zeiten des Golfkriegs.
Damals erlebte er Anfeindungen
aus der Öffentlichkeit, obwohl
er nur seinen Dienst tat. Er empfand das als „falsche Welt“: „Ich
kann also gut nachvollziehen,
wie man sich fühlt, wenn man
keine Anerkennung von anderen
erhält.“
Einsatz in den eigenen vier Wänden
Oberleutnant zur See Daniel Schreiter im fliegenden Wechsel zwischen Dienst und Familie.
Cuxhaven. Einmal im Jahr
durchlaufen Soldaten die Sanitätsausbildung, werden darauf
vorbereitet, im Fall der Fälle zu
handeln. Dass ihm das ausgerechnet bei der Geburt seines vierten
Kindes zugute kommen würde,
damit hätte Oberleutnant zur See
Daniel Schreiter allerdings nicht
gerechnet.
An einem Tag im Dezember 2015 muss alles ganz
Foto: privat
schnell gehen. Seine Ehefrau
ist schwanger, bekommt plötzlich unerwartet heftige Wehen.
Der Familienvater ruft die Hebamme an. Während der Rettungswagen noch auf dem Weg
ist, erklärt sie ihm am Telefon,
was zu tun ist. 13 Minuten später ist der kleine Edgar auf der
Welt. „Meine Frau und ich
mussten die Geburt bis zum
Eintreffen der Rettungskräfte
allein bewerkstelligen“, sagt
Schreiter. Über den Einsatz der
Hebamme sei die Familie sehr
dankbar. „Auch für sie war die
Situation neu, und sie hat sehr
besonnen reagiert.“
Die Verbindung zur Technik und zur Luftfahrt
war ihm schon
früh gegeben
und so leistet
der 35-Jährige ­seinen
Dienst im
Marinefliegergeschwader 3
„Graf Zeppelin“. Als
Technischer
Offizier
kümmert er sich um den Klarstand der Luftfahrzeuge.
Künftig wird Schreiter mit
wenigen anderen Kameraden
ein Kompetenzteam bilden, das
den neuen Marinehubschrauber NH 90 in die entsprechenden Teilstreitkräfte einführen
wird. „Als Teil dieses Teams,
vorausgesetzt ich bestehe alle
Prüfungen, werde ich der erste
Systemprüfoffizier der Marine
für den NH 90 im Bereich
Avionik sein“, sagt der gebürtige Bonner. Seine Aufgabe wäre
also, die Hubschrauber nach
Instandhaltung für den Flugbetrieb wieder freizugeben.
Als Ausgleich zum Dienst
treibt der Oberleutnant zur
See viel Sport. Radfahren und
Schwimmen sind seine Stärken – 2011 gewinnt er sogar die
Marineschwimmmeisterschaften über 200 und 400 Meter im
Freistil. „Den Kopf bekomme
ich nur beim Schwimmen frei“,
sagt Schreiter.
Doch am wichtigsten ist ihm
die Zeit mit seinen Liebsten.
Und mit dem jüngsten Familienmitglied bleibt es daheim auch
ziemlich aufregend.
(sab)
Welche natürliche Gabe möchten Sie besitzen?
Ich würde wie ein Pinguin mühelos durchs Wasser flitzen können.
Was ist Ihr höchstes Gut?
Körperliche und seelische Unversehrtheit meiner Familie.
Was treibt Sie an?
Meine Familie und der ungebrochene Glaube an das Gute und die
Gerechtigkeit.
Was können Sie überhaupt nicht leiden?
Unehrlichkeit und Neid.
Welches Lied singen oder hören Sie gern?
Ich singe nur Kinder- und Gutenachtlieder – meine Kinder nehmen
mir die schiefen Töne nicht übel.
Was ist ihr Hauptcharakterzug?
Dickköpfigkeit!
Wozu können Sie nicht „Nein“ Sagen?
Wenn mich jemand fragt: Kannst Du mir helfen?
Wer sind Ihre Helden in der Wirklichkeit?
Ich bewundere alle, die ihren Partner auch in langen schwierigen
Zeiten treu begleiten.
Was ist Ihre Lieblingstugend?
Pünktlichkeit.
Wie lautet ihr Lebensmotto?
Die Zehn Gebote kommen dem nahe, woran ich mich halten will.
12
aktuell
VERMISCHTES
29. Februar 2016
Im Burger ist
der Wurm drin
Insekten gelten als gesunde und effiziente Nahrungsquelle,
die zudem auch gut schmeckt. Weg frei für Gliederfüßer?
Was dem Asiaten der Schweine­
braten, ist dem Deutschen die ge­
röstete Tarantel. Ein Schmankerl,
das in der eigenen Welt fremd
ist. Doch Geschmäcker ändern
sich, Insekten gelten mittlerweile
auch in westlichen Gegenden als
genießbar. Rechtlich ist der Weg
nun frei zum Verzehr: Mit dem
Jahreswechsel ist eine entsprech­
ende EU­Verordnung geändert
und die Einfuhr von exotischen
Nahrungsmitteln erleichtert
worden. Sofern solche Zutaten
in anderen Ländern nachweis­
lich mindestens 25 Jahre keine
gesundheitlichen Schäden nach
sich gezogen haben, werden
sie automatisch zugelassen. In
Europa könnten somit Insekten
und Insektenerzeugnisse schon
bald auf dem Teller landen.
Bisher war ihr Verkauf einge­
schränkt, da ihre Verträglichkeit
noch nicht ausreichend getestet
worden war.
Eine Einschätzung der Ernäh­
rungs­ und Landwirtschaftsor­
ganisation der Vereinten Nati­
onen klingt, als seien Insekten
016
08/2
das neue Superfood: Die Tier­
chen sind reich an Proteinen und
gesunden Fetten, haben hohe
Kalzium­, Eisen­ und Zinkwerte.
Im Vergleich zu anderen Nutztie­
ren mit ähnlichem Proteingehalt
punktet die Insektenzucht durch
Effizienz, da nur ein Bruchteil an
Land und Futter verwendet wer­
den muss.
Bis zu 80 Prozent
Eiweißgehalt
Der Eiweiß­, Fett­ oder Vita­
minanteil variiert je nach Art und
Entwicklungsphase der Insekten.
Zu den Top­Lieferanten zählen
Heuschrecken und Grillen mit
einem Eiweißgehalt von fast 80
Prozent in der Trockenmasse.
„Definitiv ein Nahrungsmittel
der Zukunft“, sagt Stabsfeldwe­
bel Thomas Reit, Diabetesbera­
ter am Bundeswehrkrankenhaus
Westerstede.
­
Wissenschaftler
haben mittlerweile um die 2000
essbare Insektenarten ermittelt,
sie sind das täglich Brot von Mil­
lionen Menschen in Südostasien,
Lateinamerika und Afrika. Vor
dem Hintergrund der Überbevöl­
kerung und der Suche nach neuen
Nahrungsquellen könnten Krab­
beltiere die Zukunft sein. Insek­
tenliebhaber schätzen den leicht
nussigen Geschmack und die viel­
fältigen ­ süßen, wie salzigen ­
Zubereitungsmöglichkeiten.
Grillenmehl-Chips
aus den USA
In einigen Ländern wird schon
seit ein paar Jahren nicht nur mit­
hilfe nationaler Verordnungen,
sondern auch mit Kreativität ver­
sucht, das Insekt an den Mann zu
bringen. Seit 2014 kann man sich
in den USA sogenannte „Chirps“,
Chips aus Grillenmehl, liefern
lassen. Wer sich für die nächste
Party mit proteinhaltigen Snacks
eindecken will, kann das bei einer
Foto: Imago (2)
von Antje Laenen
Proteinreicher Snack: Heuschrecke im Schokomantel
niederländischen Supermarkt­
kette tun: Mehlwürmer, Buffalo­
würmer und Wachsmottenlarven,
verarbeitet zu „buggy balls“und
„buggy burgers“. Oder Lust auf
Burger? In Belgien bieten Res­
taurants Insektenburger an. Hier­
zulande will ein Osnabrücker
Start­Up den „Bux­Burger“, her­
gestellt aus gemahlener Larve des
Getreideschimmelkäfers, europa­
weit salonfähig machen.
Wer bei dem bloßen Gedan­
ken an Gliederfüßer auf dem Tel­
ler den Würgereiz unterdrücken
muss, sei erinnert, dass in
Deutschland im 19. Jahrhundert
Maikäfersuppe auch kein Stirn­
runzeln hervorgerufen hat. Es
muss ja nicht gleich eine glasierte
Spinne sein, geröstete Mehlwür­
mer schmecken wie Reis und
kosten nicht ganz so viel Über­
windung.
SUDOKU
Vi
el G
Senden Sie die vier Lösungszahlen,
lück
die sich aus den farbigen Feldern
!
ergeben, per E-Mail mit dem Betreff
“Sudoku 08/2016” und Ihrer Postanschrift an:
[email protected]
Einsendeschluss:
Sonntag dieser Woche
Zu gewinnen:
APC Mobile Power Bank 10 000 mAh
Dieser externe Zusatzakku für Smartphones und
Tablet-PC´s bietet bis zu vier Ladevorgänge für unterwegs.
Lösung 06/2016: 3 5 8 7
Gewonnen hat: Andreas Buch
Spielregeln: Füllen Sie das Raster mit den Zahlen von 1 bis 9. In jeder Zeile und jeder Spalte darf jede Zahl nur einmal vorkommen.
Zudem kommt auch in jedem 3 x 3 Feld jede Zahl nur einmal vor. Doppelungen sind nicht erlaubt.
Aus allen richtigen Einsendungen wird der Gewinner ausgelost. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen.