Helicopter fliegen Die Technik - FS

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Helicopter fliegen Die Technik - FS
Funktion
Starrer Rotorkopf einer Bo 105
Die rotierenden Rotorblätter erzeugen durch die anströmende Luft einen dynamischen
Auftrieb. Wie bei den starren Tragflächen eines Flugzeugs ist dieser abhängig von ihrem
Profil, dem Anstellwinkel und der Anströmgeschwindigkeit der Luft. Beim schwebenden
Hubschrauber entspricht die Anströmgeschwindigkeit der Umlaufgeschwindigkeit. Wenn ein
Hubschrauber sich vorwärts bewegt, ändert sich die Anströmgeschwindigkeit, da sich
Umlauf- und Fluggeschwindigkeit des nach vorne bewegten Blattes addieren. Beim
zurücklaufenden Blatt subtrahieren sie sich, siehe auch Skizze unter Flugleistungen.
Durch die Aerodynamik der Rotorblätter entstehen beim Flug asymmetrische Kräfte auf die
jeweils nach vorne und nach hinten bewegten Blätter, die bei älteren Modellen durch Schlagund Schwenkgelenke an der Befestigung, dem Rotorkopf, aufgefangen werden mussten.
Neuere Konstruktionen kommen ohne diese Gelenke aus. Rotorkopf und -blätter bestehen bei
diesen neueren Modellen aus Materialien, welche die in Größe und Richtung sich ständig
ändernden dynamischen Kräfte bewältigen können, ohne dass die Bauteile hierdurch Schaden
nehmen. Ein solcher gelenkloser Rotorkopf wurde erstmals bei der Bo 105 durch Blätter aus
GFK und einen massiven Rotorkopf aus Titan realisiert. Beim EC 135 wurde dieser zum
lagerlosen Rotorkopf weiter entwickelt, der sich bei den meisten Modellen durchgesetzt hat.
Änderung der Flugrichtung
Die zyklische Blattverstellung dient der Steuerung der zweidimensionalen
Horizontalbewegung des Hubschraubers durch Neigung der Hauptrotorebene, das heißt zum
Einleiten oder Beenden von Vorwärts-, Rückwärts- oder Seitwärtsflug. Hierbei werden die
Einstellwinkel der Blätter während des Umlaufs des Rotors (zyklisch) verändert. Zum
Vorwärtsflug werden sie so geändert, dass sich die Rotorebene nach vorne neigt, der
Luftstrom erhält eine nach hinten gerichtete Komponente und erzeugt so eine den
Hubschrauber nach vorne treibende Kraft oder Schub. Die zyklische oder rotationsperiodische
Blattverstellung ist für jeden Hubschrauber mit feststehendem Rotor für den Schwebeflug
unerlässlich.
Mit der kollektiven Blattverstellung oder Pitch verändert der Pilot den Anstellwinkel aller
Rotorblätter gleichmäßig, was zum Steigen oder Sinken des Hubschraubers führt. Einfache
Konstruktionen, etwa bei verschiedenen Elektroantrieben im Modellbau, ersetzen diese
Steuerung durch eine Drehzahländerung. Nachteilig ist dabei die längere Reaktionszeit durch
die Massenträgheit des Hauptrotors.
Die Ansteuerung der Rotorblätter erfolgt meist durch eine Taumelscheibe, deren unterer,
feststehender Teil vom Piloten mit Hilfe des „kollektiven“ Verstellhebels nach oben oder
unten verschoben wird. Mit dem „zyklischen“ Steuerknüppel kann dieser wiederum in jede
Richtung geneigt werden. Der obere, sich mit dem Rotor drehende Teil der Taumelscheibe
überträgt über Stoßstangen und Hebel an den Blattwurzeln den gewünschten Einstellwinkel
auf die Rotorblätter.
Rotorvarianten und Giermomentausgleich
Ummantelter Heckrotor oder Fenestron an einem EC 120
Koaxialhubschrauber KA-27 der russischen Marine.
Man unterscheidet Einrotorsysteme, Doppelrotoren und vier Rotoren (Quadrocopter). Mit
Ausnahme des Blattspitzenantriebs wird der Rotor stets durch einen Antrieb im Rumpf in
Drehung versetzt. Somit entsteht beim gebräuchlichsten Einrotorsystem an der Rotorachse ein
Drehmoment (Giermoment), das eine entgegengesetzte Drehung des Rumpfes bewirkt. Um
dies zu vermeiden, gibt es mehrere Möglichkeiten:
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Erzeugung eines seitlichen Gegenschubs entweder durch einen Heckrotor, auch
gekapselt als Mantelpropeller beim Fenestron oder durch Schubdüsen beim NOTAR
System.
Zwei gegenläufige Hauptrotoren, deren Giermomente sich ausgleichen – durch
Anordnung übereinander auf derselben Achse (Koaxialrotor), hintereinander
(Tandem-Konfiguration) oder nebeneinander (transversal). Eine weitere Variante sind
die ineinander greifenden Rotoren mit nahe zusammen liegenden, zueinander schräg
gestellten Drehachsen beim Flettner-Doppelrotor. Beim Sikorsky X2 ermöglicht diese
Bauweise auch höhere Geschwindigkeiten – in Kombination mit einem
Schubpropeller, der erstmals 1946 beim Fairey Gyrodyne genutzt worden war.
Der Quadrocopter verwendet vier Rotoren in einer Ebene und erlaubt allein durch
Verstellung von Pitch oder Drehzahl eine Steuerung um alle drei Achsen. Auf Basis
dieser Technologie werden auch Muster mit 6, 8 und 12 Rotoren eingesetzt.
Nur selten (Cierva W.11), in der Planung (Mi-32) oder im Modellbau (Tribelle,
Tricopter) traten Dreifach-Rotoren auf, bei denen das Drehmoment durch leichtes
Kippen der Rotorhochachsen oder auch durch Schwenkbarkeit einer der Rotoren
ausgeglichen wird.
Ein System mit zwei Rotoren ist zwar technisch die effizientere Konstruktion, da alle Rotoren
zum Auf- und Vortrieb genutzt werden; während der Heckrotor im Schwebebetrieb etwa 15%
der Gesamtleistung kostet. In der Praxis hat sich aber weitgehend das Einrotorsystem mit
einem Heckrotor durchgesetzt. Ökonomisch schlagen hier die niedrigeren Bau- und
Wartungskosten bei nur je einem Rotorkopf und Getriebe ins Gewicht, da diese die beiden
aufwändigsten und empfindlichsten Baugruppen eines Hubschraubers sind. Bei zwei Rotoren
sind zudem auch zwei Motoren samt Kopplungsgetriebe notwendig, um die nicht
aussteuerbare Unsymmetrie des Auftriebs bei Ausfall eines der beiden Rotorantriebe zu
verhindern.
K-Max mit gegenläufigem Flettner-Doppelrotor
Heckrotoren gibt es in Ausführungen mit zwei bis fünf Blättern. Um den Lärm zu verringern,
werden teils vierblättrige Rotoren in X-Form eingesetzt. Eine besonders leise Variante ist der
Fenestron, ein ummantelter Propeller im Heckausleger mit bis zu 18 Blättern.
Meist wird der Heckrotor aus dem Hauptgetriebe über Wellen und Umlenkgetriebe
angetrieben, so dass seine Drehzahl stets proportional zu der des Hauptrotors ist. Der Schub
zur Steuerung um die Gierachse wird dann vom Piloten mit den Pedalen über den
Einstellwinkel der Heckrotorblätter geregelt, analog der kollektiven Verstellung des
Hauptrotors.
Während des Reiseflugs wird bei vielen Konstruktionen der Heckrotor dadurch entlastet, dass
ein Seitenleitwerk das Giermoment weitgehend kompensiert. Dies ist meist durch
Endscheiben an der horizontalen Dämpfungsfläche realisiert, die zur Rumpflängsachse schräg
gestellt sind; bei einer einzelnen Seitenflosse in der Regel zusätzlich durch ein
asymmetrisches Profil.
Sollte der Antrieb ausfallen, können Hubschrauber trotzdem noch landen. Dazu muss der
Pilot in einen steilen Sinkflug übergehen, wobei der freilaufende Rotor durch die nun in
umgekehrter Richtung, von unten nach oben, strömende Luft in Drehung gehalten wird – eine
Autorotation wie beim Tragschrauber. Ein Giermomentausgleich ist dabei nicht notwendig;
eine solche Landung ist daher auch beim Ausfall des Heckrotors möglich, zum Beispiel bei
Bruch der Antriebswelle, des Winkelgetriebes oder des ganzen Heckauslegers. Kurz vor dem
Aufsetzen wird nun der kollektive Einstellwinkel vergrößert und damit der Auftrieb erhöht,
um möglichst weich aufzusetzen. Der Verlust der Steuerung um die Hochachse und die
Notwendigkeit, den richtigen Moment genau zu treffen, da die kinetische Energie des Rotors
nur für einen Versuch ausreicht, macht dieses Manöver jedoch stets riskant.
Steuerung
Helikopter-Steuerknüppel
Ein Hubschrauber ist ein nicht eigenstabiles Luftfahrzeug – er hat vor allem im Schwebeflug
und langsamen Flug stets die Tendenz, seine Fluglage zu verlassen und in die eine oder
andere Richtung zu schieben, sich zu neigen oder zu drehen. Dies ist u. a. darin begründet,
dass der Neutralpunkt über dem Rumpf und damit über dem Schwerpunkt liegt. Der Pilot
muss diese Bewegungen durch kontinuierliche, entgegen wirkende Steuereingaben abfangen.
Bei einer Fluggeschwindigkeit oberhalb von ca. 100 km/h verhält sich ein Hubschrauber
ähnlich wie ein Tragflächenflugzeug und ist entsprechend einfach zu steuern.
Anders als im Starrflügel-Flugzeug sitzt der Pilot eines Hubschraubers in der Regel auf der
rechten Seite. Zur Steuerung benötigt er beide Hände und Füße: Mit der linken Hand
kontrolliert er über einen Hebel die kollektive Blattverstellung (engl. Pitch) und damit den
Auftrieb. Um beim Aufstieg den Abfall der Rotordrehzahl zu verhindern, wird auch die
Motorleistung und damit das erzeugte Drehmoment erhöht, entweder manuell, mit einem
Drehgriff an diesem Hebel, oder automatisch. Mit der rechten Hand kontrolliert der Pilot über
den Steuerknüppel die zyklische Blattverstellung, das heißt die Neigung der Taumelscheibe
und damit die Bewegung um Längs- und Querachse.
Am Boden finden sich zwei Pedale, mit denen der Heckrotor und damit die Bewegung um die
Gierachse gesteuert wird, also die Rechts-Links-Drehung.
Flugleistungen
Geschwindigkeitsüberlagerung am vor- und rücklaufenden Blatt
Hubschrauber erreichen prinzipiell nicht die Flugleistungen von Starrflügelflugzeugen:
Die Höchstgeschwindigkeit liegt meist zwischen 200 und 300 km/h, einige
Kampfhubschrauber erreichen über 360 km/h. Der Geschwindigkeits-Rekord liegt bei 400,87
km/h und wurde am 11. August 1986 mit einem Westland Lynx erzielt.
Die Höchstgeschwindigkeit wird dabei durch die Aerodynamik der Rotorblätter begrenzt: Das
jeweils nach vorne laufende Blatt hat gegenüber der von vorn anströmenden Luft eine höhere
Geschwindigkeit als das nach hinten laufende. Nähert sich nun das vorlaufende Blatt im
Außenbereich der Schallgeschwindigkeit, kommt es dort zu Effekten wie Abfall des
Auftriebs, starke Erhöhung des Widerstands und große Blattbeanspruchung durch
Torsionsmomente. Dies äußert sich zum Beispiel in starken Schwingungen und erschwert so
dem Piloten die Kontrolle über den Hubschrauber.
Häufig wird die Geschwindigkeit eines Hubschraubers jedoch durch das rücklaufende
Rotorblatt begrenzt: Hier führt die Kombination aus hohem Anstellwinkel (zyklische
Verstellung, s. o.) und geringer Strömungsgeschwindigkeit zum Strömungsabriss und damit
zum Auftriebsverlust. Viele Hubschrauber kippen daher beim Erreichen der kritischen
Geschwindigkeit zuerst auf die Seite, auf der sich die Rotorblätter nach hinten bewegen,
bevor die nach vorne bewegten Blätter in den Überschallbereich gelangen.
Auch die Gipfelhöhe ist begrenzt und liegt typisch etwa bei 5.000 Metern, wobei einzelne
Modelle bis zu 9.000 Meter erreichen. Der Höhenrekord von 13.716 m (45.000 ft) wurde im
Mai 2005 von Didier Delsalle mit einem darauf optimierten Eurocopter AS 350 aufgestellt.
Der Kraftstoffverbrauch eines Hubschraubers liegt bei gleicher Zuladung auf die Flugstrecke
bezogen meist deutlich über dem eines Tragflächen-Flugzeugs.
Der Vorteil eines Hubschraubers aber liegt in der Fähigkeit, in der Luft stehen zu bleiben
(Schwebeflug, auch Hover genannt), rückwärts oder seitwärts zu fliegen, sowie sich im
langsamen Flug um die Hochachse (Gierachse) zu drehen. Weiterhin kann er senkrecht starten
und landen (VTOL) und benötigt daher keine Start- und Landebahn. Steht kein regulärer
Hubschrauberlandeplatz zur Verfügung, reicht dazu bereits ein ebener und hindernisfreier
Platz von ausreichendem Durchmesser.