Tiefenrausch - handwerk magazin

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Tiefenrausch - handwerk magazin
Winter 14 / 15
Tiefenrausch
s. 16 - 11.000 Meter unter dem Meer: Die neue Rolex „Deepsea Challenge“ taucht mit James
Cameron am tiefsten hinab. s. 8 - Pioniere der Feinmechanik: Die besten Uhrmacher präsentieren
ihre Werke und Werkstätten s. 22 - Worüber man spricht: Wir zeigen die spannendsten Köpfe der
Branche. s. 30 - Die smarte Zukunft: Kolumnist Frank-Michael Müller über eine neue Quarzkrise.
Editorial
Hier sind sie:
die Pioniere der Feinmechanik
Mögen Sie Feinmechanik? Ich schon. Denn es geht
für mich eine seltsame Faszination von diesem Handwerk aus. Es ist nicht nur die absolute Liebe zum Detail,
die man benötigt, um Uhren zu reparieren und Uhren zu
bauen. Es ist nicht nur die Feinmotorik, die man braucht,
um die winzigen Zahnräder, Lager, Federn herzustellen
und zu montieren. Es ist auch nicht nur der Konstruktionswille, immer neue Komplikationen, wie etwa Datumund Mond-Funktionen, Schlagwerke und so weiter, einzubauen. Es ist: das alles zusammengenommen. Anders
formuliert: Es ist die wahnsinnige Leidenschaft, die man
braucht, um das zu tun.
Das war schon im 16. Jahrhundert so, als sich 1540
in Dresden und vier Jahre später in Paris die ersten
Uhrmachervereinigungen gründeten. Damals noch,
verrät uns Wikipedia, vereinigt mit der Innung der
Kleinschmiede. Bis heute entwickeln Pioniere der Feinmechanik ihre Werke weiter, bauen faszinierende Uhren,
entwerfen schrilles Design und erweitern die Grenzen
der Feinmechanik. Die wichtigsten davon stellen wir Ihnen in dieser Ausgabe vor.
Ich wünsche Ihnen eine spannende Lektüre.
Olaf Deininger, Chefredakteur
Magazin.......................................................S. 4
News, Trend & Technik rund um die Uhr
Uhrmacher .................................................S. 8
Ein Blick auf den Werktisch echter
Handwerker
Neue Mechanik ...................................... S. 14
Damenwahl: die schönsten Uhren für Sie
Expedition ............................................... S. 16
Rolex: Zeit für die tiefste Stelle der Erde
Technik raĜ nesse ................................ S. 20
Patek Philippe: Die schöne Komplizierte
Zeitmacher .............................................. S. 22
Diese Menschen prägen unsere Zeit
Dauerläufer ............................................. S. 28
Ein Werk und viele Uhren:
Das Chronographen-Kaliber ETA 7750
Ist die Zukunft smart? ........................ S. 30
Die Apple Watch fasziniert Technik-Freaks
und verunsichert Hersteller
Junge Marken ......................................... S. 32
Die faszinierenden Zeitmaschinen
von MB&F
Termine ................................................... S. 34
Blick auf das Uhrenjahr 2015
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Magazin
AUSZEICHNUNG
Belastung
Preis für besonders guten Lehrherrn: Das Unternehmen
von Marcell Kainz in Würselen – die Uhrenmarke Marcello C –
wurde von der Handwerkskammer Aachen für die erfolgreiche
Ausbildungstätigkeit ausgezeichnet. Mitarbeiter Michael Krahl hatte
beim Leistungswettbewerb des Deutschen Handwerks auf
Kammerebene den 1. Platz im Ausbildungsberuf Uhrmacher
erreicht.
Trends,
TECHNIK
Long Distance Runner
Die Unruhspirale – ein dünner Draht in der Unruh
des Uhrwerks – ist ein winziges Energiepaket. Sie ist dünner
als ein Haar, wiegt nur zweieinhalb Milligramm und ihre Kraft
entspricht lediglich einem Hundertmillionstel PS. Dennoch
legt ein gedachter Punkt auf dem Unruhreif, der von der
Spirale hin und her bewegt wird, täglich 20 Kilometer zurück.
Das summiert sich in fünfeinhalb Jahren auf 40.000
Kilometer – den Erdumfang.
SPORT
Mehr Zeit
für eine Uhr
Die Automatikuhr
„Flieger GMT Worldtime“
von Stowa zeigt zusätzlich
zur lokalen Zeit eine zweite
Zeitzone. Damit man weiß,
ob andernorts Tag oder
Nacht herrscht, erfolgt dies
auf einer 24-Stunden-Skala.
Preis mit Titangehäuse und
Kautschukband: 1750 €
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News
&
Technik
NEWSTICKER
+++
MeisterSingers
neues Werk
Die deutsche Uhrenmarke
MeisterSinger präsentierte
im Herbst das Modell
„Circularis“, in dem ein
neues Uhrwerk Premiere
hat: das Handaufzugskaliber
MSH01, das innerhalb von
drei Jahren vom MeisterSinger-Partner Synergies
Horlogères (SH) entwickelt
wurde.
REKORD
Der „König des Hochseils”
Atemlose Spannung, die Anfang
den Weltrekord für den steilsten
November ganz Chicago innehalten ließ:
Hochseilakt errang. Danach balancierte
Nik Wallenda, Hochseilartist, siebenfa-
er ebenfalls ohne Netz oder Sicherung
cher Weltrekordler und Botschafter der
über 29 Meter mit verbundenen Augen
Uhrenmarke Jeanrichard, wollte zwei
zu einem weiteren Wolkenkratzer – noch
weitere Weltrekorde erringen und
ein Weltrekord, für den er eine Minute
balancierte in einer Höhe von 180
und 17 Sekunden benötigte. Immer
Metern über der Stadt – auf einem
dabei: Die „Terrascope Special Nik
zweieinhalb Zentimeter dicken Stahlseil.
Wallenda Edition“ von Jeanrichard, deren
Das war so steil zwischen Wolkenkrat-
Design von der Hochseilartistik inspiriert
zern gespannt, dass Wallenda mit
ist. Preis mit Edelstahlgehäuse, Automa-
seinem fast siebenminütigen Balanceakt
tikwerk und Kautschuk-Armband: 2950 €.
FINANZEN
Wiederholung
Sie ist und bleibt die teuerste Uhr der
Welt: Die superkomplizierte Taschenuhr
„Henry Graves Supercomplication“,
gefertigt zwischen 1928 und 1933 von Patek
Philippe. Sie bietet 24 Komplikationen und
besteht aus 900 Teilen. 15 Jahre lang hielt
das historische Unikat den absoluten
Preisrekord, nun hat sie sich selbst
überrundet: Im November verkaufte
Sotheby’s in Genf die Taschenuhr für die
Rekordsumme von 21,3 Millionen Dollar.
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384ɋ401
Kilometer
Noch nie war eine Uhr
+++
Präzision kann so
schön sein
Bei Lehmann Präzisionsuhren geht es um Qualität.
Deshalb werden zahlreiche
Komponenten im eigenen
Haus gefertigt – auch die
Zi΍erblätter des Automatikmodells „Intemporal
Fensterdatum“, das
nun in leuchtendem Rot
angeboten wird. Preis mit
Edelstahlgehäuse:
9250 €
weiter von der Erde entfernt:
Die Omega Speedmaster Professional
landete am 21. Juli 1969 am Arm von Neil
Armstrong auf dem Mond.
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Magazin
NEWSTICKER
+++
Nomos – einfach
schön
SPORT
1000 Kilometer durch den Schnee
Das Hundeschlittenrennen Grande Odyssée Savoie Mont-Blanc gilt als das schwierigste
Rennen der Welt. Es führt über 1000 Kilometer und 25.000 Höhenmeter durch Savoyen in Frankreich.
Bei dem Wettkampf im Januar tritt Hublot als oɝzieller Partner und Zeitnehmer auf und erweitert damit
die Riege der Sportarten, für die sich die Luxusmarke engagiert, um ein großartiges Naturerlebnis.
0,4
Gramm
Leichtgewicht
REKORDHALTER
Das kleinste und leichteste Uhrwerk der
Die „Altiplano 38 mm
Welt baute Jaeger-LeCoultre 1929: Es
900P“ von Piaget ist die der-
wiegt 0,4 Gramm, ist 14 mal 4,8 Milli-
zeit ȵachste mechanische Uhr
meter lang und 3,4 Millimeter hoch.
der Welt. Preis mit Weißgoldge-
Prominente Trägerin: die Queen!
häuse und Lederband: 24.800 €
Die Uhr „Metro“ von Nomos
Glashütte hat vom Rat für
Formgebung den German
Design Award verliehen
bekommen. Die Jury über
das Design: „jung und
weltgewandt, elegant und
schnörkellos“.
+++
Neues aus der
Manufaktur
Oɝcine Panerai präsentiert
das neue Kaliber P.4000 mit
einem besonderen Automatikaufzug. Dieser erfolgt
durch einen Mikrorotor, der
nur einen Teil der Werkoberȵäche in Anspruch
nimmt. Zum Einsatz kommt
die Neuheit zum ersten Mal
in der Uhr „Radiomir 1940“.
DESIGN
Die Zeit
anhalten
Mit einem neuen Chronographenwerk zeigt Glashütte Original
die Faszination der mechanischen
Uhrmacherkunst. Das im eigenen
Haus konstruierte und gefertigte
Kaliber tickt im neuen Seventies
Chronograph Panoramadatum.
Dieser ist von den 1970er-Jahren
inspiriert und verbindet ein Edelstahlgehäuse mit grauem Zifferblatt
sowie Edelstahl-, Leder- oder
+++
Reise in die Geschichte der Zeit
Das Germanische Nationalmuseum in Nürnberg
zeigt bis zum 12. April 2015
„Die älteste Taschenuhr
der Welt? Der HenleinUhrenstreit“.
Kautschukband. Preis: ab 12.000 €
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ZEIT FÜR DAS BESONDERE
Den Winter in vollen Zügen genießen: Urlaub in den Hamacher Privathotels
Das Dolomitengolf Hotel & Spa liegt am Fuß der Lienzer
Dolomiten in einem zauberhaften Schnee- und Skiparadies.
Dieser Winter bietet aber noch viel mehr: Entspannung für
Körper und Seele finden die Gäste des exklusiven Hotels im
1.500 Quadratmeter großen Wellness- & Spa-Bereich. Unvergessliche Winterprogramme wie Tanzen und Kochen mit den
Profis sowie Weinseminare runden das Angebot ab.
Pulverschnee, Sonne, blauer Himmel und Abfahrten bis vor das
Defereggental Hotel & Resort. Nach einem erlebnisreichen Tag
auf den breiten und top gepflegten Pisten entspannen die
Gäste im großen Wellness- und Spa-Bereich und werden
mit Beauty-Treatments von Kopf bis Fuß verwöhnt. Ein
feines Gourmet-Menü mit weihnachtlichen Köstlichkeiten ist
die Krönung für einen perfekten Urlaubstag.
WINTERSPASS, WELLNESS & GOURMET:
WEIHNACHTSWOCHE:
(buchbar 03.01 bis 01.03.2015)
7 Nächte inkl. Halbpension, pro Person ein WellnessGutschein über 80 EUR und eine Weinverkostung
(20.12. bis 27.12.2014)
7 Nächte im Doppelzimmer inkl. Halbpension
und festliches Weihnachtsprogramm mit Gala-Dinner
Bei Buchung unter dem Stichwort „handwerk magazin Uhren
2014“ werden Sie auf eine Flasche Champagner eingeladen!
Bei Buchung unter dem Stichwort „handwerk magazin Uhren
2014“ werden Sie auf eine Flasche Champagner eingeladen!
ab 538,– pro Person
Tel.: +43 4852 61122 · www.hotel-dolomitengolf.com
Hamacher Hotel- und Beteiligungs GmbH,
Am Golfplatz 1, A-9906 Lavant
ab 721,– pro Person
Tel.: +43 4879 6644 · www.hotel-defereggental.com
Hamacher Hotel- und Beteiligungs GmbH,
Bruggen 84, A-9962 St. Veit i.D.
Uhrmacher
Augen auf !
Hände am Werk
Hier sind
©Sven Doering /Lang&Heyne
Die Besten ihrer Art: Diese Uhrmacher fertigen und montieren ihre Einzelteile
selbst, bauen Werke und ganze Uhren. Mitunter nur eine pro Jahr.
Ein Blick in ihre Ateliers.
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Lang & Heyne
Marco Lang realisiert alte Uhrmacherträume
D
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ie Nostalgie des alten Handwerks – in der Manufaktur Lang
& Heyne in Dresden ist sie in allen
Räumen zu spüren. Eine Atmosphäre, die auch die Kollektion besitzt:
Uhren von Firmengründer Marco
Lang – selbst Uhrmacher in fünfter Generation – geben sich betont
klassisch im „sächsischen Stil“ des
ausgehenden 19. Jahrhunderts, der
Blütezeit der Taschenuhr. Zu diesem
Eindruck tragen unter anderem echte
Emailzi΍erblätter oder handgefertigte
Goldzeiger bei. Die Schönheit zeigt
sich jedoch nicht nur von vorn: Die
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von Lang erdachten und konstruierten Uhrwerke mit zum Teil ausgefallenen Mechanismen sind fein dekoriert und ȴnissiert. Nicht umsonst
schwärmt der Firmenchef davon,
dass die einzelnen Uhrenteile „in den
Händen unserer Uhrmacher, Mechaniker, Finisseure und Graveure reifen“
und mit Sorgfalt und Liebe veredelt
werden. Gemeinsam mit zehn Mitarbeitern gelingt es dem kreativen
Uhrmacher, knapp 50 Uhren pro Jahr
zu fertigen. Jede einzelne trägt den
Namen eines bedeutenden sächsischen Fürsten. Eine Roségolduhr mit
Handaufzugwerk macht Augustus I.
alle Ehre. Sie bietet die Anzeige eines
Vollkalenders und kombiniert ihn mit
bis zu zwölf individuell beschriftbaren
und programmierbaren Gedenk- oder
Geburtstagen, die zur rechten Zeit
in einem Fenster bei 6 Uhr angezeigt
werden.
Augustus I.
Handaufzuguhr im
Roségoldgehäuse mit
Anzeige von Datum,
Monat und Jahr sowie
persönlichen Gedenkoder Geburtstagen
PREIS: CA. 128.500 EURO
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Uhrmacher
D. Dornblüth & Sohn
Christian Klings
Wenn der Vater mit dem Sohne …
S
b
ein Lieblingsthema sind Tourbillons
– jene Konstruktion, bei der die hinund herschwingende Unruh des Werks
in einem Käȴg montiert ist, der sich
um die eigene Achse dreht. Einst wollte
der großartige Uhrmacher AbrahamLouis Breguet damit die Wirkung der
Schwerkraft auf die Genauigkeit von
Taschenuhren minimieren. Heute gilt
die Komplikation als Königsdisziplin
der feinen Uhrmacherkunst. Christian Klings widmet sich ihr mit ganzer
Hingabe: Pro Jahr fertigt er nur eine
einzige Uhr – wohl deshalb nennt er
sich einen freiberuȵichen Künstler.
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Seine raren Modelle haben es in sich:
Klings konstruiert nicht nur faszinierende Tourbillons, sondern auch
eigene Hemmungssysteme. Etwa zwei
Drittel aller dafür erforderlichen Teile
stellt der 57-Jährige in seinem Atelier
in Chemnitz selbst her. Deshalb bleibt
jede seiner Uhren ein Einzelstück.
Tourbillon Nr. 18
Platinuhr mit guillochiertem Silberzi΍erblatt und
dezentraler Zeitanzeige
sowie geschwungen
geformtem, von Hand gefertigtem Tourbillonkäȴg
PREIS: CA. 112.000 EURO
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N
b
ach alter Väter Sitte – so wird in
der Werkstatt von Dirk Dornblüth
in Kalb/Milde in der Nähe von Magdeburg gearbeitet. Keine computergesteuerten Maschinen, die automatisch
drehen und fräsen. Nein. Ein Großteil
der Uhrenteile entsteht handwerklich
im eigenen Haus. Das hat einen guten
Grund: Bereits Dornblüths Vater Dieter
träumte in den 1950er-Jahren von einem eigenen Uhrwerk und hatte sogar
schon Konstruktionspläne gezeichnet,
die jedoch in Vergessenheit gerieten.
Erst an seinem 60. Geburtstag erinnerte er sich wieder an den alten Traum
Fotos: Hersteller, Bildagentur
Der Künstler und sein liebstes Stück
Ein alter Traum
wird Wirklichkeit – das erste eigene
Uhrwerk
Fotos: Hersteller
Hersteller, Bildagentur
und steckte seinen Sohn – mittlerweile
ebenfalls Uhrmachermeister – damit an.
Gemeinsam begannen sie, eine Kollektion
auf Basis eines bestehenden Taschenuhrenkalibers aufzubauen und das eigene
Werk zu entwickeln, das 2012 vollendet
wurde und seitdem in den klassischen
Modellen von Dornblüth & Sohn tickt.
Auf & Ab
Das Edelstahlmodell mit
eigenem Handaufzugwerk von Dornblüth &
Sohn bietet bei 12 Uhr
eine Gangreserveanzeige.
PREIS: 9900 EURO
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Uhrmacher
Wilhelm Rieber
Der Meister des Besonderen
D
b
Handarbeit – damit die
Philosophie der Uhrmacherkunst
weiterlebt
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ie Uhrenwelt hält Fachbegri΍e
bereit, die Laien erschauern lassen. Was um Himmels willen soll ein
ȵiegendes Tourbillon sein? Also: Das
Tourbillon platziert die Unruh in einem
Käȴg, der sich dreht, um die Wirkung
der Schwerkraft zu kompensieren.
„Fliegend“ wird es genannt, wenn der
Käȴg nur auf einer Seite gelagert ist.
Gleich zwei Besonderheiten also, für
die Wilhelm Rieber als Spezialist gilt.
Denn der Uhrmacher erscha΍t nur mit
seinen Händen meisterliche Tourbillonwerke. „Ich bin der Au΍assung, dass
ein Tourbillon ausschließlich in Hand-
Volker Vyskocil
Alles aus einer Hand
arbeit gefertigt werden muss, damit
die Philosophie der Uhrmacherkunst
weiterlebt“, sagt Rieber dazu und
ringt seinem Lieblingsthema immer
wieder neue Varianten und ungeahnte Details ab. Daher entstehen pro
Jahr in dem Atelier im schwäbischen
Tiefenbronn lediglich zwei Uhren.
Chronometer Tourbillon
Wilhelm Rieber konstruierte das erste ȵiegende
Armbanduhr-Tourbillon
mit Chronometerhemmung mit Feder
PREIS AUF ANFRAGE
www.handwerk-magazin.de
U
b
hrmacher wollte ich schon immer
werden“, sagt Volker Vyskocil. Er
wurde aber Werkzeugmacher, was
sich rückblickend als glückliche Fügung
erwies. Denn über ein Ingenieurstudium und die Arbeit als Konstrukteur von
Maschinen führte der Weg mit ganz
neuem Verständnis wieder hin zur
Technik im Kleinen: Vyskocil begann, in
seinem Atelier in Nettetal am Niederrhein Uhren zu fertigen und macht dabei alles selbst. Der 50-Jährige designt
seine Zeitmesser, baut das Uhrwerk
inklusive Finish und Dekoration und
fertigt sogar die Edelmetallgehäuse,
Zeiger und Zi΍erblätter – alle mit moderner, reduzierter Ausstrahlung. Die
Montage erfolgt ebenfalls unter den
Händen von Volker Vyskocil. So viel
Eigenleistung beim Uhrenbau ist ungewöhnlich und bedarf vor allem eines
– Zeit: Aktuell stellt der Selfmade-Man
weniger als fünf Uhren pro Jahr her.
„V-30/49-01-A“
Das Zi΍erblatt der Uhr
mit Handaufzug wird
bestimmt von einer
dezentralen Sekunde bei
9 Uhr und einer Gangreserveanzeige bei 5 Uhr
PREISE: AB 30.000 EURO
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Neue Mechanik
JUNGHANS: max bill
Handaufzug
Der Schweizer Designer,
Architekt und Künstler Max Bill
wusste um die Kraft der klaren
Formen. Diese lebt in dem
Modell max bill Handaufzug
weiter – einer Uhr mit mechanischem Uhrwerk, das von Hand
aufgezogen wird. Mit Edelstahlgehäuse und Kalbslederband.
Preis: 545 €
UNION GLASHÜTTE: Seris Kleine Sekunde
Der Titel trügt: Die kleine Sekunde der Automatikuhr
gibt sich nicht besonders zurückhaltend, sondern
setzt auf dem strahlenförmig dekorierten Zi΍erblatt
einen deutlichen Akzent. Ton in Ton: das diamantbesetzte Edelstahlgehäuse und das Lederband.
Preis: 3250 €
EBEL: Wave Lady
Wiederauferstehung eines
Designklassikers: Ebel hat das
Erfolgsmodell, das auf die 1970erJahre zurückgeht, verjüngt und
ihm ein elegantes Proȴl gegeben.
In der Kombination von Edelstahl
mit Rotgold kommt das Wellenarmband der Automatikuhr
besonders gut zur Geltung.
Preis: 2500 €
CHOPARD: Happy Sport
Medium Automatic Two Tone
BAUME & MERCIER:
Promesse Automatik
Das neue Traumpaar der Uhrenwelt: Edelstahl und Roségold, kalt
und warm, denn Gegensätze ziehen sich an. Chopard inszeniert
den neuen Trend im Uhrenklassiker Happy Sport mit Automatikwerk und tanzenden Diamanten
auf dem Zi΍erblatt.
Der jüngste Neuzugang in der
Kollektion der Schweizer Marke:
Die feminine Uhr ist in zahlreichen
Varianten erhältlich. Am schönsten
ist sie natürlich mit einem Automatikwerk sowie in der Kombination von Edelstahl mit Perlmuttzifferblatt und Diamantindizes.
Preis: 13.380 €
Preis: 2850 €
Damenwahl
Damit Männer wissen, was Frauen wollen: Ein Blick auf die neuesten Damenuhren –
natürlich mit mechanischen Uhrwerken. Was anderes kommt uns nicht ins Gehäuse!
LONGINES: Dolce Vita
Das süße Leben genießen und eine kleine Schönheit am Arm tragen: Die Automatikuhr wirkt dank
des rechteckigen Gehäuses aus Edelstahl besonders elegant, zumal dieses harmonisch in das
feingliedrige Edelstahlband übergeht. Praktisches
Extra: eine Datumsanzeige.
Preis: 1180 €
PARMIGIANI FLEURIER:
Tonda Metropolitaine
GLASHÜTTE:
Original PanoMatic Luna
Die Marke ist ein echter Geheimtipp: Parmigiani verwendet nur selbst konstruierte, in den
eigenen Ateliers im Schweizer Jura gefertigte
Manufakturwerke. Bei diesem Modell ist es
ein Automatikwerk, kombiniert mit Edelstahl,
Diamanten und einem Perlmuttzi΍erblatt.
Mondsüchtig? Dann weiß man mit dieser Uhr
wenigstens, wie man dran ist. Denn die Edelstahluhr mit einem Automatik-Manufakturwerk
zeigt in einem Fenster bei 1 Uhr die Mondphasen an. Dafür ist die Zeitanzeige aus der Mitte
gerückt. Mit Diamanten und Kautschukband.
Preis: 10.500 €
Preis: 16.500 €
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GESCHAFFT:
Die „Oyster Perpetual Deepsea
Challenge“ von Rolex tickt
unverändert präzise auf dem Meeresboden in rund 10.900 Metern
Tiefe – angebracht am Robotergreifarm von James Camerons U-Boot.
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Expedition
Zeit für die
tiefste Stelle
der Erde
Dunkelstes Schwarz, absolute Stille
und Geheimnisse, die noch lange nicht gelüftet sind: Rolex präsentiert zum Start
des neuen James-Cameron-Films
über seinen Ausȵug in die Tiefsee eine neue Taucheruhr.
W
˅
ie verrückt muss man dafür
eigentlich sein? Sich in eine
enge Blechdose zu zwängen, die dann mehr als zehntausend
Meter tief im Wasser versenkt und erst
nach ein paar Stunden wieder nach
oben geholt wird. Vielleicht ebenso
verrückt, wie es ist, Parallelwelten mit
Terminatoren oder Avataren zu erȴnden. So einer ist James Cameron – Regisseur, Produzent, Drehbuchautor,
Cutter und Oscar-Preisträger. Unter
anderem hat er bei den kommerziell
erfolgreichsten Filmen der Welt – in
„Titanic“ und „Avatar“ – Regie geführt,
hat das Drehbuch für „Terminator“
geschrieben sowie Regie geführt und
scheint ohne Unterlass kreativ zu sein.
Dabei hat er noch eine weitere Seite
– die des Draufgängers. Er fabuliert
nicht nur von Abenteuern, sondern
er erlebt sie selbst. Seit fast 20 Jahren
unternimmt er als Hobbyforscher
Tiefseetauchgänge, was ihn auf eine
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SONDERMODELL
„OYSTER PERPETUAL DEEPSEA CHALLENGE“
Von der Seite erkennt man den
bulligen Gehäuseaufbau sowie das extrem
dicke Uhrglas, welche die hohe
Druckfestigkeit der experimentellen
Rolex-Uhr möglich machen.
waghalsige, wenn nicht gar größenwahnsinnige Idee gebracht hat: An
die tiefste Stelle der Weltmeere zu tauchen, die im Marianengraben im Paziȴschen Ozean liegt.
Mehrere Jahre lang dauerten die geheimen Vorbereitungen, zu denen vor
allem die Entwicklung eines speziellen
Unterseeboots gehörte, bis es schließlich im März 2012 so weit war: James
Cameron startete in das Challengertief
im Marianengraben, das eine Tiefe
von über 10.900 Metern hat. Dort blieb
er etwa drei Stunden lang, sammelte Proben, nahm Messungen vor und
machte die ersten hochauȵösenden
Fotos des fernen Meeresgrunds.
Was er dort erlebt hat, teilt er heute mit aller Welt: Im August lief in
den US-Kinos der Dokumentarȴlm
„Deepsea Challenge 3D“ der National
Geographic Society an, in dem es um
die Faszination Tiefsee sowie um die
Expedition selbst geht. Vor Cameron
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Expedition
KRAFTVOLLER AUFTRITT
Das für James Camerons Expedition entwickelte Sondermodell „Oyster Perpetual
Deepsea Challenge“ war am Robotergreifarm des zwölf Tonnen schweren
U-Boots „Deepsea Challenger“ befestigt.
war es erst zwei Menschen gelungen,
so tief zu tauchen: dem Schweizer Physikprofessor Auguste Piccard und dem
US-Oberleutnant und Meeresforscher
Don Walsh. Sie waren am 23. Januar
1960 mit dem Bathyscaph „Trieste“
zum Marianengraben hinabgetaucht.
Während ihr Tiefsee-U-Boot mit seinem bauchigen Körper recht schwerfällig und altertümlich wirkt, konnte
Cameron mit seiner zwölf Tonnen
schweren, leuchtend grün lackierten
„Deepsea Challenger“ auf modernste Technik zurückgreifen. Nur eine
Gemeinsamkeit verbindet die beiden
Expeditionen: An beiden nahm eine
Uhr von Rolex teil – allerdings nicht
komfortabel im Inneren, sondern an
der Außenhaut des U-Boots beziehungsweise an einem Roboter-Greifarm befestigt. 1960 war es das Modell
„Deep-Sea Special“, 2012 mit James Cameron die „Oyster Perpetual Deepsea
Challenge“ – zwei Uhren, die extra von
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PATENTIERTES RINGLOCK-SYSTEM:
Der spezielle Aufbau
des 44-Millimeter-Edelstahlgehäuses
der neuen Rolex-Taucheruhr „Deepsea
D-Blue Dial Edition“ macht
das Gehäuse besonders druckfest.
Die Uhr ist bis 3900 Meter wasserdicht und
ist zusätzlich mit einem
Heliumventil ausgestattet.
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Rolex für diese Herausforderung entwickelt worden waren.
Beide Male überstanden die Zeitmesser den Ausȵug unbeschadet und
funktionierten auch nach dem Auftauchen perfekt. Dabei stellt nicht die
Wasserdichtheit, sondern der extreme
Druck unter Wasser die größte Herausforderung dar. Immerhin wirken
10.000 Meter unter der Meeresoberȵäche immense Kräfte, da der Wasserdruck pro zehn Metern Tiefe um
eine Atmosphäre beziehungsweise ein
Bar zunimmt; das entspricht der Kraft
eines Kilogramms auf einem Quadratzentimeter. Cameron erlebte das hautnah: Nach dem Auftauchen erzählte
er, dass sich sein Boot in der Tiefe um
mehrere Zentimeter verkürzt habe.
Deshalb musste Rolex bei der Entwicklung der Sondermodelle vor allem
auf ein extrem starkes Gehäuse sowie
ein verstärktes Uhrglas setzen. Beiden
Uhren ist das deutlich anzusehen: Die
Ich fühlte mich, als wäre ich einen
Tag ins All gereist, hätte einen
anderen Planeten besucht und
wäre wieder zurückgekommen.
JAMES CAMERON nach der Expedition an den tiefsten Punkt der Weltmeere
Deep-Sea Special“ von 1960 besitzt ein
kugelig, fast schon skurril wirkendes,
nach außen gewölbtes Glas, während
die experimentelle „Oyster Perpetual
Deepsea Challenge“ mit bulligem Gehäuse und darüber ragendem Uhrglas
eine sportliche, martialische Optik hat.
F
ür Rolex war die Expedition die
Inspiration für eine neue Variante
des Modells „Deepsea“, das zum Filmstart vorgestellt wurde. Blickfang der
neuen „Deepsea D-Blue Dial Edition“
ist ihr Zifferblatt mit einem Farbspiel
von Mitternachtsblau bis Tiefschwarz,
wie es Extremtaucher vom Abtauchen
in die Tiefe kennen. Außerdem trägt
das Zifferblatt den Schriftzug „Deepsea“ in exakt dem Grünton, in dem
sich Camerons Tiefseetauchboot aus
der Unterwasserperspektive zeigt.
In Aufbau und Funktion entspricht
die Neuheit der bereits aus der RolexKollektion bekannten „Deepsea“ – zum
www.handwerk-magazin.de
„ DEEPSEA D-BLUE DIAL EDITION“
Brandneue Variante des Rolex-Modells
„Deepsea“ mit Zi΍erblatt in Blau und
Schwarz. Die Automatikuhr mit Edelstahlgehäuse und -band ist bis 3900 Meter wasserdicht. Preis: 10.000 Euro.
Beispiel mit ihrer Wasserdichtheit bis
3900 Meter. Im Inneren arbeitet das
bewährte Rolex-Automatikkaliber 3135,
das seit 1988 produziert wird und in
zahlreichen Dreizeigeruhren von Rolex zum Einsatz kommt, da es erfolgreich auf Robustheit und Genauigkeit
hin ausgelegt ist. Eingeschalt ist es
in ein 44-Millimeter-Edelstahlgehäuse, das einen speziellen, besonders
druckfesten Aufbau besitzt. Für Taucher wichtig ist die einseitig drehbare
Tauchlünette aus kratzfestem Cerachrom, mit deren Hilfe die Tauchzeit
auf einen Blick abzulesen ist. Hingegen benötigen nur Proȴs, die sich in
großen Tiefen in Taucherglocken aufhalten, das in die Uhr integrierte Heliumventil.
Aber eigentlich muss man mit der
allerneuesten Rolex-Uhr gar nicht tauchen. Die beste Figur macht die Neuheit eigentlich an Land.
Iris Wimmer-Olbort
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Technik raĜ nesse
Schön kompliziert
1366 Einzelteile und 100.000 Arbeitsstunden: Patek Philippe baute mit der
Grandmaster Chime die komplexeste Armbanduhr der Welt.
ür Uhrenkenner war es der Höhepunkt des Jahres: Im Oktober
feierte Patek Philippe das 175-jährige
Jubiläum und stellte zu diesem Anlass
eine Uhr vor, die man sich in seinen
kühnsten Träumen nicht vorstellen
könnte. Nicht einmal die Experten, die
sonst das Gras wachsen hören, hatten
eine Ahnung, was da auf sie zukommt:
Die Armbanduhr Grandmaster Chime mit 20 Komplikationen. Im Mittelpunkt steht dabei die Akustik der
Zeit – darauf verweist schon der Name
Chime, das englische Wort für Glockenschlag. Denn in der Armbanduhr
werden die Stunden und Viertelstun-
GEKONNTE DREHUNG:
Die „Grandmaster Chime“ von Patek Philippe vereint in einem Wendegehäuse 20
Komplikationen.
den geschlagen, wie man es von Standuhren kennt.
Außerdem macht die Uhr die akustische Angabe der aktuellen Zeit möglich – bei Betätigung eines Drückers,
der die sogenannte Minutenrepetition
auslöst. Auf die gleiche Weise erfolgt
die akustische Angabe des Datums,
hinzu kommt noch eine Alarmfunktion, die man zum Beispiel als Wecker
benutzen kann. Falls, ja falls diese Uhr
irgendwann einmal getragen oder benutzt wird. Denn die komplizierten
Zeitmesser von Patek Philippe werden
immer mehr etwas für Museen oder
höchst private Sammlungen: Historische Unikate der Manufaktur brechen
alle Auktionsrekorde und gelten als
die teuersten Uhren der Welt.
A
uch die Armbanduhr Grandmaster Chime hat das Potenzial zu
solchen Superlativen: Sieben Jahre
dauerte die Arbeit an dem außergewöhnlichen Modell, das so viele Funktionen besitzt – unter anderem einen
ewigen Kalender, der Schaltjahre berücksichtigt, eine zweite Zeitzone sowie eine Mondphasenanzeige –, dass
man gleich zwei Zifferblätter benötigt.
Deshalb ist die Uhr mit einem Wendegehäuse ausgestattet, das sich standesgemäß gibt: Es ist aus Rotgold gefertigt
und über und über von Hand graviert.
Insgesamt werden sieben Exemplare
der Grandmaster Chime hergestellt.
Eine verbleibt im Museum von Patek
Philippe, die anderen sechs werden
zu einem Preis von rund 2,3 Millionen
Euro verkauft. Interesse? Sorry – keine
Chance. Die Modelle sind bereits ausverkauft.
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antea
back to bauhaus
Mit dieser Uhr hat der Designer Hartmut Esslinger
seine Vorstellungen eines stilvollen Zeitmessers bis
ins kleinste Detail umgesetzt. Er selbst sagt dazu:
“Es musste eine coole Interpretation sowohl des
originalen Designs von Lange & Söhne (1924),
als auch der Antea von STOWA (1927) sein.
Das generische Edelstahlgehäuse beließ ich
- auf Wunsch - von Hand geschliffen, damit das
edle Material mehr Tiefe und Farbe bekommt.
Das Zifferblatt mit der modernen ”Bauhaus STD”
Type von Ed Benguiat und Victor Caruso schafft mit
seiner sensiblen Ästhetik ein historisches Original.
Die Farben sind eine Hommage an Josef Albers und
Johannes Itten, denn das bauhaus sollte man nicht
nur schwarz oder weiß sehen.“
Hartmut Esslinger ist der Gründer von frogdesign.
Er entwarf sehr erfolgreich für Wega, Sony, Apple,
Disney, Lufthansa, Louis Vuitton und viele andere.
355 / 35.5 mm Durchmesser mit kleiner Sekunde
Handaufzugwerk ETA 7001 in Top Version
365 / 36.5 mm Durchmesser mit großer Sekunde
Automatikwerk ETA 2824-2 in Top Version.
390 / 39.0 mm Durchmesser (im Bild gezeigt)
Automatikwerk ETA 2824-2 in Top Version.
Preis: 950.- bis 1.200.- Euro individualisiert
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Fotos: Hersteller, Bildagentur
Zeitmacher
Der Visionär
Jean-Claude Biver
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Visionäre,
Kenner, Genies,
Enthusiasten, Erneuerer,
Botschafter
Diese Köpfe prägen unsere Zeit
˅
Die Welt der Uhren erstreckt sich vom bodenständigen Handwerk
bis hin zu höchstem Luxus. Das macht Begegnungen mit Menschen, ihren
Erlebnissen und Ideen spannend.
Der Visionär
„House of Chronoswiss“, an dem Besucher in einer Schauwerk-
(Hublot, Zenith und TAG Heuer)
statt Uhrmachern bei der Arbeit zusehen können. Eine gewaltige
Er ist ein Mann der großen Gesten und der lauten Töne.
Veränderung für die 1981 von Gerd-Rüdiger Lang in München
Wenn er spricht, dann ist das polternd, er lacht gerne und dröh-
gegründete Marke, die 2012 von den Ebsteins übernommen
nend. Und er greift durch, scheut sich nicht vor klaren Ansagen.
wurde. Bei der neuen Positionierung agiert das sympathische
Das bekommt derzeit die Uhrenmarke TAG Heuer zu spüren,
Paar mit viel Herzblut und persönlichem Engagement und weiß
für die Biver seit dem Frühjahr 2014 verantwortlich ist. Zuvor
auch in der Kollektion gekonnt neue Akzente zu setzen.
ausschließlich als Präsident von Hublot tätig, machte ihn LVMHPräsident Bernard Arnault im März 2014 zusätzlich zum Chef
Der Kenner
von Zenith und TAG Heuer. Dort änderte Biver im Herbst die
Dr. Helmut Crott, Arzt, Uhrenfachmann und –sammler, Berater,
Marschrichtung: weg von allzu luxuriöser Mechanik, hin zu Tech-
Inhaber Urban Jürgensen & Sønner, ehemaliger Auktionator
nologie und modernen Sportuhren. Das kostete etwa 40 Mitar-
Sein Name ist in Sammlerkreisen legendär: Wenn es um
beiter ihren Job. Wenn Biver spricht, so folgt man ihm. Denn es
wertvolle alte Uhren geht, gilt Dr. Helmut Crott als einer der pro-
gibt keinen, der so erfolgreich agiert wie er: Der heute 65-Jähri-
fundesten Kenner. Dabei gehört die Liebe des Arztes vor allem
ge hat Blancpain groß gemacht und sein Meisterstück ab 2004
Patek Philippe – der Manufaktur, die er während seiner Tätig-
bei Hublot abgeliefert, als er aus einer dahindümpelnden Mar-
keit im eigenen Auktionshaus Dr. Crott in Aachen zu schätzen
ke eine strahlende Erfolgsgeschichte machte. Das soll sich nun
gelernt hatte. 1993 zog sich Crott aus dem Auktionsgeschäft
wiederholen und Jean-Claude Biver, bekennender Workaholic,
zurück, baute als Berater eine Sammlung von Patek-Philippe-
startet pünktlich zum Rentenalter richtig durch.
Uhren auf, organisierte bedeutende Ausstellungen und erfüllte
Der Erneuerer
Fred Merz/Rezo
mitten in ihrer Heimatstadt Luzern ihren neuen Hauptsitz, das
Jean-Claude Biver, Chef der Uhren-Division des Konzerns LVMH
Oliver Ebstein, Inhaber und CEO von Chronoswiss
sich 2010 mit der Übernahme der dänischen Uhrenmarke Urban Jürgensen & Sønner einen Traum. Das Auktionsȴeber lässt
ihn nicht los: Im November erlebte er die Versteigerung der teu-
Chronoswiss trägt das Schweizerische im Namen – doch zur
ersten Uhr der Welt bei Sotheby’s in Genf mit (S. 5)und sagt über
Schweizer Uhrenmarke machen erst Oliver Ebstein und seine
die „Henry Graves Supercomplication“ von Patek Philippe: „Die
Frau Eva Maria das Unternehmen. Im August erö΍neten sie
Uhr hat ihren Preis gemacht und sie ist diesen Preis wert.“
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Zeitmacher
der Erneuerer
Oliver Ebstein
Der Kenner
Dr. Helmut Crott
Der Vordenker
seit Jahrhunderten in Uhrwerken üblich war. Das führte zum
Karl-Friedrich Scheufele, Co-Präsident Chopard
Hochwertige Manufakturwerke für komplizierte Zeitmesser,
die Herstellung von Rohwerken und eine Uhrenlinie, die sich am
Motorsport orientiert: Karl-Friedrich Scheufele widmet sich den
Herrenkollektionen von Chopard mit Geschick und Weitsicht.
Schon 1996 gründet er für die Werkherstellung die Manufacture
Beispiel zur Entwicklung eines Uhrwerks mit Riemenantrieb sowie einer Hemmung, die magnetische Kräfte der Anziehung und
Abstoßung nutzt.
Der Botschafter
Walter Lange, Nachkomme der Lange-Uhrendynastie in Glashütte
Chopard in Fleurier im Schweizer Jura, 2008 erö΍net die Marke
Der 24. Oktober 1994 war für ihn ein großer Tag: In jenem
auf sein Betreiben hin dort ein weiteres Unternehmen: Fleurier
Herbst stellte A. Lange & Söhne in Glashütte die ersten Uhren
Ebauches stellt Werke im industriellen Maßstab her und soll da-
vor, nachdem die Familie 1948 enteignet worden war. Der Wie-
für sorgen, dass in Chopard noch mehr von Chopard tickt. Der
derauferstehung waren vier Jahre harter Arbeit vorangegangen:
Schöngeist, Weinkenner und Oldtimer-Fan engagiert sich darü-
Der Aufbau von Werkstätten und Ateliers, das Anlernen neuer
ber hinaus für das Qualitätszertiȴkat „Qualité Fleurier“, das nun
Mitarbeiter und die Entwicklung von vier neuen Uhren „unter
sein zehnjähriges Jubiläum feiert.
großem Zeitdruck“, wie Walter Lange heute erzählt: „Der ehrgeizige Maßstab dabei war die große Tradition des Unterneh-
Der Ingenieur
mens“. Nun, 20 Jahre später, blickt Walter Lange auf eine gelun-
Guy Sémon, Chefentwickler von TAG Heuer
gene Unternehmung zurück: A. Lange & Söhne hat sich einen
Er sagt bei TAG Heuer, wo es langgeht: Seit zehn Jahren ist Guy
festen Platz in der Haute Horlogerie erobert. Zu diesem Nimbus
Sémon der technisch-kreative Kopf hinter den Innovationen, mit
hat der stets bescheidene Walter Lange beigetragen, der als
denen die für Sportuhren bekannte Marke die Uhrenwelt in den
Botschafter der Manufaktur durch die ganze Welt reiste. Jetzt,
vergangenen Jahren aufgerüttelt hat. Denn der Ingenieur und
mit 90 Jahren, will er kürzer treten. Doch zuvor feierte er das
ehemalige Jet-Pilot hat eine unvergleichliche Entwicklungsabtei-
20-Jährige der ersten Uhr von A. Lange & Söhne – der „Lange 1“
lung aufgebaut, in der Uhrmacher auf Ingenieure verschiedener
– und durfte beim Grand Prix d’Horlogerie de Genève 2014 den
Fachrichtungen tre΍en. Gemeinsam stellen sie alles infrage, was
Sonderpreis der Jury in Empfang nehmen.
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Wahr gewordene
Träume: Haute
Horlogerie aus
der Manufacture
Chopard
Der
Vordenker
Karl-Friedrich Scheufele
Der Botschafter
© Christoph Mukherjee, © Robert Brembeck, Oliver Tjaden/laif, © Berthold Steinhilber/laif
Walter Lange
Der Ingenieur
Guy Sémon
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Zeitmacher
Die Uhren-Lady
Kim-Eva Wempe
Der Aufsteiger
Jean-Frédéric Dufour
Die Uhren-Lady
Kim-Eva Wempe, Geschäftsführerin und persönlich haftende
Gesellschafterin Juwelier Wempe
Wempe weltweit: Das Hamburger Familienunternehmen
setzt seit Jahren auf Expansion, erö΍net neue Niederlassungen
und bietet eigene Schmuck- sowie Uhrenkollektionen. Treibende Kraft ist Kim-Eva Wempe, Cheȴn über weltweit mehr als 700
lialen unter anderem in Paris, New York und Peking. Überall gilt
Der Neue
Aldo Magada
Juwelier Wempe als überaus feine Adresse: Neben den namhaftesten Uhrenmarken bietet man seit 14 Jahren eigene Schmuckkollektionen und seit 2006 eigene Uhren. Für diese baute man
in Glashütte eine eigene Fertigung auf, wo über 5000 Uhren im
Jahr gefertigt werden. Die jüngste wurde im August präsentiert:
der Zeitmeister Chronograph Vollkalender Mondphase.
Der Neue
Aldo Magada, CEO von Zenith
Der eine geht, der andere kommt: Als Nachfolger des zu Rolex wechselnden Jean-Frédéric Dufour installierte Jean-Claude
Biver, Leiter der Uhren-Division der Zenith-Mutter LVMH, den
56-Jährigen, der nach Stationen unter anderem bei der Swatch
Group und bei Breitling als erfahrener Player der Uhrenbranche gilt. Mit dieser Erfahrung tritt er nun bei Zenith an. Er selbst
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©Paul Schirnhofer, gettyimages, © Bea Weinmann, © Johann Sauty
Mitarbeiter, 21 deutsche Niederlassungen und internationale Fi-
Höhepunkt:
eigene
Uhrengeschichte
schreiben
Das
Uhrengenie
Ludwig Oechslin
bezeichnet das Unternehmen als „etwas Besonderes, ein uhr-
eine schwierige Gratwanderung auf ihn: Einerseits braucht das
macherisches Juwel“, das er pȵegen wolle: „Mein Ziel ist es,
Unternehmen frischen Wind, auf der anderen Seite erwartet vor
klassisch zu bleiben, aber weniger traditionell zu sein, ohne die
allem der mächtige Rolex-Verwaltungsrat von Dufour das Be-
überlieferte Uhrmacherkunst aus dem Auge zu verlieren.“ Neu-
wahren des Bestehenden.
es kündigt er schon jetzt an: Man arbeite an neuen Uhrwerken
und begeht 2015 standesgemäß das 150-jährige Jubiläum.
Der Aufsteiger
Jean-Frédéric Dufour, designierter CEO von Rolex
Das Uhrengenie
Ludwig Oechslin, Konstrukteur, Universalgelehrter
und ehemaliger Museumsleiter
Uhrenliebhaber kennen den 62-Jährigen als begnadeten Uhr-
Es war ein Paukenschlag, als im Frühjahr bekannt wurde,
macher und Tüftler, der von 2001 bis 2014 das Uhrenmuseum
dass Jean-Frédéric Dufour (46) die Manufaktur Zenith verlässt
„Musée International d’Horlogerie“ in La Chaux-de-Fonds im
und als Nachfolger des 67-jährigen Gian Ricardo Marini zu Ro-
Schweizer Jura leitete. Weniger bekannt ist sein ungewöhnlicher
lex gehen würde. Schnell wurden Stimmen laut, die bezwei-
Werdegang, der in der Welt der Universitäten begann: Oechslin
felten, dass sich der sympathische, kommunikative Dufour in
studierte unter anderem Altertumswissenschaften, Geschich-
die verschlossene Welt von Rolex einfügen würde. Doch den
te, Astronomie und Philosophie, promovierte und habilitierte.
Ruf der erfolgreichsten Uhrenmarke der Welt kann man eben
Zudem absolvierte er eine Teilzeit-Lehre als Uhrmacher und
nicht überhören: Nach aktuellen Berechnungen der Schweizer
hängte den Uhrmachermeister auch noch an. All das bescherte
Handelszeitung ist Rolex mit einem Wert von 5,45 Milliarden
Oechslin mehrere Karrieren. Am faszinierendsten sind die kom-
Schweizer Franken die mit Abstand kostbarste Schweizer Uh-
plexen mechanischen Uhrwerke, die er konstruierte. Mittlerwei-
renmarke; der Umsatz 2013 betrug nach Schätzungen der Bank
le schreibt er mit der Uhrenmarke ochs und junior in Zusam-
Vontobel aus Zürich 4,6 Milliarden Franken. In einer dürftigen
menarbeit mit dem Luzerner Uhrengeschäft Embassy eigene
Pressemitteilung bestätigte Rolex im Sommer „die Ankunft“ von
Uhrengeschichte, denn die Zeitmesser sind in der Darstellung
Dufour im Unternehmen, wo er zu einem noch zu bestimmen-
von Funktionen ebenso unkonventionell wie ihr Schöpfer.
den Zeitpunkt die Direktion übernehmen werde. Dann wartet
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Iris Wimmer-Olbort
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Dauerläufer
Das Universal
Das Chronographen-Kaliber schlechthin: Seit über 40 Jahren bringt „ETA
in großer Serie produzieren wollte.
Der junge Mann machte sich mit
Feuereifer und mithilfe modernster
Technik an die Arbeit: Seine Konstruktionszeichnungen ließ er digitalisieren
– obwohl Computer damals nicht nur
riesig dimensioniert, sondern auch
unermesslich teuer waren. Allerdings
sparten die Simulationen von Abläufen und Funktionen Zeit: Die Uhrmacher konnten sich im Prototypenbau
direkt auf problematische Details
konzentrieren.
Nach und nach entstand das Kaliber
7750, dessen Konstruktion bis heute
unverändert ist: Sein Chronographen-
mechanismus ist direkt in das Werk
integriert, das aus etwa 200 Teilen
besteht, im Durchmesser 30 Millimeter misst und 29 Gramm wiegt.
Der Selbstaufzug erfolgt durch einen
Kugellagerrotor und beschert dem
Werk 48 Stunden Gangreserve; die
Automatik-Baugruppe lässt sich komplett abheben, was zur oft gelobten
Servicefreundlichkeit des Kalibers
beiträgt.
Weitere Charakteristiken erkennt
man auf dem Zifferblatt. Neben der
Datums- und Wochentagsanzeige ist
die Anordnung der Chronographenanzeigen typisch für das Kaliber 7750:
IWC:
Aquatimer Chronograph
TUDOR:
Fastrider Black Shield
BREITLING:
Superocean Chrono Steelȴsh
IWC nutzt das Werk ETA 7750
als Basiskaliber für die bis 300 Meter
wasserdichte Uhr mit Edelstahlgehäuse,
drehbarer Lünette und Edelstahlband.
Eine ungewöhnliche Hülle: Das Gehäuse
der Tudor-Uhr besteht komplett aus
Keramik und wird an einem braunen
Alcantara-Band getragen.
Das ETA 7750 dient Breitling
als Basiswerk für eine bis 500 Meter
wasserdichte Taucheruhr mit
Edelstahlgehäuse und -band.
7200 Euro
4000 Euro
4990 Euro
uverlässig, robust, präzise und
kostengünstig herzustellen – ein
Wunschtraum. Ob Auto oder Handy –
wäre doch toll, wenn ein Produkt ewig
halten würde und unkompliziert gefertigt werden könnte. Davon träumte
man in den 1970er-Jahren auch beim
Schweizer Uhrwerkehersteller Valjoux
und beauftragte den jungen Uhrmacher und Ingenieur Edmond Capt, ein
genau gehendes und kräftiges Chronographenwerk mit Automatikaufzug zu
konstruieren, das man kostengünstig
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werk
7750“ Uhren zum Laufen – in über 200 Modellen. Hier eine Auswahl.
Der 30-Minuten und der 12-StundenZähler stehen bei 12 und bei 6 Uhr,
dazwischen rotiert bei 9 Uhr eine permanent mitlaufende kleine Sekunde.
1973 präsentiert, wurden anfangs
100.000 Werke im Jahr verkauft – bis
der Boom der Quarzuhren der Nachfrage nach Mechanik ein jähes Ende
bereitete. Deshalb wiesen die Chefs
von Edmond Capt ihn an, bereits fertige Werke und die zur Herstellung erforderlichen Werkzeuge zu entsorgen.
Doch der Uhrmacher widersetzte sich
heimlich und bewahrte alles sorgsam
auf. Als die Nachfrage nach mechani-
schen Uhren in den 1980er-Jahren wieder stieg, konnte er das Kaliber 7750
einfach aus der Schublade hervorholen. Mittlerweile war die Firma Valjoux
Teil des Unternehmens ETA geworden,
sodass das Uhrwerk von da an mit
der Bezeichnung ETA 7750 produziert
wurde – millionenfach. Denn seine
Zuverlässigkeit und Verfügbarkeit machen es zum am häuȴgsten genutzten
Chronographenwerk – in Modellen der
Einstiegspreisklasse ebenso wie von
bekannten Uhrenmarken, die es bis
heute schätzen.
BLICK UNTER DAS
Zi΍erblatt des Kalibers ETA
7750 auf die Datums- und
Wochentagsscheiben
Iris Wimmer-Olbort
ARISTO:
XL Flieger Chronograph
TAG HEUER:
Aquaracer 500M Calibre 16
CHRONOSWISS:
Timemaster Chronograph Skeleton
Eine der günstigsten Uhren
mit dem Kaliber ETA 7750: Modell im 44
Millimeter-Edelstahlgehäuse mit
Glasboden und Rindlederband.
Die Marke nutzt das ETA 7750 als Basis
für ihr Kaliber 16, hier eingeschalt in eine
bis 500 Meter wasserdichte Taucheruhr
mit automatischem Heliumventil.
Neuer Look für das Werk:
Das Chronoswiss-Kaliber auf Basis des
ETA 7750 ist skelettiert und dekoriert. Im
Edelstahlgehäuse mit Kautschukband.
1150 Euro
3400 Euro
9700 Euro
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Lesestück
Ist die Zukunft smart?
Das Handgelenk ist hart umkämpft. Zu den Konkurrenten der Uhrenbranche gesellt
sich nun die Apple Watch, deren Präsentation unangenehme Erinnerungen an die
Quarzkrise der Uhrenindustrie in den 1970er- und 1980er-Jahren weckt. Wird sich die
Geschichte wiederholen? Eine Antwort vom Branchenkenner Frank-Michael Müller.
ie Uhrenindustrie blickt dem Verkauf
der Apple Watch mit Unsicherheit
entgegen. Das erfahre ich in meinen
Gesprächen immer wieder – Juweliere
oder Hersteller sorgen sich, dass die Smartwatch
die herkömmliche Armbanduhr verdrängen könnte.
Meine Einschätzung: Das glaube ich nicht! Allerdings bin ich mir sicher, dass der eine oder andere
Hersteller, dessen Marke kein klares Proȴl hat, Probleme bekommen wird. Das betrifft unter anderem
den Einstiegsbereich – denn hier stellt die Apple
Watch für 300 oder 400 Euro ein supermodernes
Tool dar, das viel Nutzwert bietet und hip ist.
Auch Uhrenmarken mit hochwertigen Produkten kann die neue Konkurrenz treffen: Wenn eine
Uhr „nur“ mit einem Quarzwerk ausgestattet ist
und eher ein Schmuckstück darstellt, wird sich der
Hersteller künftig schwerer tun. Denn Apple setzt
ebenfalls auf modischen Appeal und hat angekündigt, dass es die Watch mit verschiedenen Gehäusematerialien und sogar aus Gold geben wird, ergänzt
von verschiedenen Armbändern. Auch Tuner haben
sich bereits zu Wort gemeldet und wollen die Uhr
noch hochwertiger machen. Der Apple Watch eine
individuelle Note zu geben ist im Luxusbereich
ein interessantes Thema und wird mit Sicherheit
gefragt sein.
Es gibt bereits Smartwatches auf dem Markt, die
Apple jedoch überholen wird. Zumindest glaube ich
fest daran. Ich arbeite seit 25 Jahren mit Geräten
von Apple und bin von der Marke immer wieder
überrascht worden. Oft gab es neue Funktionen,
die ich am Anfang für sinnlos hielt, doch dann kam
der Spaß – durch das Erlebnis, das man mit dem
Produkt hatte. Ich wusste vor einigen Jahren noch
nicht, dass ich bestimmte Apps heute nicht mehr
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missen möchte. Deshalb bin ich mir sicher, dass es
für die Uhr Besonderheiten geben wird, an die wir
heute noch gar nicht denken.
Im Vergleich mit anderen Smartwatches erscheint
mir das Konzept der Apple Watch besser. Was man
bisher weiß ist, dass die Watch selbst nicht sehr
intelligent ist, sondern ihre Intelligenz aus dem
iPhone bezieht, mit dem sie gekoppelt werden muss.
Ich sehe das als tolle Chance für die Uhr, denn das
gibt die Möglichkeit, durch Updates auf dem iPhone
die Uhr stets auf dem neuesten Stand zu halten.
Denn eines darf natürlich nicht passieren: Wenn Sie
sich eine Apple Watch mit Goldgehäuse für ein paar
tausend Euro kaufen, darf die Uhr nicht innerhalb
von zwei oder drei Jahren überholt sein. Ein derartiges Luxusprodukt muss eine länger anhaltende
Aktualität besitzen.
Das Interesse an der Apple Watch ist deȴnitiv
da. Bei unseren Umfragen haben fünf Prozent der
Befragten erklärt, dass sie sich die Apple Watch mit
Sicherheit kaufen werden. Überproportional ist hier
das Interesse der Handwerker: Sie gehören zu den
drei Berufsgruppen, bei denen um die zehn Prozent
der Befragten erklärt haben, dass sie eine feste
Kaufabsicht haben und die Watch auf jeden Fall
erwerben werden.
W
elche Konsequenzen wird das für die mechanische Uhr haben? Ich glaube, dass die
Apple Watch für spannend positionierte Marken mit
Mechanikuhren keine Konkurrenz sein wird. Eine
Smartwatch wird keinen Breitling-, Omega- oder
Rolex-Käufer davon abhalten, seiner Marke treu zu
bleiben. Das zeigen auch unsere Umfragen. In der
Gruppe jener Uhrenliebhaber, die bereit sind, mehr
als 10.000 Euro für eine Uhr auszugeben, haben
16 Prozent erklärt, dass sie sich die Apple Watch
kaufen werden. Das zeigt, dass mit der Bereitschaft,
in teure Uhren zu investieren, auch die Bereitschaft
wächst, eine Smartwatch zu kaufen. Für diese Klientel wird die Apple Watch ein Zusatzprodukt sein, das
als Arbeits- oder Alltagsinstrument dient.
VORAHNUNG:
2011 meldete
Apple diesen
Entwurf einer Uhr
zum Patent an.
Bleibende Werte
aus Meisterhand.
Eine Smartwatch wird
keinen Rolex-Käufer davon abhalten,
seiner Marke treu zu bleiben.
V
ielleicht kommt es ja endlich so weit, dass man
an jedem Handgelenk eine Uhr trägt – an einem
Arm für den Zusatznutzen und am anderen für die
Freude an der Mechanik. Ich selbst kann mir das
durchaus vorstellen, denn ich bin mir jetzt schon
sicher: Sobald die Apple Watch im Handel ist, werde
ich sie mir kaufen. Vor einigen Jahren hatte ich eines der ersten iPads in Deutschland, das ich mir extra in den USA besorgt hatte. Denn ich wollte nicht
warten. Vielleicht muss ich das mit der Apple Watch
ja wieder so machen. Und vielleicht bringt mich die
Apple Watch dann auch endlich dazu, etwas umzusetzen, über das ich immer wieder nachdenke: mir
eine Taschenuhr zu kaufen!
FRANK-MICHAEL MÜLLER war 30 Jahre in der
Medienbranche. 2012 gründete er „Responsio“,
einen Informationsdienstleister für die Uhrenbranche. Das Unternehmen verö΍entlicht den
„Uhrenmonitor“, die umfassendste Studie zum
deutschen Uhrenmarkt aus Verbrauchersicht.
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Seit 1936 steht das Prädikat Meister für
den klassischen Uhrenbau bei Junghans.
Dieser Tradition folgend entstehen die
heutigen Meister Uhren durch Leidenschaft für Präzision und ausgeprägtes
Qualitätsbewusstsein. Die Entscheidung
für eine Junghans Meister ist ein Bekenntnis zu diesen Werten und zur feinen
Uhrmacherei – wie unsere sportlichste
Meister, die Meister Chronoscope.
Junge Marken
MB&F, Legacy Machine 101
(LM101)
Die Uhr rückt das Herz
eines mechanischen Uhrwerks in den
Mittelpunkt: die Unruh, die bei dem Modell
im Weißgoldgehäuse über dem
Zi΍erblatt platziert wurde; darunter
beȴndet sich neben der Zeitanzeige eine
Gangreserveanzeige.
52.000 Euro
Zeitmaschinen zum Auf
Er macht Zeit zur Nebensache: Seit fast zehn Jahren elektrisieren Maximilian Büsser
MB&F die Uhrenszene mit futuristischen und rebellischen Uhren.
E
Unternehmer mit
Mut zu ungewöhnlichen Kreationen:
Maximilian Büsser,
Gründer der Marke
MB&F.
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ine Uhrenmarke? Nicht wirklich.
Ein Ideenlabor, ein mikromechanisches Atelier, eine künstlerische
Kreativwerkstatt – ja, das passt schon
eher. Denn auch die Produkte von
MB&F entsprechen nicht dem, was
man von einer Uhr erwartet: Uhren
wie Raumschiffmodelle, Zeitmesser
mit Ziffern in Röhren, die wie Turbinen aussehen; oder in Kuppeln, die
als überdimensionierte Glubschaugen
über mechanischen Uhrwerken liegen.
Jahr für Jahr lassen sich Maximilian
Büsser und seine Freunde – MB&F
ist die Abkürzung für „Max Büsser &
Friends“ – neue Verrücktheiten einfallen. Die jüngste ist die „Horological
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Machine No6 (HM6) Space Pirate“ mit
einem ergonomisch geformten Gehäuse, das an vier Ecken runde Displays
mit Saphirglas-Halbkugeln trägt. In
denen werden getrennt voneinander
Stunden und Minuten angezeigt, in
zwei der Halbkugeln aber auch Turbinen bewegt, die als Bremsen für den
Automatikaufzug dienen. Alles klar?
Macht nichts, die Zeitmaschine soll
nicht unbedingt verstanden werden,
sondern soll faszinieren, begeistern
und auch polarisieren.
Seit fast zehn Jahren macht Maximilian Büsser nichts anderes. Der smarte
Schweizer gründete 2005 nach erfolgreichen Jahren bei Jaeger-LeCoultre
ziehen
und seine Marke
MB&F, Horological Machine No6
(HM6) Space Pirate
Die vorderen Kuppeln bieten
die Stunden- (links) und Minutenanzeige,
die hinteren zeigen Turbinen, welche
den Automatikaufzug bremsen.
In der Mitte: ein ȵiegend gelagertes Tourbillon. Rechts die Werkansicht des Modells mit
nach links gelegten Turbinen.
188.000 Euro
und als Chef von Harry Winston
Timepieces in der Genfer Altstadt seine eigene Uhrenmarke, um „mechanische Skulpturen zu verwirklichen, wie
ich sie im Sinn habe, und sie mit den
besten Uhrmachern und Künstlern zu
realisieren“, sagt der heute 47-Jährige.
Als „Freunde“ versammelt er Konstrukteure, Designer, Uhrmacher und
Zulieferer um sich, denen er ihren Anteil vom Ruhm lässt: Bei jedem Projekt
wird penibel aufgelistet, wer an dessen Verwirklichung beteiligt war. Auch
das ist ganz neu in der Uhrenindustrie,
die zuvor stets ein großes Geheimnis
um externe Zulieferer von Ideen oder
Komponenten gemacht hatte.
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Seit 2007 hat Maximilian Büsser
sechs „Horological Machines“ präsentiert – jede aufregend und radikal
anders, oft inspiriert durch Comics,
TV und Science Fiction. Das ist auch
Objekten wie Tischuhren oder der
Reuge MusicMachine anzusehen,
einer futuristischen „Spieluhr“. 2011
erschien das erste Modell der Kollektion Legacy Machine in einem
traditionellen runden Gehäuse, das
auf den ersten Blick etwas konventioneller in der Gestaltung ausȴel. Denn
diese Linie ist eine Hommage an die
Uhrmacherkunst der Vergangenheit,
indem sie großartige Komplikationen
aller Meister neu interpretiert und
daraus zeitgenössische Objekte macht.
Im August erweiterte MB&F auch
diese Kollektion um eine Neuheit: Die
„Legacy Machine 101 (LM101)“ mit
dem ersten, von MB&F vollständig im
eigenen Haus entwickelten Uhrwerk.
Dabei handelt es sich natürlich nicht
um ein herkömmliches Werk, sondern
um eines, bei dem die schwingende
Unruh über das Zifferblatt erhoben
wurde. Deren Bewegung dominiert
den Eindruck der Uhr und zeigt jedem
auf den ersten Blick, dass es hier nicht
konventionell um Zeit geht, sondern
um Freude an der Mechanik und um
die Ästhetik der Uhrmacherkunst.
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Iris Wimmer-Olbort
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Termine
Das Jahr der Ziege
DIE WICHTIGSTEN
TERMINE DER
UHRENBRANCHE:
Nach dem chinesischen Kalender
beginnt das neue Jahr am 19. Februar und
steht im Zeichen der Ziege. Vacheron Constantin feiert das mit zwei Sondermodellen mit
handgravierten, emaillierten Zi΍erblättern.
Stunden, Minuten, Wochentag und Datum
sind von Fenstern am Rand abzulesen.
JANUAR
19. bis 23.01.2015
Salon International
de la Haute Horlogerie (SIHH) –
Luxusschau der Branche
Palexpo, Genf.
Nur für geladene Fachbesucher
www.sihh.org
Wir gratulieren den Jubilaren 2015:
FEBRUAR
20.02. bis 23.02.2015
280 JAHRE, Blancpain
240 JAHRE, Breguet
Inhorgenta – Schmuck- und
Uhrenmesse
155 JAHRE, Chopard
Nur für akkreditierte Fachbesucher
Messegelände München
www.inhorgenta.com
155 JAHRE, TAG Heuer
150 JAHRE, Zenith
40 JAHRE, Maurice Lacroix
35 JAHRE, Hublot
25 JAHRE, Nomos
ZUM BLÄTTERN
Durch das Jahr mit
JUBILÄUMSUHR ZUM 150. :
Das komplizierte Modell
Academy Georges
Favre-Jacot von Zenith
Sinn-Spezialuhren:
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SEPTEMBER
Impressum
Verlag: Holzmann Medien GmbH & Co.KG,
Gewerbestraße 2, 86825 Bad Wörishofen, Telefon:
08247/354-01, Fax: 08247/354-170
Beilage handwerk magazin 12/2014
Verlagsleitung: Anzeigen/Vertrieb/
Marketing: Jan Peter Kruse
www.handwerk-magazin.de
Herausgeber: Alexander Holzmann
Chefredakteur: Olaf Deininger (verantwortlich für
den Inhalt im Sinne des Presserechts)
Art Director: Alessandro Seraȴno
Anzeigenleitung:
Eva Maria Hammer (verantwortlich)
Druck: Vogel Druck und Medienservice GmbH
Bildnachweis: Alle Fotos wurden von den Herstellern zur Verfügung gestellt.
Chef vom Dienst: Reinhold Mulatz
Redaktion: Iris Wimmer-Olbort
Bildredaktion: André Kirsch
Nachdruck nur mit Genehmigung des Verlages,
fotomechanische Vervielfältigung nicht gestattet.
Redaktionsanschrift: handwerk magazin,
Robert-Koch-Str. 1, 82152 Planegg,
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Service-Hotlines:
Abonnements: 08247/354-143
Anzeigen: 08247/354-194
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