Die magische insel Capri

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Die magische insel Capri
er gewaltige
Kalksteinfelsen taucht
ganz plötzlich in der
gleißenden Mittagssonne
auf. Vor pastellfarbenen
Häuserfassaden legt das
Schiff an. Wir sind in
Marina Grande, dem
drittgrößten Ort der Insel. Sind begeistert
von der malerischen Hafenkulisse, und
steigen in die Seilbahn, mit der wir in
die liiselhauptstadt Capri fahren, wo wir
dann in einen Bus umsteigen, der sich
bald die steile Serpentinenstraße
Richtung Anacapri hinaufwindet, der
kleinen Schwester des berühmten Capri
am Fuß des Monte Solaro. Vorbei geht
es an steilen Klippen und blühenden
Ginsterfeldern, vorbei an weiß
getünchten Villen, die an Felsen zu
kleben scheinen, an prächtigen Gärten
mit Orangen und Zitronenbäumen,
Oleander und Bougainvilleen, an
Weinbergen und Felsengrotten. Unser
Blick fällt auf türkisblau schimmernde
Badebuchten, wo weiße Yachten ankern.
Wer dann am Abend im Gartenrestaurant
unter duftenden Zitronenbäumen feine
Linguine ai frutti di mare zu sich nimmt
und CapriWein genießt am besten einen
trockenen Weißen namens Tiberio , der
wünscht sich, mit einem Dichter
unterwegs zu sein. Damit der das in
Worte fasse, was man selber fühlt, aber
kaum auszudrücken vermag.
Menschen, die dem Zauber der Insel
rettungslos verfallen sind, meinen, dass
man nicht allein hierher reisen darf. Für
sie ist Capri obwohl die internationale
Tourismusindustrie (wie überall auf der
Welt) auch hier Spuren hinterlassen hat
nach wie vor eine Art Kultstätte der
Erholung, ein Ruheort für die Seele, um
mit den Menschen, die einem nahe
stehen, unvergesslich schöne Stunden zu
verbringen. Das Dolcefarniente, das süße
Nichtstun, ist nämlich auf diesem
begnadeten Fleckchen Erde besonders
süß. Zwar nicht zwischen 10 und 17 Uhr,
wenn Tausende von Tagestouristen von
Neapel und Sorrent übersetzen, und die
Insel im wahrsten Sinne des Wortes
stürmen aber dafür beim morgendlichen
Bad im Meer oder beim abendlichen
Bummel auf der Via Tragara.
Übrigens: Peggy Guggenheim
verbrachte auf Capri eine ihrer
Hochzeiten und geriet in
schwärmerisches Verzücken: "Bist du
einmal dort, kommst du sehr schwer
wieder von hier los", soll sie, tief
beeindruckt vom Charme der Insel,
ausgerufen haben.
Von Tiberius bis Krupp
Promis hat Capri schon genug gesehen.
Stolz erzählen die Capresen von den
illustren Gästen, die seit jeher der
magischen Anziehungskraft ihrer Insel
gefolgt sind. Vom Helden Odysseus, den
die Sirenen lockten, vom römischen
Kaiser Tiberius, der alt und verbittert auf
Capri die Erfüllung seines Lebens fand
und von hier aus mehr als ein Jahrzehnt
lang die Geschicke des Weltreichs
lenkte, wovon die immer noch gewaltig
wirkenden Überreste des alten Palastes,
der so genannten Villa Jovis, stummes
Zeugnis ablegen.
Später waren es dann Schriftsteller und
Poeten, Musiker und Philosophen,
Künstler und Lebenskünstler, Dandys
und Exzentriker, die hierher zur
Seelenkur kamen, und ihr Herz an
die Insel verloren, und, wenn auch nicht
immer auf den ersten Blick erkennbare
Spuren hinterlassen haben. Die Liste ist
schier endlos Oscar Wilde, Rilke, Thomas
Mann, Neruda, Brecht, D. H. Lawrence,
Somerset Maugham, Werfel, Graham
Greene, Gorkij, Debussy (weihte den
Hügeln von Anacapri eines seiner
schönsten Präludien),
MendelssohnBartholdy, Moravia,
Malaparte (dessen eigenwilliges rotes
Haus auf einem Felsen 25 Meter über dem
Meer thront), der schwedische Arzt und
Schriftsteller Axel Munthe (der seine Villa
am schönsten Platz von Anacapri mit
antiken Funden füllte) und der Stahlkönig
Friedrich Alfred Krupp. Letzterer soll, so
erzählen es zumindest die älteren
Inselbewohner, seinen Hang zu schönen
Jünglingen in wildesten Orgien ausgelebt
haben. Als Vermächtnis an die erotischen
Sinnesfreuden, die er auf Capri genoss,
ließ er die schwindelerregend steile
Serpentinenstraße Via Krupp (Foto) aus
den Felsen schlagen.
Traurig die LoveStory vom Baron Jacques
Fersen. Auf der vergeblichen Suche nach
der verlorenen Schönheit schüttete der
44jährige Dichter und Dandy eine tödliche
Dosis Kokain in sein Champagnerglas.
Geblieben ist seine Villa Lysis, die zu den
schönsten Baudenkmälern der Insel
gehört.
Noch ein Wort zu den Capresen: Trotz
ihres ständigen professionellen Umgangs
mit den Touristen sind die meisten von
ihnen, glaubt man Stammgästen, jederzeit
bereit, auf eine Botschaft der persönlichen
Sympathie mit geballter Freundlichkeit zu
antworten. Mehr noch: Fast jeder ist
willig, jedem, der das auf
dass hier der schönste teil der welt liegt
richtig will, die Tür in die eigene Welt von
Capri zu öffnen, wo der höfliche Cast dann
sehr oft zum Freund avanciert.
Atemberaubende Ausblicke
Sie sind gekommen, um Badefreuden zu
genießen? Capri ist keine lnsel für
Menschen, die nur am Strand dösen und
zwischendurch ihren sonnengebräunten
Körper ins kühle Nass tauchen wollen. Es
gibt so gut wie keine richtigen Strände und
trotzdem viele Badegelegenheiten.
Abgelegene, meist nur vom Nicer aus
zugängliche Felsenlagunen, wo man das
Wasser allein genießen kann, oder aber
Anhäufungen von Badekabinen, wowie
ein InSulaner belustigt anmerkt "Hunderte
außer Sonne und Meer auch die Nähe ihrer
Körper fröhlich teilen". Standeshewusst?
Marina Piccola, die "kleine Marina" sie ist
nicht nur der feinste Badeplatz, sondern gilt
zudem als vornehmstes Villenviertel Capris.
Sie möchten die Insel heim Gehen
entdecken? Capri ist zwar keine
Wanderdestination, aber die wenigen
Spazierwege sind so malerisch und mit
dermaßen vielen Sehenswürdigkeiten und
atemberaubenden Ausblicken garniert, dass
sie Romantiker garantiert zu wiederholten
Ausgängen verführen. Man geht, wo man
will, gegen Süden, Norden, Osten und
Westen, und begegnet dabei ununterbrochen
Schönheiten und Wundern, Sc) vielen, dass
man nicht glauben will, die Insel sei nicht
viel größer als zehn Quadratkilometer. Oder
um es mit den Worten des Dichters Pavel
Kohut zu sagen, der hier des Öfteren einen
fruchtbaren (Arbeits) urlaub verbrachte:
Capri ist eine einmalige Ballung von
Wasser, Erde und Luft, eine Sammlung rarer
Horizonte und Perspektiven, dramatischer
Kurven und lyrischer Rundungen. Die ganze
Natur des Mittelmeers ist hier vertreten wie
in einer Ausstellung, von den mörderischen
Felsen über die friedlichen Pinienwälder und
Weinberge bis zu den unterirdischen Grotten
mit ihrer geheimnisvollen Beleuchtung."
die dichter haben diese insel besungen
Apropos Grotten: Die Blaue Grotte ist nicht
nur der berühmteste und spektakulärste,
sondern sicher auch der überlaufenste Ort der
Insel vor allem in der Hochsaison.
Zu schön, um zuschlafen
Und was, wenn bei Capri die rote Sonne im
Meer versinkt und die Nacht Einzug hält?
Dann geht das Leben erst richtig los, füllen
sich die Bars und Straßencafés auf der Piazza
Umberto, die vielen als der Salon Capris gilt,
frönt das ebenso betuchte wie chice Publikum
sonnengesättigt
seiner
Lieblingsbeschäftigung: sehen und gesehen werden.
Apropos Sonnenuntergänge: Die schönsten
genießt man von der Terrasse des Hotels
"Caesar Augustus" in Anacapri, vom Leucht-
turm Punta Carena oder vom Gipfel des
Monte Solaro, der bequem mit dem
Sessellift erreichbar ist. Tipp für heillose
Romantiker: die Felsenlandschaft an der
Punta Carena.
Shopping im Mondschein? Von Ostern bis
Mitte Oktober haben viele Läden bis in die
Nacht hinein geöffnet, sogar an Sonntagen,
einige auch durchgehend. Ein Muss für
Modesüchtige, so sie über das nötige
Kleingeld verfügen: An der Via Vittorio
Emanuele und Via Camerelle reihen sich
EdelBoutiquen von Gucci über Hermès bis
Ferragamo im wahrsten Sinne des Wortes
aneinander. Was die kulinarischen Freuden
betrifft: In der frischen Küche Capris sind
Vergangenheit
und Gegenwart vereint und werden nach
Bedarf
dosiert.
Zu
Ehren
einer
gastronomischen Kultur, deren Einfachheit ihre
Stärke ist. Eine Einfachheit, die wie
Feinschmecker behaupten, nur schwer zu
erreichen ist. Genießen Sie Ravioli alla
Caprese, Pezzogna all'acqua pazza (Brasse im
Tomatensud), Polpette di melanzane
(Auberginenknödel), Torta caprese (Kuchen
nach CapriArt)...
Und bei jedem Wirt gibt es Limoncello, selbst
gemachten Zitronenlikör (40 Prozent
Alkohol!), der eisgekühlt getrunken wird.
Und wo essen & trinken? Pizzafans sollten
sich den Namen "Aurora" merken: Hier gibt's
die besten auf der Insel. Ein Muss: Das
"Belsito" ein Familienrestaurant mit
traumhaftem Meerblick vom Dachgarten.
Valentino ist hier Stammgast, während sich
Armani, Versace & Co. im "La Capannina" an
superben Gerichten und tollen Weinen
delektieren. Falls Sie in Anacapri weilen:
"Ristorante La Rondinella" und "Materita".
Der MarinaGrandeGeheimtipp: "L'Approdo".
Und diese köstliche Liste ließe sich noch
endlos fortsetzen.
Den Schlummertrunk nimmt man am besten an
der Bar des Grandhotel "Quisisana" das hat
schon Oscar Wilde so gemacht.
Wo wohnen? Wem das oben erwähntes Haus
zu mondän ist das Hotel "Mamela", in dem
wir abgestiegen sind, ist der Garant für einen
ungezwungenen, behaglichen Aufenthalt.
Und wann ist Capri am schönsten? Im Mai,
Juni, September und Oktober, wobei ab der
zweiten Septemberwoche merklich Ruhe
eintritt. Weitere Informationen finden Sie auf
www.enit.it Erica Schultz Eulenburg