Einsatz von Magnettechnologie bei der Biokatalyse und

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Einsatz von Magnettechnologie bei der Biokatalyse und
Einsatz von Magnettechnologie bei der Biokatalyse
und Bioproduktaufarbeitung
Abschlußbericht zu AZ 13073
Projektbeginn: 1. August 2002
Laufzeit: 27 Monate
Teilnehmende Institutionen und Projektbearbeiter:
Forschungszentrum Karlsruhe (FZK), Institut für Technische Chemie,
Bereich Wasser- und Geotechnologie (ITC-WGT)
PD. Dr.-Ing. Matthias Franzreb (Projektkoordinator); Dipl.-Ing. Niklas Ebner; Dipl.-Ing.
Daniela Bozhinova; Dipl.-Ing. Andrea Meyer; Irmgard Persohn; Martin Schäfer
(Verwaltung)
Universität Karlsruhe, Lehrstuhl fürTechnische Biologie (LTB)
(bis Ende 2003: Universität Stuttgart, Institut fürBioverfahrenstechnik (IBVT)
Prof. Dr. Christoph Syldatk; Dr. Martin Siemann; Dr.-Ing. Rudolf Hausmann; Dipl.Biol. t.o. Nadja Schultz; Dr. Anke Neumann; Dipl.-Biol. Michael Dieterle; Ulrich
Peckmann (Verwaltung)
Universität Stuttgart, Institut für Industrielle Genetik (IIG)
Dr. Josef Altenbuchner; Dr. Zsuzsana Mayer
chemagen Biopolymer-Technologie AG
Dr. Lothar à Brassard; Dr. Jürgen Oster; Dr. Thomas Sommer
Steinert Elektromagnetbau GmbH
Dr. Uwe Habich; Gerhard Resch
2
06/02
Projektkennblatt
der
Deutschen Bundesstiftung Umwelt
Az
13073
Referat
32/0
Fördersumme
421.027,00 €
Antragstitel
Förderschwerpunkt Biotechnologie: InnovationsCentrum Biokatalyse
ICBio: Einsatz von Magnettrenntechnologie bei der Biokatalyse und
Bioproduktaufbereitung zur industriellen Etablierung effizienter und
nachhaltiger Bioprozesse
Stichworte
Schwerpunkt-Biotechnologie , Stoffstrommanagement
Mikrobiologie , Umweltchemikalien , Verfahren
Laufzeit
2 1/4 Jahre
Zwischenberichte
Projektbeginn
01.08.02
31.12.03
Projektende
31.10.04
Bewilligungsempfänger Forschungszentrum Karlsruhe (FZK) GmbH
Institut für Technische Chemie
Bereich Wasser- und Geotechnologie
Hermann-von-Helmholz-Platz 1
Kooperationspartner
Projektphase(n)
1
Tel
07247-82-3595
Fax
07247-82-6660
Projektleitung
Herr Dr. Matthias Franzreb
Bearbeiter
76344 Eggenstein-Leopoldshafen
Universität Stuttgart, Institut für Bioverfahrenstechnik, Stuttgart (BadenWürttemberg)
chemagen Biopolymer-Technologie AG, Baesweiler (Nordrhein-Westfalen)
Steinert Elektromagnetbau GmbH, Köln (Nordrhein-Westfalen)
Zielsetzung und Anlaß des Vorhabens
Ziel des Forschungsvorhabens war die Entwicklung und Bewertung eines technischen Verfahrens zur
einfachen und umweltschonenden Abtrennung von Bioprodukten, wie z.B. technisch hergestellten
Enzymen, direkt aus feststoffhaltigen Medien über an magnetische Mikropartikel gebundene
Affinitätsliganden und Magnetseparatoren. Weiteres Ziel des Vorhabens war zudem eine direkte
biokatalytische Umsetzung von schwerlöslichen Substraten bzw. von Substraten in Suspensionen und
viskosen Medien durch den Einsatz von an magnetischen Mikropartikeln immobilisierten Enzymen und
geeigneter Magnettrenntechnologie.
Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten Methoden
Anhand verschiedener Modellsysteme, wie z.B. immoblisierter Penizillinacylase als industriell intensiv
genutztes Enzym oder magnetischen Mikropartikeln mit IMA (immobilised metal affinity) Liganden zur
Aufreinigung His-getaggter Proteine, sollte die Leistungsfähigkeit dieses im industriellen Maßstab völlig
neuen Verfahrens demonstriert werden. Hierbei erfolgten in der Anfangsphase Screeningversuche zur
Auswahl geeigneter magnetischer Trägerpartikel und Funktionalisierungsmechanismen. Die
Charakteriserung der Partikel umfaßte die Partikelgrößenverteilung, mechanische und chemische
Stabilität, magnetische Eigenschaften sowie insbesondere die Bindungskapazitäten und Selektivitäten.
Parallel zur Partikelcharakterisierung erfolgte die Konstruktion und Fermentation getaggter Proteine
sowie die Konstruktion und Fertigung eines Labor-Hochgradienten-Magnetseparators. Ausgehend von
den im Labormaßstab an den Partikeln gewonnen Daten wurde das Verfahren mit Hilfe des
Simulationsprogramms SuperPro Designer programmiert und für verschiedene Rahmenbedingungen
durchgerechnet. Eine Marktstudie und eine Bewertung der Ergebnisse der Experimente und
Simulationen erfolgte in Zusammenarbeit mit der DECHEMA. In den späteren Projektphasen standen
Fragen des Scale-ups der Partikelproduktion und die Demonstration des Verfahrens im Pilotmaßstab im
Vordergrund.
Deutsche Bundesstiftung Umwelt
An der Bornau 2
49090 Osnabrück
Tel 0541/9633-0
Fax 0541/9633-190
http://www.dbu.de
3
Ergebnisse und Diskussion
Im Rahmen des Projekts wurden zahlreiche wichtige technologische Meilensteine erreicht, die als
kritische Schlüsselpunkte auf dem Weg zu einer Realisierung des Verfahrens der primären
Proteinaufreinigung mittels Magnetbeads zu sehen sind. Zu den wichtigsten dieser Meilensteine zählen
u.a. die Herstellung funktionalisierter Magnetbeads mit hoher Bindekapazität im 50 – 100 g Maßstab, der
Nachweis der Wiederverwendbarkeit der Magnetbeads, die Konzeption, Fertigung und Automatisierung
einer halbtechnischen Pilotanlage zur Proteinreinigung, die molekularbiologische Generierung
zahlreicher aktiver, getagter Enzym u. GFP-Varianten, die Demonstration der Proteinaufreinigung mittels
Magnetbeads für verschiedene Bioprodukte im Maßstab bis zu 16 L ungeklärter Rohsuspension sowie
schließlich die erfolgreiche Immobilisierung, Charakterisierung und Anwendung von Enzymen an
Magnetbeads. Die ermittelten Prozessparameter lassen dabei, neben dem übergeordneten Ziel einer
Umweltentlastung über eine Erweiterung der Anwendungsgebiete der Biotechnologie, auch Effekte, wie
z.B. die Reduzierung der benötigten Puffermengen oder die Verminderung der Konzentration der
benötigten Elutionschemikalien, erkennen, die zu einer direkten Ressourcenschonung in bestehenden
Prozessen führen können.
Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation
Die folgende Liste gibt eine Auswahl der im Zusammenhang mit dem Projekt bisher erschienenen
Veröffentlichungen:
Franzreb, M., Ebner, N., Siemann-Herzberg, M. (2003) „Magnettechnologie in der Bioproduktaufarbeitung“
Transkript, Sonderheft Nachhaltige Biokatalyse, 112-115
Magnetisches „Fischen“ von Biomolekülen, (2003), Flyer erschienen bei der Deutsche Bundesstiftung Umwelt.
Rahaus, N. (2003) „Einsatz von Magnettrenntechnologie in der Bioproduktaufarbeitung: Aufreinigung von
rekombinanten Proteinen am Beispiel des „Green Flurescent Protein“ (GFP)“ Diplomarbeit, Institut für
Bioverfahrenstechnik, Universität Suttgart.
Zissis, S. (2003) „Untersuchungen zum Einsatz von Magnettechnolgie in der Bioproduktaufarbeitung“ Diplomarbeit,
Institut für Technische Chemie, Wasser- und Geotechnologie, Forschungszentrum Karlsruhe.
Schultz, N. (2003) „Application of magnetic separation technology for purification and immobilisation of recombinant
enzymes” Poster auf der European Conference of Biotechnolgy, 24.-29.08.2003, Basel, Switzerland
Franzreb, M.: (2004) " Direct capture of proteins from unclarified feedstocks by magnetic separation technology",
Executive Summary anlässlich der 5.ten Baesweiler BioTec Tage, Baesweiler, 1. Oktober 2004
Fazit
Im Rahmen des Projekts AZ13073 wurden große Fortschritte auf dem Weg zu einer technischen
Umsetzung der Verfahren der Proteinreinigung bzw. Biokatalyse mit Hilfe von Magnetbeads erreicht. Der
realisierte Maßstab der Pilotanlage zur Proteinreinigung liegt mit dem Einsatz von 100 g Magnetbeads
pro Zyklus und bearbeiteten Suspensionsvolumen bis über 15L um mehr als eine Größenordnung über
sämtlichen bisher in der Literatur beschriebenen Anwendungen von Magnetbeads in der Biotechnologie.
Zudem wurde in der Pilotanlage ein Automatisierungsgrad erreicht, der dem industrieller Prozesse
entspricht und damit sämtliche daraus resultierenden Herausforderungen vorwegnimmt. Ausgehend von
einem Biofeedstock, wie z.B. einem ungeklärten Zellhomogenisat, liefert die Pilotanalage einen
feststofffreien und zu ca. 70 – 95% reinen Produktstrom. Die experimentellen Ergebnisse sowie
theoretische Überlegungen zeigen, dass sich das Verfahren der primären Proteinreinigung mittels
Magnetbeads am besten für Zielproteinkonzentrationen im Ausgangsmedium von ca. 0,1 – 1g/L eignet.
Im Bereich der Biokatalyse konzentrierten sich die Arbeiten überwiegend auf die Erarbeitung effizienter
Immobilisierungstechniken für Enzyme an Magnetbeads und auf den Nachweis der postulierten Vorteile
unporöser Mikroträger im Vergleich zu makroporösen, konventionellen Trägermaterialien. Unter Einsatz
des Spacers Hexamethylendiamin konnten im Falle der Penicillinamidase (PA) Enzymbeladungen bis
über 50 mg/g Beads erreicht werden, wobei 80-90% des gebundenen Enzyms aktiv waren. In
anschließenden Biotransformationsversuchen, u.a. zur Stereoselektivität, zeigte sich dass die
Eigenschaften der an Mikroträger immobilisierten PA zwischen denen der freien PA und denen von an
makroporösen Trägern immobilisierter PA liegen. Hierdurch bestätigt sich, dass die Biotransformation
mittels "Mikro-Immobilisaten" praktisch keinen Transporteffekten, wie z.B. einer unerwünschten pHVerschiebung innerhalb des Trägers, unterliegt.
Deutsche Bundesstiftung Umwelt
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An der Bornau 2
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Fax 0541/9633-190
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Inhaltsverzeichnis
1
Anlass und Zielsetzung ...................................................................9
1.1
Zielsetzung ................................................................................................... 11
1.2
Beitrag zur Umweltentlastung .................................................................... 12
2
Verwendete Methoden ...................................................................13
3
Ergebnisse......................................................................................16
3.1
3.1.1
Herstellung funktionalisierter Magnetbeads ............................................. 16
Herstellung von M-PVA Magnetbeads für die Aufreinigung von Proteinen mit
Histidin-Tag ......................................................................................................................... 17
3.1.2
Herstellung von M-PVA Magnetic Beads für die Aufreinigung von Proteinen mit
Carbohydrat-Bindeprotein-Tag: .......................................................................................... 24
3.1.3
Up-scaling der Herstellung der unfunktionalisierten M-PVA Magnetic Beads ...... 24
3.1.4
Herstellung weiterer Magnetbeadvarianten ............................................................ 26
3.2
Charakterisierung der Magnetbeads.......................................................... 27
3.2.1
Partikelscreening (physikalische Eigenschaften und GFP-Bindekapazität) ........... 27
3.2.2
Weitergehende Partikelcharakterisierung (zu M 2.1) ............................................. 28
3.2.3
Test der mit Amylose funktionalisierten Magnetbeads (zu M 2.1) ......................... 30
3.3
Auslegung und Konstruktion von für die Biotechnologie geeigneten
Magnetseparatoren ................................................................................................ 31
3.3.1
Grundprinzip ............................................................................................................ 31
3.3.2
Optimierung von Hochgradienten-Magnetfiltern auf Basis schaltbarer
Permanentmagnetsysteme .................................................................................................... 32
3.3.3
Entwicklung eines kostengünstigen Hochgradienten-Magnetfilters zur
Bioproduktaufarbeitung im Pilotmaßstab............................................................................ 35
3.3.4
Optimierung der operativen Partikelseparationskapazität der Magnetfilter (zu
M5.1) 36
3.3.5
3.4
Optimierung der Partikelrückspülung aus der Filtermatrix .................................... 38
Versuchsanlagen zur Proteinaufreinigung................................................ 41
3.4.1
Laboranlage auf Basis des schaltbaren Magnetfilters HGF10 ............................... 41
3.4.2
Pilotanlage zur Bioproduktaufarbeitung mittels Magnetbeads ............................... 42
5
3.5
Molekularbiologische Generierung getagter Enzym u. GFP-Varianten und
Proteinherstellung.................................................................................................. 46
3.5.1
Einleitung ................................................................................................................. 46
3.5.2
Expression eines Lipase-Gens aus Bacillus thermocatenulatus .............................. 48
3.5.3
Expression des Penicillinamidase-Gens .................................................................. 49
3.5.4
Hochzelldichtefermentation zur Penicillinamidase-Produktion .............................. 55
3.5.5
Reinigung der rekombinanten Penicillinamidase mit Magnetbeads........................ 57
3.5.6
Immobilisierung der Penicillinamidase an Magnetbeads........................................ 58
3.5.7
Schlussbemerkungen ................................................................................................ 60
3.6
Proteinaufreinigung mittels Magnetseparatoren ...................................... 61
3.6.1
Vorversuche und Ergebnisse der Laboranlage auf Basis des Magnetfilters HGF10
61
3.6.2
Ergebnisse zur Aufreinigung des Modellproteins GFP mittels der Pilotanlage...... 63
3.6.3
Aufreinigung des Enzyms Dehalogenase mittels der Pilotanlage............................ 66
3.7
Enzymimmobilisierung und Charakterisierung der Immobilisate ........... 74
3.7.1
Einleitung ................................................................................................................. 74
3.7.2
Immobilisierung von Penicillinacylase .................................................................... 74
3.7.3
Immobilisierung von L-Hydantoinase...................................................................... 76
3.7.4
Immobilisierung der Lipase Candida antarctica ..................................................... 77
3.7.5
Stabilitätsanalyse der immobilisierten Lipase CALA und der freien Lipase CALA
mit Hilfe des photometrischen Assays.................................................................................. 82
3.7.6
Entwicklung der Analytik Bestimmung der Aktivität der freien und immobilisierten
Lipase CALA im Titrimaten.................................................................................................. 86
3.8
Zeit-Meilenstein Diagramm ......................................................................... 92
4
Wirtschaftlichkeitsbetrachtung.....................................................94
5
Diskussion ......................................................................................96
6
Anhang............................................................................................99
6.1
6
Zusammenfassung der Aktivitäten der Projektgruppen .......................... 99
6.1.1
Projekttreffen, Weiterbildung, Teilnahme an Taskforcegruppen: ........................... 99
6.1.2
Kooperation innerhalb des Projekts ICBio:........................................................... 100
6.1.3
Veröffentlichungen:................................................................................................ 100
6.2
Zusammenfassung des ökobilanzorientierten DECHEMA Gutachtens 101
Fazit.................................................................................................................................... 103
6.3
Arbeits- und Zeitplan für AZ 13073........................................................... 104
7
Zusammenfassung
Der vorliegende Abschlußbericht beschreibt und diskutiert die innerhalb des Projekts AZ
13073 im Zeitraum zwischen August 2002 und Oktober 2004 erzielten Ergebnisse. Ziel des
Projekts
war
die
Entwicklung
und
Demonstration
technischer
Verfahren
zur
Proteinaufreinigung und Biokatalyse unter Einsatz von Magnetbeads. Im Rahmen des
Projekts wurden im Hinblick auf diese Zielsetzung zahlreiche wichtige technologische
Meilensteine erreicht, die als kritische Schlüsselpunkte auf dem Weg zu einer Realisierung
des Gesamtverfahrens zu sehen sind. Zu den wichtigsten dieser Meilensteine zählen u.a. die
Herstellung funktionalisierter Magnetbeads mit hoher Bindekapazität im 50 – 100 g Maßstab,
der Nachweis der hervorragenden Wiederverwendbarkeit der Magnetbeads, die Konzeption,
Fertigung und Automatisierung einer halbtechnischen Pilotanlage zur Proteinreinigung, die
molekularbiologische Generierung zahlreicher aktiver, getagter Enzym u. GFP-Varianten, die
Demonstration der Proteinaufreinigung mittels Magnetbeads für verschiedene Bioprodukte im
Maßstab bis zu 16 L ungeklärter Rohsuspension sowie schließlich die erfolgreiche
Immobilisierung, Charakterisierung und Anwendung von Enzymen an Magnetbeads. Die
ermittelten Prozessparameter lassen dabei, neben dem übergeordneten Ziel einer
Umweltentlastung über eine Erweiterung der Anwendungsgebiete der Biotechnologie, auch
Effekte, wie z.B. die Reduzierung der benötigten Puffermengen oder die Verminderung der
Konzentration der benötigten Elutionschemikalien, erkennen, die zu einer direkten
Ressourcenschonung in bestehenden Prozessen führen können. Das hohe Potenzial des
Verfahrens zur Verbesserung der Nachhaltigkeit der Bioproduktaufarbeitung zeigt sich auch
in einem von der DECHEMA gelieferten, ökobilanzorientierten Verfahrensvergleich. Die
experimentellen Ergebnisse werden durch Rechenmodelle gestützt und ergänzt, die auf Basis
von einfachen Gleichgewichts- und Systemdaten eine erste Abschätzung der Produktivität des
Verfahrens ermöglichen.
8
1 Anlass und Zielsetzung
Anlass des Projekts war die Beobachtung, dass in der Bioproduktaufreinigung sowie der
Biokatalyse im Falle des Einsatzes feststoffhaltiger bzw. viskoser Medien nach wie vor
erhebliche Schwierigkeiten bei der technischen Umsetzung von Prozessen auftreten.
Im Rahmen der Bioproduktaufreinigung äußert sich dies in vielstufigen Reinigungsprozessen,
die im Vorfeld der eigentlichen chromatographischen Trennstufen verschiedene Fest/FlüssigTrennverfahren wie Zentrifugation, Filtration oder Sedimentation beinhalten. Die hohe
Anzahl an benötigten Verfahrensschritten macht diese Aufreinigungsprozesse teuer und führt
zu unbefriedigenden Ausbeuten bezogen auf die ursprünglich im Ausgangsmedium
vorhandene Produktmenge. So kann der Aufreinigungsverlust im Falle intrazellulärer Enzyme
bis zu 90% betragen und der Anteil der Aufarbeitungskosten an den gesamten
Herstellungskosten beträgt in diesen Fällen ebenfalls ca. 90%. Aufgrund der genannten
Probleme werden seit einiger Zeit Ansätze, die eine Verringerung der Anzahl der
Prozessstufen und damit der anteiligen Aufreinigungskosten versprechen, im Labor- und
Pilotmaßstab intensiv untersucht. Der aussichtsreichste Weg erscheint dabei eine direkte
primäre Produktabtrennung aus dem ungeklärten Feedstrom mit Hilfe spezieller Sorptionsoder Extraktionsverfahren. Zu den bekanntesten und technisch am weitesten entwickelten
Verfahren zählen hierbei sicherlich die sogenannte Expanded Bed Adsorption (EBA) sowie
die Aqueous Two Phase Separation (ATPS).
Im Falle der Biokatalyse äußern sich die Probleme im Umgang mit feststoffhaltigen, viskosen
oder Zweiphasensystemen in dem Umstand, dass in diesen Fällen die biokatalytischen
Reaktionen in aller Regel unter Einsatz freier Enzyme durchgeführt und die Enzyme nach
erfolgter Reaktion nicht zurückgewonnen werden. Dies hat zur Folge, dass die Enzymkosten
pro kg erzeugtes Produkt für derartige Prozesse oftmals hoch sind und sich umweltentlastende
biokatalytische Verfahrenswege nur für hochpreisige Produkte durchsetzen können. Der
Einsatz immobilisierter Enzyme innerhalb konventioneller poröser oder gelartiger
Trägerpartikel führt zum anderen aufgrund von Diffusionslimitierungen sowie chemischem
und biologischem Fouling in den genannten Systemen oftmals zu unbefriedigenden
Ergebnissen.
Im Hinblick auf die genannten Problematiken ist jedoch auch bekannt, dass im Labormaßstab
die direkte Bioproduktabtrennung aus feststoffhaltigen, komplexen Medien mit Hilfe
magnetischer Mikropartikel, sogenannter Magnetbeads, sehr schnell und effizient gelingt. So
dienen Magnetbeads innerhalb solcher Medien u.a. zur DNA-Separation, zur Zellsortierung
9
oder zur Proteinisolierung. Das dabei in allen Fällen auftretende Grundschema ist in Abb. 1
dargestellt.
Auch im Falle der Biokatalyse ist
Überstand
entfernen
Elutionsmittel
zugeben
im Millilitermaßstab bereits in den
1980er Jahren demonstriert worden,
dass sich unporöse Magnetbeads
zur Enzymimmobilisierung eignen
Zugabe der
Magnetbeads
Spezifische Bindung
an die Magnetbeads
Waschen und
Elution
Magnetseparation
Abb. 1: Prinzip der Magnettrenntechnologie im Milliliter-Maßstab.
und dass damit biokatalytische
Umsetzungen
auch
in
stark
feststoffhaltigen Medien möglich
sind. In beiden Fällen, d.h. der Bioproduktaufreinigung sowie der Biokatalyse, wurde der
Einsatz von Magnetbeads aber nicht in den technischen Maßstab übertragen, wobei die
Hauptursachen hierfür u.a. durch folgende Probleme beschrieben werden können:
Die verwendeten Trägermaterialien waren aus Kosten- oder physiko-chemischen Gründen
nicht "scale-up"-fähig.
Es existieren bisher keine für den technischen Maßstab geeigneten Magnetseparatoren, die die
besonderen Vorgaben und Erfordernisse der Bioverfahrenstechnik berücksichtigen.
Die Übertragung des in Abb. 1 dargestellten Prinzips in den technischen Maßstab erfordert
die
enge
Zusammenarbeit
von
Biologen,
Chemikern,
Maschinenbauern
und
Verfahrenstechnikern und geht hinsichtlich des erforderlichen Aufwands über den in der
Regel im universitären Bereich bearbeiteten Rahmen hinaus.
Die Partner des Projekts AZ13073 decken sämtliche der genannten Bereiche ab und pflegten
aufgrund früherer Projekte (Magnetseparatoren für die Wassertechnologie, Untersuchung
magnetisch stabilisierter Fluidbetten, Entwicklung einer magnetischen Handhabungstechnik
für die DNA-Separation aus 96er well plates) bereits engen Kontakt untereinander. Angeregt
durch die beschriebene Problematik wurde daher folgendes Ziel für ein gemeinsames Projekt
definiert:
10
1.1
Zielsetzung
Ziel des Projekts ist es, die Machbarkeit eines auf dem Einsatz von Magnetbeads und
Magnetseparatoren basierenden Verfahrens zu untersuchen, das:
(i) eine einfache und direkte Abtrennung von Bioprodukten, insbesondere Enzymen, mit an
Magnetpartikeln immobilisierten Liganden aus viskosen Lösungen, Suspensionen und
Zellkulturen ermöglicht und
(ii) den Weg für eine biokatalytische Umsetzung von schwerlöslichen Substraten bzw.
Substraten in Suspension mit an Magnetpartikeln immobilisierten Enzymen aufzeigt.
Als Modellsystem zur Aufreinigung sollen beispielhaft getagte Proteine (z.B. His-getagtes
Green fluorescent protein, GFP) betrachtet werden. Als Modellsysteme für enzymatische
Umsetzungen wurden vorgesehen: Reaktionen mit immobilisierter Penizillinacylase
(industriell intensiv genutztes Enzym, breite Datenbasis für Verfahrensvergleich, Frage der
Stereoselektivität), die Umsetzung extrem schwer löslicher Hydantoine mit immobilisierten
Hydantoinasen sowie Reaktionen mit immobilisierten Lipasen in Zweiphasensystemen. Die
hierfür zu untersuchenden Teilbereiche sind:
(i)
Die Entwicklung von zur Immobilisierung von Enzymen bzw. Affinitätsliganden
geeigneten, preiswerten Magnetbeads,
(ii)
die Entwicklung biokompatibler Magnetseparatoren zur einfachen, schnellen und
kostengünstigen Abtrennung und Wiederverwendung der o.g. Magnetbeads,
(iii)
die Demonstration der Bioproduktabtrennung aus Zellaufschlüssen und Suspensionen
sowie der Enzymkatalyse in komplexen Medien unter Einsatz der unter Punkt (i) und
(ii) erarbeiteten Technologien.
11
1.2
Beitrag zur Umweltentlastung
Eine quantitative Abschätzung der Umweltentlastung bzw. Ressourcenschonung ist zum
jetzigen Stand des Projekts nur schwer möglich und sicherlich abhängig vom jeweiligen
Anwendungsfall. Das Projekt hat primär nicht die Verbesserung der Ökobilanz eines
einzelnen Prozesses oder die Verwertung eines bestimmten Abfallstoffes zum Ziel, sondern
die Demonstration einer im technischen Maßstab vollkommen neuen Technologie zur
Bioproduktaufreinigung bzw. Biokatalyse. Im Falle einer erfolgreichen Etablierung der
Magnettrenntechnologie in diesen Bereichen sind jedoch folgende, umweltrelevante Aspekte
zu erwarten:
•
Eine Abtrennung und Wiederverwendung von an Magnetbeads immobilisierten Enzymen
wäre einfach, kostensparend und zeitsparend durchführbar. Hierdurch könnten
umweltfreundliche
aber
bisher
unwirtschaftliche
Biokatalyseverfahren
an
Konkurrenzfähigkeit gewinnen.
•
Ein Einsatz von auf Magnetbeads immobilisierten Enzymen ermöglicht Umsetzungen in
viskosen Lösungen bzw. in Suspension und somit auch bei sehr hohen Substrat- und
Produktkonzentrationen. Dies trägt zu einer Reduzierung großer Volumina, sowohl bei
der Prozessführung als auch bei der anschließenden Produktreinigung bei.
•
Bisher
nicht
"scale-up"-fähige
Prozesse
wären
in
Kombination
mit
neuen
Magnetseparatorkonzepten möglich und könnten zum Ersatz chemischer durch
umweltfreundlichere biokatalytische Verfahren beitragen.
•
Die
durch
die
direkte
Abtrennung
erreichte
Reduzierung
der
Anzahl
an
Aufreinigungsschritten birgt das Potential einer Erhöhung der Produktausbeute und damit
einer Ressourcenschonung.
Eine erste konkrete Abschätzung der Leistungsdaten der primären Bioproduktaufreinigung
mittels Magnetbeads gegenüber etablierten Techniken bzw. konkurrierenden Prinzipien wie
EBA zeigt zudem das Potenzial des Verfahrens für unmittelbare Ressourceneinsparungen auf
den Gebieten der Partikelproduktion und benötigten Puffermengen (siehe Auszug aus dem
DECHEMA Gutachten Anhang 6.2).
12
2 Verwendete Methoden
Charakterisierung von Magnetbeads
•
Bestimmung der Partikelgrößenverteilung mit Hilfe des Prinzips der Laserabschattung
(Gerät: CIS100, Fa. Galai, USA).
•
Bestimmung der massenspezifischen Oberfläche mittels BET-Verfahren (Gerät:
Autosorb1, Fa. Quantachrom Corp., USA).
•
Bestimmung von Magnetisierungskurven (Gerät: Alternating-Gradient-Magnetometer
Micromag 2900, Fa. Princton Measurement Corporation, USA).
•
Bestimmung der Ligandendichte (Ligand: Imminodiessigsäure) durch Beladung mit Cu2+Ionen und Aufnahme einer Langmuir-Isotherme unter Bestimmung der maximalen
Beladung sowie der Bindekonstante KD bei halbmaximaler Beladung. Die Cu2+Ionenkonzentrationen wurden mittels Atomadsorptionsspektroskopie (AAS) bestimmt.
•
Gravimetrische Partikelkonzentrationsbestimmung mittels einer Mikrowaage
Modellrechnungen und Konstruktion von Magnetseparatoren
•
2-D Finite-Element Magnetfeldberechnungen, Prg. Quickfield, Fa. Tera Analysis Ltd
•
3-D Finite-Element Magnetfeldberechnungen, Prg. Opera, Fa. Vector Fields Inc.
•
Einsatz des Programms Mathcad zur Abschätzung der Filtereffizienz unterschiedlicher
Matrices für Magnetseparatoren, Fa. Mathsoft Inc.
•
Modellierung eines Aufreinigungszyklusses in der 1,2 L Magnetfiltereinheit unter
Berücksichtigung der Rückvermischung mit dem Programm Mathcad, Fa. Mathsoft Inc.
•
Anfertigen von 2-D und 3-D Konstruktionszeichnungen mit Hilfe der Programme
AutoCAD bzw. Inventor, Fa. Autodesk GmbH.
Molekularbiologische Methoden:
•
Plasmid DNA Präparation aus Bakterienzellen (QIAPrep, Easyprep)
•
Gensequenzrecherche in der NCBI Genbank, PCR Primer Planung
•
Genamplifikation via PCR, Reinigung von PCR-Fragmenten
•
Restriktionsverdau von PCR-Fragmenten und Plasmid DNA mit Restriktionsenzymen,
DNA-Dephosphorylierung mit alkalischer Phosphatase, DNA Behandlung mit KlenowPolymerase, Elektrophorese in Agarosegelen, Elution von DNA-Fragmenten aus dem
Gel, DNA-Ligation
13
•
Herstellung kompetenter E.coli- Zellen, Transformation von E. coli
•
Genkarten: Herstellung mit dem „Clone Manager“ Programm
Methoden für die Proteinherstellung und -aufreinigung:
•
Kultivierung und Induktion rekombinanter E. coli-Stämme, Aufnahme zugehöriger
Wachstumskurven im Schüttelkolben, Aktivitätstests der produzierten Enzyme
•
Hochzelldichtefermentation von
E. coli BW3110 mit verschiedenen Rhamnose-
induzierbaren Vektoren
•
Zellaufschluss
per
Ultraschall,
Zellaufschluss
mit
Hochdruckhomogenisator,
Zellaufschluss per French Press, Zellaufschluss mit BugBuster Reagent
•
Proteinreinigung
über
Talonsäulen,
Amyloseharzsäulen
(NEB),
Ni-NTA-Säulen
(Quiagen) und Strep-Tactin-Säulen (IBA)
•
Aufreinigung His-getagter Proteine mit IDA-funktionalisierten Magnetbeads
•
Aufreinigung MalE-getagter Proteine mit Amylose-funktionalisierten Magnetbeads
Proteinanalytische Methoden:
•
Proteinanalyse mit SDS-PAGE (Comassiefärbung)
•
Messung der eGFP-Fluoreszens, Bestimmung der Lipaseaktivität mit p-Nitrophenyl
Palmitate
(pNPP),
Phenylacetamido
Bestimmung
-Benzoesäure
der
Penicillinamidaseaktivität
(NIPAB),
Bestimmung
der
mit
2-Nitro-5-
Umsetzung
von
Benzylhydantoin mit HPLC
•
Aufnahme der Kinetiken verschieden getagter Lipasen (Bacillus thermocatenulatus) und
der Lipase Novozym L868 (Candida Antarctica)
•
Proteingehaltsbestimmung nach Bradford
•
Gesamtproteingehaltsbestimmung mittels Biocinchoninic Acid Protein Assay Kit (BCATestkit), Fa. Sigma, USA. Als Standard wird Bovin Serum Albumin (BSA) verwendet.
•
Proteinanalyse mit dem Agilent 2100 Bioanalyzer unter Verwendung des Protein 200
Lab-on-a-chip Kits, Fa. Agilent
•
Durchführung der Zellfreien Proteinbiosynthese mit radioaktiv markiertem Lysin zur
Erzeugung der verschieden getagten Lipasen in reiner Proteinform (Ziel: Korrelation
zwischen der Aktivität der Lipase und der zugehörigen Proteinmenge in g).
14
Enzymimmobilisierung:
•
Enzymimmobilsierung über N-Hydroxysuccinimid (NHS).
•
Enzymimmobilsierung über Epoxy-Aktivierung (ECH)
•
Enzymimmobilisierung über Glutaraldehyd (GA)
•
Enzymimmobilisierung über Hexamethylendiamin-Glutaraldehyd (HMDA/GA)
•
Enzymimmobilisierung über Carbonyldiimidazol (CD)
15
3 Ergebnisse
Im folgenden Kapitel werden die Ergebnisse des Projekts dargestellt und mit den Vorgaben
des Arbeitsplans verglichen. Der Fokus liegt dabei nicht auf einer bis ins letzte Detail
gehenden Darstellung der durchgeführten Aktivitäten, sondern auf einer Vermittlung der
Bedeutung der erreichten Meilensteine sowie einer Darlegung der Gründe für die
aufgetretenen Abweichungen vom ursprünglichen Zeitplan. Ausgangspunkt für diesen Soll/Ist Vergleich ist der auf Verlangen der DBU nachgereichte, ergänzte Arbeitsplan (siehe
Anhang 6.3). Die im Text in Klammern angeführten Hinweise, wie z.B. (M 2.3),
kennzeichnen die "Sub"-Meilensteine auf die sich die Passage bezieht. Die Darstellung erfolgt
nicht in streng chronologischer Ordnung oder nach Projektpartnern geordnet, sondern ist in
die Arbeitspakete Partikelherstellung, Partikelcharakterisierung, Separatorkonstruktion,
Proteinaufreinigung, Modellierung und Bilanzierung,
sowie Enzymimmobilisierung und
Immobilisatcharakterisierung unterteilt. In die Bearbeitung der Arbeitspakete sind dabei
jeweils mindestens zwei Projektpartner involviert. Zum Abschluss dieser Ergebnisdarstellung
und Diskussion folgt ein grafische Darstellung des erreichten Projektstands in Form eines
Zeit-/Meilenstein-Diagramms.
3.1
Herstellung funktionalisierter Magnetbeads
Der Erfolg oder Misserfolg der Projektziele Bioproduktaufreinigung und Biokatalyse hängt
entscheidend von den physiko-chemischen Eigenschaften sowie der Reproduzierbarkeit und
dem Preis der eingesetzten Magnetbeads ab. Die Herstellung funktionalisierter Magnetbeads
spielte demnach eine zentrale Rolle innerhalb des Projekts, wobei diese Aufgabe
hauptsächlich von dem Projektpartner chemagen Biopolymer-Technologie AG, kurz
chemagen, bearbeitet wurde. Im Projektverlauf hat chemagen u.a. unfunktionalisierte
Polyvinylalkohol-Magnetbeads
sowie
Magnetbeads
mit
Epoxy-,
Amin-
und
Carboxylfunktionalisierung als Ausgangsbasis für Enzymträger an die Projektpartner geliefert
(M 1.1).
Die
Herstellung
von
Magnetbeads
mit
den
genannten
Oberflächenfunktionalisierungen war bei chemagen bereits vor Projektbeginn etabliert und
konnte mit leichten Modifikationen auf das Projekt übertragen werden. Anders verhielt es
sich
dagegen
mit
den
für
die
Aufreinigung
getagter
Proteine
benötigten
Partikelfunktionalisierungen, weshalb im folgenden näher darauf eingegangen wird.
16
3.1.1
Herstellung von M-PVA Magnetbeads für die Aufreinigung von Proteinen mit
Histidin-Tag
Die von der chemagen AG im
Rahmen
leistenden
zunächst
des
Projekts
Arbeiten
zum
Ziel,
zu
hatten
NaBH4
+
Allyl-Glycidyl-Ether
eine
IDA
OH-
Methode zur Herstellung von
M-PVA Magnetbeads mit für
die Aufreinigung von Proteinen
NaOH, DMSO
Abb. 2: Herstellung IDA-funktionalisierter Magnetbeads über AGEAktivierung
über einen oligo-Histidin-Tag geeigneter Oberfläche zu entwickeln. Zur Bindung des oligoHistidin Restes sollte die Beadoberfläche mit Iminodiessigsäure (IDA) funktionalisiert und
anschließend mit einem zweiwertigen Übergangsmetallion beladen werden. Für die optimale
Funktionalisierung der Beadoberfläche mit Iminodiessigsäure wurden zunächst verschiedene
Immobilisierungsmethoden untersucht. Zu Beginn wurden IDA-Immobilisierungsversuche
unter Verwendung verschiedener bifunktioneller Kupplungsreagentien wie Epichlorhydrin
und 1,4 Butandiol-diglycidylether durchgeführt, deren generelle Verwendbarkeit für die IDAFunktionalisierung z.B. ausgehend von Agarose-Matrices seit langem bekannt ist. Bei dieser
zweistufigen Synthese bindet zunächst das Kupplungsreagenz an die Hydoxylfunktion der
Magnetbeads unter Bildung einer stabilen Etherfunktion. In der zweiten Stufe wird die
Iminodiessigsäure irreversibel unter Addition an die zuvor eingeführte Epoxid-Funktion
immobilisiert. Hierbei resultierten allerdings Beads, die nach Beladung mit Kupferionen keine
ausreichende Proteinbindungskapazität aufwiesen.
Zur Herstellung geeigneter IDA-Partikel mit höherer Protein-Bindungskapazität erwies sich
eine dreistufige Synthese als wesentlich erfolgreicher, bei der die M-PVA Magnetbeads
zunächst mit Allylglycidylether (AGE) umgesetzt werden (siehe Abb. 2). Unter Ringöffnung
des Epoxids reagiert das AGE dabei mit den Hydroxylfunktionen der Beadoberfläche unter
Ausbildung einer kovalenten Bindung. Im zweiten Schritt wird die Doppelbindung mittels NBromsuccinimid (NBS) oder Brom bromiert. In einer nukleophilen Substitutionsreaktion wird
anschließend das Brom durch die Iminodiessigsäure (IDA) ersetzt. Im Gegensatz zur zuvor
beschriebenen Methode, bei der unter Verwendung von Epichlorhydrin oder 1,4 Butandioldiglycidylether zunächst die Beadoberfläche mit Epoxy-Funktionen beladen wird, ist die hier
im ersten Reaktionsschritt eingeführte Doppelbindung unter den Reaktionsbedingungen
wesentlich stabiler und ist daher wesentlich weniger anfällig für unerwünschte
17
Nebenreaktionen. Zudem sollte das anschließend gebildete Zwischenprodukt aufgrund der
leichten Substituierbarkeit des Bromids eine quantitative Umsetzung mit Iminodiessigsäure
ermöglichen. Es war daher bei Einsatz dieser dreistufigen Herstellungsmethode eine höhere
Oberflächenfunktionalisierung und somit eine verbesserte Proteinbindung zu erwarten.
Essentiell erscheint insbesondere die Kontrolle der in der ersten Synthesestufe ablaufenden
Reaktion mit AGE. Wichtige Reaktionsparameter wie pH-Wert des Mediums, Temperatur,
Menge an Allylglycidylether, Reaktionsdauer sowie Zusätze von organischen Lösungsmitteln
wie DMSO wurden daher zunächst im Zuge der weiteren Optimierungsarbeiten variiert.
Hierbei wurden die besten Ergebnisse mit 90 mg eGFP/g Träger bei mehrtägigem Erhitzen
nach Alkalisierung mit 1 M NaOH Lösung, Verwendung von DMSO als Quellmittel und bei
Einsatz eines großen Überschusses an Allylglycidylether erzielt (zu M 1.5).
Reaktionsvorschrift:
Es werden 10 g M - PVA Magnetbeads (OH-Funktionalisierung) in einem 1 l Dreihalskolben
mit Überkopfrührer in 150 ml 1 M - NaOH Lösung vorgelegt und 150 ml DMSO
hinzugegeben. Man fügt nach 5 Minuten 150 ml des Allylglycidyethers hinzu und rührt 72 h
bei 50°C. Aufgrund der schlechten Löslichkeit des Allylglycidylethers rührt man bei möglichst
hoher Rührergeschwindigkeit, um den Allylglycidylether möglichst fein zu verteilen. Danach
werden die Partikel magnetisch oder in einer Zentrifuge abgetrennt. Man wäscht viermal mit
Wasser, um den überschüssigen Allylglycidylether zu entfernen.
Die Bromierung der Doppelbindung erfolgt in wässriger Suspension. Die zuvor abgetrennten
Beads werden in einer Lösung von 8 g NBS ( N-Bromsuccinimid ) und 8 g NaBr in 300 ml
Wasser in einem Becherglas bei Raumtemperatur gerührt. Nach zwei Stunden wird der
Überstand abgetrennt und die Partikel viermal mit 200 ml Wasser gewaschen.
Die Umsetzung zum M-PVA IDA-Partikel erfolgt in Suspension unter Zusatz von 82 g
Iminodiessigsäure, 30 g NaOH und 40 g Natriumcarbonat in 400 ml Wasser. Die Partikel
werden mindestens 72 h bei 60 C° in einem Dreihalskolben mit Rückflusskühler durchmischt.
Die Beads werden abgetrennt und mit Wasser IDA-frei gewaschen.
Ausgehend von den für die 10 g Ansatzgröße optimierten Reaktionsbedingungen wurden
weitere Up-scaling Versuche unternommen. Es wurden Ansätze von zunächst 20 g, dann
50 g, 75 g und 100 g durchgeführt (zu M 4.3). Der für die kleinere Ansatzgröße erreichte
18
maximale Wert für die Bindekapazität von 90 mg eGFP/g Träger konnte für die größeren
Ansätze nicht mehr erreicht werden. Auffallend ist, dass die gemessenen Werte für die
Proteinbindung auch bei der Verwendung desselben M-PVA Grundbeads und Chemikalien
zum Teil erheblich schwanken.
Verschiedene Ursachen wurden für die aufgetretenen Unterschiede zwischen PartikelChargen angenommen. Bei der folgenden Beschreibung der Verbesserungsansätze, die zum
Ziel hatten insbesondere die Reproduzierbarkeit der Herstellung sicherzustellen, wurde
jeweils die für die 10 g Ansatzgröße gefundene GFP Bindungskapazität von 90 mg / g als
Zielwert zugrunde gelegt. Partikel mit etwas geringerer Proteinbindungskapazität sind für die
weitere Anwendung noch einsetzbar, bei Werten kleiner als 50 mg/g GFP Bindungskapazität
wurden die entsprechenden Partikel jedoch im weiteren als nicht brauchbar eingestuft.
Zum einen könnten Unterschiede im Vernetzungsgrad der M-PVA Magnetbeads dazu führen,
dass die Zahl der verfügbaren OH-Funktionen pro Oberfläche von Ansatz zu Ansatz variieren
kann. Die bei der Herstellung der Ausgangsmatrix durchgeführte Vernetzung mittels
Glutaraldehyd läuft sehr rasch ab und ist daher nur schwer exakt kontrollierbar. Bei stärkerer
Quervernetzung sind die Beads kompakter und mehr Hydroxylfunktionen wurden durch die
Vernetzungsreaktion blockiert, so dass im Vergleich zu schwacher Vernetzung weniger freie
Hydroxylfunktionen
chemisch
zugänglich
sind
und
somit
eine
Reaktion
mit
Allylglycidylether zu geringerer Umsetzung führt. Der Einsatz von weniger Vernetzer bei der
Grundbeadherstellung sollte eine diffusere Oberfläche mit mehr zugänglichen OH-Funktionen
und somit eine Verbesserung der Umsetzung mit AGE ergeben.
Andererseits führt eine stärkere Vernetzung durch Verwendung eines hohen Überschusses an
Glutaraldehyd zur Einführung von Carbonylfunktionen, die nach Reduktion z.B. mit
Natriumborhydrid wiederum in Hydroxylfunktionen überführt werden können. Somit könnten
sogar mehr Hydroxylfunktionen an der Beadoberfläche verfügbar sein, wodurch sich die
nachfolgenden Bindungseigenschaften dann verbessern sollten. Die bei der Reduktion
resultierenden primären Hydroxylfunktionen sind zudem reaktiver als die sekundären der MPVA Grundmatrix und könnten damit einen weiteren positiven Effekt sowohl auf die
Reaktionsgeschwindigkeit als auch auf die Ausbeute ausüben. Die durchgeführten
Variationen dieses Parameters führten allerdings nicht zum gewünschten Ergebnis. Weder
durch Verringerung des Vernetzungsgrades noch durch Einführung weiterer primärer
Hydroxylfunktionen wurde mit den entsprechenden IDA-Partikeln eine signifikante
Steigerung der schlussendlich erzielten Proteinbindungskapazität erreicht. Im Vergleich zum
19
definierten Zielwert lagen die gemessenen Werte mit den veränderten Oberflächen aber auch
bei versuchter Reproduzierung der Herstellung mit „normaler Vernetzung“ bei lediglich etwa
30 mg eGFP /g Beads. Offensichtlich übt die Veränderung der Oberflächenbeschaffenheit
hinsichtlich der Zahl der verfügbaren Hydroxylfunktionen nur einen geringen Einfluss auf die
nachfolgenden Umsetzungen aus.
Als weitere mögliche Ursache wurde der Einfluss von Detergentien-Resten aus der
Grundbeadherstellung angenommen. Unterschiede in der Menge noch anhaftender
Detergentien könnten die spätere Modifizierung ebenfalls negativ beeinflussen. Detergentien,
die mit ihrem hydrophilen Ende mit der Beadoberfläche wechselwirken, könnten die Reaktion
zwischen der Oberfläche und dem AGE im wässrigen DMSO Reaktionsmedium behindern.
Um dies zu vermeiden, wurde zusätzlich zu den standardmäßig durchgeführten WaschSchritten ein sehr ausgiebiges Waschen der M-PVA Grundbeads in Wasser sowie in
verschiedenen organischen Lösungsmitteln unter gleichzeitiger Einwirkung von Ultraschall
durchgeführt. Nach weiterer Derivatisierung konnte bezüglich der GFP Beladung wiederum
kein positiver Effekt durch diese Vorbehandlung gefunden werden.
Des weiteren wurde der Einfluss von PVA-quellenden Lösungsmitteln sowie von Natronlauge
als „Voraktivierungs-Reagentien“ untersucht. M-PVA Beads quellen stark in Lösungsmitteln
wie DMSO und DMF, wodurch eine signifikante Vergrößerung der reaktiven Oberfläche
hervorgerufen wird. Bei Verwendung dieser Quell-Lösungsmittel entfällt zudem auch der
beim Standardverfahren stattfindende abrupte Wechsel der Polarität des Suspensionsmittels
von Wasser nach DMSO/Wasser. Ein schnelles Überführen der M-PVA Magnetbeads in
unterschiedlich polare Solventien bewirkt häufig eine Aggregation der Partikel. Das Quellen
in wässriger, alkalischer Lösung bewirkt zwar keine Vergrößerung der Beadoberfläche,
jedoch wird das als Katalysator eingesetzte NaOH in die Beadoberfläche diffundieren und
damit direkt an den Reaktionszentren verfügbar sein. Allerdings konnte auch durch diese
Maßnahmen keine sichtbare Verbesserung erzielt werden. Bei Verwendung dieser
„voraktivierten“ Partikel für die IDA-Modifizierung wurden ebenfalls lediglich GPFBeladungen von kleiner 30 mg/g ermittelt.
Da ein reproduzierbares Up-Scaling der Produktion von IDA-M-PVA Beads auf Grundlage
der Hydroxylgruppen-tragenden M-PVA Magnetbeads nicht erreicht werden konnte, wurde
im folgenden die Einsetzbarkeit anders vorfunktionalisierter M-PVA Magnetbeads
20
untersucht. Durch Verwendung entsprechender Partikel mit endständigen Aminofunktionen
erzeugt man im Vergleich zur Hydroxyl-Oberfläche eine deutlich nucleophilere Matrix, die
leichter im ersten Derivatisierungsschritt mit der Epoxidfunktion des Allylglycidylethers
reagieren sollte. Primäre Aminofunktionen reagieren mit Epoxiden oder im allgemeinen mit
Elektrophilen sehr viel schneller als primäre- oder sekundäre Alkoholfunktionen.
Magnetische Partikel mit Aminofunktionalisierung werden kommerziell von der Firma
chemagen AG unter der Artikelbezeichnung M-PVA-N 12 vertrieben. Diese sind mit einem
Funktionalisierungsgrad von 650 µmol NH2-funktionen pro Gramm Partikel erhältlich. Erste
Versuche mit M-PVA-N12 Magnetbeads im 2 g Maßstab lieferten IDA-Partikel, die eine
GFP-Bindung von etwa 90 mg eGFP/g zeigten. Die IDA-Modifizierung erfolgte analog der
oben ausführlich beschriebenen dreistufigen Methode, nun aber auf der Basis von
aminomodifizierten M-PVA Magnetbeads. Weitere Versuche ausgehend von M-PVA N12 in
Ansatzgrößen bis 25 g lieferten ebenfalls Partikel mit zufriedenstellender Bindungskapazität
von 50 - 75 mg eGFP/g Träger.
Ausgehend von den vergleichsweise guten Ergebnissen mit M-PVA-N12 Partikeln erschien
es vielversprechend, die Verwendbarkeit anderer aminomodifizierter Magnetbeads zu
untersuchen. Insbesondere wurde angestrebt, Beads einzusetzen, die deutlich mehr als
650 µmol Aminofunktionen pro Gramm Partikel aufweisen und somit eine noch bessere
Umsetzung
und
dadurch
eine
höhere
Proteinbindung
ermöglichen.
Höhere
Aminofunktionalisierungen lassen sich durch Immobilisierung monomerer Liganden direkt an
der Oberfläche kaum realisieren. Nach einer bei chemagen etablierten Methode können
jedoch Carboxyl-funktionalisierte Partikel mit einem Funktionalisierungsgrad von bis zu 1500
µmol hergestellt werden. Durch chemische Derivatisierung der Carboxylgruppe in eine
primäre Aminofunktion könnten auf der Basis solcher Carboxyl-Matrices Partikel hergestellt
werden, die einen deutlich höheren Funktionalisierungsgrad als 650 µmol/g aufweisen sollten.
In der gewählten Synthesemethode wird die Carboxylfunktion in einem ersten Schritt durch
Destillation mit Ethanol in den Ethylester und im zweiten Schritt mit einem Überschuss
Ethylendiamin in das Amid mit endständiger primärer Aminfunktion überführt. Die
quantitative Bestimmung dieser endständigen Aminofunktionen ergab Werte von 1400 µmol
Aminofunktion/ g Träger. Nach IDA Funktionalisierung wurde für die resultierenden Partikel
in ersten Tests eine eGFP Bindungskapazität für verschiedene Chargen im 1 – 10g Maßstab
von teilweise über 150 mg eGFP/g Träger ermittelt. Ein Up-Scaling der Produktion auf
Chargen von 33g ergab eGFP Bindungskapazitäten von 75 mg eGFP/g Träger.
21
NH2
Ethylendiamin
MeOH, H2SO4
COOH
COOMe
COON(CH2)2NH2
Reflux
NH2
OH
+
NH2 NH2 NH2 NH2 NH2 NH2
Ce(IV)
O
N
OH
O
Abb. 3: Reaktionsschema zur Herstellung verschiedener aminofunktionalisierte Partikel
Funktionalisierungsprotokoll für M-PVA Beads mit hoher Dichte an primären
Aminogruppen:
20 g Carboxylbeads M-PVA C22 werden entwässert. Dazu werden die Beads successive in
Ethanol/Wasser Gemischen von 30:70, 50:50, 70:30, 100% suspendiert und jeweils für eine
Stunde gerührt. Das Rühren in wasserfreiem Ethanol erfolgt über Nacht. Man separiert
erneut und gibt 500 ml Ethanol und 2 ml konz. Schwefelsäure hinzu. Es wird 4 h unter
Rückfluss erhitzt und anschließend das Ethanol azeotrop abdestilliert. Es werden erneut
250 ml Ethanol und 2 ml Schwefelsäure zugegeben und der vorherige Arbeitsschritt
wiederholt. Die Beads werden zentrifugiert und in 250 ml Ethylendiamin suspendiert und 8 h
unter Rückfluss erhitzt. Überschüssiges Ethanol und Ethylendiamin werden weitestgehend
abdestilliert. Nach Zentrifugation der Partikel wird mehrfach mit Wasser ethylendiaminfrei
gewaschen.
Alternativ zur Umwandlung von Carboxyl- in Aminobeads sollte die Herstellung eines
geeigneten Aminobeads auch durch Pfropfpolymerisation eines Monomers, das eine
endständige Aminofunktion enthält, auf die Beadmatrix möglich sein. Bei optimaler
Reaktionsführung entstehen Polymerketten, die eine weitaus höhere Aminofunktionalisierung
hervorrufen sollten. Eine mögliche Synthesestrategie ist die Aufpfropfung eines
Maleinsäureimides
unter
Verwendung
von
Ammonium(IV)-cernitrat
als
Starter.
Maleinsäureimid ist nicht kommerziell erhältlich und wurde daher ausgehend von
Maleinsäureanhydrid durch Umsetzung mit Ethylendiamin hergestellt.
22
Funktionalisierungsprotokoll für M-PVA Beads mit dentritischer Aminofunktionalisierung
mittels Propfpolymerisation
Darstellung des N-(2 Aminoethyl)-maleinsäureimids:
Man legt in einem Dreihalskolben mit Überkopfrührer und Tropftrichter 250 ml
Ethylendiamin vor. Man tropft über zwei Stunden 60 g Maleinsäureanhydrid in 150 ml
trockenem Aceton hinzu. Man destilliert zunächst das Aceton und dann das überschüssige
Ethylendiamin bei Atmosphärendruck aus der Reaktionsmischung heraus und trocknet
anschließend im Vakuum.
Funktionalisierung der M-PVA Partikeln:
Es werden 10 g M-PVA Partikel in 100 ml Wasser suspendiert. Man fügt 10 g Cer(IV)ammoniumnitrat in 300 ml Wasser hinzu und inkubiert 2 min bei RT. Anschließend werden
unter starkem Rühren zügig 10 g des Maleinsäureimids in 50 ml Wasser ( pH 4 ) zugegeben.
Nach zwei Stunden werden die Beads magnetisch separiert und mehrfach mit Wasser
gewaschen.
M-PVA Beads, die durch die beschriebene Pfropfpolymerisation des Maleinsäureimids
hergestellt und anschließend in der bekannten dreistufigen Synthese in einer Ansatzgröße von
5 g zum IDA-Partikel umgesetzt wurden, zeigten sehr hohe Werte für die Proteinbeladungen
mit bis zu 270 mg eGFP/g Bead. Allerdings konnten auch bei Verwendung dieser Methode
derartig hohe Beladungdichten bei größeren Ansätzen bis 100 g nicht wiedergefunden
werden. Trotzdem liegen hier die ermittelten Proteinbindungskapazitäten mit Werten bis über
90 mg eGFP/g Träger insgesamt deutlich höher als bei Verwendung der Hydroxyl-Matrices.
Somit erscheint der höhere Arbeitsaufwand bei Verwendung der aminofunktionalisierten
Beads gerechtfertig und eine weitere Optimierungsarbeit basierend auf derartigen Partikeln
sinnvoll, insbesondere im Hinblick auf eine bessere Reproduzierbarkeit der Ergebnisse bei
weiterem Up-Scaling des Herstellungsansatzes.
Ein wichtiger Parameter zur Erreichung einer noch besseren Reproduzierbarkeit der
Funktionalisierung bei Ansatzgrößen von 100 g und mehr scheint dabei die möglichst feine
Verteilung des schlecht löslichen Allylglycidylethers im Reaktionsgemisch des ersten
Syntheseschritt zu sein. Besondere Arten des kräftigeren Durchmischens oder die
Verwendung geeigneter Lösungsvermittler sollten dabei untersucht werden. Weiterhin könnte
man evtl. noch bessere, aminofunktionalisierte M-PVA Magnetbeads erhalten, indem die
Pfropfpolymerisation durch Copolymerisation des Maleinsäureamids mit einem weiteren
23
geeigneten Monomer durchgeführt wird. Hierbei ist bekannt, dass Maleinsäurederivate als
elektronenarme Monomere sich im allgemeinen leichter polymerisieren lassen, wenn man
elektronenreiche Monomere copolymerisiert.
3.1.2
Herstellung von M-PVA Magnetic Beads für die Aufreinigung von Proteinen mit
Carbohydrat-Bindeprotein-Tag:
Die Aufreinigung von Proteinen, insbesondere Enzymen, stellte sich im Projektverlauf als
auch für die spätere Enzymimmobilisierung wichtigen Schwerpunkt heraus. Ergänzend zum
ursprünglichen
Arbeitsplan
wurde
neben
der
Nutzung
von
Histidin-Tags
zur
Proteinaufreinigung daher auch die Verwendung eines Carbohydrat-Bindeprotein-Tags für
diesen Zweck untersucht. Geeignete Beads für diese Anwendung sollten an der Oberfläche
mit einem Polysaccharid beschichtet sein, das eine ausreichende Bindung zum verwendeten
Carbohydrat-Bindeprotein-Tag
magnetisierbaren
besitzt.
Säulenmatrices
auf
Aufgrund
der
Basis
der
guten
von
Ergebnisse
Amylose
wurde
mit
bei
nichtden
Immobilisierungsversuchen dieses Polysaccharid eingesetzt. Zur Immobilisierung von
Amylose wurden drei Kupplungsverfahren herangezogen. Die hinlänglich in der Literatur
beschriebenen Verfahren der Immobilisierung von Polysacchariden über Oxirane und
Divinylsulfon führten zu keinen brauchbaren Partikeln. Es konnte für die so hergestellten
Beads keine nennenswerte Bindung an den Protein-Tag nachgewiesen werden. Dagegen
führte die Kupplung unter Aktivierung der
Oberfläche mit einem Diisocyanat zu Beads
mit Bindekapazitäten für das Modellprotein
MalE+GFP von bis zu 80 mg eGFP/g Träger.
3.1.3 Up-scaling
der
Herstellung
der
unfunktionalisierten M-PVA Magnetic Beads
Neben der Effizienz der funktionalisierten
Beads für die geplanten Aufreinigungen ist die
kostengünstige
Herstellung
der
M-PVA
Magnetic Beads in ausreichend großer Menge
grundlegend für die Wirtschaftlichkeit der
Methode.
unternommen,
Dazu
zum
wurden
einen
die
Versuche
bisherige
Ansatzgröße wesentlich zu erhöhen, zum
24
Abb. 4: Thermostatisierbarer 100 L Reaktionsbehälter zum Upsaclen der M-PVA Grundbeadproduktion.
anderen auch das bisher durch Zentrifugation durchgeführte zeitintensive Waschen der so
hergestellten Beads durch alternative Methoden zu ersetzen (M 4.1). Versuche zum UpScaling der Herstellung der M-PVA Grundpartikel wurden in einem beheizbaren 150 Liter
Rührkessel (siehe Abb. 4) bisher im Maßstab bis 60 L durchgeführt. Das entspricht einer
Ausbeute an M-PVA Magnetic Beads von ca. 170 g pro Ansatz, gegenüber einer Ausbeute
von ca. 27 g bei dem bisher durchgeführten Standardansatz.
Eine von der Firma Steinert gelieferte
Magnetplatte der Größe 1x1 m (siehe
Abb. 5) unterstützt die Produktion, da
man bisher nach zwei Ansätzen im 60 l
Maßstab
entweder
über
Nacht
sedimentieren lassen musste oder das
gesamte Suspensionsvolumen aufwendig
in
einer
musste.
3,2 l
Die
Zentrifuge
Separation
abtrennen
in
einem
geeigneten Behälter über der von Steinert
gelieferten
Permanentmagnetplatte
Abb. 5: Verschiebbarer Partikelabsetzbehälter mit 1 m2
Seltenerd-Permanentmagnetplatte.
verläuft nahezu quantitativ in ca. 40 Minuten, so dass eine Tagesausbeute von mehr als 1 kg
M-PVA Grundpartikeln möglich ist. Die erzielte Größenverteilung weicht nicht signifikant
von der aktuellen Standardverteilung ab, so dass die Qualität der Partikel nach der
chemischen Modifizierung annähernd gleich sein sollte. Dafür sprechen auch die ersten
weiterführenden Untersuchungen: Nach Funktionalisierung der im größeren Ansatz
hergestellten Beads entsprechend chemagen’s Standard-Methoden (z.B. für Carboxylierung
oder Aminierung der Beadoberfläche) ist im Vergleich zur Verwendung von Beads aus
kleineren Routine-Ansätzen kein Unterschied in der anschließenden Qualitätskontrolle
aufgetreten. Ansätze bis 100 l sind bei der hier eingesetzten Anlage möglich, so dass ein
weiteres Up-scaling der Magnetbeadproduktion auf Herstellungsmengen von > 250 g möglich
erscheint.
25
3.1.4
Herstellung weiterer Magnetbeadvarianten
Neben der Herstellung magnetischer M-PVA-Beads durch die Fa. chemagen wurden im
Rahmen des Projekts auch alternative Beadmaterialien untersucht. Hierzu erfolgte durch den
Projektpartner FZK die Synthese polyglutaraldehyd-beschichteter Ferritbeads (PGF) sowie
von magnetithaltigen Polymethylmetharcylat- (mPMMA), Polyvinylacetat (mPVAc)
und
Polymethacrylat- (mPMA) Beads (M 1.2). Anschließend erfolgte für die Beadssorten eine
IDA-Funktionalisierung unter Einsatz von AGE. Da, wie im folgenden Abschnitt dargestellt,
diese Beads insgesamt aber nicht eine den M-PVA-Beads ebenbürtige Kombination
gewünschter Eigenschaften aufwiesen, soll an dieser Stelle auf eine ausführliche Darstellung
ihrer Synthesewege verzichtet werden.
26
3.2
Charakterisierung der Magnetbeads
Die Charakterisierung der Magnetbeads umfasste zunächst die Aspekte der physikalischen
Eigenschaften sowie der maximalen Bindekapazität für das Modellprotein GFP. Nach
Auswahl der zwei am besten geeigneten Partikelsorten wurden diese anschließend eingehend
auf Eigenschaften wie Elutionscharakteristik, Rezyklierbarkeit und Abscheideverhalten
innerhalb von Magnetseparatoren (siehe Abschnitt "Magnetseparatoren) untersucht.
3.2.1
Partikelscreening (physikalische Eigenschaften und GFP-Bindekapazität)
Eckpunkte des Partikelscreenings
300
Eigenschaften war der Wunsch
250
nach
der
geeigneten
Grundpartikeln
mit einer Partikelgröße von 1-2
µm,
superparamagnetischen
Eigenschaften bei ausreichender
q in mg GFP / mg Träger
physikalischen
bezüglich
mPMMA-Beads
Robustheit.
zeigten
200
150
100
50
Magnetisierung sowie einer guten
mechanischen
M-PVA
PGF
Die
0
0
50
100
sich
hierbei rasch aufgrund ihrer Größe
(> 5 µm) und ihrer magnetischen
150
200
250
300
c* in mg GFP / L
Abb. 6: Verlauf der eGFP-Bindekapazität
funktionaliserte M-PVA bzw. PFG Beads
für
IDA
Remanenz als ungeeignet. Die anderen Grundpartikel waren hinsichtlich Größe,
magnetischen
Eigenschaften
sowie
chemischer
Stabilität
grundsätzlich
geeignet
2
(Partikelgröße ca. 1 µm, Sättigungsmagnetisierung > 30 Am / kg, Remanenz < 1 %, pHStabilität von pH 2 bis 10)
(M 1.3). Der Vergleich der Beadsorten hinsichtlich ihrer
Bindefähigkeit für His-getagte Proteine erfolgte durch die indirekte Bestimmung der Menge
der funktionellen IDA-Gruppen mittels der gebundenen Cu2+-Ionen sowie über die Aufnahme
von Beladungsisothermen für eGFP aus einem verdünnten, jedoch ungeklärten Zellaufschluss
(siehe z.B. Abb. 6). Hierbei erwiesen sich optimierte M-PVA-Partikel und PGF-Partikel
aufgrund ihrer hohen maximalen Bindekapazität und ihrer Selektivität (Kd < 1 µM) gegenüber
den anderen Magnetbeads als überlegen.
27
3.2.2
Im
Weitergehende Partikelcharakterisierung (zu M 2.1)
Anschluss
Identifizierung
an
von
die
für
die
Aufreinigung His-getagter Proteine
grundsätzlich
Partikelsorten
weitergehende
geeigneter
stand
die
Charakterisierung,
wobei die Frage einer häufigen
Wiederverwendbarkeit
im
Vordergrund stand. Ebenso wie für
andere
Sorbenspartikel
bzw.
Abb. 7: Verlauf der Bindekapazität von IDA/M-PVA bei
mehrfacher Verwendung mit u. ohne Cu-Wiederbeladung.
Chromatographiematerialien spielt
die Langzeitstabilität über eine Vielzahl von Aufreinigungszyklen eine entscheidende Rolle
bei der Beurteilung der Wirtschaftlichkeit des Prozesses. Die Partikelsorten wurden daher
intensiv auf ihr Elutionsverhalten und auf im Verlauf der Wiederverwendung auftretende
Änderungen der Bindekapazität hin untersucht (siehe Abb. 7). Bei entsprechenden Versuchen
war zunächst über mehrere Protein-Aufreinigungszyklen ein deutlicher Abfall der
Bindekapazität zu erkennen, der auf den Verlust von Kupferionen insbesondere beim
Elutionsschritt durch das verwendete Elutionsmittel Imidazol zurückgeführt werden konnte.
Erfolgt zwischen den Aufreinigungszyklen jedoch jeweils eine kurze Wiederbeladung mit
Kupferionen ist über bis zu 10 untersuchte Zyklen kein Verlust an Aufreinigungskapazität zu
erkennen. Um für eine noch höhere Anzahl an Aufreinigungszyklen den Arbeitsaufwand zu
verringern wurde als zweites System
Wiederverwendbarkeit
200
mit
Kationenaustauscherfunktionalisierung
untersucht. Die fünfzigfach im 10 mL
Maßstab durchgeführte Bindereaktion
war die Aufnahme von Lactoferrin
-1
Magnetbeads
von
Beladung in mg g
die
150
100
50
durch diese Beads gefolgt von einer
Elution mittels 1M NaCl. In Abb. 8 ist
die pro g Beads gebundene Menge an
Lactoferrin über der Zyklusnummer
aufgetragen.
28
Während
der
ersten
0
0
10
20
30
40
50
Zyklus
Abb. 8: Verlauf der Bindekapazität von Magnetbeads mit
Kationenaustauscherfunktionalisierung
über
50
Aufreinigungszyklen
Zyklen trat ein sich aufsummierender Partikelverlust auf, der sich nach 30 Zyklen, d.h. über
hundert Abtrennvorgängen mittels eines Handmagnetens, auf insgesamt ca. 30 % belief. Als
Konsequenz wurden im folgenden die Sorptionsüberstände sowie die Wasch- und
Elutionslösungen gesammelt und nach jeweils 10 Zyklen nochmals einer Beadrückgewinnung
unterworfen. Durch Rückführung der hierdurch gewonnenen Beads konnte der Partikelverlust
im Verlauf der nächsten 20 Zyklen vollständig gestoppt werden und es resultierte eine
praktisch konstante Bindekapazität von 90 - 110 mg Lactoferrin pro g Magnetbeads.
Hinsichtlich der Optimierung der Elutionsbedingungen ist bemerkenswert, dass für eine
nahezu vollständige Elution des an M-PVA-Beads gebundenen eGFPs bereits eine
Imidazolkonzentration von 0,1 M ausreichte. Diese Elutionspufferkonzentration liegt deutlich
unterhalb der normalerweise zur Rückgewinnung von über „immobilized metal affinity“Liganden gebundenen Proteine benötigten Konzentration. Falls sich diese Beobachtung in
weiteren Systemen bestätigt, bedeutet dies eine erhebliche Einsparung an Elutionschemikalien
und damit sowohl ökonomische wie auch ökologische Vorteile.
Des weiteren wurden bezüglich des
Cu-Ionen auch die zweiwertigen
Ionen Kobalt, Zink und Nickel
hinsichtlich
der
Bindekapazität
maximalen
bezüglich
eGFP
untersucht. Die Ergebnisse sind in
Abbildung
9
dargestellt.
Neben
Cu2+-Ionen wären alternativ noch
Ni2+-Ionen
einsetzbar,
max. Beladung GFP /
mg/g Partikel
chelatbildenden Metallions neben
125
100
75
50
25
0
Cu
Zn
Ni
Co
Chelatbildner: verw endetes Metall-Ion
Abb. 9: Bindekapazität von M-PVA-IDA Magnetbeads in
Abhängigkeit des an IDA gebundenen Metallions.
deren
Aufreinigungsleistung in vergleichbarer Größenordnung lag. Sie wurden jedoch nicht
verwendet, da sie sich bei den Wasch- und Elutionsschritten in stärkerem Maße vom Bead
wieder lösen.
29
3.2.3
Test der mit Amylose funktionalisierten Magnetbeads (zu M 2.1)
Wie im Abschnitt zur Beadherstellung angeführt, wurden durch die Firma chemagen neben
IDA funktionalisierten Magnetbeads auch M-PVA-Beads mit Amylosebeschichtung
synthetisiert, wodurch diese Affinitätssorbentien für Proteine mit Carbohydrat-BindeproteinTag darstellen. Im Zuge der Beadcharakterisierung wurden insgesamt 25 Chargen mit
Amylose funktionalisierte Beads in Hinblick auf Aufreinigungsqualität und Funktionalität mit
den Fusionsproteinen Lipase-MalE bzw GFP-MalE getestet. Im Falle der besten Charge
konnten im Mittel 80 mg GFP-MalE/g Bead und 130 mg Lipase-MalE/g Bead gebunden
werden. Die erzielte spezifische Aktivität der so aufgereinigten Lipase entsprach der über eine
Amyloseharz-Säule (New England Biolabs, Schwallbach) chromatographisch aufgereinigten
Lipase-MalE von 105 U/mg Protein.
30
3.3 Auslegung und Konstruktion von für die Biotechnologie
geeigneten Magnetseparatoren
3.3.1
Neben
Grundprinzip
der
Synthese
leistungsfähiger
und
kostengünstiger
Magnetbeads
für
die
Proteinaufreinigung und Enzymimmobilisierung stellt die Entwicklung von für die
Biotechnologie geeigneten Magnetseparatoren eine weitere Voraussetzung dar, um die
angestrebte Übertragung der Magnetbeadtechnologie vom analytischen hin zu einem
industriellen Maßstab zu erreichen. Aufgrund der sehr geringen Partikelgröße der im
Gesamtverfahren
eingesetzten
Magnetbeads
ist
unter
den
theoretisch
möglichen
Magnetseparationsprinzipien nur das Verfahren der Hochgradienten-Magnetfiltration
erfolgsversprechend.
Im
Falle
anderer,
aus
der
industriellen
Praxis
bekannter
Magnettechnologien, wie z.B. Trommelmagnetseparatoren oder Stabmagnetfilter, zeigt eine
einfache Kräftebilanz, dass hierdurch eine effiziente Abscheidung von Partikeln mit
Durchmessern von nur ca. 1 µm nicht aussichtsreich erscheint.
Das physikalische Prinzip eines Hochgradienten-Magnetfilters beruht auf der Kraftwirkung
auf magnetisierbare Teilchen in einem inhomogenen Magnetfeld. Magnetisierbare Teilchen
werden in einem äußeren Magnetfeld zu Dipolen polarisiert (d.h. sie bilden einen Nord- und
einen Südpol aus) und richten sich entlang der Feldlinien aus. Eine anziehende Kraft auf die
Dipole wird allerdings nur dann ausgeübt, wenn Nord- und Südpol mit unterschiedlicher
Stärke angezogen bzw. abgestoßen werden. Dies ist dann der Fall, wenn das Magnetfeld sich
im Bereich der Teilchengröße ausreichend stark ändert, also einen inhomogenen Verlauf
aufweist. Die Teilchen werden dann in Richtung zunehmender Magnetfeldstärke
beschleunigt. Die auf die Teilchen wirkende Kraft ist proportional zur Stärke des Magnetfelds
und proportional zur räumlichen Änderung des Feldes, dem Feldgradienten. Um sehr kleine
Partikel magnetisch erfassen zu können, muss die Magnetfeldstärke sich in einem kleinen
Raumbereich stark ändern (Hochgradienten-Feld).
Im Hochgradienten-Magnetfilter wird die Feldinhomogenität dadurch erzeugt, dass in ein
zunächst homogenes Magnetfeld eine Matrix aus dünnen, magnetisierbaren Drähten,
eingebracht wird. Die Drähte werden polarisiert und verzerren dadurch das vorher homogene
Feld. Die durch diese Verzerrung entstandenen Feldgradienten ziehen magnetisierbare
Teilchen, die sich durch die Matrix bewegen, in Richtung auf die Drähte, bis sie schließlich
daran haften bleiben. Durch dieses Prinzip können auch sehr feine magnetisierbare Teilchen
31
aus Flüssigkeiten separiert werden. Das zu behandelnde Gemisch aus Flüssigkeit und
Teilchen wird dem Magnetfilter so lange zu geführt, bis das Aufnahmevermögen der Matrix
gesättigt ist. Nach Abschaltung des Magnetfeldes wird die Matrix gespült.
3.3.2
Optimierung
von
Hochgradienten-Magnetfiltern
auf
Basis
schaltbarer
Permanentmagnetsysteme
Nach
eingehender
Diskussion
mit
den
Projektpartnern erwies sich ein modifizierter
Hochgradientenmagnetfilter Typ HGF 10 (siehe
Abb. 10) als geeigneter Ausgangspunkt für die
Entwicklung von speziell auf die Bedürfnisse
der
Biotechnologie
optimierter
Magnettechnologie. Dieser Magnetfilter besteht
aus
einer
einfach
aufgebauten,
starren
Filterkammer sowie einem Magnetkreis zur
Erzeugung von Magnetfeldern bis 0,5 Tesla.
Das
Magnetfeld
wird
von
starken
Permanentmagneten erzeugt, die in einem Rotor
eingebaut sind, der sich in einem Eisenjoch
befindet (Abb. 11). Je nach Stellung des Rotors
liegt
im
Luftspalt
des
Eisenjochs
ein
Abb. 10: Labormagnetseparator HGF10
Magnetfeld mit der geforderten Feldstärke an bzw. wird das Magnetfeld des
Permanentmagneten
im
Eisenkreis
kurzgeschlossen,
wodurch
Anziehungskraft auf Magnetbeads innerhalb der Filterkammer entfällt.
32
die
magnetische
Abb. 11: Magnetkreis des HGF im eingeschalteten Zustand
Die unterschiedlichen Feldstärken im Luftspalt des Eisenjochs (Position der Filterkammer)
für die beiden Stellungen des Rotors sind in Abb. 12 für einen HGF mit 500 mm Arbeitsbreite
dargestellt.
Abb. 12: Magnetfeld im Eisenkreis eines HGF 50, links: ein, rechts: aus
Innerhalb der Filterkammer befindet sich die Filtermatrix (siehe Abb. 13), die aus mehreren
Lagen eines magnetisierbaren Edelstahlgewebes besteht. Die Maschenweite beträgt 0,5mm
bis 5 mm, die Drahtstärke ca. 0,1 mm bis 1mm, je nach Anwendung. Die Ausführung der
Filterkammern wurde mit den Projektpartnern abgestimmt und orientiert sich in der
Materialwahl an GMP-Anforderungen. Nach der Fertigstellung wurde der Magnetfilter den
Arbeitsgruppen der Universität Stuttgart für Versuche zur Verfügung gestellt (M 2.4)
33
Abb. 13: Beispiel einer Filtermatrix
Zur Erreichung höherer Durchsätze können das Magnetsystem und die Filterkammer des
HGF 10 verbreitert werden. Im Einsatz bei der Abreinigung von feinen Eisenpartikeln aus
Entfettungsbädern in Bandbeschichtungsanlagen der Stahlindustrie sind Geräte mit
Magnetbreiten von bis zu 1000 mm, die zum Teil auch in Tandembauweise (zwei parallel
durchströmte Filterkammern) ausgeführt sind (siehe Abbildung 14). Unter Zugrundlegung der
für den Anwendungsfall der Separation funktionalisierter Magnetbeads eingesetzten
Filtergeschwindigkeiten, ergeben sich für diese Magnetfilter Durchsätze von ca. 2,5 m3/h
während der Separationsphasen.
Abb. 14: Hochgradienten-Magnetfilter HGF 100/2 mit je zwei Filterkammern mit 1000 mm Breite
34
3.3.3
Entwicklung
eines
kostengünstigen
Hochgradienten-Magnetfilters
zur
Bioproduktaufarbeitung im Pilotmaßstab
Über
die
im
Arbeitsprogramm
festgesetzte Bereitstellung eines LaborMagnetfilters hinaus, ergab sich im
Projektverlauf der Wunsch nach einem
kostengünstigen
Magnetfilter
mit
Matrixvolumen,
größeren
Hochgradientendeutlich
erhöhtem
entsprechend
Menge
an
einer
handhabbaren
Magnetbeads pro Aufreinigungszyklus.
Auf Basis der durch die Projektpartner
am
IBVT
bzw.
FZK
gemachten
Vorgaben, wurde ein Magnetfilter mit
1,2 L Filterkammer incl. Magnetsystem
entwickelt und gefertigt (Abb. 15 und
16). Das System zeichnet sich durch
einen noch einfacheren Aufbau und
Abb. 15: 3D-Ansicht des Kanisterscheiders mit 1,2 L
Filterkammer
damit günstigeren Preis aus.
Das für die Filterrückspülung benötige
Entfernen des Magnetfelds aus dem Bereich
der Filtermatrix wird bei diesem System
nicht wie im Fall der Magnetfilter der
Baureihe HGF durch den Einbau des
Permanentmagnetmaterials
in
einen
drehbaren Rotor bewerkstelligt, sondern
durch die Fixierung der Filtermatrix auf
einer Linearverschiebung. Als Vorteil dieser
Bauweise ist die Möglichkeit des Einsatzes
konventioneller,
Abb. 16: Kanisterscheider mit Linearverschiebung
zur
Feldelimitation
während
der
Partikelrückspülung
Permanentmagnetsysteme
kostengünstiger
mit
festem
Eisenjoch zu nennen. Als Nachteile ergeben
35
sich die Notwendigkeit flexibler Suspensionszu- und abführungen sowie der größere
Platzbedarf. Diese Nachteile kommen jedoch erst für große Anlagen wirklich zum tragen und
stellen für den Fall der Pilotanlage keine Probleme dar. Neben dem Einsatz innerhalb der
Pilotanlage zur Bioproduktaufreinigung in Stuttgart eignet sich dieser Magnetfilter auch für
die im Rahmen eines Up-scalings der Produktion notwendige effiziente Waschung der MPVA-Grundbeads während der Synthese (M 4.1).
3.3.4
Optimierung der operativen Partikelseparationskapazität der Magnetfilter (zu M5.1)
Im Hinblick auf eine hohe Proteinausbeute pro
Aufreinigungszyklus ist die Optimierung der
verwendeten Filtermatrix hinsichtlich einer
maximalen
Filterkapazität
Bedeutung.
Aufgrund
von
der
großer
zyklischen
Betriebsweise der Aufreinigungsanlage ist
hierbei die „Arbeitskapazität“ des Filters
entscheidend,
d.h.
das
Partikelfassungsvermögen eines Magnetfilters,
der
schon
in
einem
vorherigen
Abb. 17: Modular aufgebaute Filterkammer zur
Optimierung der Filtermatrices
Aufreinigungszyklus beladen und durch eine
festgelegte Spülprozedur (Filtergeschwindigkeit 80 m/h, Kreislaufspülung im Gegenstrom,
2x1 min) abgereinigt wurde. Zur Durchführung der Optimierungsversuche wurde für den
Labor-Magnetfilter HGF10 eine Filterkammer entwickelt, die sich durch ihren modularen
Aufbau und die Möglichkeit eines
einfachen Wechsels der verwendeten
A
B
C
D
w = 5,0 mm
d = 0,900 mm
w = 2,5 mm
d = 0,500 mm
w = 1,0 mm
d = 0,250 mm
w = 0,5 mm
d = 0,125 mm
Filtermatrices auszeichnet (siehe Abb.
17). Eine Filtermatrix besteht aus einer
abwechselnden
Abfolge
magnetisierbaren
Abscheidegeweben
und
praktisch
von
Im Rahmen der Untersuchungen wurden
acht verschiedene Filtermatrices, d.h.
Kombinationen
aus
Abscheidegewebe und Spacer getestet.
36
b
c
w = 0,63 mm
d = 0,250 mm
w = 0,2 mm
d = 0,09 mm
unmagnetischen
Abstandshaltern, sogenannten Spacern.
unterschiedliche
a
w = 1,0 mm
d = 0,315 mm
Abb. 18: Variation der zum Zusammenbau der
Filtermatrices
eingesetzten
Abscheideund
Spacergewebe.
Die Variation der Abscheidegewebe umfasste Maschenweiten von 0,2 – 1,0 mm bei
Drahtdurchmessern von
0,09 – 0,32 mm, die Variation der Spacergewebe umfasste
Maschenweiten von 1,0 – 5,0 mm bei Drahtdurchmessern von 0,25 – 0,9 mm (siehe Abb.
18).
Für die Arbeitskapazitäten bei beginnendem Partikeldurchbruch (5 % Durchbruch) ergaben
sich für M-PVA Magnetbeads in Wasser je nach verwendeter Filtermatrix Werte im Bereich
von 270 – 360 g Beads pro L Filtermatrix. Die experimentellen Werte sind in Tabelle 1
beispielhaft bei Verwendung definierter Beladungsbedingungen (cPartikel = 5 g/L,
Filtergeschwindigkeit 18 m/h, Leitungswasser) dargestellt. Im Fall viskoserer Medien ist
jedoch ein Rückgang der Arbeitskapazität um teilweise über 50 % zu beobachten, so dass eine
genaue Festlegung der Arbeitskapazität im Falle der Partikelabtrennung aus Biosuspensionen
nur experimentell erfolgen kann.
Tabelle 1: Filterkapazitäten für verschiedene Abscheidegewebe-Spacer-Kombinationen für M-PVA-Partikeln in
Wasser
σ in g/L
S 0,90/5,0
S 0,50/2,5
S 0,25/1,0
Μ 1,00/0,31
279
281
311
Μ 0,63/0,255
292
315
291
Μ 0,20/0,095
-
304
359
S=
Spacer :Drahtdurchmesser in mm/Maschenweite in mm
M=
Abscheidegewebe: Drahtdurchmesser in mm/Maschenweite in mm
σ=
Filterkapazität in g Partikel/L Filtermatrix
Wie aus Tabelle 1 zu erkennen ist für M-PVA Partikel die Variationsbreite der erreichbaren
Filterkapazitäten im untersuchten Bereich nicht sehr groß und für den praktischen Betrieb
nicht unbedingt richtungsweisend. Die höchste Filterkapazität tritt in Übereinstimmung mit
der Theorie bei Einsatz der feinsten Kombination Abscheidegewebe – Spacer auf. Die etwas
erhöhte Filterkapazität wird im praktischen Betrieb jedoch durch eine erhöhte
Verstopfungsgefahr und eine erschwerte Rückspülung erkauft, so dass in den Versuchen
gröbere Gewebe mit etwas geringeren theoretischen Filterkapazitäten bevorzugt wurden. Der
Grund für die geringe Variation der Filterkapazität ist darin zu suchen, dass unter den
gewählten Bedingungen jede der Filtermatrices in der Lage ist, das Volumen der
Filterkammer weitgehend mit abgeschiedenen Partikeln zu füllen. Für noch gröbere Gewebe
37
bzw. höhere Filtergeschwindigkeit wird jedoch sicherlich irgendwann der Punkt erreicht, an
dem die Ausnutzung des Filterkammervolumens deutlich zurück geht und die
Filterkapazitäten deutlich absinken. Unter den gewählten, günstigen Bedingungen ist dies
jedoch nicht der Fall, sondern die erreichbare Filterkapazität wird maßgeblich durch die
erreichbare Feststoffdichte in den Partikelanlagerungen an den Drähten bestimmt.
Die
erreichbare Feststoffdichte ist eine Funktion der Partikeldichte und –form, der
Oberflächenladung und nicht zuletzt der magnetischen Wechselwirkungen. Diese
Zusammenhänge sind gegenwärtig noch nicht in ausreichendem Maße theoretisch zu
erfassen, sondern es müssen Wege einer einfachen experimentellen Abschätzung gesucht
werden.
3.3.5
Optimierung der Partikelrückspülung aus der Filtermatrix
Im Lauf der Versuche bei den Forschungspartnern zeigte sich, dass im Spülvorgang des HGF
die Beads nicht vollständig aus der Draht-Matrix entfernt werden konnten. Dies hängt im
wesentlichen mit der im Vergleich zu andern Anwendungen geringen Fließgeschwindigkeit
des Mediums während der Spülphase zusammen. Da voraussichtlich eine nennenswerte
Erhöhung dieses Parameters wegen des damit verbundenen Flüssigkeitsverbrauchs
ausscheidet, wurde nach einer anderen Lösung gesucht, ein möglichst vollständiges
Ausspülen der Beads zu erreichen.
Die
Partikelrückgewinnung
aus
dem
Magnetfilter stellt im Hinblick auf die
vollautomatisierte
Prozessführung
zahlreiche
Aufreinigungszyklen
kritischen
Aspekt
dar,
da
über
einen
eine
unzureichende Partikelresuspendierung zu
folgenden
Problemen
führt:
(i)
eine
verminderte Wasch- und Elutionseffizienz
innerhalb
des
Zyklus
und
(ii)
eine
unzureichende Sorptionskapazität zu Beginn
des neuen Zyklus, da nur eine Teilmenge
der
Magnetbeads
Sorptionsbehälter
38
wieder
gelangt.
in
den
Als
Abb. 19:
Matrixgehäuse mit angeschraubtem
Kugelvibrator nach Einbau in den Magnetfilter HGF10
Gegenmaßnahme wurden verschiedene Ansätze, wie z.B. Ultraschall, Flüssigkeitspulsationen
und mechanische Vibrationen, zur Verbesserung der Resuspendierung untersucht. Von diesen
Maßnahmen erwies sich das Einwirken mechanischer Vibrationen hoher Frequenz als
effektivste und zugleich kostengünstigste Lösung. Die Erzeugung der Vibrationen erfolgt
mittels eines fest mit dem Matrixgehäuse verbundenen Kugelvibrators (siehe Abb. 19), der
durch Druckluft (4-6 bar) betrieben wird.
Ergebnisse
der
Verbesserung
der
Partikelaustrag-Effizienz in %
Die
Rückgewinnung
abgeschiedener
M-PVA
Partikel im Falle des Systems
HGF10
sind
dargestellt.
in
Abb.
Die
20
Auftragung
100
80
60
40
ohne Kugelvibrator
20
m it Kugelvibrator
0
0.0
zeigt den prozentualen Anteil
mit als auch ohne Einsatz des
Kugelvibrators.
erkennen,
Wie
lässt
sich
100.0
150.0
200.0
Filtergeschw indigkeit in m /h
ausgespülter Partikel über der
Filtergeschwindigkeit, sowohl
50.0
Abb. 20:
Effizienz der Partikelrückgewinnung aus dem
Magnetfilter HGF10 in Abhängigkeit der Spülgeschwindigkeit,
sowie mit und ohne Einsatz eines Kugelvibrators.
zu
bei
einer
Spülgeschwindigkeit
von
nur
ca.
80
m/h
die
Partikelrückgewinnung von knapp 60 % auf nahezu 98 % steigern. Ein größer dimensionierter
Kugelvibrator kam auch bei dem beschriebenen Magnetsystem mit 1,2 L Filterkammer zum
Einsatz. Wie sich zeigte, konnte hierdurch jedoch die Effizienz des Partikelrückgewinnung
nicht in gleichem Maße gesteigert werden wie im Falle des Laborseparators HGF 10. Die
Frage einer weitestgehend vollständigen Partikelrückgewinnung aus großvolumigen
Filtermatrices
ist
damit
noch
nicht
abschließend geklärt und bedarf weiterer
Optimierung.
Ein Ansatzpunkt hierfür ist sicherlich eine
Optimierung des Designs der Filtermatrix.
Hierzu wurde eine Matrix konzipiert, die statt
aus
Drahtgewebe
aus
mehreren
Lagen
gekanteter Blechstreifen besteht (siehe Abb.
Abb. 21: Alternative Filtermatrix aus Kantblech
39
21). Besonderes Augenmerk wurde darauf gelegt, einen möglichst minimalen Biegeradius an
den Knickstellen der Bleche zu erreichen, da an diesen Stellen ein möglichst hoher
Feldgradient erreicht werden soll. Gleichzeitig muss gewährleistet sein, dass der Abstand der
Blechstreifen zueinander konstant ist. Im Vergleich zur Drahtmatrix sind bei diesem Aufbau
keine Strömungs-Toträume vorhanden, in denen Partikel zurückbleiben können. Bis zum
offiziellen Projektabschluss konnte diese Matrix noch nicht auf ihre Effizienz getestet werden.
Da aber alle Projektpartner an einer Fortführung der Arbeiten in Richtung einer
Kommerzialisierung interessiert sind, werden diese Versuche voraussichtlich Anfang des
Jahres 2005 durchgeführt.
40
3.4
Versuchsanlagen zur Proteinaufreinigung
3.4.1
Laboranlage auf Basis des schaltbaren Magnetfilters HGF10
Zur Durchführung der Proteinaufreinigung mittels Magnetbeads wurde unter Einsatz des
Magnetfilters HGF10 der Firma Steinert eine Laboranlage entwickelt und im Technikum des
Instituts für Technische Chemie am Forschungszentrum Karlsruhe aufgebaut. Die einzelnen
Anlagenelemente, wie Ventile, Magnet und Pumpe, wurden über ein in LabVIEW (National
Instruments, Texas, USA) geschriebenes Programm angesteuert, so dass in vorgegebenen
Zeiträumen ein Wechsel zwischen den einzelnen Prozessschritten stattfand. Ziel des
automatisierten Prozesses war es, die Proteinaufreinigung über mehrere Zyklen unter
Verwendung derselben Partikeln und dem Einsatz von frischer Biosuspension je Zyklus
eigenständig ablaufen zu lassen. Ein Fließschema der Laboranlage ist in Abbildung 22
dargestellt.
In dem Behälter B1 fand die Batchsorption
des Zielproteins aus dem Homogenisat statt.
Die Partikel-/Biosuspension wurde danach
mit einer Filtergeschwindigkeit von 24 m/h
über die Ventile V1, V2 und V5 durch den
magnetischen Filter gepumpt, in dem die
Partikeln
zurückgehalten
wurden.
Der
restliche Prozessstrom wurde über die Ventile
V6 und V7 aus dem System geschleust. War
der Filter mit Partikeln gefüllt, wurde Ventil
2 umgestellt und solange Waschpuffer aus
dem Behälter B3 durch das System gepumpt
bis die Lösung innerhalb des Recycle-Loops
vollständig ausgetauscht war. Anschließend
wurde mit Hilfe von Ventil 6 der RecycleLoop geschlossen. Das Magnetfeld wurde
abgeschaltet und der Waschpuffer mit den
freigesetzten Partikeln in entgegengesetzter
Flussrichtung
bei
einer
erhöhten
Abb. 22: Schema einer Laboranlage zur
automatisierten
Proteinaufreinigung
mittels
Magnetbeads.
Geschwindigkeit (95 m/h) im Kreislauf gepumpt. Durch Einschalten des Kugelvibrators
wurde dabei die Freisetzung der Partikeln aus dem Filter unterstützt. Nach 120 sec wurden die
41
Partikeln
durch
Einschalten
Magnetfeldes,
des
Reduzieren
des
Volumenstroms auf 24 m/h und Ändern der
Flussrichtung für 120 sec wieder in dem
Filter gesammelt. Der Waschpuffer wurde
aus
dem
System
entfernt
und
der
Waschschritt mit neuem Puffer wiederholt.
Danach wurden auf die gleiche Weise zwei
Elutionsschritte
durchgeführt,
wobei
Elutionspuffer und Partikeln hier für 600
sec im Kreislauf gepumpt wurden. Die
Wasch- und Elutionsfraktionen wurden im
Fraktionensammler aufgefangen. Nach der
zweiten Proteinelution wurden die Partikeln
noch einmal gewaschen. Dann wurde aus
dem Behälter B2 neue Biosuspension in
das System geleitet, wobei die Partikeln
über
Ventil
4
zurück
in
Abb. 23: Foto der Laboranlage zur automatisierten
Proteinaufreinigung mittels Magnetbeads.
den
Vorlagebehälter B1 gelangten. Über das in die Anlage gepumpte Biosuspensionsvolumen
lässt sich dabei die gewünschte Partikelkonzentration im Sorptionsbehälter einstellen. Mit
dem darauf folgenden Batchsorptionsschritt wurde ein neuer Zyklus gestartet. Abbildung 23
zeigt ein Foto der automatisierten Loboranlage.
3.4.2
Pilotanlage zur Bioproduktaufarbeitung mittels Magnetbeads
Wie im Rahmen der Ausführungen zu den entwickelten Hochgradienten-Magnetfiltern
erwähnt,
entstand
im
Projektverlauf
der
Wunsch
den
Erprobungsmaßstab
der
Bioproduktaufarbeitung über den im Arbeitsprogramm vorgesehenen Labormaßstab hin zu
einer Demonstration im Pilotmaßstab zu erweitern. Ziel dieser Bestrebungen war der Aufbau
einer Anlage, die eine Proteingewinnung im g-Maßstab pro Zyklus erlaubt, wobei die
Zyklusdauer bei nur ca. einer Stunde liegt.
42
Abb. 24: Anlagenschema der Pilotanlage zur Proteinreinigung mittels Magnetbeads (Filtervolumen 1,2 L)
Abb. 24 zeigt das Fließbild der verwendeten Pilotanlage im halbtechnischen Maßstab. Nach
Sorption der Biomoleküle an die magnetischen Mikrosorbentien (ca. 100 g) in einem externen
Rührreaktor (G1) wird die partikelhaltige Suspension durch die Abscheidekammer des
Magnetseparators (MS) gepumpt (Filtergeschwindigkeit 25 m/h, Schlauchpumpe P600, Fa.
Watson Marlow, UK). Hierbei werden die produktbeladenen magnetischen Sorbentien
zurückgehalten, während unmagnetische Zellbruchstücke den Separator ungehindert
passieren. Kurz vor Durchbruch der Partikel wird zum ein- oder zweimaligen Waschen (G2)
und zur Elution (G3) der Kreislauf („Loop“) der Anlage zunächst bei eingeschaltetem
Magnetfeld mit der entsprechenden Lösung gefüllt. Anschließend erfolgt bei ausgeschaltetem
Magnetfeld ein Umpumpen der Partikel im Loop (Filtergeschwindigkeit ca. 80 m/h), gefolgt
von einem Ausschleusen der Elutionslösung, wobei die Partikel wiederum durch das
Magnetfeld zurückgehalten werden. Auf die Elution folgen Prozessschritte zur Entfernung
des verbliebenen Elutionsmittels durch Waschung (G2) und zur eventuellen Wiederbeladung
der IDA-Gruppen der Partikel mit Kupferionen (G4). Der Prozessschritt zur Wiederbeladung
der Partikel mit Metallionen ist nur im Falle der Verwendung von "Immobilised Metal
43
Affinity" (IMA) Liganden notwendig, für andere Liganden wie z.B. Protein A kann er
entfallen oder optional durch einen Reinigungsschritt der Partikeloberfläche ersetzt werden.
Abschließend werden die Partikel aus der Filterkassette mit frischer Biorohsuspension (G5)
aus dem Filter-System in den Mischbehälter (G1) gespült und ein neuer Zyklus gestartet. Alle
Verfahrensschritte während eines Aufreinigungszyklus sind vollautomatisiert, die dazu
benötigte Steuerung der Pumpgeschwindigkeiten, -zeiten und der Ventilschaltungen ist durch
eine Programmierung mit der Grafischen Mess- und Steuerungs-Software Visual Designer
4.0, Fa. Texas Instruments realisiert.
Abb. 25 zeigt den Magnetfilter incl. Steuerung
und
angeflanschtem Kugelvibrator als das
Herzstück der Anlage. Der Magnetfilter der
Pilotanlage
befindet
sich
innerhalb
eines
verfahrbaren Gestells und könnte daher auch
rasch an anderen Einsatzorten genutzt werden.
Gesamtansichten der Pilotanlage während des
Betriebs finden sich in den Abbildungen 26a
und b. Als Vorlage und Produktbehälter dienen
zum Teil thermostatisierbare Edelstahlbehälter
mit Fassungsvermögen zwischen 10 und 50L. In
Bild 26a links sind die Vorlagebehälter, rechts
Abb. 25: 1,2 L-Magnetfilteranlage incl.
Steuerung und angeflanschtem Kugelvibrator.
die Produktbehälter zu erkennen.
a)
b)
Abb. 26: Gesamtansichten der Pilotanlage zur Bioproduktaufarbeitung mittels Magnetbeads.
44
Rechts im Vordergrund bildet die Ultrafiltration die letzte Stufe der Aufreinigungsanlage.
Neben einer Aufkonzentrierung dient die Ultrafiltration dabei zusätzlich einer starken
Verringerung der Konzentration an Kupferionen im Eluat, da diese im Gegensatz zu
Proteinen die Ultrafiltrationsmembran weitgehend ungehindert durchdringen können. Wird
das
zurückgehaltene
Ultrafiltrationsschritte
Proteinkonzentration
mit
kupferfreiem
für
Puffer
einen
oder
verdünnt,
mehrere
lassen
weitere
sich
die
Kupferkonzentrationen innerhalb der Produktlösung theoretisch unter jeden geforderten
Grenzwert einstellen. Eine evtl. Inhibierung des aufgereinigten Enzyms durch diese
Metallionen kann hierdurch umgangen werden. Zudem wird in diesem Schritt das Enzym in
einen für die Immobilisierung geeigneten Puffer überführt. Die Crossflow Filtration wurde
hierzu direkt in die Anlage integriert, so dass bereits parallel zum Aufreinigungsprozess
Elutionsfraktionen von bereits vorausgegangenen Zyklen filtriert werden können.
45
3.5 Molekularbiologische Generierung getagter Enzym u. GFPVarianten und Proteinherstellung
3.5.1
Einleitung
Aufgabe des Instituts für Industrielle Genetik (IIG) der Universität Stuttgart innerhalb des
Projekts war die Konstruktion von Expressionsvektoren zur Fermentation und Bereitstellung
rekombinanter,
technisch
relevanter
Enzyme.
Als
Modellsysteme
dienten
eine
thermoalkalophile Lipase aus Bacillus thermocatenulatus sowie die Penicillinamidase (PA)
aus einem E. coli Stamm. Daneben wurde das eGFP-Gen (enhanced green fluorescent
protein) als weiteres Modellsystem benutzt, da es sehr einfach nachzuweisen ist und sich
daher die Expression, der Einfluss von Tags auf die Expression, Bindung an Magnetbeads,
Effizienz der Proteinreinigung und Immobilisierung einfach messen lassen. Für die
Expression
haben
wurde
das
am
IIG
entwickelte
L-Rhamnose
induzierbare
Expressionssystem von E. coli benutzt, da es gegenüber den üblichen Expressionssystemen
zahlreiche Vorteile besitzt:
Da nahezu alle E. coli-Stämme die Rhamnoseabbau-Gene besitzen, eignen sie sich auch als
Wirt für die Expressionsvektoren, es müssen keine speziellen Stämme konstruiert werden wie
z. B. bei dem T7-Expressionssystem. Der Induktor ist nichttoxisch und kommerziell
erhältlich. Die Elemente der Regulation, Aufnahme und Metabolismus des Induktors sind
bekannt.
•
Mit dem Rhamnose-Expressionssystem werden besonders bei Genen, die zu einem
hohen Anteil an unlöslichen Proteinaggregaten führen (z.B. Penicillinamidase) bessere
Expressionsergebnisse erzielt, da die Induktion meist sehr viel langsamer läuft.
•
Die Expression ohne Induktor ist extrem niedrig. Dadurch sind die Vektoren sehr
stabil, ein Vorteil, der sich besonders bei der Reproduzierbarkeit in der
Hochzelldichtefermentaion bemerkbar macht. Zusätzlich wurden die Vektoren durch
eine Multimerauflösung (cer-site) stabilisiert und können daher auch in Rec+Stämmen ohne Probleme verwendet werden.
• Gegenüber negativ regulierten Systemen, bei denen der Repressor durch zu hohe
Kopienzahlen der Plasmide oft austitriert wird, ist es ein weiterer Vorteil, dass es sich
bei dem Rhamnosesystem um eine positive Regulation mit zwei Aktivatoren (RhaS
und RhaR) handelt, d.h. die Plasmidkopienzahl spielt keine Rolle, es werden nur so
viele Promotoren induziert, wie Aktivatoren gebildet werden. Gegenüber dem
bekannten Arabinose-Expressionssystem schließlich ist die Autoregulation der
46
Aktivatoren ein Vorteil, da die Regulatorgene im Chromosom verbleiben können und
nicht in die Expressionsvektoren inseriert werden müssen.
Für die Proteinreinigung spielen Affinitätstags eine immer größere Rolle, da sich damit der
Aufwand der Reinigung extrem verringern lässt. Oft genügt ein einzelner Reinigungsschritt,
um das Zielprotein 90% rein zu erhalten. Die Gensequenzen einer Vielzahl solcher Tags
wurden in unsere Rhamnosevektoren inseriert. Die Tag-Sequenzen wurden so inseriert, dass
rhaP
RBS
PT7
BsrGI
PstI
HindIII
SmaI
PstI
HindIII
EcoRV
PstI
HindIII
BamHI
pJOE4623
pJOE4624
EcoRV
PstI
HindIII
ter
BamHI
eGFP
malE
eGFP
ter
EcoRV
PstI
HindIII
BamHI
gluS
pJOE4622
ter
His
NdeI
eGFP
NdeI
rhaP
RBS
T7t
PT7
T7t
cer
HindIII
BsrGI
BamHI
BamHI
RBS
RBS
rhaP
NdeI
PT7
pJOE4618
ter
CBP
eGFP
T7t
cer
MunI
BamHI
NdeI
NdeI
T7t
rhaP
ter
arg
eGFP
eGFP
T7t
PT7
pJOE4613
ter
eGFP
stag
rhaP
HindIII
NdeI
RBS
PT7
cer
cer
strep
RBS
rhaP
RBS
T7t
PT7
cer
cer
His
rhaP
NdeI
cer
pJOE4056
ter
eGFP
BamHI
PT7
NdeI
rhaP
RBS
T7t
PT7
T7t
cer
BamHI
sie meist sowohl eine N- als C-terminale Fusion mit einem Zielgen erlauben.
ter
pJOE4599
pTST101
Abb. 27: Ausschnitte aus Rhamnose-induzierbaren Expressionsplasmiden mit Affinitätstags fusioniert an eGFP.
Alle Expressionsplasmide enthalten neben dem Rhamnosepromotor (rhaP) zusätzlich einen T7-Promotor (PT7),
eine T7 Ribosomenbindestelle (RBS) und einen Transkriptionsterminator (ter) sowie eine cer-site zur Auflösung
von Plasmidmultimeren. Weiter enthalten die Plasmide einen T7 Promotor (PT7), der aber für diese Arbeiten
nicht benötigt wurde.
47
An alle Tag-Sequenzen wurde das eGFP-Gen fusioniert, um die Tags bezüglich Expression
und Bindung an entsprechende Affinitätssäulen sofort überprüfen zu können. Dabei wurde auf
einen modularen Aufbau geachtet, der es erlaubt, das eGFP-Gen durch Restriktionsenzyme
auszuschneiden und durch andere Gene zu ersetzen. Die von uns konstruierten Plasmide
pJOE4056, pJOE4613, pJOE4599 und pTST101 enthalten jeweils einen HisTag, einen
StrepTag, die Glutathionreduktase und Maltosebindeprotein MalE N-terminal an eGFP
fusioniert. Die Vektoren pJOE4618, pJOE4622, pJOE4623 und pJOE4624 enthalten
Sequenzen für einen ArgTag, CPB (Chitinbindeprotein), StrepTag und HisTag, C-terminal an
eGFP fusioniert. (Abb. 27)
3.5.2
Expression eines Lipase-Gens aus Bacillus thermocatenulatus
Als erstes technisches Enzym wurde eine thermoalkalophile Lipase aus Bacillus
thermocatenulatus
ausgewählt.
Diese
Lipase
katalysiert
die
Hydrolyse
und
Transesterifizierung von Triacylglycerinen (Schmidt-Dannert et al., 1996; Biochem. Biophys.
Acta, 1301, 105-114). Das Lipase-Gen wurde in einige der in Abb. 27 gezeigten Plasmide
inseriert und dabei das eGFP-Gen ersetzt. In den Plasmiden pZSU1.1, pZSU2.1, pZSU3.1 und
pZSU38.4 ist das Maltosebindeprotein (MalE), die Glutathion Reduktase (GluS), der
StrepTag und ein HisTag N-terminal an die Lipase fusioniert. In pZSU5.3, pZSU6.5,
pZSU7.2 und pJOE4615.1 wurde ein AspTag, ArgTag, StrepTag und ein HisTag C-terminal
fusioniert. E. coli JM 109 wurde mit diesen Plasmiden transformiert, und mit den so
entstandenen Stämmen wurden in Schüttelkolben Expressionsversuche durchgeführt. Zu
bestimmten Zeiten wurden Proben entnommen, und nach dem Zellaufschluss und
Abzentrifugieren die Lipaseaktivität des Rohextraktes gemessen. Zur Bestimmung der
Lipaseaktivität wurde die Umsetzung von p-Nitrophenyl-Palmitat in p-Nitrophenol und
Palmitat photometrisch verfolgt.
Die Ergebnisse aus den gemessenen Aktivitätswerten (U/ml Flüssigmedium) zeigten, dass im
Allgemeinen nach 6 Stunden Induktion mit Rhamnose und 30°C Wachstumstemperatur die
höchsten Aktivitäten nachzuweisen sind. Dabei schnitten in der Regel die Konstruktionen am
besten ab, bei denen die Tags N-terminal an die Lipase angefügt waren (Tabelle 2).
48
Tab. 2: Lipaseaktivität pro 1 ml Kulturvolumen nach 6 h Induktion mit 0,2 %Rhamnose und 30°C in LBMedium mit Ampicillin. Die Zellen wurden mit Ultraschall aufgeschlossen und die Bildung von p-Nitrophenol
im Photometer bei 420 nm verfolgt.
E. coli JM109 mit
Volumenaktivität
(U/ml Flüssigmedium)
pZSU1.1 (MalE-N-Terminal)
12,45
pZSU2.1 (Glutation-Reduktase-N-Terminal)
3,41
pZSU3.1 (StrepTag-N-Terminal)
21,81
pZSU38.4 (HisTag-N-Terminal)
44,51
pZSU5.3 (AspTag-C-Terminal)
8,51
pZSU6.5 (ArgTag-C-Terminal)
1,2
pZSU7.2 (StrepTag-C-Terminal)
1,17
pJOE4615.1 (HisTag-C-Terminal)
3,19
Eine Ausnahme bildete der Vektor pZSU2.1 mit N-terminalem gluS, bei dem nur eine
Aktivität von 3,41 U/ml gemessen wurde. Bei den Stämmen, bei denen die Tags an das Ende
des Lipasegens fusioniert waren, wurden niedrigere Aktivitäten gefunden, zwischen 1.17
U/ml mit dem Plasmid pZSU7.2, 3,19 U/ml und 8.51 U/ml mit pZSU5.3. Der mögliche
Grund für das bessere Abschneiden der Lipasen mit N-terminal fusionierten Tags könnte in
der
Translationsinitiationsregion
liegen.
Es
ist
bekannt,
das
nicht
nur
die
Ribosomenbindestelle für eine hohe Expression wichtig ist, sondern auch die ersten Codons
nach dem Genstart. Das Lipasegen stammt von einem AT-reichen Bacillus und daher ist die
Translationsinitiationsregion nicht für E. coli optimiert. Dies gilt ebenso für das
Glutathiontransferase-Gen aus Schistosoma japonicum. Im Gegensatz dazu stammt MalE aus
E. coli und auch die Sequenzen für HisTag und StrepTag starten zunächst mit fünf Codons
vom E. coli lacZ-Gen. Die Klone mit Lipase-Gen wurden an die Arbeitsgruppe von Prof.
Syldatk weitergegeben und dort auch weiter bearbeitet.
3.5.3
Expression des Penicillinamidase-Gens
Als weiteres Modellenzym diente die Penicillinamidase. Die Penicillinamidase kommt in
verschiedenen Bakterien und auch in Hefen und Schimmelpilzen vor. Sie ist von großer
kommerzieller Bedeutung, da sie zur Hydrolyse von Penicillin G und V eingesetzt wird und
neuerdings auch zur direkten Synthese von Penicillinderivaten. Das von uns verwendete
Penicillinamidase-Gen stammt aus E. coli und wurde uns freundlicherweise von Prof. Kasche
auf dem Vektor pPAEC zur Verfügung gestellt, auf dem das ganze E. coli Penicillinamidase49
Gen unter der Kontrolle des Lactose-Promoters vorhanden ist. Eine hohe Expression dieses
Gens ist schwierig, da es in den periplasmatischen Raum transportiert und dort
autokatalytisch in drei Fragmente prozessiert werden muss, von denen sich das N-terminale
und das C-terminale Fragment zum reifen Enzym zusammenlagern. (Abb. 28).
S (26aa) A (209aa)
L(54aa)
B (557aa)
pre-pro-PA
pro-PA
PA
Abb. 28: Prozessierung der Penicillinamidase durch Abspaltung der Signalsequenz für den Export (S) und
autokatalytische Proteaseaktivität.
Dies führt bei hoher Expression zur Bildung von „inclusion bodies“. Das Gen aus dem
Plasmid pPAEC wurde durch PCR amplifiziert und unter die Kontrolle des RhamnoseExpressionssystem gebracht. In pZSU90.12 und pZSU93.1 wurde das vollständige Gen ohne
Affinitätstags in den Vektoren eingebaut. Die beiden Vektoren haben einen unterschiedlichen
Ursprung, pZSU90.12 ist ein pBR322 Derivat mit einer Ampicillinresistenz, pZSU93.1 ein
Derivat von pACYC184 mit einem Chloramphenikolresistenzgen zur Selektion. Durch
Umklonierungen in verschiedenen Plasmiden wurde die Penicillinamidase sowohl am NTerminus als auch C-terminal mit verschiedenen Tags versehen. In pZSU116.4 und in
pZSU117.11 haben wir das Penicillidamidase-Gen N-terminal mit MalE bzw. StrepTag
fusioniert. In pZSU150.1 wurde ein StrepTag C-terminal, in pZSU166.3 ein HisTag Cterminal angefügt (Abb. 29).
50
RBS
PT7
rhaP
RBS
PT7
rhaP
RBS
PT7
rhaP
RBS
PT7
rhaP
HindIII
pZSU90.12
pZSU93.1
NdeI
HindIII
pTST101
malE
ter
pZSU116.4
HindIII
pTST101
pZSU117.1
HindIII
BamHI
ter
ter
ter
pZSU150.1
HindIII
BamHI
stag
NdeI
BamHI
ter
His
cer
B
BamHI
NdeI
NdeI
T7t
cer
NdeI
T7t
cer
A
ter
strep
T7t
T7t
cer
S
HindIII
NdeI
RBS
rhaP
RBS
T7t
rhaP
PT7
T7t
cer
pZSU166.1
Abb. 29: Expressionsvektoren für das Penicillinamidase-Gen mit der Signalsequenz für Export (S), Alpha- (A)
und Beta- (B) Untereinheit unfusioniert oder fusioniert an Affinitätstags. Bei pZSU93.1 ist pACYC184 das
Ausgangsplasmid, bei den übrigen pBR322.
Die Expression des Penicillinamidase-Gens bzw. die Prozessierung und Aktivität des Enzyms
hängen stark von den Kultivierungsbedingungen ab. Um die einzelnen Schritte zu optimieren,
wurden eine Vielzahl von Parametern getestet wie z.B. verschiedene Produktionsstämme,
Wachstumsmedien, Wachstumstemperatur, Induktionszeiten, Einfluss von Affinitätstags usw.
Zunächst wurden verschiedene E. coli Stämme mit den obengenannten Vektoren
transformiert und mit rekombinanten Stämmen zahlreiche Expressionsversuche in
Schüttelkolben durchgeführt. Die Enzymaktivität wurde mit dem Penicillin-analogen Substrat
NIPAP gemessen. (Kasche et al., 1999; Biochem. Biophys. Acta 1433, 76-86.).
Die Auswertung der Ergebnisse hat ergeben, dass die höchste Enzymaktivität erreicht wird
durch:
•
Kultivierung der Stämme bei 22°C, 24 Stunden im LB Medium mit Antibiotikum
•
Verwendung des E. coli Stammes BL21 oder BL21DE3pLysS
•
Verwendung der Penicillinamidase-Gens ohne Affinitätstag
Die unterschiedlichen Aktivitäten der Penicillinamidase in Abhängigkeit von dem
Affinitätstag sind in Abb. 30 zusammengefasst. Die höchste Aktivität wurde mit dem
51
unfusionierten Gen erreicht, eine Fusion am C-Terminus bewirkte eine kleine Verringerung
der Aktivität, während eine Fusion am N-Terminus und damit auch eine intrazelluläre
Produktion zu einem nahezu inaktiven Protein führte.
U/ml Flüssigmedium
0,9
0,8
0,7
0,6
0,5
0,4
0,3
0,2
0,1
0
pZSU90.12 (das
ganze Gen)
pZSU150.1
(strepTag-C)
pZSU166.3
(hisTag-C)
pZSU116.4
(malE-N)
pZSU117.11
(strepTag-N)
Abb. 30: Wirkung der Affinitätstags auf die Aktivität der Penicillinamidase. (Versuch in LBamp Medium,
Inkubation bei 22°C 24 Stunden lang, verschiedene Vektoren in BL21DE3/pLysS).
Eine Überprüfung der Proteinproduktion durch SDS-PAGE zeigte, dass die Zellen nach
Induktion durch Rhamnose bei 28 °C sehr hohe Mengen an Penicillinamidase produzieren,
jedoch nur wenig aktives Enzym bilden. Stattdessen bilden sich Mengen falsch gefaltetes und
nicht prozessiertes Protein in Form von „inclusion bodies“.
1 2
Alfa-Untereinheit
ca. 60 kDa
3
4 5
„inclusion bodies“
ca. 80 kDa
Beta-Untereinheit
ca. 23 kDa
Abb. 31: „Inclusion body“-Bildung bei der Penicillinamidase Überexpression. Spur 1: Expression bei 22°C –
Überstand; Spur 2: Expression bei 22°C – Pellet; Spur 3: Expression bei 28°C – Überstand; Spur 4: Expression
bei 28°C – Pellet.
52
Dies war auch in dem Vektor pPAEC zu beobachten und konnte durch die Verwendung des
Rhamnose-Vektors und der niederen Temperatur stark vermindert aber nicht vermieden
werden. Die „inclusion body“-Bildung ist auf einem SDS-Gen in Abb. 31 dargestellt.
Um die „inclusion body-Bildung“ zu verringern, wurde die Expression des Gens in einem
Rhamnose-Vektor mit niedrigerer Kopienzahl getestet (pZSU93.1, ein Derivat von
pACYC184). Dies sollte die Expressionsrate reduzieren, aber durch die Verringerung der
Wechselwirkungen zwischen den sich faltenden Proteinketten dafür mehr aktives Protein
geben. Diese Konstruktion hat sich aber als nicht erfolgreich erwiesen. Die maximale
Aktivität ging mit der verringerten Kopienzahl um circa 30% zurück.
Ein weiterer Grund für die hohe „inclusion body“ -Bildung könnte in der zu langsamen
autokatalytischen Prozessierung liegen. Deswegen haben wir die Gene für die Alfa und BetaUntereinheiten des Enzyms getrennt in einen Vektor ohne Signalsequenz für den Transport
inseriert und die zwei Proteinuntereinheiten voneinander getrennt cytoplasmatisch exprimiert
(Plasmid pZSU185.44).
Auch dies führte zu keiner Steigerung an aktiven Enzym, im Gegenteil, nach
Rhamnoseinduktion des Stammes BL21DE3 ging die Menge an aktivem Enzym gegenüber
BL21DE3/pZSU90.12 auf 20% zurück.
Eine weitere Möglichkeit zur Vermeidung von „inclusion body“-Bildung ist die Koexpression
von Chaperon-Genen, die die erfolgreiche Proteinfaltung unterstützen. Periplasmatisch
lokalisierte Chaperone sind zum Beispiel DegP, eine Protease, die alternativ auch die
Proteinfaltung unterstützt, sowie SurA, FkpA und Skp. Die Expression dieser Gene wird
durch Sigma E kontrolliert (Sigma E ist ein alternativer Sigma-Faktor, der in E. coli die Gene
für extracytoplasmatische „Stressantworten“ kontrolliert). Daher wurde auch alternativ zu den
einzelnen Chaperonen Sigma E exprimiert, um eventuell alle Sigma E kontrollierten
Chaperone gleichzeitig anzuschalten. Die Chaperon-Gene bzw. rpoE wurden über PCR
amplifiziert und C-terminal vom dem Penicillinamidase-Gen mit HisTag in den Vektor
pZSU166.3 inseriert, wodurch ihre Synthese zusammen mit dem PA-Gen erst nach Induktion
mit Rhamnose induziert wurde.
Die Expression wurde in dem Stamm BL21 unter den üblichen Bedingungen (22°C, 24 h
Induktion mit Rhamnose in Schüttelkolben) durchgeführt und die Expression und Aktivität
von Stämmen mit:
53
pZSU166.3 (PA mit His-Tag C-Terminal, Kontrolle),
pZSU198.16 (PA mit His-Tag C-Terminal + DegP),
pZSU199.23 (PA mit His-Tag C-Terminal + SigmaE),
pZSU232.4 (PA mit His-Tag C-Terminal + Skp),
pZSU233.2 (PA mit His-Tag C-Terminal + FkpA),
pZSU234.1 (PA mit His-Tag C-Terminal + SurA)
verglichen. Dabei wurde neben der Biomasse auch die Penicillinamidaseaktivität in der nach
Entfernen der Zellen zellfreien Kulurbrühe gemessen. Die Volumenaktivitäten sind in Tabelle
3 zu sehen.
Bei den Stämmen mit pZSU198.16 und pZSU233.2 zeigte sich eine deutliche Erhöhung in
der Volumenaktivität der Biomasse. Bei den Stämmen pZSU199.23 und pZSU232.4 wurde
etwa die gleiche Aktivität gefunden wie in der Kontrolle mit pZSU166.3, während der Stamm
mit pZSU234.1 eine Verringerung der Aktivität ergab. Tatsächlich wurde mit den
Chaperonen aber nicht mehr aktives Protein pro Volumen Kulturflüssigkeit erreicht. Der
Unterschied beruhte offensichtlich darauf, dass die Zellen mit koexprimiertem DegP und
FkpA kein Protein in den Überstand abgaben, während dies bei allen anderen Stämmen sehr
massiv geschah.
Tabelle 3:
Penicillinamidase-Produktion in E. coli BL21 mit verschiedenen Rhamnosevektoren:
Abhängigkeit der Penicillinamidase-Produktion von der Koexpression periplasmatischer Chaperon-Gene
Volumenaktivität
E. coli BL21 mit
U/ml Kultur
Gesamtaktivität
in der Biomasse
Extrazellulär
U/ml
pZSU166.3 - Kontrolle
0,499
0,442
0,941
pZSU198.16 – mit DegP
0,883
0,010
0,893
pZSU233.2 – mit FkpA
1,060
0,000
1,060
pZSU199.23 – mit Sigma E
0,442
0,476
0,918
pZSU232.4 – mit Skp
0,591
0,216
0,807
pZSU234.1 – mit SurA
0,275
0,000
0,275
Offensichtlich
führt
die
Überexpression
und
„inclusion
body“-Bildung
zu
einer
Permeabilisierung der äußeren Membran oder auch Zelllyse. Dies scheint durch DegP und
FkpA verhindert zu werden. In der SDS-PAGE zeigten auch die Rohextrakte von diesen
Stämmen eine große Menge „inclusion bodies“. Zusammenfassend kann man sagen, dass alle
Stämme mit Ausnahme von BL21 pZSU234.1 etwa gleich große Mengen aktives und falsch
54
gefaltetes Protein produzieren, aber die Zellen mit DegP und FkpA länger intakt bleiben und
damit eine Verdopplung der Ausbeute nach Zellernte ermöglichen.
3.5.4
Hochzelldichtefermentation zur Penicillinamidase-Produktion
Um diese Ergebnisse aus den Schüttelkolbenversuchen zu verifizieren und genügend Mengen
an His-getaggter Penicillinamidase bereitzustellen für die Reinigung mit Magnetbeads und
Immobilisierung, wurden E. coli-Stämme mit den Plasmiden pZSU166.3 und pZSU198.16
zur Hochzelldichte fermentiert. Ein Nachteil des Rhamnose-Expressionssystems ist der teuere
Induktor, der bei Fermentationen im industriellen Maßstab die Kosten erhöht. Um die
Mengen an Induktor zu reduzieren, wurde der Stamm BL21 Rhamnose-negativ gemacht,
damit der Induktor nicht verwertet wird. Wie bereits früher mit dem Stamm W3110 gezeigt,
kann man damit die Menge an Induktor auf 10% reduzieren (Wilms et al. 2001; Biotech.
Bioeng. 73, 95-103). Die Inaktivierung des rhaB-Gens, d.h. der Rhamnulosekinase, erfolgte
über eine gerichtete Mutagenese. Das rhaB-Gen wurde durch eine Leserahmenverschiebung
defekt gemacht, und mit Hilfe eines Gen-Replacement-Vektors in das Chromosom gebracht.
Mit den Stämmen BL21Rha-/pZSU166.3 (His-getaggte Penicillinamidase) und BL21Rha/pZSU198.16 (His-getaggte Penicillinamidase + DegP) wurden Hochzelldichtefermentationen
in 13 L Volumen durchgeführt (Wilms et al. 2001; Biotech. Bioeng. 73, 95-103). Die BatchPhase bis zu einer optischen Dichte von ca. 50 (OD600) dauerte circa 24 Stunden. Hier wurde
dann der Induktor (0,2% Rhamnose) zugegeben. Nach 11 h Fedbatch-Phase, bei der weiteres
Medium exponentiell zugefüttert wurde war bei BL21Rha-/pZSU166.3 eine optische
Zelldichte von 95 erreicht. Hier wurde dann der Prozess gestoppt, nachdem zunehmend
Penicillinamidase im zellfreien Überstand auftrat (Abb. 32).
Mit dem Stamm BL21Rha-/pZSU198.16 wurde ebenfalls nach Erreichen einer OD von 50 der
Induktor (0,2% Rhamnose) zugegeben. Hier konnte der Prozess noch weitere 26 Stunden
weitergeführt werden. Dabei wurde eine optische Dichte von 190 erreicht. In beiden
Fermentationen wurden alle zwei Stunden Proben genommen und untersucht. In der ersten
Fermentation mit BL21Rha-/pZSU166.3 hatte in den letzten 6 Stunden der Fedbatch-Phase
die spezifische Aktivität der Zellen nicht mehr zugenommen, obwohl die Gesamtaktivität pro
Volumen wegen der Zunahme der Zellmenge noch anstieg. Die Erhöhung der Aktivität um
das 15-fache in dem zellfreien Flüssigmedium wies darauf hin, dass die Zellen anfingen zu
lysieren.
55
30000
300
25000
250
20000
200
15000
150
10000
100
5000
50
0
Biotrockenmasse (g)
Aktivität (NIPAB-U)
Fermentation -pZSU166.3
0
0
Biotrockenmasse (g)
2
4
6
Zeit nach der Induktion (h)
Gesamtaktivität in den Zellen
8
10
Gesamtaktivität in der zellfreien Fermentorkultur
Abb. 32: Fermentationsergebnisse. BL21Rha-/pZSU166.3
In der zweiten Fermentation mit BL21Rha-/pZSU198.16 nahm die spezifische Aktivität der
Zellen innerhalb der 12 Stunden Induktion zu. Die Gesamtaktivität pro Volumen nahm wegen
der Zunahme der Zellmenge auch nach 12 Stunden Induktion weiter zu. In den letzten 8
Stunden der Induktion wurde eine Erhöhung der Aktivität um das 5-fache in dem zellfreien
Flüssigmedium festgestellt. Offensichtlich begannen auch hier die Zellen zu lysieren Abb.
33). Im Vergleich zu den Fermentationsergebnissen mit dem Stamm BL21Rha-/pZSU166.3
(PA ohne DegP) sieht man, dass das Austreten von Penicillinamidaseaktivität aus den Zellen
bei BL21Rha-/pZSU166.3 schon 6 Stunden nach Induktion ansteigt und immer schneller
zunimmt, während dies bei BL21Rha-/pZSU198.16 erst nach circa 16 h auftritt und auch in
einem viel geringeren Ausmaß. Damit zeigt sich dieser Stamm deutlich überlegen und ergibt
eine etwa dreifach höhere Menge an Produkt.
56
Fermentation - pZSU198.16
90000
600
80000
Aktivität (NIBAP-U)
60000
400
50000
300
40000
30000
200
20000
Biotrockenmasse (g)
500
70000
100
10000
0
0
0
2
4
6
8
10
12
14
16
18
20
Zeit nach der Induktion (h)
Biotrockenmasse (g)
Gesamtaktivität in den Zellen (U)
Gesamtaktivität in der zellfreien Fermentorkultur (U)
Abb. 33: Fermentationsergebnisse. BL21Rha-/pZSU198.16
3.5.5
Reinigung der rekombinanten Penicillinamidase mit Magnetbeads
Mit den aus der Fermentation stammenden Zellen wurden erste Versuche zur Aufreinigung
mit Magnetbeads unternommen. Die Aufreinigung wurde parallel mit den von Chemagen zur
Verfügung gestellten IDA Beads und den von der Firma Sigma–Aldrich gekauften
HisSelectTM–Magnetic-Beads durchgeführt. Die Ergebnisse sind in Tabelle 4. und Abb. 34 zu
sehen. An den HisSelect Beads bindet deutlich mehr Penicillinamidase als an den IDA-Beads.
Allerdings wurde auch mehr Enzym durch die Waschschritte abgelöst, so dass letztlich in den
Elutionsfraktionen bei beiden Reinigungen ungefähr die gleiche Aktivität gemessen wurde.
Allerdings zeigte die SDS-PAGE, dass nach Aufreinigung mit den HisSelect Beads das
Protein wesentlich reiner ist (Abb. 34).
57
Tab. 4: Aufreinigung der His-getaggten Penicillinamidase aus BL21Rha-/pZSU166.3
Eingesetzte
Aktivität im
Gebundene
Aktivität
Überstand
Gesamtakt.
(U/ml)
(U/ml)
(U)
Verlust in
Aktivität in
den Wasch-
der Elutions-
fraktionen
fraktion
(U)
(U/ml)
IDA-Beads
5,1
3,4
1,66
0,118
2,99
HisSelectTM-Beads
5,1
2,2
2,9
0,845
3,25
W1-W3
E1-E3
W1-W3
E1-E3
ca. 60 kDa
ca. 23 kDa
IDA – Beads:
HisSelectTM – Beads:
Abb. 34.: Aufreinigung der His-getaggten Penicillinamidase mit IDA Beads und His-SelectTM-Beads und Analyse durch
SDS-Gele. Spur 1, 10: Größenmarker; Spur 2: E. coli Rohextrakt; Spur 3: Durchlauf; Spur 4-6: Waschfraktionen 1-3;
Spur 7-9 Elutionsfraktionen 1-3.
3.5.6
Immobilisierung der Penicillinamidase an Magnetbeads
Für die Immobilisierung an Magnetbeads wurden die käufliche Penicillinamidase von SigmaAldrich sowie die Penicillinamidase mit HisTag C-terminal aus unserer eigenen Fermentation
benutzt. Die Enzyme wurden sowohl an Amino- und Epoxi-funktionalisierten M-PVA Beads
von Chemagen immobilisiert wie von Frau Dr. Bozhinova beschrieben (D.P. Bozhinova,
2004; Synthesis, modification and characterization of magnetic micro-matrices for covalent
immobilisation of biomolecules. Model investigations with penicillin amidase from E. coli;
Doktorarbeit, Universität Regensburg). In den Tabellen 5 und 6 sind die Ergebnisse der
Immobilisierungen zu sehen. In den ersten vier Versuchen wurde die käufliche
Penicillinamidase an den NH2 –Beads gebunden. (Tab. 5) Die Proteinbeladung des Beads
variiert in diesen Versuchen zwischen ca. 34 mg/g und 43 mg/g Beads. Davon war zwischen
73 % und 95 % des immobilisierten Enzyms aktiv. An den epoxilierten Beads konnten wir
ungefähr die gleiche Menge Protein binden, aber der Anteil des aktiven Proteins war nur circa
58
65%. In den Versuchen mit der His-getaggten PA wurden nur 21-22 mg/g Protein gebunden,
wobei der Anteil des aktiven Proteins zwischen 48 % und 72 % war. Das schlechtere Ergebnis
könnte daran liegen, dass die mit den IDA Magnetbeads aufgereinigte His-getaggte
Penicillinamidase noch relativ stark mit Fremdproteinen verunreinigt war.
Aus diesen Gründen wurden in den nächsten Versuchen die Immobilisierung der mit IDA
Beads aufgereinigten und der mit HisSelectTM Beads aufgereinigten Penicillinamidase
verglichen. In diesen Versuchen folgte der Aufreinigung auch ein Pufferaustausch (0,2M NaP-Puffer) mit NAPTM-10 Säulen von der Firma Pharmacia, während vorher die
Immobilisierung direkt mit den Imidazol-haltigen Elutionsfraktionen durchgeführt worden
war. Die Ergebnisse sind in Tabelle 5. zu sehen.
Tab. 5: Immobilisierung der Penicillinamidase (mit HisTag, aufgereinigt mit IDA Beads bzw. gekauft von
Sigma).
Eingesetzte
Aktivität im
Gebundene
Gemessene
Proteinbelad
Anteil akt.
Aktivität
Überstand
Gesamtakt.
Gesamtakt.
der Beads
Enzym
(U/ml)
(U/ml)
(U)
(U)
(mg/g)
(%)
2,32
0,88
1,44
1,33
38,67
93
NH2-M-PVA Beads
2,23
0,71
1,52
1,14
42,90
74
+ PA von Sigma
2,56
1,18
1,38
1,00
33,54
73
1,97
0,88
1,09
1,04
34,58
95
2,23
0,75
1,48
0,95
42,27
65
2,49
0,92
1,57
0,76
21,18
48,5
1,93
0,66
1,27
0,92
22,16
72,5
Epoxi-M-PVA Beads
+ PA von Sigma
NH2-M-PVA Beads
+ PA mit HisTag Cterminal
In der Zusammenstellung der Ergebnisse in Tabelle 6 ist zu sehen, dass von dem eingesetzten
Enzym mehr an die Beads gebunden wurde und damit weniger bzw. keine Aktivität im
Überstand verblieb. Damit war der Anteil an aktivem Enzym an den Beads (in %)
vergleichbar mit der gekauften Penicillinamidase. Da dies für die Enzyme aus beiden
Reinigungen zutraf, kann dies vermutlich vor allem auf die Entfernung des Elutionspuffers
durch Pufferaustausches zurückgeführt werden und weniger auf die Reinheit der Enzyme.
59
Tab. 6: Immobilisierung der Penicillinamidase (aufgereinigt mit IDA bzw. HisSelectTM Beads).
Eingesetzte
Aktivität im
Gebundene
Gemessene
Proteinbelad
Anteil akt.
Aktivität
Überstand
Gesamtakt.
Gesamtakt
der Beads
Enzym
(U/ml)
(U/ml)
(U)
(U)
(mg/g)
(%)
1,78
0,28
1,11
1,15
20,6
77
1,97
0,00
1,18
1,55
13,1
79
NH2-M-PVA Beads
+ PA mit HisTag aufgereinigt mit
IDA Beads
NH2-M-PVA Beads
+ PA mit HisTag aufgereinigt mit
HisSelTM Beads
3.5.7
Schlussbemerkungen
Im Laufe des Projekts wurden eine Reihe von Rhamnose-induzierbaren Expressionsvektoren
entwickelt, in denen Tag-Sequenzen zur Affinitätschromatographie an das eGFP-Gen
fusioniert wurde. Diese erlauben durch die einfache Messung von eGFP eine schnelle
Optimierung sowohl der Expression als auch der Reinigung von Proteinen an den
entsprechenden Affinitätsmaterialien.
Der modulare Aufbau der Vektoren ermöglicht einen einfachen Austausch des eGFP-Gens
gegen ein Zielgen wie Lipase- oder PA-Gen. Eine erfolgreiche Klonierung in die Vektoren
zeigt sich am Verlust der Fluoreszens auf Rhamnose-haltigen Agarplatten.
Die
Expression
des
Penicillinamidase-Gens
wurde
optimiert
bzg.
Stamm,
Wachstumstemperatur, Induktionszeit, Art und Ort des Affinitätstags usw. Vor allem aber
konnte durch Koexpression der Chaperone DegP und FkpA eine Zelllyse verhindert werden
und
damit
eine
Verdreifachung
der
Ausbeute
an
aktivem
Enzym
bei
der
Hochzelldichtefermentation erzielt werden.
Es wurde gezeigt, das eine Affinitätsreinigung der His-getaggten Penicillinamidase mit
Magnetbeads möglich ist, dass es aber noch relativ große Unterschiede zwischen
verschiedenen Herstellern gibt. Dies führt zu einer unterschiedlich hohen Reinheit des
Proteins. Hier sollten die Magnetbeads von Chemagen noch verbessert werden können.
Die aus der eigenen Produktion, d.h. Fermentation und Reinigung erhaltene Penicillinamidase
eignet sich ähnlich gut für Immobilisierungen an Magnetbeads wie die gekaufte, wenn das
Imidazol aus der Elutionsfraktion entfernt wird.
60
3.6
Proteinaufreinigung mittels Magnetseparatoren
3.6.1
Vorversuche und Ergebnisse der Laboranlage auf Basis des Magnetfilters HGF10
Zur Demonstration der verfahrenstechnischen Vorgehensweise wurde die im 1-2 mL
Labormaßstab
im
Hinblick
auf
die
Binde-
und
Elutionsbedingungen
optimierte
Proteinaufreinigung (siehe Abschnitt: Charakterisierung der Magnetbeads) als erstes auf einen
von
Hand
gesteuerten,
provisorischen
Hochgradienten-
Magnetfilter im 200 mL-Maßstab
(bezogen
übertragen.
auf
das
Abbildung
Rohlysat)
35
zeigt
beispielhaft die SDS-Gelanalysen
der
Fraktionen
Versuche.
Als
kDa M
150
100
75
225
150
50
100
1
2
3.1 3.2 3.3 4
7
75
35
50
25
His-eGFP
35
Techn. Enzym
15
25
entsprechender
nächster
Schritt
erfolgte die Aufreinigung von eGFP
aus ungeklärtem Zellaufschluss im
selben Maßstab jedoch mit Hilfe
eines
kDa M 1 2 3 4 5
vollautomatisierten
a
b
Abb. 35: SDS-Gelanalyse der Aufreinigungsprozedur des Hisgetaggten Modellproteins eGFP (a) sowie eines technischen
Enzyms (b) mittels Magnettrenntechnik am HGMS durch
Verwendung von PVA-AGE-IDA Partikeln. M: Molekularer
Proteinmarker; 1: Zellaufschluss; 2: Sorptionsüberstand; 3:
vereinigte Waschfraktionen mit: 3.1, 3.2, 3.3 (1.-3.
Durchgang); 4: 1. Elutionsfraktion; 5: 2. Elutionsfraktion.
Färbung des 10 %-igen SDS-Gels mittels Coomassie.
Magnetseparators HGF10 der Firma
Steinert. Neben der Demonstration eines industrienahen Automatisierungsgrades dienten die
Versuche der Ermittlung erster Eckdaten für eine Modellierung und ökonomische sowie
ökologische Bewertung des Verfahrens (M 3.1). Zusammen mit den Resultaten einer
Literaturrecherche wurden die Ergebnisse zur Vorbereitung einer ökobilanzorientierten
Bewertung des Verfahrens an die DECHEMA übermittelt.
Für den Versuch wurde ein E.Coli Zellaufschluss mit c(GFP) =
1,47 g/L und
c(Gesamtprotein) = 8,95 g/L verwendet. Die eingesetzte Konzentration an IDA
funktionalisierten M-PVA-Partikeln zur Proteinbindung betrug 27 g/L. Die mittels eines
Fraktionssammlers alle 6 Sekunden gesammelten Fraktionen aus den verschiedenen
Aufreinigungsschritten I-VII (siehe Tabelle 10; Separation bei einer Filtergeschwindigkeit
von 21 m/h, 2 Waschungen mit Puffer: 0,2 M NaCl / 20 mM NaH2PO4 / pH 6,8 , 2 Elutionen
mit
Puffer: 0,2 M Imidazol / 0,2 M NaCl / pH 7,1) wurden auf die GFP- und
Gesamtproteinkonzentration hin untersucht.
61
9000
Green Flourescent Protein
Total Protein
1600
1400
I
II
III
IV
V
VI
8000
7000
VII
1200
6000
1000
5000
800
4000
600
3000
400
2000
200
1000
0
Total Protein / mg/L
Green Flourescent Protein / mg/L
1800
0
0
200
400
600
800
1000
1200
1400
Volume / mL
Abb. 36: „Magnetogramm“: Verlauf des Fluoreszenz- und UV-Signals während der Aufreinigung von
eGFP mittel M-PVA-IDA Magnetebads
Abb. 36 zeigt den Verlauf der Ziel- und Gesamtproteinkonzentration, aufgetragen über dem
aus der Aufreinigungsanlage ausgeschleusten Volumen. Tabelle 7 fasst die Ergebnisse des
Versuchs in einer Aufreinigungstabelle zusammen.
Tabelle 7: Ergebnisse der automatisierten Aufreinigung von GFP aus einem ungeklärten E.Coli Homogenisat
Aufreinigungs- Phase Volumen
Stufe
(mL)
Homogenisat
Gesamt-
Ges.protein
GFP
prot. (mg) konz. (mg/L) (mg)
GFP-Konz.
GFP-Aus-
Reinheit
(mg/L)
beute (%)
(%)
303
2712
8950
445
1469
(100,0)
16,4
Überstand
I+II
438
2123
4847
126
288
28,3
5,9
Waschpuf. 1
III
164
352
2146
18
110
4,0
5,1
Waschpuf. 2
VI
120
50
417
2
17
0,4
4,0
Elution 1
V
158
202
1278
176
1114
39,6
87,1
Elution 2
VI
159
102
642
64
403
14,4
62,7
Elution 3
VII
411
34
83
30
73
6,7
88,2
Summe I-VII
2863
416
Wiederfindung in %
106
94
Nach der Bindung des GFP an die Partikeln verbleiben noch 28,3% im Überstand, woraus
sich eine Partikelbeladung von ca. 42 mg GFP/ g Träger errechnet. (Aktuelle Partikelchargen
weisen noch höhere Arbeitskapazitäten auf). Durch eine Erhöhung der Partikelkonzentration
während des Sorptionsschritts ist eine Steigerung der Sorptionsausbeute bis hin zu einer
praktisch vollständigen Bindung des GFP möglich, wobei dies in der Regel jedoch auch eine
62
Verringerung der Reinheit und, wie theoretische Simulationen zeigen, der Produktivität
bedingt. Mit der Wahl der Partikelkonzentration ist damit eine Festlegung auf das
Aufreinigungsziel verbunden, wobei im vorliegenden Fall eine möglichst hohe Reinheit des
eluierten Proteins angestrebt wurde. Wie aus der Tabelle zu entnehmen ist, schließt sich die
Massenbilanz für das Gesamtprotein mit einem Fehler von 6% sehr gut. Als problematisch
erwies sich dagegen die Messung der GFP-Konzentration im Eluat. Durch die Anwesenheit
von Kupferionen in der Eluatlösung wird die fluoreszierende Wirkung des GFP und damit die
Konzentrationsmessung über ein Fluoreszenzmessgerät stark beeinträchtigt, wodurch sich
eine Bestimmung der Reinheit und Elutionsausbeute über diesen Weg als unmöglich erwies.
Wird jedoch zur Analyse der Probe etwas EDTA zugesetzt, werden die Kupferionen
komplexiert und - wie Versuche ergaben - die fluoreszierende Wirkung des GFP nahezu
vollständig wiederhergestellt, so dass eine Messung möglich war. Auch aus zahlreichen GelAnalysen für mittels IDA-Magnetbeads aufgereinigtes GFP ließen sich die erhaltenen Werte
für die Reinheit in den Eluaten auf ca. 90% und darüber bestätigen. Im obigen
Aufreinigungsversuch ergeben sich eine Elutionsausbeute des ersten Eluats von 97% und eine
Gesamtwiederfindungsrate bezüglich des GFPs von 94%. Der verbleibende GFP-Verlust von
ca. 6% in der Massenbilanz ist neben Messungenauigkeiten vermutlich auch darauf
zurückzuführen, dass aufgrund einer relativ niedrigen Imidazolkonzentration (0,2 M) auch
nach den durchgeführten Elutionen noch GPF auf den Partikeln verblieb.
3.6.2
Ergebnisse zur Aufreinigung des Modellproteins GFP mittels der Pilotanlage
Ein weiterer Versuch, der insbesondere das einfache Up-Scaling der Aufreinigungsmethode
zeigen sollte, wurde mittels der im Abschnitt (Anlagen zur Proteinaufreinigung)
beschriebenen 1,2-L Magnetfilteranlage durchgeführt. Als Versuchsmedium diente ebenfalls
ein E.Coli Zellaufschluss, der direkt nach Austritt aus der Kugelmühle 1:1 mit Wasser auf
c(GFP) = 4,88 g/L und c(Gesamtprotein) = 9,56 g/L verdünnt und mit IDA funktionalisierten
M-PVA-Partikeln versetzt wurde (Partikelkonzentration 23 g/L). Die gesammelten Fraktionen
aus den daraufhin automatisierte durchlaufenen Verfahrensschritten I-VII (siehe Tabelle 8)
betrugen jeweils ca. 500 mL. Die Separation fand bei einer Filtergeschwindigkeit von 15 m/h
statt, die Pufferzusammensetzungen waren identisch mit denen im HGF10 Versuch. In
Tabelle 8 sind die Aufreinigungsergebnisse dargestellt.
63
Tabelle 8: Ergebnisse der automatisierten Aufreinigung von GFP aus einem ungeklärten E.Coli Homogenisat
Aufreinigungs- Phase Volumen
Stufe
Homogenisat
Gesamt-
Ges.protein
GFP
GFP-Konz.
GFP-Aus-
Reinheit
(L)
prot. (g)
konz. (g/L)
(g)
(g/L)
beute (%)
(%)
4,20
40,17
9,56
20,51
4,88
(100,0)
51,1
Überstand
I+II
6,69
29,18
4,36
12,09
1,81
59,0
41,4
Waschpuf. 1
III
2,71
2,05
0,76
0,47
0,17
2,3
22,9
Waschpuf. 2
VI
1,35
0,17
0,13
0,03
0,02
0,1
17,6
Elution 1
V
1,87
4,28
2,29
3,98
2,13
19,4
93,0
Elution 2
VI
2,41
(1,28)
0,38
1,22
0,51
5,9
(95,0)
Summe I-VI
(36,96)
17,79
Wiederfindung in %
(92,0)
86,8
Aus der Summe der beiden Eluate errechnet sich für die eingesetzten 93 g Partikel eine
Beladung von 56 mg GFP/ g Trägermaterial. Auf Grund der im Vergleich zum HGF10
Versuch noch schlechteren Wiederfindung mit 86,8 %, scheint jedoch ein nicht
unbeträchtlicher Teil des Zielproteins nach den beiden Elutionen noch auf den Partikeln zu
verbleiben und damit nicht in die Massenbilanz bzw. die Beladungsberechnung einzugehen.
Dies zeigt sich auch daran, dass die Differenz der GFP-Masse im Homogenisat abzüglich der
GFP-Masse im Überstand (und der beiden Waschungen), die eigentlich auf den
Magnetpartikeln gebunden sein müsste, deutlich größer ist, als die eluierte Masse an GFP.
Dass die Magnetbeads nach der zweiten Elution noch Protein gebunden hatten zeigte sich bei
einer nachträglichen Untersuchung der Partikeln.
Grund für die unvollständige Elution ist einerseits die in der 1,2 L-Anlage beobachtete nicht
vollständige Resuspendierung der Partikel, so dass nicht alle Partikel vollständig vom
Elutionspuffer erfasst werden, sowie ein Rückvermischungseffekt bei Pufferwechsel in der
großen Filterkassette, wodurch die Elutionskonzentration im Loop deutlich unterhalb der
angestrebten 0,2 M Imidazol liegt. Insbesondere bei der 1. Elution wird der Loop nur zu rund
70 % mit Puffer befüllt, um zu vermeiden, dass bereits eluiertes Wertprodukt bei der
Verdrängung des Waschpuffers 2 verloren geht. Ansonsten wurde die Rückvermischung bei
Verdrängung von genau einem Loopvolumen durch Tracerversuche mit ca. 10 % abgeschätzt,
während die Rückvermischung in der kleinen HGF10 Pilotanlage vernachlässigbar scheint.
Im Versuch ergibt sich eine Proteinausbeute von 25,6 %. Aufgrund der eingestellten
Versuchsbedingungen (Verhältnis von Zielprotein zu Partikeln im Homogenisat) hätte
aufgrund der Aufreinigungskapazität der Partikel von ca. 75-90 mg GFP/g Träger maximal
64
eine Ausbeute von 34 - 41% erreicht werden können. Demzufolge wurde in diesem Versuch
die Konzentration des Homogenisats bezüglich des Zielproteins zu hoch bzw. die
Partikelkonzentration zu niedrig gewählt, um in einem Aufreinigungszyklus praxisrelevante
Ausbeuten von 70 – 80 % zu erhalten.
Prozess
der
Aufreinigung
unter
Berücksichtigung
über
Aufreinigungsstufen
vorhersagen
zu
2
1,5
1
können
und
hinsichtlich
der
0,5
Ausbeute oder auch Selektivität
0
insbesondere
Versuch
Simulation
2,5
der
Rückvermischungseffekte
alle
GFP-
c / mg GFP/L
Um den
0
zu optimieren, wurde mit dem
Programm
Mathcad
der
Fa.
Mathsoft Inc. eine Simulation
entwickelt. Zur Anwendung der
5
10
15
Ablaufvolumen / L
Abb. 37: Vergleich der entwickelten Simulation mit den gemittelten
Ergebnissen eines Aufreinigungsversuchs an der Pilotanlage.
Auftragung des Vergleichs in Form eines "Magnetogramms", d.h.
als Ablaufkonzentration über Ablaufvolumen.
Simulation muss neben den Bindeeigenschaften der Proteine (qmax, Kd) für die auftretenden
Kombinationen an Magnetbeads und Puffersystemen die Masse an eingesetzten Magnetbeads,
das eingesetzte Lösungsvolumen sowie die Konzentration des Zielproteins im Homogenisat
vorgegeben werden. Unter Variation der verdrängten Flüssigkeitsvolumina bei Pufferwechsel
und
damit
der
Rückvermischungsverhältnisse
Mehrkomponentengleichgewichtsberechnungen
(Extended
werden
über
die
Langmuir-Modell)
und
Massenbilanzen die Konzentrationen des Zielproteins sowie die Magnetbeadbeladungen in
den einzelnen Verfahrensschritten berechnet und als Grafik bzw. Aufreinigungstabelle
Dargestellt. Abb. 37 zeigt den Vergleich der Simulation mit dem Modell. Insbesondere der
Einfluss der Rückvermischung, sowie die zu erwartenden Ausbeuten lassen sich mit Hilfe der
Simulation vor Versuchsbeginn gut vorhersagen. Das entwickelte Softwaretool ist somit ein
wertvolles Hilfsmittel zur Festlegung einer optimalen Aufreinigungsstrategie mittels
Magnetbeads.
65
3.6.3
Aufreinigung des Enzyms Dehalogenase mittels der Pilotanlage
Im Anschluss an die Versuche mit dem Modellprotein GFP wurde die Pilotanlage zur
Aufreinigung eines industriell relevanten Enzyms, der Haloalkane Dehalogenase (DhaA) aus
Rhodococcus rhodochrous, eingesetzt. Um Aufreinigung sowie die Validierung des Prozesses
für die Haloalkan Dehalogenase zu vereinfachen, wurde diese mit GFP sowie zusätzlich
einem HisTag fusioniert. Die Produktion beider Proteine (GFP und Dehalogenase) wurde mit
einer am IBVT etablierten Hochzelldichte-Fermentation, wie sie bereits beschrieben wurde
(Abschnitt 3.5.3) im 13 L Maßstab durchgeführt (Wilms et.al., 2001 1). Für die rekombinante
Darstellung der Proteine wurde in beiden Fällen mit dem Produktionsstamm Escherichia coli
BW3110 (Wilms et. al., 2001) gearbeitet. Die Gesamtbiomassekonzentrationen cx, die hierbei
erreicht wurden, lagen bei 100 g BTM/L. Über eine Fluoreszenzsonde konnte die Produktion
des rekombinanten Proteins während der Fermentation online detektiert werden. In Abbildung
38 A) ist beispielhaft der Verlauf einer HCD Fermentation für E. coli BW3110 pJOE GFPDhaA dargestellt.
A)
B)
100
20
15
10
5
3
Induktion
60
2
40
20
0
0
12
4
80
5
14
1
0
0
10
20
30
40
10
8
6
4
2
0
offline Fluoreszenz (g/L)
25
Fed-Batch
Acetat cAc (g/L)
120
Biomasse cx (g/L)
Glucose cS (g/L)
Batch
30
GlucoseFluoreszenz-
sonde
sonde
Prozesszeit (h)
Abb. 38: A) Verlauf einer HCD Fermentation mit E. coli BW3110 pJOE GFP-DhaA. Dargestellt ist der Glucose- (■-), Biomasse- (-▲-), Acetat- (-●-) und Fluoreszenzverlauf (-●-) über den Zeitraum der gesamten Fermentation von
40 h. Zum Zeitpunkt der Induktion wird der Induktor Rhamnose zugegeben. Mit einer Verzögerung von ca. 2 h setzt
die Expression des rekombinanten Proteins ein. B) 30 L Bioreaktor mit online Fluoreszenz- und Glucosesonde.
Über die Fluoreszenzmessungen konnte die Menge an produziertem rekombinanten Protein
bestimmt werden. Diese belief sich im Falle der GFP-Dha mit 7,6 g/L auf etwa 30% des
1
Wilms B, Hauck A, Reuss M, Syldatk C, Mattes R, Siemann M, Altenbuchner J. 2001,
High-cell-density fermentation for production of L-N-carbamoylase using an expression
system based on the Escherichia coli rhaBAD promoter. Biotechnol Bioeng. 73(2):95-103.
66
erhaltenen Gesamtproteins. Am Ende der HCD Kultivierung wurde der Inhalt des Bioreaktors
direkt in eine Kugelmühle (siehe Abb. 39) überführt und aufgeschlossen. Der vollständige
Zellaufschluss dauerte 90 min, wobei die Zellsuspension mit einer Durchflussgeschwindigkeit
von 0,7 L/min im Kreislauf gepumpt wurde.
A)
B)
Abbildung 39: A) Zellaufschluss mittels Kugelmühle. Randbedingungen: VAufschlußkammer = 3,7 L; ØGlasperlen =
0,75 –1,0 mm; Durchflussgeschwindigkeit = 0,7 L/min. B) Verlauf des Zellaufschlusses. Innerhalb von 90 min
ist der gesamte Inhalt des Bioreaktors von 13 L aufgeschlossen.
Ausgehend von dem Zellaufschluss wurde eine erste Aufreinigung an der Pilotanlage
durchgeführt, die zwei komplette Zyklen beinhaltete. Als Vorlage dienten 4L des
Zellaufschlusses zu den 2L Partikelsuspension zugemischt wurden. Die Partikelsuspension
enthielt 148g kupferbeladene M-PVA-IDA Beads. Nach der Zufuhr der Partikelsuspension
belief sich das Gesamtvolumen auf 6L bei einer GFP-DhA Konzentration von 5,1 g/L. Damit
lagen sowohl das eingesetzte Volumen als auch die Zielproteinkonzentration über den Werten
des Versuchs mit reinem GFP. Zudem machte eine Bestimmung der Bindungseigenschaften
der M-PVA-IDA Partikel für GFP-Dha schnell klar, dass dieses Fusionsprotein im Vergleich
zu reinem GFP wesentlich schlechter an die Magnetbeads bindet. Die im 1 mL Maßstab
ermittelte maximale Bindungskapazität beläuft sich auf 40 mg rk. Protein/ g Magnetbeads.
Hiermit war klar, dass die für das Aufreinigungsexperiment eingesetzte Partikelkonzentration
von knapp 25 g/L im besten Fall ca. 20 % des vorgelegten Zielproteins binden kann. Ein
Ausweg aus diesem Missverhältnis wäre eine Verdünnung des Ausgangshomogenisats um
z.B. den Faktor fünf gewesen, wobei die resultierende Zielproteinkonzentration mit ca. 1 g/L
sicherlich noch im Bereich praktisch relevanter Konzentrationen gelegen wäre. Auf diesen
Schritt wurde jedoch verzichtet, da mit der Verdünnung auch eine entsprechende
Erniedrigung des Feststoffgehalts des Homogenisats einhergegangen wäre. Eines der
67
Hauptziele des Projekts war es jedoch zu demonstrieren, dass die Magnettechnologie eine
direkte Produktabtrennung aus Medien mit hohem Feststoffgehalt sowie erhöhter Viskosität
erlaubt und damit, neben anderen, einen wichtigen Vorteil gegenüber
konkurrierenden,
direkten Aufreinigungsverfahren wie z.B. Expanded Bed Adsorption (EBA) besitzt. Die im
weiteren Verlauf angeführten Ausbeuten sind daher immer unter dem Aspekt zu betrachten,
dass aufgrund der gewählten Vorgaben das maximale Ergebnis bei nur ca. 20% liegen konnte.
Da zudem in einem einstufigen Batchsorptionsschritt in der Regel keine Maximalkapazitäten
erreicht werden, sondern eine von der Gleichgewichtslage mit dem Sorptionsüberstand
abhängige, niedrigere Beladung waren unter den gewählten Bedingungen real sogar
Ausbeuten unter 20% zu erwarten.
Die Randbedingungen für die erste GFP-Dha Aufreinigung sind in Tabelle 9
zusammengefasst. Die Datenauswertung erfolgte sowohl mittels Bradford für die
Bestimmung der Gesamtproteinkonzentration als auch über die Fluoreszenz, um den Anteil an
Zielprotein innerhalb des Gesamtproteins zu bestimmen.
Tabelle 9: Randbedingungen für die Proteinaufreinigung mittels HGMF-300
PartikelAnlage [g]
148
T [min] / Aufreinigungszyklus
35
VZellrohextrakt [L]
4 (mit Partikelsuspension auf 6L verdünnt)
mGesamtprotein [g]
55g
mrek. Protein [g]
30g
Die Ergebnisse des ersten Aufreinigungszyklus sind in Tabelle 10 sowie Abbildung 40
zusammengefasst. Laut der Aufreinigungstabelle beträgt die Gesamtausbeute der beiden
Elutionen nur ca. 6,3% bei einer mittleren Reinheit von 75%. Dieser Wert war trotz der
erwarteten niedrigen Ausbeute von deutlich unter 20% zunächst doch überraschend niedrig,
so dass nach Ursachen geforscht wurde. Zum ersten zeigt die Aufreinigungstabelle, dass die
Massenbilanz für GFP-Dha nur zu etwas über 80% aufgeht. Als Ursache hierfür kommen
Denaturierungserscheinungen oder eine Schwächung der Fluoreszenz von GFP-Dha im
Elutionspuffer in Betracht. Einen deutlichen Hinweis, dass die GFP-Dha Konzentrationen im
Eluat
unterschätzt
wurden
liefert
Aufreinigungsfraktionen (siehe Abb. 41).
68
das
parallel
durchgeführte
SDS-Gel
der
Tabelle 10: Aufreinigungstabelle für den ersten Zyklus des GFP-DhaA Aufreinigungsversuch vom 20.08.2004.
Aufreinigungs-
Phase
Volumen Gesamt- Ges.protein
stufe
(mL)
protein
GFP-Dha GFP-Dha GFP-Dha
konz. (mg/L) (mg)
(mg)
Rohextrakt
Konz.
Ausbeute
(mg/L)
(%)
Konzentra- Reinheit Aufreinitionsfaktor
(%)
gungsfaktor
4000
55160
13790
30640
7660
100.0
55.5
6000
55160
9193
30640
5107
100.0
55.5
5730
52678
9193
29261
5107
100.0
55.5
I+II
8145
43450
5335
20850
2560
71.3
48.0
0.9
III
2750
2740
996
1080
393
3.7
39.4
0.7
IV
1310
240
183
100
76
0.3
41.7
0.8
Elution 1
V
1935
2010
1039
1390
718
4.8
0.1
69.2
1.2
Elution 2
VI
2350
510
217
430
183
1.5
0.0
84.3
1.5
2270
2390
1053
1540
678
5.3
0.1
64.4
1.2
gesamt
Rohextrakt plus
148 g Partikel
Roh + 141 g Partikel
in der Anlage
Sorptionsüberstand
Waschüberstand 1
Waschüberstand 2
nach
Cross-Flow
Summe
48950
23850
92.9
81.5
81.5
I-VI
Wiederfindung
5000
10000
4500
eGFP-DhaA [mg/l]
II
I
III
IV
V
VI
VII
9000
4000
8000
3500
7000
3000
6000
2500
5000
2000
4000
1500
3000
1000
2000
500
1000
0
0
2000
4000
6000
8000
0
10000 12000 14000 16000 18000 20000
Gesamtproteinkonzentration [mg/l]
in %
Volumen [ml]
Abb. 40: Verlauf des Fluoreszenz- und UV-Signals während des ersten Zykluses Aufreinigung von GFP-DhA
am 15.8.2004.
69
Eine densiometrische Auswertung des Gels ergibt Reinheiten von GFP-Dha in den
Elutionsfraktionen von über 95%. Legt man diese Reinheit zugrunde und berechnet damit die
GFP-Dha-Proteinmenge aus dem mittels Bradford gemessenen Gesamtproteingehalt ergibt
sich GFP-Dha-Proteinmengen in den Eluaten 1 und 2 von 1,9 g bzw. knapp 0,5 g und damit
insgesamt eine Ausbeute von 8,2%.
Abb. 41: SDS-Gel der Aufreinigungsfraktionen des ersten Zykluses der Aufreinigung von GFP-DhA am
15.8.2004. (1:RE, 2:Sorption 1, 3:Sorption 2, 4+5:Waschen 1 und 2, 6: Elution 1, 7+8: Elution 2, 9: Waschen 3,
10: Marker)
Trotz dieses korrigierten Ausbeutewerts besteht demnach nach wie vor eine deutliche
Diskrepanz zu der prognostizierten Ausbeute von etwas unter 20%. Die Antwort hierauf
lieferte eine GFP-Dha Kapazitätsmessung der im Versuch eingesetzten Magnetbeads. Diese
Messung lieferte eine maximale Kapazität von nur 20 mg/g Bead und nicht wie ursprünglich
an frischen Beads gemessenen 40 mg/g Bead. Wird die neu bestimmte Kapazität
zugrundgelegt erniedrigt sich die zu erwartende Ausbeute auf etwas unter 10% und steht
damit in Einklang mit dem korrigierten, gemessenen Ausbeutewert von 8,2%.
Offen blieb die Frage nach der Ursache für den Unterschied der beiden Kapazitätsmessungen.
Die für den GFP-Dha-Versuch eingesetzten Magnetbeads kamen zuvor bereits bei den
Versuchen mit reinen GFP-Homogenisaten zum Einsatz. Nach dem Versuch wurden die
Partikel mit Waschpuffer gespült und in 20% Ethanol gelagert. Wie sich nun herausstellte,
reicht diese Prozedur aber offensichtlich nicht um alle Verunreinigungen von Magnetbeads zu
70
waschen und es kommt während der Lagerung zu einem graduellen Rückgang der
Beladungskapazität. Wichtig war nun ob dieser Beladungsrückgang permanent oder bei
entsprechender Reinigung reversibel ist. Eine Reinigung der Partikel mit 0,1M NaOH brachte
eine
Verbesserung
der
Kapazität,
führte
aber
zu
veränderten
physikalischen
Partikeleigenschaften und schied damit aus. Eine Reinigung mittels Pankreatin brachte jedoch
den gewünschten Erfolg und die volle Kapazität von 40 mg/g Bead konnte wieder erreicht
werden.
Bezüglich der Durchführung des zweiten Aufreinigungszyklusses bestand bei diesem ersten
GFP-Dha-Versuch das Problem, dass die Partikel nach dem abschließenden Waschschritt im
ersten Zyklus aus der Anlage ausgespült wurden und nun in verdünnter Form vorlagen. Bei
dem Ausspülvorgang wurden 110g Partikel rückgewonnen, d.h. ca. 30g der Partikel
verblieben im Magnetfilter und nahmen an der Wiederbeladung nicht teil. Die
Wiederbeladung der Partikel mit Cu-Ionen für den zweiten Aufreinigungszyklus musste
zudem von Hand im Becherglas durchgeführt werden, wobei sich die Partikelabtrennung
aufgrund des großen Suspensionsvolumens schwierig gestaltete. Als Ausgangsmedium für
den zweiten Zyklus wurde der gesammelte Sorptionsüberstand des ersten Zyklus verwendet.
Die komplette Aufreinigungstabelle für den zweiten Zyklus findet sich im Anhang.
Zusammengefasst ergab sich eine GFP-Dha Ausbeute von 7.4 %, bzw. von 9,5% wenn
wiederum die im SDS-Gel bestimmte Reinheit von über 95% berücksichtigt wird. Im Falle
des zweiten Zyklus wurden 101g regenerierte Partikel in das System gepumpt, woraus sich
unter Annahme einer Beladungskapazität von 20 mg GFP-Dha/g Bead eine theoretische
Ausbeute von ca. 11% abschätzen lässt.
Um
das
Problem
der
manuellen
Wiederbeladung
der
Partikel
zwischen
den
Aufreinigungszyklen zu umgehen und damit einen vollkommen automatisierten Prozessablauf
zu erreichen, wurde das System um einen Vorlagebehälter für eine Kupferlösung erweitert
und die Programmierung entsprechend geändert. Bereits vor dem ersten Aufreinigungszyklus
wurden die Partikel nun in die Anlage eingebracht und dort innerhalb des Loops mit
Kupferionen beladenen. Anschließend erfolgte ein Ausspülen der Partikel aus der Anlage mit
Rohextrakt und der Beginn des Sorptionsschritts im gerührten Behälter. Entsprechend wurde
zwischen den Aufreinigungszyklen verfahren, wobei keinerlei manueller Eingriff notwendig
war. Im Falle des zweiten GFP-Dha Aufreinigungsversuchs wurden drei Zyklen durchgeführt,
wobei die Zyklen 2 und 3 jeweils den Sorptionsüberstand des vorhergehenden Zyklusses
71
verwendeten. Bei der Auswertung der Versuchsergebnisse zeigte sich jedoch rasch, dass diese
vollautomatisierte Vorgehensweise neue Probleme mit sich brachte. Aufgrund der einfachen
Rückspülung mit einem im Volumen begrenzten Ausgangsmedium (Homogenisat oder
Sorptionsüberstand) wurden weniger als die Hälfte der im System vorhandenen Partikel in
den Sorptionsbehälter ausgespült und nahmen an der Proteinbindung teil. Die restliche
Partikel kamen innerhalb der Anlage zwar kurzzeitig mit den verschiedenen Medien und
Puffern in Kontakt, im gebundenen oder agglomerierten Zustand ist Stoffaustausch der
Partikel jedoch gering, so dass die im System verbleibenden Partikel in erster Näherung
vernachlässigt werden können. Diese Annahme wurde durch einen Elutionsversuch im
HGF10 System bestätigt. Bei diesem Experiment wurde versucht gebundenes Protein von im
Magnetfeld an der Matrix festgehaltenene Partikelagglomeraten zu waschen. Die erzielte
Elutionseffizienz war dabei im Vergleich zu einer Elution im suspendierten Zustand sehr
gering. Tabelle 11 fast die Ergebnisse der 3 Zyklen zusammen:
Tabelle 11: Zusammenfassung der Aufreinigungsergebnisse des zweiten GFP-Dha Versuchs und Vergleich mit
theoretischer Vorhersage.
GFP-Dha gesamt
im Sorp.behälter
(mg)
GFP-Dha aus
E1 und E1
(mg)
GFP-Dha
Ausbeute
(%)
Partikelmenge
im Sorp.behälter
(g)
th. Maximale
Ausbeute bei
qmax = 20 mg/g1)
(%)
Zyklus 1
34700
760
2,1
38.6
2,25
Zyklus 2
19770
650
3,3
34,8
3,5
Zyklus 3
15270
380
2,5
16
2,1
1)
Zum Zeitpunkt des zweiten GFP-Dha-Versuchs war die Reinigungsprozedur der Partikel mit Pankreatin noch nicht durchgeführt worden.
Wie aus Tabelle 11 zu entnehmen stimmen die experimentell bestimmten Werte gut mit den
theoretischen Vorhersagen überein, die unter der Annahme getroffen wurden, dass nur die in
den Sorptionsbehälter ausgespülten Partikel am Aufreinigungsprozess teilnehmen.
Insgesamt waren die erzielten Ergebnisse des zweiten Aufreinigungsversuchs jedoch
unbefriedigend, wobei die Hauptursache in der unzureichenden Partikelrückspülung zu
suchen
sind.
Für
einen
dritten
GFP-Dha
Aufreinigungsversuch
wurde
die
Anlagenprogrammierung daher nochmals geändert. Das Ausspülen der Partikel wurde nach
der neuen Programmierung zweimal unterbrochen und die Suspension innerhalb des Systems
bei erhöhter Geschwindigkeit im Kreislauf gepumpt. Hierdurch wurde erhofft, dass sich mehr
Partikel aus dem Magnetfilter lösen und in den Sorptionsbehälter gelangen können. Insgesamt
72
wurden im Rahmen des dritten Versuchs vier Zyklen gefahren, wobei in jedem Zyklus 6L
frisches Rohextrakt mit 4 g/L GFP-Dha zu Einsatz kamen. Tabelle 12 fast die Ergebnisse des
dritten GFP-Dha Aufreinigungsversuchs zusammen:
Tabelle 12: Zusammenfassung der Aufreinigungsergebnisse des dritten GFP-Dha Versuchs und Vergleich mit
theoretischer Vorhersage.
GFP-Dha gesamt
im Sorp.behälter
(mg)
GFP-Dha nach
Ultrafiltration
(mg)
GFP-Dha
Ausbeute
(%)
Zyklus 1
19400
1100
5,7
Zyklus 2
19400
800
4,1
Zyklus 3
19400
900
4,6
Zyklus 4
19400
600
3,1
Ein Vergleich der pro Zyklus gewonnen GFP-Dha-Mengen mit denen aus Tabelle 10 macht
klar, dass im dritten Aufreinigungsversuch, trotz verringerter Ausgangskonzentration, die
erzielten Produktmengen pro Zyklus deutlich gesteigert werden konnten. Hierbei ist jedoch
nicht eindeutig, ob diese Verbesserung auf die
Regeneration der Beladungskapazität der Beads
RE Z1E1 Z1E2 Z2E1 Z2E2
M
mittels Pankreatin oder auf eine verbesserte
Partikelrückspülung zurückzuführen ist, da zu
den
Partikelkonzentrationen
im
Sorptionsbehälter keine Werte vorliegen. Der
Rückgang der gewonnenen Produktmenge über
die Zyklen legt jedoch nahe, dass nach wie vor
Probleme mit der Partikelrückspülung bestehen.
75
50
37
Die Reinheit, des mit der HGMS Anlage
gewonnenen
GFP-Dha
liegt
laut
der
Konzentrationsmessungen bei im Mittel bei
75% und korreliert damit gut mit der Reinheit
von 80% aus densiometrischen Messungen am
Abb. 42 SDS-PAGE der aufgereinigten GFPDhaA Fraktionen aus vier Zyklen. RE
Zellrohextrakt; Z1E1 – Z2E2 Elutionsfraktionen
1 und 2 der Aufreinigungszyklen 1 und 2; M
Proteinmarker mit Markerproteinen von 150 – 37
kDa.
SDS-PAGE (siehe Abb. 42). Die Reinheit des Enzyms ist mit 80 % für die technische
Anwendung ausreichend, das heißt es müssen vor einer Immobilisierung keine weiteren
Aufreinigungsschritte durchgeführt werden.
73
3.7 Enzymimmobilisierung
Immobilisate
3.7.1
und
Charakterisierung
der
Einleitung
Neben der Proteinaufreinigung stellt die Anwendung von Magnetbeads als Trägermaterial zur
Enzymimmobilisierung den zweiten Schwerpunkt des Projekts dar. Die Methoden zur
Synthese von M-PVA-Beads mit entsprechender Oberflächenfunktionalisierung waren bereits
bei Projektbeginn Bestandteil des Know-hows der Firma chemagen, so dass bereits zu einem
frühen Zeitpunkt geeignete Beads zur Verfügung standen. Demgegenüber zeigte sich aber
rasch, dass der zur Bereitstellung größerer Enzymmengen notwendige Aufwand in der
ursprünglichen Zeitplanung nicht ausreichend berücksichtigt wurde. Aufgrund der für die
Generierung
getagter
Enzymvarianten,
die
Optimierung
und
Durchführung
der
Hochzelldichtefermentationen und die Aufreinigung benötigten Projektzeit geriet der
Arbeitsplan bezüglich der Enzymimmobilisierung und Immobilisatcharakterisierung in
Verzug. Seit Herbst 2003 werden daher verstärkt Personalressourcen für diesen Projektteil
eingesetzt, so dass ein Großteil der Verzögerung inzwischen wieder wett gemacht werden
konnte. Im Unterschied zum Zwischenbericht liegen inzwischen Immobilisierungsergebnisse
zu allen geplanten Modellenzymen (Pen-G-Acylase, Hydantoninase, Lipase) vor, die im
folgenden komprimiert dargestellt werden.
3.7.2
Immobilisierung von Penicillinacylase
Das Enzym Pencillinacylase (PA) wurde als Modellsystem ausgewählt, da es sich um ein im
großen Umfang in immobilisierter Form kommerziell genutztes Enzym handelt, zu dem
umfangreiche Literaturdaten vorliegen, die zu Vergleichszwecken herangezogen werden
können. Arbeiten im Zusammenhang mit der Immobilisierung und Charakterisierung von PA
wurden sowohl am Institut für Industrielle Genetik (IIG) der Universität Stuttgart als auch am
Institut für Technische Chemie des Forschungszentrums Karlsruhe (FZK) durchgeführt. Die
Untersuchungen am FZK erfolgten dabei in enger Zusammenarbeit mit Herrn Prof. Kasche
und Herrn Dr. Galunsky von der TU Hamburg Harburg, denen an dieser Stelle herzlich für
ihre großzügige Unterstützung gedankt sei. Zur Immobilisierung von PA wurden folgende
Oberflächenfunktionalisierungen
getestet:
(i)
Epoxylierung
mittels
ECH;
(ii)
Hexamethylendiamin-Glutaraldehyd (HDMA/GA); (iii) Carbonyldiimidazol (CD); (iv)
Glutaraldehyd und (v) Glycidol. Die Ergebnisse sind in Tabelle 13 zusammengefasst.
74
Tabelle 13. Ergebnisse der Methodenvariation bei der Immobilisierung von Penicillinacylase an M-PVA sowie
mPVAc Beads. (Ionenstärke 1M; 60 mg PA/ g Bead, pH 7,5; 24 °C)
Grundbead
Immob.
Kopplungsausbeute
Anteil akt.
Enzymbeladung
Spez. Aktivität
Methode
(%)
Enzym (%)
(mg/g)
(U pro g Beads)c
M-PVA
(i) ECH
37
100
11a
462
M-PVA
(ii) HMDA/GA
67
97
40
1640
M-PVA (IIG)
(ii) HMDA/GA
67
80
53d
-
M-PVA
(iii) CD
17
90
10
378
M-PVA
(iv) GA
50
83
30
1050
M-PVA (IIG)
(iv) GA
68
90
55d
-
(v) Glycidol
30b
78
9a
294
mPVAc
(vi) ECH
57
24
34
336
mPVAc
(ii) HDMA/GA
77
72
46
1386
mPMMA
a
- Protein zu Bead Verhältnis: 30 mg/g
- Ionenstärke 0,2 M, für I = 1M sind höhere Ausbeuten zu erwarten
- Photomessung mit 3-Nitro-6-Penhyl-Acetamidobenzolsäure (NIBAP)
d
- Protein zu Bead Verhältnis: 80 mg/g
b
c
Wie zu erkennen ist, konnten die besten Ergebnisse durch Immobilisierung mittels
Hexamethylendiamin-Glutaraldehyd unter Einsatz einer erhöhten Ionenstärke (I = 1M)
erreicht werden. Die Untersuchungen wurden dabei unabhängig am FZK bzw. IIG sowie für
zwei Partikeltypen (M-PVA u. mPVAc) durchgeführt. Ein Vergleich mit Literaturdaten für
Sepharose bzw. Eupergit zeigt, dass die erreichten Enzymbeladungen und spezifischen
Aktivitäten (NiBAP) um den Faktor 4 – 8 über dem kommerzieller Träger liegen (persönliche
Mitteilung Boris Galunsky, TUHH). Die Ursache hierfür ist vermutlich in der Verwendung
eines Spacers sowie in der nahezu idealen Zugänglichkeit der Enzyme an der Oberfläche der
Mikropartikel zu sehen.
Im Anschluss an die Immobilisierung wurden für den Fall der Hydrolyse von Benzylpenizillin
die kinetischen Konstanten der Immobilisate bestimmt. Zusätzlich erfolgte eine Messung der
S1´-Enantioselektivität für den Fall der gleichgewichtskontrollierten Hydrolyse eines
razemischen Phenylacetyl-Phenylalanin Substrats. In beiden Fällen ergaben sich für die an MPVA Beads immobilisierte PA deutlich bessere Werte im Vergleich zu aus der Literatur
entnommenen Werten für PA auf Eupergit.
75
3.7.3
Immobilisierung von L-Hydantoinase
Der Einsatz magnetischer Partikel als Träger für immobilisierte Enzyme bietet besonders bei
der Biokatalyse in Suspensionen bzw. von schwer löslichen Substraten Vorteile. Diese sind
neben der Möglichkeit der magnetischen Abtrennung der Immobilisate aus der Suspension
hauptsächlich die kinetischen Vorteile, die die geringe Partikelgröße magnetischer
Mikropartikel mit sich bringt. Als Modell für die Umsetzung eines schwerlöslichen Substrats
in Suspension wurde Naphtyl-Methyl-Hydantoin (NMH) gewählt, das mit Hilfe einer
Hydantoinase und einer Carbamoylase zu Naphtylalanin umgesetzt werden soll. Es zeigte
sich, dass die L-Hydantoinase aus Arthrobacter aurescenz DSM 3745 und sowie L-NCarbamoylase aus A. aurescenz DSM 3747 für die geplante Umsetzung geeignet sind. Die
Hydantoinase wurde als Mal-E-getaggtes Fusionsprotein in Escherichia coli JM 109 pCB 2.2
und die His-getaggte Carbamoylase in E. coli JM 109 pBW 1 expremiert. Da zu der
Expression der Hydantoinase bisher keine Vorarbeiten am IBVT durchgeführt wurden,
musste zunächst die Expression und Aufreinigung optimiert werden. Bei der Carbamoylase
lagen bereits Erfahrungen zur Expression, Aufreinigung und Immobilisierung vor, daher
wurde auf eine weiter Optimierung verzichtet [B.Wilms et al. (2001) Biotechnology and
Bioengineering, Vol.73, Iss.2, pp.95-103].
Zur Immobilisierung der Hydantoinase wurde eine "Carbodiimid"-Methode nach Ragnitz
[Dissertation: Institut für Bioverfahrenstechnik, Uni Stuttgart, 2000] verwendet. Als
Trägerpartikel wurden M-PVA-Beads der Firma chemagen mit primären Aminogruppen als
Oberflächenfunktionalisierung verwendet. Zur Optimierung der Ausbeute bei der
Immobilisierung wurde zunächst versucht den Umpufferungsschritt zu umgehen, was jedoch
nicht mit befriedigender Ausbeute gelungen. In einem nächsten Schritt wurde daher ein
optimaler Puffer zur Immobilisierung gesucht. In Tabelle 14 sind die Ergebnisse dieser
Versuche zusammengefasst. Die höchste Kopplungseffizienz der spezifischen Aktivität wurde
mit 41,7 % unter Verwendung eines Tris/HCl-Puffers erzielt.
Tabelle 14. Ergebnisse zur Optimierung der Immobilisierung der L-Hydantoinase an die Chemagen
Magnetbeads, nach der "Carbodiimid"-Methode. (c0,Protein = 0.83 g/L; c0,Partikel = 50 g/L)
Puffer
Enzymbel.
Spez. Akt.
(mg/g)
(U/g)
H20 + Zn-acetat
9,6
Tris/HCl
6,4
76
Kopplungs-
Kopplungs-
Aktivitäts-
ausbeute (%)
effizienz (%)
Kopplungsausbeute (%)
49,1
55,4
35,5
19,7
67,5
38,6
41,7
16,1
Harnstoff
7,2
1,1
57,1
-
-
Elutionspuffer/
5,3
53,3
34,9
41,1
14,3
5,7
67,1
36,5
40,5
14,8
Maltose
Eluat
Das weitere Vorgehen umfasst die Herstellung von Immobilisate sowohl der Hydantoinase als
auch der Carbamoylase für eine Umsetzung von MNH im 1-L-Maßstab. Ziel der
Untersuchungen ist es dabei zu klären, ob es durch den Einsatz von magnetischen
Mikropartikeln gelingt, die Diffusionslimitierung der Modellreaktion zu überwinden.
3.7.4
Immobilisierung der Lipase Candida antarctica
Das Modellsystem Lipase wurde als Beispiel für ein in Zweiphasensystemen verwendetes
Enzym ausgewählt. Aufgrund ihrer geringen Größe sowie der unporösen Struktur sollten
magnetische Enzymträger gerade in solchen Systemen Vorteile gegenüber konventionellen,
porösen Materialien besitzen, da nur an der Oberfläche immobilisierte Enzyme in der Lage
sind in direkten Kontakt mit den für die Reaktionen entscheidenden Phasengrenzflächen zu
treten.
Neben dem Aufwand für Generierung,
700
Fermentation und Aufreinigung trat im
600
Fall der Lipasen noch als zusätzliches
hinzu,
gängigen
Aktivitäts-Tests
ungenau
oder
dass
zu
sich
die
als
zu
aufwändig
für
500
Aktivität in [U/ml]
Hindernis
400
300
200
umfangreiche Immobilisierungsstudien
100
erwiesen.
Im
Vorfeld
Immobilisatcharakterisierung
daher
der
Aktivitätstest
für
der
wurde
photometrische
Lipasen
mittels
0
2
4
6
8
10
12
Proteinmenge in [mg/ml]
Abbildung 43: Zusammenhang zwischen gemessener
Lipaseaktivität (Novozym L868) und eingesetzter
Proteinkonzentration
PNPP entsprechend der Bedürfnisse
des Projekts weiter entwickelt (zu M 2.1). Hierzu wurden verschiedene Parameter variiert und
ihr jeweiliges Optimum ermittelt. Variiert wurden pH-Wert, Temperatur sowie verschiedene
Substrate
wie
z.B.
Paranitrophenylpalmitat
oder
die
kürzerkettige
Variante
Paranitrophenylacetat. Zusätzlich wurden verschiedene Lösungsmittel für die Substratlösung
77
eingesetzt (Aceton, Ethanol und DMSO). Es konnten maximal 2 mM PNPP im Messpuffer
gelöst werden, wobei die theoretische Abschätzung des Km-Werts der Lipase 5,6 mM ergab.
Daher war eine Aktivitätsbestimmung der Lipase nur mit Substratkonzentrationen unterhalb
des Km-Werts möglich. Trotzdem besteht in diesem Assay ein linearer Zusammenhang
zwischen gemessener Aktivität und eingesetzter Proteinkonzentration (Abb. 43). Zur
Bestimmung der spezifischen Aktivität wurden die verschiedenen klonierten Lipasen
zusätzlich in einer zellfreien Biosynthese (M. Siemann, pers. Mitteilung) hergestellt und der
absolute Proteingehalt über die Messung des eingebauten radioaktiven Lysins bestimmt.
Bei den Immobilisierungsuntersuchungen wurde die Lipase Novozym L868 (A-Komponente
aus C. antarctica), im folgenden auch kurz CALA genannt, über verschiedene Methoden an
M-PVA Beads der Firma chemagen gebunden. Zu den eingesetzten Methoden zählten: (i) die
Bindung an carboxilierte und mit N-Hydroxysuccinimid (NHS) aktivierte M-PVA Beads, (ii)
die Bindung an aminierte M-PVA Beads mittels Glutardialdehyd (GA), (iii) die direkte
Bindung an epoxylierte M-PVA Beads (ECH) und (iv) die Bindung an carboxylierte und mit
Carbonyldiimidazol (CD) funktionalisierte M-PVA Beads (siehe Tabelle 15)
Tabelle 15. Ergebnisse der Methodenvariation bei der Immobilisierung der Lipase Novozym L868 an M-PVA
Beads.
Immob.
Protein-
Methode
konz.
Beadkonz.
Verhältnis
Kopplungs-
Anteil akt.
Enzym-
Spez. Aktivität
Protein/Bead
ausbeute
Enzyma
beladung
(U/g Beads)b
(g/L)
(g/L)
(mg/g)
(%)
(%)
(mg/g)
NHS
0,17
33
5
52
46
2,7
71
NHS
1,6
33
48
11
47
5
140
GA
1,15
2
575
16
48
92
2500
ECH
1,15
1
1150
10
18
114
1200
CD
1,15
1
1150
7
15
84
700
a
- Die Berechnung des Anteils an aktivem Enzym erfolgte über den Zusammenhang. 1 mg aktives Enzym entspricht 57 U (PNPP). Dieser
Wert resultiert aus Bradford und Aktivitätsmessungen in der Immobilisierungsvorlage.
b
- Aktivitätsmessung mittels PNPP, siehe dazu auch Fußnote 2
Wie aus Tabelle 15 zu erkennen ist, wurden im Falle der NHS Aktivierung nur mittlere bis
niedrige Protein- zu Beadkonzentrationsverhältnisse getestet. Dabei ergeben sich im Falle
eines niedrigen Verhältnisses relativ hohe Kopplungsausbeuten von 52% aber niedrige
2
Bemerkenswert ist, dass sich auch im Falle der Aktivitätsmessung der Immobilisate eine Durchmischung der
Messküvette als unnötig erwies. Dies ist ein sicheres Indiz dafür, dass die Immobilisate aufgrund ihrer Größe
nicht sedimentieren und zumindest in Hinblick auf den flüssigkeitsseitigen Stofftransport keinerlei
Diffusionslimitierung unterliegen.
78
Proteinbeladungen und damit geringe spezifische Aktivitäten. Dagegen ergeben sich für
mittlere Protein- zu Beadkonzentrationsverhältnisse geringe Kopplungsausbeuten, aber dafür
bessere spez. Aktivitäten von bis zu 140 U/g Beads. Um die mit den verschiedenen Methoden
maximal erreichbare Enzymbeladung der Partikel und damit auch in der Regel maximale
spezifische Aktivität zu ermitteln wurden im folgenden dann sehr hohe Protein zu Bead
Verhältnisse von 570 – 1150 mg/g während der Immobilisierung eingesetzt. Aufgrund der
begrenzten Beladungskapazität der Partikel kann von diesem Überangebot nur eine begrenzte
Menge
Enzym
gebunden
werden,
so
dass
die
niedrigen
Kopplungsausbeuten
verfahrensbedingt sind und keine Aussagekraft besitzen. Für den Vergleich der Methoden
sind vielmehr die absolut erreichte Enzymbeladung und der Anteil an aktivem Enzym hiervon
ausschlaggebend. Wie aus Tabelle 3 zu entnehmen, erreichen alle Methoden mit 84 – 114 mg
Enzym pro g Bead sehr hohe Beladungen, lediglich im Falle der Immobilisierung über
Glutaraldehyd ist aber auch der Anteil an aktivem Enzym befriedigend.
Zur Absicherung dieses Ergebnisses wurde eine zweite Versuchsreihe durchgeführt, in der für
alle Immobilisierungsmethoden, d.h. nun auch für die Immobilisierung mittels NHydroxysuccinimid (NHS), sehr hohe Protein zu Bead Verhältnisse vorlagen. Die Ergebnisse
sind in Tabelle 16 zusammengefasst. Wie zu erkennen bestätigen sich die Ergebnisse der
ersten Versuchsreihe. Auch im Falle sehr hoher Protein zu Bead Verhältnisse liefert die
Immobilisierung mittels NHS die schlechtesten Immobilisate mit der geringsten spezifischen
Aktivität. Die besten Ergebnisse finden sich wiederum für die Immobilisierung an mit
Glutardialdehyd aktivierten, aminierten M-PVA Beads sowie für die Immobilisierung an MPVA Beads mit Epoxyfunktionalisierung.
Tabelle 16: Zusammenfassung der Vorexperimente für die Immobilisierung der Lipase Novozym L868 an
epoxylierte, aminierte (mit Glutardialdehyd aktiviert) und carboxylierte und an carboxylierte aktivierte (NHS)
magnetische PVA-Partikel (Chemagen).
Immob.
Protein-
Methode
konz.
Beadkonz.
Verhältnis
Kopplungs-
Anteil akt.
Enzym-
Spez. Aktivität
Protein/Bead
ausbeute
Enzyma
beladung
(U/g Beads)b
(g/L)
(g/L)
(mg/g)
(%)
(%)
(mg/g)
ECH
1,15
1
1150
10
18
114
1200
CD
1,15
1
1150
7
15
84
700
GA
1,15
1
1150
20
10
230
1300
NHS
2,4
1
2400
5
2
120
200
a
- Die Berechnung des Anteils an aktivem Enzym erfolgte über den Zusammenhang. 1 mg aktives Enzym entspricht 57 U (PNPP). Dieser
Wert resultiert aus Bradford und Aktivitätsmessungen in der Immobilisierungsvorlage.
b
- Aktivitätsmessung mittels PNPP, siehe dazu auch Fußnote
79
Im
Anschluss
an
die
Ermittlung
der
besten
Immobilisierungsmethode
erfolgten
Untersuchungen zum Scale-Up der Herstellung größerer Immobilisatmengen. Ziel war es den
benötigten Enzymüberschuss, bei weitgehender Konstanz der erreichten spez. Aktivität, zu
reduzieren. Hierzu wurde die als am besten identifizierte Immobilisierung an mit
Glutardialdehyd aktivierten, aminierten M-PVA Beads sowie, zum Vergleich, auch die
Immobilisierung mittels NHS bei einer Proteinkonzentration von 2,4 mg/ml und
Partikelkonzentrationen von 1 bis 40 mg/L durchgeführt. Das eingesetzte Protein zu
Magnetbead Verhältnis variierte damit von 2400 mg/g bis 60 mg/g. Das letztgenannte
Verhältnis liegt damit bereits deutlich unter den in den Vorversuchen ermittelten, maximalen
Enzymbeladungen der Partikel, d.h. unter diesen Bedingungen ist keine maximale Bedeckung
der Partikel mit Enzym mehr möglich. Wie aus Abbildung 44 zu erkennen konnten in dieser
Versuchsreihe die guten Ergebnisse der Vorsuche mit Glutardialdehyd aktivierten, aminierten
M-PVA Beads nicht vollständig reproduziert werden, sondern auch bei Einsatz von nur 1 g/L
Beads erreichte die spezifische Aktivität der Immobilisate mit 670 U/g nur ca. die Hälfte des
Werts der Vorversuche. Unabhängig von den Absolutwerten zeigt sich aber auch ein
überraschend
starker
Einfluss
des
eingesetzten
Enzymüberschusses
während
der
Immobilisierung. Eine Erhöhung der eingesetzten Magnetbeadkonzentration von 1 auf 10 g/L
führt zu einem deutlich Rückgang der spezifischen Aktivität um ca. 200 U/g Bead, obwohl
die vorgelegte Enzymkonzentration auch im Falle von 10 g/L Beads theoretisch für eine
vollständige Beladung der Partikel ausreichen sollte. Eine weiterer Erhöhung der
Partikelkonzentration auf 20 g/L und sogar auf 40 g/L führt im ersten Schritt zu einem
weiteren Rückgang der spezifischen Aktivität auf 300 U/g und schließlich auf nur 200 U/g.
80
1000
Spezifische Aktivität in U/g Bead
900
800
700
600
500
400
300
200
100
0
0
10
20
30
40
50
Eingesetzte Partikelkonzentration in g/L Beads
Abbildung 44. Abhängigkeit der Aktivität der immobilisierten Lipase von der eingesetzten Menge an Beads.
Immobilisierung der Lipase CALA an mit Glutardialdehyd aktivierte aminierte Partikel (■). Immobilisierung
von Lipase CALA an mit N-Hydroxysuccinimide (NHS) aktivierte carboxylierte Partikel (●).
Insgesamt ist aber festzustellen, dass dennoch der Rückgang der spezifischen Aktivität
wesentlich langsamer erfolgt, als umgekehrt die eingesetzte Partikelmenge ansteigt. Dies hat
zur Folge, dass die erreichten Werte für Kopplungsausbeute und Aktivitätskopplungsausbeute
(resultierende Gesamtaktivität auf den Partikel / eingesetzte Gesamtaktivität in der Lösung)
mit zunehmender Partikelmenge ansteigen. Interessanterweise zeigen die Ergebnisse unter
Einsatz der Immobilisierungsmethode mittels NHS keinen vergleichbaren Verlauf sondern die
erreichte spezifische Aktivität ist im Rahmen des untersuchten Parameterbereichs praktisch
unabhängig von der eingesetzten Beadkonzentration. Der Absolutwert der spezifischen
Aktivität ist mit ca. 120 U/g jedoch ebenfalls geringer als in den Vorversuchen und selbst im
Falle der höchsten Beadkonzentration nur ca. halb so groß wie die entsprechende spezifische
Aktivität für mit Glutardialdehyd aktivierte, aminierte Beads.
81
3.7.5
Stabilitätsanalyse der immobilisierten Lipase CALA und der freien Lipase CALA mit
Hilfe des photometrischen Assays
Ziel der Stabilitätsanalyse war es geeignete Lager- und Stabilitätsbedingungen für die
immobilisierte Lipase CALA an aminierten und mit Glutardialdehyd aktivierten Partikel von
Chemagen zu ermitteln. Hierzu wurden die freie und die immobilisierte Lipase CALA bei pH
6, 7 und 8 sowie bei den Temperaturen -20°C, 4°C, 25°C und 37°C für mehr als zwei Monate
ohne Substrat im Puffer (10 mM Natriumphosphatpuffer) gelagert. Für die regelmäßige
Überprüfung der noch verbleibenden Aktivität der freien und der immobilisierten Lipase
CALA wurde der beschriebene photometrische Assay eingesetzt. Die Proteinkonzentration
der freien Lipase CALA betrug 0,016 mg CALA/ml Stammlösung bei einer Anfangsaktivität
von ca. 90 U/mg Protein. Hieraus resultiert eine Aktivität der Stammlösung von ca. 1,5 U/mL.
Im Falle der Immobilisatherstellung wurde eine Beadkonzentration von 30 g/L eingesetzt,
wobei sich jedoch nur eine spezifische Aktivität von ca. 50 U/g Bead ergab.
Hieraus lässt
sich eine Beladung von nur ca. 1 mg aktivem, gebundenem Protein pro g Bead errechnen3,
bzw. eine Aktivität der Immobilisatstammlösung von ca. 3 U/mL. Trotz dieser niedrigen
Werte war auch bei einer 1:5 Verdünnung der Immobilisatstammlösung noch ausreichend
Aktivität messbar, so dass die Immobilisate für eine Stabilitätsuntersuchung geeignet
schienen.
Die Abnahme der Aktivität der freien Lipase CALA über einen Zeitraum von 70 Tagen ist für
verschiedene Lagerbedingungen in Abbildung 45 dargestellt. Wie zu erkennen besitzt die
freie Lipase CALA sowohl bei pH 6 als auch bei pH 7 eine sehr hohe Stabilität, so dass selbst
bei einer Lagertemperatur von 37°C über den Beobachtungszeitraum keine signifikante
Aktivitätsabnahme auftrat.
3
Dieser Wert wurde mit Hilfe der Beziehung 1mg aktives Enzym = 57 U PNPP-Aktivität aus Tabelle 15 und 16
berechnet. Bei Verwendung der in den Stabilitätsuntersuchungen für die freie Lipase CALA gefundenen ca. 80 90 U/mg würden sich noch etwas niedrigere Beladungen an aktivem Enzym ergeben.
82
Aktivität in U/mg Enzym
100
80
60
40
pH = 6
20
Aktivität in U/mg Enzym
0
Tag
80
60
40
pH = 7
20
Aktivität in U/mg Enzym
0
Tag
80
60
40
pH = 8
20
0
0
10
20
30
40
50
60
70
Tag
Abbildung 45: Stabilitätsanalyse der freien Lipase aus Candida Antarctica CALA bei pH 6,7, und 8 und den
Temperaturbereichen 37 °C, 25 °C, 4 °C und –20 °C über eine Zeitdauer von 65 Tagen. Lipase CALA bei 25 °C
(■), bei 37°C (●), bei 4°C (▲) und bei –20 °C (♦)
83
Bei genauerer Ansicht zeigt sich im Falle von pH 6, dass die Aktivitätswerte bei einer
Lagertemperatur von –20°C eine leicht abfallende Tendenz besitzen, wohingegen bei einer
Lagertemperatur von 37°C sogar ein leichter Anstieg zwischen dem 5. und dem 62. Tag
erkennbar ist. Die beobachtete Abhängigkeit der Stabilität von der Lagertemperatur
wiederspricht damit bei pH 6 dem zu erwartenden Zusammenhang einer abnehmenden
Stabilität bei höherer Temperatur, wobei ein Grund hierfür die Verdunstung des Puffers aus
dem Lagerungsgefäß sein kann. Eine weitere Auffälligkeit ist der bei pH 6 und pH 7 in allen
Fällen auftretende leichte Aktivitätsanstieg während der ersten 5 Messtage. Da dieser Effekt
jedoch auch in diesem Zeitraum für die parallel durchgeführten Aktivitätsmessungen an
Lipaseimmobilisaten auftrat, scheint eine echte Aktivitätssteigerung der freien Lipase
unwahrscheinlich und die Ursache liegt wahrscheinlich in leichten Abweichungen bei der
Messmethode. Wie das unterste Teilbild von Abbildung 45 zeigt, schädigt eine Erhöhung des
Lager-pH-Werts auf 8 die Lipase CALA jedoch nachhaltig. Der Grad der Schädigung und
damit des Aktivitätsverlusts hängt dabei stark von der vorherrschenden Lagertemperatur ab,
wobei der Verlauf dieser Abhängigkeit nun den Erwartungen entspricht. Sind im Falle einer
Lagertemperatur von –20°C nach 62 Tagen noch 78% der Anfangsaktivität vorhanden, so
beträgt der entsprechende Prozentsatz bei einer Lagertemperatur von 37°C nur noch 10%. Die
Halbwertszeit der Aktivität der Lipase beträgt bei 37°C und pH=8 nur ca. 6 Tage.
Abbildung 46 zeigt die Ergebnisse der entsprechenden Stabilitätsversuche mit immobilisierter
Lipase CALA, wobei in diesem Fall der Verlauf der spezifischen Aktivität in U pro g
Immobilisatbeads über der Lagerzeit aufgetragen ist. Aus den Startwerten am ersten Tag der
Messung lässt sich zunächst erkennen, dass die im 2 mL Maßstab bei einer Beadkonzentration
von
30 g/L
und
einer
Enzymkonzentration
von
1,7
g/L
durchgeführte
Immobilisierungsreaktion im Prinzip erfolgreich war, der Ausgangswert der spezifischen
Aktivität der immobilisierten CALA liegt jedoch bei nur ca. 75 U/g Bead. Diese spezifische
Aktivität liegt im Vergleich zu einem entsprechenden Wert aus Abbildung 44 (295 U/L)
niedriger, was ist durch abweichende Immobilisierungsbedingungen zu begründen ist. Bei
Betrachtung der Teildiagramme für pH 6 und pH 7 zeigt sich, dass im Gegensatz zur freien
Lipase im Falle der Immobilisate bereits bei niedrigen pH-Werten eine ausgeprägte
Temperaturabhängigkeit der Lagerstabilität besteht. Während bei –20°C die spezifische
Aktivität über den Zeitraum von 62 Tagen praktisch konstant blieb, zeigte sich für 25°C und
insbesondere 37°C ein starker Aktivitätsrückgang innerhalb der ersten 10 Tage.
84
spez. Aktivität in U/g Beads spez. Aktivität in U/g Beads spez. Aktivität in U/g Beads
100
pH = 6
75
50
25
0
pHTag
=7
75
50
25
0
pH = 8
75
50
25
0
0
10
20
30
40
50
60
70
Tag
Abbildung 46: Stabilitätsanalyse der immobilisierten Lipase aus Candida Antarctica CALA bei pH 6,7, und 8
und den Temperaturbereichen 37 °C, 25 °C, 4 °C und –20 °C über eine Zeitdauer von 65 Tagen. Die
Immobilisierung der CALA wurden an aminierte Partikel, die mit Glutardialdehyd aktiviert waren
vorgenommen. Lipase CALA bei 25 °C (■), bei 37°C (●), bei 4°C (▲) und bei –20 °C (♦)
85
Eine naheliegende Vermutung zur Erklärung des Aktivitätsrückgangs war zunächst die
Annahme eines "Ausblutens" des Enzyms, d.h. dass das Enzym zum Teil nicht fest genug
immobilisiert ist und sich wieder vom Partikel trennt. Dieser Vermutung widerspricht jedoch
der Umstand, dass in den untersuchten Partikelüberständen nahezu keine Aktivität festgestellt
werden konnte. Hinsichtlich des Aktivitätsrückgangs ist aber auch bemerkenswert, dass dieser
nach 10 Tagen selbst im Falle der Lagerung bei 37°C nahezu zum Erliegen kommt und nicht,
wie bei einer einfachen Betrachtung über Halbwertszeiten zu erwarten, prozentual in
konstantem Maße fortschreitet. So besaßen die bei pH 6, 37°C gelagerten Immobilisate nach
über 60 Tagen noch eine spezifische Aktivität von ca. 22 U/g Beads.
Wie im Falle der freien Lipase führte auch für die Immobilisate eine Erhöhung des pH-Werts
auf 8 zu einer massiven Beeinträchtigung der Aktivität. Während die Spezifische Aktivität der
Immobilisate im Falle einer Lagerung bei –20°C bzw. 4°C noch weitgehend konstant war, fiel
sie im Falle einer Lagertemperatur von 37°C innerhalb von 30 Tagen auf Null ab.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Stabilität der Lipase CALA durch die
Immobilisierung mittels Glutardialdehyd an aminierte M-PVA Beads nicht zunimmt, sondern
dass im Falle von pH 6 und pH 7 wider Erwarten die Temperaturempfindlichkeit sogar
wesentlich stärker ausgebildet ist als im Falle der freien Lipase. Dennoch lässt sich feststellen,
dass im genannten pH-Wert Bereich die Immobilisate auch bei anwendungsrelevanten
Temperaturen von 25°C bzw. 37°C über einen Zeitraum von 2 Monaten spezifische
Aktivitäten von 50 bzw. 25 U/g Beads behielten. Die Immobilisate eignen sich damit bedingt
für den geplanten vielfachen Einsatz in einem Biokatalysereaktor mit magnetischer
Enzymrückgewinnung.
3.7.6
Entwicklung der Analytik Bestimmung der Aktivität der freien und immobilisierten
Lipase CALA im Titrimaten
Ziel
der
vorgenannten
Arbeiten
war
letztendlich
die
Bereitstellung
geeigneter
Lipaseimmobilisate für den Einsatz in einem Zweiphasenreaktor. Eine weitere Voraussetzung
für die Anwendungsdemonstration war die Bereitstellung der zugehörigen Analytik. Lipasen
führen Fettsäureesterspaltungen zu Fettsäuren und Estern aus. Industriell werden Lipasen z.
B: für die Altfettverwertung eingesetzt. Mit Hilfe der Hochgradientenmagnetseparation sollte
86
nun gezeigt werden, dass die Wiedergewinnung und der Wiedereinsatz einer immobilisierten
Lipase aus einer Öl-Wasser-Emulsion möglich ist solange die entsprechende Lipase aktiv ist.
Die Messung der Aktivität der freien und immobilisierten Lipase CALA in Bezug auf eine
Fettsäureesterspaltung erfolgt im Titrimaten unter Konstanthaltung des pH-Wertes bei pH 8
durch Zutitration von 50 mM NaOH (pH-Stat). Die Aktivitätsmessung wurde bei pH 8
durchgeführt, da hier das pH-Optimum der Reaktion lag. Eingesetztes Substrat ist Tributyrat,
das zur Buttersäure umgesetzt wird. Über die Menge der zutitrierten NaOH kann auf die
gebildete Buttersäure und den Substratumsatz rückgeschlossen werden. Die Messung der
freien Lipase CALA im Titrimaten war für eine Zeitdauer von 2 Minuten ausreichend und
reproduzierbar. Die Messung der Lipase CALA findet in 0,01 M Phosphatpuffer bei pH 8
statt. Für die Messung im Titrimaten wurden 30 ml Phosphatpuffer (pH 8, 0,01 M) und 0,1 bis
13 ml Tributyrat (99%) zusammengegeben. In den Ansatz (30 ml) wurden 10 µl freie CALA
(10 mg/ml nach Bradford) gegeben.
2000
spez. Aktivität L868 in [U/mg]
1800
1600
1400
1200
1000
800
600
400
200
0
0
2
4
6
8
10
12
14
Tributyrat [ml]
Abbildung 47.: Abhängigkeit der spezifischen Reaktionsgeschwindigkeit von der Substratkonzentration
(Tributyrat) bei konstanter Menge an freier Lipase CALA. Reaktionsansatz beinhaltet 30 ml Phosphatpuffer
(0,01 M, pH 8) und 0,1 mg Lipase CALA
Abbildung 47 zeigt die Abhängigkeit der Aktivität der freien Lipase CALA von der
Tributyratmenge. Die Tributyratmenge wurde von 0.1 bis 13 ml in 30 ml Phosphatpuffer
87
erhöht. Es ist zu erkennen, dass die Aktivität der freien Lipase CALA ab einer Zugabe von
mehr als 7 ml Tributyrat nicht mehr gesteigert werden kann. Als Optimum für weitere
Messungen hatte sich jedoch eine Menge von 1 ml Tributyrat herausgestellt, da höhere
Mengen (über 10 % v/v) eine instabile Emulsion lieferten und dadurch schlecht
140
2500
Aktivität der Lipase-L868 [U/mg]
120
2000
100
1500
80
60
1000
40
500
20
0
0
0.0
0.1
0.2
0.3
0.4
0.5
gemessene Gesamtaktivität der Lipase-L868 [U]
reproduzierbare Messungen lieferten.
0.6
Lipase-L868-Menge [mg]
Abbildung 48.: Abhängigkeit der Reaktionsgeschwindigkeit und der spezifischen Aktivität von der eingesetzten
Lipase CALA- Menge bei konstanter Tributyratmenge von 1 ml pro 30 ml Phosphatpuffer (0,01 M
Natriumphosphatpuffer bei pH 8). Aktivität der Lipase CALA [U/mg] (●). Aktivität der Lipase CALA [U] (■).
In Abbildung 48 ist die Abhängigkeit der spezifischen Aktivität sowie der Gesamtaktivität der
freien Lipase CALA von der eingesetzten Menge dargestellt. Die Dosierung wurde von 2 bis
50 µl variiert, entsprechend einer Menge von 0,02 bis 0,5 mg Protein (Bradford).
Das Puffer-Substratgemisch bestand aus 30 ml Phosphatpuffer (pH 8, 0,01 M) und 1 ml
Tributyrat. Die gesamte Abnahme an Tributyrat beträgt circa 3% während der Reaktion und
hat daher keinen Einfluss auf die Reaktionsgeschwindigkeit. Aus der Abbildung ist zu
erkennen, dass bei Einsatz von nur 1 ml Tributyrat die dosierte Enzymmenge auf 0,02 mg
reduziert werden muss um nicht in eine Substratlimitierung zu gelangen. Dieses geforderte
Substrat/Enzym Verhältnis von 50 ml/mg stimmt gut mit dem bei Variation der
Tributyratmenge gefundenem Verhältnis von ca. 70 ml/mg überein.
88
Die Messung der immobilisierten Lipase CALA fand unter den gleichen Bedingungen wie für
die freie CALA beschrieben statt. In den Ansatz (30ml) wurden 1,2 mg Partikel mit
immobilisierter CALA gegeben, entsprechend einer Dosierung an aktivem Enzym von ca.
2,4 µg, d.h. ca. nur ein Vierzigstel der bei der freien Lipase verwendeten Menge. Es ist
dennoch nicht ratsam mit mehr als 1,2 mg Partikeln im Titrimaten zu arbeiten, da sonst
Probleme mit der pH-Elektrode und dem Diaphragma am Zutitrationsschlauch des Titrinos
auftreten können. Außerdem sind in diesem Fall die Emulsion aus Tributyrat, Puffer und
Partikeln schwerer zu handhaben. Anstelle einer Erhöhung der Partikelkonzentration wurde
im Falle der immobilisierten Lipase daher die Messzeit von 2 auf 10 Minuten erhöht.
spezifische Aktivität der Immobilisate
in U/mg Beads
4.0
3.5
3.0
2.5
2.0
1.5
1.0
0.5
0.0
0.0
0.2
0.4
0.6
0.8
1.0
1.2
1.4
1.6
1.8
2.0
Eingesetzte Beadmenge [mg]
Abbildung 49.: Abhängigkeit der spezifischen Aktivität der immobilisierten Lipase CALA von der eingesetzten
Immobilisatmenge (0 bis 1,8 mg Beads pro 30 ml Phosphatpuffer) bei gleichbleibender Tributyratmenge von 1
ml pro 30 ml Phosphatpuffer (0,01 M Natriumphosphatpuffer bei pH 8).
Nach Abschluss der Messung und Beenden der Zwangsdurchmischung lässt sich gut
beobachten, dass die M-PVA Partikel sich wie erwartet in den Grenzflächen zwischen der
öligen und der wässrigen Phase akkumuliert haben. Diese Ansammlung der Immobilisate im
Bereich der Phasengrenzfläche ist eine wichtige Voraussetzung für den Einsatz in Verbindung
mit grenzflächenaktiven Enzymen.
In Abbildung 49 ist die Abhängigkeit der spezifischen Aktivität der Immobilisate der Lipase
CALA von der eingesetzten Beadmenge dargestellt. Die CALA Menge wurde von 0,3 bis 1,8
89
mg Beads pro 30 ml Phosphatpuffer variiert, entsprechend einer eingesetzten Menge an
aktivem, immobilisierten Enzym von ca. 0,6 bis 3,6 µg. (In diesem Experiment wurden
Immobilisate mit der spezifischen und am Bead gebundenen pNPP-Aktivität von ca. 80-90
U/g, entsprechend ca. 2 mg aktives Enzym /g Bead eingesetzt). Das Puffer-Substratgemisch
bestand aus 30 ml Phosphatpuffer (pH 8, 0,01 M) und 1 ml Tributyrat.
Wie aus der Abbildung zu erkennen, ergibt sich ein deutlicher Rückgang der spezifischen
Aktivität der Immobilisate mit zunehmender Immobilisatdosierung. Dies ist erstaunlich, da
die abgeschätzten Mengen an tatsächlich eingesetztem, aktivem Enzym recht gering sind und
nach den Erfahrungen mit freier Lipase keine Substratlimitierung vorliegen sollte. Eine
mögliche Erklärung ist eventuell eine Limitierung durch die für die Partikel zur Verfügung
stehenden Phasengrenzfläche. Werden die abgeschätzten Mengen an aktivem Enzym
zugrundgelegt errechnet sich eine maximale Aktivität der immobilisierten aktiven Lipase von
ca.:
3,5 U / mg Beads
= 1750 U / mg aktives Enzym
0, 002mg aktives Enzym pro mg Bead
Dies bedeutet die wirksame maximale Aktivität der immobilisierten aktiven Lipase entspricht
auch im Falle des Zweiphasensystems mit Tributyrat der maximalen Aktivität der freien
Lipase (vergleiche Abb. 48). Nimmt man die Aktivität unter Einsatz des löslichen Substrats pNPP als Bestimmungsgröße für die Menge des aktiven, immobilisierten Enzyms, zeigt sich
demnach, dass dieses Enzym trotz Immobilisierung auch in Zweiphasensystemen voll aktiv
ist. Die Ursache hierfür liegt vermutlich darin begründet, dass im Falle der magnetischen
Mikropartikel das Enzym an der Oberfläche frei zugänglich ist. Dies ist ein wichtiger
Unterschied zur Enzymimmobilisierung in makroporösen Trägern, bei denen der Großteil der
Enzyme innerhalb der Poren und damit für Zweiphasensysteme nur sehr schwer zugänglich
vorliegt. Zu gegenwärtigen Zeitpunkt ist jedoch als alternative Erklärung auch denkbar, dass
sich ein geringer Teil gebundener Lipase von den Partikeln gelöst hat und während des
Tributyratversuchs in freier Form vorliegt. Bei hier nicht näher beschriebenen Versuchen zur
Immobilisierung His-getaggter Lipase an M-PVA-IDA Partikeln kam es zu einem
entsprechenden Effekt, dass die Lipase im gebundenen Zustand vollkommen inaktiv war,
nach der Elution vom Magnetbead jedoch ihre Aktivität weitgehend wiedererlangte. Gegen
diesen zweiten Erklärungsversuch spricht, dass wie erwähnt im Überstand der
Stabilitätsuntersuchungen keine p-NPP Aktivität festgestellt werden konnte. Genaueren
90
Aufschluss zwischen den Erklärungsversuchen könnten jedoch erst Immobilisate liefern, bei
den ein Großteil der gebundenen Lipase auch aktiv ist, so dass eine eventueller Übergang
einer kleinen Menge gebundener Lipase in den gelösten Zustand sich in Bezug auf die
messbare Gesamtaktivität nicht auswirkt.
spezifische Aktivität der Immobilisate
in U/mg Beads
4.0
3.5
3.0
2.5
2.0
1.5
1.0
0.5
0.0
0
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
11
12
Menge an Tributyrat in ml
Abbildung 50.: Abhängigkeit der Aktivität der immobilisierten CALA von der eingesetzten Tributyratmenge.
Die Menge der immobilisierten Lipase wird konstant gehalten bei 1,2 mg Beads in 30 ml Phosphatpuffer (0,01
M Natriumphosphatpuffer bei pH 8).
In Abbildung 50 ist die Abhängigkeit der spezifischen Aktivität der Lipaseimmobilisate von
der eingesetzten Tributyratmenge dargestellt. Die Tributyratmenge wurde von 0,5 bis 10 ml in
30 ml Phosphatpuffer erhöht. Es ist zu erkennen, dass die spezifische Aktivität der
immobilisierten Lipase CALA [in U/mg Bead] im untersuchten Bereich vollkommen
unabhängig von der Substratkonzentration ist. Dies bestätigt zum einen die Annahme, dass
aufgrund der geringen Menge an eingesetztem aktiven, immobilisierten Enzym keine
Substratlimitierung vorliegt. Zum anderen ist diese Tatsache schwer mit der beobachteten
Abhängigkeit der spezifischen Aktivität von der eingesetzten Beadmenge in Einklang zu
bringen. Warum wirkt sich eine Erniedrigung der Beadmenge auf die spezifische Aktivität
positiv aus, aber eine Erhöhung der Substratmenge bleibt ohne Einfluss? Um hier genauere
Einsichten
zu
gewinnen,
sollte
versucht
werden
die
Menge
der
vorliegenden
Phasengrenzfläche durch Änderungen in der Durchmischung zu variieren. Derartige
Untersuchungen waren jedoch nicht Gegenstand dieses Projekts und bleiben anschließenden
Forschungsarbeiten vorbehalten.
91
3.8
Zeit-Meilenstein Diagramm
Der zu Projektabschluss erreichte Stand der Arbeiten im Vergleich zu dem im
Arbeitprogramm postulierten Arbeitspaketen wird zusammenfassend anhand eines ZeitMeilenstein Diagramms dargestellt. Die unterschiedlichen Farben symbolisieren, ob der
Zeitpunkt des Erreichens des Meilensteins mit der Vorgabe des Arbeitsprogramms
übereinstimmte, ob eine Verspätung vorlag oder ob ein Arbeitspaket nicht oder nur
unvollständig bearbeitet wurde..
2002
Jahr
Monat
2003
2004
08 09 10 11 12 01 02 03 04 05 06 07 08 09 10 11 12 01 02 03 04 05 06 07 08 09 10
M 1.1 –1.5
1.1 -
1.4
M 2.1 – 2.4
M 3.1 – 3.3
M 4.1 – 4.4
M 5.1 – 5.4
1.5
2.3
2.4
2.1
3.1
3.2
2.2
3.3
4.4 4.1 4.2 4.3
5.1 -
5.3
5.1 5.4
Farblegende:
█ Arbeitspaket zum vorgesehenen Zeitpunkt erfüllt; █ Arbeitspacket nach dem vorgesehenen Zeitpunkt erfüllt; █
Arbeitspacket ganz oder teilweise nicht bearbeitet.
Wie zu erkennen, wurden die Meilensteine des Projekts größtenteils innerhalb des Zeitplans
oder mit etwas Verspätung erfüllt. Ausnahmen hiervon bilden die Meilensteine 2.2, 4.3, 5.1
und 5.4. Aus dem mit dem Projektantrag gelieferten „Ergänzten Arbeitsprogramm“ (siehe
Anhang 6.3) ist zu entnehmen, dass es sich hier um Arbeitspakete handelt, die im
Zusammenhang mit der Charakterisierung der Immobilisate, dem Scale-up der Herstellung
und des Einsatzes der Enzymimmobilisate sowie der Kontaktaufnahme mit etablierten
Geräteherstellern stehen. Die Ursachen für die Abweichungen vom Arbeitsprogramm auf
diesen Gebieten sind wie folgt:
•
Das Arbeitsprogramm war im Hinblick auf die tatsächlich bei der Herstellung technischer
Mengen von Enzymimmobilisaten anfallenden Arbeitsschritte lückenhaft. Insbesondere
weißt es keine Zeiträume für die Fermentation und die Aufreinigung der benötigten
Enzyme aus.
•
Entgegen den ursprünglichen Erwartungen traten verschiedene Probleme bei der
Optimierung der Fermentationen auf. So ergaben sich große Schwierigkeiten bei den
Hochzelldichtefermentationen His-getagter PenG-Acylase, da dieses Protein nur bei
22 °C zu produzieren ist und damit auch das Verfahren der Fermentation angepasst
werden musste. Weiterhin wurde mit großem Aufwand versucht die PenG-Acylase
92
bereits prozessiert aktiv intrazellulär zu produzieren, was bisher jedoch nur unzureichend
gelang.
•
Die
benötigte
Handhabungstechnologie
Prozessleitsystem)
für
(Reaktionsbehälter,
Magnetpartikel
ist
für
Magnetseparatoren,
die
Anwendungsfälle
Bioproduktaufarbeitung bzw. Biokatalyse praktisch identisch. Im Verlauf des Projekts
wurde
daher
schnell
klar,
dass
der
mit
dem
geplanten
Scale-Up
der
Demonstrationsanlagen für beide Anwendungsfälle verbundene Aufwand in keinem
Verhältnis zu dem zusätzlichen Erkenntnisgewinn stand. Es wurde daher entschieden, die
Anwendung
von
Magnetbeads
im
Liter-Maßstab
nur
für
den
Fall
der
Bioproduktaufarbeitung anzustreben und sich im Falle der Biokatalyse auf die
grundsätzlichen Fragen der Immobilisierungstechniken, der Immobilisatstabilität und des
Einsatzes
in
Zweiphasensystemen
zu
konzentrieren.
Hierdurch
entfielen
die
Arbeitspunkte 4.3 (Herstellung von ca. 100-200g enzymbeladener Magnetbeads) und
zum Teil 5.1 (Inbetriebnahme der Modellreaktionen im Litermaßstab). Wie die
Ergebnisse im mL-Maßstab zeigen sind jedoch die Immobilisierung von Enzymen an
Magnetbeads und anschließende Biotransformationsreaktion erfolgreich durchzuführen.
Die Abweichung vom ursprünglichen Arbeitsprogramm bedeutet also nicht, dass die
genannten Meilensteine prinzipiell nicht erreicht werden konnten, sondern das im
Einvernehmen aller Projektpartner eine Parallelbearbeitung gleicher Fragestellungen (UpScaling der Partikelhandhabung) vermieden werden sollte.
•
Der letzte Punkt des Arbeitsprogramms (Kontaktaufnahme mit potentiellen Anwendern
und etablierten Herstellern für Apparatetechnik in der Biotechnologie) wurde nur im
Bereich der versuchten Kontaktaufnahme zu potentiellen Anwendern bearbeitet. Zum
Zwecke dieser Kontaktaufnahme wurde eigens ein ca. zehnseitiges, englisches
"Summary" erstellt, dass die wichtigsten Eckdaten des Verfahrens nennt. Eine
Kontaktaufnahme zu Apparateherstellern wurde bis zu diesem Zeitpunkt nicht
unternommen, da die Entwicklung der Handhabungstechnik, insbesondere der
Magnetfilter, als noch nicht abgeschlossen gelten kann. Es besteht jedoch Einvernehmen
unter den Projektpartnern auch nach Abschluss der Förderdauer des Projekts die
Entwicklung der Technologie voranzutreiben und den Versuch einer ersten
Kommerzialisierung einer Anlage für den präperativen, universitären Bereich (ca. 0,5 –
1g Protein pro Zyklus) zu unternehmen.
93
4 Wirtschaftlichkeitsbetrachtung
Im Rahmen des Projekts hat nur das Teilprojekt Bioproduktaufreinigung den Stand erreicht,
dass praxisnahe Versuche innerhalb einer vollautomatisierten Laboranlage durchgeführt
wurden. Die folgende, erste Wirtschaftlichkeitsbetrachtung beschränkt sich daher auf dieses
Teilprojekt.
Zur Abschätzung der Wirtschaftlichkeit des HGMF-Prozesses wird eine Betrachtung der
Investitions-
und
Betriebskosten
analog
zu
einer
aus
der
Literatur
bekannten
Kostenabschätzung für die Expanded Bed Adsorption (Amersham Biosciences, application
note, 18-1150-21, 2001-04) durchgeführt. In dem angenommenen Beispielprozess sind 12,5
m3 eines Fermentationsansatzes eines His-getagten Proteins innerhalb eines Zeitraums von
höchstens 24 h zu verarbeiten. Als Sorbentien kommen PVA-Magnetbeads mit
Metallchelatfunktionalisierung zum Einsatz. Die Konzentration des Zielproteins beträgt
0,3 g/L. Zur Proteinisolierung mit Hilfe der Hochgradienten-Magnetseparation werden drei
Magnetseparatoren (HGF-100) mit einem Gesamtmatrixvolumen von 15 L und einer
Filterkapazität von 100 g/L eingesetzt. Somit können pro Separationszyklus 1,5 kg Partikeln
abgeschieden werden. Die benötigte Partikelkonzentration im Batchsorptionsschritt ergibt
sich aus der angenommenen maximalen Bindungskapazität für das Zielprotein von 50 mg/g
bei einer Produktausbeute von 80 % zu 5 g/L. Aus der Partikelkonzentration und der maximal
abscheidbaren Partikelmenge pro Separationszyklus lässt sich das Prozessvolumen je Zyklus
zu 300 L bestimmen. Um das vorgegebene Batchvolumen von 12,5 m3 zu verarbeiten, sind
dementsprechend 42 Separationszyklen durchzuführen. Bei eine Filtergeschwindigkeit von 25
m/h ergibt sich für die drei Magnetfilter ein Gesamtvolumenstrom von 3,75 m3/h, woraus eine
Separationszeit für 300 L von 4,8 min folgt. Der zum Waschen der Partikeln bzw. für die
Proteinelution und Wiederbeladung der Partikeln aufzubringende Zeitraum wird mit 18 min je
Zyklus angenommen. Bei einem Gesamtzeitbedarf von 23 min je Proteinisolierungszyklus
ergibt sich somit eine Gesamtzeit von 16,1 h, die für die Verarbeitung des
Fermentationsvolumens aufgewendet werden muss.
Bei der Partikelabscheidung im Magnetfilter ist von einem geringfügigen Partikelschlupf
auszugehen. Aus diesem Grund wird in der Betrachtung das aus dem Magnetfilter ablaufende
Flüssigkeitsvolumen samt der darin enthaltenen, nichtabgeschiedenen Partikel aufgefangen.
Nach Abschluss der Proteinisolierung nach ca. 16 Stunden wird das gesammelte
Flüssigkeitsvolumen ausschließlich zum Zweck der Partikelrückgewinnung nochmals einer
Magnetfiltration unterzogen. Die gesammelten Partikeln werden gereinigt und dem
94
Partikelvorrat wieder zugeführt. Für diesen Schritt wird ein zusätzlicher Zeitbedarf von 4 h
pro Tag angenommen. Der trotz dieser Wiedergewinnung zu erwartende Partikelverlust wird
mit 5 % pro Tag abgeschätzt. Um eine gleichbleibende Kapazität der eingesetzten Sorbentien
zu gewährleisten, wird zusätzlich von einem Partikelaustausch von 10 % ausgegangen, so
dass sich die pro Tag neu einzusetzende Partikelmenge zu 15 % ergibt. Mit Hilfe dieser Daten
lassen sich die aufzubringenden Kosten abschätzen. In Tabelle 17 sind die Investitionskosten
dargestellt, die neben den Magnetseparatoren sowie den einzusetzenden Pumpen und Ventilen
die zu Prozessbeginn einzusetzenden Partikeln umfassen.
Tabelle 17. Investitionskosten für eine industrielle Proteinisolierung mittels Magnetbeads (Annahmen siehe
Text)
Posten
Magnetfilter HGF-100 (3 Stück)
Pumpen etc.
Summe
Betrag in €
200 000
50 000
250 000
Zur Berechnung der Betriebskosten sind weitere Größen festzulegen. Die für den Betrieb des
Separationsprozesses aufzubringenden Personalkosten wurden mit 50 € pro Stunde
angenommen. Die mittleren Kosten für die einzusetzenden Puffer errechnen sich zu 0,14 €
pro Liter bei einem Pufferbedarf von ca. 200 L pro Zyklus. Die pro Tag isolierte Menge
Zielprotein ergab sich aus den oben genannten Voraussetzungen zu 3 kg. In Tabelle 18 sind
die aufzubringenden Betriebskosten je Kilogramm Produkt dargestellt. Ein direkter Vergleich
dieser Kosten mit dem EBA Prozess ist im Moment aufgrund der unterschiedlichen
Modellproteine und verwendeten Affinitätsliganden nicht möglich.
Tabelle 18: Betriebskosten für eine industrielle Proteinisolierung mittels Magnetbeads (Annahmen siehe Text)
Posten
Personalkosten
Partikeln
Betrag in €/kg Produkt
296
1875
Puffer
389
Summe
2560
Es bleibt aber festzuhalten, dass sich für den Magnetseparationsprozess bei gleichem zu
verarbeitendem Fermentationsvolumen und gleicher Zielproteinkonzentration niedrigere
Investitionskosten und ein geringerer Pufferverbrauch abschätzen lässt.
95
5 Diskussion
Im Rahmen des Projekts AZ13073 wurden große Fortschritte auf dem Weg zu einer
technischen Umsetzung der Verfahren der Proteinaufreinigung bzw. Biokatalyse mit Hilfe
von Magnetbeads erreicht. Der realisierte Maßstab der Pilotanlage liegt mit dem Einsatz von
100 g Magnetbeads pro Zyklus und bearbeiteten Suspensionsvolumen bis über 20L um mehr
als eine Größenordnung über sämtlichen bisher in der Literatur beschriebenen Anwendungen
von Magnetbeads in der Biotechnologie. Zudem wurde in der Pilotanlage ein
Automatisierungsgrad erreicht, der dem industrieller Prozesse entspricht und damit sämtliche
daraus resultierenden Herausforderungen vorwegnimmt. Im Laufe der Arbeiten traten dabei
keinerlei grundsätzliche Probleme auf, die die Möglichkeit einer industriellen Umsetzung des
Verfahrens als unwahrscheinlich oder unverhältnismäßig teuer erscheinen lassen. Die Gründe
für die teilweise aufgetretenen Verzögerungen wurde bereits im Soll/Ist-Vergleich genannt.
Im folgenden werden die ermittelten Eckdaten und insbesondere die noch bestehenden
Herausforderungen für die beiden Teilaspekte Bioproduktaufarbeitung und Biokatalyse
diskutiert.
Der erreichte Projektstand im Bereich der Bioproduktaufarbeitung ist wie erwähnt eine
halbtechnische Pilotanlage zur Handhabung von ca. 100 g Magnetbeads pro Zyklus. Durch
schrittweise Optimierung des Prozessablaufs gelang es innerhalb dieser Pilotanlage eine
vollständig automatisierte primäre Bioproduktaufarbeitung durchzuführen, einschließlich der
Schritte der Vorkonditionierung der Magnetbeads mit Kupferionen und der Wiederbefüllung
des Sorptionsbehälters mit neuer Biosuspension und rezyklierten Magnetbeads. Hierdurch ist
die Anlage theoretisch in der Lage in einem quasikontinuierlichen Betrieb, ausgehend von
einem Biofeedstock wie z.B. einem Zellhomogenisat, einen feststofffreien und zu ca. 70 –
95% reinen Produktstrom zu liefern. Die experimentellen Ergebnisse sowie theoretische
Überlegungen zeigen, dass sich das Verfahren der primären Bioproduktaufarbeitung mittels
Magnetbeads am besten für Zielproteinkonzentrationen im Ausgangsmedium von ca. 0,1 –
1g/L eignet. Höhere Zielproteinkonzentrationen führen dazu, dass für eine möglichst
quantitative
Bindung
des
Magnetbeadkonzentrationen
Produkts
weit
über
in
20
einem
g/L
einstufigen
notwendig
wären.
Sorptionsschritt
Derartig
hohe
Magnetbeadkonzentrationen führen jedoch zu verfahrenstechnischen Problemen, wie z.B.
einer
sehr
raschen
Erschöpfung
der
Aufnahmekapazität
der
Magnetfilter.
Zielproteinkonzentrationen unterhalb von 0,1 g/L erschweren aufgrund der starken
Konkurrenz durch wesentlich höher konzentrierte Biomoleküle das Erreichen der
96
notwendigen hohen Magnetbeadbeladungen mit Zielprotein im Bereich von ca. 20 – 50 mg
Protein pro g Beads. Niedrige Zielproteinbeladungen führen jedoch zu geringen
Verfahrensproduktivitäten und schlechten Produktreinheiten. Zum Erreichen der geforderten
Zielproduktselektivitäten und Bindungskapazitäten der Magnetbeads wird sich in den meisten
Fällen die Verwendung von getaggten Proteinen in Verbindung mit entsprechenden
Affinitätsliganden als notwendig erweisen. Eine Ausnahme hiervon könnten Proteine sein, für
die auch ohne Tagging Liganden mit hoher Spezifität bekannt sind. Ein Beispiel hierfür sind
Antikörper in Verbindung mit Protein A als Ligand.
Neben der Einschränkung bezüglich optimaler Zielproteinkonzentrationen zeigten sich beim
Betrieb der Pilotanlage weitere kritische Aspekte, die in dieser Form an Versuchen im mLMaßstab nicht oder nur in abgeschwächter Form auftraten. Als wichtigster Punkt ist hierbei
die Resuspendierung und Rückgewinnung der Magnetbeads nach erfolgter Abscheidung zu
sehen. Trotz des Einbaus einer Vibrationseinheit muss dieser Aspekt bisher als ungelöst
angesehen
werden.
Lösungsansätze
sind:
(i)
Eine
substantielle
Erhöhung
der
Rückspülgeschwindigkeit von derzeit ca. 80 m/h auf 500-1000 m/h. Mit einer derartigen
Erhöhung sind jedoch große konzeptionelle Probleme bezüglich Leitungsquerschnitte, Ventile
und
Pumpen
verbunden,
da
gleichzeitig
die
Filtergeschwindigkeit
während
der
Partikelabscheidung nur im Bereich von ca. 20 m/h liegt. (ii) Ein grundsätzliches Redesign
des Magnetfilters hin zu einer sequentiellen Spülung einzelner Filterkammern oder zu einer
Realisierung einer Relativbewegung zwischen Filtermatrix und Filtergehäuse. Derartige
Ansätze werden am Forschungszentrum Karlsruhe derzeit erprobt und sind zum Teil bereits
patentiert.
Bei
einer
kritischen
Betrachtung
des
erreichten
Projektstands
im
Falle
der
Bioproduktaufarbeitung ist schließlich noch zu erwähnen, dass die Qualität der synthetisierten
Magnetbeads ebenfalls noch erhebliches Verbesserungspotenzial aufweist. Innerhalb des
letzten Projektjahrs konnten hier zwar hinsichtlich der Konstanz der Partikelproduktion
deutliche Fortschritte erreicht werden, die bei der Synthese kleiner Produktchargen erzielten
Ergebnisse zeigen aber, dass das Scale-Up der Partikelproduktion noch verbessert werden
sollte. Hierbei ist aber anzumerken, dass die erzielten Proteinbeladungskapazitäten der
Magnetbeads der Firma chemagen schon jetzt die Werte kommerziell erhältlicher
Vergleichsprodukte deutlich überschreiten. Wie bereits im Soll-Ist Vergleich erwähnt, ist das
Fazit der Projektpartner hinsichtlich des erreichten Projektstands, dass die Arbeiten mit dem
Ziel einer Kommerzialisierung einer ersten handgesteuerten Anlage zur präperativen
97
Proteinreinigung
fortgesetzt
werden.
Hauptkomponenten
der
Anlage
werden
ein
Elektromagnet, ein Magnetfilter sowie ein Magnetbead und Puffer Kitt sein. Mit Hilfe dieser
Komponenten wird es möglich sein innerhalb von nur ca. einer Stunde 0,5 – 1g his-getaggtes
Protein aus einem Zellhomogenisat aufzureinigen.
Im Bereich der Biokatalyse konzentrierten sich die Arbeiten überwiegend auf die Erarbeitung
effizienter Immobilisierungstechniken für Enzyme an Magnetbeads und auf den Nachweis der
postulierten Vorteile unporöser Mikroträger im Vergleich zu makroporösen, konventionellen
Trägermaterialien. Unter Einsatz des Spacers Hexamethylendiamin konnten im Falle der
Penicillinamidase (PA) Enzymbeladungen bis über 50 mg/g Beads erreicht werden, wobei 8090% des gebundenen Enzyms aktiv waren. In anschließenden Biotransformationsversuchen,
u.a. zur Stereoselektivität, zeigte sich dass die Eigenschaften der an Mikroträger
immobilisierten PA zwischen denen der freien PA und denen von an makroporösen Trägern
immobilisierter PA liegen. Hierdurch bestätigt sich, dass die Biotransformation mittels
"Mikro-Immobilisaten" praktisch keinen Transporteffekten, wie z.B. einer unerwünschten
pH-Verschiebung innerhalb des Trägers, unterliegt. Im Falle der Immobilisierung einer
grenzflächenaktiven Lipase an Magnetbeads sind die erreichten Aktivitätsausbeuten bisher
noch unzureichend. Abgesehen hiervon zeigte sich aber auch in diesem Fall, dass der an die
Oberfläche gebundene, aktive Anteil der Enzyme auch in Zweiphasensystemen seine
Wirkung entfaltet. Die sonst bei Zweiphasensystemen in Verbindung mit porösen Trägern
auftretenden Probleme einer Verblockung der Poren oder einer sterischen Hinderung des
Substratzugangs zu den gebundenen Enzymen scheint nach den bisher vorliegenden
Ergebnissen also bei Mikroimmobilisaten nicht oder nur im geringen Maße aufzutreten. Als
Konsequenz
könnten
unter
Verwendung
von
Mikroimmobilisaten
Biotransformationsreaktionen mit Rückgewinnung bzw. Rückhaltung des Enzyms in
Systemen möglich sein, die dieser Verfahrensweise bisher nicht zugänglich waren. Über die
Wirtschaftlichkeit einer entsprechenden Vorgehensweise kann aber noch keine Aussage
getroffen werden. Gerade im Hinblick auf die Kosten einer Mikroimmobilisatherstellung
wäre es von großem Vorteil wenn die Herstellung in einem Schritt direkt aus dem
Zellhomogenisat erfolgen könnte, das dieses Enzym enthält, d.h. wenn Enzymreinigung und
Enzymimmobilisierung kombiniert erfolgen würden. Diese interessante Fragestellung wird
daher Bestandteil zukünftiger Forschungsarbeiten der Projektpartner sein.
98
6 Anhang
6.1
Zusammenfassung der Aktivitäten der Projektgruppen
6.1.1
Projekttreffen, Weiterbildung, Teilnahme an Taskforcegruppen:
Datum
15.07.2002
05.08.2002
02.09.2002 - 13.09.2002
08.10.2002 - 10.10.2002
15.10.2002 - 17.10.2002
21.10.2002 - 22.10.2002
19.11.2002 - 20.11.2002
27.11.2002
08.12.2002
13.12.2002
17.02.2003 – 19.02.2003
26.02.2003
02.04.2003 – 04.04.2003
15.05.2003 – 16.05.2003
23.05.2003
04.06.2003
24.08.2003 – 29.08.2003
17.09.2003 – 19.09.2003
24.09.2003
02.10.2003
06.10.2003
08.10.2003
22.03.2004 - 23.03.2004
04.05.2004 - 06.05.2004
17.05.2004 - 19.05.2004
24.05.2004 - 26.05.2004
11.05.2004
Ort
Stuttgart
Karlsruhe
Karlsruhe
Baesweiler
Stuttgart
Hamburg
Baesweiler
Stuttgart
Osnabrück
Stuttgart
Bad Herrenalb
Stuttgart
München
Hamburg
Frankfurt
Köln
Basel
Bad Herrenalb
Karlsruhe
Wien
Stuttgart
Hannover
Faro
Wiesbaden
Eisenach
Obernai (Fr)
Karlsruhe
13.07.2004
Karlsruhe
23.11.2004
Köln
Partner / Personen
IBVT, FZK
IBVT, IIG, FZK, St, Chem
Rahaus, Schultz
Bozhinova, Ebner, Schultz
Ebner
IBVT, FZK
IBVT, IIG, FZK, St, Chem
FZK, IBVT
FZK, IBVT
FZK, IBVT
Ebner
IBVT, IIG, FZK, St, Chem
Ebner, Meyer, Reichert
Franzreb
Ebner, Meyer, Reichert
IBVT, IIG, FZK, St, Chem
IBVT, FZK, IIG
IBVT, FZK
IBVT, IIG, FZK
Schultz
Ebner
Franzreb, Ebner, Meyer
Ebner, Franzreb, Schultz
IBVT, IIG, FZK, LTB
Siemann, Franzreb
Franzreb
IBVT, IIG, FZK, LTB, St,
Chem
IBVT, IIG, FZK, LTB, St,
Chem
IBVT, IIG, FZK, LTB, St,
Chem
Anlass
Vorab-Meeting
1. Projekt-Meeting
Partikelherstellung
Fortbildung
Fortbildung
DBU Kick-off
2. Projekt-Meeting
Projektbesprechung
VAAM Tagung
Projektbesprechung
Fortbildung
3. Projekt-Meeting
Tagung
Projektmanagementseminar
Messe
4. Projekt-Meeting
ECB Kongress
Fortbildung
5. Projekt-Meeting
Tagung
Projektbesprechung
Messe
Vortrag, EFB Meeting Downstr. P.
Vortrag, Tagung BioPerspectives
Vortrag, Poster GVC/Dechema Tag.
Vortrag, VAAM Symposium
7. Projekt-Meeting
8. Projekt-Meeting
9. Projekt-Meeting
99
6.1.2
Kooperation innerhalb des Projekts ICBio:
Zusammenarbeit mit AZ 13078: „Enzymatische Altfettalkoholyse zur Herstellung von
Wertstoffen“ auf dem Gebiet der Immobilisierung und Anwendung von Lipasen.
Erfahrungsaustausch mit der Arbeitsgruppe von Herrn Prof. Heinzle auf dem Gebiet der
Simulation und Ökobilanzierung von Proteinaufreinigungsverfahren.
6.1.3
-
100
Veröffentlichungen:
Franzreb, M., Ebner, N., Siemann-Herzberg, M. (2003) „Magnettechnologie in der
Bioproduktaufarbeitung“ Transkript, Sonderheft Nachhaltige Biokatalyse, 112-115.
Magnetisches „Fischen“ von Biomolekülen, (2003), Flyer erschienen bei der Deutsche
Bundesstiftung Umwelt.
Rahaus, N. (2003) „Einsatz von Magnettrenntechnologie in der Bioproduktaufarbeitung:
Aufreinigung von rekombinanten Proteinen am Beispiel des „Green Flurescent Protein“
(GFP)“ Diplomarbeit, Institut für Bioverfahrenstechnik, Universität Suttgart.
Zissis, S. (2003) „Untersuchungen zum Einsatz von Magnettechnolgie in der
Bioproduktaufarbeitung“ Diplomarbeit, Institut für Technische Chemie, Wasser- und
Geotechnologie, Forschungszentrum Karlsruhe.
Franzreb, M. (2003) „Magnetseparation im Dienste der Biotechnologie“
Forschungszentrum Karlsruhe, Nachrichten, 35.
Schultz, N. (2003) „Application of magnetic separation technology for purification and
immobilisation of recombinant enzymes” Poster auf der European Conference of
Biotechnolgy, 24.-29.08.2003, Basel, Switzerland
Franzreb, M.: "Einsatz von Magnettechnologie bei der Biokatalyse und
Bioproduktaufarbeitung", BioPerspectives, Wiesbaden 4 – 6 Mai 2004
Ebner, N.: "Application of magnetic separation technology for purification and
immobilisation of recombinant enzymes (part 3)", Dechema –Biotechnologie Tagung
Wiesbaden 4 – 6 Mai 2004, Posterpreis
Franzreb, M.: "Application of magnetic separation technology for purification of
recombinant proteins", Meeting of the EFB Working Group on Downstream Processing,
22nd-23rd March 2004, Faro, Portugal
Fritz, C.: “Integrated production and downstream processing of haloalkane dehalogenase
at pilot scale”, European Symposium on Biochemical Engineering Science, Stuttgart, 8.11. September 2004
Franzreb, M.: (2004) " Direct capture of proteins from unclarified feedstocks by magnetic
separation technology", Executive Summary anlässlich der 5.ten Baesweiler BioTec
Tage, Baesweiler, 1. Oktober 2004
6.2 Zusammenfassung
Gutachtens
des
ökobilanzorientierten
DECHEMA
Die ökologischen Bewertungen für die beiden hier betrachteten Verfahrensalternativen
(HGMS vs. EBA) wurden in den Kapitel 2.4 und 3.4 eigenständig dargestellt. Die
Bewertungen beruhen auf den Sachbilanzen der Verfahrensalternativen, die bis auf die
jeweiligen Elementarströme zurückgeführt wurden.
Stellt man die beiden ökologischen Bewertungen nach der Methode ECO-Indicator (zur
Bewertungsmethode siehe das nachstehende Kapitel Die Bewertungsmethode sowie die
Anhänge 4 und 5) gegenüber, so ergibt sich eine Übersicht, wie sie Abbildung 21 zeigt:
Verfahren
EBA
HGMS
Kategorie
Faktor
(gerundet)
Ökosystemqualität (3)
Landnutzung
Versauerung/Eutrophier.
Ökotoxizität
Total 3
Ressourcen (2)
Mineralien
Total 2
Menschliche Gesundheit (1)
Radioaktive Strahlung
Klimawandel
Krebserregende Stoffe
Atemwegserkrankungen
Ozonabbau
Total 1
Total
0,88
1,07
0,19
2,15
0,07
0,09
0,03
0,20
12,6
11,9
6,3
10,8
48,48
48,48
19,63
19,63
2,5
2,5
0,01
11,36
2,22
29,28
0,00
42,87
0,00
0,93
0,17
2,67
0,00
3,77
11,4
93,50
23,60
4
12,8
13,1
11
Abbildung 1: Tabellarische Gegenüberstellung der Bewertungen EBA und HGMS
Das Total für jede der drei Kategorien Menschliche Gesundheit, Ressourcen und
Ökosystemqualität wie auch das Total über alle Kategorien gibt in dimensionslosen Punkten
wieder, wie umweltfreundlich die bewerteten Verfahren sind. Dabei steht ein niedriges Total
für eine umweltfreundliche Alternative, ein höheres für die weniger umweltfreundliche
Alternative.
101
Den Werten, die schon in den Kapiteln 2.4 und 3.4 dargestellt sind, ist deshalb in obiger
Abbildung eine Spalte Faktor beigefügt, die verdeutlicht, wie sich die Verfahrensalternativen
HGMS und EBA zueinander unter dem Gesichtspunkt Umweltverträglichkeit verhalten.
Es wird ersichtlich, dass das neue Verfahren HGMS seine Alternative EBA hinsichtlich einer
ökologischen Bewertung dominiert, da es in allen Kategorien als das umweltfreundlichere
Verfahren abschneidet. Über alle Kategorien ergibt sich, dass das HGMS-Verfahren bei der
Aufreinigung von Proteinen (His-tag, unspezifisch) um den Faktor 4 umweltfreundlicher ist
als EBA.
EBA vs. HGMS nach ecoindicator 99
100,00
80,00
Ökosystemqualität
60,00
Ressourcen
40,00
Menschliche Gesundheit
20,00
0,00
EBA
HGMS
Abbildung 2: EBA vs. HGMS in der ökologischen Bewertung nach ecoindicator 99 (Kategorien, Diagramm)
In beiden Fällen (HGMS, EBA) trägt die Kategorie Ressourcen zu über 50 % zum Total bei.
Der Faktor von 2,5 zwischen HGMS und EBA ist eng mit dem Faktor 3,25 verbunden, der
sich aus der Betrachtung der Stoffbilanzen beider Verfahren ergibt (siehe dazu Kapitel 2.3
und 3.3; HGMS: ca. 3213 kg/kg Zielprotein, EBA: ca. 10422 kg/kg Zielprotein). Im
Gesamtgefüge aus Stoffeinsatz über alle Input- und Outputstoffe und Wirkungskategorien
kommt folglich dem Ressourcenverbrauch bei der ökologischen Bewertung die größte
Bedeutung zu. Zukünftige Arbeiten zur Optimierung des Prozessdesigns müssen sich folglich
stets auch an der Zielvorgabe „Verringerung des Ressourceneinsatzes“ (schon von der reinen
Stoffmenge her) ausrichten.
Der bei der Alternative EBA deutlich höhere Ressourceneinsatz schlägt sich ebenfalls in den
Kategorien Menschliche Gesundheit und Ökosystemqualität. In diesen Kategorien werden die
Stoffe (input- und outputseitig) jedoch zusätzlich noch mit den von ihnen bezüglich dieser
102
beiden Kategorien ausgehenden Wirkungen versehen. Dies trägt wesentlich zu dem höheren
Faktor zwischen den Bewertungen für die beiden alternativen Verfahren in diesen Kategorien
bei.
Fazit
Das neuentwickelte Verfahren HGMS zur Aufreinigung von Zielprotein (unspezifisch, Histag) ist umweltfreundlicher als das etablierte Verfahren EBA.
Bezüglich der Aufreinigung von einem kg Zielprotein unter den angegebenen Annahmen
(siehe dazu Anhang 1) und bei einer Bewertung mittels der ökologischen Bewertungsmethode
ECO-Indicator 99 dominiert das Verfahren HGMS das Verfahren EBA. Hinsichtlich aller
Wirkungskategorien schneidet HGMS (teilweise signifikant) besser, d.h. umweltverträglicher
ab.
Über alle Wirkungskategorien ergibt, dass HGMS um den Faktor 4 umweltverträglicher ist
als EBA.4
4
Diese Feststellung gilt unter den in Anhang 1 dargelegten und in den Stoffstromnetzen modellierten Annahmen
und Festlegungen zur technischen Realisierung von HGMS und EBA bezüglich der funktionellen Einheit 1 kg
Zielprotein.
103
6.3
Arbeits- und Zeitplan für AZ 13073
Technische Vorraussetzungen für die Biokatalyse mittels an Magnetpartikel immobilisierter
Enzyme.
1.1 Trägerpartikel: Synthese von jeweils ca. 10g epoxyaktivierter, magnetischer PVA-Beads
(Durchmesser ca. 1 µm) für die Arbeitsgruppen der Universität Stuttgart bzw. des FZK
(CHEM).
1.2 Epoxyaktivierung kostengünstiger, magnetithaltiger PMMA-Mikropartikel aus der
Kosmetikindustrie (Durchmesser ca. 5 µm). Diese Partikel sollten ähnliche Eigenschaften wie
Eupergit (epoxyaktiviertes PMMA) besitzten. (FZK)
1.3 Partikelcharakterisierung der PVA bzw. PMMA-Beads hinsichtlich Partikelgröße,
Magnetisierung, Anzahl der Epoxygruppen, chemischer- und mechanischer Stabilität. (FZK, 6 Monate
CHEM)
1.4 Konstruktion von getaggten GFP-Genen (IIG)
1.5 Immobilisierung der für verschiedene Modellreaktionen ausgewählten Enzyme bzw. Liganden.
Pen-G-Acylase, Hydantoinasen zur Umsetzung schwerlöslicher Hydantoine, Lipase,
Iminodiessigsäure für IMA (immobilised metal affinity) zur selektiven Bindung His-getaggter
Proteine. (IBVT)
_______________________________________________________________________________
Meilenstein 1: Immobilisierung bzw. Bindung von Proteinen und Enzymen an Magnetbeads
erfolgreich möglich
_______________________________________________________________________________
2.1 Charakterisierung der immobilisierten Enzyme in Anlehnung an: „Kasche, V: Characterisation
of immobilised Enzymes, Dechema Band 84, Nr. 1724-1731“ (FZK, IBVT, CHEM)
2.2 Vergleich der immobilisierten Katalysatoren mit etablierten Materialien bez. spez. Aktivität
und Stabilität (FZK, IBVT)
2.3 Fermentation und Bereitstellung von rk His-getaggtem green fluoreszence proteine, GFP (IIG) 6 Monate
2.4 Konstruktion und Fertigung eines Labor-Hochgradienten-Magnetseparators für die
Arbeitsgruppen der Universität Stuttgart. (STE)
____________________________________________________________________________
____
Meilenstein 2: Magnetische Trägerpartikel im Hinblick auf Enzymaktivität und mechanische
Eigenschaften konkurrenzfähig. Labormagnetseparatoren einsatzbereit.
Theoretischer Vergleich des vorgeschlagenen Verfahrens mit Ansätzen zur Biokatalyse
mittels freier Enzyme bzw. mittels Klärung des Feedstroms und dem Einsatz immobilisierter
Enzyme im Festbettmodus.
3.1 Recherche
der
zur
Modellierung
der
Verfahren
benötigten
Systemdaten.
(FZK,
IBVT,
IIG).
Externe Unterstützung durch die DECHEMA.
3.2 Programmierung der Prozessmodelle unter Einsatz des Programms SuperPro Designer (FZK, 3 Monate
IBVT). (Das Programm ist bereits in der AG des FZK vorhanden)
3.3 Simulationsrechnungen für verschiedene Modellsysteme und Bewertung der Ergebnisse (FZK,
IBVT)
_______________________________________________________________________________
Meilenstein 3: Simulation zeigt die Vorteile des untersuchten Vorgehens gegenüber
alternativen Prozessvarianten.
104
Scale-up der Partikel- und Proteinproduktion
4.1 Projektierung der Produktion von PVA-Beads im Maßstab von 100g pro Batch unter Einsatz
von Magnettrenntechnologie. (FZK, CHEM, STE)
4.2 Beurteilung konkurrierender Wege zur Partikelproduktion unter Berücksichtigung der
Ergebnisse der Charakterisierung. (FZK, IBVT)
4.3 Herstellung von ca. 100-200 g enzymbeladener Magnetbeads je Arbeitsgruppe (CHEM).
3 Monate
4.4 Scale-up der Produktion getaggter Proteine (IIG, IBVT)
_______________________________________________________________________________
Meilenstein 4: Kostengünstige Magnetbeads in ausreichender Menge und Qualität für die
Arbeitsgruppen vorhanden.
Demonstration der Biokatalyse und der Enzymaufreinigung im Liter-Maßstab
5.1 Inbetriebnahme der in den Arbeitsgruppen etablierten Modellreaktionen im Liter-Maßstab
unter Einsatz der optimierten Magnetseparatoren der Firma Steinert und der in Meilenstein 4
produzierten Partikel. (FZK, IBVT,IIG, STE)
5.2 Aufnahme der systemrelevanten Betriebsparameter wie Ausbeute, Selektivität,
Enzymaktivitätsverlust, Partikelverlust u.s.w. über eine größere Anzahl von Zyklen. (FZK, 6 Monate
IBVT, IIG)
5.3 Zusammenfassung und Präsentation der Ergebnisse. (FZK, IBVT, IIG, CHEM, STE)
5.4 Kontaktaufnahme mit potentiellen Anwendern und etablierten Herstellern für Apparatetechnik
in der Biotechnologie (FZK, IBVT, STE, CHEM, IIG)
_______________________________________________________________________________
Meilenstein 5: Verfahren wirtschaftlich und übertragbar auf andere Anwendungen
105

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