Termine - Ultras Gelsenkirchen

Transcrição

Termine - Ultras Gelsenkirchen
Ausgabe 04 / Saison 12/13 • 1. FC Nürnberg • Auflage: 1.000 / gegen freiwillige Spende
Termine
30.10.2012, 20:30 Uhr
FC Schalke 04 - SV Sandhausen
Arena auf Schalke
03.11.2012, 15:30 Uhr
TSG Hoffenheim - FC Schalke 04
Arena Sinsheim
06.11.2012, 20:45 Uhr
FC Schalke 04 - FC Arsenal
Arena auf Schalke
10.11.2012, 15:30 Uhr
FC Schalke 04 - SV Werder Bremen
Arena auf Schalke
Fotos: UGE / Faszination-Nordkurve.de Herausgeber „Blauer Brief“:
Ultras Gelsenkirchen e.V.
Postfach 103019
45830 Gelsenkirchen
www.ultras-ge.de
[email protected]
V.i.S.d.P.: Zoran Stanisavljevic
Themen in dieser Ausgabe:
Einleitung +++ Rückblick Champions League FC Schalke 04 e. V. - Montpellier Hérault Sport Club +++ Rückblick FC
Schalke 04 e. V. - VfL Wolfsburg GmbH +++ Rückblick Testspiel Rot-Weiss Oberhausen e. V. - FC Schalke 04 e. V. +++
Rückblick VfB Hüls e. V. - FC Schalke 04 Amateure +++ Rückblick D E R B Y +++ +++ Gegnervorstellung: London +++
Unter Freunden +++ Original 75 - Unsere Stadt +++ Blick auf unser Recht +++ aUsGEholt - jetzt wird’s kritisch! +++
Schalke in der NS-Zeit +++ Gemischte Tüte +++
Glück Auf Derbysieger,
nicht ganz drei Jahre ist es her, dass unsere Knappen den letzten Derbysieg eingefahren haben. Die Gefühle, die
man im Anschluss an das Derby hatte und die man auch noch in den kommenden Wochen mit sich führen wird,
brauchen wir hier sicherlich nicht weiter auszuführen. Derbysieger!
Lediglich die Berichterstattung der örtlichen und überregionalen Medien, welche sich mal wieder auf Unwahrheiten
stützte und mit schlecht rechechierten Journalismus glänzte, sorgte für Kopfschütteln in den eigenen Reihen.
Betrachtet man zusätzlich das Verhalten der Polizei vor Ort und die anschließende Öffentlichkeitsarbeit der
Behörde samt ihrer Gewerkschaftsvertreter, so kann durchaus der Eindruck entstehen, als würde man absichtlich
Ereignisse ausschmücken und aufbauschen, um auf diese Weise ein Handeln der Politik zu provozieren. Eine
ausführlichere Erläuterung zur unserer Anreise könnt ihr unserer Homepage entnehmen.
Unser heutiger Gast kommt aus dem Frankenland und ist kein anderer als die befreundete Mannschaft des 1. FC
Nürnberg. Mit aktuell 8 Punkten könnte der Glubb die Punkte gut gebrauchen, um sich wieder etwas Luft zum
Abstiegskampf zu verschaffen, aber auch wir benötigen die Punkte um unseren Platz in der Tabelle zu festigen.
Sehen wir was kommt. In diesem Sinne: “Auf Geht´s Nordkurve”.
Rückblick Champions League FC Schalke 04 e.V. – Montpellier HSC 2:2 (1:1)
Endlich war es wieder soweit - nach einem Jahr in der Europa League konnte sich unser FC Schalke 04 in der
letzten Saison den 3. Tabellenplatz und somit die direkte Qualifikation für die Champions League sichern. Zum
ersten Heimspiel in der Königsklasse gastierte der HSC Montpellier, der überraschende letztjährige Meister aus
Frankreich, in unserem Stadion.
Vor dem Spiel war natürlich der Fantreff in der Glückauf-Kampfbahn geöffnet und bei dem einem oder anderem
Bier und Köstlichkeiten stimmten wir uns auf das Spiel ein. Währenddessen vergnügten sich die angereisten Fans
aus Montpellier mit reichlich Alkohol in der Innenstadt und bereiteten sich so, auf ihre eigene Art und Weise, auf
den Abend vor. Sicherlich kein alltäglicher Anblick für die meisten Gelsenkirchener.
Im Stadion angekommen, wurde ein Spruchband mit dem Schriftzug „Menschenwürde abgeben – Willkommen
auf Schalke!“ am Oberrang der Nordkurve aufgehangen. Zusätzlich war dieses mit einem QR-Code ausgestattet,
welcher direkt zu einem Artikel auf www.ultras-ge.de führte. Wie im Vorfeld schon durch den S04 angekündigt,
wurden verstärkt Kontrollen vor dem Einlass zum Gästebereich durchgeführt, bei denen die angereisten
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Franzosen sich in vorher bereitgestellten Zelten entblößen sollten. Begründet wurde dies mit dem Verdacht auf
große Mengen Pyrotechnik im Besitz der Gäste. Ganz davon abgesehen, wie der Verein zu Pyrotechnik steht,
rechtfertigt das Verbot ein solches menschenunwürdiges Verhalten in unseren Augen nicht. Dass selbst diese
Kontrollen den Einsatz von Pyro nicht immer komplett verhindern können, zeigte uns der Anhang aus Frankreich,
als diese den Gästeblock zwei Mal in leuchtendes Rot hüllten.
Im oberen Teil des Gästeblocks hing eine Fahne mit
dem Schriftzug „Justice pour Casti“, was übersetzt so
viel heißt wie „Gerechtigkeit für Casti“. Diese bezog
sich auf einen Vorfall beim Spiel des HSC gegen St.
Etienne, bei dem ein Mitglied der Butte Paillade ein
Auge durch ein Gummigeschoss der französischen
Polizei verlor. Auf Schalker Seite griff die Bagage
diesen Appell auf und präsentierte zu Beginn der
zweiten Hälfte ein Spruchband mit dem gleichen
Wortlaut. Mehr Material, außer ein Megafon, hatten
die Franzosen leider auch nicht im Gepäck. Seit
diesem traurigen Vorfall wird auf Tifo verzichtet und auch der Support ruht in der heimischen Liga. Darüber
hinaus wurde gemeinsam mit verschiedenen Szenen aus allen Ecken Frankreichs, wie Paris, Lyon, Nancy oder
Bordeaux, eine Demo veranstaltet. Insgesamt kamen hier 250 Teilnehmer zusammen, um ihre Solidarität mit
Casti zu zeigen und mehr Freiheiten für Ultras zu fordern.
Zu Beginn des Spiels legte Montpellier direkt vor und
erzielte bereits in der 13. Minute das 0:1. Unterstützt
durch die Nordkurve Gelsenkirchen, welche in
den ersten 20 Minuten vor allem durch Lautstärke
überzeugen konnte, fand die Mannschaft immer
besser in die Partie und erzielte nach einem Traumpass
vom Hunter in der 26. Minute den Ausgleich durch
den Youngster Draxler. In der 52. Minute zeigte der
Unparteiische nach einer Notbremse gegen Julian
Draxler, welcher daraufhin verletzungsbedingt den
Platz verlassen musste, auf den Punkt und Klaas-Jan
Huntelaar verwandelte anschließend den Elfmeter zur Führung. Der FC Schalke 04 blieb zwar weiterhin das
bestimmende Team, war aber nicht in der Lage eine mögliche Entscheidung vorzeitig herbeizuführen. Und so
kam, was kommen musste – der Ausgleich kurz vor Abpfiff. Vollkommen unnötig wurden zwei Punkte hergegeben
und die Chance vertan, sich eine gute Ausgangssituation innerhalb der Gruppe zu schaffen.
Die Nordkurve Gelsenkirchen zeigte sich in der zweiten Hälfte deutlich schwächer und nur der übliche Bereich
beteiligte sich aktiv am Support. Das Material war hingegen über das ganze Spiel dauerhaft im Einsatz und
erzeugte mit den 2,50 Meter-Schwenkern ein ansehnliches Gesamtbild. Insgesamt war es wohl eher ein
durchwachsener Auftritt, bei dem das „Vorwärts Schalke“ lautstark herausstach.
Der Gästeanhang aus Montpellier, angereist mit 300 Franzosen, hingegen wusste zu überraschen und
präsentierte sich unerwartet stark. Der Support begann schon weit vor Spielbeginn oberkörperfrei und während
der 90 Minuten drehte der Gästeblock immer mal wieder gut ab. Dazu noch die Pyro-Einlagen – ein Auftritt, der
definitiv zu gefallen wusste und Lust auf das Rückspiel macht.
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In den letzten fünf Minuten wurde der Support aufgrund eines Vorfalls auf der Haupttribüne eingestellt. Hier
wurde mehrfach versucht einen Schalker zu reanimieren. Dies wurde der Mannschaft, in Person von Lars
Unnerstall und Ralf Fährmann, nach dem Spiel auch erläutert. Einige Tage später wurde glücklichweise bekannt,
dass die Person den Vorfall überlebt hat und sich langsam auf dem Weg der Besserung befindet. An dieser Stelle
möchten wir nochmal die besten Genesungswünsche und viel Kraft an den Betroffenen und seine Angehörigen
richten!
Rückblick FC Schalke 04 e. V. - VfL Wolfsburg GmbH 3:0 (1:0)
Heimspiel gegen Wolfsburg, dazu seit Tagen Regen, so auch heute. Da ist die Motivation besonders hoch. Durch
das Wetter hielt sich der Großteil der Anwesenden auf der Tribüne auf. Sonst war alles wie immer. Einzig der
„Vorwärts Nordkurve”-Stand wies eine Neuerung auf. So wurde das Mitfahrzentralensystem, dass in einigen
Bereich Deutschlands schon wunderbar funktioniert, um die Städte Essen und Gelsenkirchen erweitert. Der Sinn
besteht darin, auch Schalker in unmittelbarer Nähe zum Schalker Markt, besser zu vernetzen und so ein größeres
Zusammengehörigkeitsgefühl zu schaffen. Alle Aktivisten, die noch keinem regionalen Ansprechpartner zugeteilt
sind, sollten sich angesprochen fühlen und dies bei nächster Gelegenheit nachholen.
Wie gewohnt ging es dann für uns, leider am immer noch beschmierten Schalke-Graffiti vorbei, gemeinsam zum
Stadion. Auch beim Heimspiel gegen den Glubb dürfte es noch nicht besser aussehen. Zu schlecht war das Wetter
und zu viele organisatorische Arbeiten rund um das Derby konnten uns bisher davon abhalten. Am Finanziellen
scheiterte es nicht, allerdings verschlingen solche Projekte immer auch eine Menge Geld. Deswegen sei hiermit
noch mal auf die Postkarten am Infostand verwiesen, die ausschließlich zur Finanzierung legaler Graffiti-Projekte
dienen.
Im Stadion angekommen, fiel zu allererst der mehr als dürftig besetzte Gästeblock ins Auge. Konnte den Mainzern
noch angerechnet werden, dass es ein Auswärtsspiel unter der Woche war, enttäuschte uns der Gästehaufen der
Wolfsburger zur besten Fußballzeit, samstags um 15:30 Uhr, doch stark.
Die Nordkurve läutete das Spiel mit einigen, auf das Derby ausgelegten, Tifo-Materialien ein. Dazu hing
bis zum Anpfiff im Oberrang ein Spruchband, dass sich zwar kritisch den Pfiffen gegenüber äußerte,
allerdings diese als ein hausgemachtes Problem kennzeichnete. Das mag zwar der ein oder andere
Fanbeauftragte anders sehen, wir sind allerdings der Meinung, dass vor einigen Jahren, bei einer sportlich
doch recht erfolgreichen Saison, zu so früher Zeit, eher hinter der Mannschaft gestanden wurde, anstatt
einzelne junge Spieler nieder zu machen. In der zweiten Halbzeit zeigten wir vor unserem Block noch ein
Spruchband mit einem Gruß „Freiheit für Lukas!” an eines unserer Mitglieder, welches heute leider
aufgrund staatlicher Repressionen nicht anwesend sein konnte.
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Stimmungstechnisch starte die Nordkurve ordentlich in die Partie und auch wenn es im Laufe der ersten Halbzeit
nachließ, war trotzdem eine Steigerung zu den vorangegangenen Spielen zu erkennen. In der zwanzigsten
Spielminute gab es dann einen, vom Gästeblock intonierten, „Scheiss DFB”-Wechselgesang. Das war auch das
einzige akustische Ausrufezeichen, das aus dem Gästeblock im gesamten Spiel zu vernehmen war. In der zweiten
Halbzeit gingen die Lieder, sicherlich auch bedingt durch den klaren Sieg, leichter von den Lippen, auch wenn
hier sicherlich noch Luft nach oben war. Spätestens ab dem dritten Tor waren wir mit den Gedanken auch schon
zwei Wochen weiter und das übliche Einstimmen auf unser Derby stand an. Auch nach dem Spiel wurde der
Mannschaft noch auf den Weg gegeben, wie wichtig dieses Spiel für uns ist.
Wieder in der GAK angekommen, wurden die Zelte beim Fantreff recht zeitlich abgebrochen und der Abend fand
im Club 75 seinen Ausklang.
Rückblick SC Rot-Weiss Oberhausen e.V. - FC Schalke 04 e.V 1:2 (0:1)
Gähnende Leere auf dem Berger Feld. Grund dafür ist die WM-Qualifikation der deutschen Nationalelf. Also
wieso nicht die Gunst der Stunde nutzen, ein Testspiel beim Regionalligisten Rot-Weiß Oberhausen bestreiten
und den nachrückenden Jugendspielern Spielpraxis gewähren.
So fand am 11. Oktober um 18:00 Uhr an einem Donnerstag das Spiel im Niederrheinstadion statt. Bis auf
Neustädter, Höger, Obasi, Fährmann und der nominierte Kapitän CM, der hoffentlich seine Stellungnahme wahr
machen und dem Verein nächste Saison den Rücken kehren wird, spielten nur Amateure oder A-Jugendspieler.
Das Spiel gewann Schalke dann mit 2:1 vor 1.200 Zuschauern. In der ersten Halbzeit verschoss Obasi noch einen
Foulelfmeter, ansonsten ein typisches Freundschaftsspiel und so wurden die 90 Minuten mit Bier trinken und
Quatschen verbracht. Highlight in Oberhausen, wie immer, die Containertoiletten, die komplett zugeklebt und
zugetaggt sind, mehr gibt es von dem Kick aber dann auch nicht zu berichten.
Rückblick VfB Hüls e. V. - FC Schalke 04 Amateure 1:5 (0:1)
Spielverlegung des Kicks unserer Amateure auf das Länderspielwochenende, besser könnte der Spruch „Spielfreies
Wochenende? Ohne uns!” nicht umgesetzt werden. Also machten sich am Samstagvormittag 250 Schalker
Zugfahrer auf den Weg nach Marl zum Nachbarstadtduell zwischen dem VfB Hüls und unseren Amateuren.
Vom Bahnhof Marl-Sinsen wurde der Schalker Haufen mit zwei randvollen Shuttle-Bussen zum Stadion „Am
Badeweiher” chauffiert. Eskortiert wurden die Busse von jeweils einem Bulli der Bullen und zusätzlich fuhr vom
örtlichen Sicherheitsdienst ein Security Wagen mit. Sicher ist sicher! Mit einer Trommel und einigen Fahnen im
Gepäck stellten wir uns auf die einzige überdachte Tribüne, welche dann zur Hälfte in blau-weißer Hand war,
die bei den Amateuren bekannten Doppelhalter an den Banden erzeugten wie immer das „FC Schalke 04” und
haben natürlich nicht gefehlt.
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Die Nordkurve Gelsenkirchen hatte an diesem Tag wirklich Potenzial, dass auch mehrfach genutzt wurde.
Lautstark wurden die Amateure nach vorne gepeitscht und es kann mit Sicherheit vom besten Amateursupport,
neben dem damaligen Auftritt in Münster, der letzten Jahre gesprochen werden. Zum größten Teil griffen wir
dabei auf die neueren Lieder zurück, aber auch die alten Klassiker haben im Repertoire nicht gefehlt. Als Highlight
kann mit Sicherheit das „Vorwärts Schalke” zu Beginn der zweiten Halbzeit, bei dem auch ein mehrmaliger Gruß
der Sek SV draußen galt, erwähnt werden. Auch sonst wurden die Lieder mit sehr viel Freude und Stolz gesungen
und es wurde nie leise rund um den Chemiepark.
Insgesamt waren an diesem Tag rund 500 Schalker im Stadion „Am Badeweiher” anwesend, welche ein anfangs
zaghaftes, jedoch nach den ersten Toren unserer Amateure einseitiges Spiel verfolgten. Mit 1:5 fuhren die jungen
Knappen einen nie gefährdeten Sieg ein und bedankten sich an der Bande für einen guten Support. Immer
wieder schön zu sehen, wie die Jungs sich freuen, wenn nicht nur die eigenen Eltern an der Seitenlinie stehen.
Ein wirklich guter Auftritt der Mannschaft und auch der Nordkurve machen Lust auf weitere Spielbesuche bei den
Amateuren. Nach dem Sieg begrüßten wir unsere Sektion Stadionverbot, die bei kalten Temperaturen das Spiel
vor den Toren verfolgte und machten uns auf den Weg zurück in die Stadt der 1.000 Feuer. Auf weitere Touren
mit den Amateuren, hoffentlich beim nächsten Mal mit noch mehr Schalkern.
Rückblick D E R B Y
Sieg auf allen Ebenen! - das ist unser Fazit. Aber fangen wir von vorne an: Wie immer begann das Derby bereits
in den Wochen vorher. Neben vereinzelten Sachbeschädigungen in Gelsenkirchen und einem Spruchband der
Dortmunder in Hannover, das wohl nur sie selber verstanden haben, ging es vor allem in der Presse rund.
Von der Polizei konnte man vernehmen, wie enttäuscht sie waren, dass Schalker Ultras nicht bereit wären,
ihnen ihre Anreisewege mitzuteilen. Die Antwort auf die Frage, warum wir das tun sollten, blieben sie uns aber
schuldig. Vor einigen Jahren gab es mal Gespräche, die uns den Marsch durch Dortmund ermöglichten. Für uns
in all den Jahren bisher die beste Anreise. Auch die Polizei zog danach ein positives Fazit, schließlich war alles
ruhig geblieben. Trotz alledem wurde im Folgejahr diese Art der Anreise ohne Rücksprache untersagt. Sämtliche
anderen „offiziellen“ Möglichkeiten wurden von uns getestet und gerade der Entlastungszug als unzumutbar
empfunden. Von Jahr zu Jahr wurden wir von der Polizei schlichtweg verarscht! Verspätungen von anderthalb
bis zwei Stunden waren jedes Mal der Fall. Zudem wurden bei Kontrollen am Gelsenkirchener Hauptbahnhof
aus Sicherheitsgründen selbst normale Getränke einkassiert, nur damit Dortmunder vor Ort uns dann ungestört
Flaschen, Steine, Spaten und sonstigen Unrat um die Ohren pfeffern konnten. Die anwesenden Polizisten
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nahmen dies gleichmütig hin. Erst wenn von Schalker Seite eine Antwort erfolgte, wurde auf dem kompletten
Gang großzügig Pfeffer verteilt. Glaubt man den unzähligen Berichten anderer Schalker, die dieses Jahr die
Entlastungszüge nutzten, lief es wieder ganz genauso ab. Da wir der „Kooperation zwischen den Vereinen und
der Polizei“ dementsprechend nicht mehr vertrauten, galt es für uns eine Lösung zu finden, um uns und unser
Umfeld ohne unnötig Verletzte und ohne Ärger mit der Polizei, zum Stadion zu bringen. So tüftelten wir einen
Plan für eine geheime Anreise aus. Dieser klappte bis kurz vor Dortmund auch perfekt. Vor allem auch aufgrund
der Disziplin aller Teilnehmer. Dortmunder, die zum Teil denselben Anreiseweg nutzten, wurden natürlich auch
in Ruhe gelassen. Das passt aber natürlich nicht in die hetzerischen Polizei- und Presseberichte. Erst in Bochum
wurden wir von einem SKB entdeckt. Glaubten wir schon an ein Scheitern des Plans, hatten wir die Unfähigkeit
der Polizei nicht berücksichtigt. So ging es von der Uni aus mit 600 Schalkern und ohne einen einzigen Polizisten
zum Stadion. Unruhe kam erst auf, nachdem ein Großteil die Stadiontore schon passiert hatte. Plötzlich tauchte
eine größere Gruppe vermummter Dortmunder auf, die versuchte eine Polizeikette zu durchbrechen, um zum
Gästeblock zu gelangen. Dieses Vorhaben scheiterte allerdings.
In den Tagen vor dem Spiel erreichte uns ein Erpressungsversuch des BVB. Dieser besagte, dass wir ein Megafon
und eine Trommel mit ins Stadion nehmen dürften, wenn wir einen Verzicht auf Pyrotechnik unterschreiben und
unsere Anreisepläne preisgeben würden. Wir hätten da ein Gegenangebot: Ihr erlaubt uns beim nächsten Mal
einfach alles, dann brauchen wir euer Sicherheitssystem nicht Jahr für Jahr bloßstellen. So fanden auch dieses Jahr
sämtliche Zaunfahnen, zwei Megafone, etliche große Schwenkfahnen, Pyrotechnik, sowie eine Überraschung für
die Dortmunder den Weg ins Stadion. Lediglich die Trommel scheiterte an den Eingangskontrollen. Daraufhin
wurde kurzerhand eine Mülltonne mit ins Innere genommen und zur Trommel umfunktioniert. Um den Block
optisch noch weiter aufzuwerten, riefen wir dazu auf, in Blau zu erscheinen und verkauften dazu weiße Hüte.
Das erzeugte ein geniales Bild in unseren Vereinsfarben.
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Zum Einlaufen der Mannschaften wurden die Schwenkfahnen dann hochgezogen und in der ersten Reihe etliche
Fackeln entzündet. Nachdem der Rauch verzogen war, erblickte die große „Dortmund“-Fahne, eingerahmt von
einem DES- und TU-Logo, das letzte Mal das Licht der Welt. Während der Gästeblock kaum noch zu halten war,
wurden bei den Desperados wieder einmal sämtliche Sachen eingepackt und der Support eingestellt.
Bereits nach 14 Minuten erzielte Afellay den Führungstreffer. Was folgte, war grenzenloser Jubel im Gästeblock
und Resignation im restlichen Stadion. TU räumte nun ebenfalls das Feld und für den Rest des Spiels war Schalke
Herr im Haus. Der Rest der ersten Hälfte ist schnell erzählt. Auf dem Feld hatte Schalke alles unter Kontrolle,
Dortmund kam so gut wie nie vor unser Tor und auf den Rängen lief es ähnlich deutlich ab. Unterstützt von
einem sehr starken Oberrang schallten die Schalker Gesänge durch das Stadion, als hätten wir ein Heimspiel. Die
zweite Halbzeit startete wie die Erste aufgehört hatte. Bereits nach drei Minuten netzte Höger zum 2:0 ein. Kurz
darauf hätte Matip alles klar machen müssen, ihm versprang der Ball aber leider. Durch einen ungerechtfertigten
Freistoß schaffte Dortmund allerdings den Anschlusstreffer, sodass noch einmal unnötig Spannung entstand.
Auf einmal erwachte die Südtribüne auch wieder zum Leben, was allerdings für Unstimmigkeiten zwischen den
einzelnen Ultra-Gruppen sorgte. Kurz danach herrschte wieder Ruhe. Nachdem der Schock des Gegentreffers
überwunden war, übernahmen wir wieder die Stimmhoheit im Stadion. Der Mythos wurde zelebriert, die
Hüpfeinlagen waren an Geschlossenheit kaum zu überbieten und auch der ein oder andere Gruß in Richtung
Gegenseite blieb, trotz mehrfacher Bitte per Anzeigetafel diese zu unterlassen, nicht aus. Nach unverschämten
vier Minuten Nachspielzeit, die dem Feind auch nicht mehr halfen, erklang endlich der Schlusspfiff und der erste
Derbysieg nach zweieinhalb Jahren konnte eingefahren werden.
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Zusammen mit der Mannschaft, allen voran Unnerstall, der sogar den Weg in den Gästeblock fand, um die
Stimmung per Megafon vorzugeben, wurde der Sieg mit einem ausgiebigen „Vorwärts Schalke“ gefeiert. Nach
über einer Stunde Blocksperre trat die Nordkurve dann Siegestrunken den Heimweg an. Dieser gestaltete sich,
wie der Hinweg, ohne große Komplikationen. Lediglich 20 Dortmunder Ultras, legten beim Anblick der Sieger des
Tages, an einer U-Bahnstation den Rückwärtsgang ein.
Kurz vor dem Heimathafen begrüßten uns noch unsere Daheimgebliebenen, mit einer netten Pyro-Show und der
Präsentation der „Sek SV“-Fahne von Dortmund, was für tosenden Applaus im gesamten Zug sorgte.
Der Abend wurde dann mit einer rauschenden Party beendet, die auch durch eine erneute Sachbeschädigung von
Dortmunder Seite an unserem Club nicht gestört werden konnte. Diese Sachbeschädigung erfolgte wie gewohnt
natürlich zu einer Zeit, bei der sich die Schweine sicher sein konnten niemanden anzutreffen. Auch sämtliche
andere Gerüchte, denen zufolge Dortmunder in Gelsenkirchen seien, erwiesen sich als falsch. Diese entsprangen
wohl den feuchten Träumen der Dortmunder Verlierer.
Die Tage nach dem Derby waren voll von der üblichen Panikmache der Polizei und Presse. Auch Volker Fürderer
hielt sich nicht an seine Versprechen und trug mit einem polemischen Interview dazu bei, anstatt vorher mal
zumindest die Erfahrungswerte von Fanvertretern einzuholen.
Was uns nun bleibt, ist die Gewissheit, die Verhältnisse im Pott wieder klar gerückt zu haben und gezeigt zu
haben, wozu Verein, Kurve und unsere Gruppe trotz aller Rückschläge fähig sind.
Gegnervorstellung: London
„Ich verliebte mich in den Fußball, wie ich mich später in Frauen verlieben sollte: Plötzlich, unerklärlich, unkritisch
und ohne einen Gedanken an den Schmerz und die Zerrissenheit zu verschwenden, die damit verbunden sein
würden.” (Quelle: Nick Hornby (1992), Arsenal London-Fan)
Wie üblich in unserer Ausgabe wollen wir euch mit Infos rund um die Stadt, die Menschen und natürlich auch
der Fanszene unserer Gegner in der Champions-League versorgen. In der Gruppe B ergab die Auslosung für
unserer Knappen mit Arsenal London, Olympiakos Piräus und dem französischen Meister HSC Montpellier
eine sportlich machbare Gruppe, welche gerade mit den Griechen und den Franzosen aus fantechnischer
Sicht sehr interessant werden könnte. Beginnen wollen wir heute aber mit dem FC Arsenal London, den wohl
fantechnisch unattraktivsten Gegner in der Vorrunde. Viel Spaß beim Lesen!
London, die Hauptstadt des Landesteils England und des Vereinigten Königsreichs, liegt in Südostengland an der
Themse. Die bevölkerungsreichste Stadt der Europäischen Union mit knapp 14 Millionen Einwohnern wurde am
1. April 1965 mit „Greater London” gegründet und umfasst 33 Stadtbezirke. London ist eines der wichtigsten
Kultur-, Finanz- und Handelszentren der Welt und hat somit den Status einer Weltstadt inne. Die Geschichte der
Stadt liegt natürlich um einige Jahre zurück. Die London Bridge war bis 1739 die einzige Brücke, welche über die
Themse gebaut wurde. Die Stadt ansich entstand aus einer Siedlung am Nordufer, welche sich nun zur City of
London entwickelt hat, was auch erklärt, warum ein Großteil der Stadt nördlich des Flusses liegt. Mit dem Bau
weiterer Brücken im 18. Jahrhundert und dem Bau der Eisenbahnen im 19. Jahrhundert begann sich die Stadt in
alle Richtungen auszudehnen. Durch die Themse, welche von den Gezeiten der Nordsee beeinflusst wird, ist die
Stadt durchaus der Gefahr von Überschwemmungen oder Sturmfluten ausgeliefert, was durch Dämme, welche
die Themse gänzlich umringt, minimiert worden ist.
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Tower Bridge
London ist eine sogennante „Multikulti-Stadt”, wo
sich fast alle Religionen niedergelassen haben. Von
Christen, Muslimen oder Hindus bis hin zu Juden,
Sikhs und Buddhisten haben sich sämtliche Kulturen
in der Stadt eingelebt. Die Stadt ist das Zentrum des
Islam in Großbritannien. Etwa 38 Prozent der 1,589
Millionen britischen Muslime lebten laut Volkszählung
2001 in London. Auch so hat die Stadt viel zu bieten
und vielen Sehenswürdigkeiten lohnt sich ein Besuch
abzustatten. Auch in Sachen Sport und gerade Fußball
hat London sehr viel zu bieten und so sind aktuell
13 professionelle Clubs, meist in ihren Stadteilen,
gemeldet.
Auch an Fußballvereinen hat die Stadt also so einiges zu bieten. So spielen aktuell sechs Vereine aus der
Hauptstadt in der Premier League. Auch Arsenal London ist natürlich eine dieser Mannschaften und konnte in
der Vergangenheit bereits 13 englische Meisterschaften, zehn nationale Pokalsiege, einmal den UEFA-Cup und
einmal den Titel der Europapokal der Pokalsieger erringen. Der letzte Meistertitel liegt dabei noch gar nicht
lange zurück, als im Jahr 2004 Arsenal London ungeschlagen den letzten Cup holen konnte. Bekannt wurden
die Gunners, es ist der Spitzname auf Grund der Kanone im Vereinswappen, außerhalb Englands vor allem durch
das Buch „Fever Pitch” vom berühmten Autor Nick Hornby, der in diesem Buch von den Erlebnissen mit seinem
Lieblingsclub erzählt. Dabei beginnt er in der Kindheit und endet im Berufsleben. Wir denken, dass sich jeder, der
das Buch liest, an vielen Stellen wiedererkennen wird, aber nicht nur deswegen bekommt das Buch eine absolute
Kaufempfehlung. Es ist wunderbar authentisch und lässt den Leser abtauchen in die Welt der englischen Stadien
vor der großen Kommerzialisierung, die jetzt das Stadiongeschehen bestimmt. Wer also mal ein Buch über das
Fanleben in England lesen will, was nicht nur Hoolgeschichten zu bieten hat, und nebenbei auch noch viel über
unseren Gegner erfahren möchte, dem sei das Buch ans Herz gelegt.
Kommen wir zurück zu den Anhängern. Der Großteil derer stammt aus dem Norden von London, in dem auch der
Verein beheimatet ist. Er setzt sich sowohl aus der eher reichen Bevölkerung aus den Stadtteilen Cononbury und
Barnsbury als auch aus den Arbeiterstadtteilen des
Nordens zusammen. Ultras oder ähnliches Fandasein
sucht der Stadiongänger wie überall in England
leider vergebens. Organisiert sind viele Fans über
den offiziellen „Official Arsenal Football Supporters
Club”, aber auch über Anhängervereinigungen, die
sich ihre völlige Eigenständigkeit beibehalten, wobei
da vor allem die „Arsenal Independent Supporters’
Association“ zu nennen ist. Auch die Hooligan
Firms gibt es im Norden von London immer noch,
auch wenn sie aus der Öffentlichkeit fast komplett
verschwunden sind. Namentlich zu nennen sind die beiden Firms „The Gooners” und „The Herd”, die aber trotz
aller Repressionen bestimmt nach wie vor auf die 6 Kilometer entfernten Erzfeinde aus Tottenham schlecht zu
sprechen sind.
Leider ist aber der alte Charme spätestens mit dem Auszug aus dem alten Highbury-Stadion immer mehr
verfallen. Die Schalker, die das Glück hatten 2001 das enge Stadion mit unserem Verein zu besuchen, schnalzen
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heute noch mit der Zunge, wenn sie an diesen Ground denken. Der typisch englische Stil plus die unglaubliche
Nähe zum kleinen Spielfeld machten das Stadion zu etwas Besonderem, kaum zu glauben, dass zwischenzeitlich
60.000 Menschen für das Highbury zugelassen waren. Anders sieht es leider mit dem aktuellen Stadion aus:
Sponsorenname, eher rund gebaut, Werbebanner und steril ohne Ende sind die neuen Eigenschaften des
Heimatortes der Gunners. Schade, leider ist der Abriss des alten Stadions schon weit vorangeschritten, so dass
sich ein Besuch nicht mehr unbedingt lohnt.
Hoffen wir, dass wir dennoch ein bisschen englischen Flair bei Arsenal einatmen konnten und wenn
es nur das Besingen einiger Abschüsse von Flugzeugen auf den Tribünen war.
Big Ben
Unter
Freunden
Buckinghams Palace
Komiti:
Aktuelle Lage:
Nach dem Derbysieg über Pelister Bitola sollte der Auswärtskick bei Shkendija Tetovo, dem albanischen Verein,
folgen. Seit ein paar Jahren bekommt Komiti für dieses Spiel ein Gästeverbot, so sollte es auch für dieses Jahr
wieder sein, nach den Ereignissen beim Derby kam es aber für die Jungs keineswegs überraschend. Auch die
Dukes von Teteks Tetovo, die befreundete Gruppe von Komiti, durften nicht zum Spiel von Shkendija - Vardar
fahren. Vardar verlor das Spiel übrigens mit 2:1. Das darauffolgende Heimspiel gegen Metalurg Skopje wurde
leider auch nur mit einem 1:1-Remis beendet, Vardar liegt nun mit einem Punkt Rückstand hinter Turnovo auf
Platz 2, offen ist auf jeden Fall aber noch alles.
Reisebericht Skopje:
In der vergangenen Ausgabe gab es Reiseberichte aus zwei verschiedenen Federn zu lesen. Da der zweite
Schreiberling ein paar Tage länger auf dem Balkan verweilte, gibt es heute den zweiten Teil zu lesen:
Montag, 01.10.2012:
Nach einem kraftraubenden Tag genossen wir die nächtliche Ruhe, ehe es in aller Ruhe zu einem türkischen
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Kaffee ins Wohnzimmer von Brada ging. Natürlich war das Derby das wesentliche Gesprächsthema, weshalb
natürlich schnell am Laptop alle mazedonischen Pressemitteilungen gecheckt wurden, schließlich ist selbst am
Balkan ein solch spektakuläres Derby nicht unbedingt üblich.
Nachdem wir über ein paar Schnappschüsse vom Platzsturm gelacht und uns frisch gemacht hatten, sammelten
wir Ofca und Goran ein. In einem Restaurant stand dann eine traditionelle Suppe auf dem Speiseplan, natürlich
nur in Kombi mit Rakija und Pivo, ohne geht beim Essen eben nicht in Mazedonien. Nachdem wir uns gestärkt
hatten, ging es in die Stadt. Ein paar Mitbringsel für die Daheimgebliebenen wurden auf dem Weg eingesackt,
bevor wir uns für eine Stunde in einer Bar niederließen. Da unsereins nicht aus dem Raster fallen wollte,
wurde instinktiv Pivo bestellt, aber was machen unsere mazedonischen Freunde denn? Kaffee? Na sdravye!
Gegen frühen Abend ging es nach dem Einkauf im Supermarkt dann zum Abendbrot zu Brada, verschiedene
Spezialitäten wurden aufgetischt, für einen Sportler eine Sünde, für den Genießer eine Leidenschaft. Hier kehrten
unsere mazedonischen Brüder dann wieder zum Ritual zurück, jede Mahlzeit wurde mit Rakija angestoßen. Wem
die ständige Erwähnung der alkoholischen Spezialitäten langsam auffällt, der hat es begriffen, es geht kein Weg
vorbei, lediglich ein UGE-Mitglied schaffte es bislang trocken vom Balkan zurückzukehren. Irgendwann gesellten
sich dann Pajce und Zoki zu uns, in dieser netten Runde wurde auch Teil 1 dieses Reiseberichts fertiggestellt, um
nochmal die hautnahe Beschreibung der Geschehnisse zu unterstreichen.
Im Laufe des Abends ging es dann für die jüngere Fraktion noch in eine Diskothek im City Park. Montagabend
gegen Mitternacht und Pajce macht uns darauf aufmerksam, dass sich der Laden erst gegen 01:00 Uhr füllt und
er behielt Recht. Bei einer guten Band, die einen Mix aus Reggae und mazedonischem Pop servierte, hatte wohl
kaum jemand keinen Spaß in dem prallgefüllten Laden, für das Auge war zudem ausreichend gesorgt, für den
Durst natürlich auch. Wer als Raucher beim Trinken in dem Laden Schmacht hatte, der bekam für umgerechnet
70 Cent eine Schachtel Zigaretten an der Theke, für alles war also gesorgt. Da Pajce allerdings morgens wieder
zur Arbeit musste, ging es gegen 03:00 Uhr wieder heimwärts. Auch hier stellt sich vielleicht manch geneigter
Leser die Frage, wer uns denn eigentlich bei dem vielen Rakija durch die Stadt fährt, in Mazedonien stellt sich so
eine komplizierte Frage aber niemand. Ihr versteht?
Dienstag, 02.10.2012:
In aller Ruhe ging es aus den Federn, erneut startete der Tag mit einem türkischen Kaffee, ob Rakija dabei war,
wissen wir schon gar nicht mehr. Jeder gute Haushalt in Mazedonien muss übrigens den Selbstgebrannten
irgendwo auf Lager haben und dass das keine heiße Luft ist, wurde uns öfters bewiesen. Gegen Mittag schufen
wir dann unseren Tagesplan, neben Museum und Zoo stand ein Besuch am Matka zur Debatte, die Wahl fiel
schließlich dann auf den letzten Punkt. Wer schon einmal dort gewesen ist, der fährt gerne erneut dahin, eine
wunderschöne Landschaft. Mittendrin liegt der Matkasee, der 1937 entstand, als für den Fluss Treska ein Damm
errichtet wurde, um jenen zur Elektrizitätserzeugung für die Stadt Skopje zu nutzen. Die Gegend dort ist reich
an Klöstern und Gebirgswegen, ein Weg reicht über Kilometer vom Vodno zum Matka, bislang ergab sich die
Gelegenheit für uns aber noch nicht, vielleicht lag es aber auch nur an der eigenen Trägheit. Dass dieser Fleck
mit dem beeindruckenden Panorama natürlich auch ein Magnet für die Gastronomie ist, sollte logisch sein, so
verbrachten wir einige Stunden bei Pivo und heißen Nüssen dort.
Mehr oder weniger rechtzeitig ging es zu Brada zurück, da dort Abendessen anstand. Highlight des Abends
war übrigens eine mitgebrachte Torte von Zoki, die natürlich in seinem Betrieb entstand, für uns, verziert war
sie jeweils mit dem Vardar- und Schalke-Logo, zudem stand „Immer zusammen” auf Mazedonisch und auch
Deutsch auf der Torte. Vielen Dank dafür!
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Gegen 19:00 Uhr ging es dann zum KomitiShop, wo auch eine Sitzung der führenden
Köpfe abgehalten wurde, viel verstanden haben
wir natürlich nicht. Bei der Reflexion der PyroShow wurde nur kritisch festgehalten, dass nicht
alle an einem Strang zogen und somit nicht
für noch ein wuchtigeres Bild sorgten. Darüber
hinaus wurden wohl nicht alle verteilten Fackeln
eingesetzt, der eine oder andere Experte hob sie
sich wohl schon einmal für die nächste Hausparty
auf. Darüber hinaus wurde die Komiti-Party, die
in Verbindung mit einem Freundschaftsspiel noch dieses Jahr steigen soll, thematisiert. Der Traumgegner FC
Schalke fällt wohl nach Anfrage weg, nun wird über Gegner wie Partizan Belgrad oder Hajduk Split nachgedacht,
mal sehen, wer gastieren wird, wir werden auf jeden Fall dabei sein. Nachdem wir noch ein paar Geschenke
aus dem Shop herzlich in Empfang nahmen, ging unsere Reise nach der Verabschiedung der Jungs in eine Bar
und schließlich noch zu einem letzten Burger im allseits beliebten Restaurant „7“, wo auch der Ausklang des
Abends stattfand.
Mittwoch, 03.10.2012:
Recht früh klingelte am Abreisetag der Wecker, ein durchorganisierter Zeitplan half uns trotzdem nicht, mit der
obligatorischen Verspätung ging es zum Flughafen. Unsere mazedonischen Freunde schaffen es immer wieder
uns kurz vor der Abreise aus den Reserven zu locken - verschwitzt und gestresst ging es dann in der letzten
Sekunde zum Check-In und ein letzter Blick auf das dreckige Grinsen zaubert einem dann doch wieder ein
Schmunzeln ins Gesicht. Vielen Dank für die unvergesslichen Tage, wir werden uns schon bald wieder in den
Armen liegen!
Recht fix landeten wir dann mit dem Fenerbahce-Anhang, der wohl am darauffolgenden Tag die eigenen Jungs
in Mönchengladbach unterstützen wollte, in der BRD und recht fix ging es wieder heimwärts, da um 20:45 Uhr
Montpellier bei uns in Gelsenkirchen gastierte.
Vak-P
Aktuelle Lage:
In der Liga läuft es für unsere Freunde derzeit sehr gut, nach der 1:0-Schlappe bei Ajax wurde wieder ein Kantersieg
gegen Alkmaar zu Hause eingefahren, in dieser Rubrik haben wir gewohnterweise wieder einen Spielbericht zur
Partie eingebaut. Letzten Samstag reichte es bei Roda Kerkrade lediglich zu einem 1:1, nichtsdestotrotz führt der
FC Twente derzeit die Tabelle weiter an.
FC Twente Enschede - AZ Alkmaar 3:0 (1:0):
7x UGE war mal an jenem Sonntag mal wieder auf dem Weg, dieses Mal ohne Leibesvisite und Ausreiseuntersagung
an der Grenze. Erwartungsgemäß war es ein Heimspiel nach Schema F, nach der Einstimmung im Supportershome
ging es kurz vor Spielbeginn ins Innere. Zwei UGE-Mitglieder kannten das Schema F allerdings noch nicht, Neulinge
bei unseren Freunden in Enschede also, immer interessant zu hören, welche Eindrücke jüngere Mitglieder von
einem eher ereignislosen Spiel aufnehmen. Enschede ist zwar nur gut 100 Kilometer von Gelsenkirchen entfernt,
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nichtsdestotrotz ist die Szene vor Ort völlig anders, aber wie heißt es so schön? Gegensätze ziehen sich an. Das
Durchschnittsalter ist durch die Vermischung von Supporters, Ultras und Hooligans eindeutig höher, der Support
ist viel britischer angelegt, die Mentalität im Sinne des Fandaseins wird anders als bei uns ausgelebt - alles
Beispiele, die für die Twente-Allesfahrer keine Neuheiten sind, doch gerade diese Punkte fallen beim ersten
Besuch besonders auf. Aber gerade diese Unterschiedlichkeiten prägen die enge Freundschaft, schließlich ist das
Lernen untereinander ein wichtiger Bestandteil.
Picken wir uns anknüpfend doch einfach mal den Support von dem Heimspiel heraus. Ultras Vak-P versuchte über
die gesamten 90 Minuten mit einem kleinen Kern die Heimkurve mitzureißen, bis auf wenige Momente wurde
die Stimmung jedes Mal im Keim erstickt. Bei uns würde nach solch einem Spiel, trotz des 3:0-Sieges, jeder den
Kopf in den Sand stecken, die Tukker juckt es nicht, ein völlig überlegener FC Twente, der in diesem Spiel noch
das eine oder andere Tor versäumte, hat wieder drei Punkte mehr im Sack - und das wurde dann nach dem Spiel
mit dem neuen Liebling Luc Castaignos, der sich für die Unterstützung bedankte, im Supportershome gefeiert.
Da war doch noch etwas: Der Gästeanhang von Alkmaar. Waren die da? Laut Fotos waren ca. 200 Anhänger mit
ein paar Zaunfahnen im Gästeblock, mehr gibt es zu den Gästen aber auch nicht zu sagen.
Ultras Nürnberg
Aktuelle Lage:
Für unsere fränkischen Freunde läuft es sportlich nicht so berauschend, aus den letzten drei Spielen wurde
lediglich ein Punkt geholt, Tordifferenz 0:5. Leider kratzt der FCN schon an den Abstiegsrängen, da aber erst acht
Spieltage gespielt sind, kann sich noch sehr viel tun.
1. FC Nürnberg – VfB Stuttgart 0:2 (0:1):
Das unnötige Unentschieden aus der
Rheinstadt noch nicht ganz verdaut, fanden
sich tags darauf gut 15 Schalker schon wieder
im „Freien Statt bayrischen Franken“ wieder.
Die Unterstützung des einzigen Fussballclubs
in der Region stand hier heute auf dem
Programm, wo der Glubb, nach den teilweise
recht haarsträubenden Abwehraktionen vom
vergangenen Mittwoch, von der Nordkurve
Nürnberg wieder auf „Europakurs” gebracht
werden sollte.
Nach dem an „La Ilsa Bonita“ angelehnten Ohrwurm zauberte die Nordkurve heute vor Spielbeginn
bereits ein weiteres neues Lied nach der Melodie der Indietronicband MGMT mit „Kids“ aus dem Hut.
Auf geht’s, vorwärts FCN allez,
kämpft für uns, die in der Kurve stehen.
Auf geht’s, vorwärts FCN allez,
wir wollen rot und schwarz heut’ siegen sehen!
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Zu Spielbeginn schuf ein netter Mix aus Fahnen und Haltern eine richtig gute Fußballstimmung, als auch schon
der Tiefschlag in die Bauchregion einschlug. Mit dem schnellsten Bundesligatreffer in dieser Saison markierte
Ibisevic, nach mehr als unglücklichem Zuspiel des Nürnbergers Antonio, das 0:1 für den VfB. Die Nordkurve ließ
sich von diesem frühen Rückschlag nicht großartig entmutigen und legte einen soliden Support in der ersten
Halbzeit hin. Anders als die Elf auf dem Rasen, die selbst nach der Auswechslung Antonios in der 16. Spielminute
nur schwer ins Spiel fand.
Von den Stuttgartern war trotz der wichtigen Führung bei ihrer „Alle-Jahre-Wieder-Fussballkrise” eher wenig
zu sehen oder hören. Ist das Fehlen von Schwenkfahnen noch auf unsägliche Materialverbote zurückzuführen,
waren sie auch sonst kaum in Bewegung.
Nach der Pause bestimmten die Franken die Partie, ohne aber sich zwingende Chancen zu erarbeiten. Harnik
machte Mitte der 70. Spielminute den Sack zu. Die Nordkurve präsentierte sich über weite Strecken der zweiten
Halbzeit weiterhin lautstark, wenngleich die zweite Niederlage infolge natürlich für Ernüchterung sorgte.
Erwähnenswert sind noch die beiden Spruchbänder. Es wurden die schwedischen Freunde von Ultras Göteborg
mit dem Spruchband „UG: Förbli starka!”, was übersetzt „UG: Bleibt stark!” bedeutet, ermutigt, sich nicht
unterkriegen zu lassen. Zudem wurde die Lügenpresse AZ Nürnberg mit dem Spruch „Lügen schreiben rote
Zahlen. Bye bye, Abendzeitung!” verabschiedet. Der Schmerz des Verlustes hält sich hier natürlich in Grenzen,
wenngleich die Krawallschleuder des Axel Springer-Verlages sich die wenigen Leser sicherlich ködern wird.
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Abschließend bleibt nach dem Wochenende für den Glubb zu hoffen, dass der Abwärtstrend gestoppt
werden kann und die Mannschaft an die durchaus guten Spiele am Anfang der Saison anknüpft.
Original 75 - Unsere Stadt
„Kennst du den Mythos vom Schalker Markt…“ - diese Zeilen singen wir Woche für Woche in den Stadien dieser
Republik. Aber was hat der Schalker Markt denn nun genau mit dem Mythos „Schalke 04“ zu tun? Nach den
Spielen in der Glückauf-Kampfbahn wurde bei Mutter Thiemeyer auf den Sieg angestoßen oder die Niederlage
die Kehle heruntergespült. Bei Mutter Thiemeyer handelt es sich um die Wirtin der Gaststätte Thiemeyer, auch
„Kaiserhalle“ genannt. Hier befand sich ab 1928 die Geschäftsstelle des FC Schalke 04 und somit war Gaststätte
Thiemeyer der Mittelpunkt des Vereinslebens. Sechs Mal wurde unser geliebter Verein zwischen 1934 und 1942
Deutscher Meister, damals gab es anstatt einer Schale noch die „Viktoria“. Aufbewahrt wurde sie bei Mutter
Thiemeyer.
Neben Haus Thiemeyer betrieb Ernst Kuzorra sein Tabakladen und Berni Klodt führte zehn Jahre lang, von
1950 - 1960, eine Kneipe. Auch Fritz Szepan besaß ein eigenes Wäschegeschäft am Schalker Markt, dies ist
allerdings sehr kritisch zu beäugen, da es sich bei den Vorbesitzern um Juden gehandelt hat, welche aufgrund der
„Arisierung“ enteignet wurden und Szepan so das Lokal weit unter dem Marktwert erstehen konnte.
Auch abseits vom Fußball, wenn dies in Schalke überhaupt möglich war, war der Schalker Markt Dreh- und
Angelpunkt der Menschen in Schalke. Auf dem Wochenmarkt gingen die Hausfrauen einkaufen und tauschten
untereinander Neuigkeiten aus, vom Schalker Markt aus zogen die Arbeiter zur 1. Mai-Demonstration los oder
trafen sich zu Streikversammlungen in einer der zahlreichen Lokalitäten. Auch das Grillo-Denkmal befand sich,
wie in der letzten Ausgabe dieser Rubrik berichtet, bis 1940 am Schalker Markt. Schalke war eine Verbindung
von Arbeit, Wohnen und Fußball.
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Der Untergang des Schalker Markts begann mit dem Ausbau der Kurt-Schumacher-Straße zu einer
Hauptverkehrstrasse, besser gesagt durch den Bau der Berliner Brücke. Der Niedergang des Schalker Marktes als
sozialer Treffpunkt war von der Stadt geplant: Die Lebensbereiche Wohnen und Arbeit sollten getrennt werden
und auch der Fußball wurde durch den Bau des Parkstadions aus Schalke vertrieben. Der Flächennutzungsplan
von 1973 sieht die Fläche Schalke für Industrie- und Gewerbegebiete vor. Dies war allerdings vollkommen
überflüssig, da die Industrie damals schon zurückging und diese Flächen überhaupt nicht gebraucht wurden
Heute ist der Schalker Markt, dank stadtplanerischen Handelns, nur noch eine verwaiste und tote Gegend.
„die Geschichte, die dort begann…“ ist demnach nicht nur eine schön zu singende Strophe, sondern unmittelbar
mit dem Mythos FC Schalke 04 verbunden. Ohne den Schalker Markt hätte es den FC Schalke 04 in dieser Form
nie gegeben.
Blick auf unser Recht
Willkommen zur zweiten Ausgabe unserer Rubrik „Blick auf unser Recht“, wobei es heute wohl eher heißen
müsste „Blick auf unser Unrecht“. Mit Recht hat das heutige Thema nämlich wahrlich nicht viel zu tun.
Nichtsdestotrotz hoffen wir euch mit diesem Text einige nützliche Infos zu liefern.
Wer sich für die deutsche Fanszene interessiert, wird früher oder später mit ihr konfrontiert, sei es in Berichten,
in Fanzines, in Gesprächen oder im schlimmsten Falle ist derjenige selbst betroffen. Die Rede ist von der Datei
„Gewalttäter Sport“. Aber was genau hat es mit dieser Datei auf sich und welchen vermeintlichen Zweck soll sie
erfüllen? Hierauf wollen wir nun genauer eingehen:
Die „Gewalttäter Sport“-Datei wurde 1994 eingeführt und wird von der Zentralen Informationsstelle Sporteinsätze
(ZIS) geführt. Die ZIS wurde 1991 gegründet und 1992 dem Landeskriminalamt Nordrhein-Westfalen zugeordnet,
da es in NRW die meisten Bundesligavereine gab. Aufgrund von bürokratischen Änderungen ist die ZIS seit dem
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1. Juli 2007 als Teildezernat 41.3 dem Landesamt für Zentrale Polizeiliche Dienste NRW (LZPD NRW) zugeordnet.
Die GWS-Datei soll dazu dienen, Personen, die sich im Zusammenhang mit Fußballspielen strafbar gemacht
haben, zu beobachten und so Straftaten von diesen Personen in Zukunft im Vorfeld zu verhindern, beispielsweise
durch Ausreiseverbote bei internationalen Spielen. Eine Eintragung in die GWS-Datei geschieht, wenn gegen eine
Person ein Ermittlungsverfahren eingeleitet wird wegen einer Straftat (Körperverletzung, Hausfriedensbruch, …),
die im Zusammenhang mit einer Sportverantstaltung, in der Regel einem Fußballspiel, geschehen sein soll. Es
reicht allerdings auch eine ganz normale Polizeikontrolle im Umfeld einer Sportverantstaltung aus, um in diese
Datei eingetragen zu werden. Ob nach einer Personalienkontrolle oder der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens
eine Eintragung erfolgt, entscheidet die örtliche Polizei. Die Daten der Person werden für fünf Jahre gespeichert.
Hierbei ist es auch völlig gleich, ob das Ermittlungsverfahren eingestellt wird, es gibt kaum eine Möglichkeit
vorzeitig aus der Datei gelöscht zu werden. Die Eintragungen werden in drei Kategorien unterteilt:
• Kategorie A („A-Fan“): Der friedliche Fan
• Kategorie B („B-Fan“): Der gewaltbereite/-geneigte Fan
• Kategorie C („C-Fan“): Der gewaltsuchende Fan
Der Eintrag in die GWS-Datei kann erhebliche Folgen für den Betroffenen haben. So kann es passieren, dass vor
gewissen Spielen (Länder- sowie Risikospielen) die Person für eine Gefährdenansprache Besuch von der Polizei
bekommt, Ausreiseverbote aus Deutschland sind möglich, sowie seit einiger Zeit leider auch Stadtverbote.
Zwischen Mai 2008 und April 2010 kam es zu Gerichtsurteilen des Verwaltungsgerichts Hannover,
des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts und dem Verwaltungsgerichts Karlsruhe, in denen
die Datei „Gewalttäter Sport“ für rechtswidrig erklärt wurde, da die Rechtsgrundlage fehlte. Erst das
Bundesverwaltungsgericht hob die Urteile in der Revision auf, da sich das Bundesinnenministerium mittlerweile
eine Rechtsgrundlage zu Recht gelogen hat. Problematisch ist zudem, dass die Betroffenen nicht über eine
Eintragung in die GWS-Datei informiert werden und so kann es geschehen, dass diejenigen vollkommen
unvorbereitet damit konfrontiert werden. Um zu erfahren, ob gegen einen selbst eine Eintragung vorliegt,
ist eine Anfrage an die ZIS zu stellen. Das entsprechende Formular findet ihr unter http://www.profans.de/
download/gewalttaeter_sport/Anfrage_DGS.pdf. Es ist nur jedem, der schon einmal im Zusammenhang mit
einem Fußballspiel oder einer anderen Sportveranstaltung seine Personalien abgeben durfte, zu empfehlen eine
Datenanfrage an die ZIS zu stellen, um so ggf. bösen Überraschungen vorzubeugen.
aUsGEholt - jetzt wird’s kritisch!
In den letzten beiden Ausgaben haben wir bereits zwei große Themenbereiche der Sommerpause abgehandelt
- nämlich die EM und die 1000-Freunde-Tickets. Heute widmen wir uns einem Thema, das in der Sommerpause
auch wieder präsent war, mittlerweile aber leider alltäglich geworden ist und gerade in den letzten Wochen auch
für die Gruppe Ultras Gelsenkirchen sehr präsent war: Die Presselandschaft. Wie immer gilt auch bei diesem Text
der aUsGEholt-Rubrik, dass wir uns nicht auf den Mikrokosmos „Fußball“ beschränken, sondern auf das Ganze
einen „gesamtheitlichen“ Blick werfen wollen. Viel Spaß beim Lesen! Beginnen wir mit einem Ausschnitt des
deutschen Pressekodex, was journalistische Arbeit beinhalten sollte:
„Ziffer 2 – Sorgfalt
Recherche ist unverzichtbares Instrument journalistischer Sorgfalt. Zur Veröffentlichung bestimmte Informationen
in Wort, Bild und Grafik sind mit der nach den Umständen gebotenen Sorgfalt auf ihren Wahrheitsgehalt zu
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prüfen und wahrheitsgetreu wiederzugeben. Ihr Sinn darf durch Bearbeitung, Überschrift oder Bildbeschriftung
weder entstellt noch verfälscht werden. Unbestätigte Meldungen, Gerüchte und Vermutungen sind als solche
erkennbar zu machen.“ (Quelle: Deutscher Pressekodex, Fassung vom 3.12.2008, www.presserat.info)
„Ziffer 9 – Schutz der Ehre
Es widerspricht journalistischer Ethik, mit unangemessenen Darstellungen in Wort und Bild Menschen in ihrer
Ehre zu verletzen.“ (ebd.)
„Ziffer 13 – Unschuldsvermutung
Die Berichterstattung über Ermittlungsverfahren, Strafverfahren und sonstige förmliche Verfahren muss frei von
Vorurteilen erfolgen. Der Grundsatz der Unschuldsvermutung gilt auch für die Presse.“ (ebd.)
Diese drei zitierten Anforderungen, ausgegeben vom deutschen Presserat, fallen in den Bereich der journalistischen
Sorgfaltspflicht. Die journalistische Sorgfaltspflicht stellt eine zentrale Anforderung an die Presse, stellt sogar einen
medienrechtlichen Grundsatz dar, welcher bei der Berichterstattung eingehalten werden muss. Doch gerade als
Fußballfan haben wir leider bei zu vielen Ereignissen am eigenen Leib erfahren müssen, wie die tatsächliche
Umsetzung von diesen exemplarisch gewählten Anforderungen aussieht – Polizeiberichte oder dpa-Meldungen
werden von sogenannten „Journalisten“ 1 zu 1 übernommen, veröffentlicht und werden so der Öffentlichkeit
präsentiert. Dass Berichte der Polizei genauso subjektiv geprägt sind, wie beispielsweise unser Kurvenflyer
auch, sollte jedem bewusst sein. Teilweise hinkt dieser Vergleich natürlich etwas, da wir mit unserem Flyer keine
Rechtfertigung für „Zwangsmaßnahmen“ abgeben müssen, wie es bei dem staatlichen Gewaltmonopol Polizei
nach erneuten Gewaltexzessen gegen beispielsweise Fans, Demonstranten oder Ausländer der Fall ist.
Doch warum genau ist eine fälschliche Darstellung in irgendeiner Boulevard- oder Wochenzeitung so schlimm?
Die Aussagen stimmen ja schließlich nicht, also könnte der Leser doch einfach darüber hinwegsehen? Das
Problem bei dieser Art der Berichterstattung liegt in der Wirkung der Presse per se. Denn die Presse wird nicht
ohne weiteres als „vierte Gewalt im Staat“ bezeichnet. Durch ihre Berichterstattung prägt die Presse einen
bedeutenden Teil zur Meinungsbildung der Öffentlichkeit bei. Wenn nun zig „verschiedene“, dazu später noch
mehr, Zeitungen ein und denselben Polizeibericht über böse „Randale-Schalker“ kopieren, kann dementsprechend
weit die Meinung der Leser beeinflusst werden – wenn nun, wie in der Sommerpause geschehen, wegen des
Sommerlochs oder aus Gründen der Auflagensteigerung oder weswegen auch immer, die Presselandschaft breit
gefächert über die lebensgefährdenden Fußballfans schreibt, erzeugt das ein katastrophales Bild. Wir wollen
an dieser Stelle nicht verschweigen, dass es natürlich auch Artikel gibt, die durch „gute“ journalistische Arbeit,
das heißt, dass sie den oben genannten allgemeinen Anforderungen genügen, was ein trauriges Bild auf den
Berufsstand wirft, geprägt sind, nur lassen sich diese leider an einer Hand abzählen. In Relation zu den Artikeln,
die auch als blinde Panikmache bezeichnet werden könnten, ein Tropfen auf den heißen Stein. Als Beispiel für
die Macht solcher Kampagnen sei „Kachelmann“ oder die katastrophale Berichterstattung über die Rütli-Schule
in Berlin genannt.
Zudem ist neben der tatsächlichen Arbeit bei den „verschiedenen“ Zeitungen organisatorische Kritik an
der deutschen Presselandschaft auszuüben. Idealerweise gibt es mehrere Zeitungen, bei denen Journalisten
gewissenhaft ihrer Arbeit nachgehen. Da unterschiedliche Menschen ein und dieselbe Situation anders auffassen
und ebenso bei ein und demselben Themenkomplex andere Herangehensweisen, beispielsweise im Rahmen der
Recherche, haben, wird es im Ergebnis Unterschiede geben. So kann sich der mündige Mensch seine Meinung
aus diesen unterschiedlich geprägten Artikeln bilden - idealerweise. Die Wirklichkeit sieht leider so aus, dass sich
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fast die Hälfte (43,7 %) der auflagestarken, also viel gelesenen, Tageszeitungen auf nur fünf Verlagsgruppen
aufteilen. Weiter gefasst befinden sich bei den zehn größten Verlagsgruppen 58,1% der auflagestärksten
Tageszeitungen (Stand 2010, Quelle: http://www.media-perspektiven.de/261.html?&tx_mppublications_pi1%
5BshowUid%5D=1575&cHash=6fe32d4cc9).
Hier die fünf größten Verlagsgruppen, um euch einen Überblick zu verschaffen, welche Tageszeitungen
exemplarisch darunter fallen:
1. Axel Springer (Bild, Welt, Hamburger Abendblatt)
2. Südwestdeutsche Medien Holding (Süddeutsche)
3. WAZ AG
4. DuMont (Express, MoPo)
5. Ippen-Gruppe (Münchner Merkur, tz)
Als Außenstehender ist es natürlich nicht ersichtlich, inwiefern durch eine Verlagsgruppe Einfluss auf das
Produkt „Wirklichkeitsvermittlung“ genommen wird. Dass diese starke Konzentration vorliegt, zeigt jedoch
die Gefahr, dass durch verhältnismäßig wenige eine breite Masse gesteuert bzw. manipuliert werden kann. Es
genügt also nicht zwangsläufig statt der „Bild“ die „Welt“ in die Hand zu nehmen und sich auf den absoluten
Wahrheitsgehalt zu verlassen.
Was bei all dieser doch spekulativen Ausführungen Fakt ist, ist, dass sich die Presselandschaft gewandelt hat.
Während Journalisten früher mehr Zeit für Recherche und Bearbeitung zu einem Thema hatten, lastet gerade
heutzutage durch die modernen Medien und das Internet ein enormer Zeitdruck auf den Journalisten. Denn auch
in diesem Bereich greift der Kapitalismus mit seinen Mechanismen der Gewinnmaximierung, mit dem Ergebnis,
dass mit minimalen Mitteln massenhafte Auflagen, große Reichweiten und damit maximaler unternehmerischer
Profit erreicht werden soll. Weiteres dazu findet ihr unter dem Stichwort „Populärer Journalismus“ im Internet.
An dieser Stelle wollen wir auf den sehr lesenswerten Text „Zu den Produktionsbedingungen des Journalismus“
von Christian Schulz hinweisen (Quelle: http://www.spsh.de/frameset_l_r/fs_l_r_%288%29texte.html):
„Wir leben heute in einer von Medien beherrschten Welt. Alle Ereignisse und Erlebnisse, die den Horizont unserer
unmittelbaren Erfahrung überschreiten, nehmen wir mit Hilfe von Medien wahr. Es kann deswegen von einer
medialisierten Welt gesprochen werden. Der größte Teil dessen, was wir über die Welt zu wissen meinen, wird
uns vermittelt über Medien. Das heißt aber andererseits auch, dass das, was wir vermittelt bekommen, nicht
einfach Abbild der Wirklichkeit ist, sondern immer schon ein Produkt, das in seiner Produktion bestimmten
Mechanismen und Zwängen unterliegt, die dieses Produkt auf dem Markt überhaupt konkurrenzfähig und damit
wahrnehmbar machen. Und andererseits haben diese Mechanismen und Zwänge nicht nur Bedeutung für die
Art und Weise, wie über Ereignisse berichtet wird, sondern auch eine Rückwirkung auf die Ereignisse selbst. Was
nicht in den Medien berichtet wird, wird auch nicht wahrgenommen und bekommt so beinahe den Charakter
als wäre es nicht geschehen.“
Ihr denkt das stimmt nicht? Nun, wie viel habt ihr denn durch die deutsche Presse über die anhaltenden
Klassenkämpfe in Spanien oder den in Indien andauernden maoistischen Volkskrieg gehört?
Doch von welchen Mechanismen und Zwängen sprechen wir hier? Wer hat solch eine Macht zu bestimmen
was veröffentlicht wird und was nicht? Ganz einfach: Das liebe Geld. Wie schon oben beschrieben, werden
die Tageszeitungen zum großen Teil von fünf Verlagen veröffentlicht. Alle fünf Verlage sind gewinnorientierte
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Privatunternehmen. Der Zwang Gewinn zu erzielen und gegenüber der Konkurrenz auf dem Markt bestehen
zu können, wird daher höher angesiedelt als die journalistische Sorgfaltspflicht - denn lange Recherchen
zum Beispiel oder das Hinterfragen von dpa- / Polizeiberichten kostet Zeit. Zeit, die in unserer schnelllebigen
Welt „effizienter“ genutzt werden kann, wobei „effizient“ im Rahmen des Kapitalismus bedeutet, dass der
Aufwand reduziert werden muss, um dadurch den Gewinn zu maximieren. Zudem besteht für die Verlage ein
Anreiz Beiträge, die den Geldgebern bzw. Werbepartnern missfallen könnten, dann vielleicht lieber nicht zu
veröffentlichen. Und da Geldgeber in diesem Herrschaftssystem ebenfalls auf Profit gepolt sind, wozu sollten
dann gesellschaftskritische Inhalte, sprich Inhalte, die den Nährboden „Kapitalismus“ eben jener Unternehmen
gefährden, abgedruckt werden?
Bleibt kritisch!
Schalke in der NS-Zeit
Schalke in der Zeit des Nationalsozialismus, ein Thema, das häufig thematisiert wird, aber unserer Meinung
nach gar nicht oft genug in den verschiedenen Schalker Publikationen auftauchen kann. Diese schreckliche, aber
sportlich erfolgreiche, Epoche gehört nun mal auch zu der Geschichte unseres Vereins und blicken wir in die
Städte im von uns aus (nahen) Osten oder Südwesten, gibt es wohl leider auch in den Ultra-Szenen genügend
Menschen, die aus der Vergangenheit nichts gelernt haben. Bevor es Leser in den falschen Hals bekommen:
Natürlich gibt es bei uns im Stadion nicht solche ausgereiften Nazi-Strukturen wie in Dortmund oder Aachen,
aber auch hier laufen sicherlich einige Schwachmaten herum.
Ein weitere wichtiger Punkt für diese Rubrik ist, dass wir auch eine sehr junge Leserschaft haben, eine Leserschaft,
die vielleicht nicht unbedingt den Kreisel oder das Schalke Unser zur Hand nimmt, aber hoffentlich trotzdem
Texte über die Geschichte unseres geliebten Vereins verschlingen wird und somit über dieses Medium für dieses
Thema sensibilisiert werden kann.
Wir möchten die Zeit im Nationalsozialismus nicht stur chronologisch wiedergeben, sondern versuchen, durch
einzelne Themenfelder oder das Vorstellen von Personen möglichst abwechslungsreiche und interessante
Impulse zu bieten. Zudem ist es geplant, ein langes Interview mit einem Zeitzeugen, der als junger Mensch in die
Glückauf-Kampfbahn gegangen ist, im Blauen Brief abzudrucken. Gerade Letzteres sollte auch die älteren Leser,
die sich mit dem Thema schon genügend beschäftigt haben, interessieren, sind solche Berichte doch eher selten
zu finden. Um uns historisch abzusichern, halten wir uns vor allem an das Buch „Zwischen Blau und Weiß liegt
Grau: Der FC Schalke in der Zeit des Nationalsozialismus“ von Stefan Goch und Norbert Silberbach, eine vom
Verein in Auftrag gegebene Studie und Aufarbeitung der Schalker NS-Vergangenheit.
Als wir als Redaktion anfingen uns intensiv mit dem Thema zu beschäftigen, hatten wir unweigerlich vor Augen,
dass es doch zumindest einen „Helden“ gegeben haben muss, einen Spieler, Funktionär oder anderen im Verein
Aktiven, der eine weiße Weste hatte und sich gegen die Nazis auflehnte. Genau mit dieser Person sollte die
Rubrik eröffnet werden. Aber was soll man sagen, leider tauchte zumindest in dem Buch keine solche Person auf,
die alle diese Kriterien aufweisen kann. Das ist einerseits erschreckend, aber anderseits wohl auch ein trauriges
Spiegelbild der damaligen Zeit. Falls irgendein Leser andere Informationen über eine Person im Schalker Kosmos
liefern kann, immer her damit!
Beginnen möchten wir daher mit einem kleinen Porträt über Dr. Fritz Levisohn bzw. Lenig, einen Widerstandskämpfer
und späteren Präsidenten des FC Schalke 04:
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Dr. Fritz Lenig, geboren 1905 als Friedrich Moritz Levisohn, war ein in der Gelsenkirchener Klosterstraße
praktizierender jüdischer Arzt. Gemeinsam mit seiner Frau Gertrud trat er aber in die katholische Kirche über,
nach dem das Ehepaar 1930 einen gemeinsamen Sohn bekommen hatte. Auch politisch war Fritz Lenig schon
vor der Machtübernahme der NSDAP aktiv, zunächst zeigte er sich in der Deutschen Demokratischen Partei
(DDP) aktiv, aus der dann später die Deutsche Staatspartei (DstP) hervorging. Dazu muss gesagt werden, dass
beide dieser Parteien als durchaus nationalistisch einzuordnen waren und vor allem die DDP zudem einen
militaristischen, nationalistischen und stark antikommunistischen Ruf hatte. 1933 kandidierte Fritz Lenig als
Vorsitzender der DstP dann bei der Stadtverordnetenwahl. Trotz des, aus heutiger Sicht, nicht hinzunehmenden
nationalen Rufs der Partei wurde Lenig im Mai 1933 von der NSDAP verschleppt und verhört. Jenseits seiner
politischen Aktivität wurde Lenig vor allem seine jüdische Herkunft gefährlich und daher wurde auch seiner
Rassenzugehörigkeit überprüft und „zwischen Halb- und einem Vierteljude“ eingestuft. Damit galt er offiziell
als Jude, auf den die diskriminierenden Maßnahmen des „Dritten Reiches“ angewandt werden durften. Darauf
folgte, dass ihm sowohl die Fürsorgepraxis entzogen wurde, als auch, dass seine gesamte Praxiseinrichtung
während des Pogroms gegen die jüdische Bevölkerung verbrannt wurde. Mit vielen anderen jüdischen Männern
wurde Lenig dann 1938 inhaftiert. Die Pogrome hatten den letzten Ausschlag für eine Flucht geliefert: Nach seiner
Freilassung flüchtete Lenig mit seiner Familie in die Niederlande, wo er im Rahmen von beruflichen Tätigkeiten
in der Firma „Seppelfricke“ aus Gelsenkirchen bereits Kontakte hatte. In den Niederlanden erhielt er schnell
Unterstützung von der Widerstandsbewegung gegen die Nationalsozialisten, in der er sich fortan auch selber
engagieren sollte. Er wurde so kurze Zeit später Leiter bzw. Kommandant der Gruppe, die das Widerstandsblatt
„De Kleefsche Kourier“ bzw. „Der Kurier von Kleve“ herausbrachten. Zudem versorgte er als Arzt verwundete
Fallschirmjäger bzw. half Abgeschnittene wieder ins befreite Gebiet zu bringen. Aufgrund dieser Tätigkeiten
wurde er im KZ Amersfoort inhaftiert, in dem er auch misshandelt wurde, aber später zum Glück flüchten konnte.
1948 erhielt Lenig schließlich den „Teilnehmerorden an der niederländischen Widerstandsbewegung“ und
wurde auch zuvor vom niederländischen Adel für seinen Kampf gegen den Faschismus in höchsten Tönen gelobt.
Nach Ende des zweiten Weltkrieges kehrte Lenig wieder nach Gelsenkirchen zurück und beantragte sogleich
wieder die Kassenarzttätigkeit und wurde gleichzeitig 1. Geschäftsführer der „Seppelfricke“-Unternehmen, bei
denen er schon vor dem Krieg mitgewirkt hat.
Obwohl Lenig ein selbstbewusster und ungebrochener Verfolgter gewesen zu sein scheint, beantragte er nach
dem Krieg eine Namensänderung. Vermutlich, damit sein Name nicht mit seiner jüdischen Vergangenheit in
Verbindung gebracht wurde. Damit in Verbindung setzte sich Lenin dafür ein, dass Namensrechte auch Fragen
der bürokratischen Bewältigung des Nationalsozialismus berührte, damit sorgte er für viel Wirbel im neuen Land
Nordrhein-Westfalen. Letztendlich wurde sein Name nicht wie beantragt in van Rijn-Lenig sondern eben in nur
Fritz Lenig geändert. Weiter engagierte sich Lenig bei der „Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes“. Als
Flüchtling galt Lenig als staatenlos und überlegte kurzzeitig in die USA auszuwandern, beantragte und nahm
aber letztendlich die niederländische Staatsangehörigkeit an.
Wie Dr. Fritz Lenig am Ende mit dem FC Schalke 04, bei dem er am 25. Mai 1946 den ersten Vorsitz übernahm, in
Verbindung kam oder ob er möglicherweise schon vorher mit dem Verein in Verbindung stand, ist nicht eindeutig
geklärt. Natürlich ist es auch möglich, dass er als Jude und Widerstandskämpfer vom Verein „vorgeschoben“
wurde, um die Genehmigung für die weitere Vereinstätigkeit zu erlangen oder belastete Vereinsmitglieder bei
der Entnazifizierung zu verschonen. Dagegen spricht aber die Persönlichkeit Lenigs, der ansonsten streitbar und
selbstbewusst auftrat und sich zudem im sonstigen Leben eindeutig auf die Seite der Verfolgten stellte.
Fritz Lenig ist sicher ein eher seltenes Beispiel im Schalker Vereinsleben. Im Widerstand gekämpft, aber durchaus
mit nationalistischer Vergangenheit, die dabei nicht vergessen werden sollte.
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Gemischte Tüte
Dortmund: Ein Mitglied der Desperados wurde zu einer zweijährigen Bewährungsstrafe verurteilt, nachdem
er im Oktober 2011 an einem Übergriff auf Fans von Dynamo Dresden beteiligt gewesen war. Im Dortmunder
Kreuzviertel hatte er, mit vier weiteren Freunden, T-Shirts der Sachsen entwendet. Vor Gericht legte der Fan ein
umfassendes Geständnis ab, welches die Strafe milderte und ihn wohl vor einer Gefängnisstrafe bewahrte, da er
kein unbeschriebenes Blatt mehr ist.
München: Kürzlich sind die 179. „Wiesn” zu Ende gegangen und die Bilanz für das Jahr 2012 wurde gezogen.
Während die Anzahl der Besucher deutlich gesunken ist, hat sich die Anzahl der Straftaten, darunter schwere
Gewalttaten bis hin zur Vergewaltigung, erhöht. Laut einer Studie ist bei den diesjährigen 6,9 Millionen Besuchern
im Durchschnitt jeder 4.350ste ein Straftäter. Im Vergleich dazu haben sich die Zuschauerzahlen in deutschen
Stadien stetig erhöht, die Straftaten sind in Relation dazu gesunken. Was soll dieser Vergleich ausdrücken? Unser
Staat setzt falsche Prioritäten - er packt nicht an den Stellen an, an denen er es soll.
Anfrage an die Bundesregierung: Die Partei „Die Linke“ hat eine Anfrage an die Bundesregierung
getätigt, bei der sie nach Informationen über den Einsatz von V-Leuten (wir berichteten über den Fall in der
Nürnberger Fanszene) in der Fanszene fragt. Insgesamt beinhaltet die Anfrage 28 Fragen, welche den Sinn und
die Verhältnismäßigkeit von V-Leuten in der Fanszene hinterfragt. Zusätzlich geht „Die Linke“ auch auf den
„Sicherheitsgipfel“ im Sommer diesen Jahres ein und fragt nach, warum dort keine organisierten Fans geladen
wurden. Bei Redaktionsschluss waren uns die Antworten der Bundesregierung leider noch nicht bekannt. Wir
sind gespannt! Sehr schön zu sehen, dass nicht alle Parteien auf den Kurs der Hardliner aus den Ministerien
aufspringen, die die Schlagzeilen der Presse nutzen, um die Unfähigkeit ihrer Parteien in der heutigen politischen
Zeit kaschieren zu wollen. Auf der Internetseite von www.schwatzgelb.de liegt ein Interview mit Jan Korte von
„Die Linke“ vor, in welchem er Auskunft über die Intention und weiterer Verlauf der Anfrage gibt. Auch die
gesamte Anfrage könnt ihr unter http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/17/108/1710827.pdf nachlesen.
Wolfsburg: Am Dienstag nach dem Gastspiel der Wölfe in unserem Stadion, bei dem die Niedersachsen
die Heimreise mit einer weiteren Niederlage antreten mussten, besuchten um die 40 Ultras das Training und
protestieren stillschweigend gegen den Führungsstil von Felix Magath im Verein. Wie schon bei seiner Amtszeit
am Berger Feld pumpte der Verein mehrere Millionen in den Kader und verpflichtete etliche Spieler. Sportlich
hat es zu keinerlei Erfolg geführt und auch den Fans der Wölfe wird das Treiben des Trainer und Managers
in Personalunion zu bunt. Auf einem Spruchband war zu lesen: „Nachhaltigkeit?! Europapokal?! Millionen
verbrannt, die Lage verkannt, stets ‘ne Ausrede zur Hand!“. Im Übrigen wurde ein persönliches Gespräch mit
Herrn Magath von den Fans verweigert.
Dresden: Die Fans von Dynamo Dresden denken darüber nach die Namensrechte des Rudolf-Harbig-Stadions
zu kaufen, um den traditionellen Namen wieder aufleben zu lassen. Die Option kommt nur zu Stande, da der
aktuelle Sponsor durch einen Wechsel innerhalb der Führungsetage nicht weiter an einem Sportsponsoring
interessiert ist. Sofern ein neuer Geldgeber gefunden werden sollte, könnte der bis 2015 datierte Vertrag
zwischen dem Verein und dem Unternehmen schon früher beendet werden. In Fankreisen von Dynamo
Dresden wird das Thema nun heiß diskutiert und abgewogen, ob ein Betrag zwischen 300.000 Euro bis
500.000 Euro aufgebracht werden könnte. Auch der Verein scheint dieser Möglichkeit nicht abgeneigt zu sein,
so wird Andreas Ritter, Präsident des Ostvereins, folgendermaßen in der Presse zitiert: „Wir beobachten die
Diskussion wohlwollend und werden uns kundig machen, unter welchen Bedingungen so etwas möglich wäre.”.
Wir wünschen den Aktivisten von Dynamo viel Glück!
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Hannover: Beim internationalen Spiel gegen Levante und im darauffolgenden Bundesliga-Kick gegen die
Dortmunder verzichtete die Fanszene Hannover sowohl auf die akustische, als auch optische Unterstützung der
eigenen Mannschaft. In einem Flyer werden die Beweggründe des Boykotts erläutert. Hier heißt es, dass der
Verein offenbar „geheime“ Stadionregeln festgelegt hat, die nicht nachvollziehbar und offengelegt sind. Auslöser
von Vereinsseite ist offenbar die „Haarmann“-Fahne. So wurden unter anderem bei unserem Gastspiel und im
Heimspiel gegen Levante Choreos vom Verein untersagt und Hausverbote für das Schwenken der „Haarmann“Fahne ausgesprochen. Zudem kritisieren die 96-Anhänger die Unterdrückung der freien Meinungsäußerung.
Folglich sahen sie sich zum Boykott gezwungen, „um nicht durch weitere unbedachte Aktionen, wie singen,
schreien, Fahnen aufhängen oder jubeln gegen die geheime Regeln zu verstoßen“ und um deutlich machen,
wie die Stadionatmosphäre ohne Ultras ist. Zudem wurde die Mannschaft über den Boykott in Kenntnis gesetzt,
welche sich verständnisvoll gegenüber der Fanszene zeigte. Übrigens existiert die „Haarmann“-Fahne in dieser
Form bereits seit 2007 - seit 2003 findet „Haarmann“ im Tifo-Bereich Verwendung - und wird seitdem regelmäßig
bei Heim- und Auswärtsspielen von den Ultras eingesetzt. Ein Verbot wurde bis dato nicht ausgesprochen und
stand nie zur Diskussion, bis sich im Anschluss unseres Spiels in Hannover die Zeitung mit den vier Buchstaben
über das Thema hermachte. Dem medialen Druck hielt der Verein Hannover 96 nicht stand und bekommt
obendrein Zuspruch von Niedersachsens Innenminister. Auch lässt sich der DFB nicht zweimal bitten und droht
im Wiederholungsfall mit Sanktionen, die Herr Kind „konsequent an die Verursacher weitergeben“ will. Ultras
Hannover verstehen den Serienmörder Fritz Haarmann als Teil der Stadtgeschichte und geben an, dass die Figur
auch offizielle Artikel des Tourismusbüros der Stadt ziert.
Am letzten Wochenende setzte die Fanszene beim Auswärtsspiel in Frankfurt wieder ihr Material ein. Da das
ausgesprochene Hausverbot aufgehoben wurde, besteht auch der Boykott nicht länger.
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