Solide Unterhaltung: Gypsy in Kloster Oesede

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Solide Unterhaltung: Gypsy in Kloster Oesede
Solide Unterhaltung: Gypsy in Kloster Oesede
30.10.12 19:30
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Solide Unterhaltung: "Gypsy" in Kloster Oesede
23.08.2011
Louise (Linda Koprowski) hat es zu
einer gefeierten Burlesque-Tänzerin
gebracht. Foto: Dominik Lapp
REZENSION | Normalerweise berichtet thatsMusical nicht über
Laienproduktionen, da sie im Vergleich mit Profiproduktionen wohl
wesentlich schlechter abschneiden dürften und es nicht im Sinne der
Redaktion ist, Laienschauspieler zu kritisieren, die in ihrer Freizeit auf der
Bühne stehen.
Wenn nun aber eine Laienbühne wie die Waldbühne im
niedersächsischen Kloster Oesede (Landkreis Osnabrück) mit Max Messler einen professionellen
Musicaldarsteller als Regisseur engagiert, sich mit Brady Stephan Harrison einen weiteren Profi als
Choreograf ins Boot holt, dann noch eine in Deutschland eher selten gespielte Großproduktion wie
"Gypsy" auf den Spielplan setzt und außerdem einige Rollen nicht mit Laien, sondern mit Studenten der
German Musical Academy Osnabrück besetzt, kann hier längst nicht mehr die Rede von einer
Laienproduktion sein. Und das, was in Kloster Oesede zu sehen ist, ist glücklicherweise auch weit weg
von einer eben solchen. Geboten wird solide Unterhaltung auf semiprofessioneller Ebene.
Die Handlung von "Gypsy" (Musik: Jule Styne, Originaltexte: Stephen Sondheim), die mit drei Stunden
(inkl. Pause) doch etwas lang geraten ist, basiert auf dem Leben der Burlesque-Tänzerin und Stripperin
Gypsy Rose Lee und spielt in den USA der 1920er und 1930er Jahre. Im Mittelpunkt steht Rose, die
krampfhaft versucht, ihre Tochter June in verschiedenen Vaudeville-Shows zum Star zu machen – ohne
Erfolg. Als June eines Tages vor ihrer Mutter flieht, widmet diese sich fortan ihrer zweiten Tochter
Louise, die sie bislang immer vernachlässigt hatte. Louise beginnt eine Karriere als Burlesque-Tänzerin
und Stripperin und erlangt den Ruhm, von dem ihre Mutter ein Leben lang träumte. Die Show bietet
dabei genauso witzige wie melancholische Momente und erzählt eine Geschichte, die heute noch
genauso aktuell ist wie bei der Uraufführung im Jahr 1959. Denn solchen Eltern, die sich am Erfolg ihrer
Sprösslinge ergötzen, dürfte jeder schon einmal begegnet sein. So brauchen wir nur einen Blick über
den großen Teich zu werfen, wo Amerikaner ihre Kinder schon im Kleinkindalter zu diversen
Talentshows schicken.
Wirkt die Inszenierung von Max Messler im ersten Akt noch recht brav, so ist im zweiten Akt reichlich
nackte Haut zu sehen. Ganz so, wie es zwei Revuetänzerinnern nach der Pause schon auf
Hinweistafeln ankündigen. Insgesamt hat sich Messler aber keine großen Experimente geleistet,
sondern erfreulicherweise absolut werkgetreu und zeitgemäß inszeniert. Dennoch gibt es ein paar
Längen in dem Stück, die allerdings eher den Buchautoren als dem Regisseur anzulasten sind.
Die 1920er und 1930er Jahre spiegeln sich sehr schön im Bühnenbild und den Kostümen wider. Die
Bühne besteht dabei aus einer riesigen Glühlampenwand im Stil einer großen Broadway-Revue und
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einem mit Glühlampen gesäumten Steg. Hinter mit rotem Samt bezogenen, verschiebbaren Wänden
finden die Umbauten statt, während im Vordergrund eine Szene spielt oder ein Solo gesungen wird.
Öffnen sich die Wände (die sich dabei unglücklicherweise manchmal verkanten), so geben sie
verschiedene Szenerien wie ein Vaudeville-Theater, ein Burlesque-Theater, ein Apartment oder eine
Künstlergarderobe frei.
Sehenswert sind auch die Choreografien von Brady Stephan Harrison, der nach eigener Aussage selbst
erstaunt war, wie sich die Laienschauspieler innerhalb eines Jahres tänzerisch verbessert haben. Die
großen Shownummern gelingen jedenfalls absolut synchron. Schade nur, dass einige Tänzerinnen nicht
zu übersehende Löcher und Laufmaschen in ihren Strumpfhosen haben, wodurch die professionell
wirkende Inszenierung an Glanz verliert.
Zentrales Element von "Gypsy" sind natürlich die Darsteller, allen voran die großartige Linda Koprowski.
Die 21-jährige Studentin der German Musical Academy macht in der Rolle der Louise von der
vernachlässigten Tochter bis hin zur gefeierten Burlesque-Tänzerin eine wahnsinnig große Entwicklung
durch. Doch es gelingt ihr spielend: Ihr Schauspiel ist auf den Punkt genau, ihre Bühnenpräsenz – trotz
der anfänglichen rollenbedingten Zurückhaltung – sehr stark. Mit ihrer glasklaren Stimme meistert sie
ihren Part auch gesanglich mit Bravour.
Die eigentliche Hauptrolle in "Gypsy" ist die Rolle der Rose. Karina Linnemann, die mit ihren 24 Jahren
für die Rolle der Mutter eigentlich zu jung ist, verkörpert diesen anspruchsvollen Part für eine
Laiendarstellerin schauspielerisch wie gesanglich sehr professionell. Sie singt sicher und spielt
überzeugend die nach Ruhm und Anerkennung dürstende Mutter von Louise und June. Schade, dass
ihr Auftritt dadurch getrübt wird, dass sie sich in der besuchten Vorstellung mehrmals in ihrem Text
verhaspelt. Insgesamt jedoch eine starke Leistung.
Gelassenheit und Ruhe strahlt Michael Dreier als Herbie aus, der einen liebevollen Künstleragenten
gibt, während Tobias Spellbrink als Tulsa vor allem tänzerisch überzeugen kann. Großes
komödiantisches Talent und ein gutes Gespür für Timing beweist außerdem Laura Trompetter in der
Rolle der June.
Für die Musik sorgt das Orchester unter der Leitung von Georgi Gürov, das mit neun Musikern nicht
kleiner ist als so manches Orchester einer Musicalgroßproduktion. Abgesehen von ein paar schiefen
Tönen, spielen die Musiker auch äußerst sicher. Insgesamt also ein großer Spaß, der den Eintrittspreis
in Höhe von 14 Euro absolut wert ist.
Text: Dominik Lapp
Artikel vom 23.08.2011
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