Kennen wir uns nicht? - Die Produkte der Süddeutschen Zeitung
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Kennen wir uns nicht? - Die Produkte der Süddeutschen Zeitung
Nummer 18 | 3. Mai 2013 Kennen wir uns nicht? Das 3500 Jahre alte Supermodel: Wir haben Nofretete von Profis schminken lassen C HIC ON THE BRIDGE - PARIS E r h ä l t l i c h a u s s c h l i e s s l i c h i n L o u i s V u i t t o n G e s c h ä f t e n u n d u n t e r l o u i s v u i t t o n . c o m . T e l . ( 0 211 ) 8 6 4 7 0 0 cartier.de – 089 55984-221 INHALT 3. Mai 2013 10 »Ich wollte ein Männerleben in einem Frauenkörper – und Männer jagen nun mal« Ein Gespräch mit der Modeschöpferin Diane von Fürstenberg über ihr Jetset-Leben. 32 50 Shades of Grey Niemand 18 Schönes Geschichte Zu hübsch, um sie zu trinken: wie man aus Spirituosen und Likören farbenprächtige Cocktails macht. weiß besser als die Engländer, wie man den kurzen Sommer genießt: eine Reise von der Blumenschau bis zum Oldtimer-Treffen. 40 22 Total verbohrt Komisches Hobby: Zum Verdrücktwerden Wann verschwindet endlich die Feststelltaste von der Computertastatur? Warum gräbt ein Österreicher seit 50 Jahren einen Stollen in einen Berg? 24 44 Zurück zu Dir Die Geschichte Stil leben Nofretete gilt als zweier Schwestern, die mehr als 50 Jahre gebraucht haben, um sich zu finden. schönste Frau der Antike – vier Top-Visagisten haben ihr für uns ein modernes Make-up verpasst. Titelfoto: Peter Langer; Loni Baur für Armin Morbach; Fotos Inhalt: Arnhel De Serra, Getty Neue Kollektion tank angl aise 28 52 Glückwunsch, altes Haus! »Als wäre es das letzte Geheimnis zwischen den Menschen« Das BMW-Hochhaus in München wird 40 – und setzt noch immer Maßstäbe, was die Architektur angeht. Der Philosoph Alexandre Lacroix hat unser Verlangen zu küssen erforscht. 6 Sagen Sie jetzt nichts 8 Gewissensfrage, Gefühlte Wahrheit, Gemischtes Doppel, Die drei großen Lügen 50 Kosmos 51 Hotel Europa 58 Das Kochquartett 60 Das Kreuz mit den Worten 61 Gewinnen, Impressum 62 Das Beste aus aller Welt D i e s e W o c h e in u n s e r e r A p p Für diese Ausgabe durften wir das berühmteste Model der Welt schminken: die ägyptische Pharaonengattin Nofretete (ab Seite 44). Die Gipsformerei der Staatlichen Museen zu Berlin hat uns vier Büsten zur Verfügung gestellt. In einem Video zeigt Visagist Alex Rothe, wie er Nofretete den Look von Amy Winehouse verpasste. Fürchtest du, dass dir alles aus dem Gleichgewicht gerät? Scheint die Work-Life-Balance gerade zu kippen? Das kriegst du wieder in den Griff: Mit Melisse behältst du deine gute Laune. Brennnessel und grüner Hafer sorgen zusammen mit stärkendem Rosmarin für ein gutes Säure-Basen-Gleichgewicht. Mit einem Hausfreund kommst du wieder ins Lot. Solange ruh dich ein bisschen aus, denn die Tibeter sagen: „Ein ruhend des Geewässeer wird wiedeer klar.““ Dein Kräutertee. Balance www.herbaria.de Erhältlich im Bio- und Feinkosthandel, oder online z.B. bei www.auwaldbio.de sagen sie jetzt nichts eva padberg Claudia Schiffer steht für Eleganz, Heidi Klum für ProSieben und Eva Padberg? Hmmm. Irgendwie für Berlin. Oder Normalität. Vor ein paar Jahren hat sie ihren ersten und einzigen Freund geheiratet, die beiden kennen sich aus der Schule. Heute kann man sich das Paar gut in einer schicken Altbauwohnung vorstellen, sie in seinen Boxer shorts, es läuft der Tatort oder verträumte Elektro-Musik. Ganz nor mal eben (für Berliner Verhältnisse). Fragt man sie, wie sie sich selbst beschreiben würde, sagt sie: »Chamäleon und Chef de Cuisine.« Ehr lich gesagt, große Kochorgien nimmt man ihr nicht ab, Padberg ist Was an Ihnen ist definitiv nicht perfekt für ein Model? Sonntagslektüre: eher Vogue oder Krieg und Frieden? Welche Charaktereigenschaft braucht eine attraktive Frau unbedingt? Ist Heidi Klum ein Vorbild für Sie? Wie viele Männer muss man geküsst haben, um es richtig gut zu können? Wie sehen Sie aus, wenn Sie nicht fotografiert oder gefilmt werden? Fotos: Frank Bauer; Outfit: Ingolstadt Village / Wertheim Village Geboren: 27. Januar 1980 in Bad Frankenhausen Beruf: Model, Musikerin, Schauspielerin Ausbildung: Abitur Status: Total normal 1,79 Meter groß und wiegt 53 Kilo, aber Chamäleon passt, wenn man sich die Vielzahl ihrer Jobs ansieht. Eva Padberg modelt, macht Musik, moderiert, ist – natürlich – Unicef-Botschafterin, immer öfter sieht man sie auch im Fernsehen oder im Kino. In Wickie auf großer Fahrt zum Beispiel spielte sie ausgerechnet eine Walküren-Anführe rin. Die Fotoaufnahmen mit ihr waren sehr lustig; eine Kamera, die klick macht, damit kennt sie sich aus, das bringt sie in Hochform. Trotzdem hat sie mal über sich selbst geschrieben: »Ich finde mich gar nicht so aufregend.« Doppelkinn anessen, Fettgürtel überziehen – wie weit würden Sie für eine Rolle gehen? 6 Süddeutsche Zeitung Magazin Weitere Fragen und Bilder finden Sie auf www.sz-magazin.de und in unseren Tablet-Ausgaben. Gefühlte Wahrheit D r . D r . R a i n e r E r l i n g e r Nr. 52 Gewissensfrage »Neulich wartete ich an der Supermarktkasse in einer langen Schlange. An der Nebenkasse stand bereits ein Schild: ›Bitte nicht mehr anstellen‹. Dennoch tröpfelten dort weitere Kunden ein und wurden vom Kassierer auch noch bedient – was mich sehr ärgerte. Hätte ich dieses Spiel laut kritisieren sollen?« H a n n a L . , b i n g e n Brutaler Zusammenstoß mit einem Lastwagen Bremse versagt beim Bergabfahren Vorderrad verfängt sich in Straßenbahnschiene Fahrradhelm könnte die Frisur ruinieren g e m i s c h t e s D o p p e l Günter Vikari Radlwunde Das Interessante an Ihrer Frage ist, dass Sie mit Ihrem Ärger durchaus recht haben. Sie waren die Dumme, weil Sie sich an die Vor gaben gehalten und sich dort, wo man gebe ten wurde, sich nicht mehr anzustellen, nicht mehr angestellt haben. Ich vertrete ja auch den Grundsatz, dass das Leben mit weniger Reibung und damit einfacher abläuft, wenn man sich an soziale Regeln hält und nicht jeder auf Biegen und Brechen versucht, für sich das Meiste herauszuholen. Schließlich hat man Besseres zu tun im Leben, als sich auch noch beim Anstehen im Supermarkt Gedanken über Effizienz zu machen. Dennoch bin ich nicht der Meinung, dass Sie das Geschehen laut kritisieren sollten. Aus drei Gründen: Erstens ist es für Ihr seelisches Wohlbefinden und Ihren Blutdruck das Bes te, sich über die kurze Zeit, die Sie warten müssen, gar keinen Kopf zu machen. Zwei tens ist es ein Unding, wenn ein Supermarkt, solange an einer Kasse eine lange Schlange ansteht, eine andere Kasse schließt. Diese kundenverachtende Entscheidung schlicht zu negieren halte ich für durchaus nachvoll ziehbar, wenn nicht sogar begrüßenswert. Ohne dazu aufrufen zu wollen: Es wundert mich immer wieder, dass nicht viel mehr Kunden in solchen Fällen einfach gehen und ihre vollen Einkaufswagen in der Schlange stehen lassen. Auch Supermarktbetreiber sollten lernfähig sein, und sei es dank der artiger faktischer Unmutsäußerungen. Deshalb komme ich zum dritten Grund: Ich finde es zwar richtig, sich an Regeln zu hal ten, das muss aber nicht sklavisch geschehen, und ein Supermarktschild ist kein Katego rischer Imperativ. Sie werden von der Aktion auch nicht direkt benachteiligt, weil sich die frechen Kunden nicht in Ihrer Schlange an Ihnen vorbei nach vorne gedrängt haben. Deshalb gilt hier ganz ausnahmsweise – so sehr ich zögere, das in einer Moralkolumne zu schreiben: Frechheit siegt. Haben Sie auch eine Gewissensfrage? Dann schreiben Sie an Dr. Dr. Rainer Erlinger [email protected] Wadlrunde Weitere Gemischte Doppel finden Sie auf www.sz-magazin.de; dort können Sie auch selbst Vorschläge einreichen oder bewerten. 8 Süddeutsche Zeitung Magazin D i e d r e i g r o S S e n L ü g e n im Restaurant 1) Der Kollege kommt gleich. 2) Sicher sind die Muscheln frisch. 3) Getrennt zahlen? Gerne. Fotos: bab.ch, dpa; lllustration: Serge Bloch; alle Autoren-Illustrationen: Grafilu Wovor Radfahrer Angst haben: Big Bang Jeans. Chronograph aus Edelstahl mit 114 Diamanten von insgesamt 1,22 Karat. Zifferblatt aus echtem Jeansstoff besetzt mit 8 Diamanten. Armband aus Jeansstoff und Kautschuk. Auf 250 Exemplare limitierte Serie. BOUTIQUE BERLIN Kurfürstendamm 56 twitter.com/hublot • facebook.com/hublot Intervie w: Sven M ichaelsen | foto: martin schoeller »Ich wollte ein Männerleben in einem Frauenkörper – und Männer jagen nun mal« Wickelkleider für die Ewigkeit, Spitzname »The Huntress«, Richard Gere, legendäre Disco-Nächte, Michelle Obama und lauter echte Falten: ein Gespräch mit der großen Modeschöpferin Diane von Fürstenberg »Diane, die Jägerin«: Ihr Spitzname stammt aus ihren wilden Jahren im New Yorker »Studio 54« – der passende Blick ist ihr bis heute geblieben. SZ-Magazin: Frau von Fürstenberg, was auch immer Journalisten Sie fragen, in Ihren Antworten taucht meist Ihre Mutter auf. Warum? Diane von Fürstenberg: Meine Lily weiß nicht, wohin man sie bringt, aber sie geht mit einem Lächeln.« Das erklärt, wer ich bin: Nicht die Tochter eines NaziOpfers, sondern einer Frau, die mit einem Lächeln ins KZ ging. »Gott hat mein Leben verschont, damit ich Dir Deines schenke. Du trägst die Fahne der Freiheit.« Mutter war Jüdin und lebte in Brüssel. Mit 20 Jahren wurde sie mitten in der Nacht aus ihrem Versteck geholt und in einem Viehwaggon nach Polen gebracht. Als sie vor 13 Jahren starb, fand ich in ihrem Nachlass ein Kuvert mit der Aufschrift »Lily 1944«. Es enthielt ein Stück Pappe, auf das sie Anfang 1944 mit abgebrannten Streichhölzern eine Botschaft an ihre Eltern geschrieben hatte: »Liebe Mami, lieber Papi, eure kleine Was wurde aus Ihrer Mutter? Sie wollte keine Schwere in mein Leben bringen, deshalb hat sie geschwiegen. Wenn sie doch einmal von den Lagern erzählte, sprach sie von der Kameradschaft unter den Häftlingen und ihrem dauernden Heißhunger auf Spaghetti. Die eintätowierten Häftlingsnummern auf ihrem Arm ließ sie entfernen, und von dem Wiedergutmachungs-Scheck, den sie vom deutschen Staat bekam, kaufte sie sich einen Pelzmantel. Sie war 14 Monate lang Zwangsarbeiterin in verschiedenen KZs, darunter Auschwitz-Birkenau. Als sie mit 21 Jahren von russischen Soldaten aus dem KZ Neustadt-Glewe befreit wurde, wog sie nur noch 49 Pfund. Obwohl die Ärzte ihr sagten, eine Schwangerschaft bedeute ihren Tod, brachte sie mich am 31. Dezember 1946 zur Welt. Wenn ich Geburtstag hatte, schickte sie mir jedes Mal die gleiche Karte: Hat Ihre Mutter über ihr Leben im KZ gesprochen? Welche Ihrer Eigenschaften führen Sie auf Ihre Mutter zurück? Mein schlechtes Gedächtnis für Schmerz und Leid. Meine Mutter war ein durch und durch positiver Mensch und hatte keinerlei Verständnis für Jammerei. Ihre Lebensphilosophie war, dass man Katastrophen in etwas Positives verwandeln kann – eine Tür schließt sich, eine andere geht auf. Furcht, sagte sie mir immer, ist keine Option. Als ich Angst im Dunklen hatte, sperrte sie mich in einen Kleiderschrank. Nach ein paar Minuten holte sie mich raus und sagte: »So, jetzt weißt du, dass in der Dunkelheit keine Monster lauern.« Das war schwarze Pädagogik, aber es hat funktioniert. >> Süddeutsche Zeitung Magazin 11 Die Fotos, die man von Ihnen kennt, zeigen Sie als exotische Schönheit mit rabenschwarzem Haar, Kleopatra-Augen, hohen Wangen und beneidenswerten Beinen. Waren Sie ein hübsches Kind? Als ich eines Tages die Rechnungen nicht bezahlen konnte, habe ich den Diamantring versetzt, den Egon mir zur Geburt unserer Tochter geschenkt hatte. Man kann mit einem Mann nur glücklich sein, wenn man ihn verlassen und für sich selbst sorgen kann. Nein. Vielleicht sollte ich sagen: Gott sei Dank nein. In meiner Schule in Brüssel hatten alle blaue Augen und glattes, blondes Haar. Nur mir standen schwarze krisselige Locken vom Kopf ab. Deshalb fühlte ich mich hässlich und unsicher. Heute weiß ich, dass es ein Vorteil ist, wenn sich ein junges Mädchen nicht auf seiner Schönheit ausruhen kann. Ich war streng mit mir und habe mir viel abverlangt. Während sich meine Freundinnen in Bewunderung sonnten, las ich Bücher, um wenigstens ein interessanter Gesprächspartner zu sein. Ich konnte es kaum erwarten, endlich zu den Erwachsenen zu gehören, denn wenn man klein ist, entscheiden immer andere für einen. Meine Lebensziele hießen Unabhängigkeit und Selbstbestimmung. Wir wurden uns in einem Nachtclub vorgestellt. Ich fand ihn ein wenig kindisch, aber seine Unbeholfenheit rührte mich. Liebe wurde es erst drei Jahre später, als wir beide in New York lebten. Sein Tempo nahm einem den Atem. An einem durchschnittlichen Abend besuchte er drei Cocktailpartys, ein Dinner, zwei Bälle und eine Schwulenbar. Mit 21 waren Sie schwanger. Egon war in Hongkong, als ich das Testergebnis bekam. In einem Telegramm fragte ich ihn, ob ich abtreiben sollte. Seine Antwort war: »Nein. Organisiere die Hochzeit so schnell wie möglich. Liebe und Küsse.« Sie entstammen einer gut situierten Mittelschichtsfamilie mit griechisch-russischen Wurzeln. Fand der Fürstenberg-Clan, dass Egon unter Stand heiratete? 12 Süddeutsche Zeitung Magazin Mode für elitäre Frauen gab es bereits genug. Ich entwarf praktische, preiswerte Jerseykleider für jeden Tag, waschbar und bügelfrei, aber trotzdem feminin und sexy. Der amerikanische Modedesigner Halston sagte einmal über Sie: »Sie hätte ihren Weg auch dann gemacht, wenn ihr Name Diane Schmaltz gewesen wäre.« Teilen Sie diese Einschätzung? In bester Gesellschaft 1971 mit der legendären Vogue-Chefredakteurin Diana Vreeland (Mitte). Deren Empfehlungsschreiben öffnete der unbekannten Jungdesignerin alle New Yorker Türen. Man war nicht glücklich, dass nach 900 Jahren erstmals jüdisches Blut in den Stammbaum kam. Egons Mutter, Clara Agnelli, gehörte zur Eigentümerfamilie von Fiat. Deshalb wurde hinter vorgehaltener Hand gezischelt, ich sei auf ein großes Vermögen und einen Adelstitel aus. Egons Vater, Prinz Tassilo, kam zwar zur Hochzeitszeremonie, dem anschließenden Empfang aber blieb er demonstrativ fern. Stimmt es, dass Egon seinem Vater als Stimmungsaufheller eine Prostituierte aufs Hotelzimmer schickte? Ja. Anders wäre er gar nicht erst angereist. Binnen 13 Monaten brachten Sie zwei Kinder zur Welt und gründeten ohne Vorkenntnisse ein Modelabel, das auf Anhieb Erfolg hatte. Eine Woche nach den Entbindungen habe ich schon wieder gearbeitet. Mit 24 Mutter von zwei Kindern zu sein war mir nicht genug. In mir brannte ein Feuer. Ich wollte Egons Familie beweisen, dass ich keine Schmarotzerin bin. In den ersten Monaten war ich meine einzige Angestellte, die Kleider lagerten im Esszimmer unseres Apartments. Hat Ihr Prinz-Gemahl Ihre Firmengründung finanziert? Nein. Ich hasse nichts mehr, als einen Mann um Geld zu bitten. Egon gab mir den Titel, eine Million Kontakte und stellte mich der Vogue-Chefredakteurin Diana Vreeland vor. Ich sehe aber keinen Grund, ihn dafür verantwortlich zu machen, dass ich mit 28 Jahren 60 Millionen Dollar Umsatz machte. 1976 waren Sie auf dem Cover von Newsweek. Auf dem Foto trugen Sie Ihre bis heute berühmteste Kreation: ein Wickelkleid für 75 Dollar, das heute in jedem Modemuseum hängt. Wie entstand Ihr Einfall? Beim Fernsehen. Als ich sah, dass Richard Nixons Tochter Julie eine Wickelbluse und einen Rock von mir trug, dachte ich: Warum machst du aus zwei Teilen nicht eines? Die Umsätze gingen durch die Decke. Ich verkaufte bis zu 25 000 Wickelkleider pro Woche und hatte auf einmal hundert Mitarbeiter. Hausfrauen in den Vorstädten trugen mein Kleid ebenso selbstverständlich wie die Schauspieletin Candice Bergen oder die Bürgerrechtlerin Angela Davis. Sie führten ein Jetset-Leben zwischen Cortina d’Ampezzo, der Costa Smeralda, Fire Island und Ihrem Apartment in der New Yorker Park Avenue. Zu Ihren Foto: DVF Mit 18 lernten Sie Ihren späteren Mann Egon Prinz zu Fürstenberg kennen. Wo sind Sie auf den damals noch ein wenig babygesichtigen Adelsspross gestoßen? Sie trugen damals meist Hotpants und High Heels. Die Mode, die Sie verkauften, war konservativer. Abendgesellschaften erschienen Jack Nicholson, Dino De Laurentiis, Paloma Picasso, Andy Warhol, Loulou de la Falaise und Marisa Berenson. Der Glitzerglanz eines Adelstitels reizte die Fantasie der New Yorker Gesellschaft. Ich war ein bestauntes Unikat, denn eine Jetset-Prinzessin, die jeden Morgen zur Arbeit geht und ihr eigenes Geld verdient, das gab es bis dahin nicht. Warum scheiterte Ihre Ehe nach dreieinhalb Jahren? Der Auslöser war eine Titelgeschichte im Magazin New York. Auf dem Cover hieß es: »Das Paar, das alles hat. Ist alles genug?« Der Ton der Geschichte war unnötig gehässig, aber der Inhalt stimmte. Erstmals sah ich meine Ehe mit fremden Augen, und der Anblick schockierte mich. Sie sagten dem Reporter: »Leidenschaft in einer Ehe verpufft nach einer Weile. Finden Sie es aufregend, wenn Ihre linke Hand Ihre rechte Hand berührt?« Egon gab öffentlich zu, Affären zu haben, und ich war nicht besser. Plötzlich kam mir unsere Ehe oberflächlich und abge- schmackt vor. Als Egon überlegte auszuziehen, bestärkte ich ihn. Mit 26 stand ich plötzlich als alleinerziehende, berufstätige Mutter da, aber endlich war ich die unabhängige Frau, die ich seit meinen Kindertagen sein wollte. 16-Zimmer-Apartment mit Blick auf den Central Park. Was kostete Egon die Scheidung? Eine Woche nach Eröffnung bat Halston, den Club ausnahmsweise an einem Montagabend zu öffnen, um Bianca Jagger an ihrem 27. Geburtstag mit einer Party zu überraschen. Als Bianca vor den Augen von Truman Capote, Liza Minelli und Andy Warhol in ihrem Abendkleid ein weißes Pferd bestieg, war mir klar, der Laden wird berühmt. Dass er Nicht einen Dollar. Ich verachte Frauen, die Alimente kassieren, obwohl sie sie nicht brauchen. Als Zeichen meiner Unabhängigkeit schenkte ich mir zum Geburtstag eine 200 Jahre alte Farm mit 23 Hektar Land in Connecticut. Zu meinem 30. Geburtstag schenkte ich mir ein Als Steve Rubell und Ian Schrager 1977 das »Studio 54« eröffneten, zählten Sie zu den ersten Gästen. Wie wirkte der Club auf Sie? »Zu beichten hätte ich höchstens, dass ich öfter mal stoned mit dem Auto vom Club nach Hause gefahren bin« nach ein paar Wochen zum besten Aufrissort der Welt wurde, lag vor allem an der Einlasspolitik. Am Eingang mit einem 50-Dollar-Schein zu wedeln war zwecklos. Die Türsteher ließen nur Prominente und glamouröse Nobodys rein. Sie wurden dort Dauergast. Wie vertrug sich das mit Ihren Verpflichtungen als Mutter und Firmenchefin? Nach dem Abendessen mit meinen Kindern telefonierte ich bis Mitternacht mit Geschäftspartnern in Kalifornien und Asien. Dann zog ich mir Cowboystiefel an, fuhr mit meinem Mercedes in eine Parkgarage in Midtown und betrat den Club wie ein Cowboy einen Saloon. Ich holte mir ein Bier und zog meine Runden. Zwei Stunden später fuhr ich zu meinen Kindern zurück. Die Tanzfläche des Clubs war mit einem Kokainlöffel dekoriert. Waren Sie Kokserin? Nein. Ich habe viele Jahre Marihuana geraucht, aber im Vergleich zu meinen Freunden war mein Konsum moderat. Zu beichten hätte ich höchstens, dass ich öfter mal stoned mit dem Auto vom Club nach Hause gefahren bin. Im New Yorker Nachtleben hatten Sie den Beinamen »Diane the Huntress«. Ende der Siebziger waren Sie mit dem Schauspieler Richard Gere liiert. 1980 schrieben Sie bei einem Strandspaziergang auf Bali um fünf Uhr morgens mit großen Buchstaben »Vergiss Richard« in den Sand. Warum? Ihr eigenes bestes Model Fürstenberg in einem ihrer typischen Tupfenmuster, 1976 in ihrem Showroom an der New Yorker Seventh Avenue. 14 Süddeutsche Zeitung Magazin Richard war eine Obsession für mich geworden. Ich fühlte mich abhängig von ihm, und da ich es hasse, die Kontrolle zu verlieren, habe ich ihn aus meinem Leben exorziert. >> Foto: Burt Glinn / Magnum Photos / Agentur Focus Meinen Beinamen hatte ich mir verdient. Ich wollte ein Männerleben in einem Frauenkörper – und Männer jagen nun mal. Es kickte mich, die traditionellen Geschlechterrollen auf den Kopf zu stellen. Sie als Mann wissen doch, dass zwei Stunden ausreichen, um sich in einem Club jemanden fürs Bett auszusuchen. Ich habe gelitten, mich abgewiesen und mies behandelt gefühlt. Ich habe es aber nie zugelassen, dass ein Mann mein Herz bricht. 1977 stand Ihre Firma plötzlich vor dem Bankrott. Was war schiefgelaufen? Galionsfigur der tragbaren Mode: 1976 zeigte das Magazin Newsweek Diane von Fürstenberg auf dem Titelbild und nannte sie die »markttauglichste Designerin seit Coco Chanel«. Von Ende der Siebziger bis Ende der Achtziger war ich eine miserable Geschäftsfrau. Ich vergab wahllos Lizenzen für alles Mögliche, ob Koffer, Schuhe, Modeschmuck oder Bettwäsche. Die Qualität und der Look der Produkte waren oft minderwertig. Mein Parfüm »Tatiana« zum Beispiel hatte eine Farbe wie Nagellackentferner. Das Image meines Namens wurde trashy, und das ist in der Mode die Todsünde Nummer eins. Ein Modedesigner verkauft Selbstbewusstsein. Das funktioniert aber nicht, wenn die Käufer auf Sie herabblicken. Zum Niedergang Ihrer Geschäfte kam eine private Kehrtwende. Sie wurden die Muse eines brasilianischen Barfußkünstlers, dann zogen Sie mit dem italienischen Schriftsteller Alain Elkann für fünf Jahre nach Paris. Die einstige Partyqueen gibt inzwischen selbst die besten Empfänge: mit der TV-Moderatorin Oprah Winfrey bei den DVF Awards, mit denen jedes Jahr sozial engagierte Frauen ausgezeichnet werden. 16 Süddeutsche Zeitung Magazin Die erste Zeit mit Alain habe ich sehr genossen. Ich gründete einen Verlag und einen literarischen Salon, in dem Köpfe wie Alberto Moravia und Bret Easton Ellis verkehrten. Das Problem war, dass Alain es peinlich war, wie ich mich kleidete. Zu grell, zu aufgedonnert, sagte er. Ihm zuliebe begann ich Tweedröcke und flache Schuhe zu tragen und bald sah ich aus wie eine Lehrerin. Ihr Freund – er war mit Gianni Agnellis Tochter verheiratet und ist Vater der Fiat-Erben Lapo und John Elkann – betrog Sie. Ich hatte diese Quittung verdient. Ich erlebte, was alle Frauen erleben, die ihre Persönlichkeit zugunsten eines Mannes aufgeben: Sie werden als unsexy beiseite geschoben. Als ich endlich so war, wie Alain mich haben wollte, fand er mich nicht mehr begehrenswert und begann eine Affäre mit einer meiner Freundinnen. Als mir 1989 ein Zahn gezogen werden musste, sagte ich mir: Mit diesem Zahn entfernst du auch Alain. Bei meiner Rückkehr nach New York habe ich die Stadt kaum wiedererkannt. Ivana Trump war die Frau der Stunde, Gier war eine Tugend geworden, und Donna Karan hatte meinen Platz eingenommen. Ich musste mir einge- Dass eine Ehe nicht meinem Wesenskern entspricht, mag daran liegen, dass sich meine Eltern getrennt haben, als ich 13 war. Ich ging auf Internate in England und der Schweiz und war auf mich allein gestellt. Mit dieser Prägung hält man es gut allein aus. Barry hat sein Leben, ich meines. Ich kenne drei Voraussetzungen für funktionierende Beziehungen: Man muss den Respekt für einander wahren, sich Raum geben und alles sein lassen, was einen für Dritte erpressbar macht. Ich habe Barry nie einen Mann verschwiegen, mit dem ich etwas hatte. kleider zahlten, gründete ich meine Firma 1997 neu. Ich war die Frau, die fallengelassen wurde, um dann von den Töchtern ihrer ersten Kundinnen wiederentdeckt zu werden. Die große Konstante Ihres Lebens ist der milliardenschwere Medientycoon Barry Diller, früher Boss von Fox und Besitzer einer hundert Millionen Dollar teuren Segelyacht. »Schönheits-OP? Ich sähe nur wie eine 66-Jährige aus, die auf 55 macht« stehen, ein irrelevante Figur von gestern zu sein. Für einen kompetitiven Menschen wie mich war das äußerst schmerzhaft. Ihr Wiederaufstieg verdankt sich einer schönen Pointe: Sie, die divenhafte Jetset-Prinzessin mit französischem Akzent, wurden Pionierin im Teleshopping. Als ich in die Studios des Senders QVC kam, um mir ein Bild von diesem Business zu machen, verkaufte eine Soap-Darstellerin vor den Kameras gerade Haarpflegeprodukte. In weniger als 60 Minuten machte sie 600 000 Dollar Umsatz. Das war ein schlagendes Argument, es selber zu probieren. Bei meinem Debüt im November 1992 war meine Kollektion sofort ausverkauft. In zwei Stunden hatte ich 1,3 Millionen Dollar umgesetzt. Bei einer Folgesendung verkaufte ich 2000 Seidenhosen in weniger als zwei Minuten. Dieser Thrill gab mir mein Selbstvertrauen zurück. Ende der Neunziger verkauften Sie wieder Luxusmode. Als ich merkte, dass junge, moderne Frauen wie Gwyneth Paltrow und Uma Thurman in Vintage-Läden horrende Summen für meine alten Wickel- Sie führen seit Ihrer Jugend Tagebuch. Werden Sie die Aufzeichnungen über Ihre Jahre als »Diane the Huntress« veröffentlichen? Mein Agent Andrew Wylie drängt mich dazu, aber ich werde die Entscheidung meinen Kindern überlassen. Mein Eindruck ist, dass nur meine frühen Eintragungen lesenswert sind. Man lernt, dass Schmerz und Frustration Treib- Als wir uns 1975 ineinander verliebten, war Barry gerade mit 33 Jahren Boss des Filmstudios Paramount geworden. Er chauffierte mich mit seinem gelben Jaguar E vom Flughafen zu seiner Villa in Beverly Hills. Hinter uns fuhr eine Limousine mit meinem Gepäck. An meinem 29. Geburtstag übereichte er mir eine Heftpflasterschachtel. Als ich sie öffnete, funkelten mir 29 lose Diamanten entgegen. Später gab es andere Männer in meinem Leben, aber das hat Barrys Liebe nicht kleiner gemacht. Auch als wir schon 20 Jahre kein Paar mehr waren, haben wir immer noch fünf bis sechs Mal am Tag telefoniert und sind zusammen verreist. Es gab bis heute keine Sekunde, in der er nicht für mich da war. Sie sagen, Sie seien nicht für eine Ehe gemacht. Warum haben Sie Diller 2001 geheiratet? Weil er 26 Jahre lang auf mich gewartet hat. Als ich meiner Mutter erzählte, dass ich Barry heiraten will, sagte sie: »Er verdient es.« Und das tat er wirklich. Dennoch dauerte es ein Jahr, bis Ihnen die Formulierung »mein Mann« über die Lippen kam. stoff einer Karriere sein können. Ohne frühes Leid geht Ihnen irgendwann der Sprit aus. Die Notizen aus den letzten 20 Jahren sind wohl nur für mich von Belang. Je ausgesöhnter der Geisteszustand, desto langweiliger die Tagebücher. Sie sind 66 Jahre alt. Wie denken Sie über plastische Chirurgie? Schauen Sie sich die tiefen Falten in meinem Gesicht an. Ich sehe vielleicht noch nicht aus wie Louise Bourgeois, aber ich kann nicht vortäuschen, auch nur eine halbe Stunde jünger zu sein, als ich bin. Vor einiger Zeit habe ich mir beim Skifahren das Gesicht verletzt. Meine Freundinnen sagten: »Diane, dies ist der ideale Moment, dein Gesicht glätten zu lassen. So hätte dein Unfall wenigstens etwas Gutes.« Hätte ich den Rat befolgt, würde ich jetzt wie eine 66-Jährige aussehen, die auf 55 macht. Würde Sie das antörnen? Falten sind Souvenirs, der Beweis, dass man überlebt hat. Deshalb sollte man jede einzelne willkommen heißen. Natürlich hat das Alter seine bösen Momente, wenn man sich eingestehen muss, dass Gedächtnis und Sehkraft nachlassen und die Knie schrumpelig werden. Aber die Alternative wäre, tot zu sein. 1994 bekam ich Zungenkrebs und musste acht Wochen lang bestrahlt werden. Wenn man mit 47 Jahren plötzlich in Todesgefahr ist, ändert sich die Perspektive aufs Leben. Aus »Mein Gott, du bist schon 47!« wird »Mein Gott, du bist erst 47!« Heute sage ich mir, ich bin im Frühherbst meines Lebens. Ihre Person ist der Kern Ihres Markenimages. Was wird passieren … … wenn ich am Ende dieses Gesprächs tot vom Stuhl kippe, meinen Sie? Ich bin dabei, meine Firma für diesen Fall vorzubereiten. Die Marke Diane von Fürstenberg soll nicht länger von mir handeln, sondern von den Werten, die ich repräsentiere. Und die lauten in einem Satz zusammengefasst: Eine Frau kann ein Männerleben führen und dabei eine Frau bleiben – feiert diese Freiheit! Wenn Sie auf Ihr Leben zurückschauen, was war Ihr größter Triumph? Etwas, was Sie vielleicht wenig beeindrucken wird. Als Barack Obama Präsident wurde, verschickte seine Frau zu Weihnachten eine offizielle Grußkarte. Auf dem Foto trug sie das erste Kleid, das ich in meinem Leben entworfen habe. Mit 22 hatte ich es selber getragen, mit 62 habe ich es neu aufgelegt. Ich sagte mir: Erst warst du eine Jetset-Prinzessin, die Aufstieg und Fall ihres Modelabels verantwortet hat, dann ein Comeback-Kid, und jetzt trägt die First Lady dein erstes Kleid. Deine Mutter wäre in diesem Augenblick sehr, sehr stolz auf dich. Als Diane von Fürstenberg bemerkte, wie S VEN M I CHAEL S EN ihre ebenso zahlreichen wie auffällig großen Ringe musterte, sagte sie: »Ich liebe Schmuck, der wie eine Waffe wirkt. Wenn ich mich von einem Mann trenne, kaufe ich mir jedes Mal einen Ring.« Feiern Sie 40 Jahre TOGO mit unserer Jubiläumsaktion. Vom 02.04. – 29.06.2013. www.ligne-roset.de Fotos: BFA (1) Haben Sie je Liebesschmerz empfunden, von dem Sie dachten, er bringt Sie um? ligne roset Im Palais am Lenbachplatz 4 80333 München Tel. 089 55 02 80 82 schönes geSchichte Kein Mixen, kein Schütteln, kein Rühren: Für diese Drinks reicht eine ruhige Hand – und die Kenntnis des spezifischen Gewichts von Spirituosen Va n G o gh S avoy Grenadine-Sirup Crème de Menthe grün Kümmel Cognac Crème de Cacao Bénédictine Cognac Von Stefan Gabányi | F o t o s : Q i u Ya n g Die Bastler unter den Mixologen amüsieren sich derzeit mit der Wiederbelebung der Pousse-cafés, auch Layers oder Schichtcocktails genannt. Diese Parade-Digestifs der Nierentisch-Ära erfordern einiges an Geschicklichkeit, vor allem aber das Wissen um die spezifischen Gewichte diverser Spirituosen, Sirups und Liköre, die vorsichtig über einen Löffelrücken ins Glas gegossen werden. Geduldige Tüftler schaffen sechs, sieben Schichten und versenken sogar noch ein Eigelb im Glas. Beim »Knickebein« etwa, dem wohl ältesten Rezept dieser Gattung, das sich im 19. Jahrhundert in Jenaer Studentenkreisen großen Zuspruchs erfreute, wird das Eigelb auf einer Schicht Kirschlikör platziert, gefolgt von Vanillelikör und Cognac – ein dekonstruierter Eier- | S TY L IN G : AN D R E W NI C H O L L S likör quasi, aromatisch durchaus stimmig, ganz im Gegensatz zu jenen Pousse-cafés, die in den USA der Prä-Prohibitionszeit und dann wieder im Nachkriegsdeutschland Furore machten. Doch auch bei der neuen Generation geht es weniger um Geschmackserlebnisse als um den optischen Reiz – oder glaubt jemand, dass ein »Baseball« aus Himbeergeist, Crème de Cassis, rotem Curaçao, gelbem und grünem Chartreuse, Veilchenlikör, Kümmel und Cognac etwas anderes verspricht als Kopfschmerzen? Wer zu viel davon erwischt, gönnt sich einen »Thunderbolt«, der alles enthält, was gegen Kater helfen soll: grüne Crème de Menthe, Eigelb, Cayennepfeffer, Cognac und Worchestershiresauce – ex und hopp. Süddeutsche Zeitung Magazin 19 R a i n b ow Himbeersirup Crème de Menthe grün Orange Curaçao Kümmel Cognac S ta rs & S t r i p e s Crème de Cassis Maraschino Chartreuse verte ABC Amaretto Baileys Cointreau 20 Süddeutsche Zeitung Magazin Fast niemand braucht die Feststelltaste auf der Tastatur. Aber ständig bleiben wir aus VersehEN DRAN HÄNGen. Warum schafft niemand das Ding ab? 22 Süddeutsche Zeitung Magazin vor Jahren ein Blog namens »Capsoff« gestartet, in dem er die Hersteller von Tastaturen dazu auffordert, die Taste endlich zu entfernen oder umzuwidmen. Die Feststelltaste sei wie ein Kieselstein im Schuh: Man könne schon irgendwie damit leben, aber unterschwellig nerve sie ständig, und das seit Jahrzehnten. Tausende begeisterte Mails überschütteten Hintjens, die Website quoll über mit Vorschlägen, wie man die hoffentlich bald frei werdende Taste künftig nutzen könnte: als größere und besser erreichbare »Strg«-Taste. Als zweite »Enter«-Taste. Als »Backspace« auf der linken Seite. Passiert ist daraufhin von Seiten der Hersteller: nichts. Was hindert sie, das Ding endlich zu entfernen oder wenigstens seine Funktion zu ändern? Der verantwortliche Produktmanager des deutschen Tastaturherstellers Cherry erklärt es mit der Macht der Gewohnheit: Die kleinste Änderung am Aussehen der Tastatur würde mehr Kunden abschrecken als neue anziehen. Er selbst habe die Taste einfach abgeschaltet. Christian Sandmeier, der zuständige Produktmanager bei Fujitsu, gibt zu, den Sinn der Taste auch nicht ganz zu begreifen – aber eine Abweichung käme einer Revolution gleich. Auch bei Microsoft heißt es: »Das Standard-Layout hat sich bewährt, es gibt keine Pläne, davon abzuweichen.« Die Wissenschaft kennt dieses Phänomen unter dem Begriff der Pfadabhängigkeit. Entscheidet man sich für eine von mehreren möglichen Alternativen, entwickelt diese Entscheidung einen eigenen Selbsterhaltungstrieb. Tatsächlich gilt die ganze Idee der QWERTY-Tastatur als Paradebeispiel dieser Theorie: In den Schubladen der Forschung liegen längst alternative Entwürfe für Tastaturen, die bequemer zu bedienen wären, auf einigen könnte man sogar mit fünf Fingern tippen, doch kein Hersteller will seinen Kunden die Umgewöhnung zumuten. Bleibt also nur, die nervige Taste selbst umzuprogrammieren. Oder man macht es wie die Kollegen von Christian Sandmeier bei Fujitsu: Viele von denen, sagt er, hebelten die Feststelltaste einfach mit einem Lineal aus der Tastatur. Jan Stremmel Illustration: Tim Lahan zum Verdrücktwerden Als Christopher Sholes im Jahr 1890 starb, hinterließ er der Welt eines der nervigsten kleinen Ärgernisse des Alltags. Dieses Ärgernis liegt auf einer Computertastatur links neben dem »A«: die Feststelltaste. Einmal kurz gedrückt, und die Tastatur spuckt nur Großbuchstaben aus. Das passiert aber fast nie absichtlich, sondern nur deshalb, weil man das »A« versehentlich zu weit links erwischt hat. E-Mails beginnt man mit »Sehr geehrte HAUSVERW…«, statt einer Telefonnummer notiert man =()«!(§)%«! – wenn man nicht schon beim Hochfahren des Computers an der Passwort-Eingabe gescheitert ist. Dabei meinte der Erfinder es nur gut mit der Welt. Sholes entwickelte die bis heute übliche QWERTY-Tastatur, die den Sinn hatte, häufig aufei nanderfolgende Buchstaben wie im Englischen das »t«, »h« und »e« auseinanderzulegen, damit sich die Typenhebel der mechanischen Schreibmaschine nicht verhaken. Absolut praktisch, keine Frage, und auch die Feststelltaste hatte damals einen noblen Zweck: Wollte man »DRINGEND« statt »dringend« tippen, sorgte die Taste dafür, dass man nicht quälende acht Anschläge lang die schwergängige Umschalttaste pressen musste. Die kleinen Finger ganzer Generationen von Schreibmaschinen-Nutzern konnten Sholes dankbar sein. Doch warum liegt die Taste heute, mehr als dreißig Jahre nach Erfindung des PCs, noch immer so prominent auf jeder Tastatur? Ihren ursprünglichen Zweck der Muskelschonung hat sie ja verloren. Ausgerechnet in einer hyperschnellen Branche wie der IT, die sich Jahr für Jahr exponentiell weiterentwickelt und optimiert, hat sich mit der Feststelltaste ein Anachronismus erhalten, der seine einzige Berechtigung in der Technik des vorvergangenen Jahrhunderts hat. Natürlich gibt es drängendere Probleme. Doch dass viele Menschen von der Taste genervt sind, zeigt die Tatsache, dass es im Netz Dutzende kleiner Programme gibt, die allein dazu geschrieben wurden, die sogenannte »Caps Lock«-Taste zu deaktivieren. Das erklärt auch den Erfolg der Website von Pieter Hintjens. Der belgische Software-Entwickler hat DEUTSCHLAND: AGENTEN PLZ 0/1/2/3/4/5 HANDELSAGENTUR STOLLENWERK TEL. 0221 - 2828259 FAX 0221 - 2826711 PLZ 6/7/8/9 HANDELSAGENTUR RIEXINGER TEL. 07121 - 325953 FAX 07121 - 3259545 SITZSYSTEM POWELL DESIGN RODOLFO DORDONI www.minotti.com zurück zu dir Die eine wächst mit liebevollen Eltern auf und wird Golfprofi. Die andere leidet fast ihr ganzes Leben unter einem gewalttätigen Vater und einer selbstsüchtigen Mutter. Dann, mit Ende 50, finden sie heraus, dass sie Schwestern sind, Zwillingsschwestern. Die Geschichte einer langen Suche Von christoph Cadenbach | F oto s: k at e p e t e r s A Als sie sich nach 59 Jahren schließlich gegenüberstehen, in der Lobby des »Holiday Inn« in Newcastle, müssen sie nicht mehr reden. Sie erkennen sich ohne ein Wort und schließen sich in die Arme. Es fühlt sich an wie die angenehme innere Leere nach einem Marathonlauf: keine Aufgabe mehr, kein Ziel. Bloß Genugtuung, für kurze Zeit zumindest. Wenn Jenny Lee Smith und Helen Edwards von diesem Moment erzählen, schauen sie sich noch heute, fünf Jahre später, ziemlich glücksbeduselt an. Ihre Geschichte klingt wie ein Rosamunde-Pilcher-Roman: zwei Mädchen, die in den Fünfzigerjahren im rauen Norden Englands aufwachsen, die eine bei liebevollen Eltern, die andere bei einer selbstsüchtigen Mutter und einem Vater, der sie schlägt. Ihre Leben könnten kaum unterschiedlicher verlaufen – bis sie nach mehr als fünfzig Jahren plötzlich herausfinden, dass sie Schwestern sind, Zwillings24 Süddeutsche Zeitung Magazin schwestern sogar, da sind sich Jenny und Helen sicher. An einem Samstag Mitte April sitzen die beiden in Jennys Esszimmer: zwei Frauen Anfang sechzig, schlank und fit und gut gelaunt wie Silver Ager aus der Werbung. Helen ist übers Wochenende mit ihrem Mann zu Besuch. Im Fernsehen läuft Pferderennen, durch das Fenster scheinen die ers ten warmen Sonnenstrahlen dieses Frühlings und erhellen zusätzlich die Stimmung im Raum. Es war nicht ganz leicht, Jennys Haus zu finden, weil es versteckt hinter mauerhohen Rhododendronbüschen liegt, am Rand einer kleinen Stadt in der sehr grünen, sehr idyllischen Grafschaft Kent südlich von London. Es ist ein großzügiges Anwesen mit klassischer dunkler Klinkerfassade. Jenny hat Karriere als Golfprofi gemacht. Sie war 1976 die erste Gewinnerin der British Open im Frauengolf und ist danach durch die USA getourt; noch so ein Detail wie aus einem kitschigen Roman. >> Die Schwestern Jenny (links) und Helen mussten Detektivarbeit leisten, um ihre gemeinsamen Wurzeln zu entdecken. Heute treffen sie sich oft – zum Beispiel in Jennys herrschaftlichem Garten. Süddeutsche Zeitung Magazin 25 26 Süddeutsche Zeitung Magazin Jenny (links) hat Karriere als Golfprofi gemacht, Helen arbeitet heute als Psychotherapeutin. Jenny mit 6. An den Wochenenden durfte sie reiten und Golf spielen. Helen mit 6. Ihren Eltern ist sie damals lieber aus dem Weg gegangen. Fotos: Kate Peters / Institute; alte Fotos S. 26/27: privat »Als Dreijährige«, erzählt sie, »bin ich zum ersten Mal auf einem Golfplatz gestanden. Mein Vater hat mir damals einen Holzschläger zurechtgesägt, damit ich den Ball überhaupt treffen konnte.« Jenny ist als Einzelkind aufgewachsen. Ihr Vater arbeitete als Geschäftsmann, ihre Mutter war Friseurin. Die Familie hatte ein Haus in Newcastle und eine Ferienhütte am Strand, gleich daneben lag ein Golfplatz, so ist sie zu dem Sport gekommen. »Wir waren nicht reich«, sagt sie, »aber meine Eltern haben mich geliebt und mir vieles ermöglicht.« Mit 14 hat sie dann erfahren, dass sie adoptiert wurde. »Es war purer Zufall«, sagt sie. »Ich habe mit einer Cousine gestritten, als die plötzlich meinte: ›Was willst du eigentlich? Du gehörst gar nicht zur Familie! Deine Mama ist nicht deine echte Mama!‹ Ich war natürlich total geschockt und habe meine Mutter auf dem Heimweg darauf angesprochen. Sie sagte, dass es stimme, wollte mir aber nichts von meinen leiblichen Eltern erzählen. ›Wir sind deine Eltern, wir lieben dich‹, meinte sie nur.« Damit begann für Jenny die komplizierte Suche nach ihren Wurzeln, bei der sie vorgehen musste wie ein Detektiv. Helen dagegen ist in schwierigeren Verhältnissen groß geworden. In den Geschichten aus ihrer Kindheit riecht es nach Kohlenstaub. Auch ihre Eltern haben in Newcastle gelebt, in einer Siedlung für Minenarbeiter. Ihr Vater Tommy hatte ein unbeherrschtes Temperament. »In einem Moment ist er mit meiner Mutter durch die Wohnung getanzt, im nächsten haben sie sich angeschrien, dann hat er sie geschlagen – und wenn ich im Weg stand, hat er auch mir eine geknallt und mir dann noch die Schuld gegeben: ›Was stehst du hier auch so dumm rum!‹ Das war das Schlimmste daran«, sagt Helen. Von ihrer Mutter Mercia konnte sie keine Hilfe erwarten. »Die war genauso schlimm«, sagt sie. »Als ich fünf war, habe ich mir auf dem Pausenhof den Knöchel gebrochen, und meine Mutter musste mich ins Krankenhaus bringen. Sie hat mich getragen, weil ich nicht auftreten konnte – und sich den ganzen Weg nur beschwert, wie anstrengend das sei und dass ich ihr jetzt den Tag versaut hätte.« Helen kann viele solche Episoden erzählen: wie ihre Eltern mit ihr nach Südafrika ausgewandert sind, wo ihr Vater Tommy mit einem Strick um den Hals einmal so getan hat, als hätte er sich erhängt. Als er sieht, wie Helen erschrickt, lacht er sie nur aus. Ein paar Jahre später, 1971, stirbt er dann tatsächlich an einem Herzinfarkt. Helen, inzwischen 21 Jahre alt, verheiratet und Mutter, geht zurück nach England, weil sie nicht will, dass ihr Kind in dem rassistischen ApartheidRegime aufwächst. Ihre Mutter Mercia folgt ihr und zieht bei ihr ein. Es dauert bis 1981, bis Jenny herausfindet, dass diese Mercia auch ihre leibliche Mutter ist. Kurz zuvor hatte die britische Regierung ein Gesetz geändert, das es adoptierten Kindern nun erlaubt, ihre Geburtsurkunde einzusehen. Unter dem Punkt »Mutter« steht darin der Name »Mercia Dick«, ein Vater ist nicht verzeichnet, aber eine Adresse, zu der Jenny fährt. Doch Mercia ist weggezogen, Jenny trifft nur eine Schwester von ihr – ihre Tante also. »Und als ich ihr erzählt habe, wer ich bin, hat sie mich plötzlich umarmt und geküsst und vor Freude geweint: ›Wir wussten immer, dass du irgendwann zurückkommst!‹, hat sie gesagt und dann Mercia angerufen, um auch ihr die Neuigkeiten zu erzählen, aber die hat nur entgegnet: Das habe doch alles keinen Sinn, ich solle besser verschwinden.« Jenny, das Adoptivkind, wird ein zweites Mal von ihrer leiblichen Mutter zurückgewiesen. Doch sie gibt nicht auf. In Telefonbüchern und Adresslisten sucht sie nach dem Namen ihrer Mutter. Ohne Erfolg. Dann geht die Golfsaison wieder los, Jenny tourt durch Europa, sie ist eine der erfolgreichsten Spielerinnen dieser Zeit und wird von der Queen in den Buckingham Palace eingeladen. Sie heiratet, bekommt Kinder, die Jahre vergehen. Ende der Neunziger zieht sie mit ihrer Familie nach Florida in die USA. »Ich dachte, ich würde Mercia ohnehin nie finden«, sagt sie. Doch ihre Cousine Wendy, die ihr bei der Suche hilft, will nicht aufgeben und hat schließlich eine Idee, die die Wende bringt: Im Verwaltungszentrum von Newcastle sucht sie nach alten Heiratsurkunden – und entdeckt ein Dokument, auf dem verzeich- net ist, dass eine Mercia Dick 1951 einen gewissen Tommy Lumsden geheiratet hat. Der Name von Jennys Mutter lautet mittlerweile also Mercia Lumsden. Über das Wahlregister findet Jenny die Adresse heraus und schreibt ihr einen Brief. Auf den ersten bekommt sie keine Antwort, auf den zweiten nur eine kurze Nachricht: »Hör auf, eine alte, kranke Frau zu belästigen. Leb einfach dein Leben.« 2003 fährt Jenny trotzdem zu der Adresse und klingelt an Mercias Tür. »Als sie meinen Namen hörte, fing sie an zu weinen«, erzählt Jenny. »Es tue ihr so leid, hat sie gesagt: ›Ich hatte kein Geld damals, es war kurz nach dem Krieg, bitte vergib mir!‹ Aber ich wollte gar keine Entschuldigung von ihr. Ich wollte sie nur kennenlernen.« Die beiden reden ein paar Stunden, dann bittet Mercia Jenny zu gehen. »Meine Tochter Helen kommt jeden Moment nach Hause«, sagt Mercia. »Die darf dich nicht sehen, sie weiß nichts von dir.« Es dauert ein wenig, bis Jenny begreift, was das bedeutet: dass sie eine Schwester hat, eine Halbschwester zumindest. »Leider wollte mir meine Mutter aber nichts von Helen verraten«, sagt Jenny. 2004 stirbt Mercia und nimmt das Ge heimnis mit ins Grab. Jenny, die 2005 mit ihrer Familie zurück nach England zieht, bekommt aber doch noch heraus, wer diese Helen ist, über ein Online-Netzwerk, mit dem man Angehörige finden kann. Sie schreibt Helen eine E-Mail – und 2007 fallen sie sich schließlich in der Lobby des »Holiday Inn« in Newcastle in die Arme. Im Esszimmer in Jennys Haus in Kent wird es für einen Moment still. Die beiden Schwestern haben ihre Geschichte schon öfter erzählt; sie haben sogar ein Buch darüber geschrieben (My Secret Sister, Pan Macmillan), das in England zurzeit auf den Bestsellerlisten steht; sie wissen, wann man eine atmosphärische Pause setzen muss, um die Spannung noch einmal anzuschieben. »Aber von Anfang an hatten Jenny und ich das Gefühl, dass wir vielleicht mehr sind als nur Halbschwestern«, sagt Helen dann. »Es gab so viele Gemeinsamkeiten: Wir haben den gleichen Geschmack, die gleichen Allergien, die gleichen Krankheiten gehabt.« Wie zum Beweis halten sie ihre Zeigefinger vor, die ähnlich krumm sind. Ein paar Monate nach ihrem ersten Treffen entschließen sie sich, einen DNA-Test zu machen. Helen hat mittlerweile herausgefunden, dass ein gewisser Wilfred Harrison Jennys leiblicher Vater ist. Der Name stand in der Scheidungsurkunde von Mercia. Dieser Wilfred war wohl der Grund dafür, dass sie sich von ihrem ersten Mann Helen (vorne l.) wurde noch als Zweijährige in Babykleidung gesteckt, damit niemand bemerkt, dass sie schon älter ist. Mercia mit 21. Jenny und Helen vermuten, dass sie depressiv war, weil sie drei Kinder weggegeben hatte. George Dick getrennt hat. Die letzte noch lebende Verwandte aus dieser Zeit bestätigt Helens Theorie: Wilfred ist Jennys Vater, Mercia hatte eine Affäre mit ihm. Das Ergebnis des DNA-Tests erschüttert Helen dann: Denn es besagt, dass sie mit einer Sicherheit von 99,97 Prozent Jennys Schwester ist, das heißt, die beiden haben nicht nur die gleiche Mutter, sondern auch den gleichen Vater. »Plötzlich war mir klar, warum Tommy mich all die Jahre so mies behandeln konnte«, sagt Helen: »Er war gar nicht mein richtiger Vater.« Nach weiteren Recherchen im Krankenhaus von Newcastle, wo sie die medizinischen Unterlagen von Mercia ausfindig machen konnten, sind sich Helen und Jenny heute sicher, dass es sich damals folgendermaßen abgespielt hat: Mercia ist 1948 nach einer Affäre mit Wilfred Harrison schwanger geworden. Sie hatte schon zuvor drei Kinder von zwei verschiedenen Männern bekommen und zwei davon zur Adoption freigegeben. Ein Sohn – Helens großer Bruder George – lebte bei ihr und ihrem damaligen Freund Tommy Lumsden. Für die Geburt ist Mercia dann in ein Heim für unverheiratete Frauen gegangen. Dort hat sie im Dezember 1948 Zwillinge bekommen, die sie sechs Wochen lang gestillt hat. Ein Kind, Jenny, hat sie danach weggegeben, das andere, Helen, mit zu Tommy genommen. Hundertprozentig beweisen lässt sich diese Theorie nicht. Aber es gebe viele Indizien, sagt Helen: In Mercias medizinischen Unterlagen ist nach 1948 keine weitere Geburt vermerkt, dabei soll Helen eigentlich erst 1950 zur Welt gekommen sein. Es gibt auch kein Foto, das Helen als Baby zeigt. Und der Arzt, der 1948 dabei war, hat die Geburt in den Dokumenten als »kompliziert« beschrieben. »Unsere Mutter hat drei Kinder weggegeben«, sagt Helen. »Sie war deswegen vermutlich ihr ganzes Leben lang depressiv und hat uns angelogen. Warum nicht auch in diesem Punkt?« Die Frage am Ende ist: Macht es überhaupt einen Unterschied, ob sie nun Zwillinge oder nur Schwestern sind? »Nein«, sagt Jenny. »Ja«, sagt Helen. »Ich wäre dann zwei Jahre älter.« Die Geschichte von Jenny und Helen hat C h r i s t o p h C a d e n b a c h an die berühmten Zwillinge Jim Lewis und Jim Springer erinnert, die auch kurz nach der Geburt getrennt wurden und sich erst 39 Jahre später zum ersten Mal begegneten. Als sie sich trafen, wogen beide 82 Kilo, fuhren das gleiche Auto, rauchten die gleichen Zigaretten, und hatten eine Frau namens Betty. Süddeutsche Zeitung Magazin 27 glückwunsch, altes haus! Der Münchner BMW-Vierzylinder wird vierzig und lässt mit seinem Retro-Look heute noch manche Neubauten alt aussehen E Vo n g e r h a r d m at z i g Draußen reifenrunde Gehwegplatten, drinnen organisch geschwungene Treppengeländer – selbst die Sitzgruppe im Foyer (links) und der Speiseraum des Vorstandes (rechts) folgen konsequent der Diktatur des Kreises. Lediglich das Großraumbüro gibt sich etwas kantiger. Es gibt Internetforen, in denen darüber nachgedacht wird, was BMW außer Bayerische Motoren Werke sonst noch heißen könnte. Einer meint, die drei Buchstaben stünden für »Bring mich Werkstatt«. Ein anderer erwidert, nö, das heiße »Bei Mercedes weggeworfen«. Zum Glück ist das Unsinn. Wer schon mal in München vor dem markanten Hochhaus stand, das am 18. Mai 1973 eröffnet wurde, weiß es: BMW = Baut mehr Wunder! Das ist die Botschaft dieses Gebäudes, das auch selbst ein Wunder ist. Nicht nur eines der Konstruktion – wobei wir die genialische Hängebauweise hier nur an satzweise rühmen können: Alle 22 Ge schosse hängen an einem gewaltigen Betonschaft, sie wurden am Boden vor Süddeutsche Zeitung Magazin 29 30 Süddeutsche Zeitung Magazin Fotos: BMW Group Archiv So schnell kann’s gehen: Bereits vier Monate nach Baubeginn war der Gebäudekern auf seine volle Höhe von 100 Metern hochgezogen. Die oberen Stockwerke – am Boden vormontiert und hydraulisch in den Himmel gestemmt – waren ein Jahr später fertig: ein Wunder der Ingenieurskunst und bis heute auch im Inneren (rechts: Museum, oben: Warteraum für Vorstandsgäste) ungeschlagen modern. montiert und dann hydraulisch in die Höhe gestemmt. Das Verfahren erwies sich als kos tengünstig, schnell und stellt insofern eine extreme Abart des heutigen Bauens dar. Siehe Elbphilharmonie, Berlin-Flughafen oder Stuttgart 21. Doch abseits der Ingenieursbegeiste rung: Der Bau ist auch ein Ästhetik-Wunder, dank einer Fassadensprache, die man immer noch nicht satthat. Was ein großer Unterschied ist zu so manchem einst modischen, mittlerweile ermüdenden »Signature Building« zwischen Bollingstedt und Böblingen. Am schönsten aber an diesem Bau, den der Wiener Architekt Karl Schwanzer ersonnen und mit Hilfe des schalenartigen BMW-Museums da neben zu einem geradezu Brasília-haften En semble arrangiert hat, ist, dass er von einer Zeit kündet, die noch an Wunder glauben mochte. Der aus vier zylindrischen Körpern geformte Turm ist gebauter Utopismus. Ein hundert Höhenmeter Zukunftslust. Man muss kein rasender Mobilist sein, um diese einzigartige Immobilie zu lieben, die zu den wenigen Baudenkmalen der Münchner Nachkriegsmoderne zählt. Doch sollte man auch die etwas poetisierende PR-Mitteilung kennen, die am 25. Mai 1973, also eine Woche nach der Eröffnung, in aller Bierruhe von BMW verschickt wurde. Darin heißt es: Der Turm »signalisiert technischen Fortschritt und zeugt von der Aufgeschlossenheit der Erbauer unserer Zeit und ihrer unbegrenzten Möglich keiten«. Unbegrenzte Möglichkeiten: Ach ja, das ist ein Märchen aus jener Zeit, da auch die Ressourcen noch nicht so begrenzt schienen wie heute. Liebe, tüchtige BMWler: Baut mehr Öko-Wunder. Gern auch auf vier Rädern, okay? Nebenan übrigens, wo Wolf D. Prix von Coop Himmelb(l)au als Schüler von Karl Schwanzer die BMW-Welt vor einigen Jahren als Mischung aus Barock-’n’-Roll-Hall-of-Fame und Autoabhol-Zentrum errichtet hat, musste eine Rampe extra »entschleunigt« werden. Auf dieser Rampe werden die zuvor ausgehän digten neuen BMWs von stolzen Besitzern ins Leben chauffiert. Man hatte Angst, dass in emotional überreizter Stimmung die eine oder andere Kurve nicht mehr zu schaffen sei. Aber selbst wenn das nun gelingt: Draußen stehen sie dann oft vor dem Vierzylinder. Und staunen. Und stehen. Jemanden im Geschwin digkeitsrausch zum Stillstand zu bewegen: Ein größeres Kompliment kann einem immobilen Vierzylinder nicht gemacht werden. Danke, altes Haus, du bist die Zukunft. g e r h a r d m a t z i g , Baujahr 1963, liebt den BMW-Turm schon deshalb, weil dessen Design im Gegensatz zur Ästhetik der BMW-Flotte nicht alle fünf Jahre neu erfunden wird. Küssen kann man nicht alleine. http://www.friendscout24.de Deutschlands Partnerportal Nr. 1 • Finde Lebenspartner, Flirts und Abenteuer • Mehr als 1 Million aktiv Partnersuchende im Monat • Mehr Sicherheit durch geprüfte Profile • Finde Singles ganz in Deiner Nähe SonnenSchein79 Welteroberer_38 Findet Euch! Kostenlos losflirten auf www.friendscout24.de 50 shades of grey Isle of Bute Show in Schottland: Wer seinen Hund liebt, teilt alles mit ihm – sogar den Friseur. fotoS: Arnhel De serr a In England ist der Himmel sogar im Sommer grau – aber die Leute machen was draus. Unterwegs zu den schönsten Freiluftveranstaltungen der Insel Süddeutsche Zeitung Magazin 33 Links Britisches Essen mögen nur Briten? Von wegen. Rechts oben Könnte eine Modenschau für ThermoUnterwäsche sein, ist aber traditionelles Wrestling. Rechts Konzentriert bei der Arbeit – eine Jurorin des Backwettbewerbs auf der New Forest & Hampshire County Show. Unten Auf der Great Yorkshire Show geht es zu wie bei uns auf dem Tennisplatz: Papa ist besonders eifrig bei der Sache. Oben Eine Gartenschau ohne Blumen gibt’s nicht, manche Gäste gehen trotzdem auf Nummer sicher. Rechts Die JagdhundeSchau in Peterborough gibt es seit 1878. Verändert hat sich seitdem: nichts. Links Trittin und GöringEckardt? Nein, doch nicht. Unten Ganz viele Oldtimer auf der East of England Show – zwei davon essen. Oben Die Landluft von Hampshire hat ihr erstes Opfer gefunden. Rechts Der Python kommt aus Burma, das Mädchen aus der Grafschaft Berkshire – der örtliche Reptilienclub macht’s möglich. Unten Ein Angorahäschen wird für den Schönheitswettbewerb in Surrey geföhnt. Oben Auf der Royal Cornwall Show kann ein Mann noch Hut tragen, ohne doof auszusehen. Mitte Zwei Jäger demonstrieren formvollendetes Anschleichen, der Rest schaut leise zu. Unten Bulle, der seinen Preis definitiv verdient hat. Unten Egal wo, egal wie, aber eine Teepause muss sein. J Oben Viel spannender als Drohnen: die menschliche Kanonenkugel Dave »The Bullet« Smith Jr. auf der Royal Norfolk Show. Unten Nicht die Kelly Family, sondern der Infostand des Wochenmagazins Country Life, das erstmals 1897 erschien. 38 Süddeutsche Zeitung Magazin ede Woche sendet BBC Radio 4 eine Dreiviertelstunde Gardeners’ Question Time: Amateur-Gärtner stellen ProfiGärtnern vor Publikum Gärtner-Fragen. Die Sendung gibt es seit 1947. In den Kategorien Leidenschaft, spezialistische Verästelung und Geheimsprache wird sie nicht einmal vom Seewetterbericht übertroffen. Derzeit läuft sie jeden Sonntagnachmittag, was insofern angemessen erscheint, als sie eine Art pantheistischer Gottesdienst ist. Schade nur, dass so viele Briten aus der Zielgruppe sie sommers um diese Zeit nicht hören können: Sie sind unterwegs, draußen, auf Gartenfestivals, Landwirtschaftsschauen und Gemüsewettbewerben. Nur in England finden sie auf derart erhebende Weise zusammen: die Liebe zur Landwirtschafts- und Gartenschau, die Neigung zu mildem Exhibitionismus und eine Form der Exzentrik, die nach kontinentalen Maßstäben als solider Irrsinn gelten muss. Die Liebe zur Landwirtschaftsschau ist dabei die größere Schwester der Liebe zum Gärtnern. Sechzig Prozent der Briten gaben in einer Umfrage aus dem Jahr 2010 an, in den vergangenen vier Wochen gegärtnert zu haben. Der Rest hatte vermutlich gerade keine Lust darauf, befragt zu werden. Oder zuletzt vor viereinhalb Wochen gegärtnert. Die Engländer würden sich selbst als gelassene, oft kühle Menschen des Nordens bezeichnen. Als zutiefst pragmatische und vollkommen normale Bewohner einer alles in allem recht hübschen Insel. Doch es gibt, das lässt sich ohne Übertreibung sagen, wohl keinen gelassenen, oft kühlen, zutiefst pragmatischen und vollkommen normalen Engländer, der nicht zugleich als bekloppt oder immerhin sonderlich beschrieben werden muss. Das macht die Bewohner dieser Insel zu einem der zivilisiertesten und liebenswertesten Völker des Erdballs. Der Übersichtlichkeit wegen soll hier nicht von den übrigen Bewohnern des Königreichs die Rede sein, von Walisern, Schotten und Nordiren. Es ist ja schon eine beinahe fahrlässige Verallgemeinerung, von »den Engländern« zu sprechen. Wer die Insel bereist, muss alle paar Meilen glauben, ein neues Land betreten zu haben, was schon allein an der Vielfalt der teils herrlich unverständlichen Akzente liegt. Wer die Insel bereist, begegnet der rauen Herzlichkeit C HR I S T I A N Z A S C H K E ist ein begnadeter Gärtner. Seine Tomaten sind berühmt, seine Auberginen berüchtigt. Schade nur, dass der London-Korrespondent der Süddeutschen Zeitung in einer Wohnung lebt, die zwar über undichte Fenster, aber weder über Garten noch Balkon verfügt. ONLINE SHOPPEN: SPORT-SCHUSTER.DE SPORTHAUS SCHUSTER MÜNCHEN – DIREKT AM MARIENPLATZ ROSENSTRASSE 3–5 Zeichen & Wunder, München Links Jaja, Landleben ist angesagt, vor allem bei den Städtern, und das kommt am Ende raus. des Nordens, der brummigen Freundlichkeit der Midlands und der amüsierten Herablassung des Südostens. Was jedoch allen eingeborenen Bewohnern der Insel gemein ist, ob sie an der schottischen Grenze großgeworden sind oder im Londoner East End, ist diese schwer zu fassende, kaum zu beschreibende, aber stets vorhandene »Englishness«. In einem ungenügenden Versuch ließe sich diese als einzigartige Mischung aus Stolz und Stoizismus, Wahnsinn und Verbindlichkeit umreißen, zu der sich bisweilen eine eigenwillige Kombination aus Verklemmtheit und Schamlosigkeit gesellt. Irgendwo dazwischen hat sich die Liebe zu einer besonderen Form des Gärtnerns angesiedelt. Der Autor Harry Mount schreibt in seinem scharfsinnigen und außerordentlich wunderbaren Buch How England made the English: »Eine Ader der Wärme und Wildheit der südlichen Völker läuft durch unsere Gärten.« Mag sein, dass in englischen Gärten das höfliche Niederringen der Natur als bestimmende, als gestaltende Kraft wirkt. Und doch sind es Wärme und Wildheit, die die unzähligen Gartenfestivals und Gemüsewettbewerbe bestimmen. Es wäre grundfalsch zu behaupten, dass all das eine Insel des pastoralen Idylls ergäbe. England ist ein Land, in dem in mit Spielhallen und Kettenschnellrestaurants verschandelten Seebädern höchstens 16 Jahre alte Mütter in handbreiten Röcken rauchend an der Strandpromenade herumlungern und ihre weinenden Babys anschreien: »Fuck you! Shut up!« Aber es ist ebenso ein Land, in dem auf ländlichen Zusammenkünften ältere Herren in Knickerbockern auf vollendet lächerliche und doch würdevolle Weise öffentlich durchs Gras robben. Es ist das Land, in dem ein wütender Mob aus Zorn über soziale Ungerechtigkeit und latenten Rassismus mal eben ein paar Londoner Stadtviertel in Flammen setzt und die Obrigkeit spüren lässt, wie dünn der Firnis der Ordnung in Wahrheit ist. Und zugleich das Land, in dem sich bis heute Menschen dafür entschuldigen, dass sie angerempelt wurden. Dass England noch immer eine Klassengesellschaft ist, lässt sich vielleicht am besten während der wenigen Monate beobachten, in denen auf einen milden Frühling mit gelegentlichem Niesel ein moderater Sommer mit gelegentlichem Niesel folgt. Jedes Jahr zwischen April und August begibt sich die englische Elite – zu der neben der alten Upperclass längst auch der Geldadel des Finanzplatzes in der Londoner City gehört – auf Sommertour. Zur »Englischen Saison« gehören verschiedene kulturelle und sportliche Veranstaltungen, darunter mehrere Pferderennen (u. a. Royal Ascot, Epsom Derby), die königliche Ruderregatta in Henley und das Opernfestival in Glyndebourne. Bei jeder dieser Veranstaltungen gilt ein strenger Dresscode. Das gemeine Volk wird, wenn überhaupt, am Rande des gesellschaftlichen Geschehens geduldet. Im Schatten dieser elitären findet die wahre Englische Saison statt. Sie besteht aus eben jenen Leistungsschauen, bei denen Hobbygärtner mit Kürbissen, groß wie pazifische Atolle, und langmähnigen Lauchstangen gegeneinander antreten. Sie besteht aus Picknicks, Straßenfesten, Haustierschauen, aus Gurkensandwiches und Gummistiefeln, und sie findet unbedingt im Freien statt, bei jedem Wetter. Der Autor Harry Mount schreibt: »Die Engländer sind nicht gut in makelloser, idealisierter Schönheit – ganz gleich, ob es um ihre Kleidung geht, ihre Kunst oder ihre Zähne. Ihre Sache ist vielmehr die Schönheit, die sich unaufgefordert aus offensichtlicher Vernachlässigung ergibt.« Besser lässt sich die Bodenständigkeit der Englischen Saison kaum beschreiben. Wer sie betrachtet, der blickt ins Innerste einer leidenschaftlichen, schönen Seele. Salewa statt Sauwetter. Sporthaus des Südens. Total verbohrt In Österreich buddelt ein Mann seit 50 Jahren einen Stollen in einen Berg hinein. Warum? Es ist sein Hobby. Von tin Fischer Fotos: PAUl kr anzler H ätte es damals, 1958, schon billige Kühlschränke gegeben, wäre Michael Altmann das alles nicht passiert. Am Fuße des Kürnbergs bei Linz wollte er eine Schenke eröffnen: ein paar Bierbänke, kühle Getränke. Also schlug er einen Lagerraum in den Sandstein, denn in so einer Kühlkammer steigt die Temperatur auch im Hochsommer nicht über neun Grad. Doch dann, als der Raum schließlich fertig war, buddelte Michael Altmann einfach weiter. Rund tausend Tonnen Sandstein hat er bis heute aus dem Kürnberg geschlagen, 180 Meter Stollen in mehr als fünfzig Jahren, anfangs nur mit einer Spitzhacke. »An guten Tagen kam ich etwa zwanzig Zentimeter weit«, erzählt er, während er durch den Raum führt, mit dem alles angefangen hat: etwa drei auf zwölf Meter groß, düster, feucht, muffige Luft. Altmann, mittlerweile 77, graues Haar, sieht man das Höhlengraben an: Seine Arme sind kräftig, sein Jeder Mann braucht ein Hobby Für Michael Altmann ist es das Graben – er konnte einfach nicht mehr damit aufhören. Ausgeleuchtet werden seine Stollen von einer Lichterkette, mit der man auch einen Weihnachtsbaum schmücken kann. Süddeutsche Zeitung Magazin 41 Oben: Manche Stollenwände sind mit obskuren Malereien versehen: Sterne, Urzeit-Monster, kirchliche Symbole. Rechts: Haifischzähne, die Altmann beim Graben gefunden hat. Bauch ist flach, sein Rücken gekrümmt. Im Dorf nennen ihn die Leute nur »den Muck.« Zunächst legte er sich damals noch einen Grund zurecht, warum er weitergraben wollte: Ein Rutengänger hatte ihm prophezeit, dass er auf Wasser stoßen werde. Einen Grund brauchte er: Die Schenke hat er nie eröffnet, weil ihm das Bezirksamt die Genehmigung versagt hat. Tagsüber fuhr Michael Altmann Taxi in Linz, abends grub er seinen Stollen: Pfeilgerade führt der Gang in die Tiefe, so steil wie eine Passstraße, nur fünfzig Zentimeter breit und einsfünfzig hoch. Die Wände hat Altmann mit Beton ausgekleidet, damit ihm die Decke nicht auf den Kopf fällt. Er grub auf eigenes Risiko. Eine Bewilligung brauchte er nicht. Das Bergbauamt sah Fälle wie seinen nicht vor und die örtliche Baubehörde interessiert sich nur für Bauten über dem Boden. 42 Süddeutsche Zeitung Magazin Wenn es gar nicht mehr weiterging, besorgte er sich Sprengstoff, sogenannten Donarit Den Schutt transportierte Altmann in den ersten Jahren mit der Schubkarre ab und verschenkte ihn an Häuslebauer. Wurde seine Spitzhacke stumpf, feuerte er einen kleinen Ofen an und legte die Spitze in die Glut, um sie anschließend wieder zu schärfen. Wenn es gar nicht mehr weiterging, besorgte er sich Sprengstoff, sogenannten Donarit, der im Bergbau verwendet wird – Altmann hatte bei der Feuerwehr die Sprengprüfung abgelegt und durfte den Sprengstoff deshalb kaufen. Michael Altmanns Leben teilte sich damals immer mehr in ein Unten und ein Oben. Oben, über der Erde, verlief es in den geregelten Bahnen einer Nachkriegsbiografie. Er trat der Feuerwehr bei, heiratete und übernahm mit seiner Frau 1965 ein Wirtshaus. Unten spielte der Kürnberg weiter sein Spiel mit ihm. Statt Wasser spuckte er Haifischzähne, Muscheln oder Knochen aus. Vor allem aber gab er Altmann das wohlige Gefühl von Sicherheit. Nie habe er Angst gehabt, wenn er allein und im schwachen Licht seiner Kerze gegraben habe, nie, sagt Altmann energisch, während er immer tiefer den engen Gang entlangführt. Im Gegenteil. Als 1962 der atomare Ernstfall drohte, habe er, Kriegskind, am Eingang zwei Stahltüren montiert und Rationen für 14 Tage angelegt. Der Stollen war fortan sein Bunker. Michael Altmann ist nicht der Einzige seiner Generation, den es in die Tiefe gezogen hat, der über Jahrzehnte einen Stollen ohne jeden Sinn und Zweck angelegt hat. Zur etwa gleichen Zeit grub ein junger Mann in der Schweiz hinter seinem Haus nach Wasser, fand welches, und hörte trotzdem nicht auf, sondern trieb einen Stollen von 220 Meter Länge ins Gestein; in London begann ein Mann unter seiner 20-Zimmer-Villa zu graben, bis sein Tunnelsystem die Statik der Nachbarhäuser gefährdete; und der amerikanische Künstler Ra Paulette lässt sich noch heute ziellos grabend durch Sandsteinberge treiben. »Psychoanalytisch lässt sich das relativ einfach erklären«, sagt Anton Tölk, Psychiater an der Linzer Nervenklinik. »Man kann das Höhlengraben als Sehnsucht nach dem geborgenen Mutterleib deuten. Die Höhle umfasst und gibt Schutz.« Sie sei in ihrer Undurchschaubarkeit aber auch verführerisch wie ein Labyrinth. Beim Graben setze dann eine kontemplative Befriedigung ein. Man wolle nicht mehr aufhören. »Der Sinn kommt dabei allein aus der Befriedigung. Solange man Altmann vor seiner selbst gebastelten Bohrmaschine: Die Einzelteile hat er vom Altmetallhändler. gräbt, lebt man, weil es mit dem Graben immer weitergeht«, sagt Tölk. Und so war es auch bei Michael Altmann: Irgendwann stieß er tatsächlich auf eine Wasserader, doch nach einer Pause von ein paar Wochen nahm er die Spitzhacke wieder in die Hand. »Im Stollen hatte ich meine Ruhe«, sagt er. Man solle ihn nicht falsch verstehen: Er sei ein geselliger Mensch. Aber als Wirt lerne man viele Menschen zweimal kennen. Einmal ohne und ein zweites Mal mit Alkohol. »Der Stollen war dann wie ein Kloster. Keine Musik, kein Radio, keine Gäste, keine Stimmen, nichts.« Das Paradoxe an Michael Altmann ist, dass seine Mittel umso brachialer wurden, je verspielter sein Ziel geriet. Altmann führt in eine Nische im Stollen und zeigt eine mannshohe Riesenbohrmaschine. Er »Der Stollen war wie ein Kloster. Keine Musik, kein Radio, keine Gäste, keine Stimmen, nichts« hat sie gebaut, um den zweiten Stollenarm in Angriff zu nehmen, einen ebenfalls gänzlich sinnlosen. Die Maschine sieht aus wie ein Monster aus Alteisen, mit Scheibenbohrern so groß wie Pizzateller. Der Stollenarm, den er damit grub, ist gewunden und gewölbt wie ein Darm – oder eben ein Mutterleib. Die Decke ist hoch, man fühlt sich gut aufgehoben, obwohl die Wände hier nicht gesichert sind, sondern nur wie die einer festgeklopften Sandburg aussehen. Mehrere Elektromotoren verheizte Altmann beim Bohren im Gestein. Manchmal fuhr ihm wegen der Feuchtigkeit der Strom in die Glieder. Ein Freund, einst U-Boot-Maschinist bei der Marine, half ihm ab und an mit der Seilwinde, die er sich inzwischen angeschafft hatte. Als das Steineschleppen mit den Jahren auf die Hüfte zu drücken begann, kaufte Altmanns Frau ihm ein Raupenfahrzeug, eine Art Hubwagen. Es war ihr einziger Beitrag zum Stollen. Ansonsten ließ sie ihren Mann machen und schwieg zu seinem Hobby. Nur wenn er um Mitternacht noch immer nicht zu Hause war, kam sie runter und sagte, dass es nun aber Zeit sei. Seit er 1995 in Rente gegangen war, verbrachte er ganze Tage in seiner Höhle. Bis er 2008 ein letztes Mal auf Granit biss. Er hätte wieder sprengen müssen. Doch er war inzwischen ein betagter Mann mit operierter Hüfte. Also malte er, statt zu sprengen, die Ausfräsungen mit Sternen aus, die sich nun im Grundwasser auf dem Stollenboden spiegeln. Altmann führt zurück zum Eingang, nimmt langsam Stufe um Stufe, die er in den Sandsteinboden geschlagen hat. Würde er weiter graben, wenn er noch mal zwanzig wäre? »Na freilich!«, sagt er. Und was? »Ideen hätte ich genug.« Ja, zum Beispiel? »Etwas kommt einem immer in den Sinn.« Die Frage nach dem Ziel, man braucht sie einem Höhlengräber wie ihm nicht zu stellen. Wer zufällig einmal in der Nähe von Leonding bei Linz sein sollte, kann sich den Stollen von Michael Altmann selbst anschauen. »Er zeigt Besuchern gern, was er dort unten geschaffen hat«, sagt unser Autor t IN F ISCHER . Interessierte sollten sich vorab allerdings über das Stadtamt von Leonding anmelden. Süddeutsche Zeitung Magazin 43 stil leben Ach, was büste schön! Welches Make-up würde Nofretete heute tragen? Vier Vorschläge von Top-Visagisten, gezeigt an Originalnachbildungen des Ägyptischen Museums Berlin Alex Rothe, Berlin, Make-up Artist für Giorgio Armani »Nofretete galt als schönste Frau der Antike. Ich habe lange überlegt, welcher Typ sie heute wäre: Marlene Dietrich, Rita Hayworth, Sophia Loren? In der Gipsformerei der Staatlichen Museen zu Berlin habe ich mich wegen der Farben beraten lassen: Für eine Kopie der Originalbüste nehmen sie dort Schellack, aber Acrylfarben und Make-up-Pigmente halten auch. Ich habe mich für einen Eyeliner auf dem Oberlid und klassisch rote Lippen entschieden, ansonsten aber auf Farben verzichtet, damit meine Nofretete nicht maskenhaft wirkt. Nur auf die Lider habe ich Schimmerpigmente getupft und in die dunkelblauen Wimpern Federrhomben gesetzt, um den Blick zu öffnen. Nichts fürs wahre Leben: Sekundenkleber auf dem unteren Lidrand, um den Glanz der Tränenflüssigkeit nachzubilden.« Süddeutsche Zeitung Magazin 45 Fotos Seite 45, 46, 48: Peter Langer; Seite 47: Filippo Del Vita Loni Baur, Hamburg, Make-up Artist für die Pariser Schauen von Chloé, Balenciaga und Akris »Nofretete hatte wunderschöne, stark ausgeprägte Wangenknochen, klar geschnittene Augen, eine gerade Nase, volle Lippen und fast symmetrische Gesichtshälften: Ihre Schönheit ist immer noch sehr aktuell. Wenn sie heute leben würde, könnte sie auf jeden Fall als Fotomodell arbeiten. Ich habe sie wegen ihrer Bedeutung aber eher wie eine Prominente behandelt und 46 Süddeutsche Zeitung Magazin wollte kein klassisches Make-up schminken. Meine Interpretation wirkt rau und ein wenig morbide. Ihr Ausdruck ist müde, wie nach einer langen Fahrt nach Hause – sie ist ja auch schon sehr lange auf der Welt. Die Perlen und Swarovski-Steine stehen für den Wert der Büste. Ich habe tagelang bis spät in die Nacht an ihr gearbeitet und mich sogar einmal dabei ertappt, dass ich mit ihr sprach.« Martin Schmid, New York, Make-up Artist für Chanel »Ich wollte der Nofretete den Look einer eleganten Frau geben, die auf der 5th Avenue entlangspaziert. Dazu habe ich mich auf Beige, Schwarz, Weiß und Gold konzentriert. Die Lippen sollten nicht rot, sondern nur durch Lipgloss betont werden, der Teint ist leicht gebräunt und frisch. Ihre orientalischen Augen sind für einen Visagisten ein Traum, weil man auf ihren Lidern Farben sehen kann – nicht wie beim durchschnittlichen Schlupflid, das jeden Lidstrich verschluckt. Als Grundlage habe ich wasserfestes Airbrush-Make-up verwendet. Augen und Lippen habe ich mit Nagellack nachgearbeitet, um einen Gloss-Effekt zu erzielen. Beim Schminken habe ich es sehr genossen, dass die Büste still war. Wenn die Models viel reden, lenkt mich das nur ab.« Süddeutsche Zeitung Magazin 47 Idee/Konzept: Kerstin Greiner; Produktion: Kerstin Greiner, Tania Messner; Protokolle: Tania Messner. Dank an die Gipsformerei der Staatlichen Museen zu Berlin für die freundliche Bereitstellung der Büsten. Die Originalbüste ist im Ägyptischen Museum in Berlin zu sehen, die neu gestalteten in den Ausstellungsräumen der Gipsformerei, www.smb.spk-berlin.de/gf. Loni Baur für Armin Morbach Michael Latus, Stuttgart, Visagist für Yves Saint Laurent »Ich habe mir lange Fotos von der Originalbüste und ihrem Make-up angesehen: Heute schminkt man ganz anders. Wir versuchen das Gesicht optisch zu verjüngen, indem wir diagonal nach oben schminken – als ob man ein Dreieck mit der Spitze nach unten auf das Gesicht legt. Bei den Farben habe ich mich auf Violett und ein rötliches Goldbraun konzentriert, für die Lippen ein helles Nude gewählt: ein bisschen wie Jennifer Lopez. Einmal habe ich von Nofretete geträumt und am Ende hatte ich sogar das Gefühl, dass ihr das Make-up gefällt: Sie spielt ja etwas zurück! Ihre Augenbrauen waren eine Herausforderung, sie sind gleichbleibend rund, nicht wie man sie heute trägt: zwei Drittel ansteigend und ein Drittel abfallend. Ich habe sie höher gesetzt, um ihren majestätischen Ausdruck zu verstärken. Ungewohnt war, dass die Büste zwar stillhält, man aber nicht an ihrer Haut ziehen und reiben kann wie bei einer lebenden Person.« 48 Süddeutsche Zeitung Magazin Olafur Eliasson, Wirbelwerk, 2012 Studio Olafur Eliasson © 2012 Olafur Eliasson kosmos hotel europa Fahrrad »Fahrradstop« – Aken, Sachsen-Anhalt Vorreiter: Eine Aktivisten-Be wegung in Ams terdam forderte schon 1969 öffentliche Räder für alle. Eines schenkten sie John & Yoko bei ihrem Bed-in. So idyllisch kann die Einöde eines Radfahrerhotels sein, und dabei auch für Autofahrer günstig gelegen: in Nähe der Autobahn von und nach Berlin. Sieht auch ohne Rad sehr dekorativ aus: Fahrradhalter »Trophy: Deer« von outlineworksltd.com FahrradStop B & B Aken, Calber Landstraße 88 a, 06385 Aken, Tel. 0178/851 63 60, www.fahrradstop.de, DZ 50 Euro, Einzelbelegung 25 Euro inkl. Frühstück. Der Grafiker Juri Zaech hat sich »Write a bike« ausgedacht. Jetzt fehlt nur noch ein Hersteller, der diese wunderbare Idee umsetzt. Wer nicht warten will, kann bei society6.com Poster der Räder kaufen. Thomas von Ledersteger hat sein Studium in New York als Fahrradkurier finanziert. Wann immer er in der Daimler-Benz-Holding etwas abgab, lud ihn der Chef zum Kaffee ein, der war froh, mal Deutsch sprechen zu dürfen. Dreißig Jahre später meldete sich der DaimlerChef wieder bei Ledersteger, der inzwischen Fondsmanager in der Schweiz geworden war. Der alte Bekannte fragte Ledersteger, ob er nicht ein verfallenes Gut in Sachsen-Anhalt geschenkt haben wolle? Der Bekannte hatte es selbst geerbt, wollte aber nicht zurück nach Deutschland. Ledersteger nahm das Geschenk an, steckte etwas Geld Schickes Sicherheitsnetz zum Überziehen: floureszierende »Lightning Vest« von dargelos.cc in die Gebäude aus der Gründerzeit und eröffnete, da er immer noch gerne Fahrrad fährt, auf dem Gut 130 Kilometer vor Berlin eine kleine Pension mit vorerst vier einfachen, günstigen Zimmern für Fahrradfahrer. Evelin heißt die gute Seele des Hauses, sie kocht wunderbare Wildgerichte, wenn man vorher anruft. Auf den umliegenden Weihern kann man abends Ruderboot fahren, mit Kerze und Sekt, alles über Evelin zu bekommen. Autofahrer sind natürlich auch willkommen. Eine gute Adresse an der A 9 kann auch für die sehr praktisch sein. LARS REICHARDT FÜR ALLE, DIE WISSEN, DASS EIN „UNSICHTBARES SOUNDSYSTEM“ NICHTS MIT ZAUBEREI ZU TUN HAT. BOSE Video Wave II 55" Entertainment System »Die meisten Kids ließen ihr Rad nachts im Hof. Ich nicht. Ich nahm meins mit rein. In der ersten Nacht ließ ich es sogar in mein Bett « John lennon Es lebe die Einfachheit! Das einzigartige VideoWave® von BOSE vereint brillantes HD-Fernsehen mit einem kompletten Soundsystem in einem Gerät – für ein Seh- & Klangerlebnis wie im Kino, aber ohne sichtbare Legt sich geschmeidig um den Gepäck träger. Oder zusammengerollt um den Lenker: Fahrradtasche »The Market Bag» über linusbags.co.uk Lautsprecher und Kabel! Das Geheimnis liegt in der exklusiven PhaseGuide™ Technologie, die zusammen mit dem siebenteiligen Speaker Array beeindruckende Kino-Effekte erzeugt - mit kraftvollen Bässen und einer ungeahnt räumlichen Wiedergabe. Die ADAPTiQ® Technologie passt Die Antwort auf die Frage, ob es auch elegante Fahrradschlösser gibt: »Jon Lock« aus Hanfseil, Stahl kabel und Leder, von dalman supply.com Der Bildband Cinelli: The Art and Design of the Bicyle erzählt die Geschichte eines Rennrad-Herstellers, den nichts aus der Bahn werfen konnte (Verlag Rizzoli). Dieses schön illustrierte Notizbuch ist für Schreiber, die einen Gang runterschalten wollen: Bicycle Travel Journal von Nigel Peake (Laurence King Publishing). Mitarbeit: Julia Christian. Fotos: Corbis (1), Blickwinkel (1) dabei die Klangwiedergabe an die akustischen Verhältnisse in Ihrem Wohnraum an. Und die innovative Clickpad Fernbedienung macht eine bequeme & intuitive Bedienung des Fernsehers und aller angeschlossenen Zuspielgeräte möglich. Überzeugen Sie sich selbst – jetzt exklusiv bei uns mit 30 Tage Geld-zurück-Garantie! Erhältlich für Euro SATURN THERESIENHÖHE Besuchen Sie doch mal unser beeindruckendes, Saturn-weit einzigartiges BOSE-Kino & lassen Sie sich begeistern! Größter Elektrofachmarkt Süddeutschlands! Saturn Electro-Handelsgesellschaft mbH München / Theresienhöhe / Schwanthalerstraße 115 / 80339 München 6499,BOSE SHOP »als wäre es das letzte geheimnis zwischen den Menschen« Warum küssen wir uns eigentlich? Der Philosoph Alexandre Lacroix über die Faszination einer Geste, die biologisch keinen Sinn ergibt intervie w: gabriel a herpell foto: Nico Krijno Süddeutsche Zeitung Magazin 53 »Der Kuss wird vor allem dann einem verweigert wird –, was gen, aber es war keine Geste der Zuneigung. Man küsste sich nicht, wenn man heiratete, sondern im Bett. Es war eine Sexualpraktik, die manche anwandten, andere nicht. so viel Wert auf das Küssen gelegt. Meine Frau schon. Sie warf mir vor, gefühllos zu sein. Aber das war es nicht. Für sie schien das Küssen eine Art Liebesbarometer zu sein. Da habe ich mich gefragt, warum ich das Küssen nicht so wichtig fand. Eigentlich nicht. Sie küssen sich dort auch nicht innerhalb von Familien. In den nördlichen Ländern wie Sibirien und Lappland wieder hat man sich mit dem Riechkuss begrüßt: Man legt seine Nase auf die Wange des anderen und atmet tief ein. Und? Und überprüft, ob man sich gut riechen kann? Ich habe einsehen müssen, dass es der Anfang vom Ende einer Beziehung ist, wenn man das Küssen vergisst. Hat Sie das überrascht? Ein bisschen schon. Noch mehr allerdings hat mich etwas anderes überrascht: Ich dachte, wie vielleicht die meisten Menschen, dass Küssen etwas Zeitloses und Universelles sei. Und dass die Menschen, die sich lieben, sich seit jeher auf den Mund küssen. Aber der Kuss als Zeichen der Liebe ist erst mit den großen Liebesfilmen wie Vom Winde verweht um die Welt gegangen, also ungefähr vor siebzig Jahren. Er hat sich ähnlich schnell verbreitet wie die Pizza, die heute auch auf der ganzen Welt gegessen wird. Wie war es vorher? Da gab es große regionale Unterschiede. In den meisten afrikanischen Staaten waren die Menschen schockiert und angeekelt, wenn sie Weiße sahen, die sich auf den Mund küssten. In den großen Städten kann man sich dort mittlerweile küssen, aber auf dem Land kommt es so gut wie überhaupt nicht vor. In der Geschichte Asiens lässt sich das Küssen sehr weit zurückverfol54 Süddeutsche Zeitung Magazin Ist das heute anders? Das ist Ihre Interpretation! Ich wäre da vorsichtig. Wir haben die Tendenz, die Sitten anderer nach unserem Weltverständnis auszulegen. Bleiben wir also bei den Fakten. Die Franzosen sollen Weltrekordler sein im Küssen. Korrekt? Wenn man den Studien glaubt, küsst sich ein Paar in Frankreich und in Italien ungefähr siebenmal am Tag, in China und Japan nur einmal alle zwei Tage. Darunter fallen bei uns natürlich auch der Gutenmorgenkuss und der Gutenachtkuss. Also wieder die Küsse, die Zuneigung bedeuten. Woher kommt diese Koppelung vom Kuss an die Zuneigung bei uns? Der Kuss war in allen monotheistischen Zivilisationen die Ges te, die Gefühle am stärksten ausdrückte. Bei den Römern gab es noch drei Worte für den Kuss: Der Kuss innerhalb von Familien, der die Verbundenheit ausdrückte, hieß Basium. Das Osculum ist ein ähnlich unschuldiger Kuss: ein Zeichen der Anerkennung unter Gleichgesinnten. Das Suavium war der Kuss der Liebenden. Aber im alten Rom spielten vor allem das Osculum und das Basium eine große Rolle. Warum nicht das Suavium? Es ging um Respekt: Der andere ist mein Alter Ego, er befindet sich mit mir auf Augenhöhe, denn er ist Teil meiner Familie oder meiner sozialen Klasse. Es wäre also niemals vorgekommen, dass ein römischer Bürger eine Prostituierte oder einen Sklaven auf den Mund geküsst hätte. Und ich glaube, dass uns davon einiges geblieben ist. Heute verweigern die Prostituierten ihren Kunden den Kuss. Das ist die typische Gegenreaktion. So wie die schwarzen Rapper sich selbst Nigger nennen. Ich meinte, uns ist geblieben, dass man den, den man küsst, achten muss. Die Katholiken haben sich bis ins 13. Jahrhundert hinein auf den Mund geküsst, die orthodoxen Christen tun das bis heute. Warum haben die Katholiken damit aufgehört? Man geht davon aus, dass da Einiges aus dem Ruder lief und Papst Innozenz III. den Kuss verboten hat. Auch wenn die Christen nicht mehr küssen durften, hatten sie dem Kuss bereits eine weitere Dimension hinzugefügt: Man ist nicht nur auf Augenhöhe, sondern auch durch etwas Höheres, den Glauben, verbunden. Bei einem Paar ist es ähnlich: Die Liebe zwischen zwei Menschen ist größer als sie selbst. Finden wir es darum schwieriger, jemanden zu küssen, den wir nicht lieben, als mit ihm oder ihr Sex zu haben? Natürlich. Wir sagen, dass der Kuss intimer ist als Sex. Das ist ja absoluter Blödsinn. Sex ist viel intimer. Aber beim Geschlechtsakt geht es nicht darum, einander ebenbürtig zu sein, eher im Gegenteil. Und niemand kommt dabei auf die Idee, dass einen etwas Höheres, Göttliches verbindet. nen sich die Schauspieler echt mit der Zunge küssten. Unvergesslich, wie Ingrid Bergman Humphrey Bogart in Casablanca bittet, sie zu küssen: als wäre es das letzte Mal. Wenn man einmal aufgehört hat, jemanden zu lieben, fühlt es sich besonders falsch an, ihn zu küssen. Welche Bedeutung hat der Filmkuss jetzt? Vielleicht, weil man sich wie ein Verräter vorkommt. Übrigens: Beim Kuss – und das ist fast modern – dominiert keiner den anderen. Nicht der Mann die Frau oder umgekehrt. Kommt das nicht ein bisschen darauf an? Im Film Vom Winde verweht zwingt Clark Gable Vivien Leigh in seine starken Arme und küsst sie. Dann mag sie es, natürlich. Alexandre Lacroix P h i lo s o p h Clark Gable bemächtigt sich ihrer, stimmt. Aber denken Sie an Burt Lancaster und Deborah Kerr in Verdammt in alle Ewigkeit: Sie verführt ihn. Oder Greta Garbo in Die Kameliendame: Sie bedeckt das Gesicht ihres Partners mit Küssen. Wie erklären Sie sich eigentlich die bahnbrechende Wirkung des Filmkusses? Der Kuss war im Hollywoodfilm der Vierziger- und Fünfzigerjahre gleichbedeutend mit der Liebe in all ihren Dimensionen, denn mehr Erotik durften amerikanische Regisseure nach dem Hays Code, einer Art Selbstzensur der großen Studios, nicht zeigen. Es hatte viel Ärger gegeben um Orgien, Affären und die Freizügigkeit in der Ära des Stummfilms. Der Hays Code verbot, den Ehebruch positiv darzustellen, außerdem zweideutige Tänze, sich entkleidende Schauspieler, Bett- und Schlafzimmerszenen. Es gab nur noch den Kuss – und auch der war ja nicht echt. Allerdings sah er sagenhaft gut aus. Viel besser als die späteren Filmküsse, in de- Foto: Arnaud Février / Éditions Flammarion SZ-Magazin: Monsieur Lacroix, Sie haben sich mit dem Küssen so intensiv auseinandergesetzt, weil Ihre Frau sich beklagt hat: Sie haben sie zu selten geküsst. Was ist denn in Ihrer Ehe los? Alexandre Lacroix: Ich habe nicht wichtig, wenn er sehr kränkend sein kann« Geboren 1975. Nach dem Studium der Wirtschafts wissenschaften und Philo sophie arbeitete er kurze Zeit für eine Werbeagen tur in Paris. Dann machte er einen radikalen Schnitt, zog in ein Dorf im Burgund und schrieb ununterbrochen: Romane, Essays und andere Zei tungstexte. 2006 gründete er das »Philosophie Maga zine«, das er seitdem als Chefredakteur leitet. Da für kehrte er nach Paris zurück. Lacroix ist mit ei ner Italienerin verheiratet und hat drei Kinder. Sein Buch »Kleiner Versuch über das Küssen« erschien 2011 in Frankreich und jetzt bei Matthes & Seitz auch auf Deutsch. An James Bond kann man die Entwicklung gut erkennen: In Dr. No von 1962 zittern die Lider und die Lippen der Frau, als Sean Connery sie küsst. Musik, starke Szene, Schnitt, den Sex muss man sich denken. In Stirb an einem anderen Tag aus dem Jahr 2002 schlafen Halle Berry und Pierce Brosnan miteinander, dabei küssen sie sich von Zeit und Zeit. Der Kuss hat kaum mehr Bedeutung, die Szene dient eher dazu, dass alle mal Pause machen können, bevor die Action weitergeht, die viel wichtiger ist als die Erotik. Man kann eigentlich mittlerweile aufs Klo gehen, wenn zwei sich im Film küssen. Und die vier Techniken? Die meisten jungen Leute empfehlen sich gegenseitig das, was ich die Waschmaschinentrommel-Technik nenne: Die Zungen kreisen ständig und mechanisch umeinander. Etwas elaborierter ist die Pinsel-Technik, bei der die Zungen sich weniger erwartbar verhalten, sondern herumtanzen, hier und da aufeinandertreffen. Bei der Endoskop-Technik untersucht der eine den Mund des anderen richtiggehend. Und die vierte Technik ist schon fast Sex: Der eine penetriert den Mund des anderen mit der Zunge. Weil es keine Bücher gibt darüber, keine Anleitungen, suchen sich die Jugendlichen im Netz Rat. Haben Sie denn auch herausgefunden, warum Männer eigentlich das Küssen unwichtiger finden als Frauen? Ich mag diese Beschwörungen der Unterschiede zwischen Männern und Frauen nicht. Ich glaube vor allem, dass der Kuss dann wichtig wird, wenn er einem verweigert wird – was sehr kränkend sein kann. Und vielleicht ist was dran, dass Männer den Kuss peinlicher oder schwieriger finden als Frauen. Weil sie ihn als etwas Feminines betrachten. So jedenfalls sieht es Freud. Sie wirken aber skeptisch. Ist der Kuss banal geworden? Ich hoffe nicht. Aber jeder kann Pornos auf seinem Handy gucken. In der Pornografie geht es immer um Härte, Aggression, Tempo, in der Erotik um Langsamkeit, um das Auskosten, dafür ist vielleicht gerade keine Zeit. Im letzten James Bond, Skyfall, gibt es jedenfalls keine romantische Kussszene mehr. Das hat mich schon bestürzt. Für Jugendliche geht das Liebesleben aber nach wie vor mit dem Küssen los, oder? Zumindest tauschen sie sich rege im Internet über Kusstechniken aus. In diesen »How to kiss«-Videos bin ich auf vier Kussarten aufmerksam geworden. Und auf die absoluten No-Gos natürlich auch. Was geht gar nicht? Sabbern. Und die Zähne dürfen nicht aufeinanderschlagen. Georg Ringsgwandl Erstes Deutsches Zwangsensemble Martina Schwarzmann Mike Supancic Schertenlaib Jegerlehner 3. und 4. Mai 2013 20.00 Uhr live auf Bayern 2 >> ANZEIGE »Küssen ist zutiefst freiwillig. Der reine Liebesbeweis. Es gibt dafür keinerlei biologische Notwendigkeit« Ich denke, dass es eine größere Bandbreite im Verhalten von Männern und Frauen gibt als in Freuds Vorstellung. Für ihn geht ja jedes orale Bedürfnis auf die Erfahrung des Säuglings zurück, der an der Mutterbrust genährt wird. Danach sucht man sich Ersatz, erst den Daumen, dann den Mund des anderen. Und für die Frau ist es nicht weiter problematisch, sich über das Küssen einen Ersatz für die Mutterbrust zu suchen, für den Mann allerdings sehr, denn ihm ist die Verbindung zum Körper der Mutter verboten. Und so kommt er in seiner Lust oder Begierde vollkommen durcheinander. Das kostet ihn, im Extremfall, seine Männlichkeit. Helen Fisher, eine amerikanische Evolutionsbiologin, sagt: Männer möchten mit dem Kuss die Lust der Frau entfachen, Frauen die Männer auf ihre Tauglichkeit tes ten. Ich glaube nicht, dass es für den Kuss verhaltensbiologische Erklärungen gibt. Dann würde ja die ganze Menschheit küssen. Tut sie aber nicht. Bis 1950 hat nur der Okzident geküsst. Ich halte meine kulturgeschichtlichen Erklärungen für viel einleuchtender als den Austausch von Pheromonen. Es ist unmöglich zu sprechen, wenn man küsst. Könnte das nicht ein Grund für die Männer sein, dem Küssen mehr abzugewinnen? Wieder so ein Klischee. Und wieder finde ich einen anderen Aspekt interessant daran: Im Unterschied zum Geschlechtsakt, wo man ja stöhnt und spricht und schreit, ist der Moment, in dem man sich küsst, still. Viele schließen die Augen, konzentrieren sich. Und so wenig, wie man 56 Süddeutsche Zeitung Magazin während des Küssens redet, redet man auch darüber. Als gäbe es ein vereinbartes Stillschweigen über das Küssen. Man findet regalweise Bücher über Sexualpraktiken, Pornografie, Fetischismus, Sadomasochismus – und fast nichts über das Küssen. Als wäre das Küssen das letzte Geheimnis zwischen den Menschen Rolle. Im Werther gibt es noch keine Kussszene, und auch in Kierkegaards Tagebuch des Ver führers wird die Beschreibung des Kusses vermieden. Aber bei Stendhal wird geküsst, bei Rousseau, Flaubert. In Frankreich hat der Kuss die Kunst angeregt, von Rodin bis hin zum berühmten Kussbild von Robert Doisneau. Gibt es, neben Papst Innozenz III., berühmte Kussgegner oder Kussskeptiker? Und heute? Voltaire! Er hielt das Küssen für eine theatralische, gekünstelte, verlogene Geste der Aristokraten. Das hat ihn abgestoßen. Aber Voltaire war auch, wenn ich das mal so sagen darf, quasi asexuell. Sein Liebesleben nicht existent. Rousseau hingegen sah im Kuss eine romantische, authentische Geste – und sein Kuss-Verständnis hat uns, zumindest die Franzosen, nachhaltig geprägt. Sein Briefroman Julie oder die neue Héloïse, ein Plädoyer für die Liebesehe, war der Bestseller des 18. Jahrhunderts in ganz Europa. Auch in Deutschland? Absolut. Goethe hat ihn natürlich gelesen und verinnerlicht. 13 Jahre später bezieht er sich in Die Leiden des jungen Werthers ganz offensichtlich auf Rousseaus Héloïse. Die wichtigste Szene darin ist eine Kussszene in der Natur, mitten im Wald. Heute finden wir das vielleicht kitschig, aber das hat es vorher noch nicht gegeben. Diese Szene hat den romantischen Kuss, so wie wir ihn verstehen, erfunden: die Manifes tation eines durch und durch ehrlichen Gefühls. Haben Sie sich auf die französische Literatur konzentriert, weil Sie Franzose sind? Nein. In der französischen Literatur spielt der Kuss nur zum ersten Mal eine solch wichtige Ist es nicht mehr so. Jede Kunstform hat sich nur phasenweise dem Kuss gewidmet, die italienische Dichtung in der Renaissance zum Beispiel, um das 16. Jahrhundert herum, und der französische Roman im 18. Jahrhundert. Um 1900 herum malte Gustav Klimt sein fast berühmtestes Bild, Der Kuss, um dieselbe Zeit entstand auch Edvard Munchs Der Kuss. In den Zwangziger- und Dreißigerjahren machte der Kuss im Kino Karriere. Der Kuss ist ja eine Ges te von ganz eigener Schönheit und Ästhetik. Welche ist Ihre Lieblingskussszene in der Literatur? Vielleicht die von Martin Amis in Das Rachel-Tagebuch. Der ganz junge Martin Amis beschreibt, wie sich Jugendliche ausgiebig küssen – und all ihre Ängste dabei. Und ich bin ein großer Fan der Gedichte von Johannes Secundus, einem unglaublich gut aussehenden, unglaublich begabten und viel zu unbekannten Flamen, der im 16. Jahrhundert lebte und in lateinischer Sprache Oden an den Kuss schrieb. Die Frau, die er anhimmelte, war ihm eher überlegen als unterlegen, sie war kapriziös, stark, temperamentvoll. Das war und ist sehr modern. Er ist nur 24 Jahre alt geworden. Aber er hat viele französische Dichter der Klassik und Romantik stark beeinflusst. Die Erlebnismesse für exzellente Unterhaltungselektronik 10.–12. Mai 2013; MOC München Würden Sie sich jetzt, nach so eingehender Beschäftigung mit dem Thema, als Sympathisant des Kusses bezeichnen? Ich habe tatsächlich eine andere Perspektive auf das Küssen gewonnen. Weil es zutiefst freiwillig ist, der reine Liebesbeweis. Es gibt für den Kuss überhaupt keine biologische Notwendigkeit. Äußerlich würde sich am Leben eines Paares nichts ändern, wenn es sich nicht küssen würde. Aber der Kuss ist das Erste, was wegfällt, wenn die Beziehung den Bach runtergeht. Als das Buch erschien, wurde ich zu einem Sexologen-Kongress eingeladen und habe erfahren: Wenn ein Paar mit Problemen zu einem Sexologen kommt, fragt er als Erstes, wie oft und wie innig sie sich küssen. Es gibt zwar keine Studie oder Erhebung darüber, dennoch sind sich die Therapeuten einig, dass das Kussverhalten eines Paares widerspiegelt, in welchem Zustand sich die Beziehung befindet. War das Buch eine Therapie für Sie selbst? Natürlich. Auch weil ich festgestellt habe, dass es die ersten Küsse der eigenen Liebesgeschichten sind, an die man sich ein Leben lang erinnert. In der Jugend ist der Kuss oft ein Hinhaltemanöver, um alles weitere hinauszuzögern. Später ist es genau umgekehrt: Wenn man es schafft, eine Frau zu küssen, und zwar richtig zu küssen, weiß man: Jetzt wird’s ernst. gabriela Herpell hat schreckliche Erinnerungen an ihre ersten Filmküsse – weil sie mit ihren Eltern auf dem Sofa saß, die betreten guckten oder irgendwas sagten, um abzulenken. Und weil die Küsse wirklich schier endlos waren. Klangvielfalt erleben – auf der HigH end Messe in MüncHen Für die Schallplatten, die hinter Glas aufbewahrt werden, für die Songs, die man in Endlosschleife die ganze Nacht hört, und für die Alben, ohne die man nicht leben könnte – für diese Musik gibt es auf der HIGH END Messe das richtige Equipment. Zum 32. Mal treffen sich Händler, Hersteller und Kunden aus aller Welt, um sich über aktuelle Trends in der Produktentwicklung auszutauschen und neue Standards in der Unterhaltungselektronik zu setzen. Die internationale Fachmesse HIGH END ist eines der weltweit wichtigsten Schaufenster der Unterhaltungselektronik: Airplay-Lautsprecher, Netzwerkplayer und Streamer sind nur ein kleiner Teil des umfassenden Angebotes. Dabei sind die beeindruckenden, zentnerschweren Plattenspieler aus Glas und Metall bloss einer der Hingucker. Luxus für Auge und Ohr. Auf der Messe wird ein einziges Ziel verfolgt: optimale Audio- und Multimedialösungen anzubieten, egal ob für analoges oder digitales Abspielen. Außerdem gibt es ein Tonträgerdorf, in dem Vinylliebhaber ihre Kollektionen um viele Raritäten und Sammlerstücke erweitern können. Auf den 20 000 Quadratmetern Ausstellungsfläche treffen so Vergangenheit und Zukunft aufeinander. Die HIGH END Messe steht für exklusive und hochwertige Ware, bietet aber auch Produkte zum kleinen Preis. Darum ist die Veranstaltung besonders für Hi-Fi-Neulinge der ideale Einstieg in die Welt der Unterhaltungselektronik. Dabei genügen alle Produkte höchsten Qualitätsstandards, die HIGH END bietet ausschließlich erstklassige Hi-Fi-Produkte für alle Ansprüche, egal ob teuer oder preiswert. Dieses akustische Gourmettreffen ist auch gleichzeitig eine Plattform für Geschäftsleute. Es finden zahlreiche Vorträge und Workshops statt, und Neuheiten werden ausführlich vorgestellt. Auch in diesem Jahr wird Livemusik gespielt, zwei mobile Bands mischen sich dafür unter den Besucherstrom. Die HIGH END Messe ist die perfekte Möglichkeit, dem stressigen und hektischen Alltag zu entfliehen. www.highendsociety.de Kochquartett Maria luisa scolastra Frühjahrs-Gemüsesuppe Die »scafata«, eine Bauernsuppe mit jungen Bohnen und Artischocken, erinnert mich an meine Kindheit. Ich sehe mich als kleines Mädchen auf einem Traktor mit Anhänger, am Steuer mein Großvater Enrico. Wir fuhren zu unseren Feldern mit Bohnenstauden, Artischocken und Klatschmohn – wie ein Gemälde aus dem 17. Jahrhundert. Die ganze Familie half bei der Ernte, zu Hause kochten wir dann diese einfache Suppe. Das Rezept wurde in unserer Familie von Generation zu Generation weitergegeben. Meine Mutter Sandra und ich haben allerdings die Kochzeit verkürzt und so Farbe und Geschmack verstärkt. maria luisa Scolastra kocht in ihrem Restaurant »Villa Roncalli« in Foligno nahe Perugia, Umbrien. Ihr Kochbuch Maria Luisa kann nicht anders ist im Becker Joest Volk Verlag erschienen. Sie schreibt ab sofort neben Anna Schwarzmann, Christian Jürgens und Tim Raue für das Kochquartett. Ausgewählt von Markus Del Monego, SommelierWeltmeister (1998) „Für diese Weine hat sich das Warten auf den Frühling gelohnt.“ Frühjahrs-Gemüsesuppe mit jungen Bohnen und Artischocken (4 Personen) 1 kg 8 80 g 1 6 1 1 ½ l 50 g 1 50 g 4 junge Bohnen Artischocken Frühlingszwiebeln Knolle junger grüner Knoblauch EL Olivenöl extra vergine Zweig Majoran Salz und Pfeffer mittelgroße Kartoffel Gemüsebouillon frische Tomaten Zweig Thymian Parmesan und milder Pecorino, gehobelt Scheiben Weißbrot Bohnen aus den Schoten brechen und Bohnenhäutchen entfernen. Die 4 bis 5 äußeren, harten Blätterschichten der Artischocken entfernen, das harte obere Drittel mit einem scharfen Messer abtrennen und den Stängel herausbrechen. Den zarten Rest in kleine Stücke schneiden. In einem Topf klein gehackte Frühlingszwiebeln und Knoblauch in Olivenöl andünsten, Artischockenstücke und Majoran zugeben, salzen und pfeffern. Nach etwa 5 Minuten Bohnen und die klein gewürfelte rohe Kartoffel dazugeben. Gemüsebouillon zugießen und 15 Minuten köcheln lassen. Gegen Ende die frische Tomate in Würfelchen und den Thymian zugeben, abschmecken. Suppe in Schalen füllen, je einen Schuss Olivenöl darauf geben, mit Käse bestreuen und mit knusprig getoastetem Weißbrot servieren. Nächste Woche: Wasabi Prawns von Tim Raue. 58 Süddeutsche Zeitung Magazin k Vinothe n e entdeck Foodfoto: Reinhard Hunger; Styling: Volker Hobl; Porträt: Frank Bauer 25 % be r g e g e nü sparen elpreis. z dem Ein Stellen Sie Ihre Uhren auf Frühlingsgenuss: Mit frischen, fruchtigen Weinen geraten dunkle Winterabende endgültig in Vergessenheit. Die Frühjahrsedition der Süddeutsche Zeitung Vinothek lässt Ihre Sinne neu aufblühen. Ob beim leichten Spargelgericht zu zweit oder zum Grillstart mit Freunden – dieser Frühling wird ein Hochgenuss. Für nur 49,75 € (11,06 €/Liter) erhalten Sie sechs köstliche Weine und sparen 25 % gegenüber dem Einzelkauf. Ihre Favoriten können Sie natürlich jederzeit nachbestellen. Jetzt bestellen unter 089/2183-1830 oder unter www.sz-vinothek.de Bestellen Sie jetzt das Degustations-Abo der SZ Vinothek. Viermal jährlich erhalten Sie die aktuelle Weinedition mit je sechs exklusiv ausgewählten Winzerweinen aus aller Welt. Alle Informationen zum Degustations-Abo unter www.sz-vinothek.de/genussabo cus Folge 268: Koch- und Backgeräte 1 Vorgestellt von Michael Merz, seit 2009 Mitarbeiter im Bereich Elektro-Haushaltsgeräte bei Saturn auf der Theresienhöhe, München. 2 3 4 das kreuz mit den worten 5 6 12 13 14 15 17 18 24 7 19 20 25 21 34 26 31 32 36 38 41 3 4 Wenn Ihnen die schonende Zubereitung Ihrer Zutaten am Herzen liegt, werden Sie die Neff Mega CM 6770 N Backofen-Mikrowellen-Kombination lieben. Ihre InnoWave-Technologie steuert die Energieabgabe automatisch. Damit werden Lebensmittel auch bei niedrigen Temperaturen schneller und gleichmäßiger gegart. Mit seinem 74 Liter fassenden Ofeninnenraum und seinem Induktionskochfeld ist der AEG EPMX 535731 Einbauherd ideal für alle, die ganze Gourmand-Gruppen bekochen wollen. Er ist schnell, leistungsstark und variabel: Die Kochzonen passen sich automatisch an Größe und Form der verwendeten Pfannen und Töpfe an. Zugegeben, leckerer Kochduft in Küche und Esszimmer steigert die Vorfreude, aber Frischluft nach dem Essen ist auch nicht zu verachten. Die Neff D 99 L 20 N0 Dunstabzugshaube sorgt mit ihrer großflächigen Intervalllüftung im Nu für bestes Raumklima, und ihr Licht lässt sich nach dem Kochen gemütlich herunterdimmen. Schwanthalerstr. 115, München 39 42 45 2 29 33 35 37 10 22 28 30 Spaghettiabende mit Chianti waren gestern – heute erfreut man Gäste mit perfekten Dinners. Der große Neff Mega SHC 4674 N Backofen erlaubt das gleichzeitige Garen von Menüzutaten auf drei Ebenen und garantiert für Braten mit perfektem Saft/Knusper-Verhältnis dank automatischer Feuchtigkeitsregulierung. 9 16 27 1 8 Der Brandt da, wo Willy König Rüber 1 Daher kennt man Politik ohne Angela 12 Im Jägerlatein das Gewitter? Ideal für Vebohrte 14 Tipische Wiesnattraktionen für Heringsschwärmer 15 Milkuh ist die Blume, die wie Faust aufs Auge passte 16 Verpasst Französin Schein: Mit Er vermählen, um Angela-Frau im Lande zu werden 17 Klettergartenart 22 Die Party isst am liebsten S?k 24 Wie hätte man’s denn wissen sollen! 25 Wer kriegt denn schon noch Post außer vom Finanzamt? 27 Da kam Obama klein raus: Zentrale von – schwitz – bierfreier Zone 28 George Klooney bringt alles für den Kaffee mit 30 Gegenteile von Messeneuheiten 32 Putin stets zu Dienst (auch wenn inzwischen unter Decknamen) 33 Der Brandt da, wo Willy König 34 Shooter-Star 35 Schreckensruf der Fortlebenden: Frisurensammler! 37 Fortpflanzungsmethode von Gerüchten oder Legenden- 40 43 44 46 bildungsweg 40 Wo French Fries Triomphe feiert: Lumière la plus distante 41 Der Sozialistische Untergrund? Obamas Air Force verschrottet und recycled 42 Frisierhandwerk 44 La Veza für, ja, Kolumbier! 45 Kriegt neuen Namen, wenn sie sich ewig bindet 46 Die Steuer, die Arme können – und tut’s doch nie Runter 1 Nymphomanin mit Statistikfimmel oder geschichtliche Persönlichkeit 2 Kann das auch laufen? 3 Treffen sich zwei beim Sex: Fangen Sonne auf & Terror an 4 Dramabit: Spielbergs Workorder auch ohne 31 im Singular 5 Geschlossen mit Riesenveranstaltung 6 L’œil du … = flic: Als pe Spur, als re Schlösserlage 7 Nein, nicht Bayerns Frankenfranke, sondern Meinhof-Komplexauslöser 8 Verein der Clubs der Kerle, die die meisten Körbe kriegen 9 Armredend 10 Mehr Grütze als Grips 11 Es wird empfohlen es, ähm, wie zu sagen? 13 Der Schriftsteller, aus dem Ulkband zu machen wäre 18 Fiktiv klingt sz-magazin.de für die Geschichte schon mal vielversprechend 19 Mona Lisa vordergründig das Lächeln gefrieren lassen 20 Mas23 ter of Engineerring 21 Arrogans fehlt Rauf noch ai zur Wachstumsschwäche 23 Steht mit seinem ersten oder zweiten Teil für Energie 26 Kindercreme, deren bekannteste alle tun von hinten 29 Die zu werden ist nicht schwer, Männer dagegen sehr 31 Funkt damit belasten Aufsichtsrat und Mathenote 36 Programm der Ré sistance 38 Muss man eiern, wie sie ällt 39 Reserviert Parkplätze exklusiv für Frau en, mehr nicht 43 Ablage nach Akten mit Weckdiensthabendem gewinnen 11 Wirbelwind »Äußerst schlau, sehr charmant, perfekter Schwiegersohn«, so spricht, ach was, schwärmt unser Kollege L. über den Weltklasse-Schlagzeuger Martin Grubinger, den er für ein Porträt im SZ-Magazin vergangenes Jahr begleitet hat. Und Kollegin W. erinnert sich an ein Grubinger-Konzert mit den Worten: »Großartig, Wahnsinn.« Das klingt so, als ob man diesen Grubinger kennenlernen sollte, oder? Genau dieses Treffen verlosen wir mit »Tourismus Salzburg« auf www.sz-magazin.de/gewinnen. Der Verlosungssieger und eine Begleitperson reisen am 25. Mai nach Salzburg. Dort bekommen Sie eine »Salzburg Card«, mit der alle Sehenswürdigkeiten und öffentlichen Verkehrsmittel kostenlos sind. Im »Hotel am Mirabellplatz« ist für zwei Nächte ein Doppelzimmer reserviert, von dem 1653 erbauten 4-Sterne-Boutiquehotel sind es nur wenige Gehminuten bis zum Großen Festspielhaus, wo das Camerata-Konzert mit Grubinger stattfindet. Sie treffen ihn noch am selben Abend bei einem Empfang – Herr Grubinger lässt ausrichten, er freue sich auf Ihre Fragen. Himmel, ist der nett. Die Auflösung dieses Rätsels finden Sie im nächsten Heft – oder Sie lösen es gleich digital: In den Apps der SZ auf dem iPad und auf allen Windows-8-Geräten können Sie sogar sofort prüfen, ob Ihre Antworten richtig sind. „Unseren Geschmack hat dieser Film voll getroffen.“ - Kino-Zeit.de Ab 10.5. auf DVD, Blu-ray und Video on Demand BIRGIT MINICHMAYR JÜRGEN VOGEL Teilnahmeschluss ist der 8. Mai 2013. Mitarbeiter der beteiligten Firmen dürfen nicht mitmachen. Der Rechtsweg sowie eine Barauszahlung des Gewinns sind ausgeschlossen. Auflösung Kreuzworträtsel 17 IMPRESSUM Rüber 1 Regenschauer 11 Ei- erei 12 beinah 14 Stiefel 15 Ossi 16 Clan 17 Effekten 19 Harnröhre 21 so 22 Ténéré 23 sea 24 Tim 26 u. U. 27 Trester 30 Ara 31 Felge 33 IRA 34 mèr 35 Medium 37 Gabin 38 Eric 39 nötigen 40 Roth 41 GI 42 non 43 One Runter 1 Reichtümer 2 Eisläufer 3 getarnt 4 erinnerlich 5 nee 6 Siff 7 Hel 8 Ai 9 unstet 10 Rhino 12 befestigen 13 Ase 15 Okra 17 Er regung 18 ehe 20 Öse 21 Sirenen 25 Marone 28 Erato 29 Rabin 30 Amigo 32 edit 36 moi Chefredakteure Michael Ebert und Timm Klotzek Artdirector Thomas Kartsolis Chef vom Dienst Dirk Schönlebe Textchefin Susanne Schneider Redaktion Max Fellmann, Lara Fritzsche, Kerstin Greiner (Stil leben), Lars Reichardt, Rainer Stadler, Johannes Waechter Mitarbeit: Thomas Bärnthaler, Dr. Andreas Bernard, Christoph Cadenbach, Tobias Haberl, Gabriela Herpell, Dr. Till Krause, Wolfgang Luef, Alexandros Stefanidis, Almut Vogel, Silke Wichert (Modeleitung) Verlag Magazin Verlagsgesellschaft Süddeutsche Zeitung mbH, Hultschiner Straße 8, 81677 München, Tel. 089/21 83 95 40, Fax 089/21 83 95 70, E-Mail: [email protected] Anzeigen Jürgen Maukner (Gesamtanzeigenleitung), verantwortlich für den Inhalt der Anzeigen; Claudia Stelz (stellv.) Tel. 089/21 83 67 6, Fax 089/21 83 93 29 Preisliste Nr. 14 – gültig ab 1.10.2012 Repro Compumedia GmbH, Elsenheimerstraße 59, 80687 München Herstellung Hermann Weixler (Leitung) Autoren CUS, Dr. Dr. Rainer Erlinger, Axel Hacke, Dr. Malte Herwig, Christian Jürgens, Tobias Kniebe, Tim Raue, Roland Schulz, Anna Schwarzmann, Maria Luisa Scolastra Druck Firmengruppe APPL, PRINT.Forum, Neulandstraße 40, 74889 Sinsheim Grafik Birthe Steinbeck Mitarbeit: David Henne, Anna Meyer, Daniel Schnitterbaum Bildredaktion Mitarbeit: Eva Fischer, Ralf Zimmermann Assistenz Regina Burkhard (Chefredaktion), Julia Wagner Redaktionsmarketing Angela Kesselring (Leitung); Mitarbeit: Babette Lorenzen Geschäftsführer Stefan Rohr EIN FILM VON MATTHIAS GLASNER Kaufmännischer Bereich Marianne Igl Online Mitarbeit: Marc Baumann Schlussredaktion Dr. Daniela Ptok Mitarbeit: Angelika Rauch Illustration: Christian Lange Saturns Liste Verantwortlich für den redaktionellen Inhalt Michael Ebert und Timm Klotzek, Anschrift wie Verlag Der Verlag übernimmt für unverlangt eingesandte Unterlagen keine Haftung. Das Papier des Süddeutsche Zeitung Magazins wird aus chlorfrei gebleichtem Zellstoff hergestellt. Bei Nichterscheinen durch höhere Gewalt oder Streik kein Entschä digungsanspruch. Eine Verwertung der urheberrechtlich geschützten Zeitschrift und aller in ihr enthaltenen Beiträge und Abbildungen, insbesondere durch Vervielfältigung oder Verbreitung, ist ohne vorherige schriftliche Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar, soweit sich aus dem Urheberrechtsgesetz nichts anderes ergibt. Insbesondere ist eine Einspeicherung oder Verarbeitung der auch in elektronischer Form vertriebenen Zeitschrift in Datensystemen ohne Zustimmung des Verlages unzulässig. Ab 26.4. auf DVD, Blu-ray und Video on Demand axel hacke Wohnt doch, Wie ihr Wollt. das beste aus aller welt 62 Süddeutsche Zeitung Magazin Noch überzeugender als die »essbare Stadt« findet A x e l H a c k e die Idee des »essbaren Büros«. Als Hacke neulich beim Nachdenken über ein Kolumnen-Thema gedankenverloren in die Lehne seines Bürostuhls biss, erwies sich diese leider als ungenießbar. EN. E SHOPP f IN L N O H C U JE T Z T A U T E H IG H L IG H T S A HL Ä W E G S AU de E24. R A K www. KARE Design GmbH Zeppelinstr. 16 D-85748 Garching auf eine richtige Großstadt ausdehnt! Ernährung aus den Früchten der eigenen städtischen Scholle. Tägliche Arbeit im Stadtgarten. Dieses neu erblühende nachbarschaftliche Leben! Das Verbindende. Ich habe gestern mit Interesse gesehen, dass Sie sich schon wieder Tomaten aus dem Beet an der Ecke genommen haben, Herr Müller-Mägerlein. Aber beim Unkrauthacken sind Sie nie anzutreffen! Erneut haben Sie eine lebende (!) Nacktschnecke in die Restmülltonne (!) geworfen, Frau Schnullmeier, wissen Sie denn nicht, dass auch die Nackt- Zucchini-Ernte nicht mehr zu erwarten wäre. Wir bedauern, diesen Hinweis unterlassen zu haben, und entschuldigen uns. In Deutschland ist das Konzept der »essbaren Stadt« vor allem in Andernach mit so großem Erfolg umgesetzt worden, dass Andernach bereits fast zur Gänze aufgegessen ist. Nun interessieren sich auch deutsche Metropolen für dieses Konzept. Berlins Bewerbung beim Internationalen Komitee Essbarer Städte ist allerdings schon gescheitert, erstens weil die Bevölkerung dort vermutlich noch vor der für das Jahr 2135 geplanten Eröffnung der ersten Kartoffelpflanzung verhungert wäre, zweitens weil die Stadt nach eingehenden Voruntersuchungen insgesamt als »nicht zum Verzehr geeignet« bewertet wurde. In Köln kommen seit Jahren entsprechende Planungen nicht voran, weil immer wieder die vom Stadtbauamt errichteten Klettervorrichtungen für Stangenbohnen einstürzen. In Hamburg ist die Anlage eines Mohrrübenbeetes fürs Erste an der ungeklärten Finanzierung in Höhe von einer Milliarde Euro gescheitert. Dafür hat jetzt in München die Delegiertenversammlung des TSV 1860 beschlossen, das Trainingsgelände der ersten Mannschaft zum Spargelanbau zur Verfügung zu stellen, um die prekäre finanzielle Situation des Klubs aufzubessern. Illustration: Dirk Schmidt In Zürich ist das Konzept der »essbaren Stadt« beschlossen worden, das heißt, ab dem Frühjahr 2014 werden Verkehrsinseln und Rabatten in der Nähe von Trambahnstationen nicht mehr mit Blumen, sondern mit sogenannten »Nutzpflanzen« ausgestattet: Grünkohl, Lauch, Fenchel und so weiter. Die Bewohner Zürichs sollen sich an diesem Gemüse jederzeit bedienen können. Sie sind aber auch aufgefordert, die Beete zu hegen und zu pflegen und so ihr Gemeinschaftsgefühl zu stärken. Großartiger Gedanke, nicht wahr? Dass man das Prinzip des Schrebergartens endlich mal schnecke ein Geschöpf des Herrn ist und ihr Leben führen möchte? Man sollte Sie auch mal in die Tonne schmeißen, damit Sie spüren, wie das ist. Und möchte ich Ihnen, sehr geehrte Stadtverwaltung, zur gefälligen Kenntnisnahme die Tatsache empfehlen, dass einerseits im Restaurant Zur fröhlichen FrugivorIn schon wieder Porree-Wochen sind, während ich andererseits aus meinem Fenster nun seit Wochen auf ein abgeerntetes Porree-Rondell blicke. Wann wird hier endlich umgegraben? P. S.: Die Stiefmütterchen früher waren schöner. Auch ist darauf hinzuweisen, Euer Ehren, dass die Schwermetallbelastung im Körper meines Mandanten in den vergangenen Jahren um mehrere hundert Prozent gestiegen ist, seit er sich nämlich vorwiegend aus der Verkehrsinsel am HenryMorgenthau-Platz ernährt. Da hier trotz wiederholter schriftlicher (!) Mahnungen seitens des Klägers nie ein Warnschild angebracht wurde, halte ich eine Schadensersatzforderung in Höhe von drei Millionen Euro für angemessen. Warum wird an der Ecke Fichtenweg/Zum Buchenhölzchen seit Jahren immer nur Blumenkohl angebaut? Blumenkohl, Blumenkohl, Blumenkohl! Ich hasse Blumenkohl! Möchte die Stadtgärtnerei die liebe Anwohner/innenschaft mit diesem Rundschreiben darauf hinweisen, dass sich zwar in unserer letzten Aussendung unter der Rubrik Leckeres vom Straßenrand ein Rezept für gefüllte ZucchiniBlüten befand, dass aber, wenn nun alle Mitbürger/innen tatsächlich gefüllte Zucchini-Blüten äßen, eine nennenswerte mit wohnideen die ALLes sind - Ausser GewöhnLich. KARE live erleben: DEsign- & WoRKhAus l Augustenstr. 10-14 l 80333 München l Tel. 089/5521 550 l [email protected] l [email protected] LAnDhAus l Lindwurmstr. 76 l 80337 München l Tel. 089/7252 015 l [email protected] CityhAus l Sendlinger Str. 37 l 80331 München l Tel. 089/2308 7365 l [email protected] EChing l Heisenbergstr. 8a l 85386 Eching l Tel. 08165/9706 700 l [email protected] REgEnsbuRg l Wahlenstrasse 17 l 93047 Regensburg l Tel. 09 41/6464 1900 l [email protected] KARE WoRLDWiDE: AbujA • Athens • bAhrAin • bAnjA LukA • beirut • brusseLs • buchArest • budApest • cAen • cAiro • cyprus • FirenZe • GuAyAquiL • jAkArtA • jekAterinburG • kiev • kuwAit LisboA • Lorient• LuxembourG • Lyon • mALtA • meLbourne • riyAdh • rome • sAn jose • sAo pAuLo • seouL • soFiA • spLit • thessALoniki • teL Aviv • viennA • xiAmen • ZAdAr • Zurich EINZIGARTIG WIE IHRE LIEBE 1888 BY BUCHERER das absolute Glanzstück aus dem Atelier Bucherer: Brillant allerhöchster Kategorie, ab 1 Karat, formvollendet gefasst in edlem Platin UHREN SCHMUCK JUWELEN Berlin Düsseldorf Frankfurt Hamburg München Nürnberg | Basel Bern Davos Genève Interlaken Lausanne Locarno Lugano Luzern St. Gallen St. Moritz Zermatt Zürich | Wien | Paris | bucherer.com