die grosse erzählung - Theater der Stadt Aalen

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die grosse erzählung - Theater der Stadt Aalen
DIE GROSSE ERZÄHLUNG
Spielzeit 2013/2014
Verführung und Verantwortung
Begleitmaterial
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1
Inhaltsverzeichnis
Liebe Leserin, lieber Leser!
3
Kurzzusammenfassung
4
Besetzung
5
Die Stationen der Odyssee - Arbeitsblatt
6
Die Stationen der Odyssee - Texte
7
Götter der griechischen Mythologie
17
Über die Autoren
18
Über das Erzähltheater
19
Impressum
19
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Liebe Leserin, lieber Leser,
Die Odyssee gehört zu den ältesten Werken der Menschheitsgeschichte - zuerst
mehrere Jahrhunderte lang mündlich überliefert und schließlich durch einen
Dichter schriftlich festgehalten. Jahrhunderte lang blieb der Einfluss des Epos um
den nach langer Irrfahrt endlich heimkehrenden Griechen Odysseus erhalten und
auch heute noch gehört das Werk Homers zur einflussreichsten abendländischen
Literatur. In Musik, Film und Theater wurden die Themen - die Irrfahrt, die
Heimkehr, der alle Leiden tapfer durchstehende Protagonist - ständig neu
bearbeitet.
Mit einem einfachen Trick bereitet Bruno Stori die alte Geschichte neu auf - der
italienische Autor lässt einen naiven Jungen, Rico, die Odyssee wiedergeben, so
wie er sie versteht. Rico erzählt weiter, was er selbst von einem Mann am
Bahnhof erfahren hat, genau wie die Rhapsoden im antiken Griechenland. Als
„Erzähltheater“ kommt „Die große Erzählung“ so mit ganz einfachen Mitteln aus,
gleichzeitig ist sie ein lebendiges und spielerisches Angebot an die Phantasie
unseres jungen (und jung gebliebenen) Publikums.
Ihr
Theater der Stadt Aalen
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3
Sage mir, Muse, die Taten des vielgewanderten Mannes,
Welcher so weit geirrt, nach der heiligen Troja Zerstörung,
Vieler Menschen Städte gesehn, und Sitte gelernt hat,
Und auf dem Meere so viel' unnennbare Leiden erduldet,
Seine Seele zu retten, und seiner Freunde Zurückkunft.
Aber die Freunde rettet' er nicht, wie eifrig er strebte,
Denn sie bereiteten selbst durch Missetat ihr Verderben:
Toren! welche die Rinder des hohen Sonnenbeherrschers
Schlachteten; siehe, der Gott nahm ihnen den Tag der Zurückkunft.
Homers Odyssee erzählt die Geschichte eines Mannes, der es ausschlägt,
unsterblich zu werden, der sich zum Menschsein und allen damit verbundenen
Leiden bekennt, der Gefahren erduldet und neugierig auch herausfordert. Sein Ziel
ist die Heimat, ist seine Frau. Stationen seiner Fahrt von Troja nach Ithaka sind
Stationen der Selbstfindung und Reifung. Zu Hause angekommen, stellt er die aus
den Fugen geratene Ordnung wieder her.
Und Homer erzählt die Geschichte der Penelope, des Odysseus Frau, die zwanzig
Jahre lang klug allen Zumutungen trotzt, ihrem Mann in Treue verbunden bleibt und
ihm in der Fähigkeit, das Leben zu meistern und Leid zu ertragen, in nichts
nachsteht.
(aus Die späte Heimkehr des Odysseus von Kurt Roeske)
Zum Stück
Die Geschichte des antiken Helden Odysseus ist ein altes, verstaubtes Stück? Nichts
für Kinder? Nicht, wenn sie von einem so begeisterten und liebenswerten Erzähler
wie Rico vorgestellt wird. Der einfache, unbedarfte Junge hört am Bahnhof einen
alten Mann die überlieferte Geschichte erzählen, als er auf seinen Zug wartet. Rico
ist fasziniert und macht Odysseus Abenteuer zu seinen eigenen. Er erzählt und spielt
mit Freude und Fantasie, so dass er, und mit ihm die ZuschauerInnen, Zeuge der
aufregenden Irrfahrt werden. Auf diese Weise macht der naive Junge aus der
griechischen Sage eine Geschichte, die wir, vor allem wenn wir Kinder (geblieben)
sind, verstehen und miterleben können.
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DIE GROSSE ERZÄHLUNG
Von Bruno Stori
Aus dem Italienischen übersetzt von Brigitte Korn-Wimmer
Für Menschen ab 10 Jahren
BESETZUNG
Rico:
Andreas Jendrusch
Regie:
Tonio Kleinknecht
Theaterpädagogik: Anne Klöcker
Leitung Technik:
Fred Wahl
Schneiderei:
Andrea Schnarre
Aufführungsrechte: beim Autor
Aufführungsdauer: ca. 45 Minuten, keine Pause
Premiere:
11. Januar 2014, 15:00 Uhr, im Alten Rathaus
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Stationen der Odyssee
Aiaia
Lipari und Vulcano
Caprera
Meninx
Capri/Galli
Ogygia
Gibraltar
Trapani
Ithaka
Troja
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[Reihenfolge: 1: Troja
Trojanischer Krieg -> Sieg der Griechen, Ausgangspunkt der Irrfahrt
2: Meninx
Insel der Lotosesser, wer Lotos isst, will nicht mehr
weg
3: Caprera Ziegeninsel, Odysseus und seine Gefährten rasten
4: Trapani Insel der Kyklopen -> Polyphem, „Niemand hat
mich geblendet!“
5: Lipari und Vulcano
Insel des Windgottes Aiolos, dieser schenkt
Odysseus einen mit Wind gefüllten Schlauch, den die
Gefährten öffnen -> Seesturm
6: Aiaia
Insel der Zauberin Kirke, sie verwandelt Odysseus‘
Gefährten in Schweine
7: Gibraltar Kirke schickt Odysseus in die Totenwelt zu Hades, dort
trifft er seine tote Mutter
8: Capri/Galli
Gesänge der Sirenen, Gefährten entkommen durch
Wachs in den Ohren, Odysseus selbst lässt sich an den
Schiffsmast binden
9: Ogygia
Insel der Nymphe Kalypso -> verliebt sich in Odysseus,
behält ihn sieben Jahre bei sich
10: Ithaka Odysseus kehrt als einziger Überlebender zu seiner Frau
und seinem Sohn zurück
Die Schüler können z.B. anhand der Texte die Reihenfolge und Schauplätze der
verschiedenen Stationen herausfinden, die Zahlen in der Karte eintragen und
Stichwörter zum Geschehen vermerken.]
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Texte zu den Stationen:
1: Trojanischer Krieg
Eine Nymphe wollte sich dafür rächen, nicht auf eines der Feste der griechischen
Götter eingeladen worden zu sein. Sie schlich sich auf das Fest und schmuggelte
einen goldenen Apfel hinein, auf dem stand: „Für die Schönste". Nun stritten sich
Athene, Aphrodite und Hera, wer von ihnen die Schönste sei.
Zeus versuchte, den Streit zu schlichten. Er fand einen menschlichen Richter, den
Trojaner Paris. Der wurde allerdings von den drei Göttinnen bestochen. Hera und
Athene bestachen ihn mit Gold, Silber und Edelsteinen, Aphrodite jedoch versprach
ihm, dass er Helena von Sparta kriegen würde, wenn er sie wählen würde. Er wählte
also Aphrodite und entführte daraufhin Helena von Sparta.
Die Griechen wollten sie jedoch zurückhaben und reisten mit ihrer ganzen
Streitmacht nach Troja. Ihre Forderungen, Helena von Sparta freizugeben, wurden
nicht erfüllt. So begann der Trojanische Krieg, der viele Jahre lang dauerte.
Die Griechen belagerten die Stadt, bis Odysseus durch eine Prophezeiung eine Idee
hatte: er ließ aus Holz das Trojanische Pferd bauen, in dem sich die besten Krieger
seines Heeres versteckten. Die Trojaner hielten es für ein Geschenk und zogen es in
ihre Stadt. Nachts kamen die Griechen aus ihrem Versteck, überwältigten die
Trojaner und öffneten die Tore für das restliche Heer. So gewannen die Griechen
den Trojanischen Krieg.
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2: Lotophagen
Auf einer Insel an der afrikanischen Küste leben in der Odyssee-Geschichte die
sogenannten Lotophagen, ein Volk, das sich von den Blüten des Lotos ernährte.
Deren Geschmack soll sehr süß sein und eine beruhigende Wirkung haben. Wer
davon isst, will nie wieder etwas anderes essen und für immer in der Sonne liegen
und weiteressen. Der Pflanze wird tatsächlich eine beruhigende Wirkung
nachgesagt, allerdings ist diese lange nicht so stark und berauschend.
3:
Hier handelt es sich um eine kleine bewaldete
Insel namens Caprera, auf der zu Odysseus’
Zeit vor allem Ziegen und Schafe lebten. Nicht
weit entfernt lag jedoch eine weitaus
gefährlichere Insel, auf der die einäugigen
Riesen, auch Kyklopen genannt, in Höhlen
hausten.
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4: Der Kyklop Polyphem
oben: Odysseus
und der Kyklop
Polyphem, 1896,
Arnold Böcklin
links: Odysseus
und seine
Gefährten
blenden den
Kyklopen, Vase
rechts: Kopf des
Kyklopen
Polyphem, um
200 v. Chr.
Der einäugige Riese Polyphem wohnte auf der Insel Trapani in einer Höhle und
hütete Schafe und Ziegen. Als Odysseus mit seinen Gefährten Polyphems Höhle.
betrat, rollte der Kyklop einen riesigen Felsen vor den Ausgang und fraß zwei
Gefährten des Odysseus. Der Riese legte sich daraufhin schlafen, doch der Anführer
der Griechen wagte nicht, ihn zu töten, da er auch mit Hilfe seiner Freunde den Stein
nicht wegwälzen konnte.
Am nächsten Tag verspeiste der Kyklop abermals Menschenfleisch, doch Odysseus
servierte ihm anschließend starken Wein. Der betrunkene Riese wollte den Namen
von Odysseus erfahren, der sich als „Outis“ bezeichnete (auf Deutsch: Niemand,
Keiner). Als Polyphem in tiefen Schlaf gefallen war, blendeten ihn die gefangenen
Griechen, indem sie ihm einen Pfahl in sein einziges Auge stießen. In seinem
Schmerz schrie Polyphem die anderen Kyklopen herbei: „Niemand hat mich
geblendet, Niemand hat versucht, mich zu ermorden!“. Daraufhin kümmerten sich die
anderen Kyklopen nicht weiter um ihn.
Als der Kyklop seine Schafe am nächsten Morgen zur Weide hinausließ, tastete er
alle ab. Odysseus und seine Gefährten konnten trotzdem aus der Höhle entkommen,
indem sie sich im Bauchfell der Schafe festklammerten. Odysseus verhöhnte von
seinem Schiff aus den blinden Riesen, der ihn fast noch mit einem Felswurf getroffen
hätte.
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5:
Aiolos war ein griechischer Gott der Winde. Seine Gattin war Eos, die Göttin der
Morgenröte. Er wurde von Zeus als Herrscher über die vier verschiedenen Winde
(Boreas, der Nordwind, Euros, der Süd-Ostwind, Zephyros, der Westwind und Notos,
der Südwind) eingesetzt. Mit großer Gastfreundschaft nahm Aiolos Odysseus und
seine Begleiter auf.
Aiolos war nach Homer auf der sagenhaften schwimmenden Insel Aiolia beheimatet,
die im Bereich der heutigen Liparischen Inseln vor Sizilien gelegen haben soll.
Nach Aiolos ist
ein Instrument benannt.
Die Saiten der
Äolsharfe werden durch
den Wind zum
Klingen gebracht.
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6:
links: Lekythos (griechische Vase) mit Darstellung von Odysseus und Kirke
rechts: Schauspielerin Tilla Durieux als Kirke, Franz von Stuck, 1913
Kirke (auch Circe oder Zirze) ist eine Zauberin, die in einer Villa auf der Insel Aiaia
lebt. Ihre Insel ist von zahmen Tieren bevölkert - allerdings handelt es sich nicht um
echte Tiere, sondern um verzauberte Menschen.
Odysseus strandet mit seinem letzten verbliebenen Schiff auf Aiaia, wo Kirke seine
Gefährten durch ein Kraut in Schweine verwandelt. Sie erkennt jedoch Odysseus
Gesicht, denn eine Prophezeihung verriet ihr, dass er auf ihre Insel kommen würde.
Kirke verwandelt Odysseus Männer wieder zurück und bietet ihnen an, sich bei ihr zu
stärken. Ein Jahr lang bleiben sie auf Aiaia, dann machen sie sich mit Kirkes
Unterstützung wieder auf den Weg. Sie ist es auch, die Odysseus in die Unterwelt
schickt, um sich von einem Seher die Zukunft voraussagen zu lassen,und ihm verrät,
wie er sich vor den Sirenen schützen kann.
In einigen Varianten dieser Geschichte bleibt Odysseus deshalb solange bei Kirke,
weil sie ihn verführt und er sich daraufhin in sie verliebt. Aus ihrem Namen ist
deshalb das Verb „bezirzen“ enstanden, was soviel heißt wie verzaubern oder
umgarnen.
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7:
Hades ist der erste Sohn der Götter
Kronos und Rhea. Wie seine Brüder
wurde er sofort nach der Geburt von
seinem Vater verschlungen, dem
prophezeit worden war, dass ein
Sohn ihn entthronen würde.
Nach der Befreiung aus den
Eingeweiden des Kronos kämpfen
Hades und seine Geschwister
Poseidon und Zeus gegen Kronos
und dessen Titanen. Schließlich
können sie mit Hilfe der Kyklopen
den Krieg gewinnen. Entscheidend
sind die Waffen der Kyklopen: Zeus
erhielt den Donner, Poseidon den
Dreizack und Hades den Hadeshelm,
der den Träger unsichtbar machte.
Nachdem Kronos überwunden war,
teilten die Brüder die Welt unter sich
auf. Dabei erhielt Zeus den Himmel,
Poseidon das Meer und Hades die
Unterwelt. Seitdem ist Hades der
Herr des Totenreiches, der sein
Reich nur äußerst selten verlässt.
Den Eingang zur Totenwelt, die in
der Odyssee in der Nähe der
Meerenge
von
Gibraltar
liegt,
bewacht Kerberos, Hades
dreiköpfiger Hund.
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8:
Die Sirenen locken mit ihrem wunderschönen Gesang Schiffe an, um deren
Besatzung zu töten
Über das Aussehen der Sirenen, die bei Capri auf Odysseus und seine Männer
lauerten, berichtete Homer ebenso wenig wie über ihre Namen oder Herkunft. In der
Ikonographie erscheinen sie in den ältesten bekannten Darstellungen. In späteren
Darstelungen wurde auch ihr Oberkörper menschlich abgebildet.
Es gab verschiedene Sagenfassungen, wie die Sirenen ihre Gestalt bekommen
haben sollen: Ovid berichtet, dass sie Gespielinnen der Göttin Persephone waren
und sich auf die Suche nach ihr machten, als sie von Hades geraubt wurde. Da sie
Persephone nicht fanden, baten sie die Götter um die Verleihung von Flügeln, damit
sie die Entführte auch auf dem Meer suchen könnten, woraufhin ihre Verwandlung
stattfand. Nach einer anderen Erzählung ließen die Sirenen zu, dass Hades
Persephone entführte und wurden später von deren Mutter Demeter zur Strafe in
geflügelte Wesen verwandelt. Als dritte Variante gibt Eustathios an, dass die Sirenen
einstmals heiratsunwillige Mädchen waren und durch die Göttin Aphrodite zu Vögeln
gemacht wurden.
Vasenbild: Odysseus und die Sirenen
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9.
Odysseus landet schließlich auf der Insel Ogygia. Die Nymphe Kalypso, Herrin der
Insel, verliebt sich in Odysseus und behält ihn sieben Jahre lang bei sich. Odysseus'
Heimweh aber lässt nicht nach, und die Göttin Athene überredet Kalypso schließlich,
ihn freizugeben. Kalypso hilft ihm letztendlich sogar, ein Floß zu bauen, mit dem er
sich wieder auf die Reise macht.
Im Original:
Ihn allein, der so herzlich zur Heimat und Gattin sich sehnte,
Hielt die unsterbliche Nymphe, die hehre Göttin Kalypso,
In der gewölbten Grotte, und wünschte sich ihn zum Gemahle.
Odysseus und Kalypso, Arnold Böcklin, 1883
Kalypso, wie sie in der Filmreihe „Fluch der Karibik“ dargestellt wird
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10:
Ithaka, die Heimat des Odysseus, nach der er sich auf seiner Reise stets zurücksehnte, inspirierte dieses Gedicht von Konstantinos Kavafis.
Ithaka
Brichst du auf gen Ithaka,
wünsch dir eine lange Fahrt,
voller Abenteuer und Erkenntnisse.
Die Lästrygonen und Zyklopen,
den zornigen Poseidon fürchte nicht,
(…)
Immer halte Ithaka im Sinn.
Dort anzukommen ist dir vorbestimmt.
Doch beeile nur nicht deine Reise.
Besser ist, sie dauere viele Jahre;
Und alt geworden lege auf der Insel an,
reich an dem, was du auf deiner Fahrt gewannst,
und hoffe nicht, dass Ithaka dir Reichtum gäbe.
Ithaka gab dir die schöne Reise.
Du wärest ohne es nicht auf die Fahrt gegangen.
Nun hat es dir nicht mehr zu geben.
Auch wenn es sich dir ärmlich zeigt, Ithaka betrog dich nicht.
So weise, wie du wurdest, in solchem Maße erfahren,
wirst du ohnedies verstanden haben, was die Ithakas bedeuten.
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Götter und Personen in der Odyssee/der Großen Erzählung
Odysseus:
Einer der Anführer des griechischen Heers, das den Trojanischen Krieg
gewonnen hat, der nun mit seinen Gefährten heimkehren will.
Penelope:
Odysseus Frau, die viele Jahre lang auf seine Heimkehr wartet. Sie hat
viele Verehrer, die sie heiraten wollen. Diese weist sie jedoch ab.
Polyphem:
Ein einäugiger Riese oder Kyklop, der in einer Höhle auf einer Insel
lebt. Er ist der Sohn von Poseidon.
Hades:
Der Gott der Unterwelt, die Odysseus auf seiner Irrfahrt besucht. Er ist
der Bruder von Zeus und Poseidon.
Kirke:
Eine Zauberin, die auf einer Insel lebt. Sie kann Menschen in Tiere
verwandeln und macht so Odysseus’ Gefährten zu Schweinen. In
Odysseus selbst verliebt sie sich und behält ihn mehrere Jahre bei sich
auf ihrer Insel.
Aiolos:
Gott der Winde, der auf einer Insel lebt und Odysseus unterstützt, als er
aufgrund einer Flaute nicht mehr weitersegeln kann.
Kalypso:
Eine Meernymphe, die sich in Odysseus verliebt und ihn einige Zeit bei
sich festhält, ihm aber schließlich bei der Weiterreise hilft.
Poseidon:
Der Gott des Meeres und der Bruder von Zeus und Hades. Er kann
Erdbeben und Stürme verursachen und kann Odysseus nicht
ausstehen.
Zeus:
Der „Göttervater“. Er ist allwissend und der Herr des Donners. Zu
seinen Ehren wurden die Olympischen Spiele veranstaltet.
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Die Autoren
Homer
Homer gilt als Autor der Illias und der Odyssee und
damit als erster Dichter des Abendlandes. Weder
sein der Ort noch das Datum seiner Geburt oder
seines Todes sind bekannt. Es ist nicht einmal
sicher, dass es Homer überhaupt gegeben hat. Die
Zeit, in der Homer angeblich lebte, wird ebenfalls
diskutiert. Heutzutage stimmt die Forschung
weitestgehend darin überein, dass Homer, wenn es
ihn gab, etwa in der zweiten Hälfte des
8. Jahrhunderts vor Christus gelebt hat.
Es wird immer wieder bezweifelt, ob Ilias und
Odyssee überhaupt von einer einzelnen Person
verfasst wurden. Unbestritten ist jedoch die bis
heute andauernde Wirkung Homers, der schon in
der Antike als der Dichter schlechthin galt.
Die Odyssee hat er auf jeden Fall nicht selbst erfunden – die Geschichte existierte
schon lange und wurde von Generation zu Generation mündlich weitergegeben. Wie
bei jeder mündlichen Überlieferung entwickelte sich der Stoff ständig weiter – hier
wurde etwas hinzugefügt, dort etwas weggelassen -, bis Homer ihn schließlich in
Reimform brachte und niederschrieb.
Bruno Stori
Bruno Stori wurde 1955 in Bologna geboren,
wo er als Dramatiker, Schauspieler und
Regisseur arbeitet. Bekannt wurde er vor
allem durch seine Rolle als Gigi in der
Buchverfilmung „Momo“ von 1984. Stori hat
in der italienischen Kinder- und Jugendtheaterlandschaft ein Autorentheater geschaffen, das vor allem auch wesentliche
Themen aus der Weltliteratur durch einfache
und poetische Mittel für heutige Kinder und
Jugendliche erfahrbar macht.
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Theaterform: Erzähltheater
Im Erzähltheater ist, wie der Name verrät, das Erzählen zentrales Element der
Inszenierung. Das gesprochene Wort steht im Mittelpunkt und entfaltet seine Wirkung
auf den Zuschauer. Das Erzähltheater behält eine gewisse Distanz zum
Geschehenen, im Fall der Großen Erzählung zu den Gefahren und Hindernissen der
Odyssee, was sich meistens deutlich durch den Gebrauch der 3. Person oder der
Vergangenheitsform äußert. Jedoch ist gleichzeitig der Erzähler und somit das
Erzählte näher am Zuschauer, als wenn die Handlung unabhängig und
abgeschlossen in einem vom Zuschauerraum getrennten Bühne stattfindet. Denn es
wird die Fantasie des Publikums angeregt – die Bilder entstehen im Kopf.
Der Bühnenerzähler spricht entweder selbst unter eigenem Namen oder er spielt
eine Rolle und wendet sich in dieser erzählend unmittelbar an das Publikum.
Das Erzähltheater nimmt Traditionslinien von der Antike – damals verbreiteten die
Rhapsodensänger über Jahrhunderte hinweg Sagen und Epen, unter anderem auch
Homers Odyssee – bis zu den Moritatensängern auf.
Und hier entsteht eine schöne Parallele zwischen der Entstehung der Odyssee und
der Inszenierung der Großen Erzählung: Die Geschichte wird weitererzählt, subjektiv
verändert und bereichert.
Impressum
Theater der Stadt Aalen
theateraalen.de
Erstellt von Annika Michalk, Januar 2014
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