Die Rürup-Rente als Baustein der privaten Altersvorsorge
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Die Rürup-Rente als Baustein der privaten Altersvorsorge
Die Rürup-Rente als Baustein der privaten Altersvorsorge unter Berücksichtigung der rückwirkend ab 01.01.2006 verbesserten Günstigerprüfung Das neue Alterseinkünftegesetz Im Frühjahr 2002 hat das Bundesverfassungsgericht die unterschiedliche Besteuerung von Renten und Pensionen als mit dem Grundgesetz unvereinbar erklärt und den Gesetzgeber aufgefordert, spätestens zum 1.1.2005 eine Neuregelung zu schaffen. Mit dem Alterseinkünftegesetz (AltEinkG) ist der Gesetzgeber dieser Aufforderung nachgekommen. Ein wichtiger Schwerpunkt des Alterseinkünftegesetzes ist der Übergang zur sogenannten nachgelagerten Besteuerung von Altersbezügen. Das heißt, dass die Bezüge von Rentnern nach und nach in wachsendem Maße steuerpflichtig werden. Im Gegenzug sind die während der Erwerbsphase gezahlten Beiträge für die Altersvorsorge durch das Anheben der Höchstbeträge in größerem Umfang als Sonderausgaben abzugsfähig. Der Übergang zur vollständigen Besteuerung der Renten vollzieht sich über einen Zeitraum von 35 Jahren, so dass erst Rentenjahrgänge ab 2040 ihre volle Rente zu versteuern haben. Vergünstigungen bei den anderen Altersbezügen - wie der Versorgungsfreibetrag bei den Pensionen und der Altersentlastungsbetrag - werden im gleichen Übergangszeitraum für jeden neuen Jahrgang entsprechend reduziert. Das 3-Schichten-Modell Im Alterseinkünftegesetz werden die verschiedenen Altersvorsorgeprodukte in drei Gruppen (Schichten) eingeteilt, die unterschiedliche steuerliche Folgen in der Zeit ihres Ansparens und ihrer Auszahlung nach sich ziehen. Die erste Schicht, die sogenannte Basisversorgung, besteht aus Produkten, bei denen die erworbenen Anwartschaften im Prinzip nicht beleihbar, nicht vererblich, nicht veräußerbar, nicht übertragbar und nicht kapitalisierbar sind. Hierzu gehören die • gesetzlichen Rentenversicherungen, • berufsständischen Versorgungseinrichtungen, • Alterssicherung der Landwirte, • kapitalgedeckten Leibrentenversicherungen (sog. „Rürup-Rente“) Die zweite Schicht umfasst die Zusatzversorgung im Alter (z.B. RiesterRente, betriebliche Altersversorgung). 1 Der dritten Schicht werden Kapitalanlageprodukte zugeordnet, die auch der Altersvorsorge dienen können, aber nicht zwingend müssen (z.B. Fondssparpläne, Kapitallebensund Rentenversicherungen mit Kapitalwahlrecht). Während Beiträge und Erträge in Schicht 1 und Schicht 2 Hartz IV- bzw. insolvenzsicher sind, gilt dieser Pfändungsschutz für die Produkte der Schicht 3 nicht. Die Rürup-Rente im Rahmen der Basisversorgung Beiträge zu einer privaten Rentenversicherung als Basisversorgung (RürupRente) können steuerlich geltend gemacht werden. Voraussetzung hierfür ist, dass: eine monatliche, lebenslange Leibrente vorgesehen ist die Zahlungen der Versicherung nicht vor Vollendung des 60. Lebensjahres geleistet werden hauptsächlich das Alter abgesichert ist (ein zusätzlich vereinbarter Versicherungsschutz bei Berufsunfähigkeit oder im Todesfall darf maximal 49 Prozent des Beitrags kosten) Ansprüche aus dem Vertrag nicht vererblich, nicht übertragbar, nicht beleihbar, nicht veräußerbar und nicht kapitalisierbar sind. Der Abzug für alle Aufwendungen zur Basisversorgung (Schicht 1) ist insgesamt auf 20.000 Euro jährlich, im Falle der Zusammenveranlagung auf 40.000 Euro jährlich, beschränkt. Im Jahr 2006 sind 62 Prozent der tatsächlichen Aufwendungen bzw. des Höchstbeitrags abzugsfähig. Der Prozentsatz steigert sich dann bis zum Jahr 2025 um jährlich 2 Prozent. Zu berücksichtigen ist demnach, dass sich der für eine Rürup-Rente zur Verfügung stehende Abzugsbetrag bei Angestellten um die Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung (inklusive steuerfreier Arbeitgeberanteile) bzw. bei Freiberuflern um die Beiträge in ein Versorgungswerk mindert. Bei Steuerpflichtigen, die ohne eigene Aufwendungen eine Altersversorgung erhalten (z.B. Beamte oder GmbH-Geschäftsführer-Gesellschafter mit einer Pensionszusage) vermindert sich der Höchstbeitrag um einen fiktiven Beitrag zur gesetzlichen Rentenversicherung (maximal der Höchstbeitrag für die neuen Bundesländer von 10.296 Euro). Bei Selbständigen bleibt der Abzugsbetrag ungekürzt. In der Leistungsphase werden die Rentenzahlungen aus einer Rürup-Rente nachgelagert besteuert. Der steuerpflichtige Teil begann in 2005 bei 50 Prozent. Er steigt für jeden neuen Rentnerjahrgang (Kohortenprinzip mit Festschreibung eines Freibetrags bei Rentenbeginn) jährlich um zwei 2 Prozentpunkte, vom Jahr 2020 an jährlich um einen Prozentpunkt. Vom Rentnerjahrgang 2040 ist dann der gesamte Bezug steuerpflichtig. Sonstige Vorsorgeaufwendungen, „Günstigerprüfung“ und geplante Neuregelung Ab 2005 werden Aufwendungen für die Altersvorsorge (Basisversorgung der Schicht 1) und sonstige Vorsorgeaufwendungen steuerlich separat betrachtet. Zu den sonstigen Vorsorgeaufwendungen zählen z.B. Beiträge zu Kranken-, Unfall- und eigenständigen Berufsunfähigkeitsversicherungen sowie Beiträge zu „alten“, vor dem 01.01.2005 abgeschlossenen Kapitallebens- und Rentenversicherungen. Bei Steuerpflichtigen, die die Kosten einer Krankenversicherung in vollem Umfang selber tragen, wie z.B. Unternehmer, ist der abzugsfähige Höchstbetrag der sonstigen Vorsorgeaufwendungen auf 2.400 Euro p.a. begrenzt. Bei Arbeitnehmern und Beamten reduziert sich der Höchstbeitrag auf 1.500 Euro jährlich. Um eine Schlechterstellung gegenüber der alten Rechtslage zu vermeiden, wurde 2005 eine Günstigerprüfung eingeführt. Bis 2019 prüft das Finanzamt automatisch, ob ein Sonderausgabenabzug nach neuem oder altem Recht günstiger ist und setzt den höheren Abzugsbetrag an. Diese gut gemeinte Günstigerprüfung hätte aber dazu geführt, dass ein Teil der Einzahlungen in eine neue Rürup-Rente steuerlich „verpufft“ wäre und sich der Abschluss einer Rürup-Rente oftmals nicht gerechnet hätte. Der Gesetzgeber hat dies erkannt und in seinem Jahressteuergesetz 2007 eine Nachbesserung der Günstigerprüfung beschlossen. De facto wird rückwirkend ab dem 01. Januar 2006 - unabhängig von den sonstigen Vorsorgeaufwendungen - jeder Beitrag zur Rürup-Rente vom ersten Euro an steuerlich absetzbar sein. Die folgenden Beispiele sollen dies verdeutlichen. Betrachtet wird ein lediger Selbständiger mit einem Beitrag in die Rürup-Rente von 3.000 Euro p.a. und sonstigen Vorsorgeaufwendungen in Höhe von 6.000 Euro jährlich. 3 Abzugsfähigkeit der Vorsorgeaufwendungen nach der bisherigen Günstigerprüfung Vorsorgeaufwendung nach AltEinkG (ab 2005) Höchstbetrag nach altem Recht Gesamtbeiträge € 9.000 abzüglich Vorwegabzug € 3.068 Grundhöchstbetrag hälftiger Abzug (Hälfte des Rests, max. Hälfte von € 1.334) € 1.334 Restbetrag ohne Abzug € 3.931 abzugsfähig € 5.069 Gesamtbeiträge € 9.000 abzüglich Altersvorsorgeaufwendungen € 3.000, davon 62% Sonstige Vorsorgeaufwendungen max. € 2.400 € 1.860 € 2.400 Restbetrag ohne Abzug € 4.740 abzugsfähig € 4.260 € 667 Die Günstigerprüfung ergibt in diesem Fall, dass die Höchstbetragsberechnung nach dem alten Recht den höheren abzugsfähigen Betrag ergibt. Daher kommen 5.069 Euro zum Abzug. Da dieser Betrag auch ohne den Abschluss einer Rürup-Rente als Sonderausgaben berücksichtigt worden wäre, bleibt die Rürup-Rente hier steuerlich ungefördert (aber in der Leistungsphase zu versteuern!) – der Verpuffungseffekt tritt ein. Das Jahressteuergesetz 2007 sieht vor, dass als Vorsorgeaufwand der Betrag gilt, der sich aus der Höchstbetragsberechnung nach altem Recht (OHNE Berücksichtigung der Beiträge für eine Rürup-Rente) ergibt PLUS Beiträge in die Rürup-Rente im Umfang ihrer steuerlichen Berücksichtigungsfähigkeit. Das heisst: Die Rürup-Beiträge werden in jedem Fall steuerlich berücksichtigt. Für 2006 können 62 Prozent von maximal 20.000 Euro (zusammenveranlagte Ehepaare 40.000 Euro) geltend gemacht werden. Die Berechnung des obigen Beispiels gemäß Jahressteuergesetz 2007 sieht folgendermaßen aus: 4 Günstigerprüfung nach dem Jahressteuergesetz 2007 (rückwirkend ab 01.01.2006) Vorsorgeaufwendung nach AltEinkG (ab 2005) Höchstbetragsberechnung Beiträge ohne Basisrente € 6.000 abzüglich Vorwegabzug € 3.068 Grundhöchstbetrag hälftiger Abzug (Hälfte des Rests, max. Hälfte von € 1.334) Restbetrag ohne Abzug € 1.334 Gesamtbeiträge € 9.000 abzüglich Altersvorsorgeaufwendungen € 3.000, davon 62% Sonstige Vorsorgeaufwendungen max. € 2.400 € 1.860 € 2.400 Restbetrag ohne Abzug € 4.740 abzugsfähig € 4.260 abzugsfähig € 4.260 € 667 € 931 abzugsfähig Plus Beiträge zur Basisrente € 3.000, davon 62% € 5.069 abzugsfähig € 6.929 € 1.860 Nun werden die Beiträge zur Rürup-Rente NACH der Höchstbetragsberechnung hinzugerechnet. Im Vergleich zur bisherigen Regelung sind 1.860 Euro mehr steuerlich abzugsfähig. Bei einem persönlichen Steuersatz von 42 Prozent (ohne KiSt. und Soli) spart unser Beispiel-Mandant also zusätzlich 781,20 Euro. Bei höheren Jahresbeiträgen war die Rürup-Rente auch schon nach altem Recht steuerlich interessant. Durch die Modifikation der Günstigerprüfung verbessert sich die Nachsteuerbetrachtung aber nochmals. So könnte unser Beispiel-Mandant bei einem Jahresbeitrag von 20.000 Euro nun insgesamt 17.469 Euro abziehen und seine Steuern um 7336,98 Euro mindern (5.208 Euro der Steuerersparnis resultieren aus der Rürup-Rente, 2.128 Euro aus den sonstigen Vorsorgeaufwendungen). Nach alter Rechtslage hätte die Steuerersparnis immerhin noch 6.216 Euro (abzugsfähiger Betrag 14.800 Euro) betragen. Rürup-Rente und Versorgungswerk Da die Rentenzahlungen aus einem Versorgungswerk zukünftig auch der nachgelagerten Besteuerung unterworfen werden, sinkt automatisch das individuelle Netto-Versorgungsniveau ab. Zusätzliche Aufwendungen zur Beibehaltung der bisherigen prognostizierten Versorgungshöhe sind also notwendig. Freiberufler mit Pflichtmitgliedschaft in einem Versorgungswerk haben im Hinblick auf die Ausschöpfung der Altersvorsorgeaufwendungen mehrere Möglichkeiten: 5 Beibehaltung der bisherigen Versorgungswerk-Beiträge und eine zusätzliche, den Höchstbeitrag ausschöpfende Rürup-Rente Herabsetzung der Versorgungswerk-Beiträge auf den Mindestbeitrag und eine zusätzliche Rürup-Rente Zusätzliche Zahlung freiwilliger Beiträge in das Versorgungswerk (und dann ggf. noch „kleine“ Rürup-Rente, falls der Höchstbeitrag durch das Versorgungswerk allein nicht ausgeschöpft werden kann). 6