Alexander L. berichtet - international Experience

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Alexander L. berichtet - international Experience
Mein Auslandsjahr in Redmond, Oregon vom 01.09.09 – 16.06.10
Lang lang ist’s her, da war ich noch schüchtern, hatte kaum Selbstbewusstsein und konnte mir nicht
annähernd vorstellen, einmal ein Jahr im Ausland zu verbringen. Meine Eltern hatten mir immer
schon ans Herz gelegt ins Ausland zu gehen. Besonders meiner Mutter lag viel daran, da sie selber nie
die Chance dazu hatte und es heute sehr bedauert. Deshalb wollte sie, dass es mir später anders
ergehen würde. Ich habe schon immer großes Interesse an Amerika gehabt, weil mein Vater in Ohio
aufgewachsen ist und stets Positives erzählt hat. Aber ein Jahr in den USA ohne meine Familie und
Freunde? Ne, das konnte ich mir beim besten Willen nicht vorstellen.
Das ist vier Jahre her…
Mit der Zeit bin ich aus meiner bemitleidenswerten Null-Bock-Phase aufgewacht und habe begriffen,
dass es wichtig ist, etwas aus meinem Leben zu machen. Meine Eltern waren total erstaunt als ich
Ihnen vor gut drei Jahren erzählte, dass ich unbedingt für ein Jahr in die USA gehen möchte. Obwohl
meine Mutter mir sagte, dass es ihr schwerfallen würde mich gehen zu lassen, waren meine Eltern
begeistert von meinem Sinneswandel und ehe ich mich versehen konnte war ich schon auf der ersten
Infoveranstaltung einiger Austauschorganisationen in Frankfurt.
Aufgrund katastrophaler Erfahrungen mit der Austauschorganisation IST (2-wöchiger Sprachurlaub in
Brighton, GB) war mir von Anfang an klar, dass ich nicht mit einer großen Organisation fahren
möchte, bei der man nur eine Nummer im System ist. Bei der oben genannten Veranstaltung hörte
ich nun zum ersten Mal von international Experience. Dort habe ich mich sehr lange und ausführlich
mit Paul Hallgrimson unterhalten und hatte von Anfang an ein gutes Gefühl, da er der Einzige war der
mich direkt von sich aus angesprochen und mich sehr freundlich beraten hat.
Zuhause angekommen habe ich mich noch etwas über iE informiert, und mich dann sofort beworben.
Das Bewerbungsgespräch, das einige Wochen darauf folgte, lief sehr gut und ich habe gemerkt, dass
ich mit iE ein richtig gute Entscheidung getroffen habe.
Kurze Zeit später habe ich erfahren, dass ich in das Austauschprogramm aufgenommen wurde. Ich
war überglücklich! Aufgrund meiner schlechten Noten hatte ich befürchtet, dass mich keine
Organisation nehmen würde. Ich wurde allerdings nur aufgenommen unter dem Gesichtspunkt, dass
ich mich im nächsten Halbjahr verbessern muss. Dies war leider nicht der Fall Und nun zum ersten großen Lob an iE: Es war einfach genial, dass iE mir die Möglichkeit gab, meinen
Austausch um ein Jahr zu verschieben. So bin ich zum Ende des ersten Halbjahres der neunten Klasse
freiwillig zurückgegangen und konnte nun einen relativ guten Notendurchschnitt erreichen.
Das 3-tägige Vorbereitungsseminar in Göttingen hat mir viel Spaß gemacht. Dort wurden wir mit
gängigen Umgangsformen in den USA vertraut gemacht und auf die anstehende Ausfüllung der VISADokumente vorbereitet (der mit Abstand nervigste Teil der Vorbereitung).
Des Weiteren mussten wir an einem (ich glaube 2-stündigen) Englischtest teilnehmen. Hierbei war
eine gewisse Punktzahl zu erreichen. Das ist wichtig für die spätere Anmeldung an einer High School.
Nachdem ich diesen Test mit einer hohen Punktzahl abgeschlossen hatte, fiel mir erstmal ein Stein
vom Herzen. Jetzt stand dem besten Jahr meines Lebens außer dem Visumantrag nichts mehr im
Wege. Oder etwa doch? Ja, leider. Ein klitzekleines Detail namens host family fehlte noch. Das lange
Warten begann…
Aufgrund meiner Katzenallergie war es nicht einfach, eine Gastfamilie für mich zu finden. Amerikaner
lieben Haustiere. Dort gibt es einfach viel mehr Haushalte mit Hunden und Katzen. Erschwerend kam
noch hinzu, dass es vielen Amerikanern finanziell sehr schlecht ging, da die Wirtschaftskrise damals
hoch im Gange war (sie ist es heute noch; viel schlimmer als in Deutschland). Das Warten hielt also
noch an.
Als das Ende der Sommerferien immer näher rückte, verlor meine Mutter so langsam die letzte
Hoffnung und hat sich schon darauf eingestellt, dass ich nicht fortgehen werde. Ich war immer noch
sehr optimistisch. Allerdings war ich ziemlich schlecht gelaunt, da ich beim besten Willen keine Lust
hatte noch ein paar Wochen in die Schule zu gehen bis ich eine Gastfamilie bekomme.
Der erste Schultag fing an. Es war einfach nur schlimm. Ich konnte mir nicht vorstellen dieses Jahr in
Deutschland an dieser langweiligen Schule zu verbringen. Hinzu kam noch, dass die ersten Mitschüler
anfingen, sich lustig zu machen, da ich ja anscheinend doch nicht weggehe.
Genervt kam ich Zuhause an, wo mir meine Mutter mit Tränen in den Augen entgegen rannte. iE hat
endlich angerufen, ich hatte eine Gastfamilie ☺ Ich konnte es kaum fassen. Just awesome!!!
Wenig später schaute ich mir dann ihr Profil auf der iE-webpage an. Einfach toll. Riesen Haus, eigenes
Zimmer mit Bad, gigantisches Grundstück, viele Kühe (ok, das vielleicht nicht so), ein Jack-Russell
Terrier namens Scooter (meine Zukünftige beste Freundin ☺), vier Gastgeschwister von 18-25
Jahren, wobei Rachelle die Einzige war, die noch Zuhause wohnte und mit mir auf die High School
ging, und zu guter letzt: es war in Oregon!
Ich hatte schon insgeheim gehofft, dass es Oregon wird. Ich bin absolut Leichtathletik vernarrt und in
Oregon wird Track ganz groß geschrieben.
Knapp eine Woche nachdem ich meine Gastfamilie bekommen hatte, ging’s auch schon los. Die
Sachen waren schnell gepackt und verabschiedet hatte ich mich eh schon von allen. Es ist übrigens
nur bei dem einen Schultag geblieben =) Den Rest habe ich mir erspart um die letzten Tage in
Deutschland ohne jeglichen Verpflichtungen zu genießen.
Nach einem anstrengenden Flug bin ich dann endlich in Redmond um ca. 8pm Ortszeit gelandet. Dort
wurde ich von meiner zukünftigen Gastfamilie mit Begeisterung empfangen.
Das Erste, was mir an diesem Abend aufgefallen ist, ist, dass die Gastfamilie genauso aufgeregt ist
jemanden neuen zu treffen wie man selbst auch. Das hat meiner Meinung nach sehr dazu
beigetragen, dass wir uns sehr schnell aufeinander eingestellt haben. Schon am gleichen Abend habe
ich mich wie ein Teil der Familie gefühlt und wusste zugleich, dass ich mit meiner Gastfamilie einen
Glückstreffer gelandet hatte.
Unser Haus
Unser Haus, aufgenommen auf einem Rundflug über Redmond ☺
Mein Zimmer
Ich hatte große Angst vor dem ersten Schultag. Wie werde ich von den amerikanischen Schülern
aufgenommen, finde ich mich im Schulgebäude zurecht…? Aber Rachelle hat mir diese Angst von
vornherein genommen, indem sie mit mir zusammen schon mehrere Tage vor Schulbeginn die Schule
besuchte und mir einige Lehrer vorstellte. Sie war es auch, die mir bei meiner Fächerwahl behilflich
war. Für Ausländer ist das eine echte Herausforderung. Ich staunte nicht schlecht, als ich das Buch
mit den über 100 Fächern in der Hand hielt. Letztendlich ist es aber auch schon irgendwie cool, wenn
man sich seinen eigenen Stundenplan zusammenstellen kann.
Flur des Hartman Campus der Redmond High School
An diesem Tag habe ich auch erfahren, dass Track leider ein „spring sport“ ist; also nur im 3.
Trimester jedes Jahr stattfindet und nicht ganzjährlich. Glücklicherweise gab es Cross Country im fall
trimester, so dass ich weiterhin in Richtung Leichtathletik trainieren konnte. Dort habe ich dann auch
meine ersten Freunde kennen gelernt.
Obwohl mich das Langlauftraining ziemlich fertig gemacht hat (bin eher ein Sprintertyp), habe ich es
nie bereut, dass ich beim Training mitgemacht habe. Denn ohne diese sog. „extracurricular activities“
ist es sehr schwer, Anschluss und Akzeptanz an einer amerikanischen High School zu finden. So
kannte ich schon einige Leute bevor die Schule überhaupt anfing und konnte dann mit einem guten
Gefühl in den Schulalltag starten.
Schule in Deutschland habe ich immer mehr als eine Last und Zwang empfunden, als einen Ort, an
dem man sich mit Freunden trifft und der den Mittelpunkt des Lebens bildet. In Redmond war genau
das der Fall. Trotz des sich ständig wiederholenden Tagesablaufs (man hat jeden Tag die gleichen
Fächer; die Routine schlägt ab und zu in Langeweile um) habe ich mich meistens darauf gefreut, in
die Schule zu gehen. Der Umgang der Schüler untereinander und auch der Umgang mit den Lehrern
ist einfach viel offener und freundschaftlicher als in Deutschland. So kam es zum Beispiel, dass ich
herausgefunden habe, dass mein Mathelehrer vor ca. 15 Jahren ein Austauschschüler in SchleswigHolstein war und wir uns fast jede Stunde über seine Erfahrungen in Deutschland austauschten. So
eine freundschaftliche Unterhaltung habe ich mit noch keinem Lehrer in Deutschland geführt.
Darüber hinaus sind die Lehrer durchweg sehr engagiert und ihnen liegt viel daran, dass man als
Schüler Erfolg hat. Deshalb ist es nicht ungewöhnlich, dass sich die Lehrer viel Zeit außerhalb ihres
regulären Arbeitstages nehmen um Schüler bei Fragen behilflich zu sein. Da können sich deutsche
Lehrer mal eine Scheibe von abschneiden!
Wie schon oben erwähnt, bildete die Redmond High School außerdem den kulturellen Mittelpunkt
im Leben der amerikanischen Schüler. In Deutschland geht man nach der Schule nach Hause, und hat
zumeist nichts mehr mit der Schule am Hut. Anders in Amerika. Sportgruppen und alle sonstigen
Freizeitbeschäftigungen werden nämlich von der Schule organisiert. Ich hatte also von 7:50 – 15:10
jeden Tag Schule und danach noch gut zwei Stunden Training. Meistens war ich dann immer so gegen
sechs Uhr Zuhause und musste noch meine Hausaufgaben machen. Die empfehle ich übrigens jedem
dringend zu machen, da sie – anders als in Deutschland – in den meisten Fächern einen erheblichen
Teil der Note ausmachen. Wenn man immer pünktlich in den Klassenraum kommt, seine
Hausaufgaben erledigt und einfach nur anwesend ist, hat man schon in vielen Klassen eine gute Note
sicher. Wenn man nur AP (advanced placement) und College-Kurse wählt ist das natürlich etwas
anderes. Ich hab mich für halbe-halbe entschieden: Ich besuchte einige einfache Klassen aber auch
einige schwere. Für precalculus (fortgeschrittener Mathekurs) musste ich zum Beispiel eine Menge
lernen um in den exams gut abzuschneiden. Auch die Hausaufgabenmenge war in diesem CollegeKurs enorm. Letztendlich ist es mir aber zum Glück gelungen, in allen Kursen das ganze Jahr über A’s
zu bekommen ☺
Wie sich sicher erahnen lässt, hatte ich unter der Woche so gut wie nie Zeit für Freizeitaktivitäten.
Wenn ich mal keine Hausaufgaben oder keinen Wettkampf hatte (meist wöchentlich) habe ich mich
entweder mit Freunden getroffen, um einen Film zu schauen, oder meinen Gasteltern auf unserer
Farm geholfen. Ja, in Amerika trifft man sich meist mit Freunden, um einen Film zu schauen. Das kam
mir am Anfang noch etwas ungewöhnlich vor, da sich alle meine Freunde nur getroffen haben, um
vorm Fernseher abzuhängen und Videospiele zu spielen. Bei Mädchen ist das sicher etwas anders.
Aber unter Jungs hat man eben nur diese Dinge gemacht. Mit der Zeit habe ich mich daran gewöhnt
und mich gefragt, warum wir das nicht in Deutschland auch so machen.
Naja, jedenfalls wäre es nicht Amerika gewesen, wenn ich nicht noch andere Dinge gemacht hätte.
Dazu gehörten vor allem Schießen, Ski fahren und Quad fahren. Letzteres hat’s mir besonders
angetan. Ich war mit einem aus dem Cross Country Training befreundet, dessen Familie ein ca. 500
Hektar großes Grundstück besaß. Sie haben mich fast wöchentlich eingeladen, damit ich zusammen
mit ihrem Sohn über Buckelpisten und durch Waldstücke rasen konnte. Des Weiteren besaßen sie
eine Schussanlage, bei der man mit einer Pumpgun auf abgefeuerte Scheiben schießen konnte. Diese
Wochenenden werde ich nie vergessen!!! Zum Glück hatten meine Gasteltern auch ein Quad.
Unser Jack-Russel Terrier Scooter
Auch Zuhause wartete eine Menge Arbeit auf mich, wenn ich mal nichts zu tun hatte. Meine
Gasteltern haben mir keine regelmäßige chores (Aufgaben im Haushalt) auferlegt. Ich sollte nur dafür
sorgen, dass mein Zimmer und Bad stets aufgeräumt und sauber sind und den Abwasch nach dem
dinner war auch zusammen mit Rachelle meine Aufgabe. Oftmals habe ich mehrere Wochen lang
keine chores gehabt. Wenn ich aber welche hatte, dann waren es meist sehr große; hat aber auch
Spaß gemacht. Meine Gasteltern haben zum Spaß neben ihrem Beruf Red Angus Rinder gezüchtet.
Die meisten meiner chores hatten also etwas mit den Kühen zu tun. So musste ich zum Bespiel den
Stall ausmisten, zum Impfen mitgehen, füttern, Kühe von einem Feld zum anderen treiben und das
Beste: das Pfeld pflügen. Da wir keine riesigen Felder wie einige hauptberufliche Farmer hatten, habe
ich das Feld nicht mit einem Traktor, sondern mit dem Quad gepflügt. Dazu musste ich ein Netz aus
Eisen hinter dem Quad herziehen und damit übers Feld brettern. Das war mit eine der wenigen
Aufgaben, für die ich mich immer wieder gern bereitgestellt habe ☺
Laub aufsammeln und dann hinter der Scheune verbrennen gehörte zu den etwas lästigeren
Aufgaben (Der „kultivierte“ Teil des Gartens war ca. 2000m² groß; das hat also eine Weile gedauert)
Im Frühling 2010 war es dann endlich soweit. Track fing an und ich war in meinem Element! Im
Gegensatz zu meinem Team in Deutschland war das Team der Redmond Panthers mit ca. 120
Schülern zu Beginn des Trimesters regelrecht überlaufen. So machte es aber auch viel mehr Spaß und
ich hatte wieder die Chance eine Menge toller Leute kennen zu lernen.
Das letzte Trimester ist mir als das mit Abstand beste in Erinnerung. Ich habe mich jeden Tag riesig
aufs Training gefreut. Die Teamgemeinschaft war einfach genial. Soviel Enthusiasmus habe ich in
Deutschland bei Wettkämpfen noch nie erlebt. Wenn man bei einem 400m-Sprint auf der Zielgerade
so gut wie tot ist und man von zig Leuten hört wie sie den eigenen Namen brüllen, dann beflügelt das
einen ungemein. Ich bin ein Teil einer tollen Gemeinschaft gewesen und bin heute immer noch
traurig darüber, wie schnell es doch vorbei ging.
Durch meine guten Sprintzeiten bin ich zu einer kleinen Berühmtheit unter den Leichtathleten
geworden und wurde von vielen Mitschülern mit „German beast“ angesprochen, haha.
Bevor ich Redmond verließ, nahmen mich meine richtigen Eltern auf eine 10-tägige Autoreise durch
California mit. Diese Reise war der krönende Abschluss eines tollen Jahres, auf der ich noch mal mehr
von Amerika gesehen habe als „nur“ Oregon. Meine Gasteltern haben es stets bedauert, dass sie mit
mir nur einmal für ein verlängertes Wochenende an die Küste Oregons gefahren sind. Sie hätten
gerne mehr mit mir gemacht, konnten aber nicht, da sie aufgrund der Kühe und der Wirtschaftskrise
stets beschäftigt waren. Das hat mir aber überhaupt nichts ausgemacht. Ich fand es schon mehr als
genug, dass sie mir die Möglichkeit gegeben haben für ein Jahr ein Teil ihrer Familie zu sein. Mehr
habe ich nie gewollt.
San Franciso
Golden Gate Bridge im Nebel
Golden Gate Bridge
Küste in Norden von California
Durchfahrbarer Baum in den Redwoods im Norden Californias
Bucht in Oregon
Crater Lake in Oregon (Vulkansee)
Abschließend möchte ich noch etwas dazu sagen, was ich aus meinem Jahr in Oregon mitnehme und
insbesondere, wie es mich verändert hat.
Vor meinem Auslandsjahr war ich ein ruhiger und sehr schüchterner Mensch. Ich hatte oftmals
Probleme, offen auf andere Leute zuzugehen und mich neuen Situationen zu stellen. Mein
Selbstbewusstsein war ziemlich schlecht. Gut, ich bin auch heute noch ein ruhiger Mensch. Das ist
aber einfach meine Art. Mein Selbstbewusstsein hat sich hingegen um Welten verbessert. Ich musste
so viel Eigeninitiative in Oregon zeigen und mich so vielen neuen Situationen stellen, dass ich als
anderer Mensch zurückgekommen bin. Ich habe jetzt kein Bedenken mehr offen auf andere
Menschen zuzugehen und fühle mich auch deutlich selbstbewusster. Des Weiteren hat mich das Jahr
erwachsener gemacht. Früher habe ich mich nicht älter als die anderen Deutschen in meiner Schule
gefühlt. Heute denke ich oft, was meine Stufe doch für ein alberner Kindshaufen ist. Die anderen
Austauschschüler auf meiner jetzigen Schule haben ähnliche Erfahrungen gemacht. Das Jahr hat mich
auf mein späteres Leben vorbereitet und ich kann es kaum erwarten, endlich studieren zu gehen und
mir mein eigenes Leben aufzubauen.
Sprachlich habe ich wahrscheinlich die meisten Fortschritte gemacht. Ich war zum Glück schon von
vornherein recht gut in Englisch, da mein Vater in Ohio aufgewachsen ist und mir schon einiges vor
der Schule beigebracht hat. Außerdem habe ich mich durch das schlichte Lesen von
englischsprachigen Büchern und Filmen auf das Jahr vorbereitet. Das kann ich übrigens nur
weiterempfehlen. Ich hatte dadurch nie Probleme, die Amerikaner zu verstehen. Vorher hatte ich
gehört, dass es einige Wochen dauert bis man mitkommt. Bei mir hat es zum Glück sofort geklappt.
Das lag wahrscheinlich auch daran, dass in Oregon noch mit einem relativ gut-verständlichen
amerikanischen Akzent gesprochen wird. In den Südstaaten ist es wahrscheinlich etwas schwerer.
Jedenfalls habe ich mich in Oregon ziemlich verrückt gemacht, ja kein Deutsch zu lesen und zu
sprechen. Das hat bis auf die Telefonate mit meinen Eltern auch ganz gut geklappt.
Die Amerikaner fanden es zwar alle überaus cool, dass ich anfangs einen Akzent hatte, ich habe mich
aber immer daran gestört. Ich weiß heute auch nicht, wie ich das durchgehalten habe. Aber wenn ich
mal nichts zu tun hatte, habe ich mit Hilfe von Liedern und Filmen im meinem Zimmer akzentfreies
Sprechen geübt. Das war zwar sehr zeitaufwendig, hat aber dazu geführt, dass ich meinen Akzent
größtenteils verloren habe. Als ich dann zurückkam nach Deutschland ist auch noch ein lustiger
Nebeneffekt aufgetreten. Meine Freunde haben durchweg gesagt, ich hätte einen leichten
amerikanischen Akzent (wenn ich deutsch spreche) und mir sind viele Wörter zunächst nicht
eingefallen. Die peinlichste Situation war, als ich mich bei meinem Schulleiter zurückgemeldet habe
und ich ihn mit „Hallo Mr. Holz“ begrüßt hatte. Da sieht man mal wie sehr einen so ein Jahr
beeinflusst ☺ Meine Eltern gingen dann sogar so weit, dass sie mich zu logopädischer Behandlung
angemeldet haben. Nach ein paar Wochen klappte es dann auch fast wieder wie früher. Allerdings
glaube ich nicht, dass dies auf die Logopädie zurückzuführen ist. Der reine Umgang mit der Sprache
hat mehr geholfen.
Aus schulischer Sicht hat mir das Auslandsjahr nur in Englisch sehr geholfen. Dort bin ich nun einer
der Besten und es ist das einzige Fach, in dem ich nicht auf die Uhr während des Unterrichts schaue,
haha. Ansonsten musste ich hart arbeiten um den Anschluss zu bekommen. Besonders in den
Naturwissenschaften hatte ich einige Defizite. Zum Ende des ersten Halbjahres der Stufe 12 komm
ich endlich in allen Fächern mit. Da ich kein sehr lernstarker Schüler bin, habe ich dieses Halbjahr nur
einen Durchschnitt von 10. In den Naturwissenschaften habe ich am Anfang des Jahres mehrmals
Klausurnoten im mittleren einstelligen Bereich bekommen. Ich empfehle also jedem, der kein
Mathegenie ist, sich auch schon in Amerika etwas auf die Schule vorzubereiten. Diese Gelegenheit
habe ich leider nicht ergriffen.
Ich habe vieles über Amerika gelernt, so auch, dass man seine politische Meinung besser für sich
behält. Meine Gasteltern waren ziemlich konservativ, der Vater meiner Gastmutter sogar extrem. Es
stand also an der Tagesordnung über Obama und die Demokraten herzuziehen. Hätte ich gesagt,
dass ich nichts gegen Obama habe, wäre die Harmonie wahrscheinlich stark zusammengebrochen.
Leider musste ich auch feststellen, dass vieles was man im Fernsehen sieht völliger Quatsch ist. So
habe ich in den ersten Wochen alles geglaubt was über Obama auf FOX News gesagt wurde. Dies
reichte von Behauptungen er sei ein Kommunist bis hin zu der abstrusen Vorstellung, dass er kein
amerikanischer Staatsbürger sei. Erst nach mehreren Wochen bin ich dahinter gekommen, dass FOX
so ziemlich der Sender der Republikaner ist und vieles, was dort läuft auf mich wie gezielte
Verängstigung der Bevölkerung wirkte. Aber das sind Erfahrungen, die jeder selbst machen muss.
Jedenfalls habe ich in Amerika nur durchweg nette Menschen kennen gelernt, egal wie verrückt oder
was für politische Ansichten sie hatten.
Ich behalte dieses Jahr als bestes Jahr in meinem Leben in Erinnerung und bin mir sicher, dass es dies
auch für lange Zeit bleiben wird. Ich habe viele tolle Freundschaften geschlossen und stehe noch
immer in Kontakt zu meiner Gastfamilie und einer Vielzahl meiner Freunde. Facebook und Skype sind
da heutzutage sehr hilfreich ;) Nachdem mich meine zwei besten Freunde im Juli schon besucht
hatten, bin ich derzeit am planen nächstes Jahr während der Sommerferien meine Freunde und
Gastfamilie zu besuchen. Ich kann es kaum erwarten!
Abschließend möchte ich noch sagen: Wenn ihr die Möglichkeit habt, ein Auslandsjahr zu machen,
solltet ihr es auf jeden Fall tun. Es ist nicht nur eine Bereicherung aus schulischer und beruflicher
Sicht, sondern auch ganz besonders aus persönlicher. Wenn man Angst davor hat, sollte man sich
überwinden und in den sauren Apfel beißen. Es ist es wert und ich habe meine Entscheidung keine
Sekunde lang bereut.
So, und nun noch ein paar Bilder zum Abschluss:
Smith Rocks in Redmond (vom Flugzeug aus aufgenommen)
„kleines“ Wohnmobil
Ein paar Kumpels vom Track Team und ich
Goodbye America So, das war’s dann auch schon. Ich hoffe Euch hat mein Erfahrungsbericht gefallen.
Liebe Grüße,
Alex