BürgerProgramm Bundesstadt

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BürgerProgramm Bundesstadt
BürgerProgramm
Bundesstadt
Bonn
inhalt
BürgerForum Bonn
R(h)ein
in die Zukunft.
Das BürgerForum 2011 – Zukunft braucht Zusammenhalt. Vielfalt schafft Chancen.
04
Der Weg zum BürgerForum
06
So funktioniert die Online-Plattform 08
Wie können wir den gesellschaftlichen Zusammenhang in Deutschland fördern? 10
Vorschlag Ausschuss Solidarität und Gerechtigkeit 12
Vorschlag Ausschuss Demokratie und Beteiligung
14
Vorschlag Ausschuss Familiäre Lebensformen
16
Vorschlag Ausschuss Integration
18
Vorschlag Ausschuss Bildung 20
Vorschlag Ausschuss Demografie
22
Impressum
Eine Initiative des Bundespräsidenten mit:
© BürgerForum 2011
c/o Bertelsmann Stiftung
Carl-Bertelsmann-Straße 256 · 33311 Gütersloh
www.buergerforum2011.de
Verantwortlich:
Dr. Robert B. Vehrkamp · Dr. Dominik Hierlemann
Anna Wohlfarth · Lars Thies
Redaktion: Pia-Annabelle Wischnat
Gestaltung und Lektorat:
SCHMITZ WG Corporate Communication GmbH · www.schmitz-wg.com
Fotos: Maja Metz (Titel), Reinhard Feldrapp (S. 3), Rafael Herlich (S. 11)
Dirk Lahmann, Sven Hense (S. 6, 13, 15, 17, 19, 21, 23)
Wir bitten um Verständnis, dass in der Regel auf die explizite Nennung
der weiblichen Sprachform verzichtet wurde. Frauen und Männer sind
immer gleichermaßen gemeint.
2 | Bürgerprogramm Bonn
Bürgerprogramm Bonn | 3
bürgerforum 2011
Das BürgerForum 2011 –
Zukunft braucht Zusammenhalt.
Vielfalt schafft Chancen.
Das BürgerForum 2011 ist eine Initiative des Bundespräsidenten Christian
Wulff mit der Bertelsmann Stiftung und
der Heinz Nixdorf Stiftung. In 25 Städten
und Landkreisen in Deutschland wurden
jeweils 400 nach einem Zufallsverfahren
ausgewählte Bürger eingeladen mitzudiskutieren. Bundesweit beteiligten sich
so 10.000 Bürger an der Diskussion.
Die Kluft zwischen Wählern und
Gewählten hat sich vergrößert. Deshalb
ist es wichtig, Brücken zwischen den
Bürgern und den politisch Verantwortlichen zu schlagen und ein gemeinsames, verantwortliches Handeln zu initiieren. Auch die Gesellschaft treibt heute
an vielen Stellen auseinander: Davon
zeugt der Gegensatz zwischen Jung und
Alt, die Kluft zwischen Arm und Reich, die
unzureichende Integration von Migranten. Wie wollen die Menschen in Deutschland vor dem Hintergrund dieser Heraus-
forderungen künftig zusammenleben?
Unter der Überschrift „Zukunft braucht
Zusammenhalt. Vielfalt schafft Chancen.“ haben die Teilnehmer zu dieser
Frage in sechs thematischen Ausschüssen gearbeitet (siehe Abbildungen unten).
Das Ergebnis des BürgerForums 2011
sind 25 regionale BürgerProgramme, mit
jeweils einem konkreten Vorschlag zu
jedem Ausschussthema. Alle Teilnehmer
wählen außerdem einen der regionalen
Vorschläge pro Thema in ein bundesweites BürgerProgramm. Am 28. Mai
übergeben sie dieses BürgerProgramm
an den Bundespräsidenten und stellen
es der Öffentlichkeit vor.
und alle Städte mit mehr als 80.000 Einwohnern zur Mitwirkung am BürgerForum 2011 eingeladen. Über 160 Städte
und Landkreise hatten sich beworben.
Aus allen Bewerbungen wurden schließlich per Losverfahren 25 Regionen ausgewählt. Die Stadt Bonn war dabei!
So wurden die Teilnehmer
ausgewählt
Für jeden Teilnehmer begann das BürgerForum mit einem Anruf. Die 400 Bürger aus Bonn wurden durch eine zufällige
Stichprobe aus dem Telefonregister ausgewählt und zum BürgerForum eingeladen. Ziel der Zufallsauswahl war, dass
die Teilnehmer die Vielfalt der GesellSo wurde die Stadt Bonn
schaft widerspiegeln und dass eine mögTeil des BürgerForums
lichst große Zahl an unterschiedlichen
Im Herbst 2010 wurden alle Landkreise Meinungen und Erfahrungen in die Disin Deutschland, alle kreisfreien Städte kussion und in die Vorschläge einfließt.
Bundespräsident Christian Wulff eröffnete das BürgerForum 2011 mit einer Rede
in Naila im Landkreis Hof. Die Rede wurde live in die anderen 24 Regionen übertragen.
Solidarität und Gerechtigkeit
4 | Bürgerprogramm Bonn
Demokratie und Beteiligung
Familiäre Lebensformen
Integration
Bildung
Demografie
Bürgerprogramm Bonn | 5
bürgerforum 2011
Online-Diskussion
Die Ergebnisse des Auftakts nahmen die
Teilnehmer mit in die Online-Diskussion.
Innerhalb von zwei Wochen haben sie
die einzelnen Vorschläge weiter ausgearbeitet und schließlich per Abstimmung in
jedem Ausschuss den überzeugendsten
Vorschlag ausgewählt. In den folgenden
drei Wochen der Online-Diskussion wurde an dem ausgewählten Vorschlag weitergearbeitet. Die Teilnehmerinnen und
Teilnehmer haben die Details des Vorschlags sowie seine Vor- und Nachteile
diskutiert und schließlich den Text formuliert, wie er hier im BürgerProgramm
zu lesen ist. Vier sogenannte OnlineModeratoren haben in dieser Zeit darauf
geachtet, dass die Diskussion fair und
sachlich verläuft.
BürgerRedakteure schreiben
die Texte
Wie konnten 60 oder 70 Menschen in
jedem Ausschuss an einem gemeinsamen Text schreiben? Die Antwort ist:
Nicht jeder arbeitete selbst am Text.
Das Formulieren des Vorschlags übernahmen sogenannte BürgerRedakteure.
Sie waren selbst auch Teilnehmer des
BürgerForums, hatten aber eine besondere Rolle übernommen. Pro Ausschuss
gab es zwei BürgerRedakteure mit dieser verantwortungsvollen Aufgabe: Alle
Mitglieder eines Ausschusses konnten
Kommentare, Änderungen und Ergänzungen zu einem Vorschlag und zu
einzelnen Textabschnitten machen. Die
Bürger-Redakteure haben dann aus
diesen Kommentaren und Anmerkungen
die zusammenhängenden Texte für das
BürgerProgramm formuliert.
Der Weg zum
BürgerProgramm
Meistens treffen sich Menschen entweder auf politischen Veranstaltungen
oder sie diskutieren im Internet, häufig
ohne einander zu kennen. Die Besonderheit des BürgerForums ist es, beides
miteinander zu verbinden: Das BürgerProgramm ist ein Ergebnis, das von den
Teilnehmern sowohl auf Veranstaltungen
als auch online erarbeitet wurde.
Auftakt
Begonnen haben die Teilnehmer des
BürgerForums mit der Arbeit auf einer
6 | Bürgerprogramm Bonn
Auftaktveranstaltung am 12. März 2011.
Alle sechs Ausschüsse eines regionalen BürgerForums kamen hier jeweils
zusammen. Die Mitglieder eines Ausschusses hatten die Gelegenheit, sich
persönlich kennenzulernen und einen
ganzen Tag lang intensiv zu arbeiten. In
Diskussionen und Abstimmungen in
kleinen Runden traf jeder Ausschuss
erste inhaltliche Festlegungen für das
BürgerProgramm. Unter dem Titel „Herausforderung“ haben die Teilnehmer
das jeweils größte gesellschaftliche
Problem oder die wichtigste Entwick-
lung in ihrem Ausschussthema identifiziert und gemeinsam in wenigen Sätzen
festgehalten.
In einem zweiten Schritt haben sie
stichpunktartig erste Vorschläge formuliert, wie der Herausforderung begegnet
werden kann.
Zeitgleich nahmen die Teilnehmer
des BürgerForums 2011 in allen Regionen die Arbeit auf. Mit einer Rede in
Naila im Landkreis Hof, die in alle anderen Regionen übertragen wurde, eröffnete Bundespräsident Christian Wulff
das BürgerForum.
Der Tag des BürgerForums
Auf einer zweiten Veranstaltung am
14. Mai in allen 25 Regionen wurden die
Ergebnisse in Form des vorliegenden
BürgerProgramms der Öffentlichkeit vorgestellt und mit Vertretern von Politik
und Gesellschaft diskutiert.
Bürgerprogramm Bonn | 7
bürgerforum 2011
So funktioniert
die Online-Plattform
Die Online-Plattform des BürgerForums
ist der zentrale Arbeitsbereich des BürgerForums. Hier arbeiten 10.000 Teilnehmer gemeinsam an 25 regionalen
BürgerProgrammen und an einem bundesweiten BürgerProgramm. Die Teilnehmer jedes der 25 regionalen BürgerForen diskutieren zunächst auf einer
eigenen Plattform unter sich. Für die
Wahl der Vorschläge in das bundesweite
BürgerProgramm werden die 25 einzelnen Plattformen miteinander vernetzt.
Die Online-Plattform wurde eigens für
das Projekt entwickelt und enthält eine
Reihe von Funktionen, die den Teilnehmern ermöglicht, online zu diskutieren
und gemeinsam an konkreten Texten
zu arbeiten.
Gesicht zeigen
Bei der Auftaktveranstaltung hatten sich
viele Teilnehmer bereits kennengelernt
und auch online sollten sie sich, anders
Aktuelle Informationen
aus dem BürgerForum
8 | Bürgerprogramm Bonn
als bei vielen anderen politischen Diskussionen im Internet, nicht anonym
austauschen. So stehen die Teilnehmer
des BürgerForums mit ihrem Namen und
einem Foto zu ihren Diskussionsbeiträgen. Eine persönliche Nachrichtenfunktion ermöglicht den Austausch untereinander auch abseits der inhaltlichen
Diskussion.
Kommentare und Anmerkungen
Die Arbeit an den gemeinsamen Texten
verläuft nicht in der offenen Struktur eines Internet-Forums, in dem alle Beiträge untereinander erscheinen. Direkt am
Text arbeiten nur die BürgerRedakteure.
Die anderen Teilnehmer schreiben Kommentare und Anmerkungen dazu, die
sich direkt auf eine bestimmte Textpassage beziehen. Auf den ersten Blick ungewohnt, ermöglicht diese Struktur, dass
viele Menschen gleichzeitig an einem
Text arbeiten. Wurde ein Kommentar
durch den BürgerRedakteur eingearbeitet, kann er ihn auf „erledigt“ setzen.
Damit der Prozess transparent verläuft,
bleibt der Kommentar aber weiterhin einsehbar.
Aufgabenbereich
Den Überblick über die Geschehnisse
auf der Plattform behalten die Teilnehmer in ihrem persönlichen Aufgabenbereich. Hier erfahren sie Schritt für Schritt,
wie die Diskussion sich entwickelt, in
welcher Form sie mitwirken können und
ob sie eine persönliche Nachricht in ihrem Postfach auf der Plattform erhalten
haben.
Informationen
Im Bereich „Information“ werden regelmäßig aktuelle Artikel zum BürgerForum
2011 eingestellt, zum Beispiel Ankündigungen für Veranstaltungen, Erklärun-
gen zu der Online-Plattform und einiges mehr. Sowohl die Teilnehmer als
auch interessierte Gäste können sich
in diesem Bereich über den Fortgang
des BürgerForums auf dem Laufenden
halten.
Moderation
Damit die Online-Diskussion fair und
sachlich bleibt, braucht es eine Moderation. Für das BürgerForum 2011
wird diese Funktion von eigens dafür
geschulten Online-Moderatoren übernommen. Die meisten von ihnen waren
bereits bei einem früheren BürgerForum als Teilnehmer dabei. Gegenüber dem Inhalt verhalten sich die
Online-Moderatoren neutral – sie bewerten die Ideen und Vorschläge
nicht, sondern achten nur darauf, dass
eine ausgewogene Diskussion entstehen kann.
Kommentare und Anmerkungen
zum Text des BürgerProgramms
Bürgerprogramm Bonn | 9
bürgerforum 2011
Wie können wir den gesellschaftlichen Zusammenhalt
in Deutschland fördern?
Mit dieser Frage haben sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des BürgerForums
Bonn beschäftigt. Auf Veranstaltungen und in einer mehrwöchigen Online-Diskussion
haben sie Vorschläge für Politik und Gesellschaft erarbeitet. Die Ergebnisse ihrer
Diskussion finden Sie auf den folgenden Seiten. Teilnehmerinnen und Teilnehmer des
BürgerForums in der Bundesstadt Bonn sind:
Nadia Nuran Adel | Ulrich Aengenvoort | Bahia Albrecht | Thorsten Ansorge | Gerhard Arndt | Gerald Assmus | Alexander
Badstuber | Beata Balazs | Sigmar Bartz | Andreas Batzel | Volker Becker | Hannelore Becker | Andrea Beckschäfer | Bruno
Behrendt | Rolf Bellersheim | Lydia Benmhand | Helga Bergmann | Monika Berrisch | Nadjeschda Bin | Christina Blischke |
Patrick Blum | Katarzyna Boenigk | Peter Bohlen | Susanne Bohn | Corinna Bonk | Anne Bonn | Monika Bös-Meyer | Yasmin
Boudad | Ingeborg Boxhammer | Ilona Brandt | H. Bremm | Henning Brunhoeber | Heidemarie Bücher | Sebastian Bücklers |
Hans-Peter Bürkner | Jan Busch | Markus Bütow | Anuschka Clasen | Stefan Colombier | Cordula Conrad | Heike Czerwinske
| Heinz Dahm | Vincent Debus | Nikolaus Decker | Ursula Degenhardt-Wiehlpütz | Achim Dehnen | Sven Christian Dethlefsen |
Christina Diederichs | Martin Dietrich | Lutz Dietsch | Jörg Dobler | Hans-Christoph Angermeyer | Michael Becker | Margret
Dreyer | Timo Duile | Ismail Durmus | Sven Duus | Ute Ebertz | Marcel Effer | Annegret Egger | Josef Ehrmann | Michelle
Eickmeier | Mara Eis | Karen Engel | Andrea Engels | Ulrich Eßmann | Jan Fahr | Jörg Faßbender | Silke Felten | Petra Ferber |
Sarah Anne Ferguson | Mafira Fischer | Harald Fleischhauer | Lutz Fohrer | Bernd Foth | Karola Frentzel | Jochen Friesenhahn
| Olivia Frisch | Bettina Fuchs | Birgit Gaertner | Guido Ganter | Anita Gegg-Wecker | Frank Genßler | Robert Gerber | Rolf-Dieter
Gerding | Rita Gerhardt | Ligeri Gerner | Christopher Gernhardt | Michael Gesper | Dorothee Giesecke | Michael Girnth |
Kadiata Githenge | Heidi Gördten | Nadja Gotzein | Anne Gramann | Dunja Graskemper | Andrea Graß | Eberhard Grenz |
Joachim Grimm | Elisabeth Guiset-Schleich | Jochen Günther | Dieter Gutzen | Maria Haase | Christoph Hagen | Horst
Hagenhoff | Mahmud Hajighassem | Sabine Haller-Schretzmann | Oliver Haluch | Thomas Hannemann | Günter Hansen | Gerd
Hansen | Hartmut Harder | Andreas Haverkamp | Heike Heier | Alexander Heim | Heidemarie Heinrich | Kerstin Heinrich | Ralf
Heinrichs | Ursula Herberhold | Hermine Hetzel-Protz | Wedig Heyden | Dieter Himioben | Albrecht W. Hoffmann | Rüdiger Hötger
| Walter Hudec | Jennifer Iding | Bernhard Jacobs | Birgit Jähnig | Regina Jansen | Theresia Jansen | Marcelo Jansen | Wibke
Janssen | Staedter Joerg | Ute Joppich-Hagemann | Andrea Jung-Grimm | Jorg Stephan Kahlert | Ulf Kallweit | Uta Kalwa-Bettin
| Azad Karim | Kerstin Karnahl | Bernhard Karsten | Beate Kaya | Tobias Keller | Werner Kentrup | Kamel Khedhri | Melanie
Kirk-Mechtel | Anne Klecker | Werner Klotz | Sebastian Knoblauch | Astrid Knop-Kurpiers | Sascha Köberl | Wolfgang Koch |
Annette Kolleck-Bernard | Günther Komrowski | Geertje König | Rolf Königstein | Maik Kopitzki | Andrea Korden | Sabine
Kornblum | Karin Körner | Christa Kosack | Gabriele Krajewski | Elsbeth Krämer | Stefan Krämer | Karsten Krämer | Michael
Krautzberger | Klaus Kregel | Timo Kreideweiß | Claudius Kroker | Stefan Kroll | Klaus Kuhn | Horst Kuhn | Isabell Kulik | Darius
Kunert | Barbara Kunz | Heike Kupfer | Christina Küpper | Paul Martin Küpper | Gudrun Kurzkurt | Nadine Laabs | Andrea Lahr |
Ruth Lahres | Wilhelm Langen | Manfred Lehmann | Liana Lehmhus | Lieselotte Lehnig | Christa Lenders | Constanze Friederike
Lessing | Peter Leuschen | Dirk Lichtermann | Renate Ließem | Robert Linden | R. Linder | Benjamin Lindlar | Hans-Jürgen
Loeschmann | Jennifer Loewe | Ingrid Lohmeyer-Müller | Andreas Löwe | Jörg Lücke | Ralf Lückerath | Martin Luetz | Matthias
Luhn | Rainer Lüneberg | Gerhild Lyssy-Sodogé | Hans Maaßen | Anjou Malik-Nogay | Wilfried Mandt | Elke Maruschzik |
Johannes Maruschzik | Lech Matusiak | Hubert Mauel | Tim Meier | Ulrich Mercker | Barbara Mergenschröer | Aied Meri
| D. Miller | Theresia Minossi | Helal Mir | Sabine Mueller | Ursula Müller | Markus Müller-Hanssen | Hans-Dieter Mummenthey |
Aimable Mutombo | Gabriele Naaß | Maja Naumann | Matthias Neeser | Ingrid Neft | Roland Neswadba | Ludger Nettekoven |
Sven-Uwe Neumaier | Anja Niemeier | Melitta Nonn | Marie-Luise Nünning | Jutta Nussbaum Dey | Katrin Ohm | Christine Opitz
| Cornelia Ort | Rudolf Orth | Eva Otto | Margret Paass | Christine Pahlke | Thilo Pannen | Hans-Jürgen Papke | Gabriele Paqué
10 | Bürgerprogramm Bonn
| Petra Passenheim | Svenja Pauka | Karin Pelzer | Winfried Persch | Guido Pfeiffer | Katharina Prost | Jochen Puls | Thomas
Quantius | Rainer Raabe | Birgitt Radeloff | Stefanie Rankenhohn | Dieter Rautenberg | Jürgen Reichenberger | Jürgen Reifarth
| Regine Reinelt | Karl Reinerth | Frank Remmel | Adelheid Retzlaff-Mohr | Barbara Reuter | Ashalata Rewari | Sabine Richards
| Daniel Richter | Claudia Richter-Krause | Uwe Rink | A. Roggenkamp | Bernhard Roscher | Verena Röschert | Karl-Heinz
Rosenbaum | Ghazal Rostami Gooran | Frank Rothe | Sabine Rubel | Caroline Rudolph | Maria Ruppert | Christine Sack |
P. Sacks | Gabi Sauermann | Ulrich Schaaf | Sebastian Schaube | Helga Scheurer | Stefanie Schiffer | Daniel Schily | Volker
Schleifer | Irma Schmid | Johann Schmidt | Werner Wilhelm Schnurr | Stefanie Schoetz | Michael Schöne | Dörte Schott |
Michaela Schreiber | Angelika Schröder | Stefan Schubbe | Margret Schuld | Eva - Maria Schüler | Helga Schüller | Winfried
Schüller | Bernward Schulte | Marvin Schulze-Quester | Gisela Schurz | Ellen Schuster | Uwe Schuster | Albert Schwan | Erwin
Schwindt | Joachim Schwippert | Dorothea Sebastian | Cosima Seitz | Claudia Severin | Norbert Siemon | Susanne Simonis |
Sebastian Simons | Jörg Simonsmeier | Manfred Sinnigen | Sonja Soltani | Frank Spinat | Cerstin Stadeler | Annemarie Steinberg
| Marianne Steinig | Karlhelm Steinmetz | Angelika Stender | Andreas Stenz | Heike Stephen | Damian Sternberg | Gunnar
Stevens | Johanna Stille | Holger Stolarz | Detlef Stötzner | Tim Strehlau | Philip Stühler-Walter | Ulrike Stumpf | Adem Sürül |
Severin Tatarczyk | Annika Temme | Jürgen Tenten | Brigitte ter Jung | Christian Testorf | Walter Thiele | Michael Thiele | Claudia
Thielenhaus | Siegfried Tuschke | Gabriele Ucka | Andreas Unrau | Oürania Vasiliadou | Erika Viktor-Wiedemann | Uwe Virnich
| Gerrit Vöhringer | Bernd Voigtländer | Dagmar Völpel | Christian vom Scheidt | Volker von Oldenburg | Kerstin Voss | Veronika
Vreden | Jan Wachendorff | Michael Wald | Jochen Walter | Jan Wassermeyer | Miriam Watschounek | Vincenz Weber | Melanie
Weingartz | Frank Westermann | Martin Wigger | Ursula Wilde | Wendelin Wilhelm, Dr | Marion Wilhelmy | Andrea Wilke | Gabriele Wilken | Dagmar Willkens | Sabine Winkler-Stille | Paul-Albrecht Witting | Fritz Witting | Gabriele Witzgall | Silke Wohlfarth |
Juana Wolf | Peer Wrede | Thomas Wurzbacher | Brigitte Wüster | Bernhard Zapp | Karina Zawierucha | Angelo Zientarski |
Ernst-Josef Zimmermann | Eva Zwach
Ein Dankeschön
Vor und hinter den Kulissen haben viele Menschen tatkräftig an der Umsetzung des BürgerForums mitgewirkt:
Dirk Lahmann von der Stadt Bonn hat mit seinem Team die Veranstaltungen organisiert. Mit großem Engagement
setzten sie das BürgerForum 2011 zusätzlich zu ihren sonstigen Tätigkeiten vor Ort um. Ohne ihren Einsatz wäre
das BürgerForum Bonn nicht möglich gewesen. Michaela Scheller moderierte die Veranstaltungen. Ulrich Brückner,
Julianne Lauschmann, Klaus Rittinger und Erich Santner moderierten in ehrenamtlicher Tätigkeit die OnlineDiskussion. Ihnen und allen zahlreichen Helfern, die hier nicht namentlich erwähnt sind, gilt besonderer Dank.
Bürgerprogramm Bonn | 11
Vorschlag Ausschuss Solidarität und Gerechtigkeit
Solidarität und Gerechtigkeit
Gemeinsames Verständnis von Solidarität entwickeln! Schere zwischen Arm und Reich schließen! Menschen zur Solidarität motivieren und diese fordern und fördern, und zwar auf nationaler Ebene
durch eine Reform der Steuersysteme und Durchsetzung von Steuergerechtigkeit sowie eine Reform der sozialen Sicherungssysteme
(z. B. durch Unterstützung der Armen, Stärkung der öffentlichen
Kassen zugunsten gesellschaftlicher Aufgaben und Sicherstellung
des Mindestlohns und Grundeinkommens). Verantwortung muss
gerecht verteilt werden. Auf globaler Ebene ist eine Stärkung bzw.
Schaffung des Bewusstseins für global gerechtes Handeln und
wirtschaftliche Stärkung der Entwicklungsländer unerlässlich.
BürgerRedakteure Gabriele Krajewski, Karina Zawierucha
Vorschlag
Solidarität und Gerechtigkeit
vor wirtschaftlichen Interessen
Wirtschaftliche Interessen ordnen sich dem Solidaritäts- und
Gerechtigkeitsempfinden der Gesellschaft unter.
Begründung
Eine funktionierende soziale Marktwirtschaft ist die Gesellschaftsform der Zukunft, die sich zwischen den extremen
Ausprägungen einer jeden politischen
Ideologie platziert.
Solidarität ist die Grundlage für eine
gelebte, funktionierende soziale Marktwirtschaft, in der jeder die Unterstützung der Gesellschaft erfährt, aber
auch gleichzeitig entsprechend seinen
Fähigkeiten zur Stütze dieser Gesellschaft beiträgt. Solidarität auf Augenhöhe heißt: Jeder Beitrag zur Solidarität, nicht nur der materielle, sollte seine
Wertschätzung erhalten.
Solidarität und Gerechtigkeit leiden
am stärksten unter der rücksichtslosen Durchsetzung von wirtschaftlichen,
aber auch politischen Interessen.
Vorschlag im Detail
Innerhalb einer echten sozialen Marktwirtschaft sollten Rahmenbedingungen
etabliert werden, die eine angemessene Verteilung materieller Güter und der
Steuerlast, das Recht auf Arbeit, Chan12 | Bürgerprogramm Bonn
cen-Gleichheit und Chancen-Gerechtigkeit für alle sicherstellen.
Die Befriedigung der Grundbedürfnisse wie Ernährung, Wohnung, medizinische Versorgung und Bildung stellt
die Grundlage für ein menschenwürdiges Leben dar.
Solidarisches Handeln muss die
Generationengerechtigkeit berücksichtigen, damit den zukünftigen Generationen
eine lebenswerte Welt hinterlassen wird.
Um diese Ziele zu erreichen, müssen
Umdenkprozesse stattfinden: Die Entwicklung und Förderung von solidarischen Einstellungen muss in den Familien, den Bildungseinrichtungen und
den Medien verstärkt werden.
Solidarisches Handeln muss innerhalb der Gesellschaft eine höhere Wertschätzung erhalten.
Ziel ist es, die „soziale Kompetenz“
jedes Einzelnen zu stärken und diese
von Institutionen, Parteien und politisch
Verantwortlichen einzufordern.
Eine Ethik-Kommission, die diese
Umdenkprozesse initiiert und begleitet,
sollte ins Leben gerufen werden.
Da viele politische Entscheidungen
auf europäischer Ebene getroffen wer-
den, sollte auch hier die Maxime des
solidarischen Handelns die Entscheidungsprozesse tragen.
In globaler Hinsicht fordert solidarisches Handeln die gerechte Verteilung
der weltweiten Ressourcen (z. B. Wasser), gerechte Entlohnung von Arbeit
und Produktion sowie freien Zugang zu
allen Märkten.
Die Außen-, Wirtschafts- und Entwicklungspolitik müssen sich nach diesen Maximen richten.
Pro und Contra
Als Gegenargumente zum Primat von
Solidarität und Gerechtigkeit in diesem
Lösungsvorschlag könnten angeführt
werden:
∙Extreme Idealisierung der solidari-
schen Grundidee
∙Gleichschaltung
∙Verlust der Eigenverantwortung
Wenn jedoch mit entsprechenden Augenmaß gehandelt wird, lassen sich diese
möglichen Fehlentwicklungen vermeiden
und die Vorteile des Lösungsvorschlags
kommen voll zum Tragen, da sie zu
folgenden Verbesserungen führen:
∙Menschenwürdiges Zusammenleben
∙Mehr soziale Gerechtigkeit
∙Höhere Zufriedenheit
∙Geringeres Konfliktpotenzial
∙Stärkung des Selbstwertgefühls durch Übernahme sozialer Aufgaben und deren Anerkennung
∙Gerechtere Welt
Eine Ethik-Kommission „Solidarität und
soziale Gerechtigkeit“ ist zu gründen,
die bei diesem angestrebten Wertewandel Orientierungshilfe gibt, auf Abweichungen vom solidarischen Handlungsprinzip mahnend hinweist und
Veränderungen fordert.
BürgerRedakteur Karina Zawierucha
Umsetzung
Jeder ist aufgefordert, sich solidarisch
und gerecht zu verhalten.
In Familien, Bildungseinrichtungen
und Medien muss darauf hingewirkt
werden, dass soziales, solidarisches
Verhalten mehr Ansehen und Wertschätzung gewinnt.
Die Politiker sind aufgefordert, durch
ihr Handeln die Maxime der Solidarität
und Gerechtigkeit vorzuleben und in ihrem politischen Handeln auch umzusetzen. Die Politiker sind unter anderen
aufgefordert, ein vereinfachtes und
gerechteres Steuersystem sowie ein
solidarisches Krankenversicherungssystem zu schaffen und die Abschaffung der verschwenderischen „Versicherungsmentalität“ einzufordern.
AuSSerdem
in der Diskussion
Weitere Vorschläge, über die online in den ersten beiden Wochen
in dem Ausschuss diskutiert
wurde, haben die Überschriften:
„Positive Auswirkungen der Solidarität hervorheben“, „Solidarität
durch Bildung für alle“, sowie
„Solidarität und Gerechtigkeit
durch Erziehung und Bildung“.
Bürgerprogramm Bonn | 13
Vorschlag Ausschuss demokratie und beteiligung
Demokratie und Beteiligung
Weiterentwicklung der repräsentativen Demokratie um eine
funktionierende, angemessene, transparente, verbindliche,
sachbezogene Bürgerbeteiligung. Erwartet werden eine
Beachtung der Balance von Einzelinteressen und Gemeinwohl,
Nachhaltigkeit über Wahlperioden hinaus, Offenlegung fachlicher
Inhalte, frühzeitige Bürgerbeteiligung mit adressatengerechter
Aufbereitung von Fachunterlagen, Einführung von Kommunikationsstrukturen, Erhöhung der Akzeptanz von Entscheidungsprozessen und Rückkoppelung auf Bürgerebene.
BürgerRedakteure Eva Otto, Andreas Stenz
Vorschlag
Projektbegleitende Bürgerbeteiligung
Die repräsentative Demokratie erfasst nicht in ausreichendem Maße die Sachmeinung
der Bürger. Bei Grundsatzentscheidungen und Großprojekten verhindern parteipolitische
Machtspiele eine ausgewogene Sachentscheidung. Dies fordert der mündige, wachsame
und verantwortungsbewusste Bürger ein.
Begründung
Vorschlag im Detail
Der Bürger hat den Eindruck, dass er
nicht mehr von Politik und Verwaltung
wahrgenommen wird. Zwar sieht die
bestehende Gesetzgebung an verschiedenen Stellen die Möglichkeit vor, den
Bürger an Entscheidungsprozessen teilhaben zu lassen, es steht jedoch zur
Debatte, ob diese Form der Bürgerbeteiligung noch zeitgemäß ist.
An verschiedenen Beispielen aktueller
Großprojekte (S21, Atomlager, Ausbaustrecke Karlsruhe–Basel, OffshoreWindkraftanlagen, föderalistisches Schulsystem usw.) lässt sich ablesen, dass der
Bürger einerseits aufgeklärt werden will
und andererseits konstruktive Vorschläge
machen möchte. Eine Widerspiegelung
der Volksinteressen kann immer nur ein
Sachkompromiss sein.
Die aktuelle politische Situation zeigt
jedoch wieder eine starke Polarisierung.
Unter dieser Bedingung kommt es zu
Machtkompromissen und der Sachkompromiss bleibt auf der Strecke. Eine neue
Art der Bürgerbeteiligung stellt den Sachkompromiss sicher und verbessert seine
Akzeptanz bei den Bürgern.
Einführung einer Bürgerbeteiligung auf
Bundes-, Länder- und Kommunalebene.
Die moderne neue Bürgerbeteiligung hat
3 Varianten. Je nach Thema kann die jeweilige Beteiligungsvariante zur Anwendung kommen. Variante V1: Vollständige
Auskunft: Die Bürger erhalten vollständigen Einblick in die Sach- und Fachunterlagen. Variante V2: V1 + bürgergerechte
Aufarbeitung der Fachunterlagen, öffentliche Fachmoderation/Schlichtung, verbindliche Umsetzung der erarbeiteten
Auflagen. Variante V3: V1 + V2 + verbindlicher Bürgerentscheid.
1. Erstellung eines transparenten, offenen Systems zur Feststellung der betroffenen Bürger, damit transparent ist,
welche Bürger über welche Projekte entscheiden. Dieses System sollte jedem
zugänglich sein.
2. Ohne Fachunterlagen ist eine Aufklärung der Bürger objektiv nicht möglich. Fachunterlagen sind in der Regel
nur für Fachleute verständlich. Die
zuständigen Verwaltungen haben die
Fachunterlagen angemessen bürgerverständlich aufzuarbeiten und gleich-
14 | Bürgerprogramm Bonn
zeitig die auf Bürgerseite erstellten
Unterlagen auf gleicher Plattform bereitzustellen. Somit stehen öffentlich
zur Verfügung: 2.1 vollständige und
umfassende Fachunterlagen · 2.2 bürgerverständlich aufgearbeitete Unterlagen · 2.3 Unterlagen der Bürger, ihre
Gutachten oder Stellungnahmen
Die Unterlagen sind auf einer Internetplattform strukturiert und übersichtlich zu veröffentlichen und gleichzeitig
in Papierform auszustellen.
3. Bei komplexen Sachverhalten ist
die Meinungsbildung über umfangreichste Unterlagen nicht jedem Bürger,
Verwaltungsmitarbeiter und Politiker
möglich. Eine öffentlich moderierte
Schlichtung mittels unabhängiger Moderatoren hilft allen einen umfassenden
Überblick zu bekommen.
Diese Moderation ist sehr früh im
Projekt zu beginnen, solange Entscheidungsspielräume noch groß sind.
4. Erstellung einer Ablaufstruktur, in
der die Fristen für Verwaltung, Politik und
Bürger gesetzlich festgeschrieben werden. Für manche Themen sind im Projektverlauf mehrere Entscheidungspunkte zu verankern.
Pro und Contra
Contra: Bürgerbeteiligung/-abstimmung
hemmt notwendige Entscheidungen, es
kommt zu Blockaden.
Pro: Bürgerbeteiligung/-abstimmung
erhöht die Akzeptanz der Entscheidung
und verhindert späte Proteste.
Contra: Bürgerbeteiligung kostet viel
Geld durch zusätzliche Abstimmungen
und Wahlen.
Pro: Bürgerbeteiligung kostet weniger, da spätere Proteste, Polizeiaufgebote, unausgegorene Kompromisse
mehr kosten als eine ausgewogene
Bürgerbe-teiligung/-abstimmung.
Contra: Bürger haben nicht die Sachkompetenz um eine Entscheidung zu
treffen.
Pro: Die Summe aller Bürger hat die
höchste Fachkompetenz. Die Summe aller Bürger ist das komplett existierende
Fachwissen.
Contra: Viele anonyme Teilnehmer
sorgen für unqualifizierte Beiträge.
Pro: Teilnehmer mit Identität auf
einer strukturierten Internetplattform
erzielen einen demokratischen Konsens.
Das Ziel ist eine angemessene Bürgerbeteiligung – das Volk soll nicht über
jede Routine abstimmen, sondern über
richtungsweisende Entscheidungen. Alle
Entscheidungen müssen transparent
kommuniziert werden.
Umsetzung
Wer muss aktiv werden?: Der Bundestag: Zur Einführung einer Bürgerbeteiligung auf Bundesebene ist ein entsprechendes Gesetz zu formulieren und zu
verabschieden. Alle Bundesländer: Zur
Einführung einer Bürgerbeteiligung auf
Landesebene und kommunaler Ebene
ist ein entsprechendes Gesetz zu formulieren und zu verabschieden.
Da die Parlamente durch eine Bürgerbeteiligung ihre Macht einschränken, wird der Bundespräsident einen
neuen Weg beschreiten müssen, um
das Gesetz zur Bürgerbeteiligung auf
den Weg zu bringen.
Ein Forum wie dieses BürgerForum,
das die „angemessene Bürgerbeteiligung als Ergänzung zur repräsentativen
Demokratie“ detailliert diskutiert und
beschreibt, wird ein guter Weg sein.
In zahlreichen Kommentaren in Bonn
und anderen Standorten wurden bereits
wichtige Details beschrieben, die aufgrund der strengen Zeichenbegrenzung
nicht vollständig ausformuliert werden
konnten.
Herr Bundespräsident: Die Bürger
wollen DIE ANGEMESSENE, TRANSPARENTE, SACHBEZOGENE BÜRGERBETEILIGUNG !
BürgerRedakteur Andreas Stenz
AuSSerdem
in der Diskussion
Weitere Vorschläge, über die
online in den ersten beiden
Wochen in dem Ausschuss
diskutiert wurde, haben die
Überschriften: „Einführung von
Bürgerforen“, „Prozesse und
Entscheidungsstrukturen transparenter gestalten“, sowie
„Volksentscheid einführen“.
Bürgerprogramm Bonn | 15
Vorschlag Ausschuss familiäre lebensformen
An die Stelle traditioneller Familien treten zunehmend andere
familiäre Lebensformen. Ältere Mitbürger sind z. B. häufig
isoliert und junge Familien oft überfordert. Durch eine Vernetzung
könnten Synergieeffekte erzielt werden, von denen alle
profitieren. Beispiel: Wenn ältere Menschen Kinder betreuen, wird
so Vereinsamung vorgebeugt und die Familien werden entlastet.
Wie könnte die strukturelle Unterstützung solcher generationsübergreifenden Netzwerke für alle Familienformen aussehen?
Familiäre Lebensformen
BürgerRedakteure Melanie Kirk-Mechtel, Ellen Schuster
Vorschlag
Professionelle Organisation und Aufbau von
Netzwerken zur gegenseitigen Unterstützung
Generationsübergreifende Netzwerke zur gegenseitigen Unterstützung sollen
professionell aufgebaut und organisiert werden. Mit Fachkräften besetzte
„Netzwerkknoten“ könnten den nach dem Kinderbildungsgesetz einzurichtenden
Familienzentren angegliedert werden, um Synergieeffekte zu erzielen.
Begründung
Vorschlag im Detail
Netzwerke sind effektive Instrumente,
um Maßnahmen und Projekte zur gegenseitigen Unterstützung von Jung
und Alt miteinander zu verzahnen und
für alle Interessierten eine leicht zugängliche Kontaktmöglichkeit zu schaffen. Damit generationsübergreifende
Netzwerke nachhaltig funktionieren,
sollten diese professionell organisiert
werden. Denn um neue Strukturen zu
etablieren, ist Professionalität im Sinne
von Fachwissen und Erfahrung notwendig. Damit würden sich auch die Versuchs- und Irrtumsphasen verkürzen,
die solche Projekte häufig verzögern.
Ein professionell aufgebautes und
durch die Gemeinde gefördertes Netzwerk wäre von unschätzbarem Wert für
alle Bewohner und würde auch der Gemeinde einen Mehrwert verschaffen:
Ob Hilfestellung bei der Kindererziehung oder -betreuung, Unterstützung
oder Pflege von Älteren oder Erfahrungsaustausch und Wissensvermittlung zwischen den Generationen – das
Gemeindeleben würde gestärkt und der
gegenseitige Respekt gefördert.
Durch den Aufbau von Familienzentren
sollen Betreuung, Bildung und Beratung
von Eltern und Kindern gebündelt
werden, um so Qualität und Flexibilität
für die Betreuung zu erhöhen. Diese
durch das Kinderbildungsgesetz vorgeschriebenen Strukturen wären ein
idealer Anknüpfungspunkt für professionell organisierte generationsübergreifende Netzwerke.
Hier könnten Koordinationsstellen
eingerichtet werden, bei denen alle
Projekte zur gegenseitigen Unterstützung von Jung und Alt in den Gemeinden zusammenlaufen und vermittelt werden. Neben der Vermittlung von
Kontakten zwischen verschiedenen Initiativen wäre die Aufgabe des Netzwerk-Koordinators auch die Beratung
und Unterstützung für eine effektive Zusammenarbeit.
Initiativen können sowohl ehrenamtlicher Natur als auch institutionelle Angebote sein, zum Beispiel von Kirchengemeinden, Altenheimen oder Vereinen
usw. Die Vielfalt der Projekte kann dabei reichen von der Pflege und anderen
16 | Bürgerprogramm Bonn
Hilfsangeboten für Ältere über Beratung
bei der Berufswahl, Wertevermittlung
von Alt an Jung, Vermittlung von PCKenntnissen von Jung an Alt bis hin zu
sportlichen oder kulturellen Veranstaltungen, bei denen die Generationen
miteinander in Kontakt kommen. So
könnte es umfassend gelingen, allen
familiären Lebensformen – sowohl
überforderten jungen Familien als auch
einsamen oder hilfsbedürftigen älteren
Menschen – (gegenseitige) Unterstützung zu vermitteln.
Die Koordinationsstellen könnten auch
Ansprechpartner sein bzw. eine Plattform bieten, um verschiedene Akteure
bei der Planung von MehrgenerationenWohnprojekten zusammenzubringen.
So könnten von der Bedarfserhebung
über die Suche nach geeigneten Grundstücken, interessierten Hauseigentümern oder Investoren bis hin zu Fragen
bezüglich der finanziellen Förderung
durch Stadt, Land oder Bund alle Aktivitäten gebündelt werden. Um diese anspruchsvolle Aufgabe zu erfüllen, sollte
die Stadt/Gemeinde eine unbefristete
Stelle einrichten und diese mit einer
qualifizierten Fachkraft besetzen.
Pro und Contra
Mit der professionellen Netzwerk-Koordination durch Fachkräfte würden
sich langwierige Erprobungsphasen
vermeiden lassen und ließen sich bereits vorhandene Evaluationsergebnisse nutzen.
Durch die Angliederung an die Familienzentren würde keine zusätzliche
Bürokratie entstehen. Vorteile wären
außerdem die Nähe zu den Bürgern
und die Kosteneinsparung durch Nutzung der vorhandenen Strukturen (z. B.
Büro, Versammlungsräume).
Synergieeffekte würden auch auf
gesellschaftlicher Ebene entstehen:
Ältere Mitbürger könnten z. B. den
Umgang mit dem Internet von Schülern
lernen. Im Gegenzug könnten sie den
Jungen bei den Hausaufgaben helfen
und ihnen Werte vermitteln.
Durch die Angliederung an die Familienzentren besteht eventuell die Gefahr, dass sich Arbeitsbereiche vermischen und Aufgaben nicht konsequent
verfolgt werden. Es ist daher darauf zu
achten, dass die angestellte Fachkraft
ausschließlich dafür zuständig ist, das
Netzwerk zu koordinieren und es aktiv
nach außen zu kommunizieren.
Umsetzung
Den ersten Schritt müsste die Stadt
bzw. Gemeinde tun, indem sie die Koordinationsstelle für Netzwerke zur gegenseitigen Unterstützung dauerhaft
einrichtet.
Um das Projekt bekannt zu machen
und anzuschieben, ist als nächster
Schritt gute Öffentlichkeitsarbeit besonders wichtig. Maßnahmen wären hier
z. B.: Kooperationen mit der örtlichen
Presse und mit Unternehmen aus der
Region, öffentlichkeitswirksame Aktionen jeglicher Art (z. B. Thementage in
Zusammenarbeit mit Schulen oder
anderen Institutionen), Erstellung von
Informationsmaterial mithilfe von Sponsoren.
Die Einrichtung einer Internetplattform, die alle Informationen zusammenführt und ein Forum für die verschiedenen Akteure bietet, z. B. in Form einer
„Tauschbörse“ für Hilfsangebote, ist essenziell. Um diese bekannt zu machen
und auch Bürger zu erreichen, die kei-
nen Zugang zum Internet haben, sind
Broschüren, Flyer und Poster in Schulen, Altenheimen und anderen öffentlichen Einrichtungen zu verteilen und
auszuhängen.
BürgerRedakteur Melanie Kirk-Mechtel
AuSSerdem
in der Diskussion
Weitere Vorschläge, über die
online in den ersten beiden
Wochen in dem Ausschuss
diskutiert wurde, haben die
Überschriften: „Staatlich geförderte
Mehrgenerationenprojekte“,
„Stadtteilbezogene Mehrgenerationsprojekte“, sowie
„Strukturen zur gegenseitigen
Unterstützung“.
Bürgerprogramm Bonn | 17
Vorschlag Ausschuss integration
Die deutsche Sprache ist der Schlüssel zur Integration und
die Basis für das gemeinschaftliche Zusammenleben.
Gute Sprachkenntnisse sind immer und überall Voraussetzung
für Erfolge bei Bildung, Ausbildung und Beruf, sichern
Chancengleichheit und schaffen Verständigung und Verstehen.
Deutsch muss daher so früh wie möglich erlernt werden,
ganz nach dem Grundsatz „Fördern durch fordern“.
BürgerRedakteure Monika Berrisch, Susanne Bohn
Integration
Vorschlag
Kindergartenpflicht mit
frühestmöglicher Sprachförderung
Die Kindergartenpflicht für Kinder ab drei Jahren mit frühestmöglicher Sprachförderung
soll für alle Kinder vergleichbare Voraussetzungen für den Schuleintritt schaffen.
Gute Sprachkenntnisse sind wichtig für den Zugang zu Bildung, Ausbildung und Beruf,
aber auch für das soziale Miteinander.
Begründung
Vorschlag im Detail
Das Lernen einer gemeinsamen Sprache ist ein elementarer Schritt zur Integration. Die Kindergartenpflicht soll
hier Chancengleichheit bei Schuleintritt gewährleisten. Im Kindergarten lernen die Kinder soziales Miteinander.
Erste Freundschaften werden geknüpft.
Sprachförderung wird bereits heute in
fast allen Kindergärten durchgeführt.
Die Kinder zwischen drei und sechs
Jahren. die den Kindergarten besuchen, profitieren enorm von der bestehenden Förderung.
Zehn Prozent aller Kinder gehen
allerdings nicht in den Kindergarten.
Von diesen Kinder haben viele einen
Migrationshintergrund und mangelnde
Sprachkenntnisse. Durch eine Kindergartenpflicht kann früh auf die Sprachentwicklung eingewirkt werden. So wird
gewährleistet, dass ein erfolgreicher
Schulstart und somit ein Schritt zur
Integration als Möglichkeit zur Teilhabe am gesellschaftlichen, politischen,
wirtschaftlichen und kulturellen Leben
nicht an mangelnden Sprachkenntnissen scheitert.
Der Vorschlag sieht eine Pflicht zum
Kindergartenbesuch für alle Kinder ab
drei Jahren vor. Das Ziel ist, möglichst
angeglichene Sprachbildungsvoraussetzungen bei Schuleintritt zu schaffen.
Im Kindergarten kann den Kindern
bereits zu einem frühen Zeitpunkt
Sprachförderung angeboten und selbstverständlich und spielerisch in den Tagesablauf eingebunden werden. Gerade Kindern fällt das Erlernen einer
neuen Sprache sehr leicht bzw. sie haben leichten Zugang zu einer neuen
Sprache.
Neben der Chancengleichheit bei
Schuleintritt, die sicherlich im Vordergrund steht und durch den geforderten
vorschulischen Charakter der Sprachförderung unterstrichen wird, kommt es
auch zu einem frühzeitigen Austausch
zwischen den unterschiedlichen Kulturen und dem Erleben der jeweils anderen Kultur bzw. Lebensweise. Dadurch
kann früh Vorurteilen und Fremdenfeindlichkeit entgegengewirkt werden.
So wird ein friedlicheres Zusammenleben erleichtert.
18 | Bürgerprogramm Bonn
Ein wesentliches Element des Vorschlags ist die Kindergartenpflicht ab
dem dritten Lebensjahr. Es reicht nicht
aus, eine Kindergartenpflicht erst im
letzten Jahr vor der Einschulung einzurichten, da in so kurzer Zeit eine angemessene sprachliche und soziale Integration kaum mehr möglich scheint. Je
früher die Kinder die Sprache lernen
und je früher sie Bekanntschaft mit Kindern aus anderen sozialen Gruppen
oder deutschen Familien machen, desto besser wird Integration funktionieren.
Dies setzt aber auch einen tatsächlichen Austausch voraus. Das heißt,
dass in einer Gruppe Kinder mit und
ohne Migrationshintergrund und aus
unterschiedlichen sozialen Gruppen zusammenkommen müssen. Die Kindergartenplätze sollen daher für alle kostenlos sein.
Erforderlich ist zudem eine gute Ausund Weiterbildung der Erzieherinnen
und Erzieher, in die auch integrationsspezifische Themen einfließen. Entsprechendes gilt für die personelle Ausstattung, um die sprachlichen und
sozialen (Förder-)Maßnahmen gezielt
durchführen zu können.
Pro und Contra
Umsetzung
Bei allen positiven Auswirkungen ist
eine gesetzliche Verpflichtung zum Besuch des Kindergartens in unserer Gesellschaft nicht unumstritten: Eltern
könnten sich dadurch bevormundet und
in ihrer erzieherischen Gestaltungsfreiheit eingeschränkt fühlen. Die Chance
auf mehr Bildung, bessere Berufsausbildung und damit vielleicht die Abkehr
von Parallelgesellschaften kann aber
nicht hoch genug bewertet werden.
Und: Nicht nur ausländische Kinder
oder Kinder mit Migrationshintergrund
würden von einer Kindergartenpflicht
profitieren, sondern auch viele deutsche Kinder.
Chancengleichheit hat ihren Preis.
Den öffentlichen Haushalten entstehen
durch die Forderung nach einem kostenlosen Kindergartenplatz für Kinder
ab drei Jahren und die zusätzlichen
Fördermaßnahmen Kosten. Eine Kosten-Nutzen-Analyse geht aber zugunsten der Kindergartenpflicht aus: Integration ist eine Investition, die den
Sozialstaat nachhaltig entlastet und hat
somit einen Langfristnutzen.
Für die Einführung einer Pflicht zum Besuch eines Kindergartens für alle Kinder
ab drei Jahren ist eine gesetzliche Grundlage – entsprechend der zur Schulpflicht
– notwendig. Das bedeutet aber auch,
dass eine Verletzung der Kindergartenpflicht sowie die Nichtteilnahme an den
Sprachkursen sanktioniert werden muss.
Je nach Alter der Kinder könnten hier
aber entsprechende Differenzierungen
sowohl hinsichtlich der Pflicht als auch
der Sanktionen vorgenommen werden.
Soll die Kindergartenpflicht zu den gewünschten Ergebnissen führen, ist zudem die aktive Mitwirkung aller Eltern/
Erziehungsberechtigten erforderlich, unabhängig davon, ob sie einen Migrationshintergrund haben oder nicht. Dann ist es
auch möglich, die gesetzlichen Regelungen zur Kindergartenpflicht und zu den
Sprachkursen so auszugestalten, dass
nicht nur die Anwesenheitspflicht im Vordergrund steht, sondern auch Flexibilität
gewährleistet bleibt und dennoch Missbrauch wirksam verhindert wird.
BürgerRedakteur Susanne Bohn
AuSSerdem
in der Diskussion
Weitere Vorschläge, über die online
in den ersten beiden Wochen in
dem Ausschuss diskutiert wurde,
haben die Überschriften: „Kultureller Austausch und Sprachförderung
für Eltern und Kinder – gemeinsam
für Bildung und Zukunft“, „Einbindung der Eltern in die Sprachförderung der Kinder“, sowie „Sprachförderung verbessern für Kinder,
Jugendliche & Erwachsene.“
Bürgerprogramm Bonn | 19
Vorschlag Ausschuss Bildung
Bildung
Wir wollen Strukturen für eine positive Bildungsatmosphäre
schaffen! Der Begriff Bildung muss umfassend verstanden und
als gesamtgesellschaftlicher Auftrag angesehen sowie verantwortlich erfüllt werden. Er beinhaltet nicht nur die Förderung kognitiver Leistungsfähigkeit, sondern ebenso gleichwertige Aspekte
wie kulturelle und ästhetische Erziehung, interkulturelle Bildung,
Förderung motorischer Fähigkeiten für Bewegung und Gesundheit, Entwicklung ethischer Wertmaßstäbe sowie Ausbildung
sozialer Kompetenzen für Konflikt- und Demokratiefähigkeit.
BürgerRedakteure Jutta Nussbaum Dey, Miriam Watschounek
Vorschlag
Reform der Schulsysteme
Damit Bildung die ihr zustehende Wertschätzung in der Gesellschaft erfährt, ist eine Reform der
Bildungssysteme durch bundesweit einheitliche Strukturen erforderlich. Eine zentral gelenkte Finanzierung für alle Bildungseinrichtungen garantiert Chancengleichheit in Erziehung, Ausbildung
und Beruf.
Begründung
Bildung ist als hochwertige Investition in
die gesellschaftliche und wirtschaftliche
Zukunft Deutschlands zu betrachten.
Eine einheitliche Bildungs- und Schulstruktur basiert auf Beständigkeit und
gibt weitgehend Planungssicherheit
für Familien und alle an Erziehung und
Bildung Beteiligten. Bildung wird parteiübergreifend als bundesweites politisches und öffentliches Thema behandelt.
Die Qualität der Lehre und Forschung wird inhaltlich und finanziell unabhängig von der Bildungshoheit der
Bundesländer. Einheitliche Standards
und gleiche Startbedingungen erhöhen
die Chancengleichheit für Kinder und
Jugendliche und die berufliche Mobilität
für Familien, Auszubildende, Studierende und Absolventen.
Die differenzierte Ausstattung der
Bildungseinrichtungen vom Kindergarten bis zur Universität mit qualifizierten Fachkräften und zeitgemäßem Arbeitsmaterial entspricht dem hohen
Anspruch an Erziehung und Bildung.
Das Bildungssystem wird bundesweit
20 | Bürgerprogramm Bonn
sowie international vergleichbar und
transparent.
Vorschlag im Detail
Die Einrichtung von kostenfreien Kindergärten und Ganztagsschulen mit
Übermittagbetreuung sowie gebührenfreiem Erststudium eröffnet eine Chancengleichheit in Erziehung und Bildung. Kindergärten, Familienzentren
und Grundschulen kooperieren, nicht
nur im Hinblick auf Sprachförderung.
Eine gemeinsame Grundschulzeit
von bis zu 7 Jahren sichert das umfassende Basislernen, auch in den Kreativfächern, und ermöglicht eine bessere
Leistungsbeurteilung für den späteren
Bildungsweg. Die Reduzierung der
Klassenstärken in allen Schulformen
gewährleistet individuelle Förderung
und erhöht die Chance auf den angestrebten Schulabschluss.
Die Verlängerung der Schulstunden
auf 60 Minuten oder Doppelstunden begünstigt die Lernstoffvertiefung durch
selbstständige Erarbeitungsphasen.
Unterrichtsausfall wird durch betreute
Arbeitsphasen aufgefangen, es wird
Hausaufgabenhilfe gewährt. Virtuelle
Lernplattformen ergänzen den Unterricht und binden abwesende Schüler
ein. Das Abitur wird je nach Schulprofil
nach 12 oder 13 Jahren erreicht.
Durch Ausbau der selbstständigen
Schule und Einstellung von Technikern,
Verwaltungskräften, Juristen und Sozialpädagogen widmen sich Lehrkräfte
vermehrt pädagogischen Aufgaben. Die
Unterrichtsqualität steigt durch eine
deutliche Entlastung von administrativen Aufgaben. In der dualen Berufsausbildung wird die Abstimmung zwischen
Schule und Betrieb optimiert.
Die Kooperation zwischen Schule
und Universität erleichtert den Übergang zur Hochschulbildung und bietet
eine Orientierung für Studien- und
Berufswahl. Lehre und Forschung an
Unis und Fachhochschulen werden auf
Spitzenniveau gebracht und gehalten.
Eine Weiterentwicklung des BAföGs
ermöglicht Studierenden den Studienabschluss in der Regelstudienzeit.
Effektive Fortbildungs- und Supervisionskonzepte werden entwickelt, Weiterbildungsmöglichkeiten für Erwachsene werden gefördert.
Die Lehre wird evaluiert, Qualitätskontrollen werden in allen Bereichen durchgeführt. Status und Gehälter von Lehrkräften werden angeglichen.
Pro und Contra
Die gesetzlich verankerte Kultur- und
Bildungshoheit der Länder steht einer
bundesweit einheitlichen, zentral gelenkten Bildungsreform im Wege. Dies
erfordert zukünftig eine grundlegende
Gesetzesänderung bei der Zusammenarbeit von Bund und Ländern in Bildungsangelegenheiten.
Die Umsetzung der einheitlichen Bildungsstruktur bedeutet einen finanziellen, bürokratischen und personellen
Mehraufwand, der nicht nur auf Länderebene geleistet werden kann. Die
aktive Mitwirkung von Familien und
allen Bildungsbeteiligten ist je nach
Möglichkeiten notwendig.
Der Lösungsansatz ist lohnenswert,
da eine qualitativ bessere Lehre und
Erziehung das Thema Bildung auch für
eine spätere Berufswahl attraktiver
macht und eine positive Bildungsatmosphäre das lebenslange Lernen fördert.
Deutschland braucht gut ausgebildete
und kreative Menschen, um im globalen
Wettbewerb konkurrenzfähig zu sein.
Eine effektive Verwaltung und zentrale
Finanzierung erlauben Kostenkontrolle
und Einsparung unnötiger Positionen.
Umsetzung
Richtlinien und Standards werden im
Auftrag der Bundesregierung innerhalb
der Kultusministerien der Länder von
qualifizierten Experten entwickelt und
vorgegeben. Der Kultusministerkonferenz wird ein überparteiliches Gremium
aus Bildungsexperten zur Seite gestellt,
das in beratender Funktion Bildungsprojekte fördert und auf die Einhaltung
der Richtlinien achtet. Gleichzeitig ist
der Bund verpflichtet, die finanziellen
Mittel zur Umsetzung der Vorgaben
durch die Länder bereitzustellen.
Die Erzieherausbildung wird, europaweit vergleichbar, an Uni/FH verlegt.
In der Berufsausbildung wird die Qualität bundesweit durch Abstimmung von
Rahmenplänen und Ausbildungsverordnungen zwischen Schule und Betrieb
verbessert.
Das Thema Bildung rückt durch professionelle Werbung in den Medien, in
der Pressearbeit oder im bürgerschaftlichen Engagement gezielt in den
öffentlichen Diskurs. Kulturelle und
künstlerische Projekte unterschiedlicher Bildungseinrichtungen verstärken
das gesellschaftliche Interesse.
BürgerRedakteur Jutta Nussbaum Dey
AuSSerdem
in der Diskussion
Weitere Vorschläge, über die online
in den ersten beiden Wochen in
dem Ausschuss diskutiert wurde,
haben die Überschriften: „Kernkompetenz der Lehrer stärken“, „Personelle und materielle Ausstattung
der pädagogischen Einrichtungen“,
sowie „Personelle und organisatorische Voraussetzungen für eine
differenzierte Bildung schaffen“.
Bürgerprogramm Bonn | 21
Vorschlag Ausschuss demografie
Demografie
Herausforderungen im Bereich der Demografie zeigen sich
besonders stark in der Arbeitswelt: Wir brauchen eine Arbeitswelt, die durch eine ausgewogene Altersstruktur zur Nutzung
fachlicher und sozialer Kompetenzen aller Generationen beiträgt. Hierzu gehört die Förderung flexibler Lebensarbeitszeitgestaltung und lebenslangen Lernens. Jüngeren soll die Balance zwischen Beruf und Familie ermöglicht werden. Auch und
gerade Ältere sollten im Erwerbsleben gehalten werden und
attraktive Arbeitsplätze zugesprochen bekommen.
BürgerRedakteure Sven Uwe Neumaier, Claudia Severin
Vorschlag
Flexibilisierung
Die Teilnahme aller Generationen an einer gemeinsamen Arbeitswelt bedarf
einer generationenübergreifenden Flexibilisierung. Gesellschaft und Staat machen
sich stark für eine familienfreundliche Unternehmenskultur, flexible rechtliche
Rahmenbedingungen und einen Mentalitätswandel aller Beteiligten.
Begründung
Vorschlag im Detail
Die gegenwärtige Arbeitswelt leidet unter einer gewissen Verkrustung. Nicht
alle Altersgruppen haben in gleichberechtigter Weise Anteil am Erwerbsleben. Während die mittlere Generation
noch stabile, langfristige Arbeitsverhältnisse kennt und Familie und Erwerbsleben grundsätzlich leichter in Einklang
bringen kann, lebt die jüngere Generation häufig in unsicheren Einkommensverhältnissen; gleichzeitig wird die
ältere Generation vorzeitig aus dem Arbeitsleben aussortiert.
Nur eine umfassende Flexibilisierung
der Arbeitswelt unter Aufbrechen eingefahrener Strukturen und Denkgewohnheiten kann bewirken, dass die von der
Familiengründungsphase über Kindererziehung und -betreuung bis hin zur
Pflege von Angehörigen wichtige Planungssicherheit erreicht wird. Arbeitgeber müssen lebensphasenorientierte
Konzepte anbieten und leben, Erfahrungen und Kompetenzen aller Generationen sichern und diesen untereinander
zugänglich machen. Dies kommt auch
Deutschland als Wissensstandort zugute.
Der Vorschlag einer Flexibilisierung
umfasst zunächst eine altersgerechte
Arbeitsplatzgestaltung. Ältere Arbeitnehmer sollten nach Möglichkeit körperlich weniger anstrengende Arbeit
verrichten müssen und dafür etwa ihre
Kenntnisse jüngeren Menschen vermitteln dürfen. Arbeitsanforderungen und
Arbeitszeiten sind im Sinne von Arbeitskraft erhaltenden Maßnahmen sozial
verantwortlich und flexibel zu gestalten.
Eine gesunde Mischung von älteren
und jüngeren Arbeitnehmern ist wichtig. Es sollte auf eine Entlohnung nach
Leistung und nicht nach Alter geachtet werden, damit keine Einstellungsund Weiterbeschäftigungshindernisse
geschaffen werden. Es sollten flexiblere Vorruhestandsregelungen eingeführt
werden.
Es sollten weiter Pflichtbeiträge für
die Altersvorsorge einbezahlt werden,
doch sollte der einzelne Arbeitnehmer
darüber entscheiden können, in welcher Anlageform dies geschieht. Ein
flexibler Berufseinstieg ist über Arbeitszeitkonten und Heimarbeitsplätze, aber
22 | Bürgerprogramm Bonn
auch über befristete Arbeitsverhältnisse
zu ermöglichen. Lernende müssen
durch entsprechendes Personal wie
Lehrer und Tutoren unterstützt werden.
Lebenslanges Lernen soll gefördert
werden. Führungsleitlinien, lebensphasenorientierte Personalkonzepte müssen von den Führungskräften gelebt
werden. Kann eine leitende Tätigkeit
aus familiären Gründen zeitweise nicht
voll ausgefüllt werden können, darf dies
nicht zum Verlust von Karriereoptionen
führen. Die Anschauung, dass vornehmlich Mitarbeiter mit „stromlinienförmigen“ Erwerbsbiografien besonders
wertvoll sind, sollte insbesondere im
Personalbereich von Unternehmen
zurückgedrängt werden. Es sollte gerade auch bei der Generation 40 plus
das Reservoir an brachliegender
Fachkompetenz ausgeschöpft werden.
Unter dem Gesichtspunkt eines
„Self-Empowerment“ sollte die Selbststän-digkeit von Erwerbstätigen stärker
gefördert werden. Denn wer „sein eigener Herr“ bzw. „seine eigene Herrin“ ist,
kann seine familiären und beruflichen
Bedürfnisse leichter unter einen Hut
bringen.
Pro und Contra
Umsetzung
Flexibilisierung kann dazu führen,
dass – etwa durch Fortbildung nach
Feierabend – die berufliche Belastung
zuungunsten der privaten und familiären Lebensführung zunimmt. Andererseits erhöht sich dann auch die
Nachfrage nach zusätzlichen Dienstleistungen im Servicebereich, weil
weniger Zeit für private Besorgungen
bleibt. Dies kostet einerseits Geld,
schafft andererseits aber Arbeitsplätze.
Befristete Arbeitsverhältnisse tragen gleichfalls zur Flexibilisierung bei,
sind aber wegen der hiermit verbundenen Unsicherheit abträglich für die
Familienplanung. Für eine Flexibilisierung der Altersvorsorge im Sinne individueller Anlageentscheidungen spricht,
dass der Generationenvertrag aus
Sicht der heute Berufstätigen gescheitert ist.
Dagegen spricht, dass angesichts
der aktuellen Börsen- und Finanzkrisen
die Einführung einer kapitalgedeckten
Altersvorsorge mit einigen Risiken verbunden ist.
Staat, Gesellschaft und Unternehmen
sind gleichermaßen gefordert. Zwischen Staat, Unternehmen und Gewerkschaften sollte ein intensiverer
Dialog stattfinden.
Der Staat könnte insoweit auch Anreize, etwa steuerlicher Art, setzen.
Eine flexibel zu gestaltende Quotenregelung zugunsten älterer Arbeitnehmer könnte deren Anteil an der erwerbstätigen Bevölkerung erhöhen.
Es sollte ein gleitender Ausstieg aus
dem Arbeitsleben erfolgen, wobei finanzielle Nachteile möglichst abzufedern sind.
In den Unternehmen muss beratende Unterstützung für die Laufbahnplanung des Einzelnen etabliert werden. Die Unternehmen sollten im Sinne
der Flexibilisierung vom Zwang der individuellen Laufbahnplanung entlastet
werden.
Die Führungskräfte sollten durch gezielte Schulungen und Coaching begleitet werden („Demografie-Manager“). Je
nach Bedarf kann es sich hierbei um
eine unternehmensinterne Lösung han-
deln oder können externe Beratungsleistungen eingekauft werden.
BürgerRedakteur Sven Uwe Neumaier
AuSSerdem
in der Diskussion
Weitere Vorschläge, über die
online in den ersten beiden
Wochen in dem Ausschuss
diskutiert wurde, haben die
Überschriften: „Entlastung in
der Kindererziehungsphase“,
„Gestaltung der Arbeitsbedingungen“, sowie „Senioren als Mentoren zur Weiterbildung einsetzen“.
Bürgerprogramm Bonn | 23
Kreis
Dithmarschen
Landkreis
Bad Doberan
Landkreis Ludwigslust
Landkreis Rotenburg (Wümme)
Landkreis Emsland
Landkreis
Teltow-Fläming
Stadt Braunschweig
Kreis Paderborn
Stadt Bochum
Stadt Halle (Saale)
Werra-Meißner-Kreis
Stadt und
Bundesstadt Bonn
StädteRegion
Aachen
Wartburgkreis
Stadt Frankfurt am Main
Landkreis
Kusel
Stadt Chemnitz
Stadt und
Landkreis Hof
Stadt Mannheim
Landkreis Saarlouis
Landkreis
Regensburg
Landkreis Göppingen
Landkreis Altötting
Stadt Freiburg (Breisgau)
Eine Initiative des Bundespräsidenten mit:
Landkreis Lindau
(Bodensee)