Deutschland 2007 Regie, Buch: Armin Völckers Kamera: Tony

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Deutschland 2007 Regie, Buch: Armin Völckers Kamera: Tony
FilmRauschPalast
Leroy
Letzte Aktualisierung 20.12.2007
Deutschland 2007
Regie, Buch: Armin Völckers
Kamera: Tony Mitchell
Schnitt: Marty Schenk
Musik: Ali N. Askin
Darsteller: Alain Morel, Anna Hausburg, Constantin von Jascheroff, Arnel Taci, Günther Kaufmann, Eva Mannschott
Länge: 89 Minuten, Format 1:1,85
Webseite: www.leroylize.it
Er hat zwar die wahrscheinlich coolste Frisur der ganzen Schule, aber deswegen ist Leroy (Alain Morel) noch lange kein
selbstbewusster Aufreißer. Im Gegenteil, denn der Siebzehnjährige mit dem Afro ist zurückhaltend und wohlerzogen, spielt
lieber Mozart auf seinem Cello statt Hip-Hop zu hören und kann mit Goethe und der Schönheit der deutschen Sprache viel
mehr anfangen, als mit den süßen Mädchen auf dem Schulhof. Er hat nicht einmal ein Handy – und auch seine
Hautfarbe unterscheidet ihn von den meisten Mitschülern. Denn Leroy ist schwarz.
"Schokopopp" nennt ihn sein bester Freund Dimi (Constantin von Jascheroff), der eigentlich Dimitrios heißt und nicht müde
wird zu betonen, dass er selbst Grieche ist, eigentlich Halbgrieche, aber das ist eine andere Geschichte. Während der
Draufgänger nie um einen frechen Spruch verlegen ist und an kaum etwas anderes denken kann als an Sex, ist Leroy
beim Gedanken daran noch ziemlich unbeholfen. Dass ihm Eva (Anna Hausburg) eines Tages nicht nur auf dem
Schulweg hinterher guckt, sondern ihn bald sogar anspricht, wirft ihn jedenfalls ganz schön aus der Bahn. Doch Eva
ergreift kurz entschlossen die Initiative, und so lässt der erste Kuss nicht lange auf sich warten.
Als wäre das erste Verliebtsein nicht schon kompliziert genug, wird das junge Glück schnell gestört und auf eine ganz
besonders harte Probe gestellt. Denn Eva möchte Leroy ihrer Familie vorstellen – und die ist so rechts, dass sie
sogar ihre Wellensittiche nach Hitlers Generälen benannt hat. "Papa, da ist ein Nigger!" ruft der Jüngste ihrer fünf kahl
rasierten Brüder schon zur Begrüßung an der Tür. Das stimmt Leroy mehr als nachdenklich. Doch Eva bleibt optimistisch.
Leroy hat es auch sonst nicht leicht: sein tüftelnder Vater (Günther Kaufmann) verrennt sich in alberne Erfindungen wie
einen Heliumanzug fürs Joggen; seine betont links-liberale Mutter (Eva Mannschott) taucht genau dann mit dem Angebot
für Karokaffee und Keksen im Türrahmen auf, als das verliebte Pärchen zum ersten Mal gemeinsam im Bett liegt. Auch Evas
Geburtstagsparty endet nach viel zu viel Tequila in einem totalen Eklat – und ihre Brüder haben längst ihre FaschoClique auf Leroy angesetzt.
Schließlich ist es jedoch Eva, die im Krankenhaus landet, und nicht nur deswegen sieht es so aus, als hätte die Beziehung
der beiden kaum eine Chance. Die Liebe kampflos aufzugeben, kommt für Leroy allerdings nicht in Frage. In einem BlackPower-Revival der eigenen Art, besinnt er sich zum ersten Mal auf seine afrikanischen Wurzeln und entdeckt die
schwarze Geschichte. Er lässt sich von Malcolm X und Martin Luther King inspirieren, tauscht die klassische Musik gegen
Soul und Funk und nimmt sich die Helden des Blaxploitation-Kinos zum Vorbild. Es dauert nicht lange und Leroy streift
auf den Spuren von Shaft und Blacula durch den Großstadtdschungel, unterstützt von Dimi, seinen anderen Freunden,
Evas Ex-Lover und einer Gruppe militanter Lesben. Gemeinsam mit ihnen stellt sich der schwarze Deutsche der braunen
Gewalt entgegen...
PRESSESTIMMEN
Kein Sozialdrama, sondern eine Komödie mit ganz vielen hübschen Ideen und einem umwerfend frischen, natürlichen
Hauptdarsteller.
Brigitte
Eine sympathische Multikulti-Komödie... dank des überzeugenden Hauptdarstellers sowie der mitreißenden Songs unterhält
der Film durchaus mit einiger Tiefe.
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FILMKRITIK
Den 17jährigen, farbigen Leroy (Alain Morel) als typisches Beispiel einer gemischten Ehe – Vater schwarz, Mutter
weiß – zu bezeichnen, führt zu kurz. Zwar hat es phasenweise den Anschein, als würde sich der Film bemühen so
etwas wie eine authentische Grundlage zu schaffen, doch wirklich authentisch wirkt hier wenig. Der Vater (Günther
Kaufmann) ist ein verschrobener Erfinder, die Mutter (Evan Mannschott) soll wohl beispielhaft für links-liberales Bürgertum
stehen. Leroy selbst hat mit seiner Hautfarbe keine Probleme, sein bester Freund Dimi (Constantin von Jascheroff) nennt
ihn ganz unbefangen „Shokopopp“ und auch die hübsche, blonde Eva (Anna Hausburg), in die sich Leroy
verliebt, hat nicht den Hauch eines Vorurteils. Umso mehr ihre Eltern: Die heißen allen ernstes Braun, leben in sehr
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deutschem Reihenhaus, die Mutter trägt eine Art Gretchen-Frisur, die Söhne sind „typisch“ rechts, inklusive
rasiertem Schädel, Bomberjacke und Springerstiefel. All das ist so grotesk überzeichnet, dass es, ja, sehr komisch ist.
Wie der Film hier mit den Klischees spielt, die Absurdität des rechten Gedankenguts bloß stellt, aber auch die sehr
beschränkte Weltsicht der liberalen Eltern Leroys zeigt, zählt zu den Höhepunkten des Films. Dem gegenüber aber stehen
Dialoge zwischen den Teenagern, die so weltfremd und daneben klingen, dass ein Teenager wohl eher freiwillig
schweigen würde, als sich so lächerlich zu machen. Wie so oft im deutschen Fernsehen und Kino scheint hier ein Autor
versucht zu haben, die Sprache der Jugend nachzuahmen, ohne wirklich eine Vorstellung davon zu haben, wie in der
Schule und auf der Straße wirklich gesprochen wird.
Das Ergebnis klingt dann zwangsläufig wie etwas von dem ein Mittvierziger glaubt, dass es Teenager sagen und nicht
wie etwas, dass ein Teenager wirklich sagen würde.
Angesichts der meist völlig überdrehten, reichlich absurden Handlung fragt man sich allerdings, ob es überhaupt die Absicht
von Armin Völckers gewesen ist, so etwas wie Authentizität zu kreieren. Denn die Art und Weise, wie er die
unterschiedlichen Erfahrungswelten Leroys und Evas darstellt hat wenig mit der Realität zu tun. Sowohl die Vorstellung,
dass im Zentrum von Berlin Rechtsradikale mit Hunden Namens Goebbels durch die Straßen ziehen, als auch die
Vermutung, die Innenstadt sei voll von Schwarzen, entbehrt jeglicher Grundlage. Angesichts der durchaus pointierten
satirischen Momente hätte man sich gewünscht, dass sich Völcker nicht nur punktuell sondern vollständig für diese Tonart
entschieden hätte. Wenn er Leroy etwa seine schwarze Herkunft entdecken lässt, ihn mit der Black Power Bewegung
konfrontiert (die allerdings – man muss wohl sagen natürlich – vollkommen undifferenziert und unkritisch als
Beispiel schwarzen Protestes gezeigt wird) und schließlich in einem bizarr-treffenden Versöhnungsbild zwischen schwarz
und weiß mündet, hat der Film durchaus Qualitäten. Einen einheitlichen Tonfall aber sucht man bei diesem fraglos gut
gemeinten und in Phasen auch gut gemachten Film leider meist vergeblich.
Michael Meyns
aus: programmkino.de
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