Begrüßungsrede zur Eröffnung
Transcrição
Begrüßungsrede zur Eröffnung
Begrüßungsrede zur Eröffnung der Ausstellung »Transit« am 11. Oktober 2014 um 19.00 Uhr in der Galerie 30 LINKS Christine Knauber, Galerie 30 LINKS Lieber Heiko Maas, liebe Corinna Maas, sehr geehrte Damen und Herren: ich begrüße Sie ganz herzlich bei 30 LINKS, der Galerie im Fachwerkhof für Kunst und Handwerk! Dies ist ein besonderer Abend: denn – wie Sie wissen – ist das die letzte Ausstellungseröffnung bei 30 LINKS. Von daher ist es für mich auch eine besonders große Freude, dass Sie sich die Zeit genommen haben, aus Prenzlauer Berg, Hermsdorf, Hoppegarten, Potsdam, Wilmsdorf oder woher auch immer anzureisen, um hier mit uns gemeinsam einen heiteren Abend zu verbringen. Denn, meine Damen und Herren, es besteht – auch wenn es der letzte Abend im schönen Fachwerkhof sein wird – kein Grund, die Heiterkeit draußen vor der Tür zu lassen. Ganz im Gegenteil. Der Ausstellungstitel „Transit“ ist bewusst gewählt. Er erklärt zum einen indirekt, warum seit der letzten Ausstellung verhältnismäßig viel Zeit, nämlich über ein halbes Jahr, vergangen ist – verrät aber auch, dass es sich nicht um ein Ende, sondern vor allem um einen Übergang handelt. Transit, das ist die Zeit zwischen dem Gestern und dem Morgen, der Raum zwischen zwei Orten, die Zeit zwischen zwei Lebensphasen. Ein Transit ist Abschied und Aufbruch zugleich. Er kann Wehmut, aber gleichermaßen auch Vorfreude beinhalten. Gerade diese Ambivalenz, das nicht mehr hier, aber auch noch nicht dort sein, das Zwischendrin ist es, das uns mitunter irritieren kann und den Transit etwas unbequem macht. Der große Kurt Tucholsky hat auch zu dieser Lebenssituation einen humorvollen Vers parat: Wie Gestern und Morgen sich mächtig vermischen! Hier ein Stuhl – da ein Stuhl – und wir immer dazwischen! Ein Transit, meine Damen und Herren, kann viele Auslöser haben. Jeder von Ihnen wird nach kurzem Überlegen einige Beispiele parat haben. Sei es der tägliche Ruf zur Arbeit, der uns in die U-Bahn steigen lässt, sei es das Fernweh oder das nicht mehr zu ignorierende Urlaubsbedürfnis, das uns auf Reisen schickt, sei es das Ende einer Liebesbeziehung, das uns fortzieht, oder die zu eng gewordene Wohnung, die uns auf die Suche gehen lässt. Oder es ist schlichtweg das Gefühl, aus der Komfortzone eines eingeschwungenen Konzepts heraustreten zu müssen, um sich weiter bewegen, sich weiter entwickeln zu können, um einen neuen Raum für mehr Möglichkeiten zu schaffen. Letzteres war in etwa der Zustand, in dem ich mich seit Frühjahr dieses Jahres befunden hatte, und schließlich auch der Grund dafür, warum die Galerie nach über neun Jahren in der Solmsstraße ihre Pforten schließen wird, um sie im nächsten Jahr an anderer Stelle und in einem anderen Rahmen wieder neu zu eröffnen. Ich darf Sie also beruhigen: es hat nichts mit Gentrifizierung zu tun, sondern geschieht durch und durch freiwillig. 1/4 – © 2014, Christine Knauber, Galerie 30 LINKS, www.30links.de Natürlich gibt es nicht nur einen Grund, oftmals ist es ja ein ganzes Geflecht an Gründen, die einen schlussendlich in Bewegung setzen. Einen dieser Gründe fische ich Ihnen heute Abend schonmal aus dem Pool, und ich hoffe, ich kann Sie damit überzeugen: Sie sollen in Zukunft nicht mehr in der Kälte oder gar im Regen stehen müssen, um eine Eröffnung in meiner Galerie erleben zu können. Das ist doch ein triftiger Grund für einen Galerie-Transit, nicht?! Wann und wo die neue Galerie-Eröffnung sein wird, darüber – bitte haben Sie dafür Verständnis – möchte ich nicht sprechen, bevor die Tinte trocken ist. Deshalb dazu nur so viel: Es wird gerade intensiv daran gearbeitet – und Sie sind die Ersten, die es erfahren werden, wenn es soweit ist! Aber, so viel steht schon mal fest: es wird nicht die Auguststraße. Meine Damen und Herren, ich freue mich sehr, dass nicht nur Sie als Gäste des heutigen Abends, sondern vor allem auch viele Künstler, die hier über die Jahre ausgestellt haben, diesen Schritt mit ihren – teils explizit für diese Ausstellung geschaffenen – Werken begleiten. Im Zuge der Beschäftigung mit dem ganz persönlichen Transit kam der Gedanke auf, die Abschlussausstellung um diesen Begriff herum zu konzipieren. Wie immer ging es darum, vielfältige künstlerische Sichtweisen und Blickwinkel auf das gestellte Thema mit einem breiten Spektrum von Techniken – von der Fotografie bis zur Radierung, von der Zeichnung bis zur Lithographie – zusammenzubringen. Wenn Sie durch die Ausstellung gehen, werden Sie erstaunt sein, wie viele Ansatzpunkte es doch gibt, das Thema Transit künstlerisch zu interpretieren. Bei manchen Werken wird Ihnen der Transit sofort ins Auge springen, bei anderen bedarf es einer zweiten oder dritten Gedankenebene. Bei Eva Pietzcker ist es der Blick über das Meer, die Sehnsucht nach der Ferne, nach anderen Ufern. Mathias Roloff zeigt Illustrationen zu Franz Kafkas Erzählung „Die Brücke“ – die Brücke als Sinnbild der Verbindung zwischen zwei Orten, ein Motiv, dessen sich auch Bernd Krüerke in seinem Gemälde annimmt. David Antonides Radierung führt in die Metropole und zeigt den täglichen automobilen Wahnsinnsritt durch die Häuserschluchten. Bei Rainer Ehrt ist es die Möwe, die – Sinnbild für die Gedanken eines Mädchens, auf der einen Zeichnung noch abwartet, auf der anderen davonfliegt. Tobias Deickes Zeichnung ist eine Replik auf seinen wunderbaren Animationsfilm „Das Herz des Stromboli“, den wir hier letztes Jahr sehen durften: eine rührende Abschiedsszene auf dem Boot, bei der ein kleines Mädchen wehmütig zurück auf die heimatliche Insel schaut. Dass auch gewisse kleine Tierchen gern einen Transit übernehmen, zeigt wiederum Ola Eibls Tuschzeichnung. Bei der Fotografie von Anke Jungbluth wird der Betrachter zum Reisenden, der aus dem Fenster die davonfliegende Landschaft sieht. Marcel Teske hat sich den tristesten Transit aller Transite vorgeknöpft: die Fahrstuhlfahrt, bei der man stets den Blicken der Mitfahrenden auszuweichen versucht. Gudrun Schäfers Assoziation für Transit ist ein alter verschlissener Theatervorhang: noch ist er geschlossen. Was wird dahinter sein? Transit hier als Form eines Geheimnisses, in das sich die Zukunft hüllt. Peter Schulz Leonhardts Figur sitzt – in Rodinscher Manier – gedankenversunken, ins Leere schauend da: der geistige, stille Transit. Bei Karen Runge fliegen Pferde, Vögel und Briefe über den Häuserdächern – hin zu einem Traumland? Die Geste des Gießens, als Voraussetzung für das Wachsen und die Transformation, ist das Motiv in Peter Goettlers Collage. Heike Drewelow und Helmut Müller erzählen von einer gewissen Startschwierigkeit, die ein Transit mit sich bringen kann: ein Vogel in viel zu großen Turnschuhen. Nicht minder humorvoll sind Ralph Stabberts Piraten. Die Piraten als die 2/4 – © 2014, Christine Knauber, Galerie 30 LINKS, www.30links.de Transiteure schlechthin, immer auf Reisen und niemals ankommend, sind bei ihm in einer Konservendose, quasi in ihrem eigenen Transitraum gefangen gehalten. Und Kwanyoung Jungs Gemäldepaar mit den unendlich verschlungenen und verknüpften Wegen konstatiert: das ganze Leben ist ein einziger Transit. – Euch allen möchte ich an dieser Stelle ausdrücklich danken, dass ihr nicht nur mir, sondern uns allen mit euren wunderbaren Arbeiten eine schöne Abschlussausstellung geschenkt habt! Meine Damen und Herren, Ein Transit bedeutet vor allem, nach vorne zu schauen. Und dennoch sollte man dabei den Blick zurück nicht ganz außer Acht lassen. „Keine Zukunft ohne Herkunft“, wie es neulich jemand treffend formulierte. Deshalb soll dieser Abend ein fröhlicher Abschied sein von vielen Jahren interessanter Arbeit an einem schönen Ort, der zwar mit seinen 15 Quadratmetern Ausstellungsfläche seine Limitierungen aufwies, wo wir aber gemeinsam zahlreiche interessante Projekte auf den Weg gebracht haben. Gemeinsam, das heißt: mit vielen Künstlern, aber auch mit vielen Freunden und Förderern von 30 LINKS. Grund genug also – und so viel Zeit muss an einem solchen Abend sein – allen zu danken, die 30 LINKS über viele Jahre begleitet haben. Das sind in erster Linie natürlich die Künstler, die mir ihr Vertrauen geschenkt haben und sich von dem kleinen bescheidenen Ausstellungsraum nicht abschrecken ließen. Das sind Sie als treue Gäste und Ausstellungsbesucher: ohne Ihr ungebrochenes Interesse, Ihre Unterstützung und Ihre Resonanz als Kunstliebhaber hätte sich 30 LINKS sicher nicht über die Jahre weiter entwickeln, geschweigedenn zu einem Transit entschließen können. Das sind zum Dritten die Sponsoren, die die großen Wanderausstellungen finanziell auf den Weg gebracht haben, wofür ich sehr dankbar bin. Zum Vierten ein besonderer Dank an die Autoren der Ausstellungskataloge, die mit ihren Texten die Ausstellungen mehr als bereichert haben, stellvertretend hierfür Prof. Holger Hettinger vom Deutschlandradio Kultur, Rainer Schweinfurth und Alexander Bandilla. Ein großes Dankeschön möchte ich auch meinen Hofnachbarn sagen, für Ihre Unterstützung, ob Leiter, ob Schraube, ob Zeltaufbau – und für euer Verständnis rund um die Eröffnungstrubeleien. Es waren schöne neun Jahre mit euch! Dank auch allen Helfern, die unsichtbar im Hintergrund der Ausstellungseröffnungen agiert haben. Und es sind meine Freunde, die mich in allen möglichen 30-LINKS-Lagen unterstützt und beraten haben: angefangen bei Hardy Wenz, der mich beim nächtlichen Bier dazu überredet hat, überhaupt 30 LINKS zu gründen, und – ohne dass ich es wusste – die ersten beiden Jahre im Grunde ein stiller Mäzen war. Ralph Stabbert hat 30 LINKS seit dem ersten Pinselstrich begleitet: Deine Ratschläge und Deine tatkräftige Unterstützung waren mir immer mehr als wertvoll! Und ein kaum zu erschöpfendes Dankeschön an meinen besten Freund, Kollegen und Co-Kurator Kai Giese, der 30 LINKS von Anfang an bis heute begleitet hat und mit dem ich praktisch fast jedes Bild gemeinsam gehangen habe. Nach neun Jahren kann man nunmehr mit Fug und Recht behaupten, dass wir ein dolles Gespann sind, und ich denke, das wird auch in Zukunft zu sein. Meine Damen und Herren, ein letztes Dankeschön sollten Sie mir noch gewähren, es wird ihm unangenehm sein, ich muss es dennoch einmal tun, nämlich meinem Mann danken. Lieber Rainer, Du hast mir in all den Jahren mit Deinem großen Vertrauen und Deinem tiefen Verständnis für das, was ich tue, enormen Rückhalt gegeben. Viele Ideen haben wir gemeinsam entwickelt. Nicht zuletzt war es Deine ausdrückliche Ermutigung, die Galerie auf eine neue Ebene zu heben, die mir den entscheidenen Schubs gab und diesen Transit anzetteln ließ. Danke. 3/4 – © 2014, Christine Knauber, Galerie 30 LINKS, www.30links.de Meine Damen und Herren, damit erkläre ich den Transit für eröffnet. Vielleicht gibt das eine oder andere Werk Ihnen ja eine Idee, einen Gedanken oder einen Anstoß für einen Transit, den Sie gerade vor oder bereits hinter sich haben?! Ich würde mich freuen, wenn Sie viele solcher Impulse und vielleicht auch das eine oder andere Werk von hier mitnehmen. Und ich würde mich freuen, wenn Sie ein wenig hier verweilen und miteinander ins Gespräch kommen. Ich wünsche uns allen einen letzten stimmungsvollen, schönen Abend im Fachwerkhof, gepaart mit einem Schwung Vorfreude auf das nächste Jahr! Danke! 4/4 – © 2014, Christine Knauber, Galerie 30 LINKS, www.30links.de