Deutsche Werkzeugmaschinenindustrie erfindet sich neu

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Deutsche Werkzeugmaschinenindustrie erfindet sich neu
Verein Deutscher Werkzeugmaschinenfabriken
Sperrfrist: 16. Juni 2016, 12.00 Uhr
Es gilt das gesprochene Wort!
Deutsche Werkzeugmaschinenindustrie erfindet sich
neu

Wachstumsmärkte erschließen

Mit neuen Geschäftsmodellen Dienstleistungsangebot aufrüsten

IT-Kompetenz in die Unternehmen holen
Statement von Dr. Heinz-Jürgen Prokop, Vorsitzender des
VDW (Verein Deutscher Werkzeugmaschinenfabriken), anlässlich der Jubiläumspressekonferenz am 16. Juni 2016 in
Frankfurt am Main
Meine sehr verehrten Damen und Herren,
herzlich willkommen zur Jubiläumspressekonferenz des VDW. Wir
freuen uns sehr, dass Sie heute bei uns sind und Geburtstag mit
uns feiern.
Ein Jahrestag lädt ein, Bilanz zu ziehen, die eigene Position zu
bestimmen und den Bogen in die Zukunft zu spannen. Auch Sie
werden von mir heute sicherlich keine Darstellung der aktuellen
Konjunktur erwarten, wie sonst bei vielen Pressegesprächen übVerein Deutscher
Werkzeugmaschinenfabriken e.V.
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lich. Deshalb werde ich versuchen, einige Gedanken und Überlegungen zur Branche jenseits der Tagesaktualität zu formulieren.
Der VDW hat die Werkzeugmaschinenindustrie durch die vergangenen 125 Jahre begleitet. Er ist nicht der älteste, aber einer der
ältesten Verbände. Damals wie heute lassen sich seine Leistungen mit den Attributen verlässlich, dynamisch, wertvoll beschreiben. Unter dieses Motto haben wir auch unsere Festveranstaltung
gestellt. So betrachten wir unsere Arbeit, und die Firmen tun dies
offensichtlich auch. Derzeit haben wir gemeinsam mit dem Fachverband Werkzeugmaschinen und Fertigungssysteme im VDMA,
den wir in Personalunion betreuen, 290 Mitglieder. Sie beschäftigen 70 000 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen und erwirtschaften
gut 15 Mrd. Euro.
VDW-Leistungen stehen für verlässlich – dynamisch –
wertvoll
Die genannten drei Attribute verlässlich – dynamisch – wertvoll
stehen auch für die Themen, die der VDW seit seiner Gründung
im Dezember 1891 behandelt. Sie beschreiben das Aktionsfeld
der Hersteller: Märkte – Maschinen – Menschen. Daraus hat sich
im VDW ein umfangreiches Dienstleistungsportfolio entwickelt,
das sich mit den Stichworten Nachwuchs, Marktinformationen,
Marktplätze, Normung sowie Technik und Forschung weiter differenzieren lässt. Die intensive Auseinandersetzung mit diesen
Themen hat die Erfolgsgeschichte der Branche begründet.
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Gleichzeitig leiten sich aus diesen Themen auch die aktuellen
Herausforderungen für die Firmen ab.
Die deutsche Werkzeugmaschinenindustrie steht heute gut da,
zweifellos. Im internationalen Vergleich gehören wir mit China und
Japan zu den Top3-Produzenten, stellen den drittgrößten Markt
und sind knapp hinter Japan Vize-Exportweltmeister. Die Beschäftigung steigt moderat, der Inlandsabsatz brummt. Einzig der Export schwächelt, weil der Investitionsboom im größten Markt China nachgelassen hat. Im aktuellen Jahr haben sich die Aufträge
bisher besser entwickelt als erwartet. Die Auslandsbestellungen
sind seit Beginn projektbedingt zweistellig gestiegen. Daher könnte auch der Export den Turnaround im laufenden Jahr noch schaffen. Diese Entwicklung bestätigt unsere aktuelle Prognose von einem weiteren Produktionswachstum um ein Prozent.
Chancen aus Veränderungen generieren
Klingt alles gut! Jedoch leben wir in einer Zeit grundlegenden gesellschaftlichen und technischen Wandels. Gewissheiten stehen in
Frage, in der Politik, in der Wirtschaft, in den Unternehmen. Ein
„weiter so“ wäre sicher die falsche Schlussfolgerung. Vielmehr gilt
es, die Weichen richtig zu stellen, um aus den Veränderungen in
den Märkten bei den Kunden, der Technik und den Produkten, bei
Arbeitsplätzen und Unternehmen Chancen zu generieren.
Dazu lohnt dann doch wieder ein Blick in die Historie. Was hat die
Branche jenseits aller temporären Entwicklungen dauerhaft zum
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Erfolg geführt? Und was lässt sich für die Zukunft daraus ableiten?
Verlässlicher Lieferant für die Märkte der Welt
Bis heute sorgt der weltweit steigende Bedarf an Produktionstechnik, den die deutschen Hersteller mit dem richtigen Angebot
und kundenspezifischen Lösungen bedienen können, dafür, dass
sie international mit an der Spitze stehen. Der VDW unterstützt die
Firmen mit einem umfangreichen Dienstleistungsangebot. Das
beginnt mit verlässlichen, differenzierten Marktdaten und Marktstudien über aktuelle Prognosen und geht bis hin zur Organisation
realer Marktplätze, – jüngste Beispiele sind die AMB Iran und die
Expomaq in Mexiko, – und virtueller Marktplätze wie der IndustryArena.
Künftig werden wir die Märkte und deren Veränderungen noch
genauer beobachten müssen, um nahe am Kunden dessen Bedarf zu analysieren und an Marktentwicklungen nachhaltig zu partizipieren. Auch wenn wir mit ca. 70 Prozent Exportanteil bereits
global ausgerichtet sind, zeigen die jüngsten Veränderungen etwa
in China, Russland, Brasilien, dass sich Gewissheiten sehr
schnell ändern können und die einstigen Wachstumsmärkte auch
wieder Rückschritte verkraften müssen.
In den vergangenen Jahren haben wir uns vielfach auf gravierende Marktverschiebungen einstellen müssen. 1990 fiel der Eiserne
Vorhang, Deutschland erlebte die Wiedervereinigung. 1991 folgte
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die Gründung der GUS. Fast unmittelbar danach brach der einstige sowjetische Markt, damals größter Abnehmer deutscher Werkzeugmaschinen, zusammen. 1993 wurde die Europäische Gemeinschaft mit dem Vertrag von Maastricht gegründet. Nachdem
China bereits zuvor viele Schritte zur wirtschaftlichen Öffnung gegenüber dem Westen unternommen hatte, stieg China 2003 zum
größten Werkzeugmaschinenmarkt weltweit und ein Jahr später
zum größten Exportmarkt für die deutschen Hersteller auf. Das ist
China bis heute, wenn auch mit abnehmendem Gewicht.
Seit 2004 ist Asien weltweit der größte Markt für Werkzeugmaschinen mit der höchsten Wachstumsdynamik, getrieben durch
China, Japan, Taiwan und Südkorea. Den deutschen Herstellern
ist es gelungen, in weiten Teilen auf diese Marktverschiebungen
zu reagieren und Asien, insbesondere China, als Markt und Produktionsstandort zu entwickeln. Dennoch stellt Europa unangefochten den größten Exportmarkt für die deutschen Hersteller und
ist sogar wieder stärker geworden, weil auch der Weltmarkt zunehmend mehr Qualität von unserer europäischen Kundschaft
fordert.
Wachstumsmarkt Asean systematisch bearbeiten
In Asien, speziell auch in der Asean-Region und Indien, besteht
kurz- bis mittelfristig jedoch das größte Nachfragepotenzial, getrieben durch Infrastruktur und Mobilität sowie eine wachsende
Elektro- und Konsumgüterproduktion.
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Bislang wird Asien stärker von asiatischen Wettbewerbern beliefert, insbesondere aus Japan. Diese Märkte auch für uns weiter
zu erschließen ist mittelfristig die große Herausforderung für die
Branche. Hier müssen wir dringend Marktanteile ausbauen und
den Japanern Paroli bieten. Das heißt mehr Engagement, mehr
Präsenz, mehr Investitionen und ggf. auch mehr Kooperationen,
im Fall, dass ein Mittelständler nicht alles Erforderliche allein
stemmen kann.
Paradigmenwechsel bei den Abnehmern fordert die Produktionsausrüster
Auch neue Entwicklungen bei den Anwenderindustrien gilt es, im
Blick zu behalten.
Im Maschinenbau, der Luftfahrt, der Energieerzeugung oder der
Medizintechnik erwarten wir keine disruptiven Veränderungen mit
Auswirkungen auf die Produktion. Anders beim größten Abnehmer
Automobilindustrie, der viele Entwicklungen in unserer Branche
mit vorangetrieben hat.
Die Politik forciert neuerdings den Wandel zur Elektromobilität mit
Prämien für die Käufer. Ob daraus der lang erwartete Schub tatsächlich entsteht, bleibt abzuwarten. Aufhorchen lässt auch eine
aktuelle Schlagzeile, dass Norwegen ab 2025 keine Fahrzeuge
mit Verbrennungsmotor mehr zulassen will. Sie werden sagen,
der norwegische Automobilmarkt ist zu vernachlässigen. Experten
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erwarten jedoch sehr schnell Nachahmer. Auch für Megacities
könnte dies eine Strategie sein.
Die Automobilindustrie jedenfalls steht vor einem Paradigmenwechsel und Wandel ihres Geschäftsmodells, wenn sie die Mobilität der Zukunft weiter mitgestalten will. Treiber sind u.a. regulatorische Anforderungen aus der Politik und die zunehmende
Urbanisierung der Gesellschaft. Zentrale Themen sind der technologische Wandel vom Verbrennungsmotor zu alternativen Antriebsformen sowie das vernetzte und automatisierte Fahren.
Neue Anbieter treten in den Markt wie Tesla oder Google. Hinzu
kommen neue Services für Kunden, etwa Car-Sharing-Modelle.
Digitalisierung und Vernetzung machen es möglich.
Heute Nachmittag haben wir einen Gast von einem der großen
deutschen Hersteller, der sicher genaueren Aufschluss über Entwicklungen und Pläne in seiner Branche geben wird.
Maschinen – Hohe Entwicklungsdynamik verbessert Kundennutzen
Digitalisierung und Vernetzung sind schließlich auch Stichworte
für den Wandel in der Werkzeugmaschinenindustrie. Damit kein
Missverständnis aufkommt: Unser Kerngeschäft werden Maschine, Bearbeitungsprozess und Technologie bleiben. Dafür stehen
wir, das können wir, deshalb ist unser Angebot in der Welt gefragt.
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Damit wird auch weiterhin Spitzenqualität von uns erwartet. Die
Qualitätsanforderungen der Kunden steigen beständig. Faktoren
wie Energie- und Ressourceneffizienz bekommen immer mehr
Gewicht. Neue Werkstoffe und Bearbeitungsverfahren kommen
auf den Markt und werden in bestehende Produkte und Systeme
integriert. Am Ende jedoch steht immer ein reales Teil, kein virtuelles, aller Digitalisierung und Vernetzung zum Trotz. Und dies will
der Kunde wettbewerbsfähig produzieren.
Jedoch führt der hohe Reifegrad bestehender Maschinentechnologien schon zu der Frage, ob die Entwicklungsmöglichkeiten und
damit unser Vorsprung dahin schmelzen könnten. Erfolgreich
werden wir im Weltmarkt dennoch nur bleiben, wenn die Produkte
weiterhin technisch führend sind und durch weiterentwickelte und
erweiterte Dienstleistungen ergänzt werden.
Perspektivwechsel bei den Herstellern gefragt
Mit Industrie 4.0 eröffnen sich dazu auf einmal gigantische Chancen. Warum?
Bei Industrie 4.0 geht es darum, neuen Kundennutzen durch Vernetzung zu generieren. Wie in unserem privaten Leben auch können dadurch sehr viele Tätigkeiten vereinfacht oder sogar automatisiert werden. Dafür gibt es jedoch keine Blaupause und
bisher nur wenige realisierte Lösungen in der Wertschöpfungskette Metallbearbeitung, die Beispielcharakter hätten. Denn das
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Denken in Vernetzungslösungen ist für uns noch neu und benötigt
einen veränderten Blickwinkel in den Unternehmen.
Diskutiert werden unter dem Schlagwort Industrie 4.0 vielfach
„Condition Monitoring“ und „Predictive Maintenance“. Das ist unsere gewohnte Blickrichtung in die Vertikale, von oben nach unten, immer tiefer in die Maschinen und Bearbeitungsprozesse hinein und neuerdings auch von unten nach oben, vom Sensor in die
Cloud. Bringt dieses Thema aber flächendeckend wirklich mehr
Kundennutzen und damit für uns einen Wettbewerbsvorteil, der
den großen Aufwand rechtfertigt?
Mit einem Perspektivwechsel in die Horizontale, mit Blick nach
links und nach rechts, entstehen ganz neue Fragestellungen. Wie
kommen die Werkstücke z.B. optimal in die Maschine hinein und
wie hinaus zum nächsten Bearbeitungsschritt? Wie geben unsere
Maschinen den Werkstücken eine Identität oder reichern diese
Identität weiter an? Wie werden Werkstücke Aufträgen zugeordnet, verfolgt und jederzeit auffindbar? Wie werden unsere Maschinen im Sinne einer möglichst kurzen Durchlaufzeit optimal
beplant? Wie kann dies standortübergreifend geschehen? Die Liste an Fragen könnte ich beliebig fortsetzen.
Bisher haben wir es IT-und Logistik-Spezialisten überlassen, mit
ihren Systemen zur Produktionsplanung und Fertigungssteuerung
Detailfragen zu lösen. Einige Kunden haben sich selbst Systeme
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geschaffen. Allen ist bisher gemeinsam, dass sie kein durchgängiges Gesamtbild zeichnen.
Neue Dienstleistungen und Maschinenkonzepte sichern
Wettbewerbsvorsprung
Hier ergeben sich Ansatzpunkte und viel Potenzial für neue
Dienstleistungen, die tatsächlich zusätzlichen Kundennutzen generieren. Denn wer sollte dieses Gesamtbild besser entwickeln
können als wir? Niemand kennt die Welt der Teilefertigung besser.
Die große Herausforderung ist, dass die Prozess- und Schnittstellenwelt unserer Kunden bisher nicht standardisiert ist. Kein Betrieb ist heute wie der andere. Das aber ist andererseits unsere
Chance, diese Themen als Erste zu besetzen.
Die Frageliste, die ich eben begonnen habe, führt aber zu wesentlich mehr als zu einer Vernetzung von Menschen, Systemen und
Maschinen. Sie kann auch zu völlig neuen Maschinenkonzepten
führen, zu neuen Assistenzsystemen oder zu Lösungen für den
Materialfluss und die Teileverfolgung. Ein großes Feld, das in Teilbereichen noch weitgehend brach liegt.
Wenn wir über Vernetzungslösungen nachdenken, geht es auch
darum, sich ein Bild über die Möglichkeiten neuer Player in unserem Markt zu machen. Wir müssen gewappnet sein, wenn
„Google ins Herz der deutschen Produktion greift“, wie unlängst
die Medien titelten. Das kann uns nicht kaltlassen. Hier sind wir
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gut beraten, unsere Stärken selbstbewusst zu artikulieren und uns
zu positionieren.
Viele Fragen, die wir im VDW gemeinsam mit den Mitgliedern beantworten müssen. Dazu haben wir im vergangenen Jahr einen
Dialog gestartet. Durch den internen Gedankenaustausch und die
Einbindung von Kompetenzen aus allen relevanten Bereichen
wollen wir mit und für unsere Mitglieder die Perspektiven umreißen, um eigene Lösungen ableiten zu können.
Auch werden wir uns beim späteren Festakt mit dem Thema beschäftigen und freuen uns auf den Beitrag der Wissenschaft zu
neuen Angeboten und Lösungen, die sich aus der Vernetzung ergeben.
Menschen – Wertvollste Ressource bleibt erfolgsbestimmend
Die Werkzeugmaschinenindustrie wäre nie nachhaltig so erfolgreich, wenn sie nicht über ihre wertvollste Ressource verfügen
könnte: In allen Fachbereichen gut ausgebildete, hochqualifizierte
und sehr engagierte Mitarbeiter, die ihre Aufgaben beherrschen
und mit hoher Motivation daran arbeiten.
Bildung ist der Schlüsselfaktor für die Wettbewerbsfähigkeit der
kommenden 25 Jahre und darüber hinaus, auch für den politischen und gesellschaftlichen Umgang mit den beschriebenen
Veränderungen in Wirtschaft und Technik. In allen Bereichen wer-
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den die Herausforderungen steigen. Darauf muss unser Bildungssystem reagieren – auf allen Ebenen.
Facharbeiter sind der Grundpfeiler für unsere Industrie, in der wir
auch künftig Innovationen in hochwertige Produkte mit hoher Produktivität umsetzen wollen. Mit der dualen Ausbildung als Basis
denken die Mitarbeiter nicht in Teilaufgaben, die sukzessive abgearbeitet werden, sondern orientieren ihre Aufgabe am Gesamtziel einer Entwicklung oder eines Produktes. Dies schafft Eigenverantwortung, Lösungskompetenz und unterstützt kontinuierliche
Verbesserungsprozesse nachhaltig.
Exzellenzinitiative berufliche Bildung starten
Gerade in der beruflichen Bildung, die zu den herausragenden
Qualitäten des Standorts Deutschland gehört, laufen wir Gefahr,
unseren Vorsprung zu verspielen. Berufsschulen sind chronisch
unterfinanziert und häufig mit veralteter Technik ausgestattet. Für
die Werkzeugmaschinenindustrie mit ihrem hohen Innovationstempo und ihre Kunden ist dies eine Katastrophe, denn weder Berufsschullehrer noch Auszubildende sind damit auf dem aktuellen
technischen Stand. Mit einem Jahresbudget von 2 500 Euro für
die Weiterbildung aller Lehrkräfte kann keine Berufsschule der
Entwicklungsdynamik in den Unternehmen folgen. Hier fordern wir
ein nachhaltiges Engagement des Staates. Das umfasst auch die
Stärkung des Images der Berufsausbildung und technischer Berufsbilder. Dringend angesagt ist eine Exzellenzinitiative berufliche
Bildung.
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Die dargestellten Entwicklungen bei Industrie 4.0 verlangen zusätzliche Kompetenzen von den Mitarbeitern, die sie sich teilweise
aneignen können, unter Umständen aber auch eine grundsätzlich
andere Ausbildung erfordern.
„Digital Natives“ in die Werkzeugmaschinenindustrie holen
Als Unternehmen haben wir daher zwei wesentliche Aufgaben:
Zum einen müssen wir die Mitarbeiter – deren Kompetenzen natürlich auch in Zukunft Basis unseres Wirkens sein werden – ertüchtigen, mit den neuen Technologien umzugehen. Hier ist es erfreulich, dass das Bundesland Baden-Württemberg aktuell 6,5
Mio. Euro in den Aufbau von 15 Lernfabriken 4.0 investiert. Ein
Beispiel, dem andere Bundesländer folgen sollten.
Zum anderen muss es gelingen, die so genannten Digital Natives
für uns zu begeistern, um die Potenziale der Vernetzung auch
wirklich heben zu können. Trotz Hightech in der Werkzeugmaschine, leistungsfähigen Steuerungen, Automatisierungslösungen,
Einsatz von künstlicher Intelligenz u.v.m. wird unsere Branche in
der IT-Welt als konservativ angesehen. Schließlich ist man im
Konsumentenmarkt in der Vernetzung und der Nutzung von Vernetzungslösungen schon deutlich weiter.
Mit der VDW-Nachwuchsstiftung gibt der Verband der Ausbildungsqualität und Nachwuchsansprache seit 2009 besonderes
Gewicht. Mit großem Erfolg engagiert sie sich in der Aus- und
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Weiterbildung von Berufsschullehrern und Ausbildern. Auch gelingt es ihr mit großem Erfolg, junge Menschen für die Branche zu
interessieren. Wir werden uns künftig zusätzlich bemühen müssen, junge IT-Begeisterte davon zu überzeugen, dass im Werkzeugmaschinenbau hochattraktive Aufgaben auf sie warten.
Ein erster Schritt, ganz frisch, ist das Projekt „Fachkraft für digitale
Fertigungsprozesse“. Den Zuschlag hat die VDW-Nachwuchsstiftung vergangene Woche vom Bundesministerium für Bildung
und Forschung sowie dem Europäischen Sozialfonds erhalten.
Dabei handelt es sich um eine Zusatzqualifikation für leistungsstarke Auszubildende zum Industriemechaniker. Sie soll die duale
Ausbildung im Maschinenbau langfristig attraktiver gestalten und
gleichzeitig den Fachkräftebedarf für mittelständische Unternehmen sichern.
Treten Sie mit uns in den Zukunftsdialog!
Meine Damen und Herren, die Zukunft bleibt spannend. Die geschilderten Entwicklungen haben allesamt große Auswirkungen
auf die Werkzeugmaschinenindustrie, führen gar zu Umwälzungen. Jedoch hat die Branche auch in der Vergangenheit immer
wieder Veränderungen bewältigt. Immer konnte sie sehr gut mithalten, Entwicklungen aus anderen Bereichen für sich adaptieren
und sich selbst neu erfinden. Das zeigen 125 Jahre VDW. Daher
sind wir auch für die Zukunft optimistisch!
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Wie die Branche im Jahr 2041 aussehen könnte, darüber möchten wir mit Ihnen in den Dialog treten. In unsere Festschrift zum
125-jährigen Jubiläum ist eine Zeitkapsel eingebaut, die im Internet ab heute mit einem Diskussionsforum fortgeführt wird. Unter
www.industryarena.com/125-jahre-vdw finden Sie Thesen über
die künftige Entwicklung zu den Themen Märkte – Maschinen –
Menschen. Dazu können Sie Ihre Meinung äußern, die Thesen
kommentieren oder auch eigene Prognosen aufstellen. Wir freuen
uns auf einen munteren Zukunftsdialog.
Nun darf ich Sie herzlich zum weiteren Programm einladen und
danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit!