Das Fett wegsaugen

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Das Fett wegsaugen
Dermatologie
Liposuktion
Das Fett wegsaugen
In den westlichen Industrieländern steigt die Nachfrage nach
chirurgischer Entfernung unerwünschter Fettansammlungen stetig.
Gefördert wird dies nicht zuletzt durch in den Medien vermittelte
Schönheitsideale. Doch Fett ist nicht gleich Fett und die modernen
chirurgischen Verfahren eignen sich nicht bei jeder Person.
A
bmagerungskuren sind in der
Regel erfolglos, weil sich
Diäten nur auf solche
Fettregionen beschränken,
die diätetischen Regulatorien unterliegen.
Doch charakteristisch für die unerwünschten Fettansammlungen, wie z.B.
Reiterhosen, ist, dass die Fettzellen nicht
am Fettspeicherprozess beteiligt sind. Sie
sind somit Abmagerungskuren nicht
zugänglich. Da die meisten Personen mit
derartigen Fettpolstern einen schlanken
Körperbau haben, werden diese dadurch
eher noch unterstrichen. Die Anzahl der
Fettzellen ist zwar genetisch fixiert, sie
unterliegt aber auch dem Einfluss der
Ernährung. So wachsen die Zellen bei
entsprechender Kalorienzufuhr nicht nur,
sondern sie teilen, sprich vermehren sich
auch.
Das Fettgewebe ist ein eigenständiges
Gewebe in Form so genannter Fettorgane
oder mit anderen Bindegewebs- arten meist mit lockerem Bindegewebe vermischt. Das Bindegewebe schließt
mehrere Fettzellen zu traubenförmigen
Läppchen zusammen. Dazwischen liegen
Bündel kollagener Fibrillen sowie
reichlich Blutgefäße und marklose
Nervenfasern.
Frauen besitzen im Vergleich zu Männern
mehr Fett. Während sich dies bei Frauen
vornehmlich im Bereich der Hüften, des
Stammes, der Oberschenkel und
Oberarme ansammelt - gynoi- der Typ
verteilt sich das Fett bei Männern im
Bereich des Stammes und des Abdomens androider Typ. Diese unterschiedlichen
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Verteilungsmuster sind genetisch und
metabolisch definiert. Bei genauer
Betrachtung lassen sich im Bereich des
Stammes und der unteren Extremitäten
eine oberflächliche und eine tiefe
Fettschicht unterscheiden, die durch eine
dünne bindegewebige Hülle (Fascie)
getrennt sind. Die erstgenannte Schicht,
das subkutane Fett zwischen Haut und
oberflächlicher
Muskulatur,
ist
gekennzeichnet durch die vertikal
abgeteilten Felder (Kompartimentierung),
während die tiefe Schicht einen
traubenförmigen Charakter aufweist. Die
tiefe Fettschicht ist ausgeprägter um den
Nabel herum (periumbilikal), entlang der
Lenden (paralumbal) sowie am Gesäß
(gluteal), im Oberschenkel- und Hüftbereich. Die tiefe Fettschicht weist je nach
Lage eine Dicke zwischen 1,5 cm
(Oberschenkel/Hüftbereich) und 10 cm im
Lendenbereich bei sehr adipösen Frauen
auf.
Indikationen der Liposuktion
Ärzte und Patienten sollten beachten, dass
sich durch eine Fettabsaugung weder
Cellulite (s. S. 10) noch Fettleibigkeit
(Adipositas) noch Falten beseitigen lassen.
Das Ergebnis hängt von der richtigen
Indikationsstellung, der chirurgischen
Therapie und der zu entfernenden
Fettmenge ab. Weiterhin spielen das Alter
der Patienten, die Hautbeschaffenheit
sowie der Grad des Übergewichtes eine
bedeutende Rolle. So sind dieser Technik
bei Patienten über 40 Jahre mit mehr als 25
Prozent Übergewicht eindeutig Grenzen
gesetzt. Meist ist dann die Kombination
von Hautentfernung bzw. Bauchdeckenplastik und Liposuktion gerade im
Abdomenbereich indiziert.
Die Liposuktion kann als alleinige Therapie (Monotherapie) oder als Ergänzung
zur chirurgischen Gewebsentfer- nung
(Gewebsresektion) vorgenommen werden.
Erstere eignet sich, um das Fett an Hüften,
Oberschenkeln, Knien und Abdomen zu
entfernen.
Operationsverfahren im Detail
Bei der Liposuktion verwendet man heute
zunehmend dünne Kanülen mit einem
Durchmesser zwischen 1,5 und 4 mm (z.B.
Mercedes- bzw. Spatula- Kanülen u.ä.).
Vor dem Eingriff infiltriert der Operateur
das Fettgewebe mit Flüssigkeit
(Tumeszenz-, Wet- bzw. HyperwetTechnik). Mit Kanülen ohne Vakuum
werden Tunnel ins Fettgewebe angelegt,
aus denen anschließend kontrolliert
mittels Vakuumpumpen das Fett
kreuzweise abgesaugt wird. Dabei entsteht
ein so genanntes Honig-Wa- bennetz
innerhalb des Fettgewebes (s. Abb. r.o.).
Die
Gefäßnervenbündel
und
Hautligamente werden dabei weitgehend
geschont. Nachdem die Einschnittstellen
(Inzisionen) verschlossen wurden, werden
Kompressionsverbände bzw. -Strümpfe
oder -strumpf- hosen angelegt. Die Wunde
kann somit komplikationslos heilen und
die Gefahr, dass sich Hämatome oder
Sekretstauungen bilden, ist gebannt. Je
nachdem,
Kosmetische Praxis Juni 2001
Schematische Darstellung der
tunnelierenden Fettabsaugungen. Die Tunnel werden
zur Oberfläche hin zunehmend
Schematische
kleiner (Honig-Waben-Netz)
Darstellung der
aspirativen Fettabsaugung im Abdomenbereich. Die
eingezeichneten
Linien markieren die
Regionen der
ungewünschten
Fettansammlung, die
mit der LiposuktionTechnik korrigiert
werden
wie viel Fett abgesaugt wurde, müssen die
Kompressionsverbände ununterbrochen
drei bis sechs Wochen angelegt und
kontrolliert werden. Ab der dritten Woche
können unterstützend physikalischtherapeutische Maßnahmen, wie
beispielsweise eine Lymphdrainage,
eingeleitet werden.
Einzelne Körperregionen
Gesicht/Hals: Die Fettabsaugung kann im
Gesichts-/Hals-Bereich sowohl vor als
auch nach Gewebsinfiltrierung vorgenommen werden. Die Einschnitte
werden in der Regel im Bereich der
Nasolabialfalte, unterhalb der Nasenflügelbasis oder auch unter dem Kinn
(submental) angelegt. Eine Fettabsaugung
im Gesicht sollte nur in Ausnahmefällen
Kosmetische Praxis Juni 2001
vorgenommen werden und verbietet sich
oberhalb des Jochbeins ganz. Mit einem
hohen Risiko der Verletzung des
Gesichtnervs - die bis zu mehreren
Monaten anhalten kann - ist auch die
Fettabsaugung im Bereich der
Hängewangen verbunden. Im Gegensatz
dazu steht die Hals-Lipoplastik. Die Haut
am Hals weist gegenüber der des
Gesichtes eine wesentlich höhere
Retraktionsfähigkeit auf. Denn bis zu zwei
Jahren nach der Operation bilden sich im
Rahmen des Heilungsprozesses elastische
Fasern.
Oberarme: Fettansammlungen im Bereich der Oberarme bedürfen in der Regel
der kombinierten Lipo- und Oberarmhautresektion - der so genannten
Brachiodermoplastik. Denn bei älteren
Patienten hat sich nicht nur häufig viel
Fett angesammelt, sondern die
Haut ist auch sehr schlaff.
Abdomen: Hier führt der
Operateur die Kanüle auf beiden
Seiten in der Leistengegend sowie
im Nabel in das Gewebe ein. Die
Absaugung erfolgt tunne- lierend
in der Criss- cross-Technik, ohne
die großen perforierenden Gefäße
um den Nabel zu verletzen (s.
Abb. o. li.). Für eine präzise
Lokalisation der Fettgewebsansammlung ist das Einzeichnen
von topographischen Höhenkurven vor
der Operation im Stehen und anschließend
im Liegen von entscheidender Bedeutung.
Denn nur so lässt sich die Lageveränderung des Fettkörpers ermessen.
Zudem erleichtert dies während der
Operation das Vorgehen. Weist die
adipöse Bauchdeckenhaut zusätzlich
Anzeichen von Hautschlaffheiten auf,
bedürfen diese Patienten in der Regel einer
Kombination aus Hautentfernung
beziehungsweise Bauchdeckenplastik und
Liposuktion.
Prof. Dr. Dr. med. Johannes
Franz Hönig