Work-Life-Balance als Herausforderung

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Work-Life-Balance als Herausforderung
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Forschung & Lehre 11|11
BURNOUT
Work-Life-Balance
als Herausforderung
Burnout im Topmanagement
In einer Studie, in der mehr als 250
Topmanager und Topmanagerinnen sowie deren Lebenspartner befragt wurden, konnten vier Managertypen im
Umgang mit der Work-Life-Balance
zehnte stark Burnout gefährdet ist
identifiziert
werden
(Stock/Bauer
(Stock-Homburg/Bauer 2008).
2011). Diese Typen unterscheiden sich
dahingehend, wie mit arbeitsbezogenen
Kosten
Anforderungen (z.B. Work-Life-BalanHält man sich die jüngsten öffentlichen
ce feindliche Unternehmenskultur bzw.
Debatten über Topmanagerprivilegien
selbst auferlegter Leistungsdruck) und
und -gehälter vor Augen, könnte man
Ressourcen (z.B. persönliche Fähigkeisich die Frage stellen, warum wir uns
ten, Handlungsspielraum) umgegangen
überhaupt mit der Work-Life-Balance
wird (s. Abbildung).
von Topmanagern auseinandersetzen
Der intrinsisch motivierte Kompensollten. Fallen entsprechende Maßnahsator verfügt über eine gute Work-Lifemen nicht vielmehr in die Kategorie
Balance. Hohe arbeitsbezogene Anfor„sozial-romantische Veranstaltung“, die
derungen können durch entsprechende
man sich insbesondere auf den obersten
Ressourcen kompensiert werden.
Der
gleichgültige
Professionelle hat glei»Studien zeigen, dass jeder zehnte
chermaßen geringe ardeutsche Manager stark Burnout
beitsbezogene Anforderungen wie Ressourcen.
gefährdet ist.«
Es wird versucht, die
Minimalanforderungen
Unternehmensebenen nicht leisten will
zu erfüllen. Die Work-Life-Balance ist
und kann? Ein fataler Trugschluss: Akallerdings nur mäßig ausgeprägt, da dietuellen Schätzungen zufolge können die
ser Managertyp nicht in der Lage ist zu
Kosten für den Ausfall eines Topmanadelegieren. Es herrscht also eine relativ
gers bis in den zweistelligen Millionenhohe Geschäftigkeit, diese allerdings
bereich gehen. Neben direkten Kosten
mit bescheidenem Ergebnis.
für Fehlentscheidungen oder entgangeDer gelassene Selbstmanager verfügt
ne strategische Chancen (z. B. neue Geüber die beste Work-Life-Balance im
schäftsmodelle) sind Kosten für AbfinVergleich zu den übrigen drei Managerdungen aufgrund des gesundheitlich betypen. Hohe persönliche Ressourcen erdingten Ausstiegs von Topmanagern
möglichen diesem Manager, mit dem
und der Nachbesetzung zu nennen. Altäglichen Leistungsdruck relativ gelassen
lein für die Neubesetzung im obersten
umzugehen. Dementsprechend sind ArManagement belaufen sich die Kosten
beitsfreude und Erfüllung durch die Aufauf rund 2,5 Jahresgehälter. Neben diegabe überdurchschnittlich ausgeprägt.
sen direkten Kosten sind die indirekten
Der extern getriebene ArbeitssüchtiKosten, bedingt durch Führungsfehler,
ge befindet sich in einer schwierigen Sinicht zu unterschätzen. Wir haben es
tuation, da die hohen arbeitsbezogenen
hier also auch mit einem ökonomisch
Anforderungen nicht über Ressourcen
relevanten Phänomen zu tun!
kompensiert werden können. Die
| R U T H S T O C K - H O M B U R G | In den obersten Unternehmensebenen sind die Arbeitsbelastung und der Leistungsdruck besonders
hoch. Wenn ein Topmanager an Burnout erkrankt, entstehen den Unternehmen
direkte und indirekte Ausfallkosten. Wie können beide Seiten vorbeugen?
eit nunmehr zwei Jahrzehnten
wurden zahlreiche Belege dafür vorgelegt, dass sowohl die
Persönlichkeit als auch die Verhaltensweisen von Topmanagern den stärksten
Einfluss auf den Erfolg von Unternehmen haben. Ein gravierendes Beispiel
war der Apple-Gründer Steve Jobs; der
Aktienkurs des Unternehmens bewegte
sich quasi parallel zu dessen Gesundheitszustand. Allerdings hat das Managerdasein auch Schattenseiten: Arbeitstage mit zwischen 14 und 18 Stunden,
mehrfach wöchentliche Reisetätigkeit
über größere Zeitzonen hinweg, ständige Erreichbarkeit, regelmäßiges Arbeiten an Abenden und Wochenenden, wenig Urlaub sowie Zeit- und Kostendruck gehören bei vielen Topmanagern
und Topmanagerinnen zur Tagesordnung. Oder anders ausgedrückt: Dies
sind die wichtigsten Work-Life-Balance
Killer eines Managers. Und dass diese
hohen psychischen und physischen Belastungen nicht ohne Folge bleiben,
liegt auf der Hand.
Topmanager, die an die Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit gebracht werden,
begehen häufiger Managementfehler,
treffen eher sub-optimale Entscheidungen und sind weniger loyal gegenüber
ihrem Unternehmen. Erste Studien zeigen, dass jeder dritte deutsche Manager
an Workaholismus leidet und jeder
S
AUTORIN
Professor Dr. Ruth StockHomburg lehrt Marketing und
Personalmanagement an der Technischen Universität Darmstadt.
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11|11 Forschung & Lehre
www.zew.de
hoch
Der gelassene
Selbstmanager
Der intrinsisch
motivierte
Kompensator
Jetzt erschienen:
Seminarprogramm
2011/2012
Seminarpro
gramm
2012
2011 – Juni
September
niedrig
Arbeitsbezogene Ressourcen
Abbildung : Typologie von Managern im Umgang mit ihrer Work-Life-Balance
Der gleichgültige
Professionelle
niedrig
Der extrinsisch
motivierte
Arbeitssüchtige
hoch
Arbeitsbezogene Anforderungen
Work-Life-Balance ist am schlechtesten
ausgeprägt.
beiter trauen, diese Angebote zu nutzen
– der Grund: Angst vor negativen Karrierefolgen! Strukturelle Maßnahmen
Prävention
sind daher lediglich die halbe Miete auf
Eine wichtige Frage bezieht sich nun
dem Weg zu einer funktionierenden
darauf, was Unternehmen und Manager
Work-Life-Balance von Topmanagern,
tun können, um die Work-Life-Balance
was auch Unternehmen nach und nach
im Topmanagement zu verbessern.
erkennen. So traute sich die Vodafone
Zahlreiche Unternehmen, wie beispielsDeutschland GmbH in einer Initiative
weise Procter & Gamble und IBM, hazur Verbesserung der Work-Life-Balanben Gesundheitsförderungs- und -vorce Kultur an die „weichen Faktoren“ –
sorgeprogramme. Merck lässt seine
Kultur und Führung – heran. Neben der
Topführungskräfte regelmäßig gesundUnternehmenskultur ist dies insbesonheitlich durchchecken. Für angehende
dere der konstruktive Umgang mit der
weibliche Top-Führungskräfte bieten
Work-Life-Balance der Mitarbeiter im
Unternehmen wie BASF und Daimler
Rahmen der Mitarbeiterführung.
zudem umfassende MentorenprogramEs gibt allerdings eine Reihe von
me an, um diese besser innerhalb des
Maßnahmen, die Topmanager selbst ergreifen
können
»Weniger als 50 Prozent der Mitarbeiter (Kreiner/Hollensbee/ Sheep 2009;
in US-amerikanischen Unternehmen
Stock 2010). Beitrauen sich, Hilfsangebote zu nutzen.«
spielsweise können andere MenUnternehmens zu vernetzen. Mit erfahschen (Assistenten, Familienangehörige
renen Mentoren werden zwar nicht
usw.) als Unterstützung herangezogen
ausschließlich, aber zumindest in gewiswerden. Darüber hinaus können Techsem Umfang Herausforderungen um die
nologien genutzt werden, um mehr
Work-Life-Balance besprochen. Die
räumliche Flexibilität während der Armeisten Unternehmen konzentrieren
beit zu haben. Wichtig ist auch, konsesich auf „harte Faktoren“, und zwar
quent Auszeiten bzw. Zeiten für private
durch Maßnahmen wie GesundheitsDinge zu definieren. Weiterhin ist es
checks, Mentoring, Seminare zum
hilfreich, wenn gegenüber dem berufliSelbstmanagement, interne bzw. dem
chen und privaten Umfeld gewisse ErUnternehmen assoziierte Kinderbetreuwartungen kommuniziert werden, z.B.
ungsangebote und Sabbaticals.
hinsichtlich der persönlichen ErreichAllerdings zeigen jüngere Studien in
barkeit oder der Inhalte, mit denen ein
US-amerikanischen Unternehmen, dass
Manager behelligt werden sollte.
sich weniger als 50 Prozent der Mitar-
Als einziges deutsches Wirtschaftsforschungsinstitut verfügt das ZEW über einen eigenen
Weiterbildungsbereich. Er ermöglicht dem
Institut, die wissenschaftliche Forschungsarbeit praxisnah nach außen zu vermitteln.
In dem neu erschienen Seminarprogramm
2011/2012 reicht das Themenspektrum von
Ökonometrie über Finanzmarktanalyse und
-management bis hin zu Unternehmensführung und Organisation. Wie in den letzten Jahren werden bewährte Klassiker wie
„Digitale Literatur und Urheberrecht“ oder
das Qualifizierungsprogramm Ökonometrie
angeboten. Neu im Programm sind Expertenseminare zum Thema „Internationaler Mitarbeitereinsatz in Wissenschaft und Forschung“
oder „Dynamic Programming: Theory, Numeric
Implementation, and Applications“
Das Weiterbildungsangebot des ZEW umfasst
außerdem Qualifizierungsmaßnahmen in
deutscher und englischer Sprache, die speziell
nach den individuellen Bedürfnissen von
Unternehmen und Institutionen entwickelt
werden.
Mehr Informationen:
www.zew.de/weiterbildung
Kontakt:
Zentrum für Europäische
Wirtschaftsforschung GmbH (ZEW)
L 7, 1 · 68161 Mannheim
Frau Vera Pauli
Telefon: 0621/1235-124
Telefax: 0621/1235-125
E-Mail: [email protected]

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