Schlickfalle 01 100506N
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Schlickfalle 01 100506N
Zum Thema „Schlickfalle“ … in meinem gestrigen Gästebucheintrag (06.05.2010) hatte ich den Begriff „Schlickfalle“ benutzt, ohne darüber nachzudenken, dass dieser eigentlich ein Fachterminus ist. Das Wort „Slichfall“ stammt aus dem mittelhochdeutschen Sprachgebrauch und wird heute als „Schlickfall“ (Schlickkuhle) in Fachkreisen benutzt. Er bezeichnet in natürlichen, strömenden Gewässern wie Priele, Flüsse oder Bäche ausgespülte, tiefe Kuhlen, die sich im immerwährenden Spiel der Strömungsverhältnisse mit Schlick oder Treibsand füllen. Der Schifffahrtswege – bzw. Hafenbau legt heute solche als künstliche Schlickfalls an, um den ungeliebten Schlick zu sammeln, bevor er Hafen- oder Zufahrtseinrichtungen vor Schleusen etc. belastet. Aus diesen, örtlich fixierten Kuhlen lassen sich durch ständigen Baggereinsatz diese wirtschaftlichen Einrichtungen weitestgehend freihalten und Kosten sparen. Diese Methoden sind in Niedersachsen politisch heftigst umstritten; zuletzt meines Wissens nach an der Ems (Sperrwerk), aber auch an Weser und an Elbe (Cuxhaven/Stade) eingerichtet oder geplant. Die bauplanmässig tief ausgebaggerte Juister Hafenanlage in einem höher gelagerten Watt bei fehlenden Ostleitdamm (wie in Norddeich) ist aber, wegen nicht eingeholter bzw. fehlerhafter Gutachten über die grossräumigen Juister Watt- und dortigen Strömungsverhältnisse selbst zum „Schlickfall“ oder jetzt besser ausgedrückt, unumkehrbar zur „Schlickfalle“ der Juister geworden. Die Bug- und Heckwellen des ein- und auslaufenden Schiffsverkehrs saugen den Schlick von der östlichen Wattseite unerbittlich an, die Schraubenquirle jagen die zwischenzeitlich bei Ebbe abgelagerte Sedimentation hoch und alles zusammen sorgt dafür, dass der Seglerhafen zudem besonders betroffen ist. Es gab ja seinerzeit ein wunderbares Baggerloch für den Deichbau, welches die Reederei Norden Frisia mit all ihrem wirtschaftlichen Druck als kostengünstigen Hafen ausbauen (lassen) wollte - die niedersächsische Landesregierung spielte dazu die entsprechende Begleitmusik. Das in Ostfriesland wirtschaftlich bedeutende Unternehmen verabschiedete sich aber gleichzeitig – unter Zahlung von Zuschüssen an die Gemeinde - aus seiner finanziellen Verantwortung, die es bei der Landungsbrücke und der Inselbahn innehatte und setzte alles daran, dass die Insel unwiderruflich einen „Kommunalhafen“ mit allen Folgekosten bekam. Alle Rechenmodelle zur Erneuerung des alten Anlegers gingen ins uferlose. Nachvollziehbare, rechenbare Gegenmodelle, die auch den nunmehr bestehenden Sicherheitsanforderungen an die Inselbahn und der erforderlichen Minimierung der Folgekosten entsprachen, wurden nicht oder sehr phantasievoll vorgelegt. Man war schliesslich einfach nur noch dafür oder dagegen! Der Streit auf der Insel war gross, quer durch Freundeskreise und Familien! Beobachtungen am dreiseitig unbefestigten Liegebecken an der Ostseite des alten Anlegers zeigten dort schon die Schlickfallauswirkung, die in keinem natürlichen Gewässer ausbleibt. Die Frisiaschiffe hielten mit intensiver Schraubentätigkeit dieses Becken weitestgehend frei, das ablaufende Wasser zog den aufgewirbelten Schlick durch die Juister Balje nach Westen ins Meer hinaus. Nur Insulaner, die sich auch mal zu Fuss bei Ebbe dorthin bewegt oder dort mit ihrem Boot festgemacht hatten (sonst war man dort ja nur bei Flut, wenn man mit dem Schiff fahren wollte) haben diese Schlickentwicklung gesehen, die auch hin und wieder nach starken Eiswintern durch Einsatz von Bagger beseitigt werden musste. Dass Ausmass der Verschlickung war somit für sie noch überschaubar und nicht sehr beunruhigend. Beunruhigend ist aber der Schlickeintrag in den jetzigen Hafen, der allen Insulanern und Gästen tagtäglich sicht-, fühl- und riechbar mehr und mehr vor die Füsse gespült wird. Wie man zudem feststellen konnte und auch weiss, ist es auch eine Tatsache: vermehrte Baggerei führt zu vermehrten Schlick. Massnahmen am oder im Hafen sind durch die Schlickfallsituation unmöglich, diese haben an anderer Stelle mit Begleitmassnahmen (Ostleitdamm-/Lanungsbau) zu erfolgen. Ob ein künstliches Schlickfall am Ende der Hafenzufahrt / Übergang zum natürlichen Priel mit ständiger Baggereinrichtung (Verbringung des Baggergutes mit Spülrohren an Land) eingerichtet werden kann ist auch mehr als fraglich. Wie viele zusätzliche Aufspülflächen kann Juist zudem auf Dauer vertragen ohne seinen Charakter nachhaltig zu verändern bzw. zu verlieren? Interessant jedoch ist vergleichsweise am Hafen von Spiekeroog (dem seinerzeitigen Vorbildhafen von Juist), dass die östliche Wattseite der Hafenzufahrt ausserordentlich sandig ausgeprägt ist. (mal in die WebCam gucken!). Grund hierfür ist, dass der dortige Hafen sehr weit am Westkopf der Insel angelegt wurde und somit die dortigen Strömungsverhältnisse wie Wassertiefen eine solch ausgeprägte Sedimentation, wie im gesondert gelagerten Juister Watt, nicht stattfindet. Natürlich muss auch auf Spiekeroog gebaggert werden, aber die Ausmasse halten sich in Grenzen, das Baggergut wird schnell und bequem im Seegatt entsorgt. Die Seglernachrichten berichten, wie gern oder widerspruchslos dort (wie auch auf den anderen Inseln oder in Küstenhäfen) der Hopperbagger „Seekrabbe gesehen ist. Langfristig ist meines Erachtens nur die Lösung denkbar, die durch menschliche Eingriffe in der Oster- wie Westems verursachten Strömungseinschränkungen im Juister Watt zu beheben, die Sedimentation entscheidend zu verringern, einen Zustand zu erreichen, der vor vielen Jahrzehnten noch natürlich war. Das bedeutet, dass der Priel zwischen Memmert und der Kachelotplate wieder ausreichend breit und tief - mit naturverträglichen Massnahmen - angelegt und erhalten wird. Diese Aktivitäten finden zwar im „Nationalpark Wattenmeer“ statt, würde aber eine Rückführung der Verhältnisse um Juist führen, nicht nur im Watt sondern auch an den bedrängten Dünen zwischen Bill und Hammersee, wie die Natur sie in Jahrhunderten von sich aus zuvor geschaffen hatte. Zweifel? Die habe ich auch – aber: Informationsbesuche bei den Holländern, die viel Erfahrung auf diesem Gebiet haben, könnten hier abhelfen. Modellversuche am Computer sind für die nur ein Klacks, sie haben die Programme! Wissen und Nachdenken könnte doch sehr hilfreich sein! Ach ja, vor der westfriesischen Insel Ameland gab es einen gescheiterten Versuch: eine schiffbare, künstliche Fahrrinne konnte nicht erhalten werden. Das Ergebnis ist richtig, kann aber nicht zum Vergleich herangezogen werden, da dort völlig andere Strömungsverhältnisse als im Juister Watt vorliegen (man schaue mal auf die Karte). Vielleicht bringen diese Gedanken den einen oder anderen Leser auf neue Anregungen, die zu einer Problemlösung führen könnten, die die Insel Juist aus der Schlickfalle befreien. on7.born am 06. Mai 2010