de janeiro - Lufthansa Magazin
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The taste of Rio de Janeiro auf 76 Seiten RIO DE JANEIRO 2/2014 LH.com MARISA MONTE Marisa Monte ist einer der größten Musikstars Brasiliens. Schon mit 19 Jahren gab die Sängerin ihre ersten Konzerte, sie ist mehrfache Grammy-Gewinnerin und glühende Lokalpatriotin. Nichts auf der Welt wird sie je aus Rio de Janeiro weglocken können – uns zeigt sie, was ihre Heimatstadt so attraktiv macht BERLIN DÜSSELDORF FRANKFURT HAMBURG KÖLN MÜNCHEN Editorial samsonite.com Marisa Monte Mein Rio de Janeiro MARI SA MONTE Eine der wichtigsten Vertreterinnen der Música Popular Brasileira wurde 1967 in Rio de Janeiro geboren. Durch ihren Vater, künstlerischer Leiter einer Sambaschule, kam sie früh in Kontakt mit Musik. Mit 14 Jahren fing sie an, privat Gesang zu studieren, mit 19 ging sie nach Rom, um dort eine klassische Gesangsausbildung zu beginnen. Der Produzent Nelson Motta entdeckte ihr Talent und organisierte eine erste Brasilien-Tournee. Der große Erfolg ihrer neuartigen Mixtur aus Rock, Samba, Jazz und Bossa Nova bescherte ihr eine TV-Show und das erste Live-Album „MM“ im Jahr 1989, darauf fand sich auch ihr erster Nummer-eins-Hit „Bem Que Se Quis“. Seit Mitte der Neunziger ist Marisa Monte, die besonders enge Kontakte zur New Yorker Musikszene pflegt, auch international erfolgreich. Monte ist in zweiter Ehe mit Diogo Pires Gonçalves verheiratet und hat zwei Kinder, Mano (11) und Helena (5). Liebe Leserin, Fühlen Sie den Sound der Copacabana! Fußball, Samba und noch viel mehr: Entdecken Sie den ganzen Zauber Brasiliens auf der neuen Lufthansa Website „Beat of Brazil“! LH.com/beatofbrazil AUS CURV®-MATERIAL DER STÄRKSTE UND LEICHTESTE SAMSONITE ALLER ZEITEN Curv® ist ein eingetragenes US-Markenzeichen der Propex Operating Company, LLC. ©2013 Samsonite. Das kleine Handgepäck würde für diese Reise völlig genügen. Selbst das könnten Sie getrost zu Hause lassen, schließlich gibt es an jeder Straßenecke schickste Bademode zu kaufen. An der Spitze der schneidernden Dreiecks-Künstler steht Lenny Niemeyer – mit der Selfmade-Frau haben wir übers ideale Strand-Outfit gesprochen. Für alle, die sich nicht in Bikini-Shape fühlen, haben wir andere schöne Dinge anzubieten. So empfiehlt die Rio-Kennerin Christine Wollowski: Lernen Sie, das Leben zu feiern, nicht die Perfektion! Wer bei so viel Körperkult noch Sehnsucht nach einer persönlichen Bauch-Beine-Po-Session verspürt, kann beim Samba ausgiebig die Hüften kreisen lassen. Wir wünschen viel Vergnügen! Titel & Foto: Leo Aversa COSMOLITE kommen Sie mit uns nach Rio de Janeiro! Tauchen Sie ein in das rasante brasilianische „viver bem“, wo die pure Freude die Tage am Strand, auf den Märkten und in den Parks prägt – und die Nächte beim Samba, in den Bars und Restaurants sowieso. Lufthansa woman’s world 2/2014 5 laurel.de 2/2014 50 32 Wie man lebt 12 Stadtrundgang mit Marisa Monte Ein Stopp am Strand von Arpoador, ein Besuch am Hafen von Urca und ein gemütliches Mittagessen beim Lieblings-Vegetarier – der Weltstar liebt es entspannt 24 Interview Die Ausnahmesängerin über das Mysterium ihres Erfolgs, den Reiz jüngerer Ehemänner – und warum sie sich selbst wie 78 fühlt Was man trägt 8 Buntes für und aus Rio de Janeiro: Fashion, Beauty & mehr Was Sie für die lässigste Metropole der Welt unbedingt im Gepäck haben sollten (spätestens auf dem Rückflug) 28 Streetstyle: Coole Looks Trendsetter zeigen, was der Kleiderschrank an Casual-Outfits hergibt, und verraten, wo sie die entdeckt haben 32 Mode: Die Meisterin der Bikinis Lenny Niemeyer startete eine Garagenfirma, heute sind ihre Kreationen in Rio so begehrt wie in Paris jene von Chanel Wohin man geht 24 6 58 Gourmet: Geschmacksbomben Vier Starköche haben ihre Lieblingsrezepte für uns zubereitet 64 Nachtleben: Tanze Samba mit mir! Mit der Leidenschaft für Hüftschwung geht’s durch die Tanzlokale 68 Hotels: Klein, sehr fein In diesen noblen Mini-Herbergen fühlen sich Luxusbegeisterte und Individualisten wie zu Hause 72 Service Alle Tipps und Adressen 68 Worüber man spricht 30 Essay: Schönheitskult Christine Wollowski über brasilianische Ideen von Haut, Haar und Hinterteil 36 Bildergalerie: Wunder der Stadt Wir zeigen die schönsten Impressionen von der Christusstatue und anderswo 46 Favela-Tour: Das echte Leben Ein lehrreicher Spaziergang durch das Viertel der armen Leute 50 Kreative Köpfe: Kunstszene Ein Museumsdirektor, zwei Galeristinnen und eine Street-Art-Vertreterin über den Boom am Kunstmarkt 74 People: Mein erstes Mal Die Bikini-Designerin Suzanne Jennerich über perfekte Sonntage in Rio 8 Lufthansa woman’s world 2/2014 Fotos: Thomas Rangel; Stevens Fremont; PR(2); Illustration: Ekaterina Koroleva Inhalt $PVWHUGDP%HUOLQ'UHVGHQ'VVHOGRUI)UDQNIXUW+DPEXUJ.|OQ0DGULG0QFKHQ0QVWHU6DO]EXUJ:LHQ shop online: laurel.de Was man trägt Beach Chic Brazilian Way [2@b Ein Bikini muss auf jeden Fall mit! Was sonst noch im Gepäck nach und aus Rio de Janeiro dabei sein sollte (also spätestens auf dem Rückflug), sehen Sie hier: Strand- und Stadtbegleiter zum Verlieben [11@b [3@b [1@b [10@b [4@b JUST JEWELS [5@b D I E N E U E R Ü S C H E N B E C K KO L L E K T I O N [7@b [9@b [6@b 1 Ethno-Touch Kimono-Überwurf aus Seide mit Paisleymuster von Topshop by Kate Moss, Preis auf Anfrage; topshop.com 2 Spitzensache Vergoldete Silberkette mit Anhänger „Anemone Blu“ von Hipanema, 65 Euro; hipanema.com 3 Zickzack Bandeau-Bikini aus Strick mit Häkeloptik von Missoni, rund 300 Euro; über net-a-porter.com 4 Grüner Schutz Für Haare und Kopfhaut: Conditioner Green Mango von Sol Janeiro, 22,90 Euro; über ludwigbeck.de 5 Schön gebeutelt Tote Bag in Größe Large aus der Rio-Kollektion von Osklen, Preis auf Anfrage; osklen.com 6 Hoch hinaus Sandale von Zeferino in Metallic-Optik, circa 210 Euro; zeferino.com.br 7 Monumentalwerk Eine fotografische Hommage an unseren Planeten: Genesis-Collector’s-Edition von Sebastião Salgado, 3000 Euro; taschen.com 8 Zugzwang „Blood & Will“-Gürtel von Bands of L.A., 39 Euro; bands-of-la.com 9 Neuer Lack „Don’t call me Peachy“ von NCLA, 19,50 Euro; über niche-beauty.com 10 Goldene Zeit „Tambour Monogram Infini“-Uhr von Louis Vuitton, aus 18-Karat-Roségold, Lünette mit 52 Diamanten besetzt, Preis auf Anfrage; louisvuitton.de 11 Weicher Verlauf Sonnenbrille „East“ von Aoyama in Rosé gradient, Preis auf Anfrage; aoyama-optical.de 8 Lufthansa woman’s world 2/2014 Fotos: PR [8@b Was man trägt Flower Power [1@b [11@b [2@b [10@b [9@b [3@b [4@b [7@b [6@b [5@b [8@b 1 Rosen-Bouquet Blütenkleid von Topshop, 88 Euro; topshop.com 2 Egozentrisch Nagellack „Red Ego“ von Estée Lauder, 22 Euro; esteelauder.de 3 Blühendes Haupt Haarreif „Marique“ mit Blumenkrone von Eugenia Kim, 156 Euro; über net-a-porter.com 4 Schöner Bund Minirock mit Bordüre „Jaipur“ von Amenapih, 80 Euro; hipanema.com 5 Signalfarbe Sandale aus Lackleder von Zeferino, rund 250 Euro; zeferino.com 6 Blumiger Blickfang Besticktes Seidentop von Dries Van Noten, circa 550 Euro; über barneys.com 7 Schlangengrube Schmuckdöschen aus Leder mit Pythonprägung, 49 Euro; über desiary.de 8 Schlagkraft Beach-Bat-Schläger „Leblon“, handgemacht in Brasilien, rund 218 Euro; frescobolcarioca.com 9 Patriotisch Kopfhörer „England“ von Coloud Boom, aus der Fußballedition, ca. 29 Euro; coloud.com 10 Edeltüte Tote Bag „Favelas 74“ von Givenchy, 590 Euro; über farfetch.com 11 Knall-Körper Korallenfarbene Ohrringe „Roma“ von Shourouk, b(XUR¾EHUmonnierfreres.de 10 Fotos: PR Herausgeber Deutsche Lufthansa AG, Von-Gablenz-Str. 2-6, D-50679 Köln Objektverantwortung Alexander Schlaubitz Koordination Jens Polkowski Verlag Lufthansa woman’s world erscheint viermal im Jahr bei der G+J Corporate Editors GmbH (www.corporate-editors.com). Postanschrift für Verlag, Anzeigen und Redaktion: Lufthansa woman’s world, Stubbenhuk 10, D-20459 Hamburg Geschäftsführung Soheil Dastyari, Stephan Schäfer Publishing Manager Melanie Jonas, Tel. 0 40/37 03-50 14, Fax: 0 40/37 03-17 5014 Chefredakteur Adrian Pickshaus (V.i.S.d.P.) 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Für unverlangt eingesandte Manuskripte und Bilder übernimmt die Redaktion keine Haftung. Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben die Meinung der Autoren wieder. Diese muss nicht mit der Auffassung der Redaktion übereinstimmen. Papier Royal Press 400. Aus 35 Prozent Sekundärfasern, gebleicht ohne Chlor, gebleicht mit Sauerstoff. Holz aus nachhaltiger Forstwirtschaft, zu 100 % FSC-zertifiziert (Forest Stewardship Council). Lufthansa woman’s world 2/2014 Wie man lebt Marisa Monte Fest verwurzelt Sie ist einer der größten Stars der „Música Popular Brasileira“. Dreimal gewann Marisa Monte die Latin Grammy Awards, sie arbeitet mit internationalen Größen wie Laurie Anderson, Philip Glass oder David Byrne. Die Heimat ist ihr heilig, nichts und niemand könnte die 46-Jährige je aus Rio de Janeiro weglocken. Wer mit ihr die Lieblingsplätze ihrer Geburtsstadt besucht, versteht all die guten Gründe dafür Text Silke Bender 12 Fotos Leo Aversa Lufthansa woman’s world 2/2014 Am Hafen von Urca ist Marisa Monte aufgewachsen, die Fischer hier waren die Zuhörer bei ihren ersten Gesangsversuchen 13 Wie man lebt Marisa Monte Oben: Zur blauen Stunde zeigt sich der beliebte Strandabschnitt Arpoador von seiner ruhigen Seite Unten: Einst hat Michael Jackson hier ein Video gedreht, Street-Art machte aus der Favela Santa Marta später ein Kunstwerk Foto : Tomás Rangel Marisa Monte schätzt die vegetarische Küche im Restaurant Aprazível 14 Lufthansa woman’s world 2/2014 In Urca, wo Marisa Monte aufwuchs, erschien ihr Rio wie ein verträumtes Dorf 15 Wie man lebt Marisa Monte Als Kind ist sie häufig mit dem Fahrrad von Laden zu Laden gefahren – oft gab es eine Leckerei umsonst 16 S ie wartet auf der Kaimauer des kleinen Fischerhafens von Urca. Hier ist es nahezu autofrei und ungewohnt, fast unheimlich still. Winzige bunte Kähne schaukeln behäbig im Wasser. Ein ungewöhnlicher Treffpunkt in dieser 6,5-Millionen-Metropole, in der es sonst ohrenbetäubend laut ist, deren Verkehrsadern stets verstopft sind. Links breitet in der Ferne die 30 Meter große Christusfigur auf dem Corcovado ihre Arme aus, gleich rechts erhebt sich die Steilwand des Zuckerhuts. Ein magischer Ort, wo Rio wie ein verträumtes Dorf erscheint. „Hier bin ich aufgewachsen, mit dem Blick auf unsere zwei Wahrzeichen“, sagt Marisa Monte und zeigt auf den zweiten Stock eines modernen Apartmenthauses. „Die Fischer im Hafen waren das Publikum, als ich im Wohnzimmer meine ersten Gesangsstunden nahm. Von ihnen bekam ich meinen ersten Applaus. Manchmal begleiteten sie mich auch auf der Cavaquinho, der typischen Samba-Gitarre.“ Hier begann auch die Geschichte Rios, wie Marisa erzählt. Portugiesische Seefahrer entdeckten die Bucht am 1. Januar 1502 und hielten sie für ein großes Flussdelta. „Deshalb heißt Rio de Janeiro auch so, Fluss des Januars. Können Sie sich vorstellen, dass der Zuckerhut damals noch mit dem Fuß im Wasser stand?“ Das heutige Stadtviertel Urca ist durch Landaufschüttungen in den 1920er Jahren entstanden, wohlhabende Menschen ließen sich hier nieder. Elegante Villen, der Jachtclub und im Bauhaus-Stil erbaute Residenzen rund um den Hafen zeugen davon. „Ich hatte eine sehr behütete Kindheit“, berichtet Monte, „am Wochenende gingen wir meistens zum Segeln, oder ich bin mit meinem Fahrrad von einem kleinen Laden zum anderen gefahren – oft gab es eine Leckerei umsonst.“ Die meisten Touristen kommen bloß nach Urca, um mit dem „Bondinho“, der Seilbahn, auf den Gipfel des Zuckerhuts zu fahren – danach ziehen sie gleich weiter. Ein Fehler, wie die Sängerin meint: „Neben Santa Teresa ist es eines der architektonisch schönsten Viertel von Rio.“ Sie empfiehlt zum Sonnenuntergang den Besuch der Bar Urca, wo sich die Cariocas, die Einwohner Rios, an der Kaimauer zum Aperitif treffen, mit schönem Blick auf die Christusstatue und die Fortaleza de São João, eine Militäranlage aus dem 16. Jahrhundert. Dort liegt auch der ruhige Strand Praia Vermelha, Marisas persönlicher Geheimtipp. Und auch wenn Lufthansa woman’s world 2/2014 Fotos: Tomás Rangel Die gelben Trams kurven nach jahrelanger Pause wieder durch Santa Teresa – zuletzt hatten sie nur auf Wandgemälden das Stadtbild geprägt Marisa Monte liebt die Recycling-Kunst von Getúlio Damado, die er in einer ausrangierten Straßenbahn verkauft Wie man lebt Marisa Monte Stein auf Stein: Das Museu de Arte Moderna (MAM), das kunstvolle Pflaster der Copacabana und der malerische Strand von Leme (von oben) 18 Rios berühmteste Strände durchaus einen Besuch lohnen, sei das Vergnügen doch größer an ihren jeweils nördlichen Enden – in Leme, dem Anfang der Copacabana, und in Arpoador neben Ipanema: „Dort wird man nicht vom Autolärm gestört und kann den Surfern beim Wellenreiten zusehen.“ Unsere nächste Station ist das Museu de Arte Moderna do Rio de Janeiro, kurz MAM. Der imposante Sichtbetonbau, 1959 eröffnet, stammt von Affonso Eduardo Reidy und gilt als Meilenstein moderner Architektur. Das MAM beherbergt eine der größten Sammlungen zeitgenössischer brasilianischer Kunst. „Hier zeigen sie unsere größten Künstler, wie Adriana Varejão oder Luiz Zerbini“, erzählt Marisa, für die bildende Kunst „eine große Inspirationsquelle ist – so wie ich in meiner Musik die Genres vermische, sehe ich Show und Bühnenbild als Gesamtkunstwerk und arbeite dafür gern mit bildenden Künstlern zusammen. Was ich bei ihnen schätze, ist die Fähigkeit, konzeptuell zu denken, Ideen eine Form zu geben – da sind sie uns Musikern meist überlegen“. Lufthansa woman’s world 2/2014 Hätte es mit der Musik nicht geklappt, Marisa Monte wäre wohl bildende Künstlerin geworden; in Museen (im Hintergrund das MAM) ist sie häufiger Gast Wie man lebt Marisa Monte Während der vergangenen 27 Jahre hat Marisa Monte es selbst zu einer kleinen Kunstsammlung gebracht. „Wann immer ich Zeit habe, gehe ich in die Kunstschule des Parque Lage, um den Studenten beim Zeichnen und Malen über die Schulter zu schauen“, sagt sie. Nebenan, im Botanischen Garten, zieht sie sich zum Lesen zurück oder beobachtet einfach nur die Affen oder Tukane, die in den Baumkronen turnen. Affen, mitten in der Stadt? „Ja“, sagt Marisa lachend, „sie können aber auch ganz schön nerven. Einmal haben sie uns so viele Ziegel vom Dach geklaut, dass es reingeregnet hat. Da gab’s zur Strafe kein Futter mehr für die nächsten Tage.“ Das Stichwort ist gefallen, der Hunger macht sich bemerkbar, Zeit zum Mittagessen. Marisa wurde mit 16 Vegetarierin, aber sie isst Fisch. Sie entscheidet sich fürs Aprazível, ein im Dschungelstil erbautes Restaurant, das Spezialitäten aus allen Regionen Brasiliens serviert, darunter viele vegetarische Klassiker wie gedünstete Palmherzen. Der Weg vom Botanischen Garten nach Santa Teresa wird lang, für die zehn Kilometer brauchen wir fast zwei Stunden. Während sich das Auto vorankämpft, stöhnt die Lokalpatriotin: „Das Einzige, was einem Rio wirklich verleiden kann, ist der Verkehr.“ Aber am liebsten isst sie sowieso zu Hause. „Auf Tournee bin ich ja stets in Restaurants. Zu Hause genieße ich es, selbst zu kochen. Frische und schnelle Sachen, Fast Food im besten Sinne.“ Verehrung mit Folgen: Marisa Monte ist selbst zur Kunstsammlerin geworden Links: Der Strand Praia Vermelha gilt als besonders sicher – nicht weil Chopin dort Wache steht, sondern wegen des Militärstützpunkts in der Nähe Oben: Im Parque Lage kann man in traumhafter Kulisse den Kunststudenten bei der Arbeit über die Schulter schauen 20 Lufthansa woman’s world 2/2014 21 Wie man lebt Marisa Monte $XFKLQGHU$XWRPRELOLQGXVWULH NDQQ PDQ ,GHHQ ]XP )OLHJHQ EULQJHQ Im Café Bicyclette am Botanischen Garten hört man die Vögel zwitschern und die Affen zanken „Die Menschen sind so sexy und lebensfroh – auch deshalb will ich genau hier alt werden“ 22 Der lange Weg zum Restaurant lohnt sich: Der Hügel Santa Teresa ist so etwas wie das Montmartre von Rio de Janeiro. Alte Kolonialhäuser, steile, kurvige Straßen, auf denen sich die gelben Tramwagen wieder hinaufquälen. Nach einem schweren Unfall war der Betrieb fast drei Jahre lang eingestellt. Ein Relikt ist der ausrangierte Wagen, in dem Getúlio Damado seine Recycling-Kunst verkauft. „Er ist das Original des Viertels“, sagt die Künstlerin und springt kurz aus dem Wagen, um dem alten Bekannten einen beijo auf die Wange zu drücken, „und die beste Adresse für Souvenirs.“ Nach dem verspäteten Lunch will sie nach Hause, schnell ihre beiden Kinder von der Schule abholen. Familienzeit ist ihr heilig. Und wenn die Sängerin doch mal einen kinderfreien Abend hat? Dann geht sie am liebsten in den Clube dos Democráticos: In dem alten Ballhaus tanzen alle Altersgruppen zwischen neun und neunzig Samba – und das so sexy und lebensfroh, dass allein das schon ein Grund ist, warum Monte in dieser und keiner anderen Stadt alt werden will. Lufthansa woman’s world 2/2014 SIE BAUT KEINE JETS. ABER AUTOS, DIE VON JETS BENEIDET WERDEN. TEILEN SIE MIT UNS IHRE LEIDENSCHAFT FÜR KONSTRUKTIVE IDEEN. ,GHHQVLQGJXWZHQQVLHJXWVLQG²XQDEKlQJLJYRP*HVFKOHFKWYRP$OWHURGHUYRQGHUNXOWXUHOOHQ=XJHK|ULJNHLW GHU3HUVRQHQGLHVLHKDEHQ$OOHLQDXIGLH4XDOLWlWNRPPWHVDQ)UGLH,QQRYDWLRQVNXOWXUGHU%0:*URXS LVWHVGHVKDOEZLFKWLJGLHLQGLYLGXHOOHQ7DOHQWHMHGHV(LQ]HOQHQRSWLPDO]XI|UGHUQXQGVHLQH.RPSHWHQ]HQ]X HQWZLFNHOQ'LH(LQIKUXQJGHU0RELODUEHLW]XUÁH[LEOHQ*HVWDOWXQJGHU$UEHLWV]HLWWUlJW]XHLQHUEHVVHUHQ :RUN/LIH%DODQFHEHLXQGHUP|JOLFKWHVGDV%HUXIVOHEHQPLWGHP3ULYDWOHEHQLQ(LQNODQJ]XEULQJHQ'DV 5HVXOWDWVLQGHLQHK|KHUHSHUV|QOLFKH=XIULHGHQKHLWXQGHLQHVWlUNHUH0RWLYDWLRQ'HQQQXUPLWKRFKHQJDJLHUWHQ .ROOHJLQQHQXQG.ROOHJHQVFKD̓HQZLUGLH(UIROJHYRQPRUJHQ :HOFKH3HUVSHNWLYHQ,KUHEHUXÁLFKH=XNXQIWKDW" (UIDKUHQ6LHPHKUEHUGLHEHUXÁLFKHQ0|JOLFKNHLWHQEHLGHU%0:*URXSDXIEPZMREVVWDUW XQGLQIRUPLHUHQ6LHVLFKEHUXQVHUHDNWXHOOHQ-REDQJHERWH Recruiting Wie man lebt Marisa Monte „Mein Seelenalter liegt bei 78 Jahren“ Samba, Rock, Oper und Jazz – Marisa Monte überschreitet mit Vorliebe musikalische Grenzen. Eine der bekanntesten Stimmen Brasiliens spricht über die Kunst, gegen den Strom zu schwimmen, über die Pflicht, sich treu zu bleiben – und sie erklärt, warum Rio immer ihre Heimat bleiben wird Interview Silke Bender Illustrationen Ekaterina Koroleva Ihre Karriere begann furios: Ohne Album, ohne je im Radio gespielt worden zu sein, füllten Sie bereits mit 19 Jahren die größten Konzertsäle Brasiliens. Wie war das möglich? Ein Mysterium, und das ist es noch immer. Ein paar Erklärungen haben Sie doch sicher? Es gab immer Menschen, die mir den Rücken gestärkt haben. Mein Produzent Nelson Motta war der Erste, der nicht nur an mich geglaubt hat, sondern, viel wichtiger, mich darin unterstützt hat, mir selbst und meinen Instinkten zu vertrauen. Vielleicht auch deshalb, weil es mir nie um Ruhm ging, sondern immer um die Kunst. Mit 14 Jahren habe ich mit der Musik angefangen, aber ich war nie in die Idee verbissen, sie zu meinem Beruf zu machen. Ich hätte auch mit einer anderen kreativen Arbeit glücklich werden können, mit Malen oder Schreiben. Die Legende sagt, Motta hätte Sie in Rom auf der Straße singen hören? Stimmt das? (Lacht) Nein. Wir trafen uns 1987 bei einem kleinen Konzert in Venedig. Damals habe ich für ein Jahr Oper in Italien studiert. Motta war ein entfernter Bekannter meiner Familie. Als ich zurück in Brasilien war, hat er mich darin bestärkt, auf meine erste Tour zu gehen. Er war ein erfolgreicher Produzent und kannte die richtigen Leute, um schon im Vorfeld die Werbetrommel zu rühren. Ich glaube aber, das Wichtigste waren nicht die Medien, sondern dass die Zuhörer ihren Freunden davon erzählten, echte Mundpropaganda. Was ich damals machte, traditionelle brasilianische Musik mit Rock und Pop zu vermischen, war ja sehr neu. Warum haben Sie denn Operngesang in Rom studiert? Ich habe immer Maria Callas gehört, dazu Samba, Reggae und Rock. Für mich war das nie ein Widerspruch. Meine Eltern haben uns Kindern die Möglichkeit gegeben, ein Jahr im Ausland zu lernen, was wir wollten. Und ich entschied mich eben dafür. Auch weil mich die klassische Musiktheorie interessierte. Offenbar hat Sie das nicht lange begeistern können ... 24 Erst in Europa merkte ich, wie sehr mir Brasilien in den Knochen steckt, die Musik und auch die Sprache. Wie schön, subtil und poetisch das Portugiesische ist. Und ich wollte etwas zu unserer Tradition, dem Samba, beitragen. Und das zu einer Zeit, wo die meisten meiner Generation auf Rock standen. Das tat ich ja auch, aber eben nicht ausschließlich. Ich war immer schon ein bisschen anders als meine Freunde. Anders zu sein und bereits als Teenager zu wissen, was man will, dazu braucht es Selbstbewusstsein. Woher kam Ihres? Meine Eltern wollten uns drei Töchter zu unabhängigen Frauen erziehen. Wir Schwestern haben sowohl auf der Straße gespielt als auch mit Puppen. Genauso wie meine Eltern mache ich es jetzt übrigens mit meinem Sohn. Er soll nicht von Frauen abhängig sein. Also näht er, macht sein Bett und putzt sein Zimmer selbst. Zuletzt hat er unsere Haushaltshilfe darum gebeten, ihm das Bügeln beizubringen – von ganz allein! Haben Sie etwa auch auf der Straße Fußball gespielt? Nein, wir haben die Straße mit dem Fahrrad erobert. Wir haben uns immer als kleine Ladys verstanden. Wir kochten, nähten, aber fühlten uns trotzdem auf Augenhöhe mit den Jungs: Ich helfe dir, du hilfst mir. Jeder gibt dem anderen etwas von dem, was er hat. Das ist für mich Emanzipation. Ihr erster Mann war 16 Jahre jünger als Sie, Ihr zweiter Mann Diogo ist neun Jahre jünger. Sind Sie eine „cougar“? (Verdutzt) Was ist das? Das sind Frauen, die junge Männer bevorzugen ... Ich hatte auch Freunde, die 30 Jahre älter waren. Wenn es möglich wäre, Menschen zu treffen, die 200 Jahre jünger oder älter sind, würde ich mich auch in sie verlieben können. Alter ist nun wirklich keine Kategorie, die zu meinen Gefühlen passt. Ich war schon mit 20 Jahren sehr erwachsen. Wenn die anderen tagelang am Strand lagen, habe ich für die Musik gearbeitet. Mein Seelenalter liegt aktuell bei 78 Jahren. Lufthansa woman’s world 2/2014 25 Wie man lebt Marisa Monte Sind Sie sehr diszipliniert? Ich würde von mir sagen, ich bin gut organisiert. Disziplin bedeutet für mich Freiheit. Die Freiheit, selbst zu entscheiden, wann du Dinge tun musst und wann du sie lassen kannst. Viele junge Künstler zerbrechen am frühen Erfolg … Ja, wenn sie unsicher sind und zu Alkohol und Drogen greifen, um dem großen Druck standzuhalten. Vielleicht auch, weil es sie nervös macht, vor Tausenden von Menschen aufzutreten. Sie etwa nicht? Lampenfieber habe ich eigentlich nur, wenn ich nicht textsicher bin. Und ich bin stets sehr gut vorbereitet, wenn ich auf die Bühne trete. Alles habe ich dutzendfach geprobt. Ein Konzert vor einem Publikum zu geben ist für mich die pure Freude, das endlich mit anderen zu teilen, es ist kein Stress. Wie laden Sie Ihre Batterien wieder auf? Indem ich mir lange Auszeiten nehme. Die Pausen können bis zu zwei Jahre lang sein, eine Zeit, während der ich zu Hause bleibe und nur kleine Projekte mit befreundeten Künstlern angehe. Mich um die Kids meiner Samba-Schule kümmere, die ich unterstütze. Im Dezember habe ich eine 18 Monate dauernde Tournee mit 120 Konzerten beendet. Jetzt ist wieder die wundervolle Zeit, wo ich 26 „Ein Familienfest, ohne dabei gemeinsam zu musizieren? Für mich völlig undenkbar“ keinem Programm folge, wo ich ganz für die Familie da sein kann. Kochen, lesen, nähen, stricken, Freunde treffen. Hätte ich dieses normale Leben nicht, könnte ich nicht derart kreativ sein und auch nach so vielen Jahren noch Spaß an meiner Arbeit haben. Wollen Sie noch mit über 70 auf der Bühne stehen? Das könnte mir Spaß machen. Wenn meine Kinder älter sind, hätte ich ja auch noch mehr Zeit. Sind Ihre Kinder auch musikalisch interessiert? Mein Sohn Mano ist elf Jahre alt und hat seine Klavierstunden schnell wieder aufgegeben, er ist mehr visuell interessiert. Das liegt wahrscheinlich an seiner Familie väterlicherseits, zu der Sérgio Bernardes gehört, einer der berühmtesten brasilianischen Architekten. Und meine Tochter Helena ist erst fünf. Da wäre es vermessen, eine Prognose abzugeben. Sie haben viel mit den Stars der New Yorker Musik-Boheme gearbeitet: Laurie Anderson, Lou Reed, David Byrne, Philip Glass. Warum haben Sie nie dort gelebt? Ich habe ein Apartment in New York und reise gern dorthin. Vielleicht bleibe ich nächstes Jahr einmal für längere Zeit – mit meinen Kindern, damit sie Englisch lernen. Doch ich fühle mich nur in Rio wirklich zu Hause. Anderswo vermisse ich schnell das herrliche Wetter, die gewohnte Sprache, die traumhaften Strände, die große Herzlichkeit – und natürlich unsere Musik. Was, glauben Sie, macht den Samba international so attraktiv, auch wenn nur wenige die Texte verstehen? Die Musik hat sich entwickelt als spontaner Ausdruck von Lebensfreude und Sinnlichkeit, und als solches wird sie wohl überall intuitiv verstanden. Rio ist Samba, Brasilien ist Samba. Unsere Geschichte wird darin quasi hörbar. Samba ist für mich die Reinheit der Kunst. Die größten Meister hatten ganz andere Berufe und bedienten sich der Poesie und des Rhythmus, um ihre Emotionen auszudrücken. Es war ein natürliches Bedürfnis, ohne Zweck. Ihnen ging es nicht um Geld, auch nicht um den Drang, erfolgreich damit zu sein. Ist das heute noch so? Ja, ich glaube, dass der Samba immer noch sehr viel mit dem brasilianischen Selbstverständnis zu tun hat, und zwar über alle Generationen hinweg. Ein Familienfest, ohne dabei gemeinsam zu musizieren? Für mich völlig undenkbar. Teilen Sie die Begeisterung Ihrer Landsleute für den Fußball? Ich schaue mir keine Spiele der Clubs aus Rio an, ich bin kein Fan. Doch ich bin genug Brasilianerin, um mitzufiebern, wenn es darauf ankommt, wie jetzt bei der Weltmeisterschaft. Dann wird es bei uns zu Hause und in ganz Rio sowieso nur ein Thema geben. Über alles andere reden wir dann wieder nach dem Finale. Lufthansa woman’s world 2/2014 coccinelle.com Was man trägt Streetstyle Carla 28, M A R K E TI NG ASSISTENTIN Excitante! Wo: Im Praça-da-Bandeira-Viertel, unterwegs zu einer „Wobble“-Party. Mein Kleidungsstil: Ich bin eine leidenschaftliche FlohmarktJägerin. Meist trage ich Secondhand-Teile, oft gemixt mit einem modernen, neu gekauften Stück. Ich trage: Fifties-Kleid, Sneakers und Tuch – alles Vintage. Eigentlich ist Kleidung in der Stadt am Atlantik ja nebensächlich, wann immer es geht, verlassen die sonnenverwöhnten Cariocas in Bikini und Badeshorts das Haus. Wir haben Trendsetter dazu bewegt, sich ein bisschen mehr anzuziehen – leger blieb es trotzdem Fotos Rodrigo Esper Mirella 28 Alexandre Derek Juliana 25, DE S IG N E R 24, FOTOG R A F 26, FOTOG R A FI N Wo: In den Straßen von Leblon, auf dem Weg ins Büro. Mein Kleidungsstil: Ich mag es unambitioniert. Wie beiläufig finden meine kulturellen Wurzeln in meiner Kleidung ihren Ausdruck. Ich trage: Shades von Raen, T-Shirt von Lazy Oaf, Hose von Insight, Sneakers von Converse. Wo: In den Straßen von Botafogo, gleich geht’s ins Kino. Mein Kleidungsstil: Ich vertrete einen urbanen Look, auf jeden Fall muss es bequem sein. Ich trage: Ein T-Shirt von VLD, eine Hose von Pyramid, eine Jacke von YSL. Wo: Auf dem General-Osório-Platz, unterwegs zum Blogger-Büro RIOetc. Mein Kleidungsstil: Ich liebe einen Mix aus multikulturellen Teilen. Ich trage: Top von Animale, Shorts von Forever 21, eine VintageTasche, die Brille ist von Livo. Talita 25, FA S HION - B LOGG E R I N 25, K U R ATOR I N Wo: Im Baixo-Gávea-Viertel, auf dem Weg zu einem PR-Event. Mein Kleidungsstil: Ich würde ihn als urban und elegant beschreiben. Ich trage: T-Shirt von Topshop, Kette von Forever 21, Hose von Free People, Tasche von Mango, Brille von Urban Outfitters. Wo: Auf dem Heimweg von einem Strandspaziergang in Ipanema. Mein Kleidungsstil: Ist typisch brasilianisch, halb Hipster, halb Hippie. Ich trage: T-Shirt von Farm, einen Gürtel von Jana, eine VintageHose, Havaianas, eine Sonnenbrille von Loucos por Óculos. Lufthansa woman’s world 2/2014 29 Worüber man spricht Lebensart Stolz und Fehlurteil Training an den Geräten. Dann habe ich in lächerlichen sechs Monaten einen Allerwertesten wie ... Pedro blickt sich suchend um. Schließlich zeigt er auf eine hübsche junge Frau, die mindestens zehn Jahre jünger ist als ich. Sie trägt einen knackigen Hintern in genau der richtigen Größe und scheint sich ihres Schatzes durchaus bewusst. Ich werde ganz sehnsüchtig. Was sind schon sechs Monate mit täglich 40 Minuten Quälerei? Vorsichtig frage ich Pedro: „Und danach? Was ist, wenn ich mein Ziel erreicht habe?“ Dann, sagt er, müsse ich nur noch dreimal die Woche kommen. Ohne Pausen. Ohne Ferien. Ohne Ausnahme. Sonst würden die neuen Muskeln schlapp, und „das sieht wirklich nicht sehr attraktiv aus“. Damit hat Pedro mein Schicksal besiegelt. Ich werde mich damit abfinden: Der Körperteil, den die Brasilianer am liebsten in der Dimension von Melonen oder anderen Großfrüchten sehen, ist für mich in natura unerreichbar. Kleiner Trost: Bei manch anderer besteht er auch nur aus Silikon. Zu dumm, dass ich leidenschaftliche Reiterin bin. Was für ein Albtraum, wenn mitten im schönsten Galopp plötzlich das Silikonkissen platzt! Schon eher denkbar wäre da die günstigere Variante der umschnallbaren Hinterneinlage aus Schaumstoff. Die habe ich letztens in einem Wäschegeschäft sogar mal aus der Nähe besichtigt. Besonders sexy sieht das fleischfarbene Kleidungsstück nicht aus. Am Körper habe ich es noch nicht ausprobiert, vielleicht beim nächsten Mal. Einen Sieg kann ich derweil verzeichnen: Ich trage inzwischen nicht nur die mikroskopisch kleinen brasilianischen Slips. Die sieht ja außer mir nur, wer mich schon Ihre neue Wahlheimat hatte sich Christine Wollowski sehr entspannt vorgestellt. Doch dann bekam die Deutsche schnell Stress, als sie merkte, wie viel Energie die Bewohnerinnen von Rio in Haut, Haar und Hinterteil investieren. Bericht über eine – nur teilweise erfolgreiche – Annäherung Z Nägel, und während der Lack trocknet, reißt sie mir, weniger zart, mit Wachsstreifen die Haare von den Beinen. Immerhin sei das bei mir nur Flaum gegen den Urwald, den sie bei anderen Kundinnen roden müsse. Überhaupt kennt Laís viele Geheimnisse. Manchmal lässt sie mich daran teilhaben. So weiß eine meiner Freundinnen bis heute nicht, dass ihr Mann sich seine volle Haarpracht einpflanzen ließ, und zwar beim selben Chirurgen, der ihr Botox spritzte. Je länger ich Laís kenne, desto mehr schwinden meine Komplexe: Perfekt manikürt bin ich ohnehin jederzeit, meine Beine sind glatt wie Seidenpapier, und der Rest kommt auch noch. Dafür habe ich letztens mutig einen Personal Trainer in einem der Fitnessstudios konsultiert, in denen fast alle Cariocas nach Feierabend ihren Körper tunen. Meine Frage: Ist es möglich, meine schlanke germanische Figur mit einem brasilianischen Hinterteil abzurunden? „Natürlich“, sagt Pedro, ohne zu zögern. Ich bin entzückt. Bis er mir erklärt, wie ich zu dem begehrten Körperteil gelange: jeden Tag 40 Minuten speziell für mich entwickeltes Foto: action press ugegeben, in den ersten Wochen in Rio bin ich mir schon ein wenig struppig vorgekommen. Die Nägel zerkaut, die Haare dünn, die Lippen rissig. Angesichts der perfekt geglätteten Mähnen, der minutiös manikürten Fingernägel, der professionell geschminkten Gesichter um mich herum hatte ich schnell das Gefühl: Nur wer schön ist, gehört dazu. Ein paar Stunden pro Woche wollen also eingeplant sein für den Besuch im „Salão“. In jedem Shoppingzentrum gibt es diese Paläste, mit Angestellten, die aussehen wie höhere Töchter und die für den Stundenlohn eines Top-Managers mit ihren Kundinnen über Mode, Telenovelas und deren Liebesleben plaudern. Das war in meinem Budget so nicht vorgesehen. Die erste Carioca, der ich mein Problem darlegte, sah mich mitleidig an, bevor sie mir das Geheimnis verriet: Sogar finanziell Bessergestellte lassen sich insgeheim zu Hause von einer Kosmetikerin aus der Favela verschönern, um Geld zu sparen. Bald hatte auch ich meine eigene Schönheitsassistentin. Laís massiert meine Füße und zaubert zarte Blumenbilder auf meine näher kennt. Nein, auch am Strand zeige ich mich jetzt in einheimischen Bikinis. Um es gleich vorwegzunehmen: Für den durchschnittlichen europäischen Frauenkörper sind alle drei brasilianischen Bikinigrößen zu klein. 'LHb%U¾VWHGU¦QJHQDXVZLQ]LJHQ'UHLHFNHQ]XU6RQQH Pobacken schwingen frei und unbeschwert in knapp bemessenen Höschen. Was nicht bedeutet, dass die Brasilianerinnen durchweg Modelmaße hätten. Im Gegenteil. Als besonders sexy gilt der „fio dental“, wörtlich übersetzt bedeutet das: Zahnseide. Damit ist eigentlich das Kleidungsstück gemeint, das anderswo prosaisch als Stringtanga bekannt und überwiegend für kurvige Enthüllungen in nächtlicher Zweisamkeit gedacht ist. Aber hier in Brasilien verschwinden auch ganz normale Bikinihöschen wie Zahnseide zwischen ausladenden Rundungen. Wenn die Jungs den Blick nicht davon abwenden können, ist das Ziel erreicht. Ich gucke längst selbst ungeniert. Setze mich in eines der Straßencafés, bestelle frischen Fruchtsaft und pflege mein neues Hobby: Schönheit erraten. Was ist an jener Dame gekauft, operiert oder nature? Wie sieht diese hier aus, wenn sie abends alle Pohalter und Haarteile abgelegt hat? Und dann sticht mir eine weitere Eigenschaft der Cariocas ins Auge: Sie feiern ihren Körper, egal ob nach einer durchtanzten Nacht oder mit ein paar Kilo zu viel auf den Rippen. Und sie wissen, genau darin liegt die wahre Schönheit: stolz zu zeigen, wer man ist, egal wie man aussieht und wo es herkommt. Konsequent bestelle ich mir noch ein Schokotörtchen und lasse mein Pilates-Training für heute sausen. 30 Lufthansa woman’s world 2/2014 31 Was man trägt Bademode Die BikiniQueen Ihr Arbeitsplatz ist ein Liegestuhl unter dem blauen brasilianischen Himmel, ihr Metier ein Hauch von Nichts – von einer Garage aus hat Lenny Niemeyer mit ihrer Bademode die Strände und Laufstege dieser Welt erobert Text Manuela Imre Foto: Felipe Dana/AP Photo; PR L Lenny Niemeyer ist eine der international erfolgreichsten BademodenDesignerinnen 32 Lufthansa woman’s world 2/2014 Fließende Stoffe, lebhafte Muster und perfekte Passform: In Brasilien werden Niemeyer-Kollektionen so sehnsüchtig erwartet wie in Frankreich jene von Chanel enny Niemeyer kichert, wenn sie an ihren ersten selbst genähten Bikini denkt. „Das Höschen wurde an den Seiten von schmalen Rinderknochen zusammengehalten, aus denen ich mit einem chirurgischen Messer meines damaligen Ehemanns, einem Arzt, feine Ornamente geschnitzt hatte. Der Stoff bestand aus alten Materialresten, die waren nicht gerade der letzte Schrei.“ Und trotzdem: Die handgefertigten Erstlinge gingen so schnell weg, dass Niemeyer ihre Garage in São Paulo flugs zur Bikini-Manufaktur umfunktionierte. Das Garagen-RinderknochenProjekt ist über 30 Jahre her, ein bescheidener Anfang für die Frau, die heute als unangefochtene Bikini-Queen Brasiliens gilt. Mittlerweile verkauft das Label pro Jahr über 350 000 Stücke Strand-Fashion und -Accessoires in schicken Boutiquen weltweit. VIPs wie Nicole Kidman, Naomi Campbell und Gisele Bündchen aalen sich ebenso in der edlen Strandmode wie Rios Damenwelt. Heute arbeitet die Blondine in einem lichtdurchfluteten Büro in Botafogo, einem quirligen Businessviertel unweit des Strandes. Die Dame mit dem perfekt zurückgekämmten Haar, dem federnden Gang und dem festen Handschlag wirkt jugendlich und dabei ungeheuer konzentriert. Vom lauten Gehupe und Verkehrschaos auf der viel befahrenen Rua São Clemente ist hier, im achten Stock, nichts zu merken. Stattdessen geht der Blick aus dem großen Fenster auf die exotisch grünen Berge rund um den Zuckerhut. Sonnenstrahlen tanzen auf dem vollgepackten Schreibtisch der Designerin, die in ihrem sommerlich weißen Hemd und der schmal geschnittenen rostbraunen Caprihose auch gerade auf dem Weg zu einem Jachtausflug in Cannes sein könnte. 33 Was man trägt Bademode Kunstbücher türmen sich hier zu kleinen Hügeln, dazwischen schauen überall Zeichnungen und Stoffreste hervor. „Sorry, wir sind gerade mitten in einer neuen Kreativphase“, entschuldigt sich die Designerin, nachdem wir über große Seidenausschnitte mit filigranen Blumenmotiven gestiegen sind, die überall auf dem Boden verteilt liegen. Niemeyers Kreationen werden in Brasilien ähnlich ungeduldig erwartet wie in Frankreich die neueste Chanel-Kollektion. Vor allem in Rio belegt ein getragenes „Lenny“-Ensemble erhöhtes Modebewusstsein: Wer hip ist, schnallt sich die filigranen Stücke um, am besten jeden Tag andere. „Eine Carioca besitzt ein ganzes Arsenal an Bikinis“, erläutert die Fachfrau, „der Strand ist ihr Laufsteg, das ganze Leben spielt sich am Meer und in der Sonne ab – natürlich will man sich dafür in Schale werfen.“ Dass diese ultraknappen, strategisch verteilten Dreieckchen dem Rest der Welt eher die Röte ins Gesicht treiben, weiß auch die Modemacherin. „Die Frauen in Rio zeigen nun mal gern, was sie haben“, kommentiert sie ungerührt, „der große Unterschied ist wohl, dass sie stolz auf ihre Rückseite sind“, sagt sie mit einem Zwinkern ihrer intensiven Dass dieses „Hobby“ sie zur bekanntesten Bademoden-Designerin des Landes machen würde, lässt Lenny Niemeyer auch heute noch die gebräunten Hände vor Verwunderung zusammenschlagen. „Dabei hatte ich meine Berufung bereits in der Landschaftsarchitektur gefunden“, sagt sie mit ihrer rauen Stimme. Die Tochter eines Zuckerrohr- und Orangenplantagen-Besitzers wuchs in Santos nahe São Paulo behütet auf. Literatur, Kunst und Architektur waren von klein auf ihre ständigen Begleiter. „Natürlich war ich von Sinnen, als ich den Onkel meines Ehemannes kennenlernte“, erinnert sie sich an die erste Begegnung mit der brasilianischen Architektur-Legende Oscar Niemeyer. Im Showroom ihres dreistöckigen Imperiums hängen die aktuellen Modelle, zarte Zweiteiler, die sich seidig anfühlen und trotzdem schon am Hänger zeigen, dass sie eine vorteilhafte Form zaubern. Ein bisschen retro, dazwischen filigrane Blumen, dann kräftig-knallige Farben. „Der Print ist für mich neben der perfekten Form das Wichtigste, da schlägt mein ,Kunst-Auge‘ zu“, sagt die Designerin, während sie einen aquamarinblauen Bikini mit kleinen Goldverzierungen an der Stange zurechtrückt. Zweimal jährlich präsentiert Lenny Niemeyer ihre neueste Kollektion – auf der Fashion Week in Rio ist sie längst ein Must-See; über 350 000 Stücke ihrer Strandmode und -Accessoires werden pro Jahr weltweit verkauft graublauen Augen. Am Strand den Po züchtig zu verhüllen, das käme keiner Carioca in den Sinn. Das Körperbewusstsein an Stränden wie der Copacabana, Ipanema und Leblon ist legendär, die Dichte der Frauen mit Modelmaßen einzigartig. „Dafür sonnt man sich in Europa oft oben ohne“, merkt Niemeyer an, „das geht in Brasilien gar nicht.“ Auch beim Thema Transparenz sei der europäische Markt lockerer. „Brustwarzen dürfen sich hier auf keinen Fall abzeichnen. Manchmal steckt mehr Stoff in der Dicke als in der eigentlichen Form des Bikinis“, lacht die Designerin. Dabei, sagt sie, gelten selbst ihre „itsy-bitsy“-Kreationen in Brasilien als dezent. „Da merkt man, dass ich aus dem konservativeren São Paulo stamme.“ Einen Mittelweg zu finden zwischen „kaum vorhanden“ und „edel verhüllend“ war denn auch das wichtigste Motiv für die Garagen-Eigenproduktion. „Die Freundinnen in der Heimat wollten, dass ich den neuesten Trend aus dem coolen Rio mitbringe, und quiekten entsetzt, als ich ihnen die schmalen Stücke zeigte – also suchte ich nach einem Kompromiss.“ 34 „Cariocas lieben es, am Strand aufzufallen, aber auch die Lebensfreude der Menschen kommt in den Farben und Mustern zum Vorschein“, versucht Niemeyer zu erklären, „dein Bikini ist ein Teil deines Charakters.“ In Rio trage man seine Badeklamotten länger als in jeder anderen Stadt der Welt – am liebsten den ganzen Tag. Vor und nach der Arbeit wird Sport getrieben, zum Lunch trifft man sich an einem der Kioske entlang der Promenade oder auf einen Matte Leão (Eistee), zur Happy Hour gibt es eine Caipirinha mit Blick auf den Sonnenuntergang, danach geht man direkt ins Restaurant, in den Club oder noch schnell einkaufen. „Wir hetzen nicht zum Umziehen nach Hause. Ein Kleid, ein Tank-Top mit Hotpants oder ein schickes Tuch machen den Style ausgehreif.“ Darunter blitzt der Bikini hervor. Niemeyer selbst geht gern auf dem Weg ins Büro zum Paddleboarding oder Wasserski. „Wenn mich danach der Sand unterm Bikini-Oberteil juckt, ziehe ich es einfach aus. Deshalb trage ich gern diese fließenden weißen Hemden – sie dürfen nur nicht durchsichtig sein.“ Lufthansa woman’s world 2/2014 Besuchen Sie unseren Blog «personalities-by-usm.com» und erzählen Sie uns Ihre USM Geschichte. Harmonie Inneres und Äußeres im Gleichgewicht – USM Möbelbausysteme vereinen Gestalt und Nutzen. 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Der Strandabschnitt eignet sich eher zum Sonnen als zum Baden. Weltweit bekannt wurde er durch den Bossa-nova-Song „The Girl from Ipanema“ (1962). Frank Sinatra sang ihn ebenso wie Madonna und Amy Winehouse. Die Rettungsposten geben Orientierung: Zwischen Posto 11 und 12 sieht man vor allem Familien mit Kindern, die Gegend um Posto 10 zieht Sportler an. Am Posto 9 treffen sich die Dauerbräuner, darunter Hippies und Künstler, daneben liegen die Schwulen und Lesben. Am Posto 8 tummeln sich die Bewohner aus den Favelas. Aber keine Sorge: Touristen sind überall willkommen. 36 Lufthansa woman’s world 2/2014 37 Wohin man geht Impressionen AN DER COPACABANA Rios bekanntester Stadtteil hat Höhen und Tiefen erlebt: Ursprünglich ein kleines Fischerdorf, brachte ihm 1892 die Eröffnung des Velho-Tunnels, einer direkten Verbindung zum Rest der Stadt, einen rasanten Aufstieg. Zu seinem Ruhm beigetragen hat auch das 1923 errichtete Hotel Copacabana Palace, in dem später Marilyn Monroe, Prinzessin Diana und Nelson Mandela wohnten. Rios Superreiche sind längst in andere Bezirke abgewandert, was dem Flair der Copacabana nicht geschadet hat: Sie gehört den Singles und Touristen. Tipp: Zwei Blocks landeinwärts findet man viele botecos, Freiluftbars, die mehr Atmosphäre bieten und günstiger sind als die Lokale direkt an der Copacabana. Ein Muss: der suco, ein frisch gepresster Obstsaft. 38 Lufthansa woman’s world 2/2014 39 Wohin man geht Impressionen IM COS TA - BR AVA - C LUB Da sage noch mal einer, irre Aussichten gäbe es nur in Rios Süden! Im Westen der Stadt entdeckten 100 Freunde, so will es die Geschichte, 1962 diese unbewohnte Gegend am Strand von Joatinga. Sie verbanden die vorher schwer zugängliche Halbinsel über eine 96 Meter lange Brücke mit dem Festland, bauten ein Schwimmbad, einen Fußballplatz, ein Volleyballfeld und zwei Tennisplätze. Schnell wurde der Club zu einem Geheimtipp – und blieb es bis heute. Weitere Infos (nur auf Portugiesisch) finden Sie unter: costabravaclube.com.br. Rua Sargento José da Silva 3621, Joá 40 Lufthansa woman’s world 2/2014 41 Wohin man geht Impressionen IM MAR ACANà - S TADION Am 13. Juli beginnt hier um 16 Uhr das Endspiel der Fußball-Weltmeisterschaft. Geschichte geschrieben hat der von sieben Architekten geplante, 1950 fertiggestellte und zur WM erneuerte Rundbau schon längst: Pelé schoss im Maracanã sein 1000. Tor. Die Gruppe A-ha spielte vor 195 000 Fans und stellte damit einen Weltrekord auf, Papst Johannes Paul II. feierte hier die größte Messe Lateinamerikas. Meistens geht es laut zu, nur einmal erstarrte das Stadion im Schweigen: Am 16. Juli 1950, beim entscheidenden Spiel der damaligen Fußball-WM, als Uruguay gegen den Gastgeber und haushohen Favoriten 2:1 gewann. „Die Überlebenden dieses grausamen Nachmittags glaubten, nie wieder fröhlich sein zu können“, schrieb der Schriftsteller Carlos Heitor Cony. Im Sportmuseum an Tor 15 gibt es Andenken auch an diesen „schwarzen Tag“ zu sehen. 42 Lufthansa woman’s world 2/2014 Wohin man geht Impressionen AUF DER CHRIS TUS S TATUE 44 Foto: Getty Images Sie erhebt sich auf dem 710 Meter hohen Buckel Corcovado und begrüßt die Besucher mit ausgebreiteten Armen: Die 30 Meter große und 1145 Tonnen schwere Statue Christi des Erlösers. Der Bau begann 1922, im 100. Jahr der Unabhängigkeit Brasiliens, doch Finanzierungsprobleme verzögerten die Arbeiten, bis es 1931 mithilfe des Vatikans und Frankreichs doch noch zur Fertigstellung des Monuments kam. Privatautos und Taxis dürfen nicht nach oben fahren, am bequemsten ist ein Minivan vom Largo do Machado aus, am schönsten eine Fahrt mit der Zahnradbahn, wobei sich die Zeit in der Warteschlange nur lohnt, wenn man einen Platz auf der rechten Seite ergattert, mit Sicht nach unten. Man sollte spätestens am frühen Nachmittag aufbrechen, da die Öffnungszeiten variieren. Und unbedingt einen klaren Tag wählen. Lufthansa woman’s world 2/2014 i n f o r m a t i o n • w w w . s c h a f f r a t h 1 9 2 3 . c o m • +49 6181 6730611 Worüber man spricht Favela-Tour A Das wahre Leben Soziales Elend, Drogenbanden und Schießereien prägten über Jahrzehnte das Image der Favelas. Doch selbst damals war dort nicht alles so, wie es von außen schien, und es ist längst nicht mehr alles, wie es war. Jetzt kann man diese Viertel sogar als Tourist besichtigen – wir haben uns auf den Weg gemacht Besucher aus den USA und Großbritannien spazieren angstfrei durch die größte Favela Brasiliens 46 Lufthansa woman’s world 2/2014 Foto: Florian Schüppel; Anja Kessler Text Adrian Geiges us den Fenstern klingen Hip-Hop und Samba in Disco-Lautstärke. Der Gestank von Motorradabgasen mischt sich mit dem Duft von Rindfleisch, das Anwohner auf den Gehwegen grillen und verkaufen. Schönheiten in Hotpants und Bikinioberteilen schlendern vorbei an Soldaten der Militärpolizei BOPE, vielen Cineasten bekannt aus dem Film „Tropa de Elite“. Jeder von ihnen umgreift mit beiden Händen eine meterlange Pumpgun, auf dem Schulterteil der Uniform ist ein Totenkopf aufgenäht. Willkommen in Rocinha, der mit rund 250 000 Bewohnern größten Favela Brasiliens. Der Stadtteil ist ein Hügel, auf dem unverputzte Häuser chaotisch ineinander verschachtelt sind, ohne eine Lücke zu lassen. Dazwischen wandern sechs Touristen, die noch zwei Stunden zuvor deutlich angespannter wirkten. Da trafen sie sich in der Lobby des Hotels Royal Tulip von São Conrado, einem noblen Vorort Rio de Janeiros, zum Abenteuer ihres Lebens: dem Besuch in einem der berüchtigtsten Elendsviertel. „Ich habe etwas Angst, aber ich möchte wissen, wie es dort wirklich ist“, meinte Jeani England aus Idaho, die unter dem Pseudonym CJ England Liebesromane schreibt, vor der Abfahrt. Cherie Hoyles, eine Bühnenbildnerin aus Kanada, blickte in den vergangenen Tagen vom Balkon des Fünf-Sterne-Hotels auf die engen Häuserreihen; sie wollte ein paar Schritte weitergehen, in das Leben der Einheimischen eintauchen. Heute ist die Gelegenheit dazu. Favela ist eigentlich der Name einer brasilianischen Kletterpflanze, und weil die Behausungen der Siedler an den Bergen so schnell hochklettern wie ein wucherndes Gewächs, wurden diese ärmlichen Bezirke Südamerikas danach benannt. Seit Brasilien 1888 die Sklaverei abschaffte, zogen ehemalige Leibeigene aus armen ländlichen Gebieten in die großen Städte, von denen sie Wundersames gehört hatten: Hier könne man in Betrieben und auf dem Bau arbeiten, und man würde gut bezahlt. Oft wird Favela mit „Slum“ übersetzt, dem ursprünglich irischen Ausdruck für ein verfallendes Stadtgebiet, aber das war schon immer zu kurz gegriffen. Die Familien, die hier leben, haben sich nicht aufgegeben, sie sind hier, weil sie eine bessere Zukunft für ihre Kinder wollen. Und viele Einheimische finden, wer das Prinzip der Favela nicht verstehe, der habe nichts von Brasilien verstanden. „Ich habe Zinkblechhütten erwartet“, sagt Roger Hewett, Musiker aus Norwich in England. Doch Hütten sieht er hier kaum. Dafür haben die Einwohner kastenartige Beton- und Ziegelhäuser gebaut – oft mit ihren eigenen Händen, immer ohne das Honorar für einen Architekten. Nichts ist mehr geblieben von der „Kleinen Farm“, die dem Ort ihren Namen gab. Das heutige Bild des Viertels kann man auch auf den Beinen des Tourguides betrachten: Der hat einen Favela-Ausschnitt auf seine Beine tätowiert, die unter Boxershorts hervorschauen, ebenfalls ohne eine Lücke auf der Haut zu lassen. Zezinho da Rocinha hat den Namen des Stadtteils sogar als Nachnamen gewählt, als wäre er der König hier – und so etwas Ähnliches ist er auch. Zieht man mit ihm herum, ist man schon deshalb sicher, weil alle ihn kennen und ehrerbietig begrüßen, mit dem kumpelhaften FavelaHandschlag (Hände aufeinanderklatschen wie Fußballer beim Auswechseln, dann sich gegenseitig mit den Fäusten berühren) und mit dem lauten Ruf „Rocinha“, ausgesprochen „Rossinja“. 47 RAUS AUS DEN SOCKEN. REIN IN DEN SOMMER. Worüber man spricht Favela-Tour DER FAVELA-GUIDE Zezinho da Rocinha veranstaltet mit Favela Adventures (favelatour.org) geführte Touren durch sein Geburtsviertel Rocinha. Die vierstündige Wanderung kostet pro Person 65 Reais, umgerechnet rund 20 Euro. 25 Prozent der Einnahmen fließen in eine DJ-Schule, die jungen Bewohnern eine berufliche Perspektive gibt. Treffpunkt und Details werden über [email protected] vereinbart. 48 Ihre Kinder sollen es mal besser haben, hoffen die Bewohner der Favelas. Doch schon heute erscheint das Leben des Nachwuchses manchem Besucher frei und unbeschwert Fast-Food-Ketten haben hier mittlerweile ihre Filialen. Es fahren Busse, Minivans und Motorradtaxis. Wir verlassen die Straße und erklimmen Treppen. Manchmal sind die Stufen so schmal, dass man zwei gegenüberliegende Häuser gleichzeitig berühren kann. Die Bewohner schauen neugierig aus ihren Fenstern oder schlängeln sich an uns vorbei, lächeln freundlich und grüßen mit erhobenem Daumen. Die meisten Türen stehen offen, Einbrüche sind selten. Jeani ist verblüfft, als sie in die Wohnungen blickt: Blumen stehen in Vasen, Teppiche liegen aus, und die Breitbildfernseher sind deutlich größer als ihr eigener. Die Häuser haben Badezimmer mit Dusche und Toilette. Wieder auf der Straße, fahren Jeeps mit Touristen an uns vorbei, Favela-Safaris, die sich tatsächlich so nennen. Zezinho ist es hingegen wichtig, dass seine Gäste laufen. Weil man mehr sieht, mit den Bewohnern in Kontakt kommt – und ihnen Respekt zollt. „Nicht so, als müsste man sich durch ein Vehikel vor wilden Tieren schützen.“ Bis Ende 2011 patrouillierten hier Drogengangster mit Kalaschnikows durch die Straßen, dann eroberte die Polizei die Favela, und sie tauchten unter. Zezinho führt bereits seit 2007 Touristen herum. Das fing mit Freunden aus dem Ausland an, irgendwann wurde es zum Beruf. Er betont: „Schon damals war es sicher. Es gehört zum Ehrenkodex, niemanden in seinem Viertel zu beklauen.“ Aufpassen müsse man eher in der Anonymität dunkler Gassen des Stadtzentrums. Seit Touristen in die Favelas kommen, will man an ihnen natürlich verdienen – auf die gleiche Weise wie überall sonst: Auf einem Gehweg mit atemberaubender Aussicht zum Strand von Ipanema bieten Künstler Gemälde an, die etwa die Jesus-Statue über der Favela zeigen. Mariana, Mutter eines Mädchens, hat auf einem Klapptisch bunte Gürtel und Handtaschen ausgebreitet. Ivson Lins verkauft CDs mit Sambamusik, die er selbst aufgenommen hat, und tanzt eine Kostprobe mit seinem Hund, der Noite, „Nacht“, heißt und trotz des schwülen Wetters eine Wollmütze trägt – der Hund, wohlgemerkt. Die Favela-Tour ermöglicht, genauer hinzuschauen und nachzufragen. So werden Klischees von Armut scheinbar bestätigt, wenn Jungs mit einer Bierdose Fußball spielen. Und auch ein Radfahrer, der unzählige Dosen zu einer Kugel zusammengebunden hat, bietet ein befremdliches Bild, doch in Rio gehört es dazu. Nirgendwo sonst wird Müll so schnell verwertet, viele betreiben das als kleines Business. Von den Unternehmen, die die Wertstoffe verarbeiten, erhalten sie für ein Kilo Dosen einen Real, etwa 30 Cent. Der Ausflug endet, wie Touristentouren häufig enden: mit einem Essen. In einem Selbstbedienungslokal der Favela wählen wir aus mehreren Fleischsorten, Pommes frites, Kartoffelpüree, Fisch, Karotten, Kopfsalat und vielem mehr. Bezahlt wird, wie oft in Brasilien, nach dem Gewicht dessen, was auf dem Teller liegt. „Ich habe vorher viel Negatives über Favelas gehört“, sagt Jeani, die amerikanische Schriftstellerin. „Jetzt habe ich keine Angst mehr“, meint sie und löffelt den Rest ihrer Maracuja-Creme. Modell Kalbarri Women Modell Moorei Leather Men Modell Pinjarra Women Einfach myVALE Modell online bestellen Fußabdrücke in der Footprintbox hinterlassen Unsere Experten scannen und modellieren deine Fußabdrücke Fertigung des Unikats mit deinem Fußbett Gehen wie auf Wolken dank myVALE Mit dem passenden Laufgefühl von myVALE. myVALE ist die Sandale, die mit individuellem Fußbett nach dem persönlichen Fußabdruck hergestellt wird. Nachdem du ein myVALE Modell unter www.my-vale.de ausgewählt oder mit dem myVALE Designer selber Fotos: Florian Schüppel; Anja Kessler Der 51-Jährige ist hier geboren, als Sohn einer Englischlehrerin aus New York und eines Bauarbeiters aus der Favela. Er hat 14 Jahre in den USA gelebt, dort als DJ und Graffiti-Künstler seinen Lebensunterhalt verdient. Dann ist er zurückgekehrt, weil er mit seinen Erfahrungen dem Heimatviertel etwas zurückgeben wollte. Und um es Besuchern zu zeigen. „Rocinha ist ein wunderbarer Ort“, sagt er. Das klingt wie ein Widerspruch zu dem, was er sonst berichtet. Weil das Wasser knapp ist, duscht er täglich genau 30 Sekunden und recycelt das verbrauchte Wasser als Toilettenspülung. Für 100 000 Kinder und Jugendliche gibt es nur drei Schulen, alle paar Sekunden rasen riesige Busse vorbei, die Schüler in andere Stadtteile bringen – wo sie im Schichtbetrieb unterrichtet werden. Und das sind noch die kleineren Probleme. Weiterhin schießen Drogengangster und Polizisten aufeinander, sterben Unschuldige, verschwinden Bewohner spurlos. „Doch 99 Prozent der Bürger gehen ehrlicher Arbeit nach“, betont Zezinho, „und es herrscht Herzlichkeit, man lebt nicht so anonym wie die Leute außerhalb der Favela.“ Wir ziehen entlang der kurvigen Estrada da Gávea, der einzigen geteerten, zweispurigen Straße im ganzen Gebiet, das so viele Einwohner hat wie Karlsruhe. Tante-Emma-Läden reihen sich aneinander, dazwischen quetschen sich kleine Heimwerker-Geschäfte. 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In der Szene herrscht unverändert Aufbruchstimmung. In der Straßenkunst, bei engagierten Galerien oder ehrgeizigen Museumsmachern – die Kreativen freuen sich über neue Orte und Freiheiten, mehr Käufer und wachsendes Interesse an ihrer Arbeit Text Silke Bender 50 Fotos Tomàs Rangel Lufthansa woman’s world 2/2014 51 Willkommen daheim! Worüber man spricht Kunstszene Zeitloses Design trifft durchdachte Ergonomie: Die dauerelastischen Fasern der witterungsbeständigen, ɦOLJUDQHQGarpa Pan Liege passen sich dem Körper an. Ideal zum Ausspannen und Träumen. Paulo Herkenhoff, Direktor des Museu de Arte do Rio (MAR) museudeartedorio.org.br Auf der Terrasse des MAR (Museu de Arte do Rio) im Hafenviertel der Stadt Kunst aus Brettern Ungewöhnliche Ausstellungskonzepte zu Phänomenen der Alltagskultur gehören im MAR zum Programm. Die Schau „Deslize <Surfe Skate>“ befasste sich vor Kurzem mit der Geschichte und Gegenwart der Surf- und Skateszene in Brasilien. Herkenhoffs Mission: Menschen in sein Museum zu locken, die noch nie in einem waren. 52 Lufthansa woman’s world 2/2014 Garpa Pan Liege Art.-Nr.: 1745026 € 1.350 oder 365.000 Meilen Foto: PR Treffpunkt Im Frühjahr hat Ihr Museum ersten Geburtstag gefeiert. Sind Sie zufrieden mit dem abgelaufenen Jahr? Und wie! 86 Prozent der Bevölkerung kennen uns bereits. Wir sind wohl das einzige Museum in ganz Rio, in das sogar Menschen aus den Favelas kommen – und wo sie auch ihre Kunst zeigen können. Was ist die besondere Aufgabe Ihres Hauses? Wir verstehen uns als nahbares Museum und Kulturvermittler für Rio. Unsere Ausstellungen und Aktivitäten thematisieren Alltagsphänomene wie Surf-, Skateoder Hip-Hop-Kultur und die großen Probleme der Stadt: Armut, Rassismus, Drogen, Gewalt gegen Frauen. Ich glaube, dass Kunst hier eine Sprache bieten und Hoffnung bringen kann. Als der Fußballprofi Lilian Thuram bei uns über Rassismus sprach, war der Saal proppenvoll. Sie waren Kurator im MoMA New York – was hat Sie dazu bewogen, in ein kleines und lokales Museum zurückzukehren? Mir geht es nicht um Macht in meinem Job. Rio ist seit 1986 meine Traumstadt: Diese Mischung aus Lebensfreude, intellektueller Komplexität, radikaler Kunst, Urbanität und Natur ist einzigartig, von den Stränden ganz zu schweigen. Ehrlich gesagt, drei Jahre New York waren genug. Wie thematisieren Sie die Fußball-WM? Wir nehmen das WM-Maskottchen Fuleco zum Anlass, über Umwelt und auch Sexualität nachzudenken. Sie werden sich wundern, wie viel Gesprächsstoff in einem Gürteltier stecken kann! Auf www.worldshop.eu, in unserem Katalog oder in unseren Shops an den Flughäfen ɦQGHQ6LHXQVHUDNWXHOOHV6RUWLPHQWPLWYLHOHQZHLWHUHQLQWHUHVVDQWHQ3URGXNWHQ /DVVHQ6LHVLFKLQVSLULHUHQ6LHN¸QQHQ,KUH0LOHV0RUH3U¦PLHQPHLOHQHLQO¸VHQ GLH3URGXNWHJHJHQ(XURHUZHUEHQRGHUHLQIDFKEHLGHVPLWHLQDQGHUNRPELQLHUHQ Worüber man spricht Kunstszene Galerie für zeitgenössische Kunst: „Galeria Silvia Cintra +Box4“ in der Rua das Acácias 104 Aus demselben Holz Mutter Silvia und Tochter Juliana Cintra vertreten einige der wichtigsten brasilianischen Künstler, darunter Henrique Oliveira, dessen organische Skulpturen und Rauminstallationen nicht nur in ihrer Galerie, sondern in den größten Museen weltweit ausgestellt werden. 54 Silvia und Juliana Cintra, Galeristinnen silviacintra.com.br Sie führen eine der bekanntesten Galerien von Rio und sind auf den wichtigen Kunstmessen wie der Art Basel Miami Beach vertreten. Waren die Zeiten immer so rosig? Silvia: Als ich 1992 anfing, gab es vielleicht drei, vier andere Galerien in der Nähe. Die Künstler lebten zwar schon immer hier, weil die Stadt für die meisten attraktiver ist, aber die Galerien saßen in São Paulo. Die Herausforderung war, einen beständigen Markt in der Stadt zu schaffen. Seit etwa zehn Jahren trägt unsere Arbeit Früchte: Die nationalen und internationalen Verkäufe steigen ständig. Wie erklären Sie sich das? Juliana: Es gibt immer mehr junge Sammler, die lieber in Kunst als in Aktien investieren. Die Preise sind hierzulande auch noch moderat. Auf internationalem Niveau sind die Käufer neugieriger geworden auf andere Kontinente. Und es kommen immer mehr kaufwillige Touristen gerade nach Rio. Was macht aktuelle Kunst aus Brasilien aus? Gibt es ein übergreifendes Leitmotiv? Silvia: Ich würde den Begriff nicht als Label verwenden, dafür sind die heimischen Künstler viel zu unterschiedlich. Sie denken und arbeiten global wie andere zeitgenössische Maler auch. Sind Sie optimistisch, was die Zukunft angeht? Juliana: Die Stadt ist extrem teuer geworden, das macht die Arbeitsbedingungen für junge Kunstschaffende schwieriger als noch vor einigen Jahren. Das ist in New York oder London nicht anders. Doch Brasilianer waren schon immer Lebenskünstler, sie werden auch hierfür Lösungen finden. Lufthansa woman’s world 2/2014 JETZT ERHÄLTLICH AB EUR 399 PRO MONAT * * QX70 3.0d GT in black obsidian / graphite Leasingbeispiel auf Basis der unverbindlichen Preisempfehlung von 51.429,00 €; monatliche Leasingrate: 399,00 €, Laufleistung / Laufzeit: 15.000 km p.a. / 36 Monate, Leasingsonderzahlung: 6.000,00 €, Restwert: 45.060,00 € zzgl. Überführung und Zulassung; ein Angebot der Santander Leasing GmbH, gültig für Zulassungen bis 30.06.2014, solange der Vorrat reicht, bei allen teilnehmenden Händlern. Druckfehler, Änderungen und Irrtümer vorbehalten. Autohaus Günther GmbH Infiniti Zentrum Hamburg Wendenstraße ��� ����� Hamburg Tel.: ���-�������-�� www.infiniti-hamburg.de Der Infiniti QX�� ist teils Sportwagen und teils SUV. Diese Mischung aus Agilität und Muskeln ist nicht nur verlockend, sondern auch – da es sich um den Ersten seiner Art handelt – völlig original. Autohaus Günther GmbH Infiniti Zentrum Berlin Salzufer � ����� Berlin Tel.: ���--��������-� www.infiniti-berlin.de Foto: PR Treffpunkt Autohaus Günther GmbH Infiniti Zentrum Frankfurt Hanauer Landstraße ��� ����� Frankfurt Tel.: ���-�������-�� www.infiniti-frankfurt.de INFINITI QX70. DAS ORIGINAL. INSPIRED PERFORMANCE Offizielle Kraftstoff verbrauchswerte für den Infiniti QX�� �.�d GT in l/���km: innerorts ��,�; außerorts �,�; kombiniert �,�; CO�-Emissionen: kombiniert ���g/km (Messverfahren gem. EU-Norm); Effizienzklasse: D. EL XAMFRÀ CAVA GRAN RESERVA BRUT NATURE 2006 // D.O. 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Sie zeigt wunderschöne Fruchtaromen, viel Eleganz und betört mit einem erfrischenden Finale. FIR ST CLASS Die Wände Rios blühen auf, auch weil der Bürgermeister ein Dekret erlassen hat, das Graffiti auf städtischem Grund legalisiert – auf Säulen, Wänden und Baustellen. Auch namhafte Street-Art-Künstler wie Izolag Armeidah in der Rua do Riachuelo in Lapa (Bild) haben sich da nicht lange bitten lassen. NICHT VERPASSEN! Joana Cesar vor einem ihrer Kunstwerke an der Schnellstraße gegenüber dem Planetarium Ihre Code-Malereien finden sich überall in der Stadt. Was schreiben Sie an die Wand? Das ist ein Geheimnis. Es geht um meine intimsten Gefühle – Liebe und Sex. Bisher ist es nur dem Mathematikprofessor Paulo Orenstein gelungen, meine Schrift zu dechiffrieren. Er ist jeden Tag daran vorbeigefahren und rätselte darüber, wie viele andere. Wir sind nun gute Freunde, er weiß mehr über mich als alle anderen, aber er hütet unser Geheimnis. Man will sogar einen Film über uns drehen, im Stil vom „Da Vinci Code“, natürlich mit Liebes-Happy-End. Warum verfassen Sie Botschaften, die keiner lesen kann? Ich bin ein verschlossener Mensch. Früher habe ich mich nur meinem Tagebuch anvertraut. Mein großer Bruder klaute es und machte sich darüber lustig. Mit zwölf entwickelte ich daher meine Code-Schrift. Und mit 20, als Kunststudentin, fing ich an mit den Graffiti. Ich wollte meine Mauern überwinden – und nutzte dafür die Mauern der Stadt. Wie haben Sie sich in der Männerdomäne durchgebissen? Anfangs wurde ich überpinselt. Ich hatte unabsichtlich das Revierverhalten in der Szene verletzt: Wer über bestehende Graffiti malt, hält sich für überlegen. Heute bin ich akzeptiert. Seit drei Jahren verkaufen Sie Ihre Malerei erfolgreich in einer Galerie. Warum malen Sie noch auf der Straße? Auch auf meinen Leinwänden geht es um Übermalungen, Schichten, Verstecke. Die Idee ist, dass Menschen etwas verletzen müssen, wollen sie zur Wahrheit, zum Inneren einer Sache vorstoßen. Foto: Getty Images Treffpunkt Buntes Straßen-Bild exklusiv für lufthansa-kunden Worüber man spricht Kunstszene 179,50€ !" "#!'#!(#$" '& ###$"## "'''& # Wohin man geht Gourmetküche VORSPEISE Geballte Geschmacksbomben Irajá Gastrô, Rua Conde de Irajá 109, Botafogo, Tel. +55-21/22 46 13 95; irajagastro.com.br M it der Pinzette setzt Pedro de Artagão die kleinen pinkfarbenen Blümchen auf die Tapioka-Käse-Kugeln. Dann tritt er einen Schritt zurück und schiebt den Teller etwas von sich. „Bei diesem Gericht muss ich mich zusammenreißen, um nicht selbst in Versuchung zu geraten“, sagt der Chef verschmitzt. Auf seinen linken Arm ist in großer schnörkeliger Schrift „Comer & Beber“ tätowiert, Essen & Trinken. „Wir Brasilianer lieben das Essen, gute Gesellschaft und einen erfrischenden Drink. Komplizierte Gerichte brauchen wir nicht, intensiven Geschmack schon.“ Das ist auch das Credo von Irajá Gastrô, dem gemütlich verwinkelten Restaurant, das de Artagão 2011 im Stadtteil Botafogo eröffnet hat. Von allen Seiten – von der Lounge, vom Flur mit den Barstühlen und vom romantischen Garten aus – kann man in die Küche sehen. Durch den Raum aus unverputzten Backsteinen schwebt ein Geruchsgemisch aus Bratensoße, Basilikum und Koriander. De Artagãos Gourmet-Gerichte basieren auf brasilianischen bodenständigen Klassikern, die er mit einem modernen Twist versieht. Seit über 17 Jahren zaubert der sympathische 37-Jährige mit dem strahlenden Lächeln und der dunklen Lockenmähne immer wieder Neues aus Traditionellem. Bekannt wurde de Artagão als Chefkoch im schicken Laguiole, dem Restaurant im Museu de Arte Moderna. Das Irajá Gastrô ist viel lässiger. Der Chef trägt Sneakers und Jeans, die Gäste auch mal Havaianas. Und auf dem Teller thront ein Abbild der lebensfrohen Strandkultur, kugelrund und köstlich. „Cariocas packen alles in bolinhos, golfballgroße Kugeln, die sind einfach zu essen und so konzentriert, dass man schon nach zweien pappsatt ist“, erklärt der Meister. Stets dabei als Bindemittel ist Tapiokamehl, eine Stärke aus der getrockneten Maniokwurzel. Sogar vor der Feijoada, dem Nationalgericht aus schwarzen Bohnen, Rindfleisch, Reis und Kohl, schreckt der Kugelwahn nicht zurück. „Da das Zusammenspiel von süß und salzig, soft und kross beliebt ist, kommen die Tapioka-Käse-Bällchen am besten an – auch beim Koch selbst“, sagt er und setzt behutsam ein Blümchen auf die nächste Vorspeise. Acht Hände für ein Menü Rios Küche ist wie ihre Bewohner: unkompliziert, vielseitig, spritzig und bodenständig. Wir haben vier professionelle Feinschmecker um ihre Lieblingsrezepte gebeten Text Manuela Imre 58 Fotos Tomas Rangel Lufthansa woman’s world 2/2014 TAPIOKA-KÄSE-KUGELN MIT CHILI-FRUCHTSALAT Zutaten für 30 Kugeln 400 ml Vollmilch 400 ml Sahne 500 g Gruyère 500 g Grana Padano 600 g Tapiokamehl (100 g davon zum Wälzen) 600 ml Frittieröl Schwarzer Pfeffer und Salz Frische Chilischote Lila oder rote Schalotte Jeweils eine Handvoll: – frische Korianderblätter – Schnittlauch und glatte Petersilie 50 ml Weißweinessig 100 ml natives Olivenöl extra 2 Limetten und Ingwer 3 Mangos je nach Saison: bunter Salat und ein Mix aus frischen Früchten ZUBEREITUNG Milch und Sahne mischen und auf 85 Grad erwärmen. Den Käse darin schmelzen und das Tapiokamehl sowie Salz hinzufügen. Unter Rühren vorsichtig kochen, bis sich die Masse vom Boden löst. Auf einer Unterlage ausbreiten und abkühlen lassen. Die Masse zu golfballgroßen Kugeln formen und in Tapiokamehl wälzen. Kurz in den Kühlschrank stellen, dann bei 190 Grad frittieren. Für die Vinaigrette Essig, Öl, Limettensaft und -schale, Chili, Schalotten und Kräuter mischen, den Salat damit anmachen. Die Früchte in dünne Streifen schneiden, mit Ingwer, Pfeffer und Salz abschmecken und zum Salat geben. Für die Sauce die Mangos pürieren und mit der Vinaigrette vermengen, mit einem Löffel auf dem Teller verteilen. Die Kugeln mit dem Fruchtsalat anrichten. Pedro de Artagão Geschmacks-Virtuose 59 Wohin man geht Gourmetküche DESSERT HAUPTGERICHT Knusprige Fischschuppen Süße Kissen Aconchego Carioca Rua Barão de Iguatemi 379, Praça da Bandeira, Tel. +55-21/22 73 10 35 Olympe, Rua Custódio Serrão 62, Lagoa, Tel. +55-21/25 39 45 42; claudetroisgros.com.br M Thomas Troisgros Koch-Rebell NÖRDLICHER SCHNAPPER MIT TUCUPI Zutaten für zwei Personen 50 g Lachsrogen 85 g Weizenmehl 500 ml Frittieröl 300 ml Tucupibrühe 60 g Maniokmehl, grob Salz und Pfeffer 2 Filets vom Nördlichen Schnapper, mit Schuppen 300 ml natives Olivenöl, zusätzlich eine kleine Menge für das Topping 12 Korianderblätter ZUBEREITUNG Fischrogen in Weizenmehl wälzen, in einem Metallsieb bei 180 Grad frittieren, bis die Kügelchen goldbraun sind. Die Tucupibrühe etwas einkochen lassen. Unter Rühren das Maniokmehl einstreuen, bis die 60 gewünschte Konsistenz erreicht ist. Mit Salz und Pfeffer würzen. Die Schuppen der Fischfilets anheben, aber nicht abnehmen. Olivenöl auf 180 Grad erwärmen. Das Filet über einer Pfanne auf ein Metallsieb legen. Mit einem Schöpflöffel heißes Öl über den Fisch gießen. Zwei Löffel der Tucupisauce auf dem Teller anrichten, mit Olivenöl beträufeln. Den Fisch darauf setzen und mit einem Löffel Fischrogen und Koriander dekorieren. anchmal möchte Thomas Troisgros seine Gäste am liebsten zwingen, etwas Neues auszuprobieren. „Brasilianer sind nicht experimentierfreudig“, seufzt der Teilhaber des edlen Restaurants Olympe, „es dauert, bis man ihnen Unbekanntes schmackhaft gemacht hat.“ Der 32-Jährige muss sich mit seinen Ideen nicht nur bei den Stammkunden durchsetzen, sondern auch bei seinem Vater, dem gebürtigen Franzosen Claude Troisgros. Der hatte das Gourmet-Restaurant vor über 30 Jahren im Stadtteil Lagoa nahe des Botanischen Gartens eröffnet, kurz nach der Geburt seines Sprösslings. Heute ist das Vater-Sohn-Team berühmt für die Verbindung feiner brasilianischer Cuisine mit französischen Techniken – und immer mehr für die Innovationen des Jungstars. „Mittlerweile haben wir eine Karte mit traditionellen und eine mit kreativen Gerichten“, sagt der jüngere Troisgros. Er vertritt die vierte Generation von Feinschmeckern, sein Urgroßvater begann als Sommelier in Frankreich. Auf den Geschmack kam er selber allerdings erst relativ spät, mit 18 Jahren. „Bis dahin wollte ich Fußballer werden, wie so ziemlich jeder Junge in diesem Land.“ Dann ging es schnell: Ausbildung am Culinary Institute of America in New York, Praktikum bei Starkoch Daniel Boulud, Weiterbildung in Spanien. Seine Schöpfungen landen nach und nach auf den Tellern im Olympe. Denn auch wenn Thomas Troisgros von eher ungeduldiger Natur ist, weiß er sehr gut, dass sich die Cariocas nicht gern zu ihrem Geschmacksglück zwingen lassen. Doch immerhin, räumt er ein, allmählich kämen Veränderungen in Gang, die Gäste seien neugieriger. „Brasilien ist eine Fleischnation, das Interesse an Fisch wächst langsam, aber stetig.“ Die Variante des Schnappers basiert auf einem Rezept seines Vaters, der Sohn liebt „die knusprige Konsistenz der Schuppen, die sich durch das heiße Öl aufrichten, und den Hauch Säure der Tucupi.“ Maniok, hier ein Extrakt der Pflanze, ist eine der ältesten Zutaten der brasilianischen Küche, erklärt Troisgros. So fand auch der scharlachrote Fisch mit der krossen Schuppenkruste seinen Weg in das „kreative“ Menü. „Er kommt so gut an, dass wir ihn wohl nicht mehr von der Karte nehmen“, freut sich Troisgros. Geht doch. Lufthansa woman’s world 2/2014 S obald die Tür des Aconchego Carioca aufgeht, fegt Kátia Barbosa wie ein Wirbelwind durch die engen Tischreihen, um Stammgäste mit einer festen Umarmung zu begrüßen. Da Brasilianer enorm herzlich sind und stets lieber einmal mehr drücken und küssen, finden am Eingang des rosa Hauses im Kolonialstil während des Abends immer wieder kleine Tänzchen mit der Chefin statt. Das gemütliche Restaurant westlich vom Zentrum lebt von der Energie seiner Besitzerin – und von den deftigen und süßen brasilianischen Gerichten, die hier im Minutentakt an die vollen Tische wandern. „Ich liebe große Runden und laute Gäste, und es gibt immer einen Grund zum Feiern“, sagt Barbosa, während sie mit einer Hand das Geburtstagsständchen am Nebentisch dirigiert. Ein goldgelber Kuchen wird feierlich überreicht, ein Bolo Souza Leão aus Eiern, Kokosnussmilch und Maniok. „Wir mögen es süß“, sagt die Gastgeberin lachend, „Dulce de Leche, eine Creme aus Milch, Zucker und Vanille, auch Karamell, Eis oder Früchte – ein Nachtisch gehört dazu, dafür gibt es ja bekanntlich einen gesonderten Magen.“ Sie weiß selbst, dass die Portionen im Aconchego Carioca so üppig sind, dass man sich nach deren Genuss am liebsten sofort in eine der Hängematten legen würde, die hier von der Decke baumeln. „Aber ein Almofadinha Doce geht immer“, entscheidet die Chefin. Tatsächlich, das „süße Kissen“ aus Tapiokamehl und Halloumi-Käse ist erstaunlich leicht, der weiche Kern aus Dulce de Leche zergeht auf der Zunge. Die beliebteste Nachspeise ist auch Barbosas Lieblingssünde. „Es erinnert mich an meine Kindheit, meine Großeltern, den Strand.“ Obwohl sie in Rio geboren und aufgewachsen ist, besitzt sie eine enge Bindung an den Nordosten, von dort stammen ihre Eltern. „In Paraíba ist es noch schwüler, tropischer und bunter. Viele meiner Kokosnuss-Desserts kommen von dort.“ Sie begann früh mit dem Kochen und Backen – dass es zur Karriere führen würde, war nicht geplant. Eine ihrer beiden Töchter, Bianca, ist heute Sous-Chef des Aconchego. „Das Team ist wie eine zweite Familie, mit vielen Gästen bin ich befreundet.“ Noch zu später Stunde hallt Kátias Name durch den Raum – und zum Abschiedsritual aus Küsschen und Umarmungen trifft man sich dann wieder an der Tür. ALMOFADINHA DOCE ZUBEREITUNG Zutaten für zwei Personen 500 g Halloumi-Käse 1 l Milch 500 g Tapiokamehl 400 ml Dulce de Leche (süße Milch) 100 g Speisestärke 500 ml Frittieröl 1 EL Zucker und 1 EL Zimt 2 Kugeln Vanilleeis Käse reiben und die Milch zum Kochen bringen. In einer Schüssel Käse und Tapiokamehl vermischen. Die gekochte Milch langsam dazugeben, kräftig rühren. Den Teig mit einem Nudelholz ausrollen. Quadrate ausschneiden und mit der Dulce de Leche füllen, zu kleinen Paketen formen und dann in Speisestärke wenden. Bei 150 Grad in Öl frittieren. Mit Zucker und Zimt bestreuen, mit Vanilleeis servieren. Kátia Barbosa Kult-Gastgeberin 61 Wohin man geht Gourmetküche Leben von Luft und Lieblingsrezepten. COCKTAIL Geschüttelte Passion Paris Bar, Praia do Flamengo 340, Flamengo, Tel. +55-21/25 51 12 78; gastro.julietadeserpa.com.br W Alex Mesquita Star-Mixologe PASSIONSFRUCHT-CACHAÇACOCKTAIL Zutaten für ein Glas 4 halbe Scheiben Limette 2 Löffel Passionsfrucht 10 ml Zuckersirup 50 ml Cachaça 5 Eiswürfel ZUBEREITUNG Limetten, Passionsfrucht und Sirup in einen Shaker geben. Leicht mit einem Mörser andrücken. Den Cachaça und die Eiswürfel dazugeben und kräftig schütteln. Den Drink in einem Cocktailglas servieren. 62 ährend die Eiswürfel nacheinander in den silbernen Shaker fallen, wird die Miene von Alex Mesquita professionell ernst. Zwei gebräunte Damen in kurzen Sommerkleidchen rücken die ZebraDesign-Stühle näher in Richtung Marmorbar und bewundern die kleine Schüttel-Show. Der sonnengelbe, süßsaure Drink, den der Barchef keine Minute später in die Gläser gießt, ruft vielfache „obrigados“ hervor. Mesquita nickt bescheiden und greift zum nächsten Shaker. Rios bekanntester Barmann wird regelrecht verlegen, wenn man seine Cocktails lobt. Locker ist der dunkelhaarige Hüne dagegen, wenn er über seine speziellen Mischungen philosophieren kann. Cachaça, die hochprozentige brasilianische Spirituose aus Zuckerrohr, ist wichtigster Bestandteil vieler Rezepte. „Am liebsten mische ich den Schnaps mit Passionsfrucht, Granatapfel oder Minze. Limetten sind eigentlich immer dabei.“ Für den 34-Jährigen ist die Mixkunst zur Wissenschaft geworden – und seine Fangemeinde wächst täglich wie nächtlich. „Dabei steckt Rio noch in den Cocktail-Kinderschuhen", urteilt Mesquita. Ja, gewiss, jeder kennt und trinkt Caipirinha, aber sonst? „Oft werden zuckersüße Säfte mit starkem Alkohol zusammengepanscht oder Gin mit Tonic vermischt. Aber Rio ist zu heiß für klebrige Drinks, und die meisten greifen letztendlich doch wieder zum erfrischenden Bier“, erläutert der Profi. Das gibt es in der eklektisch eingerichteten Paris Bar erst gar nicht. Trotzdem ist der schlossartige Prachtbau im Stadtteil Flamengo jeden Abend rappelvoll, die Nachtschwärmer sind scheinbar auf den Geschmack gekommen. Mesquita greift gerne auch mal zum Bunsenbrenner, lässt Säfte durch Siphon-Behälter wandern oder wirft die Mixbehälter so hoch, dass sich die erste Reihe vor der Bar sicherheitshalber duckt. Die Tricks sind bestens einstudiert. Vor zehn Jahren schmiss der frühere Fußballspieler sein Medizinstudium und paukte vier Jahre lang an der University of Cocktails in Buenos Aires für seine Zukunft als Mixologe. Bei aller Lust am Entertainment weiß er doch: „Erst Kleinigkeiten machen einen Cocktail speziell. Ein häufiger Fehler ist es, beim Caipirinha zu kräftig auf die Limettenscheiben zu stoßen – so wird der Drink bitter. Lieber nur kurz andrücken und länger schütteln, damit sich das Aroma vermischt.“ Saúde! Lufthansa woman’s world 2/2014 $AS¬GROE¬3PEZIAL¬DER¬+àCHENKLASSIKER¬ DI E N EU E 3/ . $% 2 "% !5T3IM'H! ANDEL! J ETZ In Deutschlands Küchen zuhause. Worüber man spricht Samba Tanze Samba Vor ein paar Jahren lag der berühmteste Tanz Rios noch im Dornröschenschlaf. Nun ist er wachgeküsst und die Sambagemeinde lebendiger denn je – Belege dafür liefert ein Forschungsausflug quer durch die Tanzlokale Text Christina Wollowski L Illustrationen Ekaterina Koroleva Illustrationen Ekaterina Koroleva ass den Samba nicht sterben, lass den Samba nicht aufhören. Der Hügel ist aus Samba gemacht ...“ Der alte Song treibt sie alle auf die Tanzfläche. Ein Touristenpärchen wirbelt wild und unbekümmert, öfter mal auch neben dem Takt. Eine Frauen-Wandergruppe schwingt die Hüften in so rasantem Tempo, dass die Outdoor-Hosen ins Flattern geraten, ein Paar mittleren Alters zelebriert komplizierte Drehungen und Ausfallschritte wie beim Turnier. Es ist Dienstagabend im Rio Scenarium, einem der beliebtesten Sambalokale im Zentrum der Stadt. An den Wänden und unter der Decke der weitläufigen Hallen hängen Sammlungen antiker Regenschirme, Akkordeons, Fahrräder, Wanduhren, sogar ein Ford Oldsmobile ist in einer Ecke geparkt. Früher war das Scenarium ein Fundus für Filmausstatter, inzwischen spielt jeden Abend Livemusik, jeden Abend ist es rappelvoll. Sambatanzen hat ein furioses Revival erlebt. So genau weiß keiner, wann und warum der Ur-Rhythmus der Stadt wieder in Mode gekommen ist. War es, als die Künstler und Musiker den vergessenen Stadtteil im Zentrum, in dem jahrzehntelang nur Antiquitätenhändler von den günstigen Ladenmieten profitiert hatten, neu entdeckten? Oder war es, als die Telenovela „Caminho das Índias“ lief, in der die Hauptdarsteller ständig in einem traditionellen 64 Lufthansa woman’s world 2/2014 mit mir! Sambalokal, einer Gafieira, die Hüften kreisen ließen? Tatsache ist: Der Tanz ist nicht gestorben. Er hat seinen Dornröschenschlaf beendet, nun ist er allgegenwärtig. „Die fließenden Bewegungen sind typisch für Brasilianer“, sagt Carlinhos de Jesus, Tänzer, Choreograf sowie Besitzer einer Tanzschule und des Sambalokals Lapa 40°, „da können zwischendurch andere musikalische Moden aufkommen, aber vergessen wird der Samba hier nie sein.” Sein Ziel war es, den Tanzsaal der Gafieira in einer modernen Form auferstehen zu lassen. Eine der bahnbrechenden Neuerungen: „Es gibt keine Tische, die Gäste sollen nicht zuschauen, sie sollen sich bewegen!“ Der Grundschritt, basierend auf einem akzentuierten Zwei-rechts-zwei-links, ist laut Carlinhos schnell gelernt, und mit ihm lässt sich durchaus ein Abend auf der Tanzfläche bestreiten. Danach erst kommt die Kür: ungezählte Schrittfolgen und Figuren, von denen jede ihren eigenen Namen hat. Mit ihnen wird der „Samba de Gafieira“ zur Choreografie einer luftigen Liebesgeschichte, und der Tänzer schlüpft für ein paar Minuten in die Rolle des Malandro. Dieser Typus aus dem Rio der 1920er Jahre trägt zum weißen Anzug ein Ringelhemd und Strohhut, wirbelt frech durchs Leben, flunkert gern, ein Filou, trotz der angeborenen Arbeitsscheu unwiderstehlich. 65 Worüber man spricht Samba Im Lapa 40° umschwirren die heutigen Malandros, in schwarze T-Shirts gekleidet, ihre Damen mit atemberaubender Leichtigkeit. „Gut ist, wer seine Partnerin zum Schwitzen bringt – egal welche Vorkenntnisse sie hat“, sagt Plínio. Er und fünf weitere Profis sorgen dafür, dass die weiblichen Gäste den Ort mit seligem Lächeln verlassen. Maria José kommt jede Woche, ein Tisch ist stets für sie reserviert, sie lässt kaum einen Tanz aus. Ihre schlanke Gestalt im blauen Kleid wirkt elegant und gelöst zugleich – nur wer ihr auf Schrittlänge nahekommt, sieht die tiefen Furchen im strahlenden Gesicht. „Ich habe mit über 70 angefangen zu tanzen, weil ich nach dem Tod meines Mannes depressiv geworden war“, erzählt Maria José, „der Samba hält mich fit und schlechte Gedanken fern!“ Die 82-Jährige gehört zu den beliebtesten Kundinnen für die Profitänzer, weil sie gut tanzt – und weil bei ihr nicht zu befürchten ist, dass sie die professionelle Liebenswürdigkeit falsch versteht. „Die Jungs bekommen oft eindeutige Angebote, sie müssen die Grenzen wahren, sonst wird es kompliziert“, sagt Plínio. Eine der ältesten Gafieiras liegt nur einen kurzen Spaziergang vom Lapa 40° entfernt. An der Tür wartet Isidro und begrüßt jeden Gast persönlich. Der Chef der Estudantina sitzt hier seit 36 Jahren jedes Wochenende. Darüber sind ihm die Haare spärlich geworden, aber am Samba hat sich der Spanier nicht sattgehört. Der Saal ist Ziel von Touristen aus ganz Brasilien und dem Ausland, er war vielfach in Telenovelas und Kinofilmen zu sehen und hat sich in Jahrzehnten kaum verändert. In diesen Räumen gelten noch die alten Regeln. Alle Paare tanzen gegen den Uhrzeigersinn im Kreis, aufs Parkett darf kein Getränk mitgenommen werden, Shorts oder zu tiefe Dekolletees sind untersagt. Manche Damen zeigen sich in Goldsandaletten und Paillettenkleidern, die Herren tragen mindestens ein gebügeltes Hemd zur Jeans. Auch in der Estudantina fordern Profitänzer die Damen auf. Im Schnitt sind sie etwa doppelt so alt wie die Malandros im Lapa 40°. Einer der Jüngeren ist der 52-jährige Serginho: „Ich kann mir keinen besseren Job vorstellen – für uns Cariocas ist der Samba einfach das Größte!“ Der Dienstälteste heißt Pelé und trägt Weiß vom krausen Scheitel bis zur Sohle. Reden will er nicht viel. Den Zauber des Samba könne man nicht beschreiben, meint er, den müsse man erleben – und zur Vollendung werde dieses Erlebnis erst mit der richtigen Partnerin. Er schreitet durch den Saal Richtung Treppe. Die ersteigt gerade eine ätherische Gestalt mit hüftlangen Haaren und endlosen Beinen, die ein schwarzes Röckchen umspielt. „Das ist meine Partnerin“, haucht Pelé andächtig. Dann legt er beschützend den Arm um seine Dame und führt sie zielstrebig aufs Parkett. Die Top-Locations Hier können Sie die Hüften kreisen lassen Lapa 40° Rua Riachuelo 97 Tel. +55-21/39 70 13 38 lapa40graus.com.br Jüngeres Publikum, im Erdgeschoss wechselnde Konzerte, im ersten Stock Billardtische, in der dritten Etage jeden Samstag Sambaschule von 20 bis 24 Uhr. Estudantina Praça Tiradentes 79 Tel. +55-21/22 32 11 49 estudantinamusical.com.br Publikum mittleren Alters, darunter viele Profis, sonntags „Ball der goldenen Jahre“ (20 bis 4 Uhr; Livemusik ab 22 Uhr). Carioca da Gema Avenida Mem de Sá 79 Tel. +55-21/22 21 00 43 barcariocadagema.com.br Vor allem einheimisches Publikum, das die Bands und Sängerinnen des Hauses kennt und feiert. Sieben Nächte pro Woche Live-Samba (ab 21.30 Uhr); das Lokal schließt erst, wenn der letzte Gast tanzmüde geworden ist. Rio Scenarium Rua do Lavradio 20 Tel. +55-21/31 47 90 00 rioscenarium.com.br Gemischtes brasilianisches und internationales Publikum. Dienstags bis samstags Live-Samba ab 19.30 Uhr – im Lauf des Abends treten drei Bands auf. Es wird regelmäßig der populäre nordostbrasilianische Tanzrhythmus forró gespielt. 66 Lufthansa woman’s world 2/2014 Kinder: aus dem Haus. Katze: bei den Nachbarn. Wir: am Ziel der Träume. Mit Lufthansa zu über 400 Zielen weltweit Wohin man geht Hotels Von dieser Warte aus hat man die Metropole gut im Blick: Zuckerhut, seidige Strände – und die Favelas L A SUITE RIO 501 Rua Jackson Figueiredo, Joatinga, Tel. +55-21/24 84 19 62; lasuiterio.com Das direkt in eine Klippe gebaute Luxushotel weckt den dringenden Wunsch, für immer gestrandet zu sein. Von den sieben Balkonzimmern (ab ca. 290 Euro/Nacht) blickt der Gast über glitzerndes Blau und sattes Grün, vermisst den Fernseher keine Sekunde, lauscht stattdessen den Sangesdialogen tropischer Vögel. Zwei Pools helfen, Revierstreitigkeiten zu vermeiden; wer’s lieber salzig, sandig und sportlich mag, gesellt sich zu den Surfern. Kleine Schätze Den Ozean zu Füßen, umschmeichelt von saftigem Grün, thront das La Suite majestätisch inmitten der Elemente Die Einrichtung der Maison orientiert sich an großen Momenten der Geschichte – ein Schmuckstück ist auch der Swimmingpool In der Suite stehen liebevoll ausgesuchte Antiquitäten, an der Hausbar feiern ein paar gleichgesinnte Kosmopoliten das Leben, die Gastgeber verraten eifrig Insider-Tipps: Wer in Rios trendigen Privat-Pousadas mit maximal zehn Zimmern eincheckt, erlebt Intimität und Luxus zugleich – wir zeigen die fünf feinsten Exemplare CASA MOSQUITO Rua Saint Roman 222, Ipanema, Tel. +55-21/35 86 50 42; casamosquito.com Auf einer Anhöhe über den Strand-Hotspots Ipanema und Copacabana gelegen, schwebt die charmante Casa Mosquito über den (massentouristischen) Dingen. Das nach einer Stechmücke benannte Kolonialstil-Haus aus den 1940er Jahren atmet Geschichte, stilvoll wiederbelebt von den Franzosen Benjamin Cano und Louis Planès, die ihre zehn detailverliebten Zimmer (ab ca. 295 Euro/Nacht) augenzwinkernd nach lokalen Berühmtheiten wie der Dragqueen Madame Satã oder dem Bossa-nova-Star Tom Jobim benannten. 68 Lufthansa woman’s world 2/2014 Fotos: Matthieu Salvaing (2); Stevens Fremont; PR (4) Text Heidi Rietsch L A MAI SON À RIO Rua Sérgio Porto 58, Gávea, Tel. +55-21/32 05 35 85; lamaisonario.com Wer in eines der fünf von François-Xavier Dussol historisch eingerichteten Gästezimmer (ab ca. 150 Euro/Nacht) eincheckt, erlebt Rio von seiner privaten Seite. Weil die Gastgeber praktisch jedes In-Lokal, jeden versteckten Strand und Vintage-Shop kennen – und die Maison obendrein in einem privaten Villenviertel liegt. Ein Plus für Aktive: Nicht allzu fern findet sich der Tijuca-Nationalpark, das größte städtische Naturschutzgebiet weltweit. Und wer müde vom Wandern ist, entspannt einfach am hauseigenen Pool. 69 Wohin man geht Hotels Mit dem Fernrohr unternimmt der Gast einen visuellen Stadtrundgang, bequem von der weitläufigen Terrasse aus Mehr Tipps, als Sie auf dem Flug dorthin lesen können: Mallorca. MARIA SANTA TERESA Rua Aprazivel 163, Santa Teresa, Tel. +55-21/32 59 71 69; mariasantateresa.com Die internationale Boheme verlegt ihre nächtlichen Ausschweifungen seit Kurzem in die Hügel von Rio, genauer: in das im Januar eröffnete Pop-up-Hotel Maria Santa Teresa. Vor seinem Ausbau, der 2015 erfolgt, läuft das vom Innendesign-Talent Anja Müller gestaltete Guest House Ltd. noch im freigeistigen Beta-Status mit lediglich sechs geräumigen Suiten (ab ca. 205 Euro/Nacht), regelmäßigen Poolpartys und einem eigenen Helikopter – für den standesgemäßen Abstecher zur VIP-AfterHour an die Copacabana. MAMA RUI SA Rua Santa Cristina 132, Santa Teresa, Tel. +55-21/22 42 12 81; mamaruisa.com Aus der ganzen Welt hat der Boutique-Hotel-Besitzer Jean Michel Ruis das Interieur für sein Mama Ruisa zusammengetragen Fotos: PR Knarrende Holztreppen, schmiedeeiserne Veranden mit Blick auf Guanabara-Bucht und Zuckerhut sowie ein glitzernder Pool unter Palmen – die Kolonialstil-Villa vereint geschichtsträchtige Substanz und zeitgenössische Annehmlichkeiten. Alle sieben Zimmer (ab 208 Euro/Nacht) verfügen über hohe Wände und imposante Flügeltüren. Von außen wirkt das B&B ohnehin eher wie ein privates Zuhause denn ein Hotel: authentisch, individuell, persönlich – passend zur Nachbarschaft, dem Künstlerviertel Santa Teresa. 70 Lufthansa woman’s world 2/2014 www.geo-saison.de Jetzt im Handel. Rio ni Ave da sil Bra Wohin man geht Service d Ro Av. s lve sA ze rigu *$0%2$ 5 SAUDE 6$172&5,672 16 s arga te V en sid Pre Av. 18 17 10 de Janeiro 2 13 15 Die Karte zum Mitnehmen: Tipps und Adressen auf einen Blick */25,$ 23 ue 22 7 )/$0(1*2 &260( VELHO enriq Av. In fa nte D om H &$7(7( Rua Itapiru 1 MARISA-MONTE- TIPP Fortaleza de São João Avenida João Luís Alves, Urca BAŀA DE *8$1$%$5$ 2 MARISA-MONTE- 14 LARANJEIRAS Ansehen 4 TIPP Museu de Arte Moderna do Rio de Janeiro Av. Infante Dom Henrique 85, Parque do Flamengo 1 6$17$ 7(5(6$ 11 3 MARISA-MONTE- TIPP Parque Lage Rua Jardim Botânico 414, Jardim Botânico +80$,7d 8 %27$)2*2 dré So 3 9 12 Irajá Gastrô Rua Conde de Irajá 109, Botafogo 12 Olympe Rua Curtódio Serrão 62, Lagoa 10 Aconchego Carioca, Rua Barão de Iguatemi 379, Praça da Bandeira 5 Museu de Arte do Rio /(0( (MAR) Praça Mauá 5, Centro co tâ ni +Box4 Rua das Acácias 104, Gávea Bo COPACABANA m Ja rd i TIPP Bar Barco Rua Cândido Gaffrée 205, Urca MARISA-MONTETIPP La Bicyclette Rua Pacheco Leão 320 Jardim Botânico 13 MARISA-MONTETIPP Clube dos Democráticos Rua do Riachuelo 91/93, Centro 19 CASA MOSQUITO Rua Saint Roman 222, Copacabana 20 LA SUITE RIO Rua Jackson Figueiredo 501, Joatinga 21 LA MAISON À RIO Rua Sérgio Porto 58, Gávea 22 MARIA SANTA TERESA Rua Aprazivel 163, Santa Teresa 23 MAMA RUISA Rua Santa Cristina 132, Santa Teresa 14 Paris Bar Praia do Flamengo 340, Flamengo 15 Lapa 40° Rua Riachuelo 97, Centro 16 Estudantina Praça Tiradentes 79, Centro 17 Carioca da Gema Avenida Mem de Sá 79, Centro 18 Rio Scenarium Rua do Lavradio 20, Centro 21 20 LEBLON ,3$1(0$ 19 $7/$17,6&+(52=($1 UHLUD P0R Hð $Y' Lufthansa woman’s world 2/2014 Illustration: Rike Sattler Av. A tlâ nti ca a 9 Schlafen 11 MARISA-MONTE- 6 Galeria Silvia Cintra /$*2$ Ru 6 8 Ausgehen MARISA-MONTETIPP Aprazível Rua Aprazível 62, Santa Teresa Contemporânea de Niterói (MAC) Mirante da Boa Viagem, s/nº, Boa Viagem, Niterói uro -$5',0 %27ÂNICO 7 4 Museu de Arte URCA La Av. &+5,678667$78( Essen Lufthansa Tipp Lufthansa fliegt täglich von Frankfurt nonstop nach Rio de Janeiro (GIG); die Airline ist die einzige, die einen Nonstop-Flug aus Deutschland anbietet. Fühlen Sie den Sound der Copacabana! Fußball, Samba und noch viel mehr: Entdecken Sie den ganzen Zauber Brasiliens auf der neuen Lufthansa Website „Beat of Brazil“! LH.com/beatofbrazil 73 Worüber man spricht People Mein erstes Mal … In Hamburg ist sie aufgewachsen, in New York hat sie als Modedesignerin reüssiert, nun lebt Suzanne Jennerich seit sechs Jahren im „Fluss des Januars“. Werktags entwirft die 43-Jährige Bademode, sonntags legt sie sich gern in fremde Hängematten Protokoll Solveig Flörke 74 Ipanema, vorbei an Arpoador und der Copacabana, bis nach Leme Fahrrad oder auf Inline-Skates gefahren – das alles ohne Altersbegrenzung. Früh aufstehen und einen Lauf entlang des Wassers machen ist auch für mich das Schönste. Ich nenne den Strand auch gerne „mein Büro“, denn eigentlich ist er das auch, dort entstehen meine Ideen, dort bin ich kreativ. Der Sonntag ist Familientag. Man trifft sich, die Mama hat sich beim Kochen mal wieder selbst übertroffen, es gibt zu viel und es schmeckt köstlich. Typisch sind churrascos (Fleischgerichte), dazu ein kühles chopinho (kleines Bier). Oder es gibt feijoada (Nationalspeise mit schwarzen Bohnen und Fleisch). Zwischendurch ein Nickerchen: Oma auf dem Sofa, alle anderen auf die Zimmer verteilt, auf der Terrasse, in der Hängematte, egal ob man zur Familie gehört oder nicht. Es ist unkompliziert und herzlich. An so einem Sonntag fühlt sich das Wochenende irgendwie länger an und der Montag besser. Wenn mir der Trubel der Stadt zu viel wird, radle ich zum Botanischen Garten. Dort kann ich dem Chaos entfliehen und unter Bäumen meine Entwürfe zeichnen. Ein Traum wäre es, einmal Kostüme für eine Sambaschule zu entwerfen. Zuzuschauen, wenn die Resultate bei der weltbekannten Parade im Sambódromo getragen werden. Was man außer dem Karneval noch S UZ A N N E J E N N E RIC H Die Designerin ist in Hamburg aufgewachsen und hat Kommunikations- und Grafikdesign studiert, bevor sie nach New York auswanderte, um unter anderem für Old Navy Mode zu entwerfen. 2006 machte sie sich mit ihrem Bademoden- und Fitnesslabel Moóca in Rio de Janeiro selbstständig, sie arbeitet weiterhin als Designerin für namhafte Firmen und Magazine. Seit 2008 lebt die 43-Jährige ganz in Brasilien. 2013 stellte Suzanne Jennerich ihre Strand- und SportswearKollektion im Rahmen einer Modenschau in Rios historischem Stadtteil Santa Teresa vor, darunter auch Teile, die sie extra für die Fußball-Weltmeisterschaft designt hat. gemacht haben muss, das ist, sich ein Fußballspiel in einer Bar anzusehen. Der ganze Laden springt bei jedem Torschuss auf, Stühle fliegen um, es wird mit den Händen in der Luft gewedelt, diskutiert, reklamiert … was für eine Aufregung! Bei Toren werden auch mal Raketen abgeschossen, oder die Fans reißen ein Fenster auf und brüllen den Namen der Mannschaft. Ich bin gespannt, wie ich meine Stadt erlebe, wenn die Weltmeisterschaft losgeht, und hoffentlich kann ich dann im selbst kreierten Fan-Bikini auch mal ganz laut „Deutschlaaaaand“ rufen. Lufthansa woman’s world 2/2014 DIE NEUE FLOW IST DA, mit kreativen Ideen, spannenden Denkanstößen und positiven Inspirationen, die den Alltag ein bisschen schöner machen. Dazu kleine Papiergeschenke zum Herausnehmen, liebevolle Illustrationen und viele Selbstmachtipps. www.flow-magazin.de JETZT NEU AM KIOSK Foto: Mariza Fonseca F ünfzehn Jahre ist es her, dass ich zum ersten Mal hierherkam. Damals lebte ich in New York, mein Freund war Brasilianer, und ich besuchte ihn in São Paulo. Von dort sind wir mit dem Auto nach Rio gefahren. Es war Spannung pur, wir kamen nachts an und fuhren vorbei an der Lagoa. Dieser große See im Süden der Metropole erinnert mich an die Alster in meiner Heimatstadt Hamburg. Auf der Wasseroberfläche spiegelten sich die funkelnden Lichter der umliegenden Gebäude. Weiter oben, auf einem der gigantischen Hügel, leuchtete die Christustatue. Die weltbekannte Figur, die ihre Arme ausbreitet und alle zu beschützen scheint, auf einmal war ich ihr ganz nah. Bis heute ist das Vorbeifahren an der Lagoa nach einem langen Flug die wirkliche Ankunft für mich. Jedes Mal ist das mit Gänsehaut und ein paar Freudentränen verbunden. Diese Stadt ist sexy, atemberaubend, spielerisch, man kann so sein, wie man ist, und fühlt sich lebendig. Dazu kommt die Freundlichkeit der Brasilianer. Immer bekommt man von den Cariocas ein freundliches „Oi, tudo bem?“ zu hören. Ein beijo (Kuss) hier, ein abraço (Umarmung) da, das ist ganz normal. Außerdem lieben es die Menschen, Sport zu treiben. Am Strand wird Beachvolleyball gespielt, auf dem Meer gesurft und entlang der Strandpromenade von Leblon über MI KRET ZWE BEI ATIV I LAG EN EN Mein Leben ist im FÜR MICH. Die EBEL Onde. Edelstahl, 18K Roségold & Diamanten. ©2014 EBEL – REF 1216097 – Tel 0800 22 84 144 EBEL.COM http://bit.ly/N3lucp