de janeiro - Lufthansa Magazin

Transcrição

de janeiro - Lufthansa Magazin
The taste
of Rio de
Janeiro
auf 76 Seiten
RIO
DE JANEIRO
2/2014
LH.com
MARISA MONTE
Marisa Monte ist einer der größten
Musikstars Brasiliens. Schon mit
19 Jahren gab die Sängerin ihre
ersten Konzerte, sie ist mehrfache
Grammy-Gewinnerin und glühende
Lokalpatriotin. Nichts auf der Welt
wird sie je aus Rio de Janeiro weglocken können – uns zeigt sie, was
ihre Heimatstadt so attraktiv macht
BERLIN
DÜSSELDORF
FRANKFURT
HAMBURG
KÖLN
MÜNCHEN
Editorial
samsonite.com
Marisa Monte
Mein Rio de Janeiro
MARI SA MONTE
Eine der wichtigsten Vertreterinnen
der Música Popular Brasileira wurde
1967 in Rio de Janeiro geboren.
Durch ihren Vater, künstlerischer
Leiter einer Sambaschule, kam sie
früh in Kontakt mit Musik. Mit 14
Jahren fing sie an, privat Gesang zu
studieren, mit 19 ging sie nach Rom,
um dort eine klassische Gesangsausbildung zu beginnen. Der
Produzent Nelson Motta entdeckte
ihr Talent und organisierte eine erste
Brasilien-Tournee. Der große Erfolg
ihrer neuartigen Mixtur aus Rock,
Samba, Jazz und Bossa Nova
bescherte ihr eine TV-Show und das
erste Live-Album „MM“ im Jahr
1989, darauf fand sich auch ihr
erster Nummer-eins-Hit „Bem Que
Se Quis“. Seit Mitte der Neunziger
ist Marisa Monte, die besonders
enge Kontakte zur New Yorker
Musikszene pflegt, auch international erfolgreich. Monte ist in zweiter
Ehe mit Diogo Pires Gonçalves
verheiratet und hat zwei Kinder,
Mano (11) und Helena (5).
Liebe Leserin,
Fühlen Sie den Sound der Copacabana!
Fußball, Samba und noch viel mehr: Entdecken
Sie den ganzen Zauber Brasiliens auf
der neuen Lufthansa Website „Beat of Brazil“!
LH.com/beatofbrazil
AUS CURV®-MATERIAL
DER STÄRKSTE UND LEICHTESTE SAMSONITE ALLER ZEITEN
Curv® ist ein eingetragenes US-Markenzeichen der Propex Operating Company, LLC. ©2013 Samsonite.
Das kleine Handgepäck würde für diese Reise völlig genügen. Selbst das könnten Sie
getrost zu Hause lassen, schließlich gibt es an jeder Straßenecke schickste Bademode zu
kaufen. An der Spitze der schneidernden Dreiecks-Künstler steht Lenny Niemeyer – mit der
Selfmade-Frau haben wir übers ideale Strand-Outfit gesprochen. Für alle, die sich nicht in
Bikini-Shape fühlen, haben wir andere schöne Dinge anzubieten. So empfiehlt die Rio-Kennerin Christine Wollowski: Lernen Sie, das Leben zu feiern, nicht die Perfektion! Wer bei so
viel Körperkult noch Sehnsucht nach einer persönlichen Bauch-Beine-Po-Session verspürt,
kann beim Samba ausgiebig die Hüften kreisen lassen. Wir wünschen viel Vergnügen!
Titel & Foto: Leo Aversa
COSMOLITE
kommen Sie mit uns nach Rio de Janeiro! Tauchen Sie ein in das rasante
brasilianische „viver bem“, wo die pure Freude die Tage am Strand, auf
den Märkten und in den Parks prägt – und die Nächte beim Samba, in
den Bars und Restaurants sowieso.
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5
laurel.de
2/2014
50
32
Wie man lebt
12 Stadtrundgang mit Marisa Monte
Ein Stopp am Strand von Arpoador,
ein Besuch am Hafen von Urca und
ein gemütliches Mittagessen beim
Lieblings-Vegetarier – der Weltstar
liebt es entspannt
24 Interview
Die Ausnahmesängerin über das
Mysterium ihres Erfolgs, den Reiz
jüngerer Ehemänner – und warum
sie sich selbst wie 78 fühlt
Was man trägt
8
Buntes für und aus Rio de Janeiro:
Fashion, Beauty & mehr
Was Sie für die lässigste Metropole der
Welt unbedingt im Gepäck haben
sollten (spätestens auf dem Rückflug)
28 Streetstyle: Coole Looks
Trendsetter zeigen, was der Kleiderschrank an Casual-Outfits hergibt,
und verraten, wo sie die entdeckt haben
32 Mode: Die Meisterin der Bikinis
Lenny Niemeyer startete eine Garagenfirma, heute sind ihre Kreationen in Rio
so begehrt wie in Paris jene von Chanel
Wohin man geht
24
6
58 Gourmet: Geschmacksbomben
Vier Starköche haben ihre Lieblingsrezepte für uns zubereitet
64 Nachtleben: Tanze Samba mit mir!
Mit der Leidenschaft für Hüftschwung
geht’s durch die Tanzlokale
68 Hotels: Klein, sehr fein
In diesen noblen Mini-Herbergen
fühlen sich Luxusbegeisterte
und Individualisten wie zu Hause
72 Service
Alle Tipps und Adressen
68
Worüber man spricht
30 Essay: Schönheitskult
Christine Wollowski über brasilianische
Ideen von Haut, Haar und Hinterteil
36 Bildergalerie: Wunder der Stadt
Wir zeigen die schönsten Impressionen
von der Christusstatue und anderswo
46 Favela-Tour: Das echte Leben
Ein lehrreicher Spaziergang durch
das Viertel der armen Leute
50 Kreative Köpfe: Kunstszene
Ein Museumsdirektor, zwei Galeristinnen und eine Street-Art-Vertreterin
über den Boom am Kunstmarkt
74 People: Mein erstes Mal
Die Bikini-Designerin Suzanne Jennerich über perfekte Sonntage in Rio
8
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Fotos: Thomas Rangel; Stevens Fremont; PR(2); Illustration: Ekaterina Koroleva
Inhalt
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shop online: laurel.de
Was man trägt
Beach Chic
Brazilian Way
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Ein Bikini muss auf jeden Fall mit! Was sonst
noch im Gepäck nach und aus Rio de
Janeiro dabei sein sollte (also spätestens auf
dem Rückflug), sehen Sie hier: Strand- und
Stadtbegleiter zum Verlieben
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[3@b
[1@b
[10@b
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JUST JEWELS
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D I E N E U E R Ü S C H E N B E C K KO L L E K T I O N
[7@b
[9@b
[6@b
1 Ethno-Touch Kimono-Überwurf aus Seide mit Paisleymuster von Topshop by Kate Moss, Preis auf Anfrage; topshop.com 2 Spitzensache Vergoldete
Silberkette mit Anhänger „Anemone Blu“ von Hipanema, 65 Euro; hipanema.com 3 Zickzack Bandeau-Bikini aus Strick mit Häkeloptik von Missoni,
rund 300 Euro; über net-a-porter.com 4 Grüner Schutz Für Haare und Kopfhaut: Conditioner Green Mango von Sol Janeiro, 22,90 Euro; über ludwigbeck.de
5 Schön gebeutelt Tote Bag in Größe Large aus der Rio-Kollektion von Osklen, Preis auf Anfrage; osklen.com 6 Hoch hinaus Sandale von Zeferino in
Metallic-Optik, circa 210 Euro; zeferino.com.br 7 Monumentalwerk Eine fotografische Hommage an unseren Planeten: Genesis-Collector’s-Edition von
Sebastião Salgado, 3000 Euro; taschen.com 8 Zugzwang „Blood & Will“-Gürtel von Bands of L.A., 39 Euro; bands-of-la.com 9 Neuer Lack „Don’t call me
Peachy“ von NCLA, 19,50 Euro; über niche-beauty.com 10 Goldene Zeit „Tambour Monogram Infini“-Uhr von Louis Vuitton, aus 18-Karat-Roségold, Lünette mit
52 Diamanten besetzt, Preis auf Anfrage; louisvuitton.de 11 Weicher Verlauf Sonnenbrille „East“ von Aoyama in Rosé gradient, Preis auf Anfrage; aoyama-optical.de
8
Lufthansa woman’s world 2/2014
Fotos: PR
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Was man trägt
Flower Power
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1 Rosen-Bouquet Blütenkleid von
Topshop, 88 Euro; topshop.com
2 Egozentrisch Nagellack „Red Ego“ von
Estée Lauder, 22 Euro; esteelauder.de
3 Blühendes Haupt Haarreif „Marique“
mit Blumenkrone von Eugenia Kim,
156 Euro; über net-a-porter.com
4 Schöner Bund Minirock mit Bordüre
„Jaipur“ von Amenapih, 80 Euro;
hipanema.com
5 Signalfarbe Sandale aus Lackleder von
Zeferino, rund 250 Euro; zeferino.com
6 Blumiger Blickfang Besticktes
Seidentop von Dries Van Noten, circa
550 Euro; über barneys.com
7 Schlangengrube Schmuckdöschen
aus Leder mit Pythonprägung, 49 Euro;
über desiary.de
8 Schlagkraft Beach-Bat-Schläger
„Leblon“, handgemacht in Brasilien,
rund 218 Euro; frescobolcarioca.com
9 Patriotisch Kopfhörer „England“ von
Coloud Boom, aus der Fußballedition,
ca. 29 Euro; coloud.com
10 Edeltüte Tote Bag „Favelas 74“ von
Givenchy, 590 Euro; über farfetch.com
11 Knall-Körper Korallenfarbene
Ohrringe „Roma“ von Shourouk,
b(XUR¾EHUmonnierfreres.de
10
Fotos: PR
Herausgeber Deutsche Lufthansa AG, Von-Gablenz-Str. 2-6, D-50679 Köln Objektverantwortung Alexander Schlaubitz Koordination Jens
Polkowski Verlag Lufthansa woman’s world erscheint viermal im Jahr bei der G+J Corporate Editors GmbH (www.corporate-editors.com).
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Dastyari, Stephan Schäfer Publishing Manager Melanie Jonas, Tel. 0 40/37 03-50 14, Fax: 0 40/37 03-17 5014 Chefredakteur Adrian Pickshaus
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1. 1. 2014; Nachdruck, auch auszugsweise, nur mit ausdrücklicher Genehmigung der Lufthansa. Für unverlangt eingesandte Manuskripte und
Bilder übernimmt die Redaktion keine Haftung. Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben die Meinung der Autoren wieder. Diese muss nicht
mit der Auffassung der Redaktion übereinstimmen. Papier Royal Press 400. Aus 35 Prozent Sekundärfasern, gebleicht ohne Chlor, gebleicht
mit Sauerstoff. Holz aus nachhaltiger Forstwirtschaft, zu 100 % FSC-zertifiziert (Forest Stewardship Council).
Lufthansa woman’s world 2/2014
Wie man lebt
Marisa Monte
Fest verwurzelt
Sie ist einer der größten Stars der „Música Popular Brasileira“. Dreimal gewann Marisa Monte die Latin
Grammy Awards, sie arbeitet mit internationalen Größen wie Laurie Anderson, Philip Glass oder David Byrne.
Die Heimat ist ihr heilig, nichts und niemand könnte die 46-Jährige je aus Rio de Janeiro weglocken. Wer mit
ihr die Lieblingsplätze ihrer Geburtsstadt besucht, versteht all die guten Gründe dafür
Text Silke Bender
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Fotos Leo Aversa
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Am Hafen von Urca
ist Marisa Monte
aufgewachsen, die
Fischer hier waren
die Zuhörer bei
ihren ersten
Gesangsversuchen
13
Wie man lebt
Marisa Monte
Oben: Zur blauen Stunde zeigt sich der beliebte Strandabschnitt Arpoador von seiner ruhigen Seite
Unten: Einst hat Michael Jackson hier ein Video gedreht, Street-Art machte aus der Favela Santa Marta später ein Kunstwerk
Foto : Tomás Rangel
Marisa Monte
schätzt die
vegetarische
Küche im
Restaurant
Aprazível
14
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In Urca, wo Marisa Monte aufwuchs,
erschien ihr Rio wie ein verträumtes Dorf
15
Wie man lebt
Marisa Monte
Als Kind ist sie
häufig mit dem
Fahrrad von
Laden zu Laden
gefahren –
oft gab es
eine Leckerei
umsonst
16
S
ie wartet auf der Kaimauer des
kleinen Fischerhafens von Urca. Hier
ist es nahezu autofrei und ungewohnt,
fast unheimlich still. Winzige bunte Kähne
schaukeln behäbig im Wasser. Ein
ungewöhnlicher Treffpunkt in dieser
6,5-Millionen-Metropole, in der es sonst
ohrenbetäubend laut ist, deren Verkehrsadern stets verstopft sind. Links breitet in
der Ferne die 30 Meter große Christusfigur
auf dem Corcovado ihre Arme aus, gleich
rechts erhebt sich die Steilwand des
Zuckerhuts. Ein magischer Ort, wo Rio wie
ein verträumtes Dorf erscheint. „Hier bin ich
aufgewachsen, mit dem Blick auf unsere
zwei Wahrzeichen“, sagt Marisa Monte und
zeigt auf den zweiten Stock eines modernen Apartmenthauses. „Die Fischer im
Hafen waren das Publikum, als ich im
Wohnzimmer meine ersten Gesangsstunden nahm. Von ihnen bekam ich meinen
ersten Applaus. Manchmal begleiteten sie
mich auch auf der Cavaquinho, der
typischen Samba-Gitarre.“
Hier begann auch die Geschichte Rios,
wie Marisa erzählt. Portugiesische
Seefahrer entdeckten die Bucht am 1.
Januar 1502 und hielten sie für ein großes
Flussdelta. „Deshalb heißt Rio de Janeiro
auch so, Fluss des Januars. Können Sie
sich vorstellen, dass der Zuckerhut damals
noch mit dem Fuß im Wasser stand?“ Das
heutige Stadtviertel Urca ist durch Landaufschüttungen in den 1920er Jahren
entstanden, wohlhabende Menschen ließen
sich hier nieder. Elegante Villen, der
Jachtclub und im Bauhaus-Stil erbaute
Residenzen rund um den Hafen zeugen
davon. „Ich hatte eine sehr behütete
Kindheit“, berichtet Monte, „am Wochenende gingen wir meistens zum Segeln,
oder ich bin mit meinem Fahrrad von einem
kleinen Laden zum anderen gefahren – oft
gab es eine Leckerei umsonst.“
Die meisten Touristen kommen bloß
nach Urca, um mit dem „Bondinho“, der
Seilbahn, auf den Gipfel des Zuckerhuts zu
fahren – danach ziehen sie gleich weiter. Ein
Fehler, wie die Sängerin meint: „Neben
Santa Teresa ist es eines der architektonisch schönsten Viertel von Rio.“ Sie
empfiehlt zum Sonnenuntergang den
Besuch der Bar Urca, wo sich die Cariocas,
die Einwohner Rios, an der Kaimauer zum
Aperitif treffen, mit schönem Blick auf die
Christusstatue und die Fortaleza de São
João, eine Militäranlage aus dem 16.
Jahrhundert. Dort liegt auch der ruhige
Strand Praia Vermelha, Marisas persönlicher Geheimtipp. Und auch wenn
Lufthansa woman’s world 2/2014
Fotos: Tomás Rangel
Die gelben Trams kurven nach
jahrelanger Pause wieder durch Santa
Teresa – zuletzt hatten sie nur auf
Wandgemälden das Stadtbild geprägt
Marisa Monte liebt
die Recycling-Kunst
von Getúlio Damado,
die er in einer
ausrangierten
Straßenbahn verkauft
Wie man lebt
Marisa Monte
Stein auf Stein:
Das Museu de
Arte Moderna
(MAM), das
kunstvolle
Pflaster der
Copacabana und
der malerische
Strand von Leme
(von oben)
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Rios berühmteste Strände durchaus einen
Besuch lohnen, sei das Vergnügen doch
größer an ihren jeweils nördlichen Enden –
in Leme, dem Anfang der Copacabana, und
in Arpoador neben Ipanema: „Dort wird
man nicht vom Autolärm gestört und kann
den Surfern beim Wellenreiten zusehen.“
Unsere nächste Station ist das Museu
de Arte Moderna do Rio de Janeiro, kurz
MAM. Der imposante Sichtbetonbau, 1959
eröffnet, stammt von Affonso Eduardo Reidy
und gilt als Meilenstein moderner Architektur. Das MAM beherbergt eine der größten
Sammlungen zeitgenössischer brasilianischer Kunst. „Hier zeigen sie unsere
größten Künstler, wie Adriana Varejão oder
Luiz Zerbini“, erzählt Marisa, für die
bildende Kunst „eine große Inspirationsquelle ist – so wie ich in meiner Musik die
Genres vermische, sehe ich Show und
Bühnenbild als Gesamtkunstwerk und
arbeite dafür gern mit bildenden Künstlern
zusammen. Was ich bei ihnen schätze, ist
die Fähigkeit, konzeptuell zu denken, Ideen
eine Form zu geben – da sind sie uns
Musikern meist überlegen“.
Lufthansa woman’s world 2/2014
Hätte es mit der
Musik nicht
geklappt, Marisa
Monte wäre
wohl bildende
Künstlerin
geworden; in
Museen (im
Hintergrund das
MAM) ist sie
häufiger Gast
Wie man lebt
Marisa Monte
Während der vergangenen 27 Jahre hat
Marisa Monte es selbst zu einer kleinen
Kunstsammlung gebracht. „Wann immer
ich Zeit habe, gehe ich in die Kunstschule des Parque Lage, um den Studenten
beim Zeichnen und Malen über die
Schulter zu schauen“, sagt sie. Nebenan,
im Botanischen Garten, zieht sie sich
zum Lesen zurück oder beobachtet
einfach nur die Affen oder Tukane, die in
den Baumkronen turnen. Affen, mitten in
der Stadt? „Ja“, sagt Marisa lachend,
„sie können aber auch ganz schön
nerven. Einmal haben sie uns so viele
Ziegel vom Dach geklaut, dass es
reingeregnet hat. Da gab’s zur Strafe
kein Futter mehr für die nächsten Tage.“
Das Stichwort ist gefallen, der
Hunger macht sich bemerkbar, Zeit zum
Mittagessen. Marisa wurde mit 16
Vegetarierin, aber sie isst Fisch. Sie
entscheidet sich fürs Aprazível, ein im
Dschungelstil erbautes Restaurant, das
Spezialitäten aus allen Regionen
Brasiliens serviert, darunter viele
vegetarische Klassiker wie gedünstete
Palmherzen. Der Weg vom Botanischen
Garten nach Santa Teresa wird lang, für
die zehn Kilometer brauchen wir fast zwei
Stunden. Während sich das Auto
vorankämpft, stöhnt die Lokalpatriotin:
„Das Einzige, was einem Rio wirklich
verleiden kann, ist der Verkehr.“ Aber am
liebsten isst sie sowieso zu Hause. „Auf
Tournee bin ich ja stets in Restaurants. Zu
Hause genieße ich es, selbst zu kochen.
Frische und schnelle Sachen, Fast Food
im besten Sinne.“
Verehrung mit Folgen:
Marisa Monte ist selbst zur
Kunstsammlerin geworden
Links: Der Strand Praia Vermelha gilt als besonders sicher – nicht weil Chopin dort Wache steht, sondern wegen des Militärstützpunkts in der Nähe
Oben: Im Parque Lage kann man in traumhafter Kulisse den Kunststudenten bei der Arbeit über die Schulter schauen
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Wie man lebt
Marisa Monte
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Im Café Bicyclette am
Botanischen Garten hört
man die Vögel zwitschern
und die Affen zanken
„Die Menschen
sind so sexy
und lebensfroh –
auch deshalb
will ich genau hier
alt werden“
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Der lange Weg zum Restaurant lohnt sich:
Der Hügel Santa Teresa ist so etwas wie
das Montmartre von Rio de Janeiro. Alte
Kolonialhäuser, steile, kurvige Straßen, auf
denen sich die gelben Tramwagen wieder
hinaufquälen. Nach einem schweren Unfall
war der Betrieb fast drei Jahre lang
eingestellt. Ein Relikt ist der ausrangierte
Wagen, in dem Getúlio Damado seine
Recycling-Kunst verkauft. „Er ist das
Original des Viertels“, sagt die Künstlerin
und springt kurz aus dem Wagen, um dem
alten Bekannten einen beijo auf die Wange
zu drücken, „und die beste Adresse für
Souvenirs.“ Nach dem verspäteten Lunch
will sie nach Hause, schnell ihre beiden
Kinder von der Schule abholen. Familienzeit
ist ihr heilig. Und wenn die Sängerin doch
mal einen kinderfreien Abend hat? Dann
geht sie am liebsten in den Clube dos
Democráticos: In dem alten Ballhaus tanzen
alle Altersgruppen zwischen neun und
neunzig Samba – und das so sexy und
lebensfroh, dass allein das schon ein Grund
ist, warum Monte in dieser und keiner
anderen Stadt alt werden will.
Lufthansa woman’s world 2/2014
SIE BAUT KEINE JETS. ABER AUTOS,
DIE VON JETS BENEIDET WERDEN.
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Recruiting
Wie man lebt
Marisa Monte
„Mein Seelenalter
liegt bei 78 Jahren“
Samba, Rock, Oper und Jazz – Marisa Monte überschreitet mit Vorliebe musikalische Grenzen.
Eine der bekanntesten Stimmen Brasiliens spricht über die Kunst, gegen den Strom zu schwimmen,
über die Pflicht, sich treu zu bleiben – und sie erklärt, warum Rio immer ihre Heimat bleiben wird
Interview Silke Bender
Illustrationen Ekaterina Koroleva
Ihre Karriere begann furios: Ohne Album, ohne je im Radio
gespielt worden zu sein, füllten Sie bereits mit 19 Jahren die
größten Konzertsäle Brasiliens. Wie war das möglich?
Ein Mysterium, und das ist es noch immer.
Ein paar Erklärungen haben Sie doch sicher?
Es gab immer Menschen, die mir den Rücken gestärkt haben.
Mein Produzent Nelson Motta war der Erste, der nicht nur an mich
geglaubt hat, sondern, viel wichtiger, mich darin unterstützt hat, mir
selbst und meinen Instinkten zu vertrauen. Vielleicht auch deshalb,
weil es mir nie um Ruhm ging, sondern immer um die Kunst. Mit 14
Jahren habe ich mit der Musik angefangen, aber ich war nie in die
Idee verbissen, sie zu meinem Beruf zu machen. Ich hätte auch mit
einer anderen kreativen Arbeit glücklich werden können, mit Malen
oder Schreiben.
Die Legende sagt, Motta hätte Sie in Rom auf der Straße
singen hören? Stimmt das?
(Lacht) Nein. Wir trafen uns 1987 bei einem kleinen Konzert in
Venedig. Damals habe ich für ein Jahr Oper in Italien studiert.
Motta war ein entfernter Bekannter meiner Familie. Als ich zurück
in Brasilien war, hat er mich darin bestärkt, auf meine erste Tour zu
gehen. Er war ein erfolgreicher Produzent und kannte die richtigen
Leute, um schon im Vorfeld die Werbetrommel zu rühren. Ich
glaube aber, das Wichtigste waren nicht die Medien, sondern dass
die Zuhörer ihren Freunden davon erzählten, echte Mundpropaganda. Was ich damals machte, traditionelle brasilianische Musik
mit Rock und Pop zu vermischen, war ja sehr neu.
Warum haben Sie denn Operngesang in Rom studiert?
Ich habe immer Maria Callas gehört, dazu Samba, Reggae und
Rock. Für mich war das nie ein Widerspruch. Meine Eltern haben
uns Kindern die Möglichkeit gegeben, ein Jahr im Ausland zu
lernen, was wir wollten. Und ich entschied mich eben dafür. Auch
weil mich die klassische Musiktheorie interessierte.
Offenbar hat Sie das nicht lange begeistern können ...
24
Erst in Europa merkte ich, wie sehr mir Brasilien in den Knochen
steckt, die Musik und auch die Sprache. Wie schön, subtil und
poetisch das Portugiesische ist. Und ich wollte etwas zu unserer
Tradition, dem Samba, beitragen. Und das zu einer Zeit, wo die
meisten meiner Generation auf Rock standen. Das tat ich ja auch,
aber eben nicht ausschließlich. Ich war immer schon ein bisschen
anders als meine Freunde.
Anders zu sein und bereits als Teenager zu wissen, was man
will, dazu braucht es Selbstbewusstsein. Woher kam Ihres?
Meine Eltern wollten uns drei Töchter zu unabhängigen Frauen
erziehen. Wir Schwestern haben sowohl auf der Straße gespielt als
auch mit Puppen. Genauso wie meine Eltern mache ich es jetzt
übrigens mit meinem Sohn. Er soll nicht von Frauen abhängig sein.
Also näht er, macht sein Bett und putzt sein Zimmer selbst. Zuletzt
hat er unsere Haushaltshilfe darum gebeten, ihm das Bügeln
beizubringen – von ganz allein!
Haben Sie etwa auch auf der Straße Fußball gespielt?
Nein, wir haben die Straße mit dem Fahrrad erobert. Wir haben
uns immer als kleine Ladys verstanden. Wir kochten, nähten, aber
fühlten uns trotzdem auf Augenhöhe mit den Jungs: Ich helfe dir,
du hilfst mir. Jeder gibt dem anderen etwas von dem, was er hat.
Das ist für mich Emanzipation.
Ihr erster Mann war 16 Jahre jünger als Sie, Ihr zweiter Mann
Diogo ist neun Jahre jünger. Sind Sie eine „cougar“?
(Verdutzt) Was ist das?
Das sind Frauen, die junge Männer bevorzugen ...
Ich hatte auch Freunde, die 30 Jahre älter waren. Wenn es möglich
wäre, Menschen zu treffen, die 200 Jahre jünger oder älter sind,
würde ich mich auch in sie verlieben können. Alter ist nun wirklich
keine Kategorie, die zu meinen Gefühlen passt. Ich war schon mit
20 Jahren sehr erwachsen. Wenn die anderen tagelang am Strand
lagen, habe ich für die Musik gearbeitet. Mein Seelenalter liegt
aktuell bei 78 Jahren.
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25
Wie man lebt
Marisa Monte
Sind Sie sehr diszipliniert?
Ich würde von mir sagen, ich bin gut organisiert. Disziplin bedeutet
für mich Freiheit. Die Freiheit, selbst zu entscheiden, wann du
Dinge tun musst und wann du sie lassen kannst.
Viele junge Künstler zerbrechen am frühen Erfolg …
Ja, wenn sie unsicher sind und zu Alkohol und Drogen greifen, um
dem großen Druck standzuhalten.
Vielleicht auch, weil es sie nervös macht, vor Tausenden von
Menschen aufzutreten. Sie etwa nicht?
Lampenfieber habe ich eigentlich nur, wenn ich nicht textsicher bin.
Und ich bin stets sehr gut vorbereitet, wenn ich auf die Bühne trete.
Alles habe ich dutzendfach geprobt. Ein Konzert vor einem
Publikum zu geben ist für mich die pure Freude, das endlich mit
anderen zu teilen, es ist kein Stress.
Wie laden Sie Ihre Batterien wieder auf?
Indem ich mir lange Auszeiten nehme. Die Pausen können bis zu
zwei Jahre lang sein, eine Zeit, während der ich zu Hause bleibe
und nur kleine Projekte mit befreundeten Künstlern angehe. Mich
um die Kids meiner Samba-Schule kümmere, die ich unterstütze.
Im Dezember habe ich eine 18 Monate dauernde Tournee mit 120
Konzerten beendet. Jetzt ist wieder die wundervolle Zeit, wo ich
26
„Ein Familienfest, ohne
dabei gemeinsam
zu musizieren? Für
mich völlig undenkbar“
keinem Programm folge, wo ich ganz für die Familie da sein kann.
Kochen, lesen, nähen, stricken, Freunde treffen. Hätte ich dieses
normale Leben nicht, könnte ich nicht derart kreativ sein und auch
nach so vielen Jahren noch Spaß an meiner Arbeit haben.
Wollen Sie noch mit über 70 auf der Bühne stehen?
Das könnte mir Spaß machen. Wenn meine Kinder älter sind, hätte
ich ja auch noch mehr Zeit.
Sind Ihre Kinder auch musikalisch interessiert?
Mein Sohn Mano ist elf Jahre alt und hat seine Klavierstunden
schnell wieder aufgegeben, er ist mehr visuell interessiert. Das liegt
wahrscheinlich an seiner Familie väterlicherseits, zu der Sérgio
Bernardes gehört, einer der berühmtesten brasilianischen
Architekten. Und meine Tochter Helena ist erst fünf. Da wäre es
vermessen, eine Prognose abzugeben.
Sie haben viel mit den Stars der New Yorker Musik-Boheme
gearbeitet: Laurie Anderson, Lou Reed, David Byrne, Philip
Glass. Warum haben Sie nie dort gelebt?
Ich habe ein Apartment in New York und reise gern dorthin.
Vielleicht bleibe ich nächstes Jahr einmal für längere Zeit – mit
meinen Kindern, damit sie Englisch lernen. Doch ich fühle mich nur
in Rio wirklich zu Hause. Anderswo vermisse ich schnell das
herrliche Wetter, die gewohnte Sprache, die traumhaften Strände,
die große Herzlichkeit – und natürlich unsere Musik.
Was, glauben Sie, macht den Samba international so attraktiv,
auch wenn nur wenige die Texte verstehen?
Die Musik hat sich entwickelt als spontaner Ausdruck von Lebensfreude und Sinnlichkeit, und als solches wird sie wohl überall intuitiv
verstanden. Rio ist Samba, Brasilien ist Samba. Unsere Geschichte
wird darin quasi hörbar. Samba ist für mich die Reinheit der Kunst.
Die größten Meister hatten ganz andere Berufe und bedienten sich
der Poesie und des Rhythmus, um ihre Emotionen auszudrücken.
Es war ein natürliches Bedürfnis, ohne Zweck. Ihnen ging es nicht
um Geld, auch nicht um den Drang, erfolgreich damit zu sein.
Ist das heute noch so?
Ja, ich glaube, dass der Samba immer noch sehr viel mit dem
brasilianischen Selbstverständnis zu tun hat, und zwar über alle
Generationen hinweg. Ein Familienfest, ohne dabei gemeinsam zu
musizieren? Für mich völlig undenkbar.
Teilen Sie die Begeisterung Ihrer Landsleute für den Fußball?
Ich schaue mir keine Spiele der Clubs aus Rio an, ich bin kein Fan.
Doch ich bin genug Brasilianerin, um mitzufiebern, wenn es darauf
ankommt, wie jetzt bei der Weltmeisterschaft. Dann wird es bei uns
zu Hause und in ganz Rio sowieso nur ein Thema geben. Über
alles andere reden wir dann wieder nach dem Finale.
Lufthansa woman’s world 2/2014
coccinelle.com
Was man trägt
Streetstyle
Carla
28, M A R K E TI NG ASSISTENTIN
Excitante!
Wo: Im Praça-da-Bandeira-Viertel,
unterwegs zu einer „Wobble“-Party.
Mein Kleidungsstil: Ich bin eine
leidenschaftliche FlohmarktJägerin. Meist trage ich Secondhand-Teile, oft gemixt mit einem
modernen, neu gekauften Stück.
Ich trage: Fifties-Kleid, Sneakers
und Tuch – alles Vintage.
Eigentlich ist Kleidung in der Stadt am Atlantik ja nebensächlich,
wann immer es geht, verlassen die sonnenverwöhnten Cariocas in
Bikini und Badeshorts das Haus. Wir haben Trendsetter dazu
bewegt, sich ein bisschen mehr anzuziehen – leger blieb es trotzdem
Fotos Rodrigo Esper
Mirella
28
Alexandre
Derek
Juliana
25, DE S IG N E R
24, FOTOG R A F
26, FOTOG R A FI N
Wo: In den Straßen von Leblon,
auf dem Weg ins Büro.
Mein Kleidungsstil: Ich mag es
unambitioniert. Wie beiläufig
finden meine kulturellen Wurzeln in
meiner Kleidung ihren Ausdruck.
Ich trage: Shades von Raen,
T-Shirt von Lazy Oaf, Hose von
Insight, Sneakers von Converse.
Wo: In den Straßen von Botafogo,
gleich geht’s ins Kino.
Mein Kleidungsstil: Ich vertrete
einen urbanen Look, auf jeden
Fall muss es bequem sein.
Ich trage: Ein T-Shirt von VLD,
eine Hose von Pyramid, eine
Jacke von YSL.
Wo: Auf dem General-Osório-Platz,
unterwegs zum Blogger-Büro
RIOetc.
Mein Kleidungsstil: Ich liebe einen
Mix aus multikulturellen Teilen.
Ich trage: Top von Animale, Shorts
von Forever 21, eine VintageTasche, die Brille ist von Livo.
Talita
25, FA S HION - B LOGG E R I N
25, K U R ATOR I N
Wo: Im Baixo-Gávea-Viertel, auf
dem Weg zu einem PR-Event.
Mein Kleidungsstil: Ich würde ihn
als urban und elegant beschreiben.
Ich trage: T-Shirt von Topshop,
Kette von Forever 21, Hose von
Free People, Tasche von Mango,
Brille von Urban Outfitters.
Wo: Auf dem Heimweg von einem
Strandspaziergang in Ipanema.
Mein Kleidungsstil: Ist typisch
brasilianisch, halb Hipster,
halb Hippie.
Ich trage: T-Shirt von Farm, einen
Gürtel von Jana, eine VintageHose, Havaianas, eine Sonnenbrille von Loucos por Óculos.
Lufthansa woman’s world 2/2014
29
Worüber man spricht
Lebensart
Stolz und Fehlurteil
Training an den Geräten. Dann habe ich in lächerlichen
sechs Monaten einen Allerwertesten wie ... Pedro blickt
sich suchend um. Schließlich zeigt er auf eine hübsche
junge Frau, die mindestens zehn Jahre jünger ist als ich.
Sie trägt einen knackigen Hintern in genau der richtigen
Größe und scheint sich ihres Schatzes durchaus bewusst.
Ich werde ganz sehnsüchtig. Was sind schon sechs
Monate mit täglich 40 Minuten Quälerei? Vorsichtig frage
ich Pedro: „Und danach? Was ist, wenn ich mein Ziel
erreicht habe?“ Dann, sagt er, müsse ich nur noch dreimal
die Woche kommen. Ohne Pausen. Ohne Ferien. Ohne
Ausnahme. Sonst würden die neuen Muskeln schlapp,
und „das sieht wirklich nicht sehr attraktiv aus“.
Damit hat Pedro mein Schicksal besiegelt. Ich werde
mich damit abfinden: Der Körperteil, den die Brasilianer
am liebsten in der Dimension von Melonen oder anderen
Großfrüchten sehen, ist für mich in natura unerreichbar.
Kleiner Trost: Bei manch anderer besteht er auch nur aus
Silikon. Zu dumm, dass ich leidenschaftliche Reiterin bin.
Was für ein Albtraum, wenn mitten im schönsten Galopp
plötzlich das Silikonkissen platzt! Schon eher denkbar
wäre da die günstigere Variante der umschnallbaren
Hinterneinlage aus Schaumstoff. Die habe ich letztens in
einem Wäschegeschäft sogar mal aus der Nähe besichtigt. Besonders sexy sieht das fleischfarbene Kleidungsstück nicht aus. Am Körper habe ich es noch nicht
ausprobiert, vielleicht beim nächsten Mal.
Einen Sieg kann ich derweil verzeichnen: Ich trage
inzwischen nicht nur die mikroskopisch kleinen brasilianischen Slips. Die sieht ja außer mir nur, wer mich schon
Ihre neue Wahlheimat hatte sich Christine Wollowski sehr entspannt vorgestellt. Doch dann bekam
die Deutsche schnell Stress, als sie merkte, wie viel Energie die Bewohnerinnen von Rio in Haut,
Haar und Hinterteil investieren. Bericht über eine – nur teilweise erfolgreiche – Annäherung
Z
Nägel, und während der Lack trocknet, reißt sie mir,
weniger zart, mit Wachsstreifen die Haare von den
Beinen. Immerhin sei das bei mir nur Flaum gegen den
Urwald, den sie bei anderen Kundinnen roden müsse.
Überhaupt kennt Laís viele Geheimnisse. Manchmal
lässt sie mich daran teilhaben. So weiß eine meiner
Freundinnen bis heute nicht, dass ihr Mann sich seine
volle Haarpracht einpflanzen ließ, und zwar beim selben
Chirurgen, der ihr Botox spritzte. Je länger ich Laís kenne,
desto mehr schwinden meine Komplexe: Perfekt manikürt
bin ich ohnehin jederzeit, meine Beine sind glatt wie
Seidenpapier, und der Rest kommt auch noch.
Dafür habe ich letztens mutig einen Personal Trainer
in einem der Fitnessstudios konsultiert, in denen fast alle
Cariocas nach Feierabend ihren Körper tunen. Meine
Frage: Ist es möglich, meine schlanke germanische Figur
mit einem brasilianischen Hinterteil abzurunden? „Natürlich“, sagt Pedro, ohne zu zögern. Ich bin entzückt. Bis er
mir erklärt, wie ich zu dem begehrten Körperteil gelange:
jeden Tag 40 Minuten speziell für mich entwickeltes
Foto: action press
ugegeben, in den ersten Wochen in Rio bin ich mir
schon ein wenig struppig vorgekommen. Die Nägel
zerkaut, die Haare dünn, die Lippen rissig. Angesichts der perfekt geglätteten Mähnen, der minutiös
manikürten Fingernägel, der professionell geschminkten
Gesichter um mich herum hatte ich schnell das Gefühl:
Nur wer schön ist, gehört dazu. Ein paar Stunden pro
Woche wollen also eingeplant sein für den Besuch im
„Salão“. In jedem Shoppingzentrum gibt es diese Paläste,
mit Angestellten, die aussehen wie höhere Töchter und
die für den Stundenlohn eines Top-Managers mit ihren
Kundinnen über Mode, Telenovelas und deren Liebesleben plaudern. Das war in meinem Budget so nicht
vorgesehen. Die erste Carioca, der ich mein Problem
darlegte, sah mich mitleidig an, bevor sie mir das
Geheimnis verriet: Sogar finanziell Bessergestellte lassen
sich insgeheim zu Hause von einer Kosmetikerin aus der
Favela verschönern, um Geld zu sparen. Bald hatte auch
ich meine eigene Schönheitsassistentin. Laís massiert
meine Füße und zaubert zarte Blumenbilder auf meine
näher kennt. Nein, auch am Strand zeige ich mich jetzt in
einheimischen Bikinis. Um es gleich vorwegzunehmen:
Für den durchschnittlichen europäischen Frauenkörper
sind alle drei brasilianischen Bikinigrößen zu klein.
'LHb%U¾VWHGU¦QJHQDXVZLQ]LJHQ'UHLHFNHQ]XU6RQQH
Pobacken schwingen frei und unbeschwert in knapp
bemessenen Höschen. Was nicht bedeutet, dass die
Brasilianerinnen durchweg Modelmaße hätten. Im
Gegenteil. Als besonders sexy gilt der „fio dental“,
wörtlich übersetzt bedeutet das: Zahnseide. Damit ist
eigentlich das Kleidungsstück gemeint, das anderswo
prosaisch als Stringtanga bekannt und überwiegend für
kurvige Enthüllungen in nächtlicher Zweisamkeit gedacht
ist. Aber hier in Brasilien verschwinden auch ganz
normale Bikinihöschen wie Zahnseide zwischen ausladenden Rundungen. Wenn die Jungs den Blick nicht
davon abwenden können, ist das Ziel erreicht.
Ich gucke längst selbst ungeniert. Setze mich in eines
der Straßencafés, bestelle frischen Fruchtsaft und pflege
mein neues Hobby: Schönheit erraten. Was ist an jener
Dame gekauft, operiert oder nature? Wie sieht diese hier
aus, wenn sie abends alle Pohalter und Haarteile abgelegt
hat? Und dann sticht mir eine weitere Eigenschaft der
Cariocas ins Auge: Sie feiern ihren Körper, egal ob nach
einer durchtanzten Nacht oder mit ein paar Kilo zu viel auf
den Rippen. Und sie wissen, genau darin liegt die wahre
Schönheit: stolz zu zeigen, wer man ist, egal wie man
aussieht und wo es herkommt. Konsequent bestelle ich
mir noch ein Schokotörtchen und lasse mein Pilates-Training für heute sausen.
30
Lufthansa woman’s world 2/2014
31
Was man trägt
Bademode
Die BikiniQueen
Ihr Arbeitsplatz ist ein Liegestuhl unter dem blauen
brasilianischen Himmel, ihr Metier ein Hauch von Nichts –
von einer Garage aus hat Lenny Niemeyer mit ihrer
Bademode die Strände und Laufstege dieser Welt erobert
Text Manuela Imre
Foto: Felipe Dana/AP Photo; PR
L
Lenny Niemeyer ist
eine der international
erfolgreichsten
BademodenDesignerinnen
32
Lufthansa woman’s world 2/2014
Fließende Stoffe,
lebhafte Muster und
perfekte Passform:
In Brasilien werden
Niemeyer-Kollektionen so sehnsüchtig
erwartet wie
in Frankreich jene
von Chanel
enny Niemeyer kichert, wenn sie an ihren ersten selbst
genähten Bikini denkt. „Das Höschen wurde an den Seiten
von schmalen Rinderknochen zusammengehalten, aus
denen ich mit einem chirurgischen Messer meines damaligen
Ehemanns, einem Arzt, feine Ornamente geschnitzt hatte. Der Stoff
bestand aus alten Materialresten, die waren nicht gerade der letzte
Schrei.“ Und trotzdem: Die handgefertigten Erstlinge gingen so
schnell weg, dass Niemeyer ihre Garage in São Paulo flugs zur
Bikini-Manufaktur umfunktionierte. Das Garagen-RinderknochenProjekt ist über 30 Jahre her, ein bescheidener Anfang für die Frau,
die heute als unangefochtene Bikini-Queen Brasiliens gilt.
Mittlerweile verkauft das Label pro Jahr über 350 000 Stücke
Strand-Fashion und -Accessoires in schicken Boutiquen weltweit.
VIPs wie Nicole Kidman, Naomi Campbell und Gisele Bündchen
aalen sich ebenso in der edlen Strandmode wie Rios Damenwelt.
Heute arbeitet die Blondine in einem lichtdurchfluteten Büro in
Botafogo, einem quirligen Businessviertel unweit des Strandes. Die
Dame mit dem perfekt zurückgekämmten Haar, dem federnden
Gang und dem festen Handschlag wirkt jugendlich und dabei
ungeheuer konzentriert. Vom lauten Gehupe und Verkehrschaos
auf der viel befahrenen Rua São Clemente ist hier, im achten Stock,
nichts zu merken. Stattdessen geht der Blick aus dem großen
Fenster auf die exotisch grünen Berge rund um den Zuckerhut.
Sonnenstrahlen tanzen auf dem vollgepackten Schreibtisch der
Designerin, die in ihrem sommerlich weißen Hemd und der schmal
geschnittenen rostbraunen Caprihose auch gerade auf dem Weg
zu einem Jachtausflug in Cannes sein könnte.
33
Was man trägt
Bademode
Kunstbücher türmen sich hier zu kleinen Hügeln, dazwischen
schauen überall Zeichnungen und Stoffreste hervor. „Sorry, wir
sind gerade mitten in einer neuen Kreativphase“, entschuldigt sich
die Designerin, nachdem wir über große Seidenausschnitte mit
filigranen Blumenmotiven gestiegen sind, die überall auf dem
Boden verteilt liegen.
Niemeyers Kreationen werden in Brasilien ähnlich ungeduldig
erwartet wie in Frankreich die neueste Chanel-Kollektion. Vor allem
in Rio belegt ein getragenes „Lenny“-Ensemble erhöhtes Modebewusstsein: Wer hip ist, schnallt sich die filigranen Stücke um, am
besten jeden Tag andere. „Eine Carioca besitzt ein ganzes Arsenal
an Bikinis“, erläutert die Fachfrau, „der Strand ist ihr Laufsteg, das
ganze Leben spielt sich am Meer und in der Sonne ab – natürlich
will man sich dafür in Schale werfen.“ Dass diese ultraknappen,
strategisch verteilten Dreieckchen dem Rest der Welt eher die Röte
ins Gesicht treiben, weiß auch die Modemacherin. „Die Frauen in
Rio zeigen nun mal gern, was sie haben“, kommentiert sie
ungerührt, „der große Unterschied ist wohl, dass sie stolz auf ihre
Rückseite sind“, sagt sie mit einem Zwinkern ihrer intensiven
Dass dieses „Hobby“ sie zur bekanntesten Bademoden-Designerin
des Landes machen würde, lässt Lenny Niemeyer auch heute noch
die gebräunten Hände vor Verwunderung zusammenschlagen.
„Dabei hatte ich meine Berufung bereits in der Landschaftsarchitektur gefunden“, sagt sie mit ihrer rauen Stimme. Die Tochter eines
Zuckerrohr- und Orangenplantagen-Besitzers wuchs in Santos
nahe São Paulo behütet auf. Literatur, Kunst und Architektur waren
von klein auf ihre ständigen Begleiter. „Natürlich war ich von
Sinnen, als ich den Onkel meines Ehemannes kennenlernte“,
erinnert sie sich an die erste Begegnung mit der brasilianischen
Architektur-Legende Oscar Niemeyer.
Im Showroom ihres dreistöckigen Imperiums hängen die
aktuellen Modelle, zarte Zweiteiler, die sich seidig anfühlen und
trotzdem schon am Hänger zeigen, dass sie eine vorteilhafte Form
zaubern. Ein bisschen retro, dazwischen filigrane Blumen, dann
kräftig-knallige Farben. „Der Print ist für mich neben der perfekten
Form das Wichtigste, da schlägt mein ,Kunst-Auge‘ zu“, sagt die
Designerin, während sie einen aquamarinblauen Bikini mit kleinen
Goldverzierungen an der Stange zurechtrückt.
Zweimal jährlich
präsentiert Lenny
Niemeyer ihre
neueste Kollektion –
auf der Fashion
Week in Rio ist sie
längst ein Must-See;
über 350 000
Stücke ihrer
Strandmode und
-Accessoires
werden pro Jahr
weltweit verkauft
graublauen Augen. Am Strand den Po züchtig zu verhüllen, das
käme keiner Carioca in den Sinn. Das Körperbewusstsein an
Stränden wie der Copacabana, Ipanema und Leblon ist legendär,
die Dichte der Frauen mit Modelmaßen einzigartig. „Dafür sonnt
man sich in Europa oft oben ohne“, merkt Niemeyer an, „das geht
in Brasilien gar nicht.“ Auch beim Thema Transparenz sei der
europäische Markt lockerer. „Brustwarzen dürfen sich hier auf
keinen Fall abzeichnen. Manchmal steckt mehr Stoff in der Dicke
als in der eigentlichen Form des Bikinis“, lacht die Designerin.
Dabei, sagt sie, gelten selbst ihre „itsy-bitsy“-Kreationen in Brasilien
als dezent. „Da merkt man, dass ich aus dem konservativeren São
Paulo stamme.“ Einen Mittelweg zu finden zwischen „kaum
vorhanden“ und „edel verhüllend“ war denn auch das wichtigste
Motiv für die Garagen-Eigenproduktion. „Die Freundinnen in der
Heimat wollten, dass ich den neuesten Trend aus dem coolen Rio
mitbringe, und quiekten entsetzt, als ich ihnen die schmalen Stücke
zeigte – also suchte ich nach einem Kompromiss.“
34
„Cariocas lieben es, am Strand aufzufallen, aber auch die
Lebensfreude der Menschen kommt in den Farben und Mustern
zum Vorschein“, versucht Niemeyer zu erklären, „dein Bikini ist ein
Teil deines Charakters.“ In Rio trage man seine Badeklamotten
länger als in jeder anderen Stadt der Welt – am liebsten den
ganzen Tag. Vor und nach der Arbeit wird Sport getrieben, zum
Lunch trifft man sich an einem der Kioske entlang der Promenade
oder auf einen Matte Leão (Eistee), zur Happy Hour gibt es eine
Caipirinha mit Blick auf den Sonnenuntergang, danach geht man
direkt ins Restaurant, in den Club oder noch schnell einkaufen.
„Wir hetzen nicht zum Umziehen nach Hause. Ein Kleid, ein
Tank-Top mit Hotpants oder ein schickes Tuch machen den Style
ausgehreif.“ Darunter blitzt der Bikini hervor. Niemeyer selbst geht
gern auf dem Weg ins Büro zum Paddleboarding oder Wasserski.
„Wenn mich danach der Sand unterm Bikini-Oberteil juckt, ziehe
ich es einfach aus. Deshalb trage ich gern diese fließenden weißen
Hemden – sie dürfen nur nicht durchsichtig sein.“
Lufthansa woman’s world 2/2014
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Wohin man geht
Impressionen
Stadt
der
Wunder
Wer schon einmal die Karnevalsparade miterlebt hat,
wird sie bei der feierlichen Eröffnungszeremonie gehört haben,
inbrünstig gesungen von Hunderttausenden: die „Cidade
maravilhosa“, die Hymne auf Rio de Janeiro. Dass die
Einheimischen zu Recht von der „wunderbaren Stadt“
schwärmen, zeigen die Bilder auf den folgenden Seiten
Text Adrian Geiges
Fotos Paul Ripke
AM S TR AND VON IPANEMA UND LEB LON
So ruhig ist das Wasser hier selten. Das Wort „Ipanema“
stammt aus der Indianersprache und bedeutet „schlechtes,
gefährliches Gewässer“. Der Strandabschnitt eignet sich
eher zum Sonnen als zum Baden. Weltweit bekannt wurde
er durch den Bossa-nova-Song „The Girl from Ipanema“
(1962). Frank Sinatra sang ihn ebenso wie Madonna und
Amy Winehouse. Die Rettungsposten geben Orientierung:
Zwischen Posto 11 und 12 sieht man vor allem Familien mit
Kindern, die Gegend um Posto 10 zieht Sportler an. Am
Posto 9 treffen sich die Dauerbräuner, darunter Hippies und
Künstler, daneben liegen die Schwulen und Lesben. Am
Posto 8 tummeln sich die Bewohner aus den Favelas. Aber
keine Sorge: Touristen sind überall willkommen.
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Wohin man geht
Impressionen
AN DER COPACABANA
Rios bekanntester Stadtteil hat Höhen und Tiefen erlebt:
Ursprünglich ein kleines Fischerdorf, brachte ihm 1892 die
Eröffnung des Velho-Tunnels, einer direkten Verbindung
zum Rest der Stadt, einen rasanten Aufstieg. Zu seinem
Ruhm beigetragen hat auch das 1923 errichtete Hotel
Copacabana Palace, in dem später Marilyn Monroe,
Prinzessin Diana und Nelson Mandela wohnten. Rios
Superreiche sind längst in andere Bezirke abgewandert,
was dem Flair der Copacabana nicht geschadet hat: Sie
gehört den Singles und Touristen. Tipp: Zwei Blocks
landeinwärts findet man viele botecos, Freiluftbars, die
mehr Atmosphäre bieten und günstiger sind als die Lokale
direkt an der Copacabana. Ein Muss: der suco, ein frisch
gepresster Obstsaft.
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Wohin man geht
Impressionen
IM COS TA - BR AVA - C LUB
Da sage noch mal einer, irre Aussichten gäbe es nur in
Rios Süden! Im Westen der Stadt entdeckten 100 Freunde,
so will es die Geschichte, 1962 diese unbewohnte Gegend
am Strand von Joatinga. Sie verbanden die vorher schwer
zugängliche Halbinsel über eine 96 Meter lange Brücke mit
dem Festland, bauten ein Schwimmbad, einen Fußballplatz,
ein Volleyballfeld und zwei Tennisplätze. Schnell wurde der
Club zu einem Geheimtipp – und blieb es bis heute.
Weitere Infos (nur auf Portugiesisch) finden Sie unter:
costabravaclube.com.br.
Rua Sargento José da Silva 3621, Joá
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Wohin man geht
Impressionen
IM MAR ACANÃ - S TADION
Am 13. Juli beginnt hier um 16 Uhr das Endspiel der
Fußball-Weltmeisterschaft. Geschichte geschrieben hat
der von sieben Architekten geplante, 1950 fertiggestellte
und zur WM erneuerte Rundbau schon längst: Pelé schoss
im Maracanã sein 1000. Tor. Die Gruppe A-ha spielte vor
195 000 Fans und stellte damit einen Weltrekord auf, Papst
Johannes Paul II. feierte hier die größte Messe Lateinamerikas. Meistens geht es laut zu, nur einmal erstarrte das
Stadion im Schweigen: Am 16. Juli 1950, beim entscheidenden Spiel der damaligen Fußball-WM, als Uruguay gegen
den Gastgeber und haushohen Favoriten 2:1 gewann. „Die
Überlebenden dieses grausamen Nachmittags glaubten, nie
wieder fröhlich sein zu können“, schrieb der Schriftsteller
Carlos Heitor Cony. Im Sportmuseum an Tor 15 gibt es
Andenken auch an diesen „schwarzen Tag“ zu sehen.
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Lufthansa woman’s world 2/2014
Wohin man geht
Impressionen
AUF DER CHRIS TUS S TATUE
44
Foto: Getty Images
Sie erhebt sich auf dem 710 Meter hohen Buckel
Corcovado und begrüßt die Besucher mit ausgebreiteten
Armen: Die 30 Meter große und 1145 Tonnen schwere
Statue Christi des Erlösers. Der Bau begann 1922, im 100.
Jahr der Unabhängigkeit Brasiliens, doch Finanzierungsprobleme verzögerten die Arbeiten, bis es 1931 mithilfe des
Vatikans und Frankreichs doch noch zur Fertigstellung des
Monuments kam. Privatautos und Taxis dürfen nicht nach
oben fahren, am bequemsten ist ein Minivan vom Largo do
Machado aus, am schönsten eine Fahrt mit der Zahnradbahn, wobei sich die Zeit in der Warteschlange nur lohnt,
wenn man einen Platz auf der rechten Seite ergattert, mit
Sicht nach unten. Man sollte spätestens am frühen
Nachmittag aufbrechen, da die Öffnungszeiten variieren.
Und unbedingt einen klaren Tag wählen.
Lufthansa woman’s world 2/2014
i n f o r m a t i o n • w w w . s c h a f f r a t h 1 9 2 3 . c o m • +49 6181 6730611
Worüber man spricht
Favela-Tour
A
Das wahre Leben
Soziales Elend, Drogenbanden und Schießereien prägten über Jahrzehnte das
Image der Favelas. Doch selbst damals war dort nicht alles so, wie es von
außen schien, und es ist längst nicht mehr alles, wie es war. Jetzt kann man diese
Viertel sogar als Tourist besichtigen – wir haben uns auf den Weg gemacht
Besucher aus
den USA und
Großbritannien
spazieren
angstfrei durch
die größte
Favela Brasiliens
46
Lufthansa woman’s world 2/2014
Foto: Florian Schüppel; Anja Kessler
Text
Adrian Geiges
us den Fenstern klingen Hip-Hop
und Samba in Disco-Lautstärke. Der
Gestank von Motorradabgasen
mischt sich mit dem Duft von Rindfleisch,
das Anwohner auf den Gehwegen grillen
und verkaufen. Schönheiten in Hotpants
und Bikinioberteilen schlendern vorbei an
Soldaten der Militärpolizei BOPE, vielen
Cineasten bekannt aus dem Film „Tropa de
Elite“. Jeder von ihnen umgreift mit beiden
Händen eine meterlange Pumpgun, auf
dem Schulterteil der Uniform ist ein
Totenkopf aufgenäht. Willkommen in
Rocinha, der mit rund 250 000 Bewohnern
größten Favela Brasiliens. Der Stadtteil ist
ein Hügel, auf dem unverputzte Häuser
chaotisch ineinander verschachtelt sind,
ohne eine Lücke zu lassen.
Dazwischen wandern sechs Touristen,
die noch zwei Stunden zuvor deutlich
angespannter wirkten. Da trafen sie sich in
der Lobby des Hotels Royal Tulip von São
Conrado, einem noblen Vorort Rio de
Janeiros, zum Abenteuer ihres Lebens: dem
Besuch in einem der berüchtigtsten
Elendsviertel. „Ich habe etwas Angst, aber
ich möchte wissen, wie es dort wirklich ist“,
meinte Jeani England aus Idaho, die unter
dem Pseudonym CJ England Liebesromane
schreibt, vor der Abfahrt. Cherie Hoyles,
eine Bühnenbildnerin aus Kanada, blickte in
den vergangenen Tagen vom Balkon des
Fünf-Sterne-Hotels auf die engen Häuserreihen; sie wollte ein paar Schritte weitergehen, in das Leben der Einheimischen
eintauchen. Heute ist die Gelegenheit dazu.
Favela ist eigentlich der Name einer
brasilianischen Kletterpflanze, und weil die
Behausungen der Siedler an den Bergen so
schnell hochklettern wie ein wucherndes
Gewächs, wurden diese ärmlichen Bezirke
Südamerikas danach benannt. Seit
Brasilien 1888 die Sklaverei abschaffte,
zogen ehemalige Leibeigene aus armen
ländlichen Gebieten in die großen Städte,
von denen sie Wundersames gehört hatten:
Hier könne man in Betrieben und auf dem
Bau arbeiten, und man würde gut bezahlt.
Oft wird Favela mit „Slum“ übersetzt, dem
ursprünglich irischen Ausdruck für ein
verfallendes Stadtgebiet, aber das war
schon immer zu kurz gegriffen. Die
Familien, die hier leben, haben sich nicht
aufgegeben, sie sind hier, weil sie eine
bessere Zukunft für ihre Kinder wollen. Und
viele Einheimische finden, wer das Prinzip
der Favela nicht verstehe, der habe nichts
von Brasilien verstanden.
„Ich habe Zinkblechhütten erwartet“,
sagt Roger Hewett, Musiker aus Norwich in
England. Doch Hütten sieht er hier kaum.
Dafür haben die Einwohner kastenartige
Beton- und Ziegelhäuser gebaut – oft mit
ihren eigenen Händen, immer ohne das
Honorar für einen Architekten. Nichts ist
mehr geblieben von der „Kleinen Farm“, die
dem Ort ihren Namen gab. Das heutige Bild
des Viertels kann man auch auf den Beinen
des Tourguides betrachten: Der hat einen
Favela-Ausschnitt auf seine Beine tätowiert,
die unter Boxershorts hervorschauen,
ebenfalls ohne eine Lücke auf der Haut zu
lassen. Zezinho da Rocinha hat den Namen
des Stadtteils sogar als Nachnamen
gewählt, als wäre er der König hier – und so
etwas Ähnliches ist er auch. Zieht man mit
ihm herum, ist man schon deshalb sicher,
weil alle ihn kennen und ehrerbietig
begrüßen, mit dem kumpelhaften FavelaHandschlag (Hände aufeinanderklatschen
wie Fußballer beim Auswechseln, dann sich
gegenseitig mit den Fäusten berühren) und
mit dem lauten Ruf „Rocinha“, ausgesprochen „Rossinja“.
47
RAUS AUS
DEN SOCKEN.
REIN IN DEN
SOMMER.
Worüber man spricht
Favela-Tour
DER FAVELA-GUIDE
Zezinho da Rocinha veranstaltet mit
Favela Adventures (favelatour.org)
geführte Touren durch sein Geburtsviertel Rocinha. Die vierstündige
Wanderung kostet pro Person 65
Reais, umgerechnet rund 20 Euro.
25 Prozent der Einnahmen fließen in
eine DJ-Schule, die jungen Bewohnern
eine berufliche Perspektive gibt.
Treffpunkt und Details werden über
[email protected] vereinbart.
48
Ihre Kinder sollen es mal besser haben, hoffen die Bewohner der Favelas. Doch schon
heute erscheint das Leben des Nachwuchses manchem Besucher frei und unbeschwert
Fast-Food-Ketten haben hier mittlerweile
ihre Filialen. Es fahren Busse, Minivans und
Motorradtaxis.
Wir verlassen die Straße und erklimmen Treppen. Manchmal sind die Stufen so
schmal, dass man zwei gegenüberliegende
Häuser gleichzeitig berühren kann. Die
Bewohner schauen neugierig aus ihren
Fenstern oder schlängeln sich an uns
vorbei, lächeln freundlich und grüßen mit
erhobenem Daumen. Die meisten Türen
stehen offen, Einbrüche sind selten. Jeani
ist verblüfft, als sie in die Wohnungen blickt:
Blumen stehen in Vasen, Teppiche liegen
aus, und die Breitbildfernseher sind deutlich
größer als ihr eigener. Die Häuser haben
Badezimmer mit Dusche und Toilette.
Wieder auf der Straße, fahren Jeeps mit
Touristen an uns vorbei, Favela-Safaris, die
sich tatsächlich so nennen. Zezinho ist es
hingegen wichtig, dass seine Gäste laufen.
Weil man mehr sieht, mit den Bewohnern in
Kontakt kommt – und ihnen Respekt zollt.
„Nicht so, als müsste man sich durch ein
Vehikel vor wilden Tieren schützen.“
Bis Ende 2011 patrouillierten hier
Drogengangster mit Kalaschnikows durch
die Straßen, dann eroberte die Polizei die
Favela, und sie tauchten unter. Zezinho führt
bereits seit 2007 Touristen herum. Das fing
mit Freunden aus dem Ausland an,
irgendwann wurde es zum Beruf. Er betont:
„Schon damals war es sicher. Es gehört
zum Ehrenkodex, niemanden in seinem
Viertel zu beklauen.“ Aufpassen müsse man
eher in der Anonymität dunkler Gassen des
Stadtzentrums. Seit Touristen in die Favelas
kommen, will man an ihnen natürlich
verdienen – auf die gleiche Weise wie
überall sonst: Auf einem Gehweg mit
atemberaubender Aussicht zum Strand von
Ipanema bieten Künstler Gemälde an, die
etwa die Jesus-Statue über der Favela
zeigen. Mariana, Mutter eines Mädchens,
hat auf einem Klapptisch bunte Gürtel und
Handtaschen ausgebreitet. Ivson Lins
verkauft CDs mit Sambamusik, die er selbst
aufgenommen hat, und tanzt eine Kostprobe mit seinem Hund, der Noite, „Nacht“,
heißt und trotz des schwülen Wetters eine
Wollmütze trägt – der Hund, wohlgemerkt.
Die Favela-Tour ermöglicht, genauer
hinzuschauen und nachzufragen. So
werden Klischees von Armut scheinbar
bestätigt, wenn Jungs mit einer Bierdose
Fußball spielen. Und auch ein Radfahrer,
der unzählige Dosen zu einer Kugel
zusammengebunden hat, bietet ein
befremdliches Bild, doch in Rio gehört es
dazu. Nirgendwo sonst wird Müll so schnell
verwertet, viele betreiben das als kleines
Business. Von den Unternehmen, die die
Wertstoffe verarbeiten, erhalten sie für ein
Kilo Dosen einen Real, etwa 30 Cent. Der
Ausflug endet, wie Touristentouren häufig
enden: mit einem Essen. In einem Selbstbedienungslokal der Favela wählen wir aus
mehreren Fleischsorten, Pommes frites,
Kartoffelpüree, Fisch, Karotten, Kopfsalat
und vielem mehr. Bezahlt wird, wie oft in
Brasilien, nach dem Gewicht dessen, was
auf dem Teller liegt. „Ich habe vorher viel
Negatives über Favelas gehört“, sagt Jeani,
die amerikanische Schriftstellerin. „Jetzt
habe ich keine Angst mehr“, meint sie und
löffelt den Rest ihrer Maracuja-Creme.
Modell Kalbarri Women
Modell Moorei Leather Men
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der Footprintbox
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deinem Fußbett
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Wolken dank
myVALE
Mit dem passenden Laufgefühl von myVALE. myVALE ist die Sandale, die mit individuellem Fußbett nach dem persönlichen Fußabdruck hergestellt wird. Nachdem du ein myVALE Modell unter www.my-vale.de ausgewählt oder mit dem myVALE Designer selber
Fotos: Florian Schüppel; Anja Kessler
Der 51-Jährige ist hier geboren, als Sohn
einer Englischlehrerin aus New York und
eines Bauarbeiters aus der Favela. Er hat 14
Jahre in den USA gelebt, dort als DJ und
Graffiti-Künstler seinen Lebensunterhalt
verdient. Dann ist er zurückgekehrt, weil er
mit seinen Erfahrungen dem Heimatviertel
etwas zurückgeben wollte. Und um es
Besuchern zu zeigen. „Rocinha ist ein
wunderbarer Ort“, sagt er. Das klingt wie ein
Widerspruch zu dem, was er sonst
berichtet. Weil das Wasser knapp ist, duscht
er täglich genau 30 Sekunden und recycelt
das verbrauchte Wasser als Toilettenspülung. Für 100 000 Kinder und Jugendliche
gibt es nur drei Schulen, alle paar Sekunden
rasen riesige Busse vorbei, die Schüler in
andere Stadtteile bringen – wo sie im
Schichtbetrieb unterrichtet werden. Und das
sind noch die kleineren Probleme. Weiterhin
schießen Drogengangster und Polizisten
aufeinander, sterben Unschuldige, verschwinden Bewohner spurlos. „Doch 99
Prozent der Bürger gehen ehrlicher Arbeit
nach“, betont Zezinho, „und es herrscht
Herzlichkeit, man lebt nicht so anonym wie
die Leute außerhalb der Favela.“
Wir ziehen entlang der kurvigen
Estrada da Gávea, der einzigen geteerten,
zweispurigen Straße im ganzen Gebiet, das
so viele Einwohner hat wie Karlsruhe.
Tante-Emma-Läden reihen sich aneinander,
dazwischen quetschen sich kleine Heimwerker-Geschäfte. Doch auch Banken und
gestaltet und online bestellt hast, erhältst du zunächst die Footprintbox. In dieser Box hinterlässt du deine Fußabdrücke und schickst
die Box vorfrankiert wieder an uns zurück. Deine Fußabdrücke werden von unseren Experten gescannt, orthopädisch bewertet und
optimiert. Danach entsteht in Handarbeit jedesmal ein Unikat: Deine persönlichen, komfortablen und hochwertigen myVALE.
Lufthansa woman’s world 2/2014
myVALE Manufaktur | August-Vilmar-Str. 19 a | 34576 Homberg/Efze | Fon + 49 5681 9366490
www.my-vale.de
Worüber man spricht
Kunstszene
Ufo in Sicht
Auf der guten Welle
Der Besuch des MAC
(Museu de Arte Contemporânea; macniteroi.
com.br) in Rios Nachbarstadt Niterói lohnt
schon allein wegen des
Baus und der Aussicht
auf den Zuckerhut und
die Bucht. Das Gebäude
ist ein Meisterwerk der
brasilianischen Architektur-Legende Oscar
Niemeyer
Einer der großen Gewinner des Wirtschaftsbooms des vergangenen Jahrzehnts ist die Kunst. In der Szene herrscht
unverändert Aufbruchstimmung. In der Straßenkunst, bei engagierten Galerien oder ehrgeizigen Museumsmachern –
die Kreativen freuen sich über neue Orte und Freiheiten, mehr Käufer und wachsendes Interesse an ihrer Arbeit
Text Silke Bender
50
Fotos Tomàs Rangel
Lufthansa woman’s world 2/2014
51
Willkommen daheim!
Worüber man spricht
Kunstszene
Zeitloses Design trifft durchdachte Ergonomie: Die dauerelastischen Fasern der witterungsbeständigen,
ɦOLJUDQHQGarpa Pan Liege passen sich dem Körper an. Ideal zum Ausspannen und Träumen.
Paulo Herkenhoff,
Direktor des Museu de Arte
do Rio (MAR)
museudeartedorio.org.br
Auf der Terrasse
des MAR (Museu
de Arte do Rio)
im Hafenviertel
der Stadt
Kunst aus Brettern
Ungewöhnliche Ausstellungskonzepte zu Phänomenen der
Alltagskultur gehören im MAR
zum Programm. Die Schau
„Deslize <Surfe Skate>“ befasste
sich vor Kurzem mit der
Geschichte und Gegenwart der
Surf- und Skateszene in Brasilien.
Herkenhoffs Mission: Menschen
in sein Museum zu locken,
die noch nie in einem waren.
52
Lufthansa woman’s world 2/2014
Garpa Pan Liege
Art.-Nr.: 1745026
€ 1.350 oder 365.000 Meilen
Foto: PR
Treffpunkt
Im Frühjahr hat Ihr Museum
ersten Geburtstag gefeiert. Sind
Sie zufrieden mit dem abgelaufenen Jahr?
Und wie! 86 Prozent der Bevölkerung kennen uns bereits. Wir sind
wohl das einzige Museum in ganz
Rio, in das sogar Menschen aus
den Favelas kommen – und wo sie
auch ihre Kunst zeigen können.
Was ist die besondere Aufgabe
Ihres Hauses?
Wir verstehen uns als nahbares
Museum und Kulturvermittler für
Rio. Unsere Ausstellungen und
Aktivitäten thematisieren Alltagsphänomene wie Surf-, Skateoder Hip-Hop-Kultur und die
großen Probleme der Stadt: Armut,
Rassismus, Drogen, Gewalt gegen
Frauen. Ich glaube, dass Kunst
hier eine Sprache bieten und
Hoffnung bringen kann. Als der
Fußballprofi Lilian Thuram bei uns
über Rassismus sprach, war der
Saal proppenvoll.
Sie waren Kurator im MoMA New
York – was hat Sie dazu bewogen, in ein kleines und lokales
Museum zurückzukehren?
Mir geht es nicht um Macht in
meinem Job. Rio ist seit 1986
meine Traumstadt: Diese Mischung
aus Lebensfreude, intellektueller
Komplexität, radikaler Kunst,
Urbanität und Natur ist einzigartig,
von den Stränden ganz zu
schweigen. Ehrlich gesagt, drei
Jahre New York waren genug.
Wie thematisieren Sie die
Fußball-WM?
Wir nehmen das WM-Maskottchen
Fuleco zum Anlass, über Umwelt
und auch Sexualität nachzudenken. Sie werden sich wundern, wie
viel Gesprächsstoff in einem
Gürteltier stecken kann!
Auf www.worldshop.eu, in unserem Katalog oder in unseren Shops an den Flughäfen
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GLH3URGXNWHJHJHQ(XURHUZHUEHQRGHUHLQIDFKEHLGHVPLWHLQDQGHUNRPELQLHUHQ
Worüber man spricht
Kunstszene
Galerie für zeitgenössische Kunst:
„Galeria Silvia
Cintra +Box4“
in der Rua das
Acácias 104
Aus demselben Holz
Mutter Silvia und Tochter
Juliana Cintra vertreten einige
der wichtigsten brasilianischen Künstler, darunter
Henrique Oliveira, dessen
organische Skulpturen und
Rauminstallationen nicht nur
in ihrer Galerie, sondern in
den größten Museen weltweit
ausgestellt werden.
54
Silvia und Juliana Cintra,
Galeristinnen
silviacintra.com.br
Sie führen eine der bekanntesten
Galerien von Rio und sind auf
den wichtigen Kunstmessen wie
der Art Basel Miami Beach
vertreten. Waren die Zeiten
immer so rosig?
Silvia: Als ich 1992 anfing, gab es
vielleicht drei, vier andere Galerien
in der Nähe. Die Künstler lebten
zwar schon immer hier, weil die
Stadt für die meisten attraktiver ist,
aber die Galerien saßen in São
Paulo. Die Herausforderung war,
einen beständigen Markt in der
Stadt zu schaffen. Seit etwa zehn
Jahren trägt unsere Arbeit Früchte:
Die nationalen und internationalen
Verkäufe steigen ständig.
Wie erklären Sie sich das?
Juliana: Es gibt immer mehr junge
Sammler, die lieber in Kunst als in
Aktien investieren. Die Preise sind
hierzulande auch noch moderat.
Auf internationalem Niveau sind
die Käufer neugieriger geworden
auf andere Kontinente. Und es
kommen immer mehr kaufwillige
Touristen gerade nach Rio.
Was macht aktuelle Kunst aus
Brasilien aus? Gibt es ein
übergreifendes Leitmotiv?
Silvia: Ich würde den Begriff nicht
als Label verwenden, dafür sind
die heimischen Künstler viel
zu unterschiedlich. Sie denken und
arbeiten global wie andere
zeitgenössische Maler auch.
Sind Sie optimistisch, was die
Zukunft angeht?
Juliana: Die Stadt ist extrem teuer
geworden, das macht die Arbeitsbedingungen für junge Kunstschaffende schwieriger als noch vor
einigen Jahren. Das ist in New York
oder London nicht anders. Doch
Brasilianer waren schon immer
Lebenskünstler, sie werden auch
hierfür Lösungen finden.
Lufthansa woman’s world 2/2014
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D.O. Cava // Macabeo, Xarel.lo //
12,0% Vol., trocken // Sehr feinperlig, elegant und komplex in
Nase und Mund. Der Cava lag
48 Monate auf der Hefe und
kann spielend mit Champagner
mithalten!
Joana Cesar,
Street-Artist
56
Lufthansa woman’s world 2/2014
6 × SPANIEN FIRST CLASS
ZUM BUSINE SS-TARIF
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date
cancelled price (€)
ORBEN SELECCIÓN LIMITADA
2007 // D.O. Ca. Rioja // 97% Tempranillo, 3% Graciano // 14,0% Vol.,
trocken // Eine der schillerndsten
roten Perlen der ArteVino-Gruppe
und einer der begehrtesten modernen Riojas überhaupt. Stammt
von bis zu 70 Jahre alten Rebstöcken!
VAL SOTILLO GRAN RESERVA
2004 // D.O. Ribera del Duero //
100% Tinta del País (Tempranillo) //
14,0% Vol., trocken // Fein gereifter,
ganz großer Ribera-Rotwein
aus einer der seriösesten Bodegas
der gesamten Ribera del Duero.
Gesuchtes Jahrhundertjahr 2004!
IZADI »SELECCIÓN« RESERVA
2006 // D.O. Ca. Rioja // 90% Tempranillo, 10% Garnacha, Graciano
& Mazuelo // 14,0% Vol., trocken //
Ausdrucksvolle, 20 Monate in
Barriques gereifte Rioja Reserva von
allerbesten Lagen auf über 500
Metern Höhe – die Reben sind bis
zu 60 Jahre alt!
92/100
92/100
92/100
91/100
90/100
90/100
92/100
91/100
JANÉ VENTURA NEGRE »MAS
VILELLA« 2009 // D.O. Penedès //
90% Cabernet Sauvignon, 5%
Sumoll, 5% Tempranillo // 14,5%
Vol., trocken // Einer der besten
spanischen Cabernet Sauvignons!
Vielschichtiges Bouquet: floral,
dunkle Früchte und mineralische
Nuancen. Kompakte Tannine für
viele Jahre der Reife.
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FIRST
CLASS
BER
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*
8 9,-€
50%
GESPART
TOMÀS CUSINÉ BLANC
»AUZELLS« 2013 // D.O. Costers
del Segre // Macabeo, Sauvignon
Blanc, Riesling, Chardonnay,
Albariño // 12,5% Vol., trocken //
Eine sehr eigenständige, originelle Weißwein-Cuvée. Sie zeigt
wunderschöne Fruchtaromen,
viel Eleganz und betört mit
einem erfrischenden Finale.
FIR ST
CLASS
Die Wände Rios blühen auf,
auch weil der Bürgermeister
ein Dekret erlassen hat, das
Graffiti auf städtischem Grund
legalisiert – auf Säulen,
Wänden und Baustellen. Auch
namhafte Street-Art-Künstler
wie Izolag Armeidah in der
Rua do Riachuelo in Lapa
(Bild) haben sich da nicht
lange bitten lassen.
NICHT VERPASSEN!
Joana Cesar vor
einem ihrer Kunstwerke an der
Schnellstraße
gegenüber dem
Planetarium
Ihre Code-Malereien finden sich
überall in der Stadt. Was
schreiben Sie an die Wand?
Das ist ein Geheimnis. Es geht um
meine intimsten Gefühle – Liebe
und Sex. Bisher ist es nur dem
Mathematikprofessor Paulo
Orenstein gelungen, meine Schrift
zu dechiffrieren. Er ist jeden Tag
daran vorbeigefahren und rätselte
darüber, wie viele andere. Wir sind
nun gute Freunde, er weiß mehr
über mich als alle anderen, aber er
hütet unser Geheimnis. Man will
sogar einen Film über uns drehen,
im Stil vom „Da Vinci Code“,
natürlich mit Liebes-Happy-End.
Warum verfassen Sie Botschaften, die keiner lesen kann?
Ich bin ein verschlossener Mensch.
Früher habe ich mich nur meinem
Tagebuch anvertraut. Mein großer
Bruder klaute es und machte sich
darüber lustig. Mit zwölf entwickelte
ich daher meine Code-Schrift. Und
mit 20, als Kunststudentin, fing ich
an mit den Graffiti. Ich wollte meine
Mauern überwinden – und nutzte
dafür die Mauern der Stadt.
Wie haben Sie sich in der
Männerdomäne durchgebissen?
Anfangs wurde ich überpinselt. Ich
hatte unabsichtlich das Revierverhalten in der Szene verletzt: Wer
über bestehende Graffiti malt, hält
sich für überlegen. Heute bin ich
akzeptiert.
Seit drei Jahren verkaufen Sie
Ihre Malerei erfolgreich in einer
Galerie. Warum malen Sie noch
auf der Straße?
Auch auf meinen Leinwänden geht
es um Übermalungen, Schichten,
Verstecke. Die Idee ist, dass
Menschen etwas verletzen müssen,
wollen sie zur Wahrheit, zum
Inneren einer Sache vorstoßen.
Foto: Getty Images
Treffpunkt
Buntes Straßen-Bild
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Worüber man spricht
Kunstszene
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Wohin man geht
Gourmetküche
VORSPEISE
Geballte
Geschmacksbomben
Irajá Gastrô, Rua Conde de Irajá 109, Botafogo,
Tel. +55-21/22 46 13 95; irajagastro.com.br
M
it der Pinzette setzt Pedro de Artagão die
kleinen pinkfarbenen Blümchen auf die
Tapioka-Käse-Kugeln. Dann tritt er einen
Schritt zurück und schiebt den Teller etwas von sich.
„Bei diesem Gericht muss ich mich zusammenreißen,
um nicht selbst in Versuchung zu geraten“, sagt der
Chef verschmitzt. Auf seinen linken Arm ist in großer
schnörkeliger Schrift „Comer & Beber“ tätowiert, Essen
& Trinken. „Wir Brasilianer lieben das Essen, gute
Gesellschaft und einen erfrischenden Drink. Komplizierte Gerichte brauchen wir nicht, intensiven Geschmack schon.“
Das ist auch das Credo von Irajá Gastrô, dem
gemütlich verwinkelten Restaurant, das de Artagão
2011 im Stadtteil Botafogo eröffnet hat. Von allen Seiten
– von der Lounge, vom Flur mit den Barstühlen und
vom romantischen Garten aus – kann man in die Küche
sehen. Durch den Raum aus unverputzten Backsteinen
schwebt ein Geruchsgemisch aus Bratensoße,
Basilikum und Koriander. De Artagãos Gourmet-Gerichte basieren auf brasilianischen bodenständigen
Klassikern, die er mit einem modernen Twist versieht.
Seit über 17 Jahren zaubert der sympathische 37-Jährige mit dem strahlenden Lächeln und der dunklen
Lockenmähne immer wieder Neues aus Traditionellem.
Bekannt wurde de Artagão als Chefkoch im
schicken Laguiole, dem Restaurant im Museu de Arte
Moderna. Das Irajá Gastrô ist viel lässiger. Der Chef
trägt Sneakers und Jeans, die Gäste auch mal
Havaianas. Und auf dem Teller thront ein Abbild der
lebensfrohen Strandkultur, kugelrund und köstlich.
„Cariocas packen alles in bolinhos, golfballgroße
Kugeln, die sind einfach zu essen und so konzentriert,
dass man schon nach zweien pappsatt ist“, erklärt der
Meister. Stets dabei als Bindemittel ist Tapiokamehl,
eine Stärke aus der getrockneten Maniokwurzel. Sogar
vor der Feijoada, dem Nationalgericht aus schwarzen
Bohnen, Rindfleisch, Reis und Kohl, schreckt der
Kugelwahn nicht zurück. „Da das Zusammenspiel von
süß und salzig, soft und kross beliebt ist, kommen die
Tapioka-Käse-Bällchen am besten an – auch beim
Koch selbst“, sagt er und setzt behutsam ein Blümchen
auf die nächste Vorspeise.
Acht Hände
für ein Menü
Rios Küche ist wie ihre Bewohner: unkompliziert, vielseitig,
spritzig und bodenständig. Wir haben vier professionelle
Feinschmecker um ihre Lieblingsrezepte gebeten
Text Manuela Imre
58
Fotos Tomas Rangel
Lufthansa woman’s world 2/2014
TAPIOKA-KÄSE-KUGELN
MIT CHILI-FRUCHTSALAT
Zutaten für 30 Kugeln
400 ml Vollmilch
400 ml Sahne
500 g Gruyère
500 g Grana Padano
600 g Tapiokamehl (100 g davon
zum Wälzen)
600 ml Frittieröl
Schwarzer Pfeffer und Salz
Frische Chilischote
Lila oder rote Schalotte
Jeweils eine Handvoll:
– frische Korianderblätter
– Schnittlauch und glatte Petersilie
50 ml Weißweinessig
100 ml natives Olivenöl extra
2 Limetten und Ingwer
3 Mangos
je nach Saison: bunter Salat und ein
Mix aus frischen Früchten
ZUBEREITUNG
Milch und Sahne mischen und auf
85 Grad erwärmen. Den Käse darin
schmelzen und das Tapiokamehl
sowie Salz hinzufügen. Unter Rühren
vorsichtig kochen, bis sich die Masse
vom Boden löst. Auf einer Unterlage
ausbreiten und abkühlen lassen. Die
Masse zu golfballgroßen Kugeln
formen und in Tapiokamehl wälzen.
Kurz in den Kühlschrank stellen, dann
bei 190 Grad frittieren. Für die
Vinaigrette Essig, Öl, Limettensaft und
-schale, Chili, Schalotten und Kräuter
mischen, den Salat damit anmachen.
Die Früchte in dünne Streifen
schneiden, mit Ingwer, Pfeffer und
Salz abschmecken und zum Salat
geben. Für die Sauce die Mangos
pürieren und mit der Vinaigrette
vermengen, mit einem Löffel auf dem
Teller verteilen. Die Kugeln mit dem
Fruchtsalat anrichten.
Pedro de Artagão
Geschmacks-Virtuose
59
Wohin man geht
Gourmetküche
DESSERT
HAUPTGERICHT
Knusprige
Fischschuppen
Süße Kissen
Aconchego Carioca
Rua Barão de Iguatemi 379,
Praça da Bandeira,
Tel. +55-21/22 73 10 35
Olympe, Rua Custódio Serrão 62, Lagoa,
Tel. +55-21/25 39 45 42; claudetroisgros.com.br
M
Thomas Troisgros
Koch-Rebell
NÖRDLICHER
SCHNAPPER MIT TUCUPI
Zutaten für zwei Personen
50 g Lachsrogen
85 g Weizenmehl
500 ml Frittieröl
300 ml Tucupibrühe
60 g Maniokmehl, grob
Salz und Pfeffer
2 Filets vom Nördlichen Schnapper,
mit Schuppen
300 ml natives Olivenöl, zusätzlich
eine kleine Menge für das Topping
12 Korianderblätter
ZUBEREITUNG
Fischrogen in Weizenmehl wälzen, in
einem Metallsieb bei 180 Grad
frittieren, bis die Kügelchen goldbraun
sind. Die Tucupibrühe etwas
einkochen lassen. Unter Rühren das
Maniokmehl einstreuen, bis die
60
gewünschte Konsistenz erreicht ist.
Mit Salz und Pfeffer würzen. Die
Schuppen der Fischfilets anheben,
aber nicht abnehmen. Olivenöl auf
180 Grad erwärmen. Das Filet über
einer Pfanne auf ein Metallsieb legen.
Mit einem Schöpflöffel heißes Öl über
den Fisch gießen. Zwei Löffel der
Tucupisauce auf dem Teller anrichten,
mit Olivenöl beträufeln. Den Fisch
darauf setzen und mit einem Löffel
Fischrogen und Koriander dekorieren.
anchmal möchte Thomas Troisgros seine Gäste
am liebsten zwingen, etwas Neues auszuprobieren. „Brasilianer sind nicht experimentierfreudig“,
seufzt der Teilhaber des edlen Restaurants Olympe, „es
dauert, bis man ihnen Unbekanntes schmackhaft
gemacht hat.“ Der 32-Jährige muss sich mit seinen Ideen
nicht nur bei den Stammkunden durchsetzen, sondern
auch bei seinem Vater, dem gebürtigen Franzosen Claude
Troisgros. Der hatte das Gourmet-Restaurant vor über 30
Jahren im Stadtteil Lagoa nahe des Botanischen Gartens
eröffnet, kurz nach der Geburt seines Sprösslings.
Heute ist das Vater-Sohn-Team berühmt für die
Verbindung feiner brasilianischer Cuisine mit französischen Techniken – und immer mehr für die Innovationen
des Jungstars. „Mittlerweile haben wir eine Karte mit
traditionellen und eine mit kreativen Gerichten“, sagt der
jüngere Troisgros. Er vertritt die vierte Generation von
Feinschmeckern, sein Urgroßvater begann als Sommelier
in Frankreich. Auf den Geschmack kam er selber
allerdings erst relativ spät, mit 18 Jahren. „Bis dahin wollte
ich Fußballer werden, wie so ziemlich jeder Junge in
diesem Land.“ Dann ging es schnell: Ausbildung am
Culinary Institute of America in New York, Praktikum bei
Starkoch Daniel Boulud, Weiterbildung in Spanien.
Seine Schöpfungen landen nach und nach auf den
Tellern im Olympe. Denn auch wenn Thomas Troisgros
von eher ungeduldiger Natur ist, weiß er sehr gut, dass
sich die Cariocas nicht gern zu ihrem Geschmacksglück
zwingen lassen. Doch immerhin, räumt er ein, allmählich
kämen Veränderungen in Gang, die Gäste seien neugieriger. „Brasilien ist eine Fleischnation, das Interesse an
Fisch wächst langsam, aber stetig.“
Die Variante des Schnappers basiert auf einem
Rezept seines Vaters, der Sohn liebt „die knusprige
Konsistenz der Schuppen, die sich durch das heiße Öl
aufrichten, und den Hauch Säure der Tucupi.“ Maniok,
hier ein Extrakt der Pflanze, ist eine der ältesten Zutaten
der brasilianischen Küche, erklärt Troisgros. So fand auch
der scharlachrote Fisch mit der krossen Schuppenkruste
seinen Weg in das „kreative“ Menü. „Er kommt so gut an,
dass wir ihn wohl nicht mehr von der Karte nehmen“, freut
sich Troisgros. Geht doch.
Lufthansa woman’s world 2/2014
S
obald die Tür des Aconchego Carioca aufgeht, fegt
Kátia Barbosa wie ein Wirbelwind durch die engen
Tischreihen, um Stammgäste mit einer festen
Umarmung zu begrüßen. Da Brasilianer enorm herzlich
sind und stets lieber einmal mehr drücken und küssen,
finden am Eingang des rosa Hauses im Kolonialstil
während des Abends immer wieder kleine Tänzchen mit
der Chefin statt. Das gemütliche Restaurant westlich vom
Zentrum lebt von der Energie seiner Besitzerin – und von
den deftigen und süßen brasilianischen Gerichten, die hier
im Minutentakt an die vollen Tische wandern.
„Ich liebe große Runden und laute Gäste, und es gibt
immer einen Grund zum Feiern“, sagt Barbosa, während
sie mit einer Hand das Geburtstagsständchen am Nebentisch dirigiert. Ein goldgelber Kuchen wird feierlich
überreicht, ein Bolo Souza Leão aus Eiern, Kokosnussmilch
und Maniok. „Wir mögen es süß“, sagt die Gastgeberin
lachend, „Dulce de Leche, eine Creme aus Milch, Zucker
und Vanille, auch Karamell, Eis oder Früchte – ein Nachtisch gehört dazu, dafür gibt es ja bekanntlich einen
gesonderten Magen.“ Sie weiß selbst, dass die Portionen
im Aconchego Carioca so üppig sind, dass man sich nach
deren Genuss am liebsten sofort in eine der Hängematten
legen würde, die hier von der Decke baumeln. „Aber ein
Almofadinha Doce geht immer“, entscheidet die Chefin.
Tatsächlich, das „süße Kissen“ aus Tapiokamehl und
Halloumi-Käse ist erstaunlich leicht, der weiche Kern aus
Dulce de Leche zergeht auf der Zunge. Die beliebteste
Nachspeise ist auch Barbosas Lieblingssünde. „Es erinnert
mich an meine Kindheit, meine Großeltern, den Strand.“
Obwohl sie in Rio geboren und aufgewachsen ist,
besitzt sie eine enge Bindung an den Nordosten, von dort
stammen ihre Eltern. „In Paraíba ist es noch schwüler, tropischer und bunter. Viele meiner Kokosnuss-Desserts
kommen von dort.“ Sie begann früh mit dem Kochen und
Backen – dass es zur Karriere führen würde, war nicht
geplant. Eine ihrer beiden Töchter, Bianca, ist heute
Sous-Chef des Aconchego. „Das Team ist wie eine zweite
Familie, mit vielen Gästen bin ich befreundet.“ Noch zu
später Stunde hallt Kátias Name durch den Raum – und
zum Abschiedsritual aus Küsschen und Umarmungen trifft
man sich dann wieder an der Tür.
ALMOFADINHA DOCE
ZUBEREITUNG
Zutaten für zwei Personen
500 g Halloumi-Käse
1 l Milch
500 g Tapiokamehl
400 ml Dulce de Leche (süße
Milch)
100 g Speisestärke
500 ml Frittieröl
1 EL Zucker und 1 EL Zimt
2 Kugeln Vanilleeis
Käse reiben und die Milch zum
Kochen bringen. In einer Schüssel
Käse und Tapiokamehl vermischen.
Die gekochte Milch langsam
dazugeben, kräftig rühren. Den Teig
mit einem Nudelholz ausrollen.
Quadrate ausschneiden und mit der
Dulce de Leche füllen, zu kleinen
Paketen formen und dann in
Speisestärke wenden. Bei 150 Grad
in Öl frittieren. Mit Zucker und Zimt
bestreuen, mit Vanilleeis servieren.
Kátia Barbosa
Kult-Gastgeberin
61
Wohin man geht
Gourmetküche
Leben von Luft und
Lieblingsrezepten.
COCKTAIL
Geschüttelte Passion
Paris Bar, Praia do Flamengo 340, Flamengo,
Tel. +55-21/25 51 12 78; gastro.julietadeserpa.com.br
W
Alex Mesquita
Star-Mixologe
PASSIONSFRUCHT-CACHAÇACOCKTAIL
Zutaten für ein Glas
4 halbe Scheiben Limette
2 Löffel Passionsfrucht
10 ml Zuckersirup
50 ml Cachaça
5 Eiswürfel
ZUBEREITUNG
Limetten, Passionsfrucht und Sirup in
einen Shaker geben. Leicht mit einem
Mörser andrücken. Den Cachaça und
die Eiswürfel dazugeben und kräftig
schütteln. Den Drink in einem
Cocktailglas servieren.
62
ährend die Eiswürfel nacheinander in den
silbernen Shaker fallen, wird die Miene von Alex
Mesquita professionell ernst. Zwei gebräunte
Damen in kurzen Sommerkleidchen rücken die ZebraDesign-Stühle näher in Richtung Marmorbar und bewundern die kleine Schüttel-Show. Der sonnengelbe, süßsaure Drink, den der Barchef keine Minute später in die
Gläser gießt, ruft vielfache „obrigados“ hervor. Mesquita
nickt bescheiden und greift zum nächsten Shaker. Rios
bekanntester Barmann wird regelrecht verlegen, wenn man
seine Cocktails lobt. Locker ist der dunkelhaarige Hüne
dagegen, wenn er über seine speziellen Mischungen
philosophieren kann. Cachaça, die hochprozentige
brasilianische Spirituose aus Zuckerrohr, ist wichtigster
Bestandteil vieler Rezepte. „Am liebsten mische ich den
Schnaps mit Passionsfrucht, Granatapfel oder Minze.
Limetten sind eigentlich immer dabei.“ Für den 34-Jährigen
ist die Mixkunst zur Wissenschaft geworden – und seine
Fangemeinde wächst täglich wie nächtlich.
„Dabei steckt Rio noch in den Cocktail-Kinderschuhen", urteilt Mesquita. Ja, gewiss, jeder kennt und trinkt
Caipirinha, aber sonst? „Oft werden zuckersüße Säfte mit
starkem Alkohol zusammengepanscht oder Gin mit Tonic
vermischt. Aber Rio ist zu heiß für klebrige Drinks, und die
meisten greifen letztendlich doch wieder zum erfrischenden Bier“, erläutert der Profi. Das gibt es in der eklektisch
eingerichteten Paris Bar erst gar nicht. Trotzdem ist der
schlossartige Prachtbau im Stadtteil Flamengo jeden
Abend rappelvoll, die Nachtschwärmer sind scheinbar auf
den Geschmack gekommen.
Mesquita greift gerne auch mal zum Bunsenbrenner,
lässt Säfte durch Siphon-Behälter wandern oder wirft die
Mixbehälter so hoch, dass sich die erste Reihe vor der Bar
sicherheitshalber duckt. Die Tricks sind bestens einstudiert.
Vor zehn Jahren schmiss der frühere Fußballspieler sein
Medizinstudium und paukte vier Jahre lang an der University of Cocktails in Buenos Aires für seine Zukunft als
Mixologe. Bei aller Lust am Entertainment weiß er doch:
„Erst Kleinigkeiten machen einen Cocktail speziell. Ein
häufiger Fehler ist es, beim Caipirinha zu kräftig auf die
Limettenscheiben zu stoßen – so wird der Drink bitter.
Lieber nur kurz andrücken und länger schütteln, damit sich
das Aroma vermischt.“ Saúde!
Lufthansa woman’s world 2/2014
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DI E N EU E
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!5T3IM'H!
ANDEL!
J ETZ
In Deutschlands
Küchen zuhause.
Worüber man spricht
Samba
Tanze
Samba
Vor ein paar Jahren lag der berühmteste Tanz
Rios noch im Dornröschenschlaf. Nun ist er
wachgeküsst und die Sambagemeinde
lebendiger denn je – Belege dafür liefert ein
Forschungsausflug quer durch die Tanzlokale
Text Christina Wollowski
L
Illustrationen
Ekaterina
Koroleva
Illustrationen
Ekaterina
Koroleva
ass den Samba nicht sterben, lass den
Samba nicht aufhören. Der Hügel ist aus
Samba gemacht ...“ Der alte Song treibt
sie alle auf die Tanzfläche. Ein Touristenpärchen wirbelt wild und unbekümmert, öfter mal
auch neben dem Takt. Eine Frauen-Wandergruppe schwingt die Hüften in so rasantem
Tempo, dass die Outdoor-Hosen ins Flattern
geraten, ein Paar mittleren Alters zelebriert
komplizierte Drehungen und Ausfallschritte wie
beim Turnier. Es ist Dienstagabend im Rio
Scenarium, einem der beliebtesten Sambalokale im Zentrum der Stadt. An den Wänden
und unter der Decke der weitläufigen Hallen
hängen Sammlungen antiker Regenschirme,
Akkordeons, Fahrräder, Wanduhren, sogar ein
Ford Oldsmobile ist in einer Ecke geparkt.
Früher war das Scenarium ein Fundus für
Filmausstatter, inzwischen spielt jeden Abend
Livemusik, jeden Abend ist es rappelvoll.
Sambatanzen hat ein furioses Revival
erlebt. So genau weiß keiner, wann und warum
der Ur-Rhythmus der Stadt wieder in Mode
gekommen ist. War es, als die Künstler und
Musiker den vergessenen Stadtteil im Zentrum,
in dem jahrzehntelang nur Antiquitätenhändler
von den günstigen Ladenmieten profitiert
hatten, neu entdeckten? Oder war es, als die
Telenovela „Caminho das Índias“ lief, in der die
Hauptdarsteller ständig in einem traditionellen
64
Lufthansa woman’s world 2/2014
mit mir!
Sambalokal, einer Gafieira, die Hüften kreisen
ließen? Tatsache ist: Der Tanz ist nicht
gestorben. Er hat seinen Dornröschenschlaf
beendet, nun ist er allgegenwärtig.
„Die fließenden Bewegungen sind typisch
für Brasilianer“, sagt Carlinhos de Jesus,
Tänzer, Choreograf sowie Besitzer einer
Tanzschule und des Sambalokals Lapa 40°,
„da können zwischendurch andere musikalische Moden aufkommen, aber vergessen wird
der Samba hier nie sein.” Sein Ziel war es, den
Tanzsaal der Gafieira in einer modernen Form
auferstehen zu lassen. Eine der bahnbrechenden Neuerungen: „Es gibt keine Tische, die
Gäste sollen nicht zuschauen, sie sollen sich
bewegen!“ Der Grundschritt, basierend auf
einem akzentuierten Zwei-rechts-zwei-links, ist
laut Carlinhos schnell gelernt, und mit ihm lässt
sich durchaus ein Abend auf der Tanzfläche
bestreiten. Danach erst kommt die Kür:
ungezählte Schrittfolgen und Figuren, von
denen jede ihren eigenen Namen hat. Mit ihnen
wird der „Samba de Gafieira“ zur Choreografie
einer luftigen Liebesgeschichte, und der Tänzer
schlüpft für ein paar Minuten in die Rolle des
Malandro. Dieser Typus aus dem Rio der
1920er Jahre trägt zum weißen Anzug ein
Ringelhemd und Strohhut, wirbelt frech durchs
Leben, flunkert gern, ein Filou, trotz der
angeborenen Arbeitsscheu unwiderstehlich.
65
Worüber man spricht
Samba
Im Lapa 40° umschwirren die heutigen
Malandros, in schwarze T-Shirts gekleidet, ihre
Damen mit atemberaubender Leichtigkeit. „Gut ist,
wer seine Partnerin zum Schwitzen bringt – egal
welche Vorkenntnisse sie hat“, sagt Plínio. Er und
fünf weitere Profis sorgen dafür, dass die weiblichen Gäste den Ort mit seligem Lächeln verlassen.
Maria José kommt jede Woche, ein Tisch ist
stets für sie reserviert, sie lässt kaum einen Tanz
aus. Ihre schlanke Gestalt im blauen Kleid wirkt
elegant und gelöst zugleich – nur wer ihr auf
Schrittlänge nahekommt, sieht die tiefen Furchen
im strahlenden Gesicht. „Ich habe mit über 70
angefangen zu tanzen, weil ich nach dem Tod
meines Mannes depressiv geworden war“, erzählt
Maria José, „der Samba hält mich fit und schlechte
Gedanken fern!“ Die 82-Jährige gehört zu den
beliebtesten Kundinnen für die Profitänzer, weil sie
gut tanzt – und weil bei ihr nicht zu befürchten ist,
dass sie die professionelle Liebenswürdigkeit falsch
versteht. „Die Jungs bekommen oft eindeutige
Angebote, sie müssen die Grenzen wahren, sonst
wird es kompliziert“, sagt Plínio.
Eine der ältesten Gafieiras liegt nur einen
kurzen Spaziergang vom Lapa 40° entfernt. An der
Tür wartet Isidro und begrüßt jeden Gast persönlich. Der Chef der Estudantina sitzt hier seit 36
Jahren jedes Wochenende. Darüber sind ihm die
Haare spärlich geworden, aber am Samba hat sich
der Spanier nicht sattgehört. Der Saal ist Ziel von
Touristen aus ganz Brasilien und dem Ausland, er
war vielfach in Telenovelas und Kinofilmen zu
sehen und hat sich in Jahrzehnten kaum verändert.
In diesen Räumen gelten noch die alten Regeln.
Alle Paare tanzen gegen den Uhrzeigersinn im
Kreis, aufs Parkett darf kein Getränk mitgenommen
werden, Shorts oder zu tiefe Dekolletees sind
untersagt. Manche Damen zeigen sich in Goldsandaletten und Paillettenkleidern, die Herren tragen
mindestens ein gebügeltes Hemd zur Jeans.
Auch in der Estudantina fordern Profitänzer die
Damen auf. Im Schnitt sind sie etwa doppelt so alt
wie die Malandros im Lapa 40°. Einer der Jüngeren
ist der 52-jährige Serginho: „Ich kann mir keinen
besseren Job vorstellen – für uns Cariocas ist der
Samba einfach das Größte!“ Der Dienstälteste
heißt Pelé und trägt Weiß vom krausen Scheitel bis
zur Sohle. Reden will er nicht viel. Den Zauber des
Samba könne man nicht beschreiben, meint er,
den müsse man erleben – und zur Vollendung
werde dieses Erlebnis erst mit der richtigen
Partnerin. Er schreitet durch den Saal Richtung
Treppe. Die ersteigt gerade eine ätherische Gestalt
mit hüftlangen Haaren und endlosen Beinen, die
ein schwarzes Röckchen umspielt. „Das ist meine
Partnerin“, haucht Pelé andächtig. Dann legt er
beschützend den Arm um seine Dame und führt
sie zielstrebig aufs Parkett.
Die Top-Locations
Hier können Sie die
Hüften kreisen lassen
Lapa 40°
Rua Riachuelo 97
Tel. +55-21/39 70 13 38
lapa40graus.com.br
Jüngeres Publikum, im
Erdgeschoss wechselnde
Konzerte, im ersten Stock
Billardtische, in der dritten
Etage jeden Samstag
Sambaschule von
20 bis 24 Uhr.
Estudantina
Praça Tiradentes 79
Tel. +55-21/22 32 11 49
estudantinamusical.com.br
Publikum mittleren Alters,
darunter viele Profis,
sonntags „Ball der
goldenen Jahre“ (20 bis 4
Uhr; Livemusik ab 22 Uhr).
Carioca da
Gema
Avenida Mem de Sá 79
Tel. +55-21/22 21 00 43
barcariocadagema.com.br
Vor allem einheimisches
Publikum, das die Bands
und Sängerinnen des
Hauses kennt und feiert.
Sieben Nächte pro Woche
Live-Samba (ab 21.30
Uhr); das Lokal schließt
erst, wenn der letzte Gast
tanzmüde geworden ist.
Rio
Scenarium
Rua do Lavradio 20
Tel. +55-21/31 47 90 00
rioscenarium.com.br
Gemischtes brasilianisches
und internationales
Publikum. Dienstags bis
samstags Live-Samba ab
19.30 Uhr – im Lauf des
Abends treten drei Bands
auf. Es wird regelmäßig der
populäre nordostbrasilianische Tanzrhythmus
forró gespielt.
66
Lufthansa woman’s world 2/2014
Kinder: aus dem Haus.
Katze: bei den Nachbarn.
Wir: am Ziel der Träume.
Mit Lufthansa
zu über 400
Zielen weltweit
Wohin man geht
Hotels
Von dieser Warte aus hat
man die Metropole gut im
Blick: Zuckerhut, seidige
Strände – und die Favelas
L A SUITE RIO
501 Rua Jackson Figueiredo, Joatinga,
Tel. +55-21/24 84 19 62; lasuiterio.com
Das direkt in eine Klippe gebaute Luxushotel
weckt den dringenden Wunsch, für immer
gestrandet zu sein. Von den sieben Balkonzimmern (ab ca. 290 Euro/Nacht) blickt der
Gast über glitzerndes Blau und sattes Grün,
vermisst den Fernseher keine Sekunde, lauscht
stattdessen den Sangesdialogen tropischer
Vögel. Zwei Pools helfen, Revierstreitigkeiten zu
vermeiden; wer’s lieber salzig, sandig und
sportlich mag, gesellt sich zu den Surfern.
Kleine Schätze
Den Ozean zu
Füßen, umschmeichelt von saftigem
Grün, thront das
La Suite
majestätisch
inmitten der
Elemente
Die Einrichtung der Maison orientiert sich an großen
Momenten der Geschichte – ein Schmuckstück
ist auch der Swimmingpool
In der Suite stehen liebevoll ausgesuchte Antiquitäten, an der Hausbar feiern ein paar
gleichgesinnte Kosmopoliten das Leben, die Gastgeber verraten eifrig Insider-Tipps:
Wer in Rios trendigen Privat-Pousadas mit maximal zehn Zimmern eincheckt, erlebt
Intimität und Luxus zugleich – wir zeigen die fünf feinsten Exemplare
CASA MOSQUITO
Rua Saint Roman 222, Ipanema,
Tel. +55-21/35 86 50 42; casamosquito.com
Auf einer Anhöhe über den Strand-Hotspots
Ipanema und Copacabana gelegen, schwebt
die charmante Casa Mosquito über den
(massentouristischen) Dingen. Das nach einer
Stechmücke benannte Kolonialstil-Haus aus
den 1940er Jahren atmet Geschichte, stilvoll
wiederbelebt von den Franzosen Benjamin
Cano und Louis Planès, die ihre zehn detailverliebten Zimmer (ab ca. 295 Euro/Nacht)
augenzwinkernd nach lokalen Berühmtheiten
wie der Dragqueen Madame Satã oder dem
Bossa-nova-Star Tom Jobim benannten.
68
Lufthansa woman’s world 2/2014
Fotos: Matthieu Salvaing (2); Stevens Fremont; PR (4)
Text Heidi Rietsch
L A MAI SON À RIO
Rua Sérgio Porto 58, Gávea,
Tel. +55-21/32 05 35 85; lamaisonario.com
Wer in eines der fünf von François-Xavier
Dussol historisch eingerichteten Gästezimmer
(ab ca. 150 Euro/Nacht) eincheckt, erlebt Rio
von seiner privaten Seite. Weil die Gastgeber
praktisch jedes In-Lokal, jeden versteckten
Strand und Vintage-Shop kennen – und die
Maison obendrein in einem privaten Villenviertel liegt. Ein Plus für Aktive: Nicht allzu fern
findet sich der Tijuca-Nationalpark, das größte
städtische Naturschutzgebiet weltweit. Und
wer müde vom Wandern ist, entspannt einfach
am hauseigenen Pool.
69
Wohin man geht
Hotels
Mit dem Fernrohr
unternimmt der
Gast einen
visuellen
Stadtrundgang,
bequem von der
weitläufigen
Terrasse aus
Mehr Tipps, als Sie auf dem Flug
dorthin lesen können: Mallorca.
MARIA SANTA TERESA
Rua Aprazivel 163, Santa Teresa,
Tel. +55-21/32 59 71 69; mariasantateresa.com
Die internationale Boheme verlegt ihre
nächtlichen Ausschweifungen seit Kurzem in
die Hügel von Rio, genauer: in das im Januar
eröffnete Pop-up-Hotel Maria Santa Teresa.
Vor seinem Ausbau, der 2015 erfolgt, läuft das
vom Innendesign-Talent Anja Müller gestaltete
Guest House Ltd. noch im freigeistigen
Beta-Status mit lediglich sechs geräumigen
Suiten (ab ca. 205 Euro/Nacht), regelmäßigen
Poolpartys und einem eigenen Helikopter – für
den standesgemäßen Abstecher zur VIP-AfterHour an die Copacabana.
MAMA RUI SA
Rua Santa Cristina 132, Santa Teresa,
Tel. +55-21/22 42 12 81; mamaruisa.com
Aus der ganzen Welt hat der Boutique-Hotel-Besitzer Jean Michel Ruis
das Interieur für sein Mama Ruisa zusammengetragen
Fotos: PR
Knarrende Holztreppen, schmiedeeiserne
Veranden mit Blick auf Guanabara-Bucht und
Zuckerhut sowie ein glitzernder Pool unter
Palmen – die Kolonialstil-Villa vereint geschichtsträchtige Substanz und zeitgenössische Annehmlichkeiten. Alle sieben Zimmer
(ab 208 Euro/Nacht) verfügen über hohe
Wände und imposante Flügeltüren. Von außen
wirkt das B&B ohnehin eher wie ein privates
Zuhause denn ein Hotel: authentisch, individuell, persönlich – passend zur Nachbarschaft,
dem Künstlerviertel Santa Teresa.
70
Lufthansa woman’s world 2/2014
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Wohin man geht
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Die Karte zum Mitnehmen: Tipps und Adressen auf einen Blick
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VELHO
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Rua Itapiru
1 MARISA-MONTE-
TIPP
Fortaleza de São João
Avenida João Luís
Alves, Urca
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2 MARISA-MONTE-
14
LARANJEIRAS
Ansehen
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TIPP
Museu de Arte
Moderna do Rio de
Janeiro
Av. Infante Dom
Henrique 85, Parque do
Flamengo
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7(5(6$
11
3 MARISA-MONTE-
TIPP
Parque Lage
Rua Jardim Botânico
414, Jardim Botânico
+80$,7d
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12
Irajá Gastrô
Rua Conde de Irajá 109,
Botafogo
12
Olympe
Rua Curtódio Serrão 62,
Lagoa
10 Aconchego Carioca,
Rua Barão de Iguatemi
379, Praça da Bandeira
5 Museu de Arte do Rio
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Praça Mauá 5, Centro
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+Box4
Rua das Acácias 104,
Gávea
Bo
COPACABANA
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Ja
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TIPP
Bar Barco
Rua Cândido Gaffrée
205, Urca
MARISA-MONTETIPP
La Bicyclette
Rua Pacheco Leão 320
Jardim Botânico
13 MARISA-MONTETIPP
Clube dos
Democráticos
Rua do Riachuelo
91/93, Centro
19 CASA MOSQUITO
Rua Saint Roman 222,
Copacabana
20 LA SUITE RIO
Rua Jackson Figueiredo
501, Joatinga
21 LA MAISON À RIO
Rua Sérgio Porto 58,
Gávea
22 MARIA SANTA
TERESA
Rua Aprazivel 163,
Santa Teresa
23 MAMA RUISA
Rua Santa Cristina 132,
Santa Teresa
14 Paris Bar
Praia do Flamengo 340,
Flamengo
15 Lapa 40°
Rua Riachuelo 97,
Centro
16 Estudantina
Praça Tiradentes 79,
Centro
17 Carioca da Gema
Avenida Mem de Sá 79,
Centro
18 Rio Scenarium
Rua do Lavradio 20,
Centro
21
20
LEBLON
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19
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Lufthansa woman’s world 2/2014
Illustration: Rike Sattler
Av.
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11 MARISA-MONTE-
6 Galeria Silvia Cintra
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MARISA-MONTETIPP
Aprazível
Rua Aprazível 62,
Santa Teresa
Contemporânea de
Niterói (MAC)
Mirante da Boa Viagem,
s/nº, Boa Viagem,
Niterói
uro
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%27ÂNICO
7
4 Museu de Arte
URCA
La
Av.
&+5,678667$78(
Essen
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Lufthansa fliegt täglich von Frankfurt nonstop nach
Rio de Janeiro (GIG); die Airline ist die einzige,
die einen Nonstop-Flug aus Deutschland anbietet.
Fühlen Sie den Sound der Copacabana!
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LH.com/beatofbrazil
73
Worüber man spricht
People
Mein
erstes
Mal …
In Hamburg ist sie aufgewachsen, in
New York hat sie als Modedesignerin
reüssiert, nun lebt Suzanne Jennerich
seit sechs Jahren im „Fluss des
Januars“. Werktags entwirft die
43-Jährige Bademode, sonntags legt
sie sich gern in fremde Hängematten
Protokoll Solveig Flörke
74
Ipanema, vorbei an Arpoador und der
Copacabana, bis nach Leme Fahrrad oder
auf Inline-Skates gefahren – das alles ohne
Altersbegrenzung. Früh aufstehen und
einen Lauf entlang des Wassers machen ist
auch für mich das Schönste. Ich nenne den
Strand auch gerne „mein Büro“, denn
eigentlich ist er das auch, dort entstehen
meine Ideen, dort bin ich kreativ.
Der Sonntag ist Familientag. Man trifft
sich, die Mama hat sich beim Kochen mal
wieder selbst übertroffen, es gibt zu viel und
es schmeckt köstlich. Typisch sind
churrascos (Fleischgerichte), dazu ein
kühles chopinho (kleines Bier). Oder es gibt
feijoada (Nationalspeise mit schwarzen
Bohnen und Fleisch). Zwischendurch ein
Nickerchen: Oma auf dem Sofa, alle
anderen auf die Zimmer verteilt, auf der
Terrasse, in der Hängematte, egal ob man
zur Familie gehört oder nicht. Es ist
unkompliziert und herzlich. An so einem
Sonntag fühlt sich das Wochenende irgendwie länger an und der Montag besser.
Wenn mir der Trubel der Stadt zu viel
wird, radle ich zum Botanischen Garten.
Dort kann ich dem Chaos entfliehen und
unter Bäumen meine Entwürfe zeichnen.
Ein Traum wäre es, einmal Kostüme für eine
Sambaschule zu entwerfen. Zuzuschauen,
wenn die Resultate bei der weltbekannten
Parade im Sambódromo getragen werden.
Was man außer dem Karneval noch
S UZ A N N E J E N N E RIC H
Die Designerin ist in Hamburg
aufgewachsen und hat Kommunikations- und Grafikdesign studiert, bevor
sie nach New York auswanderte, um
unter anderem für Old Navy Mode zu
entwerfen. 2006 machte sie sich mit
ihrem Bademoden- und Fitnesslabel
Moóca in Rio de Janeiro selbstständig,
sie arbeitet weiterhin als Designerin für
namhafte Firmen und Magazine. Seit
2008 lebt die 43-Jährige ganz in
Brasilien. 2013 stellte Suzanne
Jennerich ihre Strand- und SportswearKollektion im Rahmen einer Modenschau in Rios historischem Stadtteil
Santa Teresa vor, darunter auch Teile,
die sie extra für die Fußball-Weltmeisterschaft designt hat.
gemacht haben muss, das ist, sich ein
Fußballspiel in einer Bar anzusehen. Der
ganze Laden springt bei jedem Torschuss
auf, Stühle fliegen um, es wird mit den
Händen in der Luft gewedelt, diskutiert,
reklamiert … was für eine Aufregung! Bei
Toren werden auch mal Raketen abgeschossen, oder die Fans reißen ein Fenster
auf und brüllen den Namen der Mannschaft. Ich bin gespannt, wie ich meine
Stadt erlebe, wenn die Weltmeisterschaft
losgeht, und hoffentlich kann ich dann im
selbst kreierten Fan-Bikini auch mal
ganz laut „Deutschlaaaaand“ rufen.
Lufthansa woman’s world 2/2014
DIE NEUE FLOW IST DA,
mit kreativen Ideen, spannenden Denkanstößen und positiven Inspirationen,
die den Alltag ein bisschen schöner machen. Dazu kleine Papiergeschenke zum
Herausnehmen, liebevolle Illustrationen und viele Selbstmachtipps.
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JETZT NEU
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Foto: Mariza Fonseca
F
ünfzehn Jahre ist es her, dass ich
zum ersten Mal hierherkam. Damals
lebte ich in New York, mein Freund
war Brasilianer, und ich besuchte ihn in São
Paulo. Von dort sind wir mit dem Auto nach
Rio gefahren. Es war Spannung pur, wir
kamen nachts an und fuhren vorbei an der
Lagoa. Dieser große See im Süden der
Metropole erinnert mich an die Alster in
meiner Heimatstadt Hamburg. Auf der
Wasseroberfläche spiegelten sich die
funkelnden Lichter der umliegenden
Gebäude. Weiter oben, auf einem der
gigantischen Hügel, leuchtete die Christustatue. Die weltbekannte Figur, die ihre
Arme ausbreitet und alle zu beschützen
scheint, auf einmal war ich ihr ganz nah.
Bis heute ist das Vorbeifahren an der
Lagoa nach einem langen Flug die
wirkliche Ankunft für mich. Jedes Mal ist
das mit Gänsehaut und ein paar Freudentränen verbunden. Diese Stadt ist sexy,
atemberaubend, spielerisch, man kann so
sein, wie man ist, und fühlt sich lebendig.
Dazu kommt die Freundlichkeit der
Brasilianer. Immer bekommt man von den
Cariocas ein freundliches „Oi, tudo bem?“
zu hören. Ein beijo (Kuss) hier, ein abraço
(Umarmung) da, das ist ganz normal.
Außerdem lieben es die Menschen, Sport
zu treiben. Am Strand wird Beachvolleyball
gespielt, auf dem Meer gesurft und entlang
der Strandpromenade von Leblon über
MI
KRET ZWE
BEI ATIV I
LAG EN
EN
Mein Leben ist im
FÜR MICH.
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