Gottfried Wilhelm Leibniz und seine Rechenmaschinen

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Gottfried Wilhelm Leibniz und seine Rechenmaschinen
Gottfried Wilhelm Leibniz und
seine Rechenmaschine
Referat von Torsten Brandes
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„In Mathematics und Mechanics habe ich …
einige Dinge erfunden, die in praxi vitae
von nicht geringer importanz zu achten,
und erstlich in Arithmeticis eine Maschine,
so ich eine Lebendige Rechenbanck
nenne, dieweil dadurch zu wege gebracht
wird, dass alle Zahlen sich selbst rechnen,
addiren, subtrahiren multipliciren
dividieren…“
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Literatur zum Referat:
Popp, Stein: Gottfried Wilhelm Leibniz – Philosoph,
Mathematiker, Physiker, Techniker
N.J.Lehmann: Neue Erfahrungen zur Funktionsfähigkeit
von Leibniz‘ Rechenmaschine
L. Mackensen: Leibniz als Ahnherr der Kybernetik – ein
bisher unbekannter Vorschlag einer „Machina
arithmeticae dyadicae“
L. Mackensen: Zur Vorgeschichte und Entstehung der
ersten digitalen 4-Spezies-Rechenmaschine von Leibniz
Bischoff: Versuch einer Geschichte der
Rechenmaschinen
Williams: A History of Computing Technology
3
Fahrplan
1.
2.
3.
4.
Allgemeines zu mechanischen
Rechenmaschinen
Rechenmaschinen vor und nach Leibniz
Vier - Spezies – Rechenmaschine von Leibniz
Vorschlag einer „Machina arithmeticae
dyadicae“
4
1. Kapitel
„Von der Sache und den verwendeten
Begriffen“
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Prinzip einer Rechenmaschine
Zählwerk (Resultatwerk):
Fi – Sichtfenster
Ri - Zählräder
Zwei Zählräder schematisch dargestellt
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Zählwerk (2)
jedes Zählrad repräsentiert eine Ziffer
Durch Drehung in positive Richtung kann
addiert, durch Drehung in negative
Richtung kann subtrahiert werden.
Wird die Kapazität einer Zählstelle überoder unterschritten, tritt ein Übertrag auf
(Zehnerübertrag im Dezimalsystem).
Der Übertrag muss an die nächst höhere
Stelle weitergegeben werden.
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Zählwerk (3)
Die Grundaufgabe der Rechenmaschinenerfindung lautet also: Schaffung einer in beiden
Drehrichtungen, d.h. umkehrbar und sicher
funktionierenden, automatischen
Zehnerübertragung.
Zwischen je zwei Zählrädern, die am Umfang
gleichmäßig verteilt die Ziffern 0 bis 9 tragen, ist
demnach eine Einrichtung vorzusehen, die die
vollen Umdrehungen der Räder jeweils im
Verhältnis 10:1 nach links, und nur nach links,
weitergibt, und zwar ruckweise immer in dem
Sektor zwischen 9 und 0.
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Zählwerk (4)
S – Einzahn
Zi - Zahnrad
Zehnerübertrag zwischen zwei Stellen
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Einstellwerk:
Ei - Einstellräder
Zwei Stellen einer Addiermaschine
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Einstellwerk (2)
Vorrichtung zur Zahleneingabe
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2. Kapitel: Rechenmaschinen vor und nach Leibniz
1623
Wilhelm Schickard, entwickelte eine Rechenmaschine für die vier
Grundrechenarten, mit der Berechnungen astronomischer Tafeln und
Logarithmen vorgenommen wurden.
1641
Blaise Pascal entwickelte eine Addier- und Subtrahiermaschine, um
seinen Vater zu unterstützen, der als Steuereintreiber arbeitete.
1670 - 1700
Leibniz arbeitete an seiner Rechenmaschine für die vier
Grundrechenarten.
1774
Philipp Matthäus Hahn (1739-1790), ein schwäbischer Pfarrer und ein
hervorragender Uhrmacher, entwickelte eine Rechenmaschine, die
erstmals zuverlässig arbeitete.
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Rechenuhr von Wilhelm
Schickard (1623)
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erste urkundlich erwähnte Rechenmaschine
Multiplikation und Division beruhte im Prinzip auf
Napierstäbchen, die auf Zylindern aufgebracht
waren.
Zwischen den Zylindern und dem Addierwerk
bestand keine Verbindung.
Original wurde im 30jährigen Krieg zerstört
die Maschine unterstützte Kepler bei
astronomischen Berechnungen
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„Pascaline“ (1644)
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Pascals Rechenmaschine war eine reine
Addiermaschine.
Die Übertragsrechnung war nicht
Umkehrbar.
Subtraktionen mussten mit
„Komplementzahlen“ ausgeführt werden.
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Beispiel:
88 – 52 = 36
Rechne: 88 + 47 = 135 (maschinell)
subtrahiere 100:
35
addiere 1:
36
funktioniert, weil: 88 – 52 = 88 + (99 – 52) – 99
= 36
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Rechenmaschine von Hahn (1774)
Hahn gelang es 1774,
eine voll funktionsfähige
Staffelwalzenmaschine
zu entwerfen. Gegenüber
der Konstruktion von
Leibniz ist sie wesentlich
vereinfacht, so dass das
Exemplar auch
einwandfrei funktionierte.
Der Preis war mit 20000
Gulden beachtlich.
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„Die Pascalsche Maschine ist immerhin ein
Probestück des glücklichsten Genies, aber
da sie nur Addition und Subtraktion
erleichtert, deren Schwierigkeit ohnehin
nicht so groß ist, aber die Multiplikation
und Division der früheren Rechnung
überläßt, so hat sie sich mehr durch ihre
Feinheit, bei Neugierigen als durch
praktischen Nutzen bei ernst beschäftigten
Leuten empfohlen.“
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3. Kapitel –
Die 4 – Spezies –
Rechenmaschine von Leibniz
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Die Rechenmaschine von Leibniz
Beginn der Beschäftigung Leibniz’ mit der
Thematik etwa 1670
Ziel waren Konstruktion und Bau einer so
genannten Vier – Spezies – Rechenmaschine,
die alle vier Grundrechenarten automatische
ausführen konnte.
L. ging von der üblichen schriftlichen
Berechnung im Dezimalsystem aus.
Es gab mehrere (vier?) Maschinen. Eine (die
letzte, Beginn ca. 1693) ist im Original und in
mehreren Nachbauten erhalten.
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Staffelwalze
Eine Anordnung von
achsenparallelen
Zahnrippen
gestaffelter Länge.
Je nach Position des
zweiten
verschiebbaren
Zahnrades wird bei
einer Umdrehung
der Staffelwalze
dieses um null bis
neun Zähne
weitergedreht.
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Vier – Spezies Rechenmaschine von Leibniz
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Skizze
schematische Darstellung, Zeichnung: W. Jordan
H – Handkurbel
K – Kurbel zur Stellenverschiebung
Umdrehungswerk
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Funktionsweise
Addition:
Aufteilung in zwei Hauptphasen
1. Addition ziffernweise, dabei Speicherung
der Zehnerüberträge durch Betätigung
eines jeder Ziffernstelle zugeordneten
Speicherelements (Rädchen)
2. Hinzufügen der gespeicherten Überträge
zu den zuvor erhaltenen
Zwischensummen
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schematische Darstellung der Addition
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SWi = Staffelwalzen, unwirksame Zahnrippen gestrichelt,
wirkend sind SW3 = 2, SW2 = 5, SW1 = 4
Sj = Summenrädchen
Ai = Ablesestelle
Üi = Übertrags(fünfhorn)speicher (im Bild: Ü3 = Ü2 = 0,
Ü1 = l)
Ei = mit Si verbundene „Einzähne“, schalten beim
Übergang von Si = 9 auf Si = 0 den Übertragsspeicher
auf Üi = l
AÜi = Antrieb zur Weiterschaltung der Überträge Üi
ZWi = Zwischenräder zur Übernahme von Überträgen
aus Üi-1 in Si
Hi = System gestaffelter Antriebshebel zur aufeinander
folgenden Abarbeitung aufgetretener Überträge
Zi = Kette von miteinander kämmenden Zahnrädern der
Übertragung der Kurbel
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Subtraktion
Wie Addition
Die Drehrichtung der Kurbel musste nur
umgedreht werden.
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Multiplikation (Beispiel)
1.
2.
3.
4.
5.
6.
32.448*75
Eingabe der Zahl 32.448 in das Einstellwerk
Eingabe der fünf am Umdrehungszähler
Drehung der Handkurbel H. Im Resultatwerk
wird die Zahl 162.240 sichtbar.
Drehung der Kurbel K. Das Einstellwerk wird
um eine Stelle nach links verschoben.
Eingabe der sieben am Umdrehungszähler.
Drehung der Handkurbel H. Im Resultatwerk
wird die Zahl 2.433.600 sichtbar.
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4. Kapitel - Vorschlag einer
"Machina arithmeticae dyadicae"
„Denen Curiosis insgemein, sonderlich
den Mathematicis und Rechen-Meistern
offerire ich etwas recht neues, welches der
Herr Geheime Raht von Leibnitz zu
Hanover erfunden, und mir nach seiner
gewöhnlichen Gütigkeit neulichst
communiciret hat. Nach der Progressione
binaria, sind die Characteres nur 0. 1. und
zwey schreibet man, mit 10…“
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…Eine Büchse soll so mit Löchern versehen
werden, dass sie geöffnet und geschlossen
werden können. Sie sei offen an den Stellen, die
1 entsprechen und bleibe geschlossen an den
Stellen, die 0 entsprechen. Durch die offenen
Stellen lasse sie kleine Würfel oder Kugeln in
kleine Rinnen fallen, durch die anderen nichts…“
(1679)
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Rekonstruktion der dualen Maschine
111.001
+ 10.000
Zeichnung: Prof. L. Mackensen
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Warum die duale Maschine nicht
gebaut wurde…
Die Idee hatte Leibniz, als er die
Entwicklung der dezimalen Maschine
schon vorangetrieben hatte.
Subtraktion und Division können nur im
Komplement ausgeführt werden.
Es sind viel mehr Stellen notwendig.
Die Menschen waren an das
Dezimalsystem gewöhnt.
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Konsequenz:
Zahlenwandler: 6910 = 10001012
skizze von Mackensen einfügen
Zeichnung: L. Mackensen
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abschließend
Leibniz baute die erste Vier-SpeziesRechenmaschine, die aufgrund
mangelnder technischer Möglichkeiten nur
eingeschränkt funktionierte.
Die Erfindung der Staffelwalze war
entscheidend für die weitere Entwicklung.
Die Staffelwalze wird bis heute in der
Technik eingesetzt.
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