Urlaub auf Balkonien: Was der Mieter darf und was nicht

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Urlaub auf Balkonien: Was der Mieter darf und was nicht
Urlaub auf Balkonien: Was der Mieter
darf und was nicht
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Da sonnt sich Ihr Mieter jeden Mittag nackt auf seinem Balkon: „Urlaub auf
Balkonien", nennt er das. Seine Unterwäsche flattert derweil munter im Wind
und jeden Morgen hängt er seine geblümte Bettwäsche zum Lüften über das
Balkongeländer.
Die Nachbarn haben Sie schon schmunzelnd darauf angesprochen. Ihnen ist das
Ganze eher hoch peinlich. „Fremdschämen" nennt sich das und Sie fragen sich
insgeheim: Kann ich dem Mieter das verbieten?
Autor: Heidi Schnurr
Worum geht es?
Sonnen, feiern, grillen, Wäsche trocknen oder Blumenkästen aufhängen: Was der Mieter auf
dem Balkon darf und was nicht
Nackt sonnen, "fremd" schämen: Beides ist erlaubt
Da sonnt sich Ihr Mieter jeden Mittag nackt auf der Terrasse. Kein schöner Anblick. Das
finden jedenfalls Sie – und was sagen die Gerichte?
Der Bundesgerichtshof hat bisher jedenfalls die Frage, ob Sie dieses Ihr Schamgefühl oder
Ihr sittliches Empfinden verletzende Verhalten abwehren können, stets verneint (BGH, Urteil
v. 15.11.1974, V ZR 83/73, NJW 1975, S. 170; BGH, Urteil v. 12.07.1985, V ZR 172/84, NJW
1985, S. 2833).
Angesichts dieser Rechtsprechung werden Sie Ihrem Mieter nicht verbieten können, im
eigenen Garten nackt die Sonne zu genießen - auch wenn Sie darüber vielleicht sittlich
entrüstet sind.
Garten, Terrasse, Balkon: Nudisten sind willkommen
So hat es übrigens auch schon einmal das Amtsgericht Merzig (Urteil v. 08.05.2005, 23 C
1282/04, WM 2005, S. 727) entschieden. Danach kann sich ein Mieter im Garten, auf der
Terrasse oder dem Balkon so bewegen, wie er es mag.
Doch auch das hat seine Grenzen! So müssen Sie als Nachbar Sex auf dem Balkon nicht
ertragen (AG Bonn, Urteil v. 17.05.2006, 8 C 209/05).
Dagegen müssen Sie aber das Rauchen auf dem Balkon dulden.
Wo flatternde Unterhosen verboten sind
Die flatternde Unterwäsche Ihres Mieters auf dem Balkon ist vielleicht nicht der
allerschönste Anblick. Dennoch müssen Sie ihn ertragen, denn der lediglich störende Anblick
gilt nur als ästhetische Beeinträchtigung.
Etwas anderes kann innerhalb einer Wohnungseigentumsanlage gelten. Hier können
Sie als Wohnungseigentümer von Ihren Miteigentümern und dessen Mietern verlangen,
dass der Sie störende Anblick der aufgehängten Groß- oder Bettwäsche auf dem Balkon
unterbleibt.
Für Eigentumswohnungen gelten strengere Regeln
Der Grund für diese Besonderheit liegt in der sogenannten Wohlverhaltensklausel des § 14
Nr. 1 WEG.
Die schränkt die Wohnungseigentümer mit Rücksicht auf die anderen Mitbewohner erheblich
ein.
Im Verhältnis der Wohnungseigentümer untereinander gelten deswegen andere Regeln als
im allgemeinen Nachbarrecht.
Die kleine Wäsche darf raus auf den Balkon
Handelt es sich um eine Mietwohnung, gehört das Trocknen der „kleinen Wäsche" auf
einem Wäscheständer auf dem Balkon noch zum vertragsgemäßen Gebrauch der
Wohnung. Jedenfalls wenn die Sicht auf den Ständer durch die Balkonbrüstung abgeschirmt
ist.
Als Vermieter können Sie das nicht verbieten – selbst wenn sich andere Mieter im Haus
über den Anblick beschweren (AG Euskirchen, Urteil v. 11.01.1995, 13 C 363/94, WM 1995,
S. 310).
Hängende Geranie: Bitte vorsichtig gießen
Blumenkästen an Balkonen sind dagegen erlaubt: Allerdings nur an der Innenseite
(LG Berlin, Urteil v. 20.05.2011, 67 S 370/09, GE 2011, S. 1230). Und auch dann nur,
wenn sie ordnungsgemäß befestigt wurden, sodass sie auch bei starkem Wind nicht
herabstürzen und Passanten oder Nachbarn gefährden können.
Ebenso muss ein Mieter darauf achten, dass auslaufendes Wasser, zum Beispiel
Gießwasser, nicht die Fassade, andere Gebäudeteile oder die unten wohnenden Nachbarn
beeinträchtigt.
Lang wachsende Balkonpflanzen, wie z. B. Knöterich, muss der Mieter regelmäßig
zurückschneiden, wenn sie den Nachbarn darunter stören (LG Berlin, 67 S 127/02).
Markise und Sichtschutz: Nur mit Ihrer Zustimmung
Will Ihr Mieter eine Markise an seinen Balkon anschrauben, können Sie dem Einhalt
gebieten: Schließlich beschädigt er dadurch Ihr Eigentum, und das darf er nur mit Ihrer
Zustimmung.
Dagegen ist es vom erlaubten vertragsgemäßen Gebrauch der Mietsache noch gedeckt,
wenn Ihr Mieter am Balkongeländer einen Sichtschutz anbringt, der nur bis zur Höhe des
Handlaufs reicht und die Außenfassade des Gebäudes nicht verunstaltet (AG Köln, Urteil v.
15.09.1998, 212 C 124/98, WM 1999, S. 331).
Bohrt er allerdings in den Balkon über seinem eigenen Balkon kleine Löcher, um daran
Vorhangschienen und einen Vorhang zu montieren, geht das zu weit!
Grillen auf dem Balkon: Nicht überall erlaubt
Ob der Mieter eines Mehrfamilienhauses auf seinem Balkon grillen darf, hängt unter
anderem von der jeweiligen Hausordnung ab. Darin kann das Grillen sogar ganz verboten
werden. Hält sich Ihr Mieter trotz mehrerer Abmahnungen nicht daran, dürfen Sie ihm fristlos
kündigen (LG Essen, AZ.: 10 S 438/01).
Für Eigentümergemeinschaften gilt: Das Grillen auf offener Flamme kann bereits per
schlichtem Mehrheitsbeschluss in der Eigentümerversammlung beschlossen werden (LG
München I, Urteil v. 10.1.2013, 36 S 8058/12 WEG).
Steht nichts zum Grillen in der Hausordnung, darf der Mieter in normalem Umfang und bei
normaler Bauweise gelegentlich auf seinem Balkon grillen (AG Mitte, Urteil v. 07.01.2010, 25
C 159/09). Allerdings gilt auch dabei das Gebot der Rücksichtnahme, was den Geruch und
den Rauch betrifft.
Gelegentlich heißt: 3-mal monatlich 2 Stunden sind noch erlaubt (Az.: 10 T 359/96).
Teilweise erlauben die Gerichte das Grillvergnügen aber auch nur einmal monatlich und nur
mit vorheriger Ankündigung (AG Bonn, Az.: 6 C 545/96).
Geht es nach dem Oberlandesgericht Oldenburg (Urteil v. 29.7.2002, 13 U 53/02, DWW
2005, S. 4), darf der Mieter 4-mal im Jahr grillen. Auch in einem Haus, wo Balkon an Balkon
grenzt. Allerdings muss das Mieter-Grillfest aber spätestens um 22 Uhr beendet sein.
Balkon-Party: Ab 22 Uhr dürfen Mieter nur noch drin feiern
Ab 22 Uhr hat jeder Mitbewohner im Haus einen Anspruch auf ungestörte Nachtruhe, d. h. er
kann den Wohnungsnachbarn auffordern, sein Fest in die Wohnung zu verlagern.
Und selbst dort muss er Zimmerlautstärke einhalten. Notfalls kann der Nachbar sogar die
Polizei wegen Ruhestörung alarmieren. Überschreitet einer Ihrer Mieter ständig die Grenzen
der Hausordnung, kann Sie der Mitmieter auffordern, den "Partylöwen" wegen Störung des
Hausfriedens abzumahnen.
Sat-Schüssel auf dem Balkon: Darf der Mieter das?
Auch dazu hat der BGH schon ein Urteil gefällt (BGH, Urteil v.16.5.2007, VIII ZR
207/04-1). Solange die Parabolantenne auf dem Balkon zu keiner oder nur zu einer kaum
nennenswerten optischen Beeinträchtigung führt, können Sie nicht verlangen, dass sie Ihr
Mieter beseitigt.
meineimmobilie.de-Tipp
Bevor Sie sich ärgern: Sprechen Sie Ihren Mieter doch einfach einmal auf das Problem
offen an, ehe Sie gleich eine Abmahnung verschicken.
Oft löst sich das Problem damit in Wohlgefallen auf, zumal Sie ja sehen, wie großzügig die
Gerichte in Sachen Balkon zugunsten des Mieters urteilen!

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