Exkursion Paris
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Exkursion Paris
Abschlussbericht zur Exkursion EX 273056 „Sozialwissenschaftliche Aspekte der Raumplanung“ INHALT 1 Paris: Stadtplanung und Architektur im Spannungsfeld städtischer Jugendgewalt – auf den Spuren von Stadterneuerung und Stadtentwicklung in der französischen Metropole Paris 29. Mai bis 2. Juni 2006, Paris Betreuung: Oliver Frey Einführung ........................................................................................................................1 1.1 Oliver Frey: Bonjour Paris! Adieu Tristesse!.............................................................2 1.2 Das Programm..........................................................................................................3 2 Motivationsschreiben........................................................................................................5 2.1 Alberto Castro Fernández, 0526611, Erasmus Bauingeniuerwesen........................6 2.2 Katharina Grundei, 0526183, Raumplanung ............................................................6 2.3 Evelyn Hacker, 0425736, Raumplanung ..................................................................7 2.4 Michaela Harramach, 0425039, Raumplanung ........................................................8 2.5 Cornelia Klettl, 0049740, Ethnologie ........................................................................9 2.6 Philip König, 0007192, Soziologie ..........................................................................10 2.7 Pia Muckenschnabl, 0526490, Pavla Ulmanova, 0525452, beide Raumplanung ..11 2.8 Alena Pfoser, 0105494, Soziologie.........................................................................12 2.9 Michael Pillei, 0026340, Raumplanung ..................................................................13 2.10 Andrea Pumberger, 0425712, Raumplanung .........................................................15 2.11 Andreas Putlitz, 0426866, Raumplanung ...............................................................16 2.12 Aridiana Salgado Sendra, 0526522, Erasmus Bauingenieurwesen .......................17 2.13 Hannah Steiner, 0125745, Raumplanung ..............................................................18 2.14 Felix Sternath, 0225125, Raumplanung, dz. Mailand (Erasmus) ...........................19 2.15 Anna Várdai, 0425721, Raumplanung....................................................................21 2.16 Jonas Vukic, 0526247, Raumplanung ....................................................................22 2.17 Marlene Wagner, 0026860, Architektur ..................................................................23 3 Internetrecherche ...........................................................................................................25 3.1 Canal de Saint Martin .............................................................................................26 3.2 Das Institut du Monde Arabe ..................................................................................26 3.3 Der Jardin des Plantes ...........................................................................................27 3.4 Der Bürgermeister von Paris ..................................................................................29 3.5 Couscous und Merguez..........................................................................................30 3.6 Das Stade de France..............................................................................................31 3.7 Les Frigos ...............................................................................................................32 3.8 Moulin Rouge und Pigalle.......................................................................................34 3.9 Der Gare de l’Est ....................................................................................................37 3.10 La Défense .............................................................................................................38 3.11 Der Eiffelturm..........................................................................................................40 3.12 Das IFU – Institut francais d’urbanisme..................................................................41 3.13 ZAC „Zone d’aménagement concertée“ rive gauche..............................................42 3.14 Der Flughafen Charles de Gaulle ...........................................................................43 3.15 Die Île de la Cité .....................................................................................................44 3.16 Geschichte der Stadtentwicklung von Paris ...........................................................46 3.17 Sozialer Wohnungsbau in Paris..............................................................................47 3.18 Centre Georges Pompidou/„Centre Beaubourg” ....................................................48 3.19 The Remarkable Sewer of Paris.............................................................................49 3.20 La coulée verte/La Plantée verte/Promenade plantée du viaduc des Arts .............50 3.21 „Flêche d'Or"...........................................................................................................51 3.22 Les Halles ...............................................................................................................53 3.23 Die Bastille..............................................................................................................54 3.24 Bateaux Mouches ...................................................................................................55 3.25 Zitate zu Paris bzw. Frankreich ..............................................................................56 3.26 Belleville .................................................................................................................56 3.27 Ville Nouvelle ..........................................................................................................57 3.28 DFJW – Deutsch – Französisches Jugendwerk .....................................................58 3.29 Französische Nationalbibliothek - Bibliothèque de France.....................................60 3.30 Mai–Unruhen, Sorbonne 1968 ...............................................................................62 3.31 Vokabular zu Städtebau und Stadtgeschichte........................................................64 i 4 Referate..........................................................................................................................78 4.1 Ist Paris eine multikulturelle Stadt? Chancen und Grenzen der Integration von ImmigrantInnen ..................................................................................................................79 4.2 Jugendgewalt in Frankreich: Eine Folge der sozialen Exklusion?..........................85 4.3 Partizipation in der Stadterneuerung am Beispiel des Viertels Le Marais ..............90 4.4 Wien – Paris: Ein (un-)möglicher Vergleich? ..........................................................96 4.5 Obdachlosigkeit in Paris und die Maßnahmen der Stadtpolitik ............................107 4.6 Instrumente und Institutionen der Stadtplanung in Paris und ihre Aufgaben........112 5 Protokolle......................................................................................................................115 5.1 Der erste Tag in Paris...........................................................................................116 5.2 Michel Micheau, Cycle d’urabanism de sciences .................................................118 5.3 La Courneuve: Sozialer Wohnbau im Großraum Paris ........................................120 5.4 Empfang und Vortrag am Institut français d’urbanisme (IFU)...............................122 5.5 Le Marais ..............................................................................................................123 5.6 Rue du Trésor.......................................................................................................126 5.7 Zone d'aménagement concerté (ZAC) „Paris Rive Gauche“ ................................128 5.8 Besichtigung von La Gonesse ..............................................................................129 5.9 Stadtspaziergang..................................................................................................131 5.10 „Segregation à Paris“ mit Prof. Eduard Preteceille vom DFJ................................133 5.11 Les Frigos vs. ZAC Rive Gauche .........................................................................135 5.12 Zusammenfassung/chronologischer Überblick.....................................................135 6 Essays: Erfahrungsberichte einer Exkursion................................................................143 6.1 Alberto Castro Fernández ....................................................................................144 6.2 Katharina Grundei: Paris – eine multikulturelle Stadt in jeder Hinsicht.................146 6.3 Katharina Grundei: Reflexion einer Zweitsemestrigen .........................................148 6.4 Evelyn Hacker ......................................................................................................149 6.5 Michaela Harramach.............................................................................................150 6.6 Philip König: Von Straßen.....................................................................................152 6.7 Pia Muckenschnabl: Abschlussessay...................................................................154 6.8 Pia Muckenschnabl: Reflexion einer Zweitsemestrigen .......................................156 6.9 Alena Pfoser: Das exkursierte Paris: Eine hastige Beobachtung .........................157 6.10 Michael Pillei: Paris – ein Wintermärchen (oder: Paris – Die Suche nach dem „plan deux“) 158 6.11 Andrea Pumberger ...............................................................................................162 6.12 Andreas Putlitz .....................................................................................................167 6.13 Aridiana Salgado Sendra......................................................................................173 6.14 Hannah Steiner.....................................................................................................176 6.15 Felix Sternath: Abschlussessay............................................................................179 6.16 Felix Sternath: Reflections on a visit of the banlieue of Paris...............................184 6.17 Pavla Ulmanova: Abschlussessay........................................................................188 6.18 Pavla Ulmanova: Reflexion einer Zweitsemestrigen ............................................189 6.19 Anna Várdai ..........................................................................................................190 6.20 Jonas Vukic: Abschlussessay...............................................................................193 6.21 Jonas Vukic: Reflexion eines Zweitsemestrigen...................................................196 6.22 Marlene Wagner ...................................................................................................198 ii 1 Einführung 1 1.1 Oliver Frey: Bonjour Paris! Adieu Tristesse! Paris ist immer eine Reise wert: Sie ist eine lebendige, vielfältige Stadt im Spannungsfeld von Globalisierung, Migration, städtebaulichen Großprojekten und sozialen Stadterneuerungsmaßnahmen auf Nachbarschaftsebene. In ihr leben 2 Millionen EinwohnerInnen in der Kernstadt; in der Agglomeration sind es über 11 Millionen Menschen. Also war die Frage vor Beginn der Exkursion: An welches Paris denken wir? Mit welcher Vorstellung verbinden wir Paris? Ziel der Exkursion mit dem etwas umständlichen Titel: „Paris: Stadtplanung und Architektur im Spannungsfeld städtischer Jugendgewalt – auf den Spuren von Stadterneuerung und Stadtentwicklung in der französischen Metropole Paris“ war es, einige der unterschiedlichen Mosaiken sozialer Welten zu einem Gesamteindruck zu verschmelzen. Mir war es wichtig, Eindrücke, Gerüche, Geschmäcker und Bilder zu evozieren, die für die Studierenden eine unterschiedliche Bewertung von sozialen und baulichen Räumen ermöglichen. Zum einen waren da die Bilder der Jugendunruhen in der Banlieu vom Herbst letzten Jahres und die damit verbundene Frage, was Städtebau, Planung und Architektur tun können, um gegen soziale Ausgrenzung und Segregation anzukämpfen. Erstaunlich – auch für mich – war zu sehen, welchen Einsatz in einigen Quartieren die Verantwortlichen der Politique de la Ville – der sozialen Stadterneuerung – geleistet haben. Als ich meine Forschungen im Rahmen einer deutsch-französischen Raumplanungsarbeit im Jahr 1999 zu den überforderten Nachbarschaften im Pariser Becken durchgeführt habe, wurde noch heftig über die städtebaulichen Maßnahmen des Sprengens und Rückbaus von Riegeln und Türmen sowie dem städtebaulichen Neubau in kleineren Strukturen diskutiert. Die beiden besuchten Vorstadtsiedlungen – La Courneuve und La Gonesse – haben deutlich die positiven Resultate von Neuplanung im Zusammenspiel mit den Instrumenten einer Bürgerbeteiligung gezeigt. Zentrales thematisches Lehrziel der Exkursion war es zu zeigen, wie wir im Sozialraum der Stadterneuerung beides miteinander verknüpfen müssen: Das Baulich-Manifeste der städtebaulichen Strukturen mit den sozialen Strukturen der Interaktionen. Um diese integrierte Sichtweise und dem damit verbundenen gesellschaftlichen Raumdenken unter den Studierenden zu fördern war es wichtig, eine interdisziplinäre Gruppe aus RaumplanerInnen, SoziologInnen, EthnologInnen und Architekturstudierenden sowie dem Bauingenieurwesen zusammenzustellen. Auch in den Besichtigungen und den Vorträgen vor Ort sollte die Bandbreite einer sozialwissenschaftlichen und ingenieurplanerischen bzw. architektonischen Sichtweise auf städtische Problemlagen zum Ausdruck kommen. So war es mir wichtig, dass bei der Diskussion um die Bürgerbeteiligung in einer Straße im Marais; beim Besuch eines Projekt der Nachbesserung eines sozialen Wohnungsbauquartieres in „Haut de Bellville“ und beim großen Planungsvorhaben der „ZAC rive gauche“ deutlich wurde, dass der/die Planer/in sowohl durch Investitionen in die bauliche Struktur als auch durch Investitionen in soziale Prozesse planerische Ziele erreichen kann. Am besten waren die Projektbeispiele, wo es um eine Kombination von beidem ging. „In Paris werden die unterschiedlichen Strategien der Stadterneueuerung, der städtebaulichen und sozialen Sanierung, Strategien der Revitalisierung, Instrumente des Quartiersmanagements sowie temporäre kulturelle Nutzungen in einem eigeninitiativen Erneuerungsprozesse an ausgewählten Orten in Gesprächen und Diskussionen mit AkteurInnen und Beteiligten erkundet und durch eigene Raumanalysen ergänzt“ – so die Ankündigung der Lehrveranstaltung. 2 Das Resultat liegt nun in gedruckter Form in Ihren Händen. Der Exkursionsbericht gibt einen Überblick über die erarbeiteten Ergebnisse der Studierenden und vermittelt so einen guten Eindruck über die besuchten Projekte während der Studienexkursion. Außerdem enthält er kurze Essays, in denen die Studierenden über ihre subjektiven Erfahrungen während der Exkursion schreiben. Was sicher schwierig in Worte zu fassen, aber auch als ein Resultat der Studienexkursion zu sehen ist, sind die vielen lebendigen Auseinandersetzungen und Gespräche innerhalb der Gruppe. Für mich als Exkursionsleiter war schön zu sehen, wie der unterschiedliche Mix aus Studienrichtung und Studiendauer im Rahmen des sozialen Prozesses einer Studienfahrt zu gemeinsamen Positionen, aber auch widerstreitenden Interessen, ja manchmal auch Missverständnissen auf der einen und Annäherungen auf der anderen Seite geführt hat. Ich wünsche mir, dass die Auseinandersetzungen der Studierenden mit dieser Stadt und ihren BewohnerInnen weitergehen und diese Exkursion als ein Baustein in ihrer Reflexion über Stadtplanung und die Stadt selbst betrachtet werden. 1.2 Das Programm Montag 29.5.2006 9.30 und 12.15 Ankunft Paris C. de Gaulle Transfer zum Hotel RER A Gare du Nord, Umsteigen in Metro 5: Station République Unterkunft: Nord Hotel République 31, rue Albert Thomas 10. Arr. Æ Gare de l’est/ Gare du nord Tel:: 00331/42391903 15 – 18.00 Stadtspaziergang zum Canal St. Martin und Barbès Treffpunkt am Hotel 19.00 „Welcome Diner“ Butte aux Caille Restaurant L’Esperance, 9. Arr., rue de la butte aux caille (Fakultativ) Ausklang in der « Folie en tête » Dienstag 30.5.2006 9.30 – 10.15 SEMAPA, Christoph Bayle Präsentation im Centre d’acceuil Thema: „ZAC – rive gauche“ http://www.parisrivegauche.com´ Mittwoch 31.5.2006 9.00 – 13.00 Michel Bonetti, HLM-cité „Hauts de Belleville“ Treffpunkt : Metro : Place des Fêtes 10.15 – 11.30 Visite sur pace du ZAC rive gauche 12.00 -13.00 Stadtspaziergang „Les Frigos de Paris“, Bibliotheque nationale, Parc de Bercy 14.00 RER vom Gare de Lyon nach Marne le Vallée Gemeinsames Mittagessen in der Kantine in Marne le Vallée 15.00 – 17.00 Empfang und Diskussion am Institut francais d’urbanisme (Paris 8) 20.00 (fakultativ) Gemeinsamer Stadtspaziergang mit anschließendem Clubbesuch Montmatre, Folies Pigalles 3 14.00 – 16.00 Stadtspaziergang in Marais mit Jean-Didier Laforgue 17.00 Besuch les Halles, Quartier Beaubourg mit Brigitte Dumorties Donnerstag 01.6.2006 Freitag 02.6.2006 9.30 – 11.00 Besuch Marais und der erneuerten Viertel mit B. Gouyette 2 Motivationsschreiben 11.00 Treffen mit Mme Bertinotti (Bürgermeisterin 4. Arr) 13.00 Gerard Gabert: « Die Jugendunruhen und ihrer Ursachen » 14.00 Sciences Po Presentation „segregation à Paris“ mit Prof. Eduard Preteceille 13.00 Besuch Paris La Courneuve Bei der örtlichen Wohnungsbuagesellschaft, K. Agogue 16.00 Besuch in La Gonesse , Chef de project Hermann Cruise, Politique de la Ville 16.30 Sciences Po Cycle d’urbanisme mit Prof. Michel Micheau 20.00 Gemeinsame Abendgestaltung mit französischen GastgeberInnen 20.35 Rückflug nach Wien von Paris - Charles de Gaulle 4 5 2.1 Alberto Castro Fernández, 0526611, Erasmus Bauingeniuerwesen Ich bin ein Erasmus aus die „Universidad Politécnica de Madrid“, der sehr interessiert an die Exkursion „Sozialwissenschaftliche Aspekte der Raumplanung“ ist. Ich studiere Bauingenieurwesen in Madrid aber mit der Spezialität in Raumplanung also ich studiere hier in Wien beide Studien. Ich möchte, die Richtlinien meiner Bildung wären die Umwelt und die Stadtplanung. Ich bin in Wien seit September 2005 und ich bin sehr zufrieden in der TU weil ich viele und gute Vorlesungen über diese zwei Themen gefunden habe. Ich konnte auch da über Themen so interessant wie die Soziologie ergründen. So habe ich in der TU zum Beispiel die Vorlesung „Gesellschaftliche Herausforderungen der Stadterneuerung“ gemacht. Ich lerne gern diese Art Forderungen weil ich glaube, dass die Soziologie ist nicht nur praktisch sondern wichtig für den Raumplaner, weil er nicht mit den Rücken zu der Bedürfnis der Gesellschaft planen soll. Über meine persönlichen Gründe kann ich sagen, dass ich viele Freunde aus Frankreich habe. Sie kommen aus verschiedenartigen Städten und sie haben mir viele Mal über Ihre Land gesprochen also habe ich viele Lust, dort fahren und Ihre Realität kennen lernen. Ich kann Französisch und ich war nur einmal in Frankreich in Tours (ein Stadt an der Loire) aber noch nicht in Paris. In Tours habe ich einige Tage in einer Wohnung gewohnt und ich konnte soziale Probleme sehen. Ich möchte diese Exkursion nach Paris machen weil ich durch der Raumplanung lernen möchte, diese und andere Probleme zu lösen. Diese Exkursion könnte in anderen Ort sein weil es leider soziale Probleme in viele Ländern gibt aber ich finde der besondere Fall von Frankreich ist sogar schwieriger und gleichzeitig interessanter. Die Immigration aus zwei so verschiedenen Kulturen wie die arabische und zentralafrikanische Ländern, die traditionelle zentralistische Politik auch in Kultur und Sprache von Frankreich und selbstverständlich die jüngste Revolte in Paris und andere Städte sind ein vollständige und attraktiv „Szenerie“ um zu lernen. Weiters bin ich schon gespannt darauf, das Thema Stadterneuerung in Paris zu erkunden. Erst kürzlich habe ich ein Referat über die Stadterneuerung in Wien gehalten, und mich dadurch in dieses Thema ein wenig eingelesen. Diese Kenntnisse nun praktisch umsetzen zu können, reizt mich schon sehr, da man meiner Meinung nach anhand der Realität die Gegebenheiten viel besser verstehen kann, und dann nachvollziehen kann, warum sich die Stadt oder die Bewohner für oder gegen das ein oder andere Projekt entscheiden. Besonders neugierig bin ich, wie gut die eigeninitiativen Erneuerungsprozesse in Paris funktionieren, und welchen Mittel zur Motivation der Bevölkerung, ihre Wohnumgebung zu verschönern beziehungsweise zu erneuern, eingesetzt werden. Meine Erwartungen bezüglich der Exkursion bestehen aus einer Erweiterung meines Wissenshorizonts über Paris, der über die touristischen Informationen hinausgehen und meinen Blick für die raumplanerische Sicht der Dinge schärfen soll. Im Zuge meines Raumplanungsstudiums werde ich das dort erlernte Wissen sicher noch öfter praktisch und theoretisch anwenden können, und ich bin schon in freudigster Erwartung, die bisherigen Grundlagen, die wir sowohl in Soziologie als auch in andere Vorlesungen erhalten haben, das erste Mal in der Realität anwenden zu können. Auch bei dem bald anliegenden Projekt 1 werde ich sicher von den Ideen, Vorstellungen, und Lösungen der Pariser Stadterneuerung profitieren, und mir Anregungen holen können. Abschließend bleibt nur noch zu sagen, dass ich mich auf die Exkursion nach Paris, und die damit verbundenen neuen Erfahrungen, schon sehr freue, und darauf hoffe, positive Antwort zu bekommen. Sprachkenntnisse kann ich in Englisch und Spanisch vorweisen. Französisch hatte ich in meinem Schulzweig leider nicht. 2.3 Evelyn Hacker, 0425736, Raumplanung Paris ist für mich eine der schönsten und interessantesten Städte, die ich bis jetzt besucht habe. In Sommerurlauben erforschte ich Paris schon von seiner populären, touristischen Seite, und nun ist es für mich sehr interessant, die „Stadt der Liebe“ von einem ganz anderen Blickwinkel aus zu entdecken. Als Tourist habe ich mich bis jetzt nur in den „reichen“ Gegenden der Metropole aufgehalten, und bin schon gespannt darauf, wie es in den anderen Stadtteilen aussieht. Wie ich in der Zusammenfassung gelesen habe, werden wir unter anderem auch die islamischen Viertel von Paris besuchen. Für mich ist das deswegen von Bedeutung, weil ich vor einigen Jahren in Marokko war, und von den dort lebenden Menschen äußerst positiv überrascht war. In Paris ist dieses Volk bekanntlich ziemlich stark vertreten, und daher bin ich neugierig darauf, den Lebensstil der Marokkaner in Paris und bei ihnen zuhause zu vergleichen und zu verstehen warum sich zwischen den Franzosen und den Islamisten solche Probleme auftun. Auch die damit verbundene residentielle Segregation, die ich als Niederösterreicher in Wien bis jetzt noch nicht wirklich „live“ beobachten konnte, wird für mich einen großen Erfahrungswert haben. Ich sehe diese Exkursion vor allem als spannende Gelegenheit eine Stadt nicht aus der herkömmlichen durch Reiseführer bestimmten Perspektive kennen zu lernen, sondern in Begleitung von jemandem, der das Leben hier aus eigener Erfahrung kennt und ich hoffe, so authentische Eindrücke sammeln zu können. Gleichzeitig sehe ich eine Reise immer auch als Möglichkeit für einen differenzierteren Blick auf die eigene Stadt, das eigene Land zu bekommen und vielleicht Zustände und Zusammenhänge zu hinterfragen, die man vorher als selbstverständlich hingenommen hat – das Exkursionsprogramm lässt hier einige interessante Denkanstöße erwarten. Auch die Idee die Exkursionsgruppe nicht nur aus Raumplanern, sondern aus Studierenden unterschiedlicher Studienrichtungen, zu bilden, finde ich im Hinblick auf einen gegenseitigen Austausch eventuell unterschiedlicher Sichtweisen auf Problemstellungen sinnvoll und spannend. Dazu kommt natürlich auch ein generelles Interesse an den Themen Stadtentwicklung und Stadterneuerung in einer Metropole wie Paris, nicht zuletzt aufgrund der gesellschaftlichen Rahmenbedingungen und sozialen Probleme, vor deren Hintergrund diese stattfindet. Über die sozialen Spannungen und Konflikte wurde im Zuge der Berichterstattung über die Unruhen in den französischen Vorstädten ja auch in den heimischen Medien ausführlich berichtet, dennoch hoffe 6 7 2.2 Katharina Grundei, 0526183, Raumplanung ich im Zuge der Exkursion ein besseres Verständnis für die Hintergründe und die Dynamik dieser Konflikte zu entwickeln. Nicht ganz unwichtig ist auch schlicht und einfach der Umstand, dass ich bis jetzt noch nicht die Gelegenheit hatte, Paris zu besuchen, und dass ich schon neugierig auf das spezielle Flair dieser Stadt bin, das in so vielen Filmen, Liedern, Gemälden und Büchern beschrieben wird - die Straßencafés, die Leichtigkeit des Seins, die Maler und die Dichter, die Romantik und die Melancholie... Als Kind, am Land aufwachsend, war für mich Paris immer der absolute Ort der Intellektualität, der Philosophie, der freien Gedanken. Später, als ich mich dann tatsächlich mit Philosophie zu beschäftigen begann, bekam dieses idealisierte Bild langsam Risse – in Erinnerung geblieben ist mir etwa dieser Tagebucheintrag Albert Camus: „Ich bereue hier [in Rom] die stumpfsinnigen und schwarzen Jahre, die ich in Paris gelebt habe.“1 Mein Bild von Paris ist also durchaus ambivalent - was meine Neugierde nur noch größer macht. 2.4 Michaela Harramach, 0425039, Raumplanung Mein Name ist Michaela Harramach, ich studiere Raumplanung/Raumordnung im 4. Semester an der TU Wien. Mich haben verschieden Aspekte bewogen, mich zur Exkursion nach Paris anzumelden. Zum einen habe ich vergangenen September an einer Exkursion nach Rumänien des Fachbereichs für Regionalplanung und Regionalentwicklung teilgenommen. Dies war für mich ein durchwegs positives Erlebnis. Ich konnte sehr viel für mich und natürlich auch für mein Studium an Eindrücken und Einblicken in Bereiche der Raumplanung, aber auch in die Situation des Landes, gewinnen. Ich denke, dass dies für die Arbeit, vor allem in der internationalen Raumplanung, sehr wichtig ist, um die Unterschiede der verschiedenen bestehenden und zukünftigen Mitgliedsstaaten der EU zu erkennen und zu verstehen. Das Betrachten einer Stadt nach sozialwissenschaftlichen Aspekten ist für mich etwas Neues und spannendes. Gerade in Paris, einer Stadt, von der ich mich zu behaupten wage, sie bzw. ihre Innenstadt gut zu kennen, wäre dies eine ganz neue Erfahrung. Paris habe ich schon des Öfteren aus verschiedenen Gründen besucht. Ich war zuerst einmal aus rein touristischen Anlässen in Paris. Als Abschlussarbeit meiner Schulzeit habe ich eine Arbeit über Henrie de Toulouse-Lautrec geschrieben und ich bin nach Paris gefahren, um zu recherchieren. Ich habe mich damals hauptsächlich mit dem künstlerisch betrachteten Reichtum dieser Stadt auseinandergesetzt. Ein paar Jahre später habe ich für ein halbes Jahr in Paris gelebt und gearbeitet und so diese Stadt aus einer ganz anderen Perspektive kennen gelernt. Dies war natürlich auch eine gute Gelegenheit meine Französischkenntnisse - ich habe mündlich in Französisch maturiert - zu vertiefen. Ich erwarte mir nun einen neuen Zugang zu Paris, zu seinem Stadtbild, seiner Architektur, sowie zu den aktuellen Problemen der Entwicklung der Stadt, aber auch eine Auseinandersetzung mit dem Problem der Jugendgewalt. Vor allem im Gespräch mit Menschen, die in einer Stadt leben und arbeiten, kann man ganz andere Erfahrungen und Eindrücke sammeln. 1 Ein ganz entscheidender Aspekt für mich dieses Studium zu wählen, war die Vielfalt an Möglichkeiten des späteren Beruflebens, sowie die unterschiedlichen Breiche, aus denen sich die Raumplanung schlussendlich zusammensetzt. Mein Ziel ist es, im Laufe meines Studiums, über die Grenzen unseres Landes hinaus, Wissen und Kompetenzen zu erarbeiten, sei es nur, um meinen persönlichen Horizont zu erweitern. In diesem Sinne freue ich mich auf diese Exkursion. 2.5 Cornelia Klettl, 0049740, Ethnologie Um einen besseren Einblick in mein wissenschaftliches Vorhaben zu gewähren, möchte ich mich und meine Forschungsschwerpunkte zunächst kurz vorstellen. Ich bin Studentin (24 Jahre) der Kultur und –Sozialanthropologie im 9 Semester und habe mir im Verlauf meines Studiums 2 Schwerpunkte gesetzt: - Migration und Integration - Anthropologie der Gewalt (spez. Jugend und Gewalt) Derzeit beschäftige ich mit der Vollendung des Konzepts für meine Diplomarbeit (Betreuer gibt es schon ), im Rahmen derer ich mich mit der Integrationsproblematik und den damit verbundenen Gewaltausschreitungen in den Pariser Vororten beschäftigen möchte. Auf einzelne Details der behandelten Thematik möchte ich mich bewusst noch nicht festlegen, da zumindest ein Teil meiner Forschung auf dem Prinzip der „Grounded Theory“ basiert, die es in gewisser Weise erfordert, „nichtwissend, was ich wissen will“ ins Forschungsfeld zu gehen. Die von Ihnen geleitete Exkursion wäre für mich und meinen Einstieg in eine längerfristige empirische Datenerhebung perfekt, da ein definiertes Ankommen im Forschungsfeld für mich einiges erleichtern würde. Abgesehen davon bin ich speziell auch sehr an den architektonischen Grundlagen dieser Problematik interessiert und habe auch schon begonnen, mich diesbezüglich einzulesen (sozialer Wohnbau, Ghettoisierungsprozesse,…). Somit erwarte ich mir von der Exkursion und der damit verbundenen Vorbereitung, Recherche etc. einen Einblick in Gegebenheiten und Problematiken zu bekommen, zu denen ich als Sozialwissenschaftlerin ohne Anhaltspunkte und Vorkenntnisse eher schwierig Zugang finden würde. Aus diesem Grund entstand auch das Interesse an der Kooperation mit Marlene Wagner (Architekturstudentin), die mit mir zumindest einen Teil der Feldforschung bestreiten wird und mit mir an der visuellen Umsetzung (Produktion einer Videodokumentation) arbeiten wird. Im Gegenzug könnte mein sozialwissenschaftlicher Zugang für den Verlauf der Exkursion auch gruppendynamisch gewinnbringend sein, da ich mich mit anderen Aspekten einbringen könnte und würde. Ich beschäftige mich auch schon lange und intensiv mit der Thematik „Integration“, habe in diesem Bereich auch schon Praxiserfahrung und bin somit in einer positiven Art und Weise sehr sensibilisiert. Warum Paris? Paris ist für mich DER zeitgenössische Brennpunkt sozialer Randkulturen bzw. Jugendkulturen am Rande. Ich sehe Frankreich in Bezug auf Prozesse der Ghettoisierung/Segregation und den daraus resultierenden sozialen Problematiken in einer europäischen Vorreiterrolle. Beispielsweise in Deutschland zeichnen sich Tendenzen für Entwicklungen ab, deren Auswirkungen man heute in Frankreich sehen kann. Camus, Albert: Tagebuch März 1951–Dezember 1959.Rowohlt, Reinbek bei Hamburg 1997, S.166 8 9 Die jüngsten Revolten bezüglich der Verschärfung des Kündigungsschutzgesetzes und das neuerliche Ausmaß eben dieser, zeigt für mich, auch wenn es sich hierbei um eine andere Problematik als in den herbstlichen Vorstadtkrawallen handelt, einmal mehr, wie widerstandswillig und unzufrieden die französische Jugend ist. Somit repräsentiert Paris für mich eine Stadt, die über einen sehr langen Zeitraum MigrantInnen mit offenen Armen empfangen und Staatsbürgerschaften verschenkt hat, und heute der 2. und 3. Generation der MigrantInnen das „Franzose sein“ abspricht und sie von allem (auch räumlich) ausgrenzt. Was meine Französischkenntnisse betrifft, arbeite ich seit September sehr intensiv daran, mein Know How zu erweitern, habe im Februar auch schon einen universitären Intensivkurs besucht und verfüge mittlerweile über einen guten Kenntnisstand, wobei mir die sprachliche Praxis natürlich etwas fehlt. Kurz gesagt würde ich mich sehr freuen, gemeinsam mit meiner Partnerin an der Exkursion teilzunehmen, um vom reziproken interdisziplinären Austausch profitieren zu können. 2.6 Philip König, 0007192, Soziologie 2.6.2 Und mein Hintergrund In den letzten Semestern meines Soziologiestudiums – vor allem durch das Forschungsprojekt „Leben im Gemeindebau“ und das Seminar „Raum und Geschlecht“ – entdeckte ich mein Interesse am Raum als bestimmende Kategorie sozialer Organisation. Ein Interesse, das noch lange nicht befriedigt zu sein scheint, zumal ich auch den Transfer von Sichtweisen und Wissen zwischen PlanerInnen und SoziologInnen als sehr gewinnbringend erleben konnte. Derzeit besuche ich die VU „Beteiligungsverfahren in der Raumplanung“ und hoffe auch, an der Exkursion nach Paris teilnehmen zu können. Für die Zukunft – nach Abschluss meines Diplomstudiums – wünsche ich mir die Gelegenheit zur weiteren wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit dem Thema. Neben dem wissenschaftlichem Diskurs bin ich auch am Transfer in die Praxis interessiert und als Mitglied der Bezirksvertretung Wieden gleichzeitig damit konfrontiert. Aktuell beschäftige ich mich unter anderem mit dem Sozialraum Karlsplatz. Sprachkenntnisse: Deutsch, Englisch 2.7 Pia Muckenschnabl, 0526490, Pavla Ulmanova, 0525452, beide Raumplanung 2.6.1 Motivation Brennpunkt Paris und seine Vorstädte im medialen Interesse. Kaum ein Beitrag kommt ohne „feurige Metaphern“ aus, wenn er soziale Ungleichheiten in Frankreich beschreibt: Die Banlieues als sozialer Brennpunkt stehen in Flammen, die Stimmung ist explosiv, der soziale Zündstoff bleibt. Wirklichkeit oder Sensationsjournalismus? Die Annäherung an den Ort des Geschehens wäre der Antwort auf die Frage wohl dienlich. Und doch bin ich mir sicher: Paris ist ein Ort, an dem soziale Trennlinien und Konflikte deutlich sichtbar werden. Warum aber Paris? Warum nicht London, Berlin oder gar Wien? Es gibt Erklärungen dafür, ich erwarte mir aber, dass ich sie besser verstehen kann, wenn ich dort war. Für mich besonders interessant in diesem Zusammenhang ist die enge Bedingtheit räumlicher und sozialer Segregation in Paris. An ihr ist die Bedeutung des Raumes für sozialen Ausschluss deutlich nachzuvollziehen. Und es scheint geradezu so, als wären Fehler in der Planung, der Wohnungspolitik, der Bildungs- und Sozialpolitik aus den 1950er-1970er-Jahren nur schwer Rückgängig zu machen. Viele Orte in Paris – von den Banlieues bis zur Sorbonne – sind gleichzeitig Symbole für soziale Ungleichheit, Macht und Protest, für soziale Bewegungen und Jugendkultur. Spezifische Bedeutungen scheinen sich in die Orte eingeschrieben zu haben. Wenn heute vor der Sorbonne Steine fliegen, ist der Gedanke an 1968 nicht weit entfernt. Nun aber Stadterneuerung. Oder doch die Erneuerung der Integrationspolitik? Wird Randgruppen weiterhin (möglicherweise besser gestalteter) Raum am Rand der Stadt zugeteilt oder wird ihnen zugestanden, sich mehr Raum anzueignen? Welche Strategie der Stadtentwicklung folgt welcher Intention und welche erreicht was? Wer profitiert davon? Wie verschieben sich Machtverhältnisse? Welche Rolle spielt die Symbolik der Architektur dabei? Welche Rolle spielen die Lebensstile der Jugendlichen dabei? Fragen über Fragen. So weit ich das Programm der Exkursion richtig auffasse, ließen sich in Paris einige Antworten finden. 10 Wir haben uns entschlossen, das Motivationsschreiben gemeinsam zu verfassen, da wir beide im 2. Semester Raumplanung und Raumordung studieren und die Stadt Paris bereits mehrmals aus dem Blickfeld eines Touristen erkundet haben. Somit haben wir auch die gleichen Vorstellungen und Erwartungen an diese Exkursion. Wir sind mit der Wahl unseres Studiums sehr zufrieden, da es sehr umfangreich und vielfältig ist. Schade ist jedoch, dass wir bis jetzt nur eine kleine Exkursionen unternommen haben, welche gleich in der ersten Woche unseres Studiums stattfand. Daher wurde uns bis jetzt noch keine Möglichkeit geboten, den bereits erlernten Theoriestoff praktisch umzusetzen. Die Exkursion hat uns sehr begeistert, obwohl diese nur einen halben Tag lang dauerte. Sie war für uns ein großes Ereignis, an das wir uns heute noch gut erinnern können. Obwohl wir die Stadt Wien vor Antritt unseres Studiums bereits öfters besichtigt hatten, führte uns dieser Ausflug in uns noch verborgene Bezirke und erlaubte uns Gebäude aus anderen Perspektiven zu betrachten. Es war ein besonderes Erlebnis, welches wir jederzeit wieder machen würden. Daher wäre Paris für uns die Chance, solch ein Ereignis zu wiederholen und Erfahrungen zu sammeln, welche uns für immer in Erinnerung bleiben würden. Es könnte sein, dass uns eine Großstadt wie Wien, in diesem speziellen Fall Paris, deshalb so anzieht, weil wir beide aus einer kleineren Ortschaft kommen und bis jetzt nicht wirklich mit dem Großstadtleben konfrontiert waren. Da wir die Stadt Wien jetzt schon besser kennen gelernt haben, fällt es uns sicher leichter, Parallelen zwischen Paris und Wien zu ziehen und Differenzen und Gemeinsamkeiten zu erkennen. Da unser Besuch der französischen Hauptstadt schon einige Jahre zurückliegt und wir zu diesem Zeitpunkt nur Interesse an den touristischen Attraktionen hatten, sprechen uns nun die im Programm enthaltenen Punkte ganz besonders an. Wir möchten Paris außerdem auch aus dem Gesichtspunkt eines Raumplaners kennen lernen und auch die Stadtteile in Paris kennen lernen, die von Touristen meistens 11 unerkundet bleiben. Daher sehen wir diese Studienfahrt als wahre Chance, die Stadt aus einer anderen Perspektive zu sehen. Wir finden, dass Paris eine bedeutende Weltmetropole ist, die sich dem Wandel der Zeit angepasst hat. Wenn wir an diese pompöse Stadt denken, blicken wir an eine lange Entstehungsgeschichte zurück, an Schlösser, an technische Meisterwerke und ein wichtiges Zentrum der Kultur. Diese einzigartige Millionenstadt ist geprägt von vielen Ausländern, von denen sich der Großteil mit der Zeit perfekt eingelebt hat, und heute in ein großes Mosaik verschmilzt. Wir erhoffen uns daher auch einen Einblick auf das Leben in Paris zu bekommen, da die soziale Lebenslage und die Integration auch von der Stadtplanung abhängen. In Wien gibt es leider einige Bezirke, in denen diese nicht funktioniert hat bzw. wegen unvorteilhafter Bebauung unmöglich ist. An dieser Stelle ist zu erwähnen, dass wir es begrüßen würden, wenn Kollegen und Kolleginnen aus anderen Studienrichtungen diese Exkursion begleiten würden, wie beispielsweise Soziologen oder werdende Bauingenieure. Wir denken, dass wir viel voneinander lernen können, da sie manche Dinge aus ganz anderen Sichtweisen erkennen als wir, und es nur von Vorteil sein kann, diese verschiedenen Perspektiven zu teilen. Von den Jugendkrawallen, die vor kurzem in Paris herrschten, waren wir schockiert und wir verfolgten wissbegierig diese Zustände in den Nachrichten. Es ist ein Thema, dass uns sehr beschäftigte, denn der Unterschied zwischen Arm und Reich wird immer größer und die steigende Zahl der Ausländer betrifft schlussendlich nicht nur die Einwohner in Paris, sondern auch jeden einzelnen österreichischen Bürger. Zum Schluss ist noch anzumerken, dass wir beide leider kein Französisch sprechen, was von Nachteil sein kann, falls Vorträge auf Französisch gehalten werden. Wir hoffen, dass diese Unkenntnis nicht ausschlaggebend für unsere Teilnahme an der Exkursion ist. Uns ist bewusst, dass die Studenten im höheren Semester mehr Theorie und praktische Erfahrungen haben, jedoch denken wir, dass dies kein Hindernis ist, an der Exkursion teilzunehmen. Wir hoffen, dass wir Ihnen durch unsere Argumente zeigen konnten, dass unser Interesse an der geplanten Exkursion nach Paris sehr groß ist. 2.8 Alena Pfoser, 0105494, Soziologie hat mich in ihrer Diversität immer sehr beeindruckt – besonders dann, wenn ich mich ein wenig abseits der touristischen Pfade bewegt habe. Mit „professioneller Begleitung”, thematischen Vorträgen und gemeinsamen Besichtungen hoffe ich noch mehr von den anderen, nicht-touristischen Gesichtern von Paris zu sehen, über gegenwärtige Stadt- und soziale Entwicklungen zu erfahren und einen Blick dafür zu entwickeln. Ich bin davon überzeugt, dass gerade die Auseinandersetzung und Beobachtungen vor Ort einen anderen Zugang bringen können und auch praktisch gerade bei Besichtungen und Diskussionen das Ineinandergreifen von räumlichen und sozialen Strukturen verständlich werden kann. Das „Vor-Ort-Sein”, der direkte Zugang zum „Feld” ist auch etwas, was auf der Soziologie an der Uni Wien leider zu kurz kommt, obwohl ich es für total wichtig halte, nicht nur Literatur zu rezitieren und Datensätze auszuwerten, sondern einen eigenen Blick zu entwickeln. Insbesondere interessieren mich die sozialen Spannungen, die in den Jugendunruhen gipfelten, und die Banlieues als Sozialräume. Ich denke, dass u. a. wegen dieses aktuellen Anlasses Paris sehr viel für soziologische und planerische Beobachtungen hergibt, weil sich hier verschiedene Dimensionen vermischen: Integrationspolitik, die Auswirkungen von Segregation, ein bestimmtes Staatsverständnis und damit verbundene Forderungen. Auch wenn sich in der Revolte eine spezifisch französische Problematik zeigt, so finden sich darin doch allgemeine, mehr oder weniger auf andere Städte übertragbare, Probleme. Einen Vergleich der Integrationspolitiken in Wien und Paris fände ich sehr spannend. Besonders viel erwarte ich mir von dem Austausch zwischen Stadtplanung und Sozialwissenschaften. Wie ich schon im Seminar von Gesa Witthöft zu Raum und Geschlecht gemerkt habe, ist es unglaublich bereichernd, wenn verschiedene Blickwinkel aufeinander treffen. Das ist es auch, was ich mir in erster Linie von der Exkursion erhoffe, nämlich einen interdisziplinären Zugang zur Stadt, zu städtebaulichen Entwicklungen und zu sozialen Spannungen zu bekommen. Französisch habe ich sechs Jahre in der Schule gelernt und seither eher wenig gesprochen. Ich verstehe aber ganz gut (Zeitung, Filme) und habe mich in Frankreich immer damit durchschlagen können. 2.9 Michael Pillei, 0026340, Raumplanung Als Soziologiestudentin mit einem Schwerpunkt auf Raumsoziologie interessiert mich in erster Linie das Zusammenspiel von sozialen und räumlichen Aspekten in einer Stadt. Welcher Zusammenhang besteht zwischen Stadtplanung und Integrationspolitik? Wie sind Ethnizität, Gender und andere die Gesellschaft strukturierende Prinzipien mit dem Raum verknüpft? Auch wenn in den vergangenen Jahren das Thema Raum in die Soziologie Einzug gehalten hat, wird in der traditionellen soziologischen Lehre der Raum nach wie vor ausgeklammert. Das Angebot des ISRA hat für mich schon in den letzten Semestern diesem Defizit entgegensteuern können: Ich habe dort Seminare (Urban Restructuring, Raum und Geschlecht) und eine Vorlesung (Wohnen im gesellschaftlichen Wandel) besucht und mich darüber hinaus am Institut der Soziologie der Uni Wien in einem zweisemestrigen Forschungslabor mit Segregation in Wien beschäftigt (u. a. Interviews mit Jugendlichen, Beobachtungen). Diesen Schwerpunkt möchte ich gerne noch vertiefen. Die Exkursion nach Paris klingt für mich in diesem Zusammenhang aus mehreren Gründen viel versprechend: Die Stadt, die ich von drei kürzeren Aufenthalten kenne, Paris – allein das Wort hat schon etwas Magisches. Die ersten Gedanken, die mir bei Paris einfallen, sind Tour Eiffel, Louvre, Invalidendom, Champs Elysées oder Mont Matre. Beim zweiten Gedanken fallen mir die Nationalbibliothek, Quartier du Temple, Mulin Rouge, Mode, Baguettes, Obelisk, Arc de Triomphe, la Grande Arche in La Défense ein. All diese Gedanken sind eigentlich sehr positiv behaftet und das, was sich der Otto-Normal-Tourist so von Paris denkt. Das ist ein Anfang aber sicher nicht alles. Wenn ich dieser Tage die Zeitungen aufschlage, bietet sich ein anderes Bild von Paris. Zum einen lese ich, dass es ganz normal ist, wenn in der Banlieue von Paris nur ca. 80 – 100 Autos pro Nacht in Brand gesteckt werden und nicht 400 wie in Spitzenzeiten, wie vor einem Jahr. Zum anderen lese ich von Studentenunruhen, die denen von 1968 sehr ähnlich zu sein scheinen. Studenten besetzten ganze Universitäten und liefern sich Handgemenge mit der Polizei. Wenn ich mir das für unsere Universitäten vorstelle, kann ich das kaum nachvollziehen. 12 13 2.9.1 Was symbolisiert Paris für mich? Somit zeigt sich das Paris dieser Tage mit einem zweifachen Gesicht. Zum einen die Stadt der Mode, des Glanzes und der französischen „Größe“, zum anderen Ort von Gewalt, sozialen Konflikten und vielerlei Unstimmigkeiten. 2.9.2 Warum möchte ich mitfahren? Es ist genau das oben beschriebene Flair, dass diese Stadt momentan so interessant macht. Ein wichtiger Punkt für mich selber wird die Art und Weise des Parisers an sich sein. Speziell die von Reichtum nicht sehr gesegneten Vorstädte sind hier Quell verschiedener Einflüsse. Aus Gesprächen mit Freunden, die auch in Paris studiert haben, weiß ich, dass es kaum einen Austausch zwischen den mittelständischen und sozial höheren Bevölkerungsgruppen der „echten“ Franzosen und der mittlerweile in zweiter oder dritter Generation lebenden maghrebinischen Bevölkerung gibt. Durch die relative Armut scheint es hier zu einer Konfliktsituation gekommen zu sein, in die auch religiöse Motive hineinspielen. So wurden bei den Krawallen im Herbst oft religiöse – meist islamische – Einflüsse als Drahtzieher ausgeforscht. In postmodernen Gesellschaften, wie sie in Paris vermutlich sehr ausgeprägt sein sollte, sind dies interessante Tendenzen, die eigentlich eine Rückbewegung darstellen. Ob dies so ist und wie hier die Stadtplanung einwirkt würde für mich im Vordergrund stehen. 2.9.3 Was erwarte ich mir von der Exkursion nach Paris? Das Betrachten des Programms macht mich schon sehr gespannt auf Paris. Wenn es in dieser Art und Weise durchgezogen werden kann, erfüllt es meine Erwartungen an diese Exkursion. Da ich mich schon mit den Begriffen Sanierung, Revitalisierung und Quartiersmanagement im Rahmen von Stadterneuerung in Wien beschäftigt habe, freue mich speziell auf das ZAC sowie die Gentrification-Führung. Ich war einmal für wenige Stunden in Paris und habe hier vor allem noch La Défense und la Grande Arche in Erinnerung. Dieser komplett neu geplante Stadtteil hat eine eigene Faszination, die sich durch Größe, Schein und Leere auszeichnet. Da dies allerdings schon zehn Jahre her ist, bin ich gespannt, wie es heute dort aussieht. Sehr gespannt bin ich auch auf den Vortrag über die soziale Ungleichheit und die Strategien dagegen (besonders im Hinblick auf die oben geschilderten Unruhen). In diesem Zusammenhang finde ich auch den letzten Tag, mit seinem IslamSchwerpunkt, sehr gut. Des weiteren erwarte ich mir neue Eindrücke vom Leben in einer Großstadt, neue Aspekte im Umgang mit (zu sanierenden/zu entwickelnden) Räumen, über neue Ansätze und Methoden zum Umgang mit sozialen und daraus resultierende räumlichen Problemen. Der zwischenmenschliche Kontakt sollte allerdings auch nicht zu kurz kommen, so erwarte ich mir auch neue Leute kennen zu lernen und eine schöne Zeit in Paris zu erleben. 2.9.4 Welche Impulse könnten mir die Exkursion für mein weiteres Studium geben? Der Umgang mit Erneuerung hat an jedem Ort neue Facetten. In Wien liegt der Focus auf der sanften Stadterneuerung, die durch das Quartiersmanagement und auch durch die lokale Agenda 21 getragen und forciert wird. Von Paris hören wir Dinge wie „Kahlschlagrevitalisierung“, die eine komplett andere Herangehensweise 14 vermuten lassen. Diese Unterschiede in der Mentalität und in der Methodik werden mich sicher Manches noch differenzierter sehen lassen. Die Verfahren, wie raumplanerische Probleme angegangen werden, lernen wir hier in Wien recht gut für kleinere Gemeinden und Dörfer, und auch für größere Agglomerationen wie Wien. Wie Probleme in wirklich großen Städten angegangen werden und was es da noch für zusätzliche Problemfelder gibt, wird aber in Wien kaum bis gar nicht vermittelt. Speziell hier hoffe ich auch neue Impulse und Einsichten zu bekommen. 2.9.5 Sprachkenntnisse Französisch habe ich an sich sehr gern gesprochen, es könnte nur etwas eingerostet sein: 4 Jahre Schulausbildung. 2.10 Andrea Pumberger, 0425712, Raumplanung “Go to the district and get the feeling!” (Robert Ezra Park) Für mich steht diese Exkursion unter dem Forschungsmotto bzw. Forschungsinteresse von Robert Ezra Park: „Wissen durch Erfahrungen“. Diese Erfahrungen und eine gewisse Binnenperspektive sind unerlässlich für die Raumplanung und für jede Entscheidung auf diesem Gebiet. Ich glaube, diese Exkursion nach Paris wird meinen persönlichen Horizont in diesem Bereich bedeutend erweitern und mich auch für die Probleme von bestimmten sozialen Gruppen stärker sensibilisieren. Ich studiere Raumplanung im 4. Semester und bin über diese Exkursion während des Fachschafts-Cafés gestolpert – und war sofort begeistert. Während meiner Schulzeit lernte ich fünf Jahre Französisch, neben Englisch und Italienisch. Dieses Grundwissen wurde noch während eines einwöchigen Auslandsaufenthalt bei einer Familie an der Côte d’Azur verstärkt. Leider konnte ich seit meiner Schulzeit Französisch nicht mehr praktisch anwenden. Vor drei Jahren war ich bereits einmal für fast zwei Wochen in Paris. Meine Erinnerungen daran sind sehr persönlich eingefärbt: Mein Bruder studiert Französisch an der Uni Wien, doch noch vor Beginn seines Studiums verbrachte er ein halbes Jahr in Paris. Mit Gelegenheitsjobs wie Nachhilfelehrer für Deutsch oder Verkäufer bei McDonalds finanzierte er sich diesen Aufenthalt. Er versuchte innerhalb dieser Monate die französische Kultur kennen zu lernen und verbesserte seine Sprachkenntnisse. Für mich eröffnete sich dadurch die Möglichkeit, ihn in Paris zu besuchen. Dabei beschränkte ich mich hauptsächlich auf die touristische Seite der Stadt, bekam aber durch meinen Bruder auch Informationen von der „wirklichen“ Stadt - mein Interesse und meine Begeisterung für diese Metropole waren geweckt. Allerdings ist es eben einfacher Eiffelturm, Louvre oder Musèe d’Orsay zu besichtigen, als in eine Stadt einzutauchen bzw. sie richtig zu erforschen. In so kurzer Zeit ist das sowieso unmöglich! Das ist ein Grund, bei dieser Exkursion dabei zu sein. Paris sozusagen von der Innenseite zu entdecken, abseits von Touristen die sozialen Probleme, und Lösungsansätze dieser Stadt kennen zu lernen. Ein bisschen Robert Ezra Park spielen oder zumindest den ersten Teil seines Forschungsansatzes versuchen zu realisieren: „Go to the district and get the feeling!“ Meiner Meinung nach sind die Erfahrungen von Quartiersmanagern und Sozialarbeitern unbedingt notwendig für die Behandlung und Lösung von sozialen Konflikten und Spannungen. 15 Das Studium Raumplanung an der TU Wien ist, wie ich finde, sehr stark auf Wien bzw. Österreich zugeschnitten. Stadtplanerische Ideen und Aspekte anderer europäischer Städte werden meist nicht diskutiert. Alles bezieht sich auf die österreichischen Abläufe, Gesetze und Vorgehensweisen. Meines Erachtens werden zu wenige Vergleiche zu anderen Herangehensweisen an städtische Probleme in anderen Ländern gemacht. Diese Exkursion bietet die Möglichkeit, die Entscheidungsfindungen und die -hierarchien in Frankreich kennen zu lernen. Wer entscheidet über raumplanerische und städtebauliche Konzepte und Programme? Wie ist die politische Hierarchie in Frankreich? Die Möglichkeit, einen Einblick in die Entscheidungsstrukturen von Frankreich und Paris zu gewinnen, möchte ich unbedingt ergreifen! Frankreich ist ja auch ein Beispiel für sehr hohe Ausländeranteile! Ein Problem, das in vielen anderen Städten ebenfalls immer mehr zunimmt. Wie wird in Paris mit dieser Entwicklung umgegangen? Wird die Segregation gefördert bzw. unterschützt oder wird alles gegen eine Durchmischung der unterschiedlichen Bevölkerungsgruppen getan? Wie wirken die Maßnahmen der Regierung tatsächlich, oder signalisiert das öffentliche Frankreich nicht genau das Gegenteil, beispielsweise die Aussagen des französischen Innenminister Nicolas Sarkozy bezüglich der Jugendkrawallen. Durch die aktuellen Anlässe der Unruhen in den Pariser Vororten gewinnt dieses Thema natürlich an Brisanz und Explosivität. Denn offensichtlich werden solche Probleme erst erkannt, oder besser gesagt eine positive Veränderung erst erwünscht, wenn die Situation eskaliert. Auch mein Bruder realisierte während seiner Zeit in Frankreich ein ablehnendes Verhalten der Franzosen gegenüber Ausländern. Teilweise war diese Ablehnung auch hervorgerufen durch die damals erst seit kurzem aufgehobenen EU-Sanktionen gegen Österreich, doch die Reserviertheit der Franzosen ist sicherlich auch ein Grund für die nicht erfolgreiche Eingliederung der Immigranten in Frankreich und eine Orientierungslosigkeit, vor allem der zweiten Immigrantengeneration. All das sind Gründe für mein Interesse an dieser Exkursion! Die Chance, eine Woche mit solchen geballten Eindrücken und Fachwissen von Paris zu erlangen, wird wohl nie wieder kommen und ich hoffe, dass Sie mir diese Chance geben werden! 2.11 Andreas Putlitz, 0426866, Raumplanung 2.11.1 Jugendgewalt in französischen Banlieues Die Berichterstattung über die Krawalle in den Banlieues hat die alte Frage in meinem Kopf – welche auch für meine Studienwahl ausschlaggebend war - wieder aufkommen lassen: Wie viel Raum steckt in den Handlungen und Gefühlen der Menschen? Was wurde bei der Gestaltung eines Raumes eventuell „falsch“ gemacht? Und vor allem: Wie kann man es besser machen? Ich wünsche mir hier vom Standpunkt der Soziologie – welcher für mich auch der interessanteste bei diesem Thema ist – Aufklärung und Diskussion. Vielleicht treffe ich Menschen, die dieses Thema auch so bewegt. 2.11.2 Quartiersentwicklung in Wien und in Paris Ich komme aus Heidelberg, einer mit 130.000 Einwohnern nicht sonderlich großen, aber bestimmt bedeutenden Stadt im Südwesten von Deutschland. Bestimmt die schönste Zeit meiner Schullaufbahn war, als wir begonnen haben, das Nachtleben 16 der Altstadt selber kennen zu lernen. Für mich ist das mit guten Freunden an Straßenrand oder auf den Stufen der Heiliggeistkirche zu sitzen und gemütlich Bier zu trinken oder in der „unteren Straße“, der Partymeile von Heidelberg, in der sich Bar an Bar reiht, Bekannte aus der Schule zu treffen. Umso enttäuschender ist es für mich auf meinen sporadischen Heimaturlauben zu sehen, wie das Leben im Stadtkern Heidelbergs immer mehr verschwindet - eine Tendenz, unter der meines Wissens viele Städte leiden. Daher würde ich gerne Instrumente kennen lernen, wie man die Stadt als Zentrum des sozialen Miteinanders wieder erwecken, und Tendenzen zur Privatisierung des öffentlichen Raums auffangen kann. 2.11.3 Was symbolisiert Paris für mich? Ich war noch nicht oft in Paris. Mit 16 Jahren hatte ich einmal die Möglichkeit, mit Freunden als Abschluss einer Frankreich-Interrail-Reise Freunde der Familie in Paris zu besuchen. Auf der obligatorischen Auto-Sightseeing-Tour ist das, was mir am lebendigsten in Erinnerung geblieben ist, ein Bankautomat, der von einigen Jugendlichen belagert wurde. Unser Fahrer erklärte uns dazu, dass sie nur darauf warten würden, dass ein Tourist sich Geld abholen käme, um es ihm postwendend wieder abzunehmen. Das war für mich insofern etwas Besonderes, weil ich Ähnliches bisher nur aus mittelmäßigen US-Serien kannte, aber noch nie mit eigenen Augen gesehen hatte. Paris ist für mich seitdem ein Symbol für eine prächtige Stadt mit Kultur und urbanen Leben im Zentrum, die umgeben ist von einer Peripherie mit den abgeschobenen Opfern einer gescheiterten Integrationspolitik. 2.11.4 Impulse Als langfristige Ziele meines Raumplanungsstudiums sehe ich einerseits die Neugestaltung und Aufwertung von Quartieren, andererseits reizt mich auch eine europäische Variante mit internationaler Raumentwicklung. Insofern hoffe ich, dass mich die Exkursion bei der Entscheidung zu einer Spezialisierung auf eines der beiden Gebiete unterstützt. 2.12 Aridiana Salgado Sendra, 0526522, Erasmus Bauingenieurwesen Die Möglichkeit in einer fremden Universität zu lernen und Kenntnisse von einem verschieden Standpunkt als ich angewohnt bin zu bekommen, hat mir geholfen die Probleme anders zu verstehen oder gegenüberzustellen. Die Raumplanung hat mich immer interessiert, wie kann man den Leuten aus der Groβstadt helfen und ihr Leben verbessern, aber vor allem die städtische Kanalisation. Aus diesem Grund habe ich mein Studium für Bauingenieurwesen an der Technischen Universität aus Katalonien angefangen, mit der Spezialisierung Raumplanung. Im Laufe von meinem Studium habe ich viele Information bekommen, wie man muss und darf nicht bebauen, genauso wie die historischer Städtebau und die Formen von Stadtmodellen. Im 19. Jahrhundert findet die Stadterneuerung in Westeuropäischen Groβstädten statt, groβe Veränderung, begründet durch die Notwendigkeit einer besseren Sanierung und einer besseren Befahrbarkeit. 17 Ich habe gute Kenntnis aus den Stadtentwicklungsplanungen aus Barcelona und Wien, wie diese Veränderungen stattgefunden haben, beide mit einer Erweiterung Planungsmethodik, die von Barcelona mit einer Rasterplane und die von Wien mit einem radialkonzentrisches Projekt. Die Möglichkeit in beiden Städten zu leben, hat mir geholfen, die theoretischen Kenntnisse am gebauten Beispiel zu studieren und besser zu verstehen. Das ist einer von den Gründen, warum ich diese Exkursion machen will, um die Stadt von Paris besser zu kennen, weil sein Stadterneuerungsplan keine Erweiterung ab der Innenstadt folgt, sondern eine total Erneuerung von dieser, und die Bau von groβen Boulevards. Man sagt, dass das wichtigste und berühmteste Bauvorhaben aus Paris ist sein Kanalsystem. Die Möglichkeit es zu besuchen wäre wunderbar, weil es eigentlich einer der Gründe ist, warum ich Bauingenieurwesen studiere. Im Moment bin ich zwischen 8. und 9. Semester meines Studiums, und nächstes Jahr muss ich die LVA Sozial Aspekte der Raumplanung besuchen, die Möglichkeit die Exkursion zu machen, würde mir auch sehr helfen, die Inhalte aufzunehmen. Meine Muttersprachen sind Katalanisch und Spanisch, und ich spreche auch Englisch und Deutsch. Zwei romanische Muttersprachen zu haben hilft mir andere romanische Sprachen zu verstehen, deswegen kann ich Französisch verstehen wenn ich lese, und auch ein bisschen, wenn ich höre. Ich hoffe dass mir diese Möglichkeit eine gute Erfahrung bringen wird. 2.13 Hannah Steiner, 0125745, Raumplanung 2.13.1 Warum möchte ich mitfahren? Wie ich unten beschreibe, liegt mir Paris sehr nahe. Von verschiedenen Seiten habe ich Paris kennen gelernt. Nur mit der raumplanerischen Seite habe ich mich noch nicht im Speziellen auseinander gesetzt. Ich kenne die Stadt so gut, dass es schade wäre, wenn ich als Raumplanungsstudentin nicht mehr über die städteplanerischen Aspekte wissen würde. 2.13.2 Was erwarte ich mir von der Exkursion nach Paris? Meine Erwartung von der Exkursion ist, Paris aus einem anderen Blickwinkel zu sehen, Neues zu entdecken und Paris besser zu verstehen. Mich interessiert, wie sich Paris entwickelt hat, warum „HLM“ in den 70ern so populär waren zu bauen bzw. wie Vorschläge aussehen, die heutige Problematik zu verbessern, wie die Stadt mit den extrem hohen Mieten umgeht, ob das Erneuerungsprojekt „Les Halles“ realisiert wurde und welche Effekte es hat, ob es eine Studie über das Viertel „la Defense“ gibt (inwieweit auch bekannt ist, dass vor allem in der Nacht für Bewohner der Nachhauseweg von der Metro nicht besonders sicher ist, ob es Pläne für bessere Weggestaltungen gibt bzw. Wege ohne viele Versteckmöglichkeiten zu schaffen,...), ob es Verbesserungsvorschläge gibt für das Viertel „Chateau Rouge“ ohne die arme Bevölkerung auszusiedeln und vieles mehr. 2.13.3 Was symbolisiert Paris für mich? Paris ist für mich wie eine zweite Heimat. Seitdem ich ca. 10 Jahre alt war bin ich jährlich ein- bis dreimal dorthin gefahren, um meinen Bruder und seine Familie zu besuchen. Nach meiner Matura habe ich für ein Jahr dort gelebt. Zuerst war ich ein Aupair-Mädchen, nach Kurzem begann ich in einem Geschäft als Verkäuferin zu 18 arbeiten. Zuletzt war ich vor 2 Jahren dort und habe ein zweimonatiges Fotografiepraktikum absolviert. Ich kenne diese Stadt sehr gut. Ich fühle mich wohl, wenn ich durch Paris spaziere. Viele Erlebnisse lassen mich an Gutes, Schönes und sehr Persönliches erinnern. In Paris bin ich zum ersten Mal in meinem Leben auf eigenen Füßen gestanden, ohne Hilfe von meiner Familie. Da mein Bruder seit 2 Jahren nicht mehr dort wohnt, bin ich nicht mehr hingefahren. Es fehlt mir. Ich vermisse Paris richtig, weil ich damit aufgewachsen bin. 2.13.4 Welche Impulse könnte mir die Exkursion für mein weiteres Studium geben? Was ich mir selbst als Impuls erwarte ist, dass mir klarer wird, in welche Richtung in der Raumplanung ich gehen will. Ob mich Stadtplanung und alles was damit zu tun hat tatsächlich mehr als anderes interessiert. Ich möchte auch gerne herausfinden, ob Wien mir für mich „groß“/„Weltstadt“ genug ist. 2.13.5 Sprachkenntnisse Zwischenmenschlich: sehr gut; professionell: gut 2.14 Felix Sternath, 0225125, Raumplanung, dz. Mailand (Erasmus) „Der Sternath nervt schon wieder. Jetzt, wo er in Italien sitzt, haben wir endlich einmal eine Zeit lang Ruhe von ihm. Dachten wir. Und jetzt will er an der wunderbaren Paris-Exkursion teilnehmen. Das wäre ja total mühsam: Nicht nur, dass wir uns jetzt seinetwegen organisatorisch noch ein zusätzlichen Haxen ausreißen müssen (Treffpunkt bei der Anreise, Spezialaufgaben für die Leistungserbringung, wahrscheinlich mag keineR mit ihm ins Zimmer, usw.), würde seine Anwesenheit vor Ort wieder einmal einer beinahe alttestamentarischen Plage gleichkommen. Blödes Nachfragen und Infragestellen sind dabei nur der Gipfel des Eisberges!“2 „Ich will es trotzdem versuchen!“3 Ich habe ein Problem: Je größer, vielfältiger und lieber besucht eine Stadt ist, umso weniger gelingt es mir bei einem Aufenthalt in ihr, einen brauchbaren Eindruck von ihr zu bekommen. Was soll man sich abseits der großen Sehenswürdigkeiten ansehen, um zumindest ein wenig „einzutauchen“ und die Vorzüge und Probleme einer Stadt ansatzweise zu erkennen und Stück weit „mitzuerleben“? Exakt dieses Problem hat mich bisher davon abgehalten, nach Paris zu fahren (dasselbe gilt übrigens für London). Was ist „wichtig“ und womit soll ich beginnen? Die Gefahr, den sprichwörtlichen Wald vor lauter Bäumen nicht zu sehen, erschien mir groß. Ihr habt die Lösung: Diese Paris-Exkursion bietet das, wonach ich (z. T. nicht bewusst) gesucht habe: Die Vorstellung einer Metropole mit einem Schwerpunkt auf Aspekte, die mich interessieren, samt Einblicken, die man sonst wahrscheinlich nie gewinnen kann. Soviel zu meiner allgemeinen Motivation. Die RPL-Ausbildung in Mailand ist im Vergleich zu Wien sehr auf Frankreich bezogen. Neben der häufigen Verwendung französischer AutorInnen für die Lehre wird auch regelmäßig der Vergleich der italienischen Situation mit Frankreich gewagt. 2 3 Quelle: Abhörprotokoll der ISRA-Kaffeeküche, Wien, März 2006 Quelle: Abhörprotokoll von Felix’ WG-Zimmer, Mailand, März 2006 19 Speziell die Unruhen im vergangenen November wurden oft zum Anlass genommen, über die „eigene“ Situation und die Möglichkeit ähnlicher Ereignisse in Italien nachzudenken. Dabei wurde viel unternommen und geboten: Wir haben uns Turin angesehen, eine Millionenstadt, in der in den letzten zehn Jahren mehr als ein Zehntel aller Arbeitsplätze verschwunden ist (Fiat!) und die – Olympia hin oder her seit Jahren mit sozialen Konflikten, einem schleichenden Bedeutungsverlust und einem nicht nur baulichen „Verfall“ konfrontiert ist. Dort ist man aber sehr bemüht, eine Wende herbeizuführen, und langsam stellen sich Erfolge ein. Erfolge, die mittlerweile dazu geführt haben, dass französische Stadtregierungen nach Turin pilgern, um etwas zu lernen. Ähnlich bemüht ist Mailand. Und weil hier im April der/die BürgermeisterIn gewählt wird, gibt es auch zahlreiche Veranstaltungen, bei denen die Bemühungen vorgestellt und die Erfolge hergezeigt werden. Ich war bisher immer dabei. So, jetzt kenne ich die Situation von zwei der wichtigsten mitteleuropäischen Metropolen und habe oft gehört, dass hier irgendetwas – im Gegensatz zu Paris (und den anderen französischen Großstädten – besser ist und anders gemacht wird. Die Krönung wäre also jetzt noch ein Kennenlernen der „anderen Seite“! Diese norditalienischen Erfahrungen würden – stets im Hinterkopf behalten – nicht nur mir helfen, meine persönlichen Eindrücke während der Paris-Exkursion einzuordnen und zu beurteilen. Gerne teile ich sie auch mit den anderen TeilnehmerInnen! Auch tagesaktuelle Ereignisse – seien es französische oder italienische – motivieren mich in hohem Maße, Paris kennenzulernen. Auch in Italien waren bis vor kurzem Universitäten im Kampf gegen neue Gesetze der Regierung besetzt und vor zehn Tagen haben auf Mailands größter Einkaufsstraße zahlreiche Autos gebrannt. Norditalienische Minister fordern den Abschuss von aus Afrika übersetzenden Flüchtlingsschiffen und tragen in Gegenwart von Fernsehkameras T-Shirts mit aufgedruckten „Mohammed-Karikaturen“. Weiters wird derzeit heftig über die Wohnungsnot in fast allen italienischen Metropolen diskutiert. Während der Siedlungsdruck bis in die Neunzigerjahre vor allem auf neue Stadtteile „außerhalb“ besonders stark war (gilt bis heute im Süden, z. B. Neapel oder Palermo), drängen heute die „kreativen Milieus“ und in der Folge „Reiche“ in die alten Zentren. Vor allem Studierende und alteingesessene GeschäftsinhaberInnen leiden unter den gegenwärtigen Mietpreisschüben. Der derzeitige Programmvorschlag lässt mich erwarten, dass ich in allen bis hierher dargelegten Themenfeldern eine wertvolle und hochwertige Erweiterung meines Wissens (oder eher „Erfahrungsschatzes“) erleben werde. Gleichzeitig wird es möglich sein, auch das „touristische“ Paris bis zu einem gewissen Grad mitzubekommen. In Summe erhoffe ich mir, nach absolvierter Paris-Exkursion und mit den italienischen Erfahrungen, ein umfangreiches und mitunter abgerundetes Bild der erwähnten Themenkomplexe zu besitzen. Dieses gilt es dann, zurück in Wien, weiterzuentwickeln und in Zukunft stets in Hinterkopf zu bewahren und bei Bedarf als Referenz (auch hier finde ich den Begriff „Erfahrungsschatz“ angebracht) herbeizuziehen. Um abschließend noch die ausstehenden Fragen zu den Themen „Parisbild“ und „Sprachkenntnisse“ zu beantworten: Mein Parisbild beschränkt sich auf durch „die Medien“ vermittelte Klischees, die wahrscheinlich leicht enttäuscht werden können oder nicht stimmen (z. B. ist ja die Mona Lisa nur winzig klein und angeblich uuuur fad) und irgendwelche Schwärmereien von francophilen FreundInnen. Meine Sprachkenntnisse lassen sich – freundlich beurteilt – als Rumpf eines in vier qualvollen Mittelschuljahren angeeigneten Touristen- und Smalltalkwortschatzes beurteilen. Paris übt wohl auf jeden Menschen eine besondere Faszination aus, nicht zuletzt wegen seiner geschichtlich bedeutender Position und seiner multikulturellen und künstlerischen Vielfalt. Die Stadt vereint sowohl das Alte als auch Neue, und lässt beides nebeneinander in einer kontrastreichen aber dennoch harmonischen Art zur Geltung kommen. Dadurch ist Paris besonders für die Raumplanung eine äußerst spannende Stadt. Mir ist es bis jetzt noch leider nicht gelungen, Paris persönlich kennen zu lernen, aus diesem Grund möchte ich gerne an der Exkursion teilnehmen. Weiters bietet einem das vielfältige Programm die Möglichkeit die Stadt auch abseits der Touristengebiete kennen zu lernen, und somit ein besseres Gefühl für die Stadt zu entwickeln. Paris ist eine Stadt mit langer Tradition, eine Stadt, von der aus viele der bedeutendsten Entwicklungen Europas ausgegangen sind. Paris ist immer die Stadt der Künstler und auch die der großen Revolutionen gewesen. Dies hat sich, wie man anhand der Entwicklungen des letzten Jahres sehen kann, auch nicht sehr verändert. Ich denke, dass die Geschehnisse in den Pariser Vororten im letzten Herbst auch für andere europäische Städte von großer Bedeutung sind. In den meisten europäischen Städten konzentriert sich die ausländische Bevölkerung in gewissen Stadtteilen, was bisher kaum zu bedeutenden Konflikten geführt hat. Anhand von Paris lässt sich klar erkennen, dass die Situation oftmals schon sehr angespannt ist und nur ein Funke fehlt, der zur Eskalation führt. In den Pariser Vororten schlagen sich die Disparitäten im Raum zwischen den unterschiedlichen Bevölkerungsklassen sehr deutlich nieder. Nun ist es eine wichtige Entscheidung seitens der französischen Politik, wie sie mit diesem bereits sehr empfindlichen Thema in Zukunft umgeht. Die Tatsache, dass es einer Verbesserung der Lebensqualität der dort lebenden Menschen bedarf, ist jedem klar, die Frage wie, man diese Änderung jedoch erreichen will,l ist sehr schwer zu beantworten. An Paris ist jedoch nicht nur seine soziale Vielfalt faszinierend, sondern auch die bauliche Entwicklung der Stadt. Frankreich hat alle bedeutenden Herrschaftsformen durchlebt und somit auch Paris, das Zentrum des Landes. Die Stadt ist sehr prunkvoll und traditionell und dennoch hat man keine Scheu davor, auch der gegenwärtigen Architektur in der Stadt Platz zu lassen. Auch das Thema der Stadterneuerung ist sehr spannend. In den meisten europäischen Großstädten gibt es derzeit Probleme mit der Nutzung von Beständen aus den vergangenen Jahrhunderten, da sie nicht mehr den heutigen Bedürfnissen entsprechen. So wird in Wien auch immer wieder diskutiert, ob die Bestände überhaupt noch erhaltungswürdig sind. Doch es wäre wichtig, Lösungen zu finden, in denen die Vergangenheit mit der Zukunft verbunden werden kann und die Vergangenheit nicht wegen der Zukunft ausgelöscht werden muss. Stadterneuerung wird in jedem Land anders gehandhabt bzw. umgesetzt, da man in den unterschiedlichen Kulturkreisen verschiedene Zugänge zur eigenen Geschichte und zur Architektur hat. Deshalb denke ich, dass solche Einblicke in die örtliche Raumplanung einer Stadt, wie sie diese Exkursion bietet, eine Bereicherung für die spätere raumplanerische Tätigkeit darstellen. Aus diesem Grund würde ich mich sehr darüber freuen, wenn ich die Möglichkeit bekäme, an der Exkursion teilzunehmen. 20 21 2.15 Anna Várdai, 0425721, Raumplanung 2.16 Jonas Vukic, 0526247, Raumplanung 2.17 Marlene Wagner, 0026860, Architektur Gespannt habe ich in den Medien die Berichterstattung über die Aufstände in der Banlieue in Frankreich mitverfolgt. Im Vorfeld habe ich schon sowohl in Französisch, als auch im Erdkundeunterricht in der Schule über die Disparitäten der in Frankreich, und im Besonderen der in Paris lebenden Völker gelernt, und somit war es für mich umso interessanter, dies mitzuverfolgen. Mich hat schon die Segregation und Integration sowie auch die Suburbanisierung in der Stadt, in der ich aufgewachsen bin, München, ziemlich interessiert (möglicherweise liegt auch der Hintergrund dieses Interesses daran, dass meine Eltern selbst früher nach Deutschland eingewandert sind). Ich bin schon öfter aus reinem Interesse in bestimmte Gegenden gefahren und habe versucht, Unterschiede zu erkennen, und mich gefragt, inwiefern die Bewohner der „schlechter“ angesehnen Vierteln – im Vergleich zu wohlhabenden Stadtteilen – benachteiligt sind. Wie wirkt sich das im Allgemeinen im Alltag aus, was sind die Gründe für die sozialen Konflikte und vor allem wie und was die Raumplanung machen kann, um die Lebensbedingung der Bewohner zu verbessern. Wie groß ist der Einfluss der Stadtplanung, -sanierung oder auch -„Vernachlässigung“, wie wirkt sie sich auf die soziale Mobilität bestimmter Gruppen aus. Gut finde ich, durch die Exkursion die Möglichkeit zu bekommen, Dinge praktisch und in der Realität, sowie „wertneutral“ zu erfassen. Zudem ist das in meinen Augen eine einmalige Möglichkeit, bei dieser Exkursion nach Paris, die touristischen Pfade zu verlassen, um zu sehen, wie ein Teil der Menschen wirklich wohnt und lebt. Unter professioneller Anleitung stadtplanerische Umsetzung und Erscheinung zu erkennen – und nicht wertbelastet aus der eigenen Perspektive zu beurteilen. Ich erinnere mich, bevor ich nach Wien gezogen bin und als Tourist die Stadt besuchte, hatte ich ein beachtlich anderes Bild, als heute. Besonders interessiert mich, kurz gesagt, bei dieser Exkursion die residenzielle Segregation in einer multikulturellen Großstadt wie Paris und deren näheren Umgebung, sowie die (schon teilweise länger bekannten) Probleme und Lösungsansätze. Paris ist eine der bedeutendsten Städte der Welt, Mode, Kunstzentrum, eine große, vielfältige, individuelle, lebendige Metropole, die sowie wirtschaftlich, politisch, als auch kulturell von größter Bedeutung für die westliche Hemisphäre ist. Vor allem jetzt, wo sich die europäische Stadt im Wandel der Zeit befindet, ist es eine Bereicherung für mich, dies anhand einer so wichtigen Großstadt wie Paris beobachten zu dürfen, die sich doch deutlich von beispielsweise deutschsprachigen Städten unterscheidet. Ich hoffe, durch die Exkursion meinen Horizont erweitern zu können, neue Erfahrungen zu sammeln, die mein Verständnis und meine Erkenntnisfähigkeit fördern, zudem eine Möglichkeit zu nützen, um eine grobe Orientierung für den weiteren Studienverlauf zu bekommen. Vor allem aber um – in meinen Augen - eine der interessanten Großstädte der Welt besser und auf eine andere Art kennen zu lernen. 22 Die gebaute Welt ist unser Lebensraum und die größte Frage für mich als Architektin besteht darin, wie ich diesen positiv oder auch negativ beeinflussen kann. Gerade Großstädte, mit ihrem stetigen Zuwachs bzw. auch teilweise wieder die Abwanderung Besserverdienender und Erscheinungen wie Gentrification und Segregation, müssen sich Gegebenheiten anpassen, um allen Bewohnern eine gewisse Lebensqualität bieten zu können. Der soziale Wohnbau bietet trotz all seiner, oder gerade deswegen, sozialpolitischen Komplikationen ein interessantes Feld der Praxis. Ich sehe es als Aufgabe von ArchitektInnen, Stadt- und RaumplanerInnen, so viel wie möglich über die bestehenden Situationen in Grosstädten zu lernen, diese zu untersuchen und zusammen mit den politischen Verantwortlichen und SoziologInnen an möglichen Richtungen/Veränderungen und Verbesserungen am Zusammenleben zu arbeiten. Das Verstehen von Zusammenhängen, in welcher Form Architektur direkte und indirekte Auswirkungen auf die NutzerInnen haben kann, deren Interaktionen beeinflusst und Barrieren schafft oder abbaut, muss Einfluss auf den Entwuf eines (Wohn)Gebäudes haben. Die Stadt als Lebensraum muss sich den Bewohnern anpassen und nicht umgekehrt. Städte waren und sind schon immer Orte, an denen die verschiedensten Kulturen aufeinander treffen. Gerade Paris ist ein gutes Beispiel. Auch durch die Rolle Frankreichs als Kolonialmacht leben hier schon seit Jahrhunderten Menschen verschiedener Herkunft bzw. Wurzeln. Es ist also schwer zu verstehen, wie so eine Stadt seit Ewigkeiten seine eigene Geschichte durch Abschiebung in schlecht erschlossene Randbereiche ignoriert und ausgrenzt und dabei andere neue Gebiete fördert, plant und aus dem Boden stampft. In deutschen Städten „spitzt sich“ ebenfalls das Problem des Zusammenlebens oder eben Nichtzusammenlebens verschiedener Ethnien oder Einkommensklassen zu. Auch Wien hat eine multikulturelle Geschichte und ist bezüglich sozialen Wohnbaus und Umgang mit verschiedenen Benutzergruppen vielleicht etwas sensibler und vor allem überschaubarer, doch zeichnen sich auch hier gewisse Bezirke durch sehr einschichtige Bewohnergruppen aus. Umso wichtiger erscheint mir eben dieser Blick ins nahe Ausland, auch wenn die Zusammenhänge vielleicht andere sind, gilt es doch, diesen Entwicklungen große Aufmerksamkeit zu schenken und vor allem Eskalationen wie in Frankreich durch gezielte Integrationsmaßnahmen weit vorzubeugen. Durch Exkursionen und Aufenthalte im Rahmen von Entwerfen verschiedener Abteilungen der TU Wien wurde mir schon die Möglichkeit gegeben, Einblicke in „gated communities“ in Florida, die Situation in New Orleans (vor der Flut) und vor kurzem die bis jetzt prägendsten und schockierendsten Einblicke in die zerteilte bzw. zerstückelte Stadt Johannesburg zu nehmen. Diese Städte bestechen durch, aus den verschiedensten Hintergründen, räumliche Ab- und Ausgrenzungen ihrer verschiedenen Bewohner. Leider hatte ich bis jetzt nicht die Gelegenheit, mich intensiv mit den genauen Umständen zu befassen, Hintergründe zu analysieren und den Raum zu dokumentieren. Meist konnte ich nur das Ergebnis der Unzufriedenheit, wie besonders in Johannesburg ein totales Fehlen von Sicherheit und Infrastruktur, und deren Auswirkung beobachten. 23 Mich beschäftigt der Lebensraum Stadt und die Problematiken im geballten urbanen Raum schon lange und als meine Freundin Cornelia Klettl mir ihre Idee ihrer Diplomarbeit der Ethnologie zu sozialem Wohnbau und den Problematiken des Zusammenlebens verschiedner Ethnien unterbreitete, war ich sofort begeistert und bereit, sie dabei zu unterstützen. Eine europäische Stadt, die seit langem ihre Probleme und ihre eigenen Bewohner zu negieren versucht, bis es zu Gewalt und Aufständen kommt, welche medial um die ganze Welt gehen, genauer unter die Lupe zu nehmen. Die filmische Dokumentation unseres Aufenthalts und die gemeinsame Analyse der gebauten Wohnsituation steht dabei im Vordergrund. Von der Exkursion erwarte ich mir einen guten ersten Einblick bzw. Zugang zu diversen Instanzen und Orten. Ein Überblick über herrschende Stadtplanung, welche Tendenzen für die Zukunft geplant sind, eine Einführung zu den brisanten Schauplätzen und Vermittlung konkreter Probleme und Lösungsansätze. Auch das Erlernen bzw. Beschäftigen mit wissenschaftlichen Herangehensweisen zur Untersuchung, Dokumentation und Aufzeigen des städtischen Lebensraums wäre mir ein großes Anliegen. Die Beantwortung bzw. Diskussion vieler Fragen, die mich seit meinem Aufenthalt in Johannesburg überfordern, aber durch die Erarbeitung an einem europäischen Beispiel vielleicht etwas konkretisiert werden können. Wie es zu jahrelangem ignorieren der Vorstädte bzw. gewisser Stadtgebiete kommen kann? Wie räumliche Grenzen gebildet werden, die ein soziales Miteinander unterbinden bzw. wie sie sich entwickeln? Wie sich diese Ungleichheiten innerhalb eines Stadtgefüges auf deren Bewohner auswirken? Welche Kräfte sich durch solche Missstände entwickeln und welche Möglichkeiten hat der/die PlanerIn, diese in sinnvolle Bahnen zu lenken? Welche Rolle spielt die Architektur in diesen Konflikten – und hat sie für sich überhaupt eine Relevanz als Steuerungsinstrument? Wie kann das Verständnis gefördert werden, dass ökonomische Architektur nicht schlecht sein muss und dass auch gute Architektur kein Allheilmittel ist? Wie können PlanerInnen, oder können sie überhaupt, die Politik überzeugen, Gelder nicht nur in die touristisch wertvollere bzw. in einkommensstärkere Stadtteile fließen zu lassen? Wie kann den Problemen vorgegriffen werden oder welche Strategien können diese gebauten Grenzen, Ghettos und Zonen langsam aufheben? Ich denke nur eine Zusammenarbeit von ArchitektInnen, Stadt- und RaumplanerInnen, SoziologInnen, EthnologInnen und PolitikerInnen kann Erkenntnisse für die zukünftige Projekte gewinnen. Viel zu oft stehen sich diese auf verschiedenen Seiten gegenüber. Ich halte es für sehr wichtig, hier interdisziplinär zu agieren, um ein komplexes Problem aus diversen Zugängen zu hinterfragen und dadurch zu Lösungsansätzen zu kommen. 24 3 Internetrecherche 25 3.1 Canal de Saint Martin4 Der Canal Saint-Martin ist ein Kanal im Nordosten von Paris im 10. Arrondissement, der gemeinsam mit dem Canal Saint-Denis zwei Teile der Seine verbindet und dadurch Schleppschiffen 12 km Flussstrecke erspart. Heute wird er allerdings kaum noch genutzt, durch seine pittoreske Gestalt, die die vergangene Betriebsamkeit noch erahnen lässt, ist er jedoch zu einem beliebten Erholungsgebiet geworden. Der Kanal hat eine Länge von ca. 4.550 m, auf der dank neun Schiffsschleusen ein Niveauunterschied von ca. 25 m überwunden wird. Ein Teil des Kanals verläuft in einem Tunnel. Er wurde im Jahr 1825 eröffnet, nachdem sein Bau unter der Herrschaft des Napoléon Bonaparte im Jahr 1802 beschlossen worden war; die ersten Anregungen erfolgten jedoch bereits in der Zeit des Ludwig XIV.. Einige Teile des Kanals wurden in den Jahren 1862 und 1907 überdeckt. 1963 entstand der Plan, über dem Kanal eine Autobahn zu bauen, die die Flughäfen Le Bourget und Orly verbinden sollte. Das zu erwartende Verkehrsaufkommen von 6.000 Fahrzeugen pro Stunde in beiden Richtungen führte jedoch zu Protesten der Anwohner, das Projekt wurde eingestellt und am 15. Dezember 1971 endgültig zu den Akten gelegt. Am Canal Saint-Martin befinden sich zahlreiche Industriegebäude aus dem 19. Jahrhundert, wie auch die Rotonde de la Vilette aus den Jahren 1786-1792, die von Claude-Nicolas Ledoux im Stil des Klassizismus entworfen wurde. Der Kanal ist in einigen bekannten Filmen zu sehen, darunter Hôtel du Nord aus dem Jahr 1938 und Die fabelhafte Welt der Amélie aus dem Jahr 2001. Er wurde ebenfalls in einigen Romanen beschrieben, u.a. von Léo Malet und Georges Simenon, sowie von Jacques Tardi gezeichnet. Größtenteils sind der Charme der Zone die Geschäfte, Cafés und Bars, die am Ufer sind. Es ist es möglich, in vielen dieser Orte gute Musik live zu hören: Jazz, Pop, Rock oder chanson française. Quai de Valmy ist eines der Epizentren dieses beliebten Bezirkes in Paris. Hier, auf beide Seiten des Kanals, wird eine moderne und alternative Atmosphäre in den Räumen geatmet. Der Kanal wird von jungen Leuten, die seine angenehme und entspannte böhmische Atmosphäre suchen, bevölkert. Wenn das Wetter gut ist, werden die Straßen nahe bei dem Kanal von den Straßencafés gefüllt. Mauretanien, Oman, Palästina, Katar, Somalia, Der Sudan, Syrien, Tunesien und der Jemen. Stiftung französischen Rechts, das IMA ist geplant worden, um bekannt die arabische Kultur zu geben. Er ist heute eine echte "kulturelle Brücke" zwischen Frankreich und der arabischen Welt. Das IMA hat sich drei Ziele festgelegt: - in Frankreich die Studie, die Kenntnis und das Verständnis der arabischen Welt, von seiner Sprache, von seiner Zivilisation und von ihrer Entwicklungsanstrengung zu entwickeln und zu vertiefen. - den Kulturaustausch, die Mitteilung und die Zusammenarbeit zwischen Frankreich und der arabischen Welt, vor allem in der Wissenschaft und der Technik zu begünstigen. - so am Aufschwung der Beziehungen zwischen Frankreich und der arabischen Welt teilzunehmen, und dann die Beziehungen zwischen der arabischen Welt und Europa zu festigen. 3.2.2 Kulturelle Anliegen Ein Museum der arabische-muslimische Zivilisation und Kunst: Das Museum sehnlich wünscht, seinen Besuchern durch eine Übersicht der arabomuselmanischen Zivilisation und seiner Kunst zu geben. Dazu zeigt man dann seine Quellen, seine Bildung, ihre Ausweitung. Die arabo-muselmanische Zivilisation, die hat sich von Mittelasien bis zu den Ufern des atlantischen Ozeans ausgedehnt, hat die alte Tradition des Austausches zwischen den Völkern erhalten. Das Museum versucht, davon die gemischte Vielfalt und die Einflüsse zu zeigen. Eine Bibliothek mit drei Leseräumen, ein Raum um arabische Presse zu lesen und Bibliographiedienst. Der Inhalt der Bibliothek ist: ein bi-alphabetischer Katalog, 65.000 Werke und Dokumente in Französisch und in Arabisch, 1.360 Zeitschriftentitel, 24.400 geprüfte Artikel, 60 Methoden arabischer Sprache. Audiovisuellsaal mit zehn informatisierten Kabinen: Die Gesamtheit der Photographiefonds, von Kulturfilmen und von Musik steht den Besuchern zur Verfügung. Programme von Sendern arabischen Fernsehens werden ebenfalls angeboten. 3.2.3 Kulturelle Tätigkeiten 3.2 Das Institut du Monde Arabe5 Ausstellungen, Kino, Schauspielen, Treffen und Debatten, Jugendaktivitäten, Sprachenschule, Zeitschriften 3.2.1 Allgemeines 3.3 Der Jardin des Plantes6 Das Institut du Monde Arabe (Institut der Arabischen Welt) ist ein Ort von Kultur, der Erfolg von einer Zusammenarbeit zwischen Frankreich und 22 arabischen Ländern ist: Algerien, Saudi-Arabien, Bahrein, Komoren, Djibouti, Ägypten, Die Vereinten Arabischen Emirate, Irak, Jordanien, Kuwait, Libanon, Lybien, Marokko, 3.3.1 Die Parkanlage 4 Recherche: Alberto Castro Fernández; Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Canal_Saint-Martin http://www.thestate.com/mld/elnuevo/2006/02/21/living/travel/13880930.htm 5 Recherche: Alberto Castro Fernández; Quelle: http://www.imarabe.org/ 26 Der Jardin des Plantes ist eine Parkanlage im 5. Arrondissement (Panthéon) im Südosten von Paris. Er befindet sich direkt am Südufer der Seine. Die Parkfläche beträgt 23,5 ha. Die Anlage wurde im Jahr 1626 von Guy de La Brosse angelegt, damals trug sie den Namen Jardin du Roi. Im Jahr 1640 wurde sie für die Öffentlichkeit zugänglich. Im Jahr 1693 wurde Guy Crescent Fagon zum 6 Recherche: Katharina Grundei; Quelle: http://www.mnhn.fr 27 Parkdirektor, im Jahr 1739 Georges-Louis Leclerc de Buffon, der den Park erweiterte. Am Westrand des Parks befindet sich das Nationale Museum für die Naturkunde (Muséum national d'histoire naturelle). Es wurde im Jahr 1793 gegründet. 3.3.2 Die Ménagerie du Jardin des Plantes Die Menagerie im Jardin des Plantes war schon früh in Frankreich von nationaler Bedeutung. Sie entstand während der französische Revolution im Jahre 1794 als die Tiere aus der königlichen ménagerie royale in Versailles in den Park gebracht wurden um sie der Pariser Bevölkerung, die die Tiere nur schwach oder überhaupt nicht kannten , näherzubringen. Der erste "bürgerliche" Zoo war gegründet. Der Start war schwer. Die Professoren des Museums maßen am Profit, den Erfolg der Menagerie und wollten den provisorisch errichteten Park schließen. Im Dezember 1794 sechs Jahre nach dem Tod von Georges-Louis Leclerc de Buffon, einem französischen Naturforscher, der so sehr von der Eröffnung der Menagerie geträumt hatte, erkannte ein Dekret die Gründung offiziell an. Aber die finanziellen, sanitären, nahrungsmitteltechnischen- und architektonischen Schwierigkeiten bereiteten einen schweren Anfang. Napoleon gab den eigentlichen Gründungsanstoß, indem er nach und nach mehrere große Gebäude errichten ließ. 1804 die Rotonde und den Bärengraben 1805. Die Rotonde wurde gebaut, was die Ehrenlegion betrifft, die wurde 1812 fertiggestellt. Drei danach gebaute Gebäude waren die erste fauverie (Raubtierhaus) (1821), die Volieren der Greifvögel (1825) und das Affenhaus (1837), das später zerstört wurde. Aber mehrere Gebäude aus derselben Zeit bestehen heute noch; es handelt sich um die halbrunde Fasanerie (1827) die galerie des reptiles (1870) und um die neue Fasanerie (1881). Der Höhepunkt der Baukunst wurde im Jahr 1888 mit der Konstruktion einer großen begehbaren Voliere erreicht, die heute noch zu bestauen ist. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurden ein Überwinterungsgebäude (1905), ein kleines Affenhaus (1928), ein Vivarium (1929), ein neues Affenhaus (1934) und ein Raubtierhaus (1937) gebaut. Nach diesem Aufschwung verging ein halbes Jahrhundert ohne weitere Innovation, mit Ausnahme der Restaurierung des Bärengrabens und verschiedenster technischer Ausbauarbeiten (Vergrößerung der Parkanlagen, Ausbesserung der Gitter etc.). Erst im Jahr 1983, wurde eine neues Domizil für die Greifvögel des Parks geschaffen. In den achziger Jahren wurden verschiedene Renovierungen durchgeführt wie jene an der Rotonde, der großen Voliere oder an dergalerie des reptiles. Zu Beginn des 21. Jahrhunderts wurde die neue Fasanerie aus dem Jahre 1881 restauriert. Da die gesamte Anlage unter Denkmalschutz steht können keine neuen Anlagen mehr gebaut werden; aber es laufen zahlreiche Projekte um Renovierungen und Verbesserungen an den Gehegen vorzunehmen, so dass die Tierhaltung so artgerecht wie möglich wird. Entstanden 1794 ist die Ménagerie du Jardin des Plantes momentan der älteste noch bestehende bürgerliche Zoo der Welt. Sie war schon von Anfang an auch Menschen die nicht aristokratiscvher Abstammung waren offen, anderes als die Menagerie von Schönbrunn, die 1752 gegründet wurde, aber erst 1779 ihre Tore für die breite Öffentlichkeit öffnete. 28 3.4 Der Bürgermeister von Paris7 Seit 18. März 2001 ist Bertrand Delanoë von der Sozialistischen Partei Bürgermeister von Paris. Delanoë war der erste linke Politiker, der in das bisher konservativ regierte Rathaus der Hauptstadt einzog. Er konnte in dem aus 163 Mitgliedern bestehenden Stadtrat alle 92 Stimmen seiner rot-grünen Liste auf sich vereinen. Der einzige Gegenkandidat war der scheidende Bürgermeister Jean Tiberi, der nur zwölf Stimmen erhielt. Paris wurde bislang traditionell von der gaullistischen RPR-Partei beherrscht; der konservative Staatspräsident Jacques Chirac war von 1977 bis 1995 selbst Bürgermeister der Hauptstadt. Die rechten Parteien waren jedoch zerstritten in die Kommunalwahlen gegangen und verminderten so ihre Chancen auf einen Sieg. Delanoë ist als Jugendlicher nach Frankreich gekommen. Er wurde im Jahre 1977 zum ersten Mal zum Pariser Stadtrat gewählt. Seitdem lebt Delanoë in Paris. 1993 wurde er zum Vorsitzenden der Sozialistischen Partei der Hauptstadt. 1995 wurde er in den Senat gewählt, wo er einer der Kommissionen bevorstand. Der erste Bürgermeister der Hauptstadt Jean-Sylvain Bailly wurde am 15. Juli 1789 von der während der französischen Revolution gebildeten Pariser Selbstverwaltung eingesetzt. Da die Kommune an der diktatorisch organisierten Schreckensherrschaft (terreur) beteiligt war, wurde sie 1794 von zwölf getrennten und dezentralisierten Gemeindeverwaltungen ersetzt. Der Staat übernahm die Kontrolle über die Stadt und schuf das Amt des Präfekten der Seine (Préfet de la Seine). Während der Bürgerlichen Revolution von 1848 und der Pariser Kommune von 1870/1871 regierte für wenige Monate ein Bürgermeister die Stadt. Am 20. März 1977 wurde Jacques Chirac der erste frei gewählte Bürgermeister von Paris. Die bisher einem von der Regierung ernannten Präfekten unterstende Hauptstadt erhielt den gleichen Status wie alle übrigen Gemeinden in Frankreich. Eine Ausnahme bildet die Polizei, die weiterhin dem Polizeipräfekten untersteht. Ein Gesetz von 1982 etablierte dann die Ratsversammlungen der Arrondissements (Bezirke). Diese sind beratende Organe, die über begrenzte Befugnisse verfügen. Der Gemeinderat (Conseil de Paris) und der Bürgermeister (Maire de Paris) werden jeweils für sechs Jahre gewählt. Die nächsten Kommunalwahlen finden 2007 statt. Bürgermeister von Paris waren: Jean Sylvain Bailly (15. Juli 1789 - 18. November 1791), Jérôme Pétion (18. November 1791 - 15. Oktober 1792), Philibert Borie (7.Juli 1792 - 13. Juli 1792), René Boucher (15. Oktober 1792 - 2. Dezember 1792), Nicolas Chambon (8. Dezember 1792 - 2. Februar 1793), Jean-Nicolas Pache (14. Februar 1793 - 10. Mai 1794), Jean-Baptiste Fleuriot-Lescot (10. Mai 1794 - 17. Juli 1794), Louis-Antoine Garnier-Pages (24. Februar 1848 - 5. März 1848), Armand Marrast (9. März 1848 - 19. Juli 1848), Étienne Arago (4. September 1870 - 15. November 1870), Jules Ferry (15. November 1870 - 5. Juni 1871), Jacques Chirac (20. März 1977 - 16. Mai 1995), Jean Tiberi (22. Mai 1995 - 24. März 2001) und Bertrand Delanoë (ab 25. März 2001) 7 Recherche: Katharina Grundei; Quelle: http://de.wikipedia.org/ 29 3.5 Couscous und Merguez8 Couscous, das ist ein Brei aus Hartweizengrieß, der mit den Fingern gegessen wird und Merguez, das sind dünne, pikant gewürzte Bratwürste aus Hammel- oder Rindfleisch. Beides sind Spezialitäten der Küche Marokkos, einem Land, das im Laufe seiner Geschichte von vielen verschiedenen Völkern, Kulturen und Religionen besiedelt und beeinflusst wurde. So ist es nicht verwunderlich, dass man in der marokkanischen Küche viele verschiedene Einflüsse findet: jüdische, arabisch-islamische, afrikanische und europäische. Marokko ist wiederum die Heimat der maghrebinischen Küche. Das Wort Maghreb bedeutet „Westen“ im Arabischen und es bezeichnet die islamischen Länder westlich von Ägypten, insbesondere die Länder Algerien, Tunesien und Marokko. Diese Länder spielen in der Zuwanderungsgeschichte Frankreichs eine wichtige Rolle. Die Wurzeln der Migrationsbewegung aus dem Maghreb nach Europa reichen über 170 Jahre zurück, als 1830 in Algerien eine Siedlerkolonie errichtet wurde indem man die ansässigen Bauern (Araber und Berber) enteignete und das Land französischen Bauern zuwies. Landflucht, Arbeitslosigkeit und Verelendung waren die Folge. Ein Teil der enteigneten Bauern wurden als billige Arbeitskräfte in die Kolonialwirtschaft integriert, die Emigration von Algerien nach Frankreich blieb bis zum 1.Weltkrieg jedoch gering, weil in Frankreich ausreichen billige Arbeitskräfte vorhanden waren. Erst 1910 begann Frankreich mit dem aktiven Anwerben von Arbeitskräften im mittlerweile kolonialisierten Maghreb. Die Zahl der nordafrikanischen Arbeitnehmer war stets von der Nachfrage nach billigen Arbeitskräften abhängig, so bereitete die Weltwirtschaftskrise ab 1929 dem rasanten Anstieg der Arbeitsmigration ein jähes Ende. Nach dem 2. Weltkrieg wurden dann wieder maghrebinische Arbeitskräfte für die rasch wachsende Wirtschaft angeworben. Mit der Ölkrise und der darauf folgenden Rezession beginnt eine restriktive Immigrationspolitik. Trotzdem hält die Immigration aus dem Maghreb an, doch nun handelt es nicht mehr fast ausschließlich um männliche Gastarbeiter sondern um Familienangehörige bereits ansässiger Gastarbeiter, Asylwerber und illegale ZuwanderInnen. Andererseits gibt es seit über 100 Jahren einen allgegenwärtigen naivselbstverständlichen Rassismus vor allem gegenüber den arabisch-berberischen Hilfsarbeitern der 1. Generation. Sie gelten als nicht-assimilierbar und werden - weil Muslime - auch als bedrohlich empfunden. Die „2. Generation“, die in den Vorstädten aufwachsenden Kinder der maghrebinischen Arbeiter wollen sich nicht als solche verstehen. Sie sehen das als Stigmatisierung und wollen sich nicht auf den sie beschämenden Status ihrer Eltern festlegen lassen. Denn sie sind in Frankreich geboren und Franzosen, die bleiben werden. So entstand der allein akzeptable Begriff „beurs" - eine Neubildung von „Berbères en Europe", der keineswegs als Schimpfwort gilt. Die Geburtsstunde der „génération beurs" kam im Dezember 1983 als 50 Jugendliche von Marseille nach Paris marschierten. Sie wollten primär aus dem 8 Recherche: Evelyn Hacker; Quelle: http://www.netzwissen.com/kuechen-der-welt/marokko/index.php http://www.icmpd.org/uploadimg/(58)%20Migration%20aus%20dem%20Maghreb%20nach%20Europa .pdf http://www.isoplan.de/aid/index.htm?http://www.isoplan.de/aid/2001-2/europa.htm 30 Schatten der Vorstädte und ihrer Eltern treten, zeigen, dass sie als neue Generation existierten. In jedem Ort kamen Jugendliche dazu und als sie ankamen, waren es 100.000. So forderten sie friedlich gleiche Chancen und Rechte ein. Zur Vorgeschichte der erst viel später auch gewalttätigen sozialen Rebellion der „beurs" gehört die unmissverständlich an Maghrebiner gerichtete Rückkehrpolitik ab 1980. Der unmittelbarste direkte Effekt war zunächst der Durchbruch der frankophonen maghrebinischen Literatur seit Mitte der 80er Jahre. Zunächst fand die ältere Schriftstellergeneration stärkere Beachtung, trat verstärkt in LiteraturFernsehsendungen auf und wurde durch französische Literaturpreise geehrt. Zeitgleich entstanden die Werke der „génération beurs", die nicht nur die Befindlichkeiten der Jugend zum Ausdruck brachte, sondern für diese auch identitätsstiftend wirkte. Nun beschäftigen sich die Medien mit dem Phänomen des „Métissage", der kreativen Vermischung von Schreib-, Film- und Musikkulturen. Ein Autor bezeichnete diese „interkulturelle Schreibweise" als den Versuch, „auf Französisch zu schreiben, zugleich in der Muttersprache zu denken". Oder „Rhor" zu sprechen - ein Französisch mit absichtsvoll kräftig „arabisch" rollendem R. Die „beurs" haben sich einen festen Platz in der kulturellen Öffentlichkeit Frankreichs erobert. Während die ältere Generation frankophoner Autoren, die zwischen Paris und der Heimat pendeln (so Tahar Ben Jelloun oder Assia Djebar) zu interkulturellen Vermittlerfiguren zwischen Frankreich und den arabischen Kulturen wurden, vermitteln Azouz Begag, Ahmed Ghayet oder Yamina Benguigui zwischen der französischen Mehrheitsgesellschaft und den Einwanderern. Eine solche, weit über die Migrationsszene herausgehende Bedeutung haben auch Liedermacher und Musikgruppen aus dem Maghreb für die französische Musikkultur gewonnen. Seit den 90er Jahren haben im französischen Exil lebende Rai-Musiker wie Khaled, Cheb Mami oder Natasha Atlas, aber auch die Stile vermischende Bands wie „Rachid Taha & Carte de Séjour", HipHop-Gruppen wie „Zebda" und die „Mafia Maghrébine" oder die Beur-Boygroup „Sawt El Atlas" immer wieder Tophits gelandet - und zwar nicht nur bei den Migrantenradios „Beur FM" oder „Radio Maghreb". Dazu kamen in den 90er-Jahren Dutzende Filme zu Identitätsfragen, aber auch „Banlieue-Western". Entstanden ist eine französische Form der popkulturellen Integration, die nicht Assimilation voraussetzt. 3.6 Das Stade de France9 Das Stade de France, das größte Stadion Frankreichs, wurde zur Fußballweltmeisterschaft 1998 in der 90.000 Einwohner zählenden Stadt SaintDenis, die unmittelbar nördlich von Paris liegt und einen Teil von dessen Banlieu bildet, errichtet. Gemeinsam mit den Gemeinden Aubervilliers und Saint-Quen bildet Saint Denis die Plaine Saint-Denis in der zu Beginn des 19. Jahrhunderts mit der Anlage des Canal de Saint-Denis und etwas später mit der Eisenbahn günstige Standortbedingungen geschaffen wurden. Mit der Industrialisierung kam es zur Ansiedlung zahlreicher Betriebe, vor allem im Bereich der chemischen und metallverarbeitenden Industrien. Der Strukturwandel der 1960iger Jahre und der damit verbundene 9 Recherche: Evelyn Hacker; Quelle: www.wikipedia.de http://www.geographie.uni-stuttgart.de/lehrveranstaltungen/exkursionen/Paris_Exkursion_2004.pdf http://www.sueddeutsche.de/sport/weltfussball/artikel/185/64121/10/ 31 Deindustrialisierungsprozess hatte hier besonders starke Auswirkungen und konnte durch die Zunehmende Tertiärisierung nicht aufgefangen werden. Die Überbleibsel der industriellen Strukturen wie Altlasten und Brachflächen stellten besondere Anforderungen bei der Erneuerung des Gebietes dar. Ebenso wie die Bevölkerungsstruktur: die Großwohnsiedlungen in St. Denis zählen heute zu den „sozialen Brennpunkten“, die auch Schauplatz der Krawalle Ende des letzten Jahres waren. Schon in den 1980iger Jahren wurden Initiativen ins Leben gerufen, die eine wirtschaftliche, soziale und städtebauliche Restrukturierung des Gebiets zum Ziel hatten. Vorteilhaft war die relativ günstige Verkehrslage: Die Flughäfen Charles de Gaulle und Le Bouget reichen in das Gebiet hinein, außerdem wird es durch die Ringautobahnen Boulevard Périphérique und Francilienne durchlaufen. Überregionale Anknüpfungen erfolgen auch durch die Autobahnen A1 und A4 sowie durch das TGV-Netz. Diese Rahmenbedingungen ermöglichten die Entscheidung hier ein Fußballstadion zu errichten, wie es für die Ausrichtung der WM 1998 notwendig war. Diese Entscheidung war eindeutig eine politische: Im Raumordnungsplan vom 26.04.1994 wurde die Plaine Saint-Denis mit dem Bau des Stadions als einer der strategischen Standorte definiert. Damit verbunden war die Erwartung einer Katalysatorwirkung für eine eigenständige und nachhaltige Entwicklung des Gebietes. Innerhalb von nur 31 Monaten wurde auf 17 Hektar ein Stadion für 80 000 Zuschauer errichtet sowie die Infrastruktur in unmittelbarer Nähe angepasst (Übertunnelung der A1, Errichtung des Bahnhofs Stade de France-Saint-Denis). Damit der Bedarf an zusätzlichen Arbeitskräften möglichst lokal gedeckt wird, erfolgte 1995 die Gründung des Zweckverbandes GIP Plaine-Emloi (GIP = group d’interet public) aus Unternehmern, Berufsverbänden, kommunaler und regionaler Behördenvertretern usw., der z.B. erreichte, dass im Bausektor rund 85% der 732 im Zusammenhang mit den Stadionbau entstandenen Arbeitsplätze auf dem lokalen Arbeitsmarkt besetzt wurden. Über ein Jahr lang waren täglich ca. 3000 Beschäftigte auf Baustellen tätig, die in direktem oder indirektem Zusammenhang mit dem Stadionbau standen. Nach Fertigstellung der Bauarbeiten Ende 1997 stieg die Arbeitslosenquote allerdings wieder stark an. Die konkrete Zahl der Arbeitsplätze, die bestehen bleiben beträgt etwa 80, bei sportlichen Großereignissen kurzfristig bis zu 2000. Allerdings entstehen in der Umgebung des Stadions heute neue Wohnungen, Fernsehaufnahmen finden hier statt und auch ein Studio für Filmaufnahmen ist geplant - ein neues Arrondissement entsteht. „Wenn das Viertel ein Ghetto ist, dann eins für die Betuchteren“, so der Architekt Trottin, der selbst am Stadion mitplante. „Die wirklichen Probleme fangen aber erst jenseits des Kanals an.“ Die Kühlhäuser von Paris-Ivry wurden im Jahre 1921, als sich Paris vom ersten Weltkrieg erholt hatte und die Märkte wieder mit frischen Lebensmitteln gefüllt werden sollten, von der Eisenbahngesellschaft von Paris-Orleans erbaut. Die Züge konnten damals direkt in die Häuser hineinfahren. An den Schienen wurde die Ware in von einer Maschine direkt im Gebäude erzeugten Eis gelagert. Nach der Eröffnung eines neuen, des angeblich des größten Marktes der Welt in Rungis etwas südlicher in Paris, in den 60er Jahren, wurde die Funktion der Kühlhäuser eingestellt. Die Gebäude wurden seit dem Jahre 1980 von der Immobilienverwaltungsagentur der SNCF vermietet. Angeblich ergab sich zufällig, dass sich hauptsächlich Künstler in den Frigos niederließen. Erst seit 2004 sind die Gebäude im Besitz der Stadt Paris. Seit dieser Zeit gibt es nun auch die neue „Rue des Frigos“. Um die Räume der Frigos vermieten zu können, mussten einige Arbeiten durchgeführt werden. Zum einen gab es keine Fenster, die erst durch die 70 Zentimeter dicken Mauern hineingebohrt werden mussten. Die Böden wurden mit Preßlufthammern bearbeitet, um die notwendige Kanalisation installieren zu können. Es musste auch Wasser- und Stromleitungen gelegt und Heizungs- und Belüftungsanlagen eingebaut werden. Rund um les frigos entsteht heute eine neuer und moderner Stadtteil von Paris. Das so genannte Projekt der ZAC „Paris Rive Gauche“ umfasst den insgesamt 2,7 Kilometer langen Nordteil des 13 Arrondissements von Paris entlang der Seine. Bis zum Jahre 2015 sollen in diesem Gebiet auf einer Fläche von 130 Hektar neue Gebäude, aber auch Grünanlagen entstehen. Dank einer starken Mobilisierung innerhalb der APLD91 der Assoziation für die Entwicklung des Kai 91 von Künstlern aber auch Anrainern des Bezirkes konnte das gesamte so genannte Tolbic-Viertel aufrecht erhalten werden. Heute stellen les Frigos einen künstlerischen Pol der Stadt dar. In Mitten neu entstandenen architektonischen Vorzeigearbeiten wirken sie allerdings mit ihren massiven Betonmauern voll mit Graffiti fast wie ein Fremdkörper. Mit der Ansiedelung der Universität Paris 7 ganz in der Nähe der Frigos bekommen sie eine neue wichtige kulturelle Rolle. Im Moment beherbergt les Frigos etwa 250 Musiker, Spezialisten der Kunststoffindustrie, Schauspieler und Architekten die in etwa 80 Werkstätten arbeiten. Es finden aber such zahlreiche Ausstellungen und Konzerte statt. 3.7 Les Frigos10 „Les Frigos“ (die Kühlschränke) ist die Bezeichnung eines seit über 25 Jahren bestehendes Künstlerzentrums im 13. Bezirk von Paris. Les Frigos befinden sich auf einem ehemaligen am Bahnhofsgelände der SNCF, am so genannten dem Kai 91, des Gare d’ Austerlitz, einem der sechs Kopfbahnhöfe der Stadt Paris. 10 Recherche: Michaela Harramach; Quelle: www.enpc www.lebrunf9.free.fr ww.nextroom.at 32 33 3.8 Moulin Rouge und Pigalle11 3.8.1 Das Moulin Rouge Das Moulin Rouge wurde 1889 für Joseph Oller erbaut, der bereits das Varieté L'Olympia besaß. Am 6. Oktober 1889 wurde das Haus eröffnet. Der Name geht auf die markante Nachbildung einer roten Mühle auf dem Dach zurück. Zunächst wurde das Moulin Rouge für Bälle (frz. Bals) genutzt, bei denen Tänzerinnen vor allem den Cancan und Chahut tanzten. Hier traten die populärsten Pariser Stars der Zeit auf, u. a. La Goulue, Yvette Guilbert, Jane Avril, Mistinguett und Le Pétomane. Viele dieser Namen wurden nicht zuletzt durch die Werbeplakate von Henri de Toulouse-Lautrec und deren zahlreiche Nachdrucke weltweit bekannt. Später wurden im Moulin Rouge Operetten und Revuen aufgeführt. Auch als Kino wurde es zeitweise benutzt. Seit 1955 werden so genannte dinner-spectacles aufgeführt. Insbesondere in den ersten Jahren traten bei diesen auch berühmte Chanson-Interpreten wie Charles Trenet oder Charles Aznavour auf. 1964 wurde auf der Bühne ein so genanntes Aquarium installiert, in dem nackte Tänzerinnen auftraten. Nach einer finanziellen Krise Mitte der 1990er Jahre konnte das Haus ab ca. 2000 wieder Erfolge verzeichnen, wozu ab 2001 auch die Popularität des Kinofilms Moulin Rouge! beitrug. Das Haus hat 850 Sitzplätze und wurde im Jahr 2000 von 420.000 Gästen besucht. Name und Stil des berühmten Pariser Vorbilds wurden von zahlreichen anderen Varietés und Diskotheken auf der ganzen Welt kopiert. Das Moulin Rouge in Wien wurde allerdings bereits fünf Jahre vor dem Pariser Varieté (1884) errichtet. 3.8.2 La Goulue Eine der bekanntesten französischen Tänzerinnen des Pariser Nachtlebens, war „La Goulue“. Auf den bekannten Plakaten Ende des 19 Jahrhunderts des Moulin Rouge, vor allem von den französischen Maler Henri de Toulouse – Lautrec ist sie zu sehen. Henri Marie Raymond de Toulouse-Lautrec (* 24. November 1864; † 9. September 1901) war ein französischer Maler des 19. Jahrhunderts. Berühmt geworden ist er für die Werbeplakate, die er für das Moulin Rouge kreierte. Er gilt als der Erfinder des modernen Plakates. Durch seine Malerei erlebt die schon fast vergessene Lithographie eine Renaissance. Anregungen fand er bei Edgar Degas und Paul Gauguin sowie dem japanischen Holzschnitt. Zahlreiche seiner Bilder wurden in Zeitungen veröffentlicht. La Goulue (die Gefräßige) geborene Louise Weber (* 12. Juli 1866 in Clichy la Garenne, † 30. Januar 1929 in Paris) - französische Cancan-Tänzerin und Dompteuse. La Goulue war, neben Grille d'Egout, Nini Patte en l'Air und ihren bekannten Partnern wie Valentin le Désossé, Fil de Fer oder Pomme d'Amour, die Königin des Cancan und Chahut. Louise Weber war ursprünglich Wäscherin und begann mit vierzehn Jahren (1880) ihre Karriere als Tänzerin im Nachtleben von 11 Recherche: Michaela Harramach; Quelle: de.parisinfo.com/paris_kultur/rub6511.html&OTCP_type=shopping&id_entite=5668&OTCP_action=det ail de.wikipedia.org/wiki/Montmartre www.rendezvousfrance.com/index.html 34 Paris. Sie trat im Nouveau Cirque auf und tanzte die Quadrille im Ambassadeur, im Alcazar d'Hiver und im Elysee-Ménilmontant. In den Jahren 1882 bis 1895 trat sie regelmäßig im Elysee-Ménilmontant auf. Mit ihrer Schwester Victorine, die sich "Gazelle" nannte, trat sie oft im Duett auf. Henri de Toulouse-Lautrec begegnete ihr das erste Mal 1895 im Moulin de la Galette. Er sagte über La Goulue: "Sie hat eine Aufrichtigkeit, die man bei keiner anderen findet; mal fröhlich, mal schüchtern, mal kühn oder katzenhaft graziös, geschmeidig wie ein Handschuh." Durch den Mann ihrer Schwester lernte sie das Jahrmarktsmilieu kennen. Bereits in dieser Zeit begann ihre Arbeit mit Raubtieren. Im Bar Bullier machte sie die Bekanntschaft mit ihrem zukünftigen Tanzpartner Valentin le Désossé (Valentin der Knochenlose, bürgerliche Name Etienne Renaudin, 1843 - 1907). Bekannt aus dieser Zeit um 1895 ist das Plakat des Künstlers Henri de Toulouse-Lautrec, das Valentin im Vordergrund fast als Schattenriss zeigt, während man der tanzenden Goulue unter die wirbelnden Röcke blicken kann. Sie stand auch dem Maler Goupil Modell. Henri de Toulouse-Lautrecs Plakat Moulin Rouge, La Goulue von 1891 erinnert an die legendären Auftritte von La Goulue, die sich fünf Jahre lang als Publikumsliebling des Moulin Rouge behaupten konnte. Sie begeisterte die Zuschauer mit ihren besonderen Tanzeinfällen. Am 12. Januar 1889 engagierte Fernando La Goulue für die Aktualitäten-Revue "En Selle". Im Moulin de la Galette spielte sie die Rolle eines Klatschweibes (Commère) in einer Revue von Victor Douailhac und Henri Weill. Mit ihrem Engagement im Moulin Rouge, das im Jahr der Pariser Weltausstellung am 6. Oktober 1889 eröffnete, erlangte sie als "reine du quadrille" (Königin der Quadrille) Weltruhm. Im Moulin Rouge trat sie bis 1895 mit Unterbrechungen auf. Am 11. April 1893 wurde ihr Tanz zur Eröffnung von Josephs Ollers neuer Music-Hall Olympia am Boulevard des Capucines ein großer Erfolg. La Goulue trat in Salons und auf dem Opernball auf und tanzte ihre weltberühmte Quadrille, mit ihrem Tanzpartner Valentin und Môme Fromage, ihrer Freundin und Liebhaberin. 1895 verließ sie das Moulin Rouge und kaufte auf dem Foire du Trôe eine Jahrmarktsbude. La Goulue zeigte hier orientalische Tänze, die sie "La Goulue en almée" nannte. 3.8.3 Cancan12 Cancan (französisch ‚Geschwätz‘, ‚Lärm‘) ist ein schneller Tanz im 2/4-Takt, der um das Jahr 1830 in Paris entstand. Diese Nachahmung des spanischen Fandango war zunächst Gesellschaftstanz und wandelte sich gegen Ende des 19. Jahrhunderts zum erotischen Bühnenschautanz mit typisch hohem Beinwurf und Spagatsprüngen, der in Cabarets und Revues aufgeführt wurde. Besonders weil man den Tänzerinnen dabei unter die Röcke schauen konnte, wurde der Cancan bald polizeilich verboten, was seiner Beliebtheit keinen Abbruch tat. Als Tänzerinnen waren neben La Goulue auch Grille d'Egout, Nini Patte en l'Air mit ihren bekannten Partnern Valentin le Désossé, Fil de Fer oder Pomme d'Amour, die Königinnen des Cancan und Chahut. La Goulue konnte sich fünf Jahre lang als Publikumsliebling des Moulin Rouge behaupten, bis sie sich als selbstständige Raubtier-Domptöse vom Moulin Rouge trennte und Jane Avril zum neuen Star des Cancans wurde. Jane Avril, geborene Jeanne Richepin, auch Mélinite genannt (* 31. Mai 1868 in Paris, † 16. Januar 1943 ebenda) war eine französische Tänzerin. Wie ihre 12 Quelle: http://de.wikipedia.org 35 Vorgängerin im Moulin Rouge, La Goulue, war sie erst etwa sechzehn Jahre alt, als sie ihre Karriere begann. Vorangegangen war eine schreckliche Kindheit: Ihr Vater, der italienische Marchese Luigi de Font, hatte die Familie verlassen, ihre Mutter hatte sie grausam geschlagen, und schließlich war Jane Avril in einer Irrenanstalt gelandet, aus der sie nur entlassen wurde, weil die Pflegerinnen von ihren tänzerischen Talenten begeistert waren. Jean-Martin Charcot hatte zuvor Experimente mit ihr gemacht. Jane Avril begann ihre tänzerische Laufbahn als Autodidaktin, sie hatte nie fundierten Tanzunterricht. Mit Tanzimprovisationen zu Walzermusik im Bal Bullier und 1889 als "Reitende Schönheit" im so genannten Hippodrome begann sie Geld mit ihren Darbietungen zu verdienen. Bei der Eröffnung des Moulin Rouge am 6. Oktober 1889 trat Jane Avril (auch Mélinite genannt) mit einem Solo auf und wurde neben La Goulue zum Star. 3.8.4 Pigalle Der Place de Pigalle und das gleichnamige Viertel liegt am Fuße des Montmartre, an der Grenze des 9ten und 18ten Bezirkes von Paris. Es befindet sich um den Place Pigalle, den Palce Balnche und dem Boulevard de Clichy. Der Montmartre wurde erst 1860 Teil der Stadt. Seinen Namen hat der Place Pigalle von Jean-Baptist Pigalle (1714-1785), einem bedeutenden Künstler des 18 Jahrhunderts, welcher besonders auf Grund seiner Skulpturen bekannt ist. Der Place Pigalle ist besonders durch sein Nachtleben und den Sextourismus bekannt. Neben einem Erotikmuseum, Strip- und Peepshows und der Prostitution gibt es aber auch eine Musikszene. Es ist eine Mischung aus Sexlokalen, Prostitution, Nachtclubs, Theater, Musiklokalen und bürgerlichen Häusern. Am bekanntesten sind sicherlich das Moulin Rouge und der Divan du Monde für ihre Shows. Erst nach dem Ersten Weltkrieg entwickelte sich aus dem bis dahin eher von Künstlern geprägten Montmartre aus dem Viertel Pigalle ein Rotlichtviertel. Bekannte Künstler lebten und arbeiteten in diesem Viertel. Ein Beispiel dafür ist Henri de Toulouse –Lautrec (1864-1901). Er ist vor allem durch seine Lithographien, die hauptsächlich Szenen aus dem Moulin Rouge darstellen bekannt. Die Gegend südlich des Palce Pigalle hat nichts mehr mit dem Rotlichtmilieu zu tun. Hier befinden sich vor allem Geschäfte, die Musikinstrumente, wie Gitarren, und Schlagzeug verkaufen. 3.9 Der Gare de l’Est13 3.9.1 Allgemeines Der Gare de l'Est ist einer der sechs großen Kopfbahnhöfe von Paris. Er befindet sich im 10. Arrondissement, unweit des Gare du Nord. Mit 34 Mio. Passagieren pro Jahr ist er der fünftgrößte Pariser Bahnhof. 3.9.2 Geschichte Der Gare de l'Est wurde 1849 durch die Compagnie du chemin de fer de Paris à Strasbourg unter dem Namen "Embarcardère de Strasbourg" (dt. Straßburger Ankunftsstelle) eröffnet. Nach der ersten aus einer Reihe von Vergrößerungen, welche durch die Eröffnung einer neuen Linie nach Mülhausen durch die in Compagnie de l'Est umbenannte Betreibergesellschaft notwendig geworden war, erhielt er 1854 seinen heutigen Namen. In den Jahren 1885, 1900 und 1931 erfuhr er wichtige Umbauarbeiten. Wegen des wachsenden Eisenbahnverkehrs wurde der Bahnhof 1924-1931 erweitert, Bertaud baut eine Kopie des ursprünglichen Gebäudes symmetrisch als Ostflügel an. Verbunden werden beide Teile des Bahnhofes durch eine gewaltige Halle. Am 4. Oktober 1883 war der Gare de l'Est Schauplatz der Abfahrt des ersten Orient Express mit dem Ziel Konstantinopel. Der Bahnhof war 1914 ein wichtiger Ort der Mobilmachung zu Beginn des ersten Weltkrieges. 3.9.3 Verkehr Am Gare de l'Est verkehren sowohl internationale Züge (mit Zielen in Luxemburg, Deutschland und Zentraleuropa), als auch nationale Fernverkehrszüge, die die östlichen Regionen Frankreichs (Champagne-Ardenne, Lothringen und das Elsass) mit Paris verbinden. Außerdem stellt der Bahnhof die Endstelle des Regionalzuges TER Champagne-Ardenne dar. Neben den Zügen der französischen Bahngesellschaft SNCF verkehren auch drei Linien der Pariser Métro am Gare de l'Est. Das sind die Linien 4, 5 und 7, welche von der RATP betrieben werden. 3.9.4 Zukunft Der Gare de l’Est wird zukünftig der Ausgangspunkt für die neue Hochgeschwindigkeitsstrecke TGV EST EUROPEEN sein. Die Strecke soll von 2007 an die französische Hauptstadt mit der baden-württembergischen Hauptstadt Stuttgart verbinden. Der Bahnhof wird deshalb derzeit umgebaut. Von den 73 Millionen Euro Gesamtinvestitionsvolumen bringt SNCF 50 Millionen Euro an Eigenmitteln in das Großbauprojekt am Gare de l’Est ein. Die Ziele dabei sind unter anderem die Verbesserung der Infrastruktur, die modernere Gestaltung des SNCFSchalterbereichs und der Ladenpassagen, sowie ein leichterer Zugang zum Informationszentrum im Bahnhofsgebäude. Mit diesen neuen Dienstleistungen soll 13 Recherche: Philip König; Quelle: de.wikipedia.org www.lgv-est.com www.dekra.de 36 37 der Bahnhof für die Reisenden des TGV EST EUROPEEN zu einem Ort werden, an dem sie eine freundliche und effiziente Infrastruktur vorfinden. Von Juni 2007 an wird die SNCF den TGV EST EUROPEEN in Betrieb nehmen: Vom Bahnhof Gare de l'Est können 30 neue Reiseziele, davon ein Dutzend international, mit Hochgeschwindigkeitszügen angefahren werden. Unter anderem Luxemburg, die Schweiz und Deutschland. Der TGV EST EUROPEEN soll vier Mal täglich Paris mit Stuttgart in weniger als vier Stunden statt bisher sechs Stunden verbinden. Dies wird dazu führen, dass die wirtschaftlichen Beziehungen und der Tourismus zwischen den beiden Hauptstädten gefördert werden. 3.9.5 Ein subjektiver Eindruck14 (www.karsten-mekelburg.de) „Auch ist der Wohlfühleffekt dieser Örtlichkeit kaum noch zu unterschreiten. Kalte Luft zieht durch das Gelände und reißt den Reisenden die Koffer aus den klammen Pfoten. Heerscharen strömen von links nach rechts, nur um eine Minute später wieder von rechts nach links zu stürmen. Die Stämme mischen sich unter Absingen heftigster Verbalinjurien, deren Übersetzung man in keinem gesitteten Wörterbuch finden wird. Züge pfeifen ohrenbetäubend. Dies heftige Hintergrundgeräusch wird noch aufs Lieblichste verstärkt vom Stakkato zahlreicher Schuhe, deren Träger hier den Reise-Flamenco tanzen. Lachen, Schreien, Tränen, Freudegejohle. Welch ein unglaublicher Lärm! … Der Gare de l'Est nimmt sie mit seinem knapp vierzig Bahnsteigen im Empfang. Hier landet alles aus dem östlichen Banlieue, Deutschland und dem Elsass. Eine zugige kleine Halle, in der sich die Massen der Wartenden fast zu Tode drücken. Der Anschlag der abfahrenden Züge an der einen Ecke und der eigene Zug meist an der anderen. Kein ruhiges Fleckchen.“ Allgemeines La Défense ist ein modernes Hochhausviertel im Westen von Paris. Administrativ gesehen teilen sich die Vororte Courbevoie, Nanterre und Puteaux das 130 Hektar große Gebiet. 3 Millionen m² Bürofläche, 150.000 Beschäftigte. Wohnungen für 30.000 Menschen, 2600 Hotelzimmer. 3.10.2 Das EPAD Das EPAD ("Etablissement Public d'Aménagemement de la région de la Défense") ist eine Anstalt des öffentlichen Rechts mit industriellem und wirtschaftlichem Charakter, die von der Regierung den Auftrag erhalten hat, das 750 ha große Gebiet um La Défense herum zu gestalten. Dieses Institut führt für die Regierung und die Gebietskörperschaften städtebauliche Untersuchungen sowie die unerlässlichen Infrastrukturarbeiten durch. Das Institut selbst tritt nicht als Bauherr auf, sondern verkauft Baurechte an Investoren, was seine Haupteinkommensquelle darstellt. 14 Quelle: www.karsten-mekelburg.de 15 Recherche: Philip König; Quelle: www.grandearche.de de.wikipedia.org www.ladefense.fr Geschichte Am 9. September 1958 gründete die Regierung das EPAD und beauftragte es mit der Durchführung eines groß angelegten Projektes in dem recht verschiedenartig strukturiertem Gebiet von 750 ha, dessen Mittelpunkt der Platz “La Défense” bildete. 1964 wurde ein erster Bebauungsplan verabschiedet: 750.000 m2 Bürohochhäuser mit bis zu 100 m Höhe und niedrigere Wohngebäude. Die ersten Hochhäuser wurden um 1965 fertig gestellt. 3.10.4 Geschäftswelt 3.600 Firmen, darunter viele kleine und mittlere Betriebe. Der Gesamtumsatz dieser Betriebe entspricht ungefähr dem Budget Frankreichs. Vierzehn der zwanzig größten französischen Unternehmen haben ihren Sitz in La Défense, wie zum Beispiel EDF, Elf, CGE, Total, Saint-Gobain... Dreizehn der fünfzig bedeutendsten Konzerne der Welt, darunter IBM, Mobil, Roussel-Marion-Hoechst, British Telecom sind ebenfalls dort vertreten. 3.10.5 Verkehr La Défense ist heute das mit öffentlichen Verkehrsmitteln am besten erreichbare Geschäftszentrum Europas. 80% der Beschäftigten benutzen die öffentlichen Verkehrsmittel und haben im Durchschnitt eine 3/4 Stunde Fahrzeit pro Tag. Unter dem großen Platz (nur für FußgängerInnen) werden die Metro, RER, Züge, Straßen und eine Autobahn durchgeleitet. In mehreren Ebenen sind in Tiefgaragen 26.000 Parkplätze untergebracht. 3.10.6 3.10 La Défense15 3.10.1 3.10.3 Arbeiten in La Défense Um denen, im Gebiet ansässigen Firmen die besten Arbeitsmöglichkeiten zu bieten, war das EPAD immer bestrebt, den angebotenen Service zu verbessern. Alle Dienstleistungen die zum täglichen Leben eines Unternehmens und seiner Angestellten gehören, sind vorhanden: Kongreßzentrum, Konferenzsäle, Banken, Hotels, Restaurants, Reisebüros, Kurierdienste, Arbeitsvermittlungsdienste, Autovermietungen 3.10.7 Wohnen in La Défense Vielen ist nicht bekannt, dass La Défense auch ein Wohnviertel ist: das Geschäftsviertel zählt 20.000 Einwohner, das "Parkviertel" 15.000. In naher Zukunft werden neue Wohnviertel zwischen der Grande Arche und der Seine geschaffen werden. 3.10.8 Grünflächen Mehr als 60 Hektar der Défense sind Grünanlagen gewidmet. Außer dem André Malraux-Park muss man den Diderot-Park und die "Jardins de l'Arche" zu Füßen der Grande Arche nennen. Überall erheitern bepflanzte Esplanaden, Plätze und Gärten das Viertel und bieten ebenso viele Erholungsmöglichkeiten. 3.10.9 Architektur La Défense wurde 1958 mit einem architektonischen Meisterwerk ins Leben gerufen: dem CNIT und seinem schwebenden Gewölbe, das auf nur drei Pfeilern gelagert ist. Die Grande Arche ist ebenfalls ein Meisterwerk architektonischen Schaffens. 38 39 Zwischen diesen beiden Extremen sind drei Generationen von Hochhäusern gebaut worden, entworfen von bekannten Architekten. 16 3.11 Der Eiffelturm 3.11.1 Allgemeines Der Eiffelturm ist das wohl bekannteste Wahrzeichen von Paris und steht weltweit als Symbol für Frankreich. Er ist eine der größten Touristenattraktionen mit mehr als 6 Millionen Besuchern jährlich. 3.11.2 Für die Öffentlichkeit zugängliche Plattformen befinden sich auf 57 m, 115 m sowie 276 m Höhe. Mittels dreier Fahrstuhlgondeln kann man über den Nord-, West- und Ostpfeiler des Eiffelturms auf die ersten beiden Aussichtsplattformen gelangen. In der ersten wie in der zweiten Etage befinden sich jeweils Restaurants. Außerdem findet man im ersten Stock eine Ausstellung über die Geschichte des Eiffelturms. Will man zur höchsten Plattform gelangen, so muss man in der zweiten Etage umsteigen und auf einen anderen Fahrstuhl wechseln. Die höchste Plattform verfügt sowohl über einen überdachten Bereich als auch einen Freiluftbereich. 3.12.1 Allgemeines Das Institut francais d’urbanisme (IFU) ist Teil der Pariser Universität „Paris 8“, einer der 13 Pariser Universitäten. Die Geschichte dieser Universität beginnt in den späten 1960er Jahren, nach den großen Studentenunruhen von 1968. Die Universität ist in 8 Fakultäten (unités de formation et de recherche), sowie 4 eigenständige Institute gegliedert. Die Universität besuchen derzeit knappe 27.000 Studenten. Das Institut francais d’urbanisme ist eine eigenständige Ausbildungsstätte, die sich außerhalb des Zentrums im Stadtteil St. Denis auf den Champs sur Marne befindet. Hierbei handelt es sich um ein weitläufiges Areal, das von verschiedenen universitären Einrichtungen genutzt wird. Derzeit werden 418 Studenten im IFU betreut. Geschichte Der Turm wurde für die Weltausstellung anlässlich des hundertjährigen Jubiläums der Französischen Revolution erbaut. Der Architekt, Stephen Sauvestre, der den Turm im Auftrag des Schweizers Maurice Koechlin konzipierte. Dieser hatte mit seinem Kollegen Emile Nouguier zusammen die Idee und fertigte die ersten Entwürfe. In den letzten fünf Monaten des Eröffnungsjahres 1889 besuchten jedoch 1,9 Millionen Menschen die neue Attraktion, so dass bis Ende des Jahres bereits drei Viertel der Gesamtkosten eingenommen waren. 3000 Metallarbeiter fügten in nur 26 Monaten 18.038 vorgefertigte Einzelteile aus Eisen mit 2,5 Millionen Nieten zusammen. In Anbetracht der damaligen Sicherheitsstandards ist es erstaunlich, dass es während des Baus keine Todesfälle unter den Arbeitern gab. Zunächst stieß der Eiffelturm auf Widerstand in der Pariser Bevölkerung, die ihn für einen Schandfleck hielt, im Rest Frankreichs konnte man die Aufregung in der Hauptstadt größtenteils nicht nachvollziehen. Heute gilt der Eiffelturm als eines der schönsten Architekturbeispiele in der Welt. Und auch die Pariser nennen ihn inzwischen liebevoll „Eiserne Dame“. Ursprünglich hatte Eiffel nur die Genehmigung, den Turm für zwanzig Jahre stehen zu lassen; er sollte also 1909 wieder abgerissen werden. Als er sich aufgrund seiner Höhe jedoch als wertvoll für die Kommunikation herausstellte und die ersten transatlantischen Funkverbindungen des neuen Jahrhunderts ermöglichte, durfte er weiterhin stehen bleiben. 16 Aussichtsplattform 3.12 Das IFU – Institut francais d’urbanisme17 Wichtige Daten Bauzeit: 1887 - 1889 Architekt: Stephen Sauvestre Konstrukteur: Gustave Eiffel Baustil: Hochindustrialisierung Höhe: 300,51 m (324,8 m mit Antenne) Stockwerke: 3 Aussichtsetagen Baustoff: Eisen im Puddel-Verfahren Gesamtgewicht: ca. 10.100 Tonnen 3.11.3 3.11.4 Recherche: Pia Muckenschnabl 40 3.12.2 Eindrücke eines Auslandstudenten aus Berlin Die „Paris 8" ist eine relativ junge Uni. Sie besitzt eine sehr große und gute Bibliothek. Hier studieren sehr viele Menschen (die Mehrheit) aus dem Maghreb, aus Asien und verschiedenen afrikanischen Staaten. An der Sorbonne beispielsweise studieren fast nur weiße Franzosen/Europäer. An meinem Institut waren die Verhältnisse eher wie an der Sorbonne. Durch die räumliche Entfernung vom Campus und die Größe des Instituts herrscht eine recht familiäre Stimmung. Es gibt eine kleine Bibliothek und die Nutzung öffentlicher Computer ist möglich. Außer meinen Sprachkursen, die nicht am Campus stattfanden, belegte ich nur Vorlesungen und Seminare am IFU. Deshalb war ich später nur selten in SaintDenis. Dummerweise fingen einige Stadtplanungs-Vorlesungen schon eine Woche früher als alle anderen an. Da wir ERASMUS-Studenten davon nichts wussten, verpassten wir den Anfang, was aber nicht allzu schlimm war. Das gute an der Abgeschiedenheit war, daß man gezwungen war mit französischen Studenten zu verkehren. Außer mir gab es nur noch 2 RumänInnen und 2 SpanierInnen am IFU. Den Vorlesungen zu folgen, war nicht leicht. Da aber der Stoff ähnlich wie in Berlin 17 Recherche: Michael Pillei; Quelle: http://archiguide.free.fr/PH/FRA/IDF/ChpsIFURi.jpg http://www.ifu.univ-paris8.fr/HTML/images/logo-ifu.gif http://www.ifu.univ-paris8.fr/HTML/images/plan_descartes.jpg http://www.schwarzenauer.de/studium.html http://fr.wikipedia.org/wiki/Universit%C3%A9_de_Paris_VIII http://www.univ-paris8.fr/ http://www.ifu.univ-paris8.fr/ 41 war, hatte man des öfteren Déjà-vus. Die Dozenten waren eher nett, wobei wir aber aufgrund von Empfehlungen bereits einige mieden. Die "Restaurants universtaires" (Mensen) waren billig (Menü 2,60 Euro), aber entsprachen ganz und gar nicht meinen Erwartungen der französischen Küche gegenüber. Scheinbar mögen französische Studenten nur Steak hachée (so eine Art Hamburgereinlage, außen verbrannt, innen roh) mit Pommes. Dafür gab es nicht nur an den Unis eine Mensa (die in Saint-Denis war die schlechteste), sondern auch bei mir um die Ecke, die sogar abends und am Wochenende geöffnet hatte. Ausflüge ins Umland machte ich auch ein paar: in die Normandie zu den Kreidefelsen, in die Sologne, nach Fontainebleau und Versailles etc. Die Lebenshaltungskosten sind sehr hoch, mit der Zeit weiß man aber, wo man einen Kaffee trinken kann und wo nicht. In Discotheken zu gehen kann sehr teuer werden. 20 Euro Eintritt (darum kommt man herum, wenn man sich einen Gutschein organisiert) und 10 Euro für ein kleines Bier kann schon mal vorkommen. 3.13 ZAC „Zone d’aménagement concertée“ rive gauche18 Der zentrale Sektor der ZAC «Paris Rive Gauche» um die 1996 eröffnete neue Nationalbibliothek ist heute fast vollendet. Trotz der unbestreitbaren Qualität vieler Bauten wirkt das Viertel ein wenig leblos - vielleicht liegt es auch an der strengen Kastenform fast aller Gebäude. Das Konzept der «Ilots ouverts» von Christian de Portzamparc, mit nur teilweise bebauten Parzellen mit kleinen Gärten und Plätzen, zwischen denen lichtdurchflutete Sträßchen mäandern, hebt sich an der Südseite komplett davon ab. Wie ein Fremdkörper inmitten all der architektonischen Vorzeigearbeiten wirkt der Squat «Les Frigos». Das 1921 erbaute Kühllager, eine mit Graffiti übersäte Trutzburg aus Beton, beherbergt seit einem Vierteljahrhundert Künstlerateliers. Anfang 2004 ist es in den Besitz der Stadt Paris übergegangen, die seine jetzige Bestimmung erhalten möchte. Mit den Frigos, den Galerien der Rue Louise Weiss, der Nationalbibliothek, dem von Jean-Michel Wilmotte entworfenen Kinokomplex MK2 sowie dem Batofar, einem auf Konzerte mit elektronischer Musik spezialisierten Hausboot, verfügt «Paris Rive Gauche» bereits jetzt über ein breit gefächertes Kulturangebot. 3.13.3 3.13.1 Allgemeines Im 13. Arrondissement der Stadt Paris sind in den letzten Jahren Dutzende von neuen Strassen und mit «Paris Rive Gauche» ein neuer Stadtteil entstanden. Die kurz ZAC genannte «Zone d'aménagement concerté» (Zone, deren Bebauung von der öffentlichen Hand organisiert wird) umfasst den gesamten 2,7 Kilometer langen Nordteil des 13. Arrondissements entlang der Seine. Bis 2015 sollen auf dem 130 Hektaren großen Areal zwischen der Gare d'Austerlitz und der östlichen Vorstadt Ivry-sur-Seine über 2,2 Millionen Quadratmeter Nutz- und 98 000 Quadratmeter Grünfläche geschaffen werden - die Gesamtkosten des 1988 lancierten Projekts sind auf 3 Milliarden Euro veranschlagt. 3.13.2 Architektur Am Quai d'Austerlitz, der vom gleichnamigen Bahnhof aus nach Osten führt, stehen sich buchstäblich Alt und Neu gegenüber. Zur Seine hin die Magasins généraux: 280 Meter heruntergekommene Betonfassaden, hinter denen Grossisten ihre höhlenartigen Verkaufsräume mehr schlecht als recht eingerichtet haben - ein Dekor für einen Roman von Simenon. Auf der andern Straßenseite die glasfunkelnden, metallblitzenden Bürokomplexe von Finanz-, Informatik-, Pharma- und Telekomunternehmen. Dieses Jahr beginnt die Verwandlung der Magasins généraux durch Dominique Jakob und Brendan MacFarlane in eine trendige Cité de la mode et du design. Auch die Eröffnung eines Flussbads mit Schwimmbecken, Sauna, Hammam, Jacuzzis usw. am Fuß der Nationalbibliothek sowie einer doppelt geschwungenen Fußgängerbrücke von Dietmar Feichtinger, die nach Bercy führt, wird zur Erschließung des Seine-Ufers beitragen. 18 Recherche: Michael Pillei; Quelle: http://www.nextroom.at/article.php?article_id=13989 http://www.ecologiepourparis.com/Urbanisme/PRG/photo.jpp http://www.aroots.org/notebook/ IMG/breveon78.jpg http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/5/5c/Paris_arrondissements.png 42 Nahe Zukunft Dieses dürfte sich im Herbst noch stark erweitern mit dem Zuzug der Université Paris 7 - Denis Diderot und ihren 27 000 Studenten. Die Universität wird nicht nur über zwei umgestaltete «historische» Bauwerke verfügen, die Grands Moulins de Paris (Nutzfläche: 30 000 Quadratmeter; und die Halle aux farines (17 800 Quadratmeter; Nicolas Michelin). Sondern sie wird sich auch in Neubauten niederlassen, die zwischen Wohn- und Bürogebäuden stehen. Ebenfalls im Herbst bezieht auch die Ecole d'architecture de Paris - Val de Seine einen Neubau von Frédéric Borel und eine umgebaute Fabrikhalle aus dem Jahr 1891. Während der an der Seine entlangführende Nordbereich der ZAC schon fast vollständig konzipiert und zu einem Gutteil vollendet ist, befindet sich der schmalere Südteil entlang der Avenue de France noch weitgehend im Planungsstadium. Diese neue Hauptverkehrsader wurde teilweise über die Gleise gebaut, die von der Gare d'Austerlitz aus Richtung Südosten führen. Sie bildet die Naht zwischen dem «alten» 13. Arrondissement und dem neu erschlossenen Areal entlang der Seine. Von der Qualität der urbanistischen Gestaltung des Plattenbaus über den Gleisen und seiner unmittelbaren Umgebung wird es abhängen, ob Neu und Alt zusammenwächst. 3.14 Der Flughafen Charles de Gaulle19 3.14.1 Allgemeines Der internationale Verkehrsflughafen Charles de Gaulle nordöstlich von Paris ist der größte Flughafen Frankreichs und das Liniendrehkreuz der Air France. Namensgebend war der französische General und Staatsmann Charles de Gaulle. Im Zweiten Weltkrieg führte er den Widerstand des Freien Frankreichs gegen die deutsche Besatzung an und war danach von 1944 bis 1946 Chef der Obergangsregierung. 1958 wurde er mit der Bildung der Regierung beauftragt und setzte eine Verfassungsreform durch, mit der die fünfte Republik begründet wurde, 19 Recherche: Andrea Pumberger; Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Charles_de_Gaulle_Flughafen http://de.wikipedia.org/wiki/Charles_de_Gaulle 43 deren Präsident er von 1959 bis 1969 war. Ein Jahr später starb Charles de Gaulle. Die auf ihn zurückgehende politische Ideologie des Gaullismus ist bis heute einflussreich in der französischen Politik. 3.14.2 Passagier- und Frachtaufkommen Das Passagieraufkommen des Flughafens Charles de Gaulle betrug 2004 51.260.363 Personen. Dies bedeutet eine Verdreiundzwanzigfachung seit 1974, als 2,2 Millionen Passagiere transportiert wurden. Er ist somit der zweitgrößte Passagierflughafen Europas hinter London- Heathrow (67,3 Mio.) und knapp vor dem Frankfurter Flughafen (51,1 Mio.). 3.14.3 Geschichte In den 1960er Jahren wurde absehbar, dass der Flughafen Orly bald die Grenzen seiner Kapazität erreicht haben wurde und ein neuer Großflughafen für Paris notwendig wurde. Für das Projekt Paris-Nord wurde 1964 ein kaum besiedeltes Ackergelände in der Nahe der Dorfschaft Roissy-en-France ausgesucht, auf dem der moderne Flughafen entstehen sollte. Deshalb wird der Flughafen auch Roissy oder Roissy-Charles genannt. Der junge Architekt Paul Andreu wurde mit dem Entwurf des Flughafens betraut. Der Masterplan sah maximal fünf Pisten und rund identische Terminals für maximal 50 Millionen Passagiere vor. 1968 erfolgte der Baubeginn, 1971 wurde die erste Landebahn fertig gestellt und im März 1974 der erste Terminal eingeweiht. 1998-2000 wurde der Flughafen um zwei zusatzliche Landebahnen er weitert. 3.14.4 Unfälle - Am 25. Juli 2000 hob eine Concorde auf dem Weg nach New York vom Flughafen Charles de Gaulle ab. Beim Start wurde ein Reifen von einem herumliegenden Metallteil zerfetzt, Gummibrocken rissen ein Loch in den linken Tragflachentank, der auslaufende Treibstoff entzOndete sich und die linken Triebwerke fielen aus. Rund eine Minute nach dem Start stOrzte die Maschine auf ein Hotel in Gonesse bei Paris. 113 Menschen kamen ums Leben. - Am 23. Mai 2004 kam es zum Einsturz eines Teils der Dachkonstruktion des Terminals 2E, dabei starben vier Menschen. Das Unglück ereignete sich gegen 7.00 Uhr morgens. Ein größeres Unglück konnte verhindert werden, da im Vorfeld leichte Risse an der Konstruktion entdeckt und der betroffene Bereich teilweise geräumt und abgesichert worden war. 3.15 Die Île de la Cité20 3.15.1 Allgemeines Die Île de la Cité bildet das historische und geographische Zentrum von Paris. Die Insel in der Seine ist der älteste Stadtteil und war schon in der Antike besiedelt. Schon in römischer zeit waren die wichtigsten Institutionen auf der Seineinsel angesiedelt: der Tempel und der Palast Kaiser Julian Apostatas. Ihnen folgten im Mittelalter der Bischofssitz mit der Kathedrale und die Burg der merowingischen 20 Recherche: Andrea Pumberger; Quelle: Dumont Kunstreiseführer, Paris, Eine Stadt und ihr Mythos, Julia Droste und Thorsten Droste 44 Könige. Die île de la cité bildete das geistliche und weltliche Zentrum von Paris. Schon im 4. Jahrhundert befand sich an der Stelle, an der heute die Kirche NotreDame de Paris steht, eine Kathedrale. Die Verbindung zu den Seine-Ufern stellt unter anderem die Pont Neuf dar, die älteste in Paris erhaltene Brücke. Um das für den Bau benötigte Geld zu beschaffen, ließ Heinrich III. 1584 die Spitze der Insel, die damals aus drei sumpfigen Inseln bestand, miteinander verbinden. Dadurch vergrößerte sich die Fläche der Insel, durch den Verkauf der neu geschaffenen Grundstücke finanzierte man den Brückenbau. Das Erscheinungsbild der Insel ist wiederholten tief greifenden Wandlungen unterworfen worden. Die radikalste Umgestaltung nahm Baron Haussmann Mitte des 19. Jahrhunderts vor. Der dicht bebaute Wohnbereich zwischen Kathedrale und Justizpalast wurde vollkommen entkernt. Etwa 25.000 Menschen verließen damals auf Druck der Stadtbauplaner Häuser und Wohnungen. Allein diese Zahl vermittelt eine Ahnung davon, wie dicht bebaut man sich die Insel noch im 19. Jahrhundert vorzustellen hat. Vor der Kathedrale Notre-Dame legte man einen weiträumigen Platz an, den Parvis de Notre-Dame. Vom hochmittelalterlichen Königspalast stehen heute noch die Sainte-Chapelle und die Conciergerie, beide jetzt in den weitläufigen Komplex des ebenfalls im 19. Jh. errichteten Justizpalastes integriert. Zwischen Kathedrale und Justizgebäude pflanzte Haussmann die drei großen Baukörper von Hôtel-Dieu, Handelsgericht und Polizeipräfektur. Wohnhäuser nehmen nur noch den geringsten Teil der île de la cité ein. Nördlich der Kathedrale reicht ein Wohnviertel mit Häusern des 19. Jahrhunderts zum Ufer des rechten Seinearms, an der Westspitze der Insel ist die von Heinrich IV. angelegte Place Dauphine zumindest in ihren Umrissen noch gut erhalten. Die île de la Cité ist geographisch auf zwei Pariser Arrondissements aufgeteilt und zwar auf das 1. und das 4. Pariser Arrondissement. Grenzstraße ist der Boulevard du Palais. Das 1. Arrondissement nimmt den davon westlich gelegenen Teil der SeineInsel ein, das 4. den davon östlich gelegenen. In der Seine benachbart liegt die île Saint-Louis. Die zwei mit der Pont Neuf verbundenen Inseln gehören heute zu den teuersten Wohngebieten der Stadt. Die großere, die île de la Cité, ist wegen der Sainte-Chapelle und Notre-Dame beliebtes Touristenziel, bietet aber mit dem fast südfranzösisch wirkenden und schattigen Place de la Dauphine und ihren netten Cafes direkt neben dem Pont Neuf auch Oasen der Ruhe. 3.15.2 Sehenswürdigkeiten Auf der Ile de la Cité dominiert die berühmte Kathedrale Notre-Dame, eine der frühesten und größten gotischen Kathedralen Frankreichs. Da in Frankreich viele Kirchen den Namen Notre-Dame tragen, wird sie zur Unterscheidung Notre-Dame de Paris genannt. Der Grundstein wurde 1163 gelegt, die Erbauung dauerte insgesamt mehr als 150 Jahre. Die beiden Türme sind 69 Meter hoch, der Dachreiter 90 Meter. Das Kirchenschiff ist im Inneren 130 Meter lang, 48 Meter breit und 35 Meter hoch. 9.000 Personen finden in der Kirche Platz. Besonders bekannt wurde die Kathedrale durch den Roman „Der Glöckner von Notre-Dame" von Victor Hugo und dessen viele Verfilmungen. Frankreichs kilomètre zero (Kilometer Null), der Referenzpunkt für die Entfernungsangaben z. B. der nach Paris führenden Autobahnen, liegt auf dem Platz vor der Kathedrale. Ein weiteres sehr sehenswertes Bauwerk ist die Sainte-Chapelle. Die SainteChapelle auf dem Boulevard du Palais gehört zu den schönsten Baudenkmalern der Gotik, ihr Bau wurde 1248 abgeschlossen. Der größte Teil ihrer Wände wird von 45 kostbaren Buntglasfenstern eingenommen. Während der französischen Revolution wurde die Kapelle schwer beschädigt, erst Mitte des 19. Jahrhunderts wurde die Sainte- Chapelle umfangreichen Restaurierungsarbeiten unterzogen. Etwa ein Drittel der Glasfenster sind wiederhergestellt. 3.16 Geschichte der Stadtentwicklung von Paris 3.16.1 21 1850 bis 1914 1844 haben sich die Grenzen der Stadt Paris mit der Errichtung einer neuen Stadtbefestigung zu Verteidigungszwecken an Stelle des heutigen Boulevard Périphérique nach außen verschoben. Innerhalb der damals größten Stadtfestung lebten in der Mitte des 19. Jahrhunderts ca. 1 Mio. Menschen. Generell war das 19. Jahrhundert war für Paris von einem starken Bevölkerungswachstum geprägt. 1860 wurden elf Vorstädte eingemeindet sowie die Stadt in 20 Verwaltungseinheiten (Arrondissements) eingeteilt, wodurch sich das Stadtgebiet verdoppelte und die städtische Bevölkerung auf 1,6 Mio. Das Bevölkerungswachstum in Paris ging aber mit zahlreichen Problemen wie der schlechter Wohnsituation, hohen Mieten, Verkehrsproblemen und mangelnder Hygiene einher. Präfekten Baron Eugène Haussmann versuch zu löschen dieser Probleme mit der Modernisierung der Stadt Paris. Die weit reichenden Sanierungsmaßnahmen können als das erste „Stadterneuerungsprogramm“ bezeichnet werden. 3.16.2 Siedlungsschwerpunkte vor. Sie sollten das Bevölkerungswachstum auffangen, das Verkehrs- und Wohnungsproblem lösen, den Wildwuchs der Vororte dämpfen und wurden damals als revolutionäres Projekt angesehen. 3.16.3 Aktuelle Entwicklungstrends Die im SDAU (1965) für das Jahr 2000 prognostizierte Einwohnerzahl von 15 Millionen Einwohnern wurde nicht erreicht. Durch die demographische Verlangsamung, musste das Konzept der Satellitenstädte 1976 überarbeitet werden, sie verloren an Bedeutung und wurden nur mehr als „normale“ Erweiterungsgebiete angesehen. Der Gentrificationprozess nahm währenddessen weiterhin zu. Durch die Modernisierung des Zentrums von Paris waren die nun teuren Wohnungen für die ärmeren Bewohner nicht mehr bezahlbar, sie wanderten in die Vororte (Banlieue) ab, während die wohlhabenden Bevölkerungsschichten in die Stadt zogen. Heute stellen die „villes nouvelles“ Gebiete dar, die zumeist von den großen Infrastrukturen abgeschnitten und zudem immensen Umweltbelastungen, durch angren- zende Industriegebiete bedingt, ausgesetzt sind. Durch die Konzentration der MigrantInnen und dem fehlenden Anschluss an Paris mit dem öffentlichen Verkehrsnetz ist von einer starken Gettoisierung zu sprechen. Dieses Modell führt auf das veraltete Schema der „urbanen Expansion" zurück. Die radialen Verbindungen zwischen Paris Intra Muros und ihre Vororte haben sich dadurch verbessert, aber es gibt keine wirksamen Verbindungen zwischen den Vorstädten selbst. 3.17 Sozialer Wohnungsbau in Paris22 1920 bis 1970 Das Bevölkerungswachstum der Stadt Paris ereichte 1921 mit 2,9 Mio. Einwohnern ihren Höhepunkt. Die ersten größeren Sozialprojekte wurden zwischen 1919 und 1939 verstreut in den Vororten für die ärmste Bevölkerungsschicht realisiert, konnten den Bedarf aber bei weitem nicht decken. 1932 erfolgte die Gründung der „Région Parisienne“ mit einem Generalplan für die Verkehrserschließung und Funktionsplanung der Stadtzonen, vor Kriegsbeginn wurde jedoch nur ein unbedeutender Teil umgesetzt. Der Generalplan („Plan Prost“) enthielt revolutionäre Inhalte, geplant für die gesamte Pariser Region, wurde nach dem Krieg aber nicht weiter verfolgt. Wichtige Planungsinstrumente nach dem 2. Weltkrieg waren der 1960 erlassene PADOG (Plan d’Aménagement et d’Organisation Générale de la Région Parisienne), der jedoch uneinheitliche Strategien zwischen Dezentralisierungsmaßnahmen und Scheu vor Machtverlust aufwies. 1965 wurde der PADOG durch das SDAU (Schéma d’Aménagement d’Urbanisme) ersetzt, der die Entwicklung der Pariser Agglomeration durch die Festlegung von 2 Entwicklungsachsen bis ins Jahr 2000 planen sollte und größere Rücksicht auf das Stadtbild sowie Denkmalschutz nahm. 1969 wurde aufgrund dieses Suburbanisierungstrends das SDAU überarbeitet. Das Konzept sah 5 neue Städte („villes nouvelles“) an der Peripherie als 21 Recherche: Ariadna Salgado Sendra; Quelle: Seminararbeit Stadtentwicklungsplanung zwischen wirtschaftlicher Positionierung und sozialer Betroffenheit: Ein Vergleich Wien - Madrid – Paris, Bettina Buchinger, Alberto Castro Fernández, Gudrun Maierbrugger, Carlyne Rahard, Petra Stieninger, Wien 2006 http://www.agkv.org/parisberlin/archives/n3/lyon.html http://www.diplomatie.gouv.fr/label_france/52/de/01.html 46 Wohnungspolitisch sind Frankreich mit der schwierigen Aufgabe konfrontiert, insbesondere in den Ballungsgebieten die Wohnungsversorgung der Bevölkerungsgruppen mit niedrigen Einkommen zu sichern. Deshalb behält der Sektor des öffentlich geförderten Wohnungsbaus eine große Bedeutung. In den Jahren 2001 bis 2004 kletterten die Mieten in Frankreich im Durchschnitt um 14,22 Prozent (laut "Le Parisien" vom 14. März 2005), für das laufende Jahr wird ein Anstieg um weitere 4,7 Prozent prognostiziert. Wer arm ist, hat also schlechte Karten in Paris, wo die Eliten der halben Welt mittlerweile um die prestigereichsten Quadratmeter konkurrieren. Bisher waren einzelne ärmere innerstädtische Wohnviertel, die seit langem von Immigranten bewohnt waren. In allen größeren Städten müssen mindestens 20 Prozent der städtischen Wohnungen Sozialmietern zur Verfügung gestellt werden. Geplant sind groß angelegte Neubauprogramme - und saftige Strafen für renitente Bürgermeister, die sich weigern. Leitmotiv ist die “mixité sociale” - die “soziale Mischung” soll verbessert werden. Reich und Arm sollen künftig Tür an Tür wohnen. Paris ist ein multikultureller Ort. Heute zählt die Stadt, ohne die umliegenden Vororte, 2,2 Millionen Einwohner, deren soziokulturelle und ethnische Ursprünge ganz verschieden sind. Eine Mischung, die von Viertel zu Viertel unterschiedlich ist. Von drei Parisern ist, wenn überhaupt, nur einer in der Hauptstadt geboren. Paris ist eine Stadt, die sich ständig verändert. Doch seit mehreren Jahrzehnten nimmt die Einwohnerzahl ab. 22 Recherche: Ariadna Salgado Sendra 47 Das Institut für Raum- und Städteplanung der Region Ile-de-France (Iaurif) und das Pariser Städtebau-Atelier (Apur) erklären, dass „die durchschnittliche Dichte der Bevölkerung in Paris 24 400 Einwohner pro Quadratkilometer beträg. Die Dichte variiert jedoch beachtlich von einem Viertel zum anderen (insgesamt 20 Arrondissements). In bestimmten Vierteln des 11. (Osten) und 18. Arrondissements (Westen), die als populär gelten, leben 100 000 Personen auf einem Quadratkilometer. Schon unter Haussmann war es zu Gentrificationsprozessen gekommen, da sich im revitalisierten Stadtzentrum nur besser situierte Bürger niederließen und die Arbeiter an den Stadtrand und in die Vorstädte verdrängten. 1912 wurde die erste gesetzliche Grundlage für den sozialen Wohnbau geschaffen, in den 20ern kam sie zur entsprechenden Anwendung. Heute sind nur 14,4% der Appartements Sozialwohnungen und rund 100 000 Anfragen warten darauf, behandelt zu werden. Die Stadt Paris will vermeiden, dass die Haushalte mit geringem Einkommen aus der Stadt ziehen müssen, die immer „bürgerlicher“ wird. Sie will ihre soziokulturelle Mischung behalten und versucht, das Angebot anzukurbeln und es geografisch besser zu verteilen. Tatsächlich gibt es im Westen – wo sich die schicksten Vietel befinden (wie das 7. Arrondissement, ein reines Wohnviertel, und das sehr bürgerliche 16. Arrondissement) – und im Zentrum von Paris im Vergleich zum Osten nur wenig Sozialwohnungen. Dieses Ungleichgewicht entspricht dem, was Iaurif und Apur festgestellt haben: „Die Sektoren mit den durchschnittlich schwächsten Einkommen liegen im Nordosten von Paris.“ Ein weiteres Ziel ist es, Paris durch seine Vielfalt lebendig zu halten. Das Schaffen von Sozialwohnungen in den 5., 7., 8., 9. und 12. Arrondissements wird als Quelle der Vitalität für all diese Viertel betrachtet. Seit rund zehn Jahren zieht eine Kategorie junger, finanziell gut gestellter Menschen in bestimmte Viertel populärer Arrondissements, die ihren dörflichen Aspekt behalten haben. Abbesses, am Fuße des Montmartre, im 18. Arrondissement, oder der Kanal Saint-Martin, dessen Ufer renoviert wurden, spiegeln diese neue Tendenz wieder. Mit diesen „bürgerlichen Bohemiens“ oder „bobos“ schießen in diesen Vierteln Geschäfte und Ateliers junger Kreateure wie Pilze aus dem Boden. 3.18 Centre Georges Pompidou/„Centre Beaubourg”23 Das Centre national d’art et de culture Georges Pompidou ist ein Gebäude im Pariser Bezirk Beaubourg (daher auch Centre Beaubourg), in der Nähe von Les Halles. Von dem ehemaligen französischen Staatspräsidenten Georges Pompidou als Kulturzentrum initiiert, wurde es von den Architekten Renzo Piano, Richard Rogers und Gianfranco Franchini entworfen und nach einer sechsjährigen Bauzeit am 31. Januar 1977 eröffnet. Die umstrittene Architektur des Gebäudes wird oft als eine "Ölraffinerie im Zentrum der Stadt" beschrieben. Der gesamte Versorgungsapparat wurde in großen Röhren an der Außenfassade entlang geführt, was dem Centre Pompidou auch den Spitznamen Kulturfabrik einbrachte. Das Gebäude wird als erste signifikante Loslösung vom architektonischen Diskurs zwischen Modernismus und Postmoderne verstanden. Vorgesehen waren im Wettbewerbsentwurf zukunftweisende Lösungen 23 Recherche: Hannah Steiner; Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Centre_Georges_Pompidou 48 wie höhenverstellbare Stockwerke und ein riesiger Fassadenbildschirm als Schnittstelle zwischen Museum und Stadt. Aus Geldmangel musste darauf leider verzichtet werden. Da die Struktur geschickt nach außen verlagert wurde, bleiben die riesigen Hallen im Inneren jedoch weitgehend frei von Stützen und Pfeilern – eine beeindruckende Leistung des Architektenteams, die die Nutzbarkeit des Baus extrem erweitert und trotz allem eine große Flexibilität ermöglicht. Das Centre Pompidou wurde als Informationsbasar für die französische Bevölkerung konzipiert, das freien Zugang zu Wissen garantieren soll. Es beherbergt die Bibliothèque Publique d'Information und das Musée National d'Art Moderne mit einer hervorragenden Sammlung von Kunstwerken des 20. Jahrhunderts, vor allem Werke des Surrealismus, Fauvismus, Kubismus und des Abstrakten Expressionismus. Organisatorisch ist es verbunden mit dem IRCAM (Institut de Recherche et Coordination Acoustique/Musique). Der zum Eingang des Gebäudes hin geneigte Platz vor dem Gebäude ist bekannt für seine Straßenkünstler. Auf dem angrenzenden Igor-Strawinski-Platz findet man den bekannten Strawinsky-Brunnen von Jean Tinguely und Niki de Saint Phalle. Die nächstgelegenen Metro-Stationen sind Rambuteau und Les Halles, per RER erreicht man das Centre am besten von der Station Châtelet-les-Halles aus. 3.19 The Remarkable Sewer of Paris24 It's easy to get distracted when you're the type of visitor who likes to take in a maximum of sights with every stride. But take heart: In Paris, if in the process you should ever happen to absent-mindedly tumble into an open manhole and down into the city's sewer, chances are you could find your way around and even back to your hotel in no time. Provided of course, you were blessed with a not-too-sensitive nose and a good street map. Every Parisian street has its sewer -- wide streets even have two. In fact, more than 2,000 kilometres of large vaulted tunnels criss-cross the city below the surface in an amazing replica of the busy streets above! Each sewer "street" boasts its own blue and white enamel street sign, each building its street number. What's more, the tunnels, ranging from 1m80 to 5m in height, are totally navigable either on foot or by boat. In addition to collecting waste and housing water mains, they are lined with 751 kilometres of compressed air pipes, as well as gas pipes, telephone cables and pneumatic tubes -- the predecessors of fax machines. Unique in the world in its design and magnitude, the Paris system collects 1.2 million cubic metres of water every day and 15,000 cubic metres of solid waste each year. A gigantic water treatment plant is now located near the town of Acheres, downstream from Paris. Prior to the Middle ages, Parisians drew their drinking water from the Seine. It was also into this river that filtered waste water inevitably returned. Yet at the end of the 12th century, only ten kilometres of rudimentary sewers, eight of them open air, swept away the wastes produced by more than 70,000 inhabitants. Gradually streets were paved, drains were installed and waste water was diverted to brooks and smaller rivers. Under Napoleon I, the first vaulted sewer network was built, reaching a length of 30 kilometres. Finally in 1850, Baron Haussmann (180924 Recherche: Andreas Putlitz; Quelle: Paris Kiosque, March 1997, Volume 4, Number 3 Copyright (c) March 1997 49 1891), the enterprising Prefect for the Seine, and the engineer Eugene Belgrand came up with an ambitious new design -- luckily for Parisians, since by the time construction was underway in 1857, the city's population had already swollen to more than one million. Then with the 1860 annexation of bordering municipalities, it jumped to almost two million! The sewer kept pace, however, and in 1878, measured 600 kilometres. From 1914 to 1977 1,000 kilometres of tunnels were added: the network now measures an astounding 2,100 kilometres! During World War II, Resistance forces had set out a strategic plan for the utilization of the sewer, abandoned quarries and a part of the Metro along with an autonomous telephone system that connected various parts of the capital. A sewer workers' chamber under the rue Gay-Lussac in the Vth arrondissement served as the headquarters of the Resistance health service and manholes in key locations were to be used as lookouts. While nowadays Paris's 800 egoutiers or sewer workers may be the only ones to wander around town in the dark and humid tunnels, a special "Sewer Museum" located at the corner of the Quai d'Orsay in one of Paris's poshest districts offers the public the opportunity to visit a portion of this unique underworld and take a whiff of Parisian "eau de toilette". Visitors are guided through a section of the system with its galleries containing sewer "rivers" or collectors, pipes and other conduits. Informative displays recall the sewer's history and describe plans for computerized operations, projected for the year 1996. A collection of objects found in the system over the years can also be viewed (until 1970 boat trips down sewer streams were also offered). Despite the smell, which is very much what one expects, the museum provides an interesting insight into the consequences of such everyday activities as taking a shower, doing the dishes or flushing the toilet - conveniences we've come to take for granted. Incidentally, it's estimated there's one rat in the sewer for every Parisian on the surface. Though they reduce solid waste in the water by about 50 percent, these little monsters are more than a nuisance to sewer crews, who in the past were paid a bonus for each tail brought up after a day's work. 3.20 La coulée verte/La Plantée verte/Promenade plantée du viaduc des Arts25 3.20.1 La coulée verte Eine Eisenbahnlinie verband von 1858 bis 1970 den Bastille-Platz mit dem Wald von Vincennes (bois de Vincennes) und mit Saint-Maur. Jetzt wurden die ehemaligen Bahndämme in eine Grünanlage verwandelt und zu einem Promenadeweg ausgebaut. Der Teil der Hochbahnstrecke mit seinen Viaduktbögen indes wurde zu einer Meile des Kunsthandwerks: Die gereinigten und restaurierten 71 Bögen beherbergen heute auf einer Länge von 1,5 km Werkstätten und Verkaufsräume von Tischlern, Bildhauern, Tapetenmacher usw. Zunächst hatte man daran gedacht, dass die Handwerker ihren traditionellen Berufen unter den Augen der Passanten nachgehen sollten. Doch zeigte sich, dass diese Idee kaum durchführbar war. Einige wenige tun es aber doch (bei Nr. 83). Das Viadukt wurde durch Neubauten verlängert, in denen vor allem der Markt "foire Surcouf" (Nr. 139 Avenue Daumesnil) untergebracht ist. Rund um diese „Lokomotive der Informatik“ haben sich zahlreiche 25 Recherche: Hannah Steiner; Quelle: http://www.parisbalades.com/Deutsch/Cadres/cadres12reuilly.htm 50 kleine Zwischenhändler angesiedelt, die ihre Geräte aus Irland oder Asien beziehen. (Oberhalb der Viaduktbögen wurde ein begrünter Promenadenweg angelegt. Der Zugang ist im Verlauf der ganzen Strecke über Treppen möglich, zum Beispiel in der rue Traversière, von der Gartenanlage und der Straße „rue Hector Malot“ aus, an der Kreuzung des Boulevard Diderot mit der Avenue Daumesnil, bei den Metrostationen „Gare de Lyon“, Reuilly-Diderot, Montgallet...) 3.20.2 La Plantée verte Die Promenade wurde ab 1988 im Verlauf der früheren Bahnstrecke angelegt, die bis 1970 vom Bastille-Platz bis nach Saint-Maur führte. Die ursprüngliche Infrastruktur ist erhalten geblieben: Viadukte, Tunnels, Führung in Geländeeinschnitten. Von der Promenade aus, mit ihrem Baumbestand und den kleinen Gärten, erhält man ungewöhnte und erstaunliche Ausblicke auf die Rückfronten der Gebäude. Mehrere Gartenanlagen erweitern die Promenade: Der Hector-Malot-Garten (rue Hector-Malot) besteht aus zwei Terrassen, die Raum bieten für Kanäle, Brunnen, Ahornbäume und allerlei duftenden Pflanzen. Die Anlage erinnert an den ehemaligen Rangierbahnhof, besonders im Hinblick auf spielende Kinder. Rund um den ausgedehnten Rasen erstrecken sich Themengärten: Garten für Wasserpflanzen, Rosengarten usw. 3.21 „Flêche d'Or"26 3.21.1 Allgemeines Das Musiklokal "Flêche d'Or" in der rue de Bagnolet 102 ist in der „Gare de Charonne", einem Bahnhof der früheren Ringbahn „Petite Ceinture" angesiedelt. In den frühen 1990er Jahren beteiligten sich einige Künstler an den Hausbesetzungen im Charonne-Viertel des 20. Bezirks und erfuhren auf diese Weise von dem leer stehenden Bahnhof. Die Künstler trafen eine Vereinbarung mit den französischen Staatsbahnen, adaptierten das Gebäude für ihre Zwecke und eröffneten das „Flêche d'Or" im Jahr 1995. Zur Entstehung der Einrichtung hält da Rocha, einer der Gründer der Einrichtung, fest, dass „es der Ort war, der die Betreiber ausgewählt hat" (Interview mit Manuel da Rocha, 13. 9. 2002). Die Einnahmen des „Flêche d'Or" stammen großteils aus der an die Einrichtung angeschlossenen Gastronomie (Bar, Restaurant). Die niedrigen Eintrittspreise tragen nur zu einem geringen Teil zur Finanzierung der Einrichtung bei. Aufgrund der starken lokalen Verankerung des „Flêche d'Or" kommt ein beträchtlicher Teil der Besucher aus dem Charonne-Viertel oder den benachbarten Gemeinden jenseits des Boulevard Périphérique (Interview mit da Rocha). Ebenso wie jenes der „Maroquinerie" wurde auch das Programm des „Flêche d'Or" im Jahr 2003 einer starken Veränderung unterworfen. Das Veranstaltungsprogramm wurde auf Musikdarbietungen aus den Genres französischer Folk, Reggae, Rock, HipHop, Jazz und elektronische Musik fokussiert. Frühere partizipatorische Programmelemente wie eine offene Bühne für Amateurmusiker, die Beteiligung an dem lokalen TV-Programm „Télé Bocal" sowie politische Debatten mit Vertretern von 26 Recherche: Hannah Steiner; Quelle: http://www.inst.at/trans/15Nr/03_7/rohn15.htm http://fr.wikipedia.org/wiki/Ligne_de_Petite_Ceinture 51 Le Monde diplomatique, Attac usw. fielen dem „streamlining" zum Opfer. Das aktuelle Programmangebot des Musiklokals ist unter http://www.flechedor.com/ einzusehen. 3.21.2 La petite ceinture La ligne de petite ceinture est une ancienne ligne de chemin de fer à double voie qui faisait le tour de Paris à l'intérieur des boulevards des maréchaux. Mise en service en 1862, elle est aujourd'hui en grande partie inutilisée et amputée d'une partie de sa longueur. 3.21.3 Histoire Schaffung von Subzentren dar. Anhand eines Abschnittes der 'Petite Ceinture' (brachliegende Eisenbahnringlinie parallel zur Stadtringautobahn) wird ein städtebaulicher Entwurf in Form eines räumlich ausgelegten Bebauungsplans entwickelt. Planungsansatz ist die Formulierung einer Fußgängerstrasse mit Grünraumcharakter durch die Festlegung einer Abfolge von öffentlichen Räumen unterschiedlicher Qualität. Die Verschränkung der angelagerten Nutzungs- und Raumstrukturen und die Schaffung differenzierter Übergänge machen diese Fußgängerverbindung auf der ehemaligen Bahntrasse als sozialer Verdichter wirksam. 3.22 Les Halles27 À l'origine, cette ligne de 32 km de long avait un double intérêt stratégique : relier entre elles les lignes radiales qui partaient des grandes gares parisiennes et desservir les fortifications de Paris par l'intérieur. La ligne de petite ceinture court donc le long des boulevards des maréchaux, soit sur des viaducs, soit en tranchée, parfois dans des tunnels. Les services voyageurs circulaires ont cessé le 1er avril 1934 et ont été remplacés par des services de bus de la ligne PC. La partie ouest, entre Pont-Cardinet et Auteuil, connue sous le nom de ligne d'Auteuil, a été exploitée jusqu'en 1985, date de début des travaux de la branche nord du RER C, mise en service en 1988, qui emprunte aujourd'hui son parcours. Le viaduc reliant le boulevard Victor dans le XVe arrondissement à la porte d'Auteuil dans le XVIe et qui franchissait la Seine a été démoli en 1958, supprimant la connexion entre l'Ouest et le Sud du réseau. Après 1934, la ligne de petite ceinture a été utilisée par des trains de marchandises. Au sud, elle desservait les usines Citroën de Grenelle (aujourd'hui parc André Citroën) jusqu'en 1976, les abattoirs de Vaugirard (actuellement parc Georges Brassens) jusqu'en 1979 et la gare des Gobelins (sous le quartier des Olympiades dans le XIIIe arrondissement) jusqu'en 1991. Au nord et à l'est, les lignes furent utilisées pour les transfert de trains entre gares jusqu'à la fin des années 1980. Le trafic de trains de marchandises s'est poursuivi jusqu'au début des années 1990. Actuellement, la ligne de petite ceinture est laissée à l'abandon. La signalisation ferroviaire est pourtant toujours en état de marche et la circulation des trains, quoique peu effective, n'est pas totalement interrompue : la partie sud a été employée pour déblayer les gravats du chantier de la ligne 14, par exemple. La ligne de petite ceinture consiste actuellement en 23 km de voies ferrées entre la porte de Clichy au nord et le boulevard Victor au sud, en passant par l'Est de Paris. La partie Ouest a été totalement déferrée et devrait faire durant l'été 2006 l'objet d'une convention d'utilisation entre le propriétaire (RFF) et la Ville de Paris. La ligne est en ce moment interrompue à la hauteur des travaux de l'avenue de France (XIIIe arrondissement). L'accès des piétons à la petite ceinture est interdit et les accès ont été grillagées ou murés, ce qui n'empêche pas certains promeneurs de s'y retrouver régulièrement. Certaines sections servent également de dépotoir. On peut y observer de nombreuses variétés de plantes et d'arbres. 3.21.4 Aufwertung einer Stadtbrache Paris, Bahntrasse der „Petite Ceinture“ Die brachliegenden meist am Stadtrand gelegenen Gleisflächen der Großstädte stellen heute ein großes Potential zur Aufwertung der peripheren Stadtgebiete durch 52 Anfang des 12. Jahrhunderts war dort ein Marktzentrum, der so genannte "Bauch von Paris". Zola hat ihn in seinem gleichnamigen Roman "Le Ventre de Paris" beschrieben. Alle Kaufleute mussten ihre Ware auf diesem Markt verkaufen, dazu waren sie per Erlass verpflichtet. Im 19. Jahrhundert wurden an dieser Stelle einige gusseiserne Hallen errichtet, in denen man alles kaufen konnte, was das Land zu bieten hatte. 1969 wurden diese Großmarkthallen nach Rungis, einer Stadt im Süden in der Nähe von Orly ausgelagert. Dann klaffte dort lange Zeit "Le Trou de Paris", das "Loch von Paris": eine Riesenbaustelle. Heute hat man das Hallenviertel stark erneuert. Ein riesiger Komplex befindet sich jetzt an der Stelle des ehemaligen Großmarktes. Er ist nicht nur ein großes Einkaufszentrum, im Forum des Halles haben sich auch mehrere Kinos, Theater, Restaurants, Cafés, das Centre Océanique Cousteau, wie auch das Pariser Wachsfigurenkabinett (Musée Grévin) und das Musée Français de l'Holographie angesiedelt. Rund um das Forum des Halles ist stets ein buntes Treiben, dort befinden sich viele Boutiquen, Secondhandshops und auch Sexshops, da sich in der Rue Saint- Denis gleich um die Ecke einer der berühmtesten Pariser Straßenstriche befindet. Unter dem Forum des Halles ist einer der größten Verkehrsknotenpunkte von ganz Paris. Zahlreiche Métro- und RERLinien treffen hier zusammen. Les Halles de Paris, ein ehemaliger Eisen- und Glaßpavillon aus der Mitte des 19. Jahrhunderts diente einst als Großmarkt, der 20 % der Pariser Bevölkerung versorgte. Durch den Abriss 1972 unter Staatspräsidenten George Pompidou, wurde aus den Markthallen ein S- und U-Bahnhof- Knotenpunkt, der die Laufkundschaft auch in das unterirdische Einkaufszentrum locken sollte. Hier können nun auf 4 Ebenen mehr als 150 Geschäfte und Kinos besucht werden. Immer wieder stand der Bau in der Kritik und auch heute sind die Pariser nicht zufrieden. Die Verschleißerscheinungen sind sichtbar und der Unterhalt des Gebäudes ist zu teuer. 2005 ist nun ein neuer Termin für den Umbau angesetzt. Der Pariser Bahnhof Châtelet Les Halles, auch als Châtelet/Les Halles bezeichnet, ist ein Untergrundbahnhof im Zentrum der französischen Hauptstadt. Es ist die Untergrundstation mit den weltweit meisten Passagieren pro Tag. Der Bahnhof am unterirdischen Einkaufszentrum Forum des Halles ist Kreuzungspunkt der Linien A, B und D des RER und besitzt Tunnelverbindungen zu den Stationen Châtelet (Kreuzung von fünf Linien) und Les Halles der Pariser Métro. 27 Recherche: Hannah Steiner; Quelle: http://www.onlinereisefuehrer.de/paris/ http://de.wikipedia.org/wiki/Châtelet_Les_Halles http://www.radiobremen.de/online/lebensart/maerkte.html 53 Der RER-Bahnhof unterscheidet sich von den Métro-Stationen durch eine ZwischenEbene, die als Bahnhofshalle dient und den Zugang zu den Bahnsteigen ermöglicht. In den Métro-Umsteige-Stationen hingegen gibt es nur ein Netz von Tunneln, das von einem Bahnsteig zu den anderen und zu den Ausgängen führt. Da die Stationen der Métro und der Regionalzüge circa 500 Meter voneinander entfernt liegen, gibt es einen Verbindungstunnel mit Fahrsteig. 3.23 Die Bastille28 Erbaut wurde sie als Bastion de Saint-Antoine oder Bastille Saint-Antoine im 14. Jahrhundert unter König Karl V. als Ostbefestigung der Hauptstadt gegen Angriffe der Engländer während des Hundertjährigen Krieges und diente seit der Zeit Ludwig XIII. als Staatsgefängnis mit 80 teils unterirdisch liegenden Kerkern. Die Bastille besaß acht Zinnentürme mit eigenen Namen. Das Gebäude besaß außerdem einen Festungsgraben, der mit Wasser gefüllt war. Eines der interessantesten Dokumente aus dem Innenleben der Bastille ist Constantin de Rennevilles 1715 veröffentlichter Bericht Inquisition Françoise über seine elfjährige Gefangenschaft. Renneville beschreibt darin ausführlich verschiedene Zellen und unterschiedliche Haftbedingungen. Der Sturm auf die Bastille wurde am 14. Juli 1789 zum Symbol für die Französische Revolution. Teilweise wird dieses Ereignis auch als Beginn der Revolution interpretiert. Obwohl keine bedeutenden Gefangenen befreit wurden und die militärische Bedeutung des Sieges über die aus Veteranen und Invaliden bestehende Wachmannschaft gering war, wurde der Sturm auf die Bastille in der Folge zum Mythos und zu einem einschneidenden Ereignis verklärt, was sicherlich auf die hohe Symbolwirkung eines Sieges über den Despotismus zurückzuführen ist. So ist zum Beispiel der 14. Juli noch heute der Nationalfeiertag in Frankreich, allerdings nicht wegen des Sturmes auf die Bastille, sondern vor allem wegen des am 1. Jahrestag der Revolution gefeierten Föderationsfestes, als der König und Vertreter aller Stände und aller Departements einen feierlichen Treueeid auf die Nation leisteten. Von der Bastion ist heute nichts mehr zu sehen. Unter der Leitung des Unternehmers Pierre-François Palloy begann bereits zwei Tage nach dem Sturm, am 16. Juli 1789, der Abriss der Festung als Symbol des Ancien Régime, der sich bis in den Oktober 1789 hinzog. Man ließ nur einen 50 cm hohen Mauerrest stehen, der später komplett entfernt wurde. Heute befindet sich am ehemaligen Standort ein nach ihr benannter Platz (Place de la Bastille) mit im Boden markiertem Verlauf der Mauern der einstigen Bastion. Das Bastille-Viertel hat seinen Namen vom ehemaligen Gefängnis, das hier früher einmal stand. Am 14.Juli 1789 befreite sich das französische Volk von der Unterdrückung und Willkür des Königs und stürmte die Bastille. Vom Gefängnis gibt es noch ein paar Mauerreste in der Metrostation zu sehen. Auf dem Bastille Platz gibt es nun einen großen Kreisverkehr, in dem sich in der Mitte eine be- eindruckende 28 Recherche: Felix Sternath; Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Bastille http://www.paris-infoservice.de/bastille.htm http://www.paris.citysam.de/bastille.htm Bronzestatue, die "Colonne de Juillet" befindet. Sie hat eine Höhe von 50 m und ist weithin sichtbar. Die Statue erinnert an die Juli Revolution von 1830 und wurde 1833 fertiggestellt. Oben auf der Säule balanciert der Genius auf einem Bein. Ebenfalls am "Place de la Bastille" steht die die "Opera-Bastille". Ein Gebäude, das durch seine eigenwillige Form und Architektur aus Glas und Aluminium für Aufsehen sorgt. Ende der 80er Jahre wurde hier auch die Opéra de la Bastille eröffnet. Dieser riesige Glaskasten verleiht dem Bastilleviertel seinen ganz eigenen Charakter. Der Bau wurde von François Mitterrand veranlasst. Damit wandelte sich das ganze Viertel vom Arbeiter- und Handwerkerviertel zu einem Künstler- und In-Viertel. Hier wohnen viele Maler, Dichter und Bildhauer. Außerdem gibt es zahlreiche Galerien sowie Kneipen und In-Lokale. 3.24 Bateaux Mouches29 Un bateau-mouche est un bateau de tourisme fluvial opérant à Paris dans l'usage courant parisien. L'expression est dérivée de la Compagnie des Bateaux Mouches, propriétaire de l'expression lorsqu'elle est employée au pluriel. Un canular veut que le bateau-mouche doit son nom à un inventeur, Jean-Sébastien Mouche. Celui-ci n’a en fait jamais existé. L’origine réelle du nom est controversée: certains pensent qu’il viendrait du quartier de la Mouche, à Lyon (chantiers de la Félizate, quai de la mouche vers 1870), où on aurait pour la première fois fabriqué ce type de bateau ; cette hypothèse serait également controversée. D'autres pensent qu'il s'agit au départ d'un petit bateau de guerre, sorte de bateauespion (le mot mouche avait dans la langue familière le sens d’espion). Le rapprochement avec la légèreté de la mouche ne peut cependant être totalement négligé. Ces premiers bateaux-omnibus ont été créés en 1862 à Lyon par Messieurs Plasson et Chaize, ils obtiennent par arrêté préfectoral l'autorisation d'exploiter une ligne entre les quartiers de la Mulatière et de Vaise à Lyon, le 12 décembre 1862. Cinq bateaux exploitent cette ligne, ceux-ci sortent du chantier Félizate du quartier de la mouche. Les bateaux prirent le nom de la compagnie exploitant cette ligne: «Bateaux Mouches». Emile Plasson, cofondateur de la compagnie gagne le concours de Paris pour une desserte de la ville par bateaux en 1867 et en obtient la concession d'exploitation. 30 bateaux sont construits par les chantiers lyonnais. Il existe deux catégories de matériel: - Les bateaux-mouches d'origine, appartenant à la compagnie du même nom (nom déposé) sont de véritables bateaux, équipés de puissants projecteurs pour les visites de nuit, et dans lesquels sont organisés à l'occasion des dîners, fêtes, goûters, etc. On peut s'y déplacer et on le fait en général, par exemple pour prendre des photographies ou filmer. - Un matériel léger - souvent des vedettes - plus rapide et parfois plus bruyant - dans lequel on ne quitte pas ou peu sa place. 29 Recherche: Felix Sternath; Quelle: http://fr.wikipedia.org/wiki/Bateau-mouche 54 55 3.25 Zitate zu Paris bzw. Frankreich30 3.27 Ville Nouvelle39 „Jeder Mensch von Kultur hat zwei Vaterländer: das seine - und Frankreich.“ („Chaque homme de culture a deux patries: la sienne - et la France.“)31 „Die zwei Stunden Mittagspause sind den Pariser heilig. Sie geben seinem Tag jenes Maß, das ihn hindert, von einem tätigen Menschen zu einem Arbeitstier hinab zu sinken.“32 „Wer Bedürfnisse hat, muss seine Arbeitsleistung steigern und gerät in kapitalistische Abhängigkeit. Also ist der Pariser bedürfnislos.“33 „Nieder mit dem Staat, den Bullen und Bossen.“34 „Wir sind alle mobilisiert, um auf die Sorgen der jungen Leute einzugehen und sie besser auf ihrem Weg zu einer Beschäftigung zu begleiten.“35 Als Ville Nouvelle (Neue Stadt) bezeichnet man ein Programm neuer Städte, die in Frankreich Mitte der 60er Jahre des 20. Jahrhunderts entwickelt wurden. Neun Ville Nouvelle wurden seitdem gegründet. In der Umgebung von Paris liegen davon Cergy-Pontoise, Marne-la-Vallée, Sénart, Évry und Saint-Quentin-en-Yvelines 40 Cergy-Pontoise ist eine Agglomeration im französischen Département Val-d'Oise, etwa 30 km nord-westlich von Paris. Die Bevölkerung beträgt ungefähr 183.430 (2003) Einwohner. Die Fläche beträgt 7.774 ha. Cergy-Pontoise ist eine Agglomeration von 11 Gemeinden. In einer dieser Gemeinden, Cergy - SaintChristophe, befindet sich die "Axe Majeur". Dieses Gesamtkunstwerk einer voll durchgeplanten Neuanlage einer Vorstadt in Form einer ca. 4 km langen Achse, setzt sich zusammen aus einem Arrangement von französischem Park als Kern eines Gewerbeparks, Bahnhof, Marktplatz, Innenstädtischer Bebauung, Sozialem Wohnungsbau in Pseudo-Renaissance-Optik und einer verschwenderisch großzügigen Freigelände-Anlage mit ewigem Feuer, 9 freistehenden Betonsäulen von ca. 10 m Höhe und einer großen Freitreppe zu Ehren der Gefallenen der Weltkriege.41 Évry liegt im Süden von Paris. Die Stadt hat ca. 50.000 Einwohnern. In der Stadt hat das Forschungsinstitut für Informatik und Raumfahrt, Luftfahrt und elektrotechnische Industrie seinen Sitz.42 Saint-Quentin-en-Yvelines ist eine Neue Stadt (Ville Nouvelle) im Département Yvelines im Osten von Versailles. Die Stadt wurde Viertel für Viertel entwickelt, wobei sich immer wieder kleine Stadtzentren herausbildeten. Die Stadt stellt das zweitwichtigste Geschäftszentrum nach „La Défense, im Westen von Paris, dar. Im Jahr 2003 hatte Saint-Qunetin-en-Yvelines (Agglomeration) 146.000 Einwohner, die sich auf einer Fläche von ca 7000 Hektar verteilt.43 Die Ville Nouvelle Marne-la-Vallée befindet sich östlich von Paris und wurde nach ihrer Gründung 1970 in vier Teilgebiete gegliedert. Insgesamt hat Marne-la-Vallée ca. 250.000 Einwohner. Durch die räumliche Nähe zum Wirtschafts- und Kulturzentrum Paris, sowie zum Touristenmagneten Disneyland, ist diese Region heute eine dynamische und wachstumsstarke Gegend, welche über eine moderne Infrastruktur verfügt.44 3.26 Belleville36 Zu Beginn des 19. Jahrhunderts war Belleville ein Weinanbaugebiet vor den Toren von Paris. Zahlreiche Aristokraten leisteten sich dort ihren Landsitz. Belleville wurde Ausflugsgebiet von Erholungs- und Vergnügungssuchden. Eine Vielzahl an Bars, Varietes und Cafes eröffneten. Mitte des 19. Jahrhunderts kam die erste große Einwandererwelle: Arbeiter aus der Stadt und Nachkommen der Sansculotten. Als Belleville 1860 in Paris eingegliedert wurde, war es die 13. größte Stadt Frankreichs. 1871 fanden hier die letzten Kämpfe der "Pariser Kommune" statt. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts siedelte sich die Halbewelt in Belleville an. In den 20er Jahren existierte hier eine große Künstlerkolonie (jetzt: Parc de Belleville ). Nach der Jahrhundertwende wurden hier Polen, Armenier, arabische Juden, Algerier, Marokkaner und Türken sesshaft. Seit den 80er Jahren siedeln sich zunehmend asiatische Nationalitäten an. Bis Mitte der 90er Jahre sollen die Reste des alten Belleville im Rahmen eines lokalen Sanierungsplans ersetzt und die Bewohner in die Banlieu umgesetzt werden.37 Belleville ist Teil des 20. Arrondissements. Der Bezirk hat heute ca. 183.000 Einwohner (das sind 8,6% der Pariser Bevölkerung) und ist eines der dichtest besiedelten Bezirke von Paris. Die Arbeitslosenrate liegt bei 15%, was 3% über dem Durchschnitte der Stadt liegt. Besonders bemerkenswert ist der relativ hohe Anteil von Sozialwohnungen im Bezirk. So beträgt des Sozialbauanteil im 20. Arrondissement 40%, wobei der Pariser Durchschnitt bei 20% liegt.38 30 Recherche: Pavla Ulmanova 31 Thomas Jefferson 3. Präsident der USA (1801-09) 32 Friedrich Siegburg 33 Friedrich Siegburg 34 Demonstranten in Paris 2006 35 Demonstranten in Paris 2006 36 Recherche: Anna Várdai 37 Quelle: http://www.filmischesberlin.de/projet.html 38 Quelle: http://www.mairie20.paris.fr/mairie20/jsp/Portail.jsp?id_page=229 56 39 Recherche: Anna Várdai 40 Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Ville_nouvelle 41 Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Marne-la-Vall%C3%A9e 42 Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/%C3%89vry 43 Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Saint-Quentin-en-Yvelines http://www.yvelines.pref.gouv.fr/svc%20d%C3%A9concent/ville.htm 44 Quelle: http://www.wiwi.tu-freiberg.de/intwirtsbez/content/auslandsstudium/marne/marne.html 57 3.28 DFJW – Deutsch – Französisches Jugendwerk45 3.28.1 Entstehungsgeschichte Nur wenige Monate nach der Unterzeichnung der Elysée-Verträge durch Konrad Adenauer und Charles de Gaulle am 22.1.1963 wurde das DFJW vor etwa 40 Jahren am 5. Juli 1963 gegründet. An diesem Tag wurde im Palais Schaumburg in Bonn ein Abkommen über die Schaffung des Deutsch-Französischen Jugendwerks durch die Außenminister Gerhard Schröder und Maurice Couve de Murville und in Anwesenheit von Bundeskanzler Adenauer und General de Gaulle unterzeichnet. Artikel 2 (1) des Abkommens lautet: „Das Jugendwerk hat die Aufgabe, die Bande zwischen der Jugend der beiden Länder enger zu gestalten und ihr Verständnis füreinander zu vertiefen. Es hat hierzu die Jugendbegegnung und den Jugendaustausch anzuregen, zu fördern und gegebenenfalls selbst durchzuführen(...).“ 1976 wurden die Programme auch für Jugendliche aus anderen Ländern der Europäischen Gemeinschaft geöffnet, und seit 1991 unterstützt das DFJW zunehmend den Austausch mit den Ländern Mittel- und Osteuropas. Seit dem Jahr 2000 baut das DFJW seine Aktivitäten auch in Südosteuropa aus. 3.28.2 Aufgaben und Zielsetzungen Das DFJW ist eine internationale Organisation im Dienst der deutsch-französischen Freundschaft. Es fördert den Jugendaustausch zwischen Jugendorganisationen, Sportvereinen, Sprachzentren, Berufsbildungseinrichtungen, Standesorganisationen und Gewerkschaften, Schulen und Universitäten, Gemeinden sowie Partnerschaftskomitees. Die Unterstützung betrifft finanzielle, pädagogische und sprachliche Fragen sowie die inhaltliche Vorbereitung und die Auswertung der Begegnungen. Das DFJW möchte Schlüsselkompetenzen für Europa vermitteln, Chancen für interkulturelles Lernen geben und die Erfahrungen des deutsch-französischen Jugendaustauschs als Versöhnungsarbeit an Drittländer weitergeben. Junge Menschen sollen durch die Programme die Möglichkeit erhalten, Land, Leute und Kultur kennen zu lernen, wertvolle Erfahrungen zu sammeln und die Chancen im Studium und auf dem Arbeitsmarkt zu erhöhen. 3.28.3 Struktur Das DFJW wird von einem autonomen Kuratorium verwaltet, bestehend aus 15 deutschen und 15 französischen Mitgliedern und der gleichen Anzahl an Stellvertretern. Die Mitglieder kommen aus den Bereichen öffentliche Verwaltung, Jugendbildung, Wirtschaft, Kultur oder aus kommunalen Gebietskörperschaften und werden von der jeweiligen Regierung für die Dauer von drei Jahren bestimmt. Die Präsidenten sind die jeweiligen für Jugend zuständigen Minister (zur Zeit Renate Schmidt und Jean-François Lamour). Das Kuratorium tagt zweimal jährlich abwechselnd in Deutschland und Frankreich, um die programmatischen Schwerpunkte und das Budget festzulegen. Ausführendes Organ ist der Generalsekretär (seit Januar 2004 Max Claudet), welcher das DFJW nach außen hin repräsentiert, die Sitzungen des Kuratoriums vorbereitet und die Geschäftsführung übernimmt. Ist der Generalsekretär Franzose, so ist sein Stellvertreter (z. Z. Eva Sabine Kuntz) Deutscher und umgekehrt. Die Amtszeit beträgt 5 Jahre. 3.28.4 Finanzierung Die Einnahmen des DFJW stammen aus einem Fonds, der von der deutschen und der französischen Regierung sowie aus Finanzierungshilfen öffentlicher und privater Organisationen gespeist wird. Die Ausgaben des DFJW für die deutsch-französische Zusammenarbeit im Bereich Jugendarbeit werden vom Kuratorium beschlossen. Es ist dabei an die Richtlinien des DFJW gebunden. 3.28.5 Programm Das ganze Jahr über bietet das DFJW in Deutschland, Frankreich und teilweise auch in anderen europäischen Ländern verschiedene Programme (Individual- oder Gruppenprogramme) an. Diese richten sich an Grund-, Haupt- und Realschüler, Gymnasiasten, Studenten, junge Berufstätige oder Arbeitslose, aber auch an Animateure, Lehrer, Leiter von Jugendverbänden etc. Menschen zwischen 5 und 30 Jahren können sich ans DFJW wenden und mit dessen Hilfe je nach Altersklasse und Interessen - ein individuelles Projekt in Frankreich realisieren („In Frankreich unterwegs“), - Französisch lernen oder Sprachkenntnisse verbessern, - in Frankreich zur Schule oder an die Uni gehen (z. B. mit dem Programm „Voltaire“), - an Aktivitäten in den Bereichen Sport, Wissenschaft und Technik, Kunst und Kultur oder Freizeit und Erlebnis teilnehmen, - ein Stipendium für ein Praktikum erhalten oder - einen Job in einem französischen Unternehmen finden (z. B. durch das Programm „Arbeit beim Partner"). Darüber hinaus kann man beim DFJW selbst eine Gruppenleiterausbildung für deutsch-französische Begegnungen absolvieren. Die von den Teilnehmern zu tragenden Kosten variieren nach Programmtyp. Zu den Reisekosten gibt es meist einen pauschalen DFJW-Zuschuss. 3.28.6 Einige Zahlen zum DFJW Jährlicher Haushalt: 20 Millionen Euro Teilnehmer pro Jahr: 200.000 Jugendliche Programme pro Jahr: 7.000 Begegnungen Geförderte Teilnehmer seit 1963: über 7 Millionen Jugendliche Geförderte Programme seit 1963: über 250.000 Begegnungen Teilnehmer aus Drittländern pro Jahr: 3.000 Anzahl der Drittländerprogramme pro Jahr: 350 45 Recherche: Jonas Vukic; Quelle: www.dfjw.org 58 59 3.28.7 Kontakt Deutsch-Französische Jugendwerk DFJW Deutsche Adresse: Molkenmarkt 1 10179 Berlin Tel.: 030-288757-0 Fax: 030-288757-88 www.dfjw.org Französische Adresse: 51, rue de l'Amiral-Mouchez F-75013 Paris Tel.: 0033-140781818 Fax: 0033-140781888 www.ofaj.org 3.29 Französische Nationalbibliothek - Bibliothèque de France46 3.29.1 Allgemeines 13th Arrondissement, Quai François Mauriac 1989 geladener Wettbewerb 1990 Silver Medal of Urbanism 1990 – 1992 Planung 1992 – 1996 Ausführung 1996 Mies van der Rohe Preis für Europäische Architektur Site area 65300m2 Builtup-area 365178m2 budget 500 000 000 € landscape setting up 10782m², 250 trees 3.29.2 ArchitektInnen Dominique Perrault, geb. 1953 - 1978 Studium der Architektur an der École Nationale Supérieure des Beaux Arts Paris - 1979 Studium der Stadtplanung an der École Nationale des Ponts et Chaussées - 1980 Studium der Geschichte an der École des Hautes Études in social science - 1981 Gründung des eigenen Büros in Paris - 1992 Gründung eines Büros in Berlin 46 Recherche: Marlene Wagner; Quelle: http://deu.archinform.net http://www.perraultarchitecte.com/ http://www.pps.org/ 60 - 1998 – 2001 Präsident des Französischen Institut der Architekten - 2002 Gründung zweier weiterer Büros, eines in Barcelona und eines in Baltimore Gaelle Lauriot-Prévost 3.29.3 Beschreibung Die vier Glastürme der Nationalbibliothek dominieren die Stadtshilouette im östlichen Gebiet von Paris. Ein Großteil der Gesamtbaumasse liegt in den unterirdischen Geschossen, in denen die Öffentlichkeit verkehrt. Holz spielt für das Erscheinungsbild eine große Rolle. Addierbare Holzmöbel in einfachen Grundformen und Edelstahlmatten als akustisch wirksame Wand- und Deckenbehänge prägen die Innenräume der Bibliothek. Rechtwinkeliges Areal an der Seine in der Mitte ein großer Garten. Die vier Ecken des Gebäudes weisen je einen 79 m hohen Turm mit einer durchgehenden Glasfront auf. Die Türme sind L-förmig und symbolisieren ein aufgeschlagenes Buch. Jeder Turm trägt seinen eigenen Namen: Turm der –Zeit, -der Gesetze, -der Zahlen, -der Buchstaben bzw. Briefe. Aufgrund zahlreicher Verzögerungen beim Bau und Fehlplanungen war das Gebäude in Paris lange Zeit umstritten. 1. April 2006 Google kauft die Französische Nationalbibliothek. 3.29.4 PPS_Project for Public Spaces: Hall of Shame Why it does not work: The failure of this austere, modernist structure can be attributed to a lack of accessibility, a grand and imposing non-human scale as well as a complete absence of activities. The plaza and gardens are silent, and remain devoid of the public they were built to serve. The towers contain more than one design flaw. For example, it was realized too late that a library built from transparent glass would provide little protection for the books from sunlight; and that in fact, excessive sunlight would actually overheat the towers (and pose a risk of turning them into blazing infernos!). In addition, the glass design failed to account for condensation, another threat to delicate books. These issues were remedied by the architect only after the construction had been started, and at additional expense to the French public. Outside, the unfriendly and inaccessible nature of the design provides no direct link among the four towers, and so traveling from one end of the library to another is an endless trek. There is also deficiency in directional signage. The signage that exists subscribes to strict minimalist standards (a mute gray-upon-gray scheme), and is often placed in hidden locations. Therefore, help for visitors trying to find entrances, restrooms, or the way to the street or metro is scarce. There are also problems with the library's services, which include the latest technologies and four super computers - but undertrained staff. Because of this, the public soon found retrieving and requesting books to be all but impossible. So many requests are lost that the library staff went on strike, seeking time to find the lost requests, and to receive additional training for the computers system.Architecturestudent Opinion: The French National Library or as the French like to call it, "la TGB" for "la Tres Grande Biblioteque," at first appearance does emit a sense of rejection to the visitor. With its four repetitive corner towers framing a large and fairly empty raised platform, the national library can make you feel unwelcome. But, having lived in Paris as an architecture student for a year, and having visited the library at various occasions, has allowed me to see a more fantastic side to this work of architecture. It is a 61 modern utopia. A utopia representative of the crossroads of human kind and nature. In essence, the library is respectful homage to nature, done so by the delicate protected forest placed in the sunken hole at the center of the building. It is a utopia for the future generations, built to catalyze the prospective emergence of the new Latin Quarter on the 13 arrondissment. It is in the greatness of this structure that makes coming to the library a grand journey, and that is fantastic. It is the monumental and simplistic towers that frame a beautifully African wood planked platform that fascinates me the most. Perhaps it provides an escape and a relief from the very ornate and eccentric French facades. Whatever the reason, it is in the arrival to this beautiful utopia that makes the library a wonderful work of architecture. Perhaps for the passerby or the tourist the library may seem harsh, but for the individual in search of knowledge, the experience is serene. Once inside this structure you get a sense of why it was designed the way it was designed. The four towers, representative of four open books, house the many delicate and historic volumes of books. Through the means of electrical shoots, books are transported up and down the towers and brought to you. The delicate protected forest in the center of the building represents the origin or books, trees. And in essence this forest represents the giving back to nature, and the return to the untamed and savage forest untouched by humankind. The long and beautiful corridors along the face of the forest provide a sense of a long procession, something the French are quite fond off, and I have become as well. In general, it is in the function of the elements of the library that I find the greatest beauty, and this can only be perceived by becoming not a seer but an experiencer of the building’s function. And remember, "you can't judge a book from its cover, at least not one you must experience first hand." 47 3.30 Mai–Unruhen, Sorbonne 1968 3.30.1 Allgemeines Die Unruhen, die im Mai 1968 zunächst durch die Räumung einer Fakultät der Pariser Universität Sorbonne ausgelöst wurden, führten am Ende in Frankreich zu einem wochenlangen Generalstreik, der das ganze Land lahm legte. Der Mai 68 steht im Zentrum der französischen 68er-Bewegung. 3.30.2 Vorbedingungen: 1967/68 fanden politische Studentenproteste in vielen europäischen Städten und auch außerhalb Europas statt. Frankreich in den 1960er konservative Regierung unter Staatspräsident General de Gaulle und Premier Georges Pompidou. Bereits 1967 politisch aktive Studentengruppen für Verbesserung der Studienbedingungen und Kritik an Gaullismus_französischen Konservativismus. In Nantes, Lyon und Nanterre (Pariser Trabantenstadt)- Proteste und Studentenheime besetzt. Auch Künstler und Filmschaffende auf Strassen doch die Regierung blieb unnachgiebig. Im März streikten Arbeiter der Garnier-Werke - Streik griff auf ganze Stadt über. In Nanterre gründete sich die radikale Bewegung 22. März -Gruppe 142 47 Recherche: Marlene Wagner; Quelle: http://www.infopartisan.net/archive/1967/266773.html http://dhost.info/photocanon/mai1968/ http://membres.lycos.fr/mai68/affiches/affiches.htm http://www.ina.fr/voir_revoir/mai-68/video.fr.html 62 linker Studenten verschiedenster politischer Herkunft,-besetzte Universität von Nanterre um hochschulpolitische Ziele, Aufhebung der Geschlechtertrennung in den Studentenheimen durchzusetzen. Universität von Nanterre aufgrund der fortgesetzten Unruhen am 2. Mai geschlossen. 3.30.3 Motive, kultureller Hintergrund , Gruppierungen - gegen das veraltete und erstarrte Bildungssystem Modernisierung und Demokratisierung der Hochschulen - Gesellschaft ändern, Stürzen des Establishment - Existentialismus und Humanismus, oder Strukturalismus(Sartre/Maurice MerleauPonty/Simone de Beauvoir/Roland Barthes/Henri Lefebvre) - Anarchisten und anarchosyndikalistische Gewerkschaften (CNT). - Hippie-Bewegung aus USA / gegen Vietnamkrieg - Generationenkonflikt kultureller Art /katholisch geprägtes Frankreich - marxistische Strömungen / moskautreue Kommunistische Partei Frankreichs (KPF) und die angeschlossene größte Gewerkschaft Confédération générale du travail (CGT) - Verschlechterung der Wirtschaft / Arbeitslosigkeit nahm zu. - Attentat auf Rudi Dutschke stieß auch in Frankreich auf große Empörung. 3.30.4 Der Mai 68 3. Mai: besetzten politisch linksstehende Studierende die Sorbonne Uni nachdem Protest gegen Nanterreschließung verboten wurde –Räumung durch Polizei mit Tränengas 200 Studierende verhaftet. Darauf begannen Unruhen im Quartier Latin. Straßenschlachten 600 Studierende verhaftet – Gewerkschaft der Universitäten und Studentengewerkschaft rufen zum Hochschulstreik(KPF distanziert sich) 6. Mai: Demonstrationen führen zu Krawallen, Forderungen: Öffnung der Universität von Nanterre, der Abzug der Polizei aus der Sorbonne, und die Freilassung der inhaftierten Studenten. Nach Ablehnung 10.000 auf Strasse- Barrikaden, Pflastersteine Autos umwerfen, junge Arbeitslose, Schüler, Rocker und Arbeiter, Einwanderer solidarisieren sich, Polizei und Behörden repressiv. 10. Mai: Nacht der Barrikaden, Polizei räumt ganzes Gebiet vor allem entlang der Rue Gay-Lussac, hunderte Verletzte, 500 Festnahmen Es folgt große Solidarisierung mit Pariser Studenten in Frankreich und Europa, Erstmals Zusammenschluss mit Arbeiterbewegung. 13.Mai: Gewerkschaften (außer CGT) rufen zum Generalstreik gegen hartes vorgehen der Polizei, Bevölkerung empört da viele Schwerverletzte, Gerüchte über Tote. Daraufhin kündigt Premier Pompidou Freilassung der Studierenden an, Sorbonne Universität mitten im Barrikadengebiet wieder Besetzt dient als Stützpunkt und an Demo beteiligen sich fast 1 Million Menschen. 14. Mai: weiter Universitäten werden besetzt, Sorbonne wird zur freizugänglichen Volksuniversität, 400 Aktionskomitees und Arbeitsgruppen diskutieren gesellschaftliche Angelegenheiten. Arbeiter beginnen zu Streiken 16. Mai: Arbeiter besetzen Fabriken, Fussballclubs besetzen Fußballföderation, Einrichtung von Räten neue Konkrete Forderungen: Lohnerhöhung, 40h Woche, Sozialversicherung, Pensionberechtigung und freie Universität, Mindestlohn Erhöhung,… 63 17. Mai: 2 Millionen Arbeiter streiken, Engpässen in Treibstoffversorgung, Infrastruktur des Landes weitgehend lahm gelegt. Regierung CGT und KPF gegen Streiks, teilweise entgegenkommen der Forderungen. 29. Mai: De Gaulle kündigt Neuwahlen an, droht mit Verhängung des Ausnahmezustand falls Streik nicht beendet wird, Marsch von etwa einer Million konservativer Gegner der Unruhen. 3.30.5 Ende der Unruhen und Auswirkungen An diesem Punkt zerbrach Protestbewegung, viele Streikende beendeten Betriebsbesetzungen und begannen wieder zu arbeiten. Die Gewerkschaften appellierten an Streikenden aufzugeben, einige Betriebe auch von der Polizei geräumt. Am 18. Juni war der Streik dann mit der Wiederaufnahme der Arbeit bei Renault vollständig beendet. Es kam zu verschärfter staatlicher Repression gegenüber der radikalen Linken. Neuwahlen machten regierenden Gaullisten noch stärker. französische Universitäten, gezwungen in weit abgelegene Vororte umzuziehen. In Folge des Mai 68 kam es aber auch zu kulturellen, sozialen und politischen Reformen. KPF verlor nach den Mai-Unruhen an Bedeutung, dafür etablierte sich die radikale Linke dauerhaft (Ligue communiste révolutionnaire), und es begann der Aufstieg der französischen Sozialisten. Die Philosophie wurde geprägt, wie der ganze Poststrukturalismus insgesamt. 3.31 Vokabular zu Städtebau und Stadtgeschichte48 Die Straßenflucht, Gebäudeflucht = Alignement (und zurückgesetzte Fluchtlinie oder Vorgarten = recul d'alignement): Das ist die Grenze zwischen Gebäude und öffentlichem Straßenraum. Die Regelungen Haussmanns schrieben zurückgesetzte Gebäude im Vergleich zur Straßenflucht vor in der Absicht, die Straßen allmählich zu verbreitern um die Helligkeit und die gesundheitliche Zuträglichkeit der alten Wohnungen zu verbessern. Immer wenn nicht alle alten Häuser zerstört wurden, weist die Straße heute eine unregelmäßige Flucht auf. Architektur minderer Bedeutung = Architecture mineure: in Weiterführung der zunehmenden Wertschätzung der Baudenkmäler = monuments historiques und des kulturellen Erbes = patrimoine erweiterte der Italiener Giovannonni 1931 die Notwendigkeit des Schutzes auf das städtebauliche Erbe, auch minderrangiges Stadtgeflecht = tissu mineur, das nicht für sich alleine aber für die Harmonie des Ganzen bemerkenswert ist (während im 19. Jh. Haussmann zum Beispiel das Umfeld von Notre-Dame freigeräumt hatte, was freilich der urbanen Realität des Mittelalters in keiner Weise gerecht wurde). In dieser Absicht schuf André Malraux 1962 "geschützte Bereiche - secteurs sauvegardés". Bürgerinitiativen = Associations de défense: Bürgerinitiativen zum Schutz und Erhalt entwickelten sich in den Jahren um 1960 im Widerstand gegen die Renovierung mit Bulldozer und Abrissbirne der Stadt Paris. In den 1980er Jahren nahmen sie erneut kräftig zu angesichts der Spekulation der Jahre von 1986-89, als Immobiliengesellschaften billig Flächen in den traditionell dem einfachen Volk vorbehaltenen Quartieren aufkauften, um die Bewohner zu vertreiben und höherwertige Wohnungen zu bauen. Das Komitee CLAQ (comité de liaison des 48 Recherche: Hannah Steiner; Quelle: http://www.parisbalades.com/Deutsch/Voc/urbanisme.htm 64 associations de quartier) in der Nr. 11 rue Saint-Martin, 4. Arrondissement (Tel : 01 42 77 98 28) dient als Koordinierungsstelle. Zollbarrieren = Barrières d'octroi: siehe bei Mauer der Generalpächter Nr. 5 auf dem Plan der Stadtmauern = carte des enceintes. Pariser Stadtpläne = Cartes de Paris: alte Pläne aus der Zeit von 1716 bis 1887, inventarisiert von der Universität von Columbia (www). Das Laden der Seiten aus dem Internet dauert wegen de Größe der Pläne recht lange. Klassifizierung = Classement im Verzeichnis der historischen Baudenkmäler und Eintrag im Zusatzverzeichnis der historischen Baudenkmäler : in Frankreich ermöglicht das Gesetz von 1913 die Aufnahme oder den Eintrag als historisches Baudenkmal von Gebäuden oder Gegenständen "deren Bewahrung aus historischer oder künstlerischer Hinsicht im öffentlichen Interesse liegt". Klassifizierung und Eintrag schützen die Denkmäler in gleicher Weise (für jede Änderung muss eine Genehmigung beim Architekten der Bâtiments de France beantragt werden) entsprechen aber einer abnehmenden Dringlichkeit und Bedeutung.. Wenn ein Bauwerk klassifiziert ist, wird die Umgebung in einem Umkreis von 500 m auf gleiche Weise geschützt, abhängig von der gemeinsamen Wahrnehmung (en "covisibilité"). Der Schutz bringt Probleme verschiedener Art mit sich : auf welche Kriterien kommt es beim Schutz an, wie hoch können die Kosten sein, welche die öffentliche Hand für den Schutz der Gebäude aufwenden will, vor allem im Hinblick auf ihre zunehmende Zahl (zur Zeit 45 000), über wie viel Freiheiten verfügen die Eigentümer (sie sind in angelsächsischen Ländern größer), bis zu welchem Grad ist der Schutz eine Behinderung von Innovationen und eine Ursache musealer Erstarrung? "Hohle Zähne" = Dents creuses: so werden niedrige Gebäude genannt, die mit dem Rest eines dicht bebauten Quartiers in Kontrast stehen. D.S.Q. (développement social de quartier = soziale Entwicklung eines Viertels), DSU (développement social urbain = soziale städtische Entwicklung): hierbei handelt es sich um administrative Verfahren, die es dem Staat ermöglichen, benachteiligten Quartieren zu Hilfe zu kommen. Der Leiter eines Projekts koordiniert die Verwirklichung von Vorhaben zu Unterbringung (réhabilitation = Instandsetzung oder Abriss von zu sehr verfallener Substanz), zur Schule (Zonen mit vorrangiger Entwicklung des Schulwesens), zu Vorhaben der wirtschaftlichen Betätigung oder der Berufsausbildung, zum Gesundheitswesen... Enceintes = Stadtmauern: Paris war im Verlauf der Zeit von mehreren, aufeinander folgenden Mauern umgeben. Sie entsprachen nicht notwendigerweise der Bevölkerungszunahme: nach der galloromanischen Mauer um die Ile de la Cité (n°1), ließ Philippe-Auguste 1213 die nach ihm benannte Einfassung bauen, die auch die Klöster und Anpflanzungen des alten trockengelegten Marais umfasst. An der Seine riegeln Ketten den Fluss ab. Der Louvre ist eine der Festungen dieser Mauer (Reste der Burg des alten Louvre im Museum), von der noch einige Rest im Marais erhalten geblieben sind (n°2) (www mit ihrem präzisen und beschreibenden Verlauf). Im Jahr 1383, fügt Charles V auf dem rechten Ufer der seine, das sich schneller entwickelt, eine Erweiterung hinzu, die im Osten von der Festung der Bastille verteidigt wird (Paris zählt damals 150 000 Einwohner) (n°3). Gegen 1635 erweitert Louis XIII die Mauer Richtung Nordwesten, die nun das Palais der Tuilerien umfasst (n°4) : außerhalb erstreckt sich ein toter und sumpfiger Nebenarm der Seine. Im Jahr 1705, Frankreich wir ab jetzt an seiner Außengrenze verteidigt, lässt Ludwig der XIV. die Befestigungen auf den echten Seineufer abreißen und von einer breiten Promenade ersetzen, aus der im 19. Jh. belebte Boulevards werden. Die Tore von Saint-Denis und Saint-Martin werden mit Triumphbogen geschmückt. 65 1785 wird die Mauer der Generalpächter, le mur des fermiers généraux (n°5), gebaut. Es handelt sich um eine Barrière, die nur noch dazu da ist, die Einnahme der Steuer (l'octroi) auf die Waren zu erleichtern, und den Schmuggel zu verhindern. Diese neue Mauer gefällt den nun 500 000 Parisern gar nicht ; dafür steht das Wortspiel : "le mur murant Paris rend Paris murmurant" (die Mauer, die Paris ummauert, lässt Paris leise murren). Sie schließt auch viel unbebautes Gelände ein und folgt dem Verlauf der heutigen Metrolinie von Nation nach Etoile. Sie weist 62 Zollschranken auf, die Ledoux entworfen wurden. Doch schon 1787, nach nur zwei Jahren, wird Ledoux von der Aufgabe entbunden, weil er zu teure Gebäude errichten wollte. Die meiste Pavillons fielen bald darauf dem Feuer der Revolution zum Opfer. Die letzten Befestigung, von Thiers, datiert von 1844 (n°6): sie wird von 16 eigenständigen Forts verstärkt (so das Fort von Montrouge oder das Fort am Mont Valérien). Diese Befestigungsanlage bildet einen Ring von 300 m Breite, auf dem nicht gebaut werden darf : kurz "fortifs" genannt, schließt sie auch die Dörfer um Paris herum mit ein (Montmartre, Belleville...) und ihre Linie wird 1859 zur offiziellen Pariser Stadtgrenze. Paris hat 1846 1 050 000 Einwohner, 1866 dann 1 800 000. Nachdem sie sich im Krieg von1870 angesichts der weitreichenden deutschen Kanonen als nutzlos erwiesen haben, werden die Thiers'schen Befestigungen von 1919 an beseitigt und durch einen ersten "grünen Gürtel" mit Einrichtungen für den Sport und einen zweiten Gürtel mit HBM-Gebäuden aus Ziegeln im Rahmen des sozialen Wohnungsbaus ersetzt. ImVerlauf diese Maßnahme erreicht Paris zwischen 1925 und 1930 seine heutige Grenze (n°7) und zählt 19452 700 000 Einwohnern. Heute sind es ungefähr 2 100 000. Diese ganze Entwicklung wird auf den alten Plänen von Paris anschaulich, die man im Internet auf der Website der Universität von Columbia ansehen kann: www Faubourg = Vorstadt: die Faubourgs waren einst die Straßen "fors le bourg", das heißt außerhalb der Mauern. Heute nehmen zahlreiche Straßen des Pariser Zentrums, in ihrer Verlängerung diesen Namen auf (die rue du Faubourg SaintHonoré folgt auf die rue Saint-Honoré). Fortifications = Befestigungsanlagen: siehe bei enceintes = Stadtmauern. Haussmann: Paris verdankt sein heutiges Aussehen der Tätigkeit des Präfekten des Departement Seine von 1853 à 1870, dem Baron Georges-Eugène Haussmann, der die Anregungen von Napoléon III. verwirklichte. Der Kaiser der Franzosen wollte, angeregt von seinen Aufenthalten in London, aus Paris eine große, moderne Hauptstadt machen, mit gesunden Lebensbedingungen, durchlüftet von Parks und angepasst an den modernen Transport. Haussmann riss die alten, aus dem Mittelalter stammenden Viertel im Zentrum ab und schuf Straßendurchbrüche : große, gerade Avenuen, gesäumt von Bäumen und Gebäuden aus Haustein., die Blickachsen zwischen den wichtigsten städtischen Schwerpunkten herstellten. Er ließ auch eine neues Trinkwassernetz einrichten, wobei er Quellen am Oberlauf der Seine fasste (Aquädukt von 157 km Länge ab dem Fluss der Vanne durch den Straßen- und Brückenbau-Ingenieur Belgrand), dazu ein modernes Abwassernetz, ein 2000 Hektar umfassendes Geflecht von Parks und Gärten (von den beiden großen Wäldern bis zu den kleinen Squares, die jedes Viertel belüften). Dazu schuf er neue Einrichtungen /Theater, Oper, Kranken- und Rathäuser...). Im Gegensatz zu Napoléon III., der die Einrichtung mehrerer Arbeitersiedlungen finanzierte (18. Arrondissement), kümmerte sich Haussmann nicht um den Wohnungsbau für das einfache Volk. Haussmann annektierte 1860 die Gemeinden der Peripherie und schuf die heutige Verwaltungsgliederung in 20 Arrondissements, wobei er darauf achtete, dass gewisse, besonders aufrührerische Gemeinden wie etwa Belgrand aufgeteilt wurden. Manche noch bäuerliche Gemeinde wurden seit dieser Zeit urbanisiert, etwa jene im 16. und 17. Arrondissement. Die Arbeiter mussten als Folge der Mietpreissteigerungen die Quartiere im Zentrum verlassen und zogen in die neu eingemeindeten Kommunen. Im Gegensatz zu den engen Strassen des alten Paris, die rasch mit Barrikaden übersäht waren, erlaubten nun die großen Avenuen, schnell Militär in die Arbeiterviertel heranzuführen. Was die Architektur angeht, so folgen die homogenen Bauten strengen architektonischen Vorgaben. Hausmann gab den bürgerlichen Bauten des ausgehenden 19. Jh. einen bestimmten Stil : Steinquader, der Querriegel eines Balkons über die gesamte Fassade in der zweiten Etage (das vornehme Stockwerk, der Fahrstuhl kommt 1870 auf) und im fünften Stock. Das Mansardendach wird von Dachluken belebt. Die innere Architektur ist von den aristokratischen Wohnungen des 18. Jh. inspiriert : hinter der Fassade reihen sich der Salon, das Speisezimmer und das Wohnzimmer/Schlafzimmer. Zu Hof liegen die Funktionsräume (Küche...). Die Schmuckelemente sind nüchtern und befinden sich an den Balkonen und den Kranzgesimsen Gesimsen = corniches. Die Atlanten (Männergestalten , die den Balkon tragen) und die Kariatiden (das weibliche Gegenstück) erscheinen um 1900. Selbst die Denkmäler müssen sich in das einheitliche Stadtbild einfügen. Sie stehen nicht isoliert da sondern dienen dazu, die wichtigsten Punkte der Stadt zu betonen : Straßenkreuzungen, Fluchtpunkt einer Perspektive (Sichtachse). Es ist die Epoche des Eklektizismus = éclectisme, und die Wahl des Stils hängt von der Funktion des Gebäudes ab: die Kirchen sind neugotisch, neuromanisch, neo-byzantinisch, die zivilen Bauten Neo-Renaissance oder neoklassisch. Höhe = Hauteur: zum Vergleich: der Eiffelturm ist mit 300 m am höchsten, seine zweite Etage befindet sich auf 115 m. Notre-Dame erreicht 90 m, die grande Arche de la Défense (der große moderne Bogen westlich des Triumphbogens in la Défense) erreicht 93 m, der Hochhausturm von Montparnasse bei 59 Etagen 210 m. H.B.M.= Sozialer Wohnungsbau (habitation bon marché = preiswerte Wohnung): Die französische Gesellschaft für sozialen Wohnungsbau (la société française des HBM) wurde 1889 gegründet, entstanden aus der hygienebetonten und paternalistischen Bewegung des fortschrittliche Bürgertums des zweiten Empire Napoleons III. Sie verbindet protestantische Tendenzen und Tendenzen der sozialen Bewegung des Katholizismus mit den konservativen und moralisierenden Bestrebungen, die in der Wohnraumversorgung der ärmeren Klassen (besonders in der Form von Eigenheimen) ein Mittel sieht, sie vom revolutionären Kampf abzubringen. Anfangs noch gegründet auf eine philanthropische Eigeninitiative entstehen drei verschiedene Gesellschaftsformen: Aktiengesellschaften, Genossenschaften und Stiftungen. Staatliche Unterstützung wird möglich durch ein Gesetz von 1912, das die staatlichen HBM-Ämter schafft, und durch das nach Loucheur genannte Gesetz von 1928. Das staatliche Wohnungsamt des Departements Seine unter der Initiative von Henri Sellier realisiert 15 Gartenstädte in der Banlieu (im Weichbild der Bannmeile), was aber nur ein Fünftel der Sozialwohnungen darstellt, die in der Zwischenkriegszeit errichtet wurden, und vor allem die berühmten HBM-Bauten aus Klinker : Unmittelbar nach dem ersten Weltkrieg von 1914-1918 wurde der Gürtel aus HBM-Bauten in rotem Ziegelstein in der Zone non aedificandi der alten Befestigungsanlagen errichtet, die damals noch von Slums bedeckt waren, um den Zustrom neuer Bewohner aus der Provinz bewältigen zu können und ihnen "einen Lebensrahmen zu bieten, der zu Ordnung und Sauberkeit erzieht". Wohnung, Familie und Moral führten so zur "Ruhe in den Fabriken". Die ersten Einheiten boten einen ungekannten Komfort (Kalt- und Warm-Wasser, Gas, Heizung), doch ihre Organisation und ihre Fassaden erinnerten 66 67 an Kasernen : ein einziger, überwachter Zugang erlaubte den Zugang zu den in sich abgeschlossenen Gebäuden. Die Qualitätsansprüche stiegen in den 1920er und 1930er Jahren gleichzeitig mit der Erweiterung auf die mittleren Klassen : Die Baueinheiten öffnen sich zur Stadt, die Fassaden sind sorgfältiger ausgearbeitet. Nach 1945 wurden die HBM durch die HLM ersetzt, die habitations à loyer modéré = Wohnungen mit maßvoller Miete, die vom Staat massiv gefördert wurden, um der Wohnungskrise Herr zu werden, deren Grund in der geringen Bautätigkeit seit 1914, dem Baby-Boom und der Landflucht hatte. Unter dem Einfluss der Ideen des "mouvement moderne", der Architektur und unter dem Zwang, schnell, billig und viel zu bauen, (erst seit 1977 dürfen die Baustellen nicht mehr 500 Wohnungen gleichzeitig umfassen) errichteten die Architekten in den 1950er und 1960er Jahren jene großen, monotonen Einheiten an den Stadträndern, die entsprechend dem "Fahrweg der Kräne" entstanden. Diese Art der modernen französischen Architektur hatte übrigens ihren Einfluss auf den Wiederaufbau in vielen osteuropäischen Ländern. Hektar: das sind 100 m x 100 m also 10 000 m². Zum Vergleich : der Park des Palais-Royal misst 2 ha, der neue Park von Bercy hat 13 ha, der Park von la Villette 35 ha Hygiéniste - Hygienebetont Hygienebetont: zum Ende des 19. Jh. verstärkten sich die Bemühungen um die Hygiene und die Volksgesundheit : sie umfassen gleichermaßen den Kampf gegen den Alkoholismus und die Vorsorge gegen Epidemien. Der traditionelle Vorrang der Ärzte erhält Konkurrenz durch die neue Rolle der Architekten und Ingenieure in der Städteplanung. Die ersten Gesetze zum Thema Stadtplanung (Gesetz von 1850 über ungesunde Wohnungen, von 1902, von 1919) tragen diesen neuen Bemühungen um gesündere Lebensbedingungen, Trinkwasserversorgung, und mehr freien Raum Rechnung und führen zu entsprechenden Auflagen für den sozialen Wohnungsbau der HBM. Die entsprechenden Ideen fanden Eingang in die internationale Bewegung - mouvement international" der Architektur mit dem Vorrang für Luft, Licht und Natur bei der Konzeption der großen Einheiten der Nachkriegszeit. Mietshaus - maison de rapport: von einem Investor aus Gewinnstreben errichtetes Haus : auf namhafte Architekten wurde kein Wert gelegt in Gegensatz zu den Häusern für das wohlhabende Bürgertum ; die Wohnungen sind möglichst zahlreich, klein und billig. Steuer auf Türen und Fenster - Impôt sur les portes et fenêtres: diese Steuer wurde 1795 eingeführt und gehörte zu den "vier alten" Steuern (Abgabe auf Grund und Boden, auf bewegliche Güter und die Person und auf das Gewerbe). Sie ermöglichte die Besteuerung der äußeren Zeichen des Reichtums, ohne dass man die Personen zu Hause aufsuchen musste in einer Epoche, welche die Einkommenssteuer nicht kannte, die erst 1914 eingeführt wurde. Wohnung - Logement: Eine Geschichte der wesentlichen Etappen des Wohnens in Frankreich mit Photos aus allen Epochen findet man der Webseite www des Ministeriums für Ausrüstung "ministère de l'équipement". Parzellierung - Lotissement: es handelt sich hierbei um das im 19. Jh. übliche Verfahren der Urbanisierung. "Spekulanten" kauften große Freiflächen auf, erschlossen sie mit Wegen und teilten sie in verschiedene Parzellen auf, bevor sie bebaut wurden, meist mit Mietshäusern - immeubles de rapport. Bürgermeister - Maire: die ersten städtischen Ämter wurden von einem Rat geleitet, der aus dem Vogt der Kaufmannschaft - prévôt des marchands - dem Vorsteher der Zunft der Schifffahrt treibenden Kaufleute, und aus vier Schöffen bestand, ihrerseits königliche Amtsträger. Sie urteilten über Streitigkeiten, in Zusammenhang mit dem Handel auf dem Wasser, der wichtigsten kaufmännischen Aktivität, und sie waren für die öffentlichen Bauten zuständig. Gestützt auf das Volk widerstand der Vogt mehrfach mit Erfolg der königlichen Autorität, vor allem Etienne Marcel, der seinen Sitz an der place de Grève nahm, einem "kieselbedeckten" Platz, dem heutigen Rathausplatz - place de l'hôtel de ville. Doch der König übernahm bald wieder die Kontrolle Paris und Ludwig XIV. übertrug die wichtigsten Aufgaben dem Leutnant der Polizei. Die Revolution schuf dann die Pariser Selbstverwaltung, die Bailly zu ihrem ersten Bürgermeister machte. Da sie an der diktatorischen Regierung des Terreur beteiligt war, wurde diese Kommune 1793 ersetzt von 12 getrennten und dezentralisierten Gemeindeverwaltungen. Die städtische Gewalt ging wieder in die Hand des Staates über mit Napoleon, der den Präfekten der Seine - préfet de la Seine schuf, eine Funktion, die im 19. Jh. Rambuteau, Haussmann, und Poubelle (der 1884 die nach ihm benannten Abfalleimer einführte) innehatten. Von März bis Mai 1871 war die "Pariser Kommune", ein Aufstand der sozialistischen Arbeiterbewegung, der vom Volkszorn über die Besetzung von Paris durch die Preußen ausgelöst worden war. An sich nur ein städtischer Rat sah sie sich doch als die wahre Regierung des Landes an, bis Thiers wieder die Regierungsgewalt an sich zog. Danach hing die Stadtverwaltung wieder vom Staat und dem Präfekten der Seine ab. Jacques Chirac wurde der erste gewählte Bürgermeister von Paris. In der Tat gilt seit 1977 der Status der 36 000 übrigen Gemeinden Frankreichs auch für Paris, mit Ausnahme der Polizeigewalt, die weiterhin dem Polizeipräfekten untersteht. Das Gesetz "PLM" von 1982 schuf dann die Ratsversammlungen der Arrondissements (Bezirke), beratenden Organen, die über begrenzte Befugnisse verfügen. Bauherr und Baumeister - Maître d'ouvrage et maître d'oeuvre: "maître d'ouvrage Bauherr" ist die natürliche Person oder Gesellschaft, die den Auftrag erteilt, das Bauprogramm festlegt, über den Bauplatz verfügt, die Finanzierung sichert und bezahlt, also der Kunde des Architekten. "Maître d'oeuvre - Baumeister" ist dagegen jener, der die Pläne erstellt und sie realisiert, also der Architekt oder Bauingenieur. Stadtmobiliar - Mobilier urbain: so werden leichte, nicht bewegliche Gegenstände bezeichnet, die der Bequemlichkeit und dem Komfort der Bewohner im Stadtraum dienen, nach der Definition von Françoise Choay, von der auch die Zitate stammen. Eine erste Entwicklungsstufe datier aus der zweiten Hälfte des 19. Jh. Haussmann beauftragt den Architekten Davioud mit den Entwurf und der Serienproduktion eines ersten Mobiliars für die Stadt, an deren Verwandlung er arbeitet. All die Kioske, Werbesäulen (Litfasssäulen, in Paris Morris-Säulen genannt), Hinweistafeln, Bänke, Abfalleimer, Lichtmasten, aber auch Einzäunungen, Schutzgitter für die Bäume, "gusseisernen Einfassungen der Rasenflächen" haben nicht nur einen praktischen Zweck : sie tragen zur Urbanität und zum ästhetischen Erscheinungsbild der Stadt bei. In der Tat bilden sie einen "spielerischen Gegensatz zu der mineralischen Masse der Gebäude, dank der Leichtigkeit ihrer Formen, die dem Kanon der klassischen Architektursprache fremd sind" (einen ebensolchen Kontrast bilden später die MetroEingänge von Guimard, wie sie noch im 16. Arr. und im 18. Arr. vorhanden sind). Darüber hinaus verleiht das Haussmann'sche Mobiliar der Stadt ihre Homogenität durch seine Einheitlichkeit (im Stil, in den Materialien aus Metall und Holz) und durch seine gut überlegte Verteilung. Dieses Mobiliar wird bis jetzt noch nicht als historisches Denkmal geschützt. In der gleichen Epoche ließ Richard Wallace, ein reicher Erbe und Philanthrop aus England etwa hundert Brunnen aufstellen nach einem Modell Charles Lebourg (www), die heute seinen Namen tragen. 68 69 In vielen Fällen wurde dieses Stadtmobiliar durch eine neue Generation abgelöst, in Verbindung mit neuen Materialien (Plastik), sowie neuen Mitteln des Transports und der Kommunikation (Verkehrsschilder, Telefonzellen, Bushaltestellen). Ihre "Rolle für das Zusammenleben der Menschen tendiert zu verschwinden (die Einheit des Stils geht verloren, die Gegenstände werden banaler und sind weltweit überall zu finden), andererseits erscheint eine neue Rolle der Werbung. In Paris wird diese Entwicklung vor allem sichtbar seit vor 20 Jahren die Firma JCDecaux eine Konzession für die Einrichtung und den Unterhalt des Stadtmobiliars erhielt (Toilettenhäuschen usw."). Seit einigen Jahren hat die Firma freilich eine Politik für mehr Eleganz und Individualität begonnen, indem sie ihr Angebot um entwürfe erweiterte, deren Design von Wilmotte (für die Champs-Elysées), von Norman Foster (Wartehäuschen an den Bushaltestellen), und von Starck (Hinweistafeln zur Geschichte). Historische Baudenkmal - Monument historique: der Name Monument kommt von dem lateinischen monere, für erinnern : ein Monument ist ein Objekt, das von einer Gemeinschaft errichtet wurde, um an Personen, Ereignisse, Bräuche zu erinnern. Ein historisches Denkmal wird allerdings erst nachträglich dazu gemacht in einer Gesellschaft, die einen besonderen Wert auf die Vergangenheit legt und verlangt, dass diese Zeugen der Geschichte bewahrt werden. Dieser Begriff ist allmählich in der abendländischen Gesellschaft entstanden: - Seit dem 15. Jh. : gegen 1420, als der Papst in der durch die "Sacco di Roma" verwüsteten Stadt das Papsttum retabliert, werden die antiken Texte von der italienische Renaissance wiederentdeckt. Ihr Glanz steht in Gegensatz zum Verfall der antiken Monumente. Zudem macht die gleichzeitige Wahrnehmung der Bauten des Mittelalters und der Antike den historischen Abstand der beiden Epochen bewusst. Anders als im Mittelalter gelangt nun der Künstler und besonders der Architekt zu Ruhm und Anerkennung (Alberti). Die Altertümer werden nun von den Päpsten als Zeugen für die Berichte der lateinischen Historiker geschützt. Aber gleichzeitig werden immer noch viele Bauwerke zur Gewinnung von Steinen und Marmor genutzt. - Im 18.-19. Jh., beeinflusst durch die Entwicklung der Nationalgeschichten erweitert sich das Interesse auch auf die Altertümer der einzelnen Länder. Das gilt vor allem für England, wo die Gotik zum Nationalstil wird im Gegensatz zum italienischen Klassizismus. Anderweitig wird die Gotik für ihre konstruktiven Leistungen bewundert, dann unter dem Einfluss der Romantik seit den Jahren um 1820 auch um ihrer selbst willen. Die Baudenkmäler erhalten einen didaktischen Wert (als authentische Zeugen der Geschichte), ebenso einen ästhetischen und nationalstaatlichen. Nun bemüht man sich um ihren Erhalt, vor allem in Frankreich als Folge der Revolution und ihren Plünderungen (aus finanzieller Not) und ihrem "Vandalismus" (Abbé Grégoire) aus ideologischer Abneigung gegen die Zeichen der Königsherrschaft. Guizot erhält als Minister 1830 einen Inspektor für historische Baudenkmäler. Die Bezeichnung kommt damals auf. - Seit Ende des 19. und im 20è Jahrhundert, erweitert sich der Bereich des historischen Baudenkmals sehr, da die Gefährdung des vorindustriellen Erbes als Folge der Ausdehnung der Industrialisierung und ihrer sozialen Folgen immer mehr bewusst wird. Diese Erweiterung erfolgt in zeitlicher Hinsicht : alle Epochen werden nun anerkannt, auch das noch Anfang der 1960er Jahre verachtete 19. Jh. und das 20. Jh. (Die Architekten der betreffenden Bauten dürfen freilich nicht mehr am Leben sein). Der Begriff des historischen Baudenkmals hat sich aber auch räumlich erweitert : die religiösen Denkmäler wurden um alle Baukategorien erweitert. Der Begriff des historischen Baudenkmals (mit einer Tendenz durch den des patrimoine - historisches Erbe ersetzt zu werden) wurde auch auf die Monumente alle Kulturen ausgedehnt, insbesondere durch die Unesco (www) und durch Icomos (www) (den internationalen Rat für Denkmäler und Lagen). Worin bestehen nun derzeit die Maßnahmen der Erhaltung? Mehr dazu unter dem Begriff "classement Klassifizierung Internetseite der Caisse nationale des Monuments historiques et des sites ("nationale Kasse für historische Baudenkmäler und Lagen"): www (Literatur : Dictionnaire de l'urbanisme et de l'aménagement de Pierre Merlin et Françoise Choay, PUF - Lexikon der Stadt- und Raumplanung, Pierre Merlin et Françoise Choay, Verlag PUF, sowie : L'allégorie du patrimoine, de Françoise Choay, Seuil - Die Allegorie des historischen Erbes, Françoise Choay, Verlag Seuil) (Siehe auch unter Museen) Mauern - Murailles: siehe unter Stadtmauer - enceintes Mauer der Steuerpächter - Mur des Fermiers Généraux: siehe unter Stadtmauer enceintes Museen - Musées: ursprünglich in der Antike die Bezeichnung für einen Tempel der Musen, der Göttinnen der Künste und Wissenschaften. - Seit dem Quattrocento, dem italienischen 15. Jh. sammeln Päpste und Prinzen Gegenstände der Antike und von Künstlern der Renaissance wegen ihres historischen und künstlerischen Wertes. Der Künstler ist nicht mehr nur einer, der etwas (handwerklich) ausführt, vielmehr wird nun seine kreative Bedeutung anerkannt. Im 17. und 18. Jh. folgen ihnen Antiquare und Kunstliebhaber, indes die mittelalterlichen Kuriositätenkabinette bis ins 18. Jh. fortbestehen. Die Privatsammlungen werden in den Palais, dann in Gärten und Galerien (Verbindungstrakten eines Gebäudes ) zusammen gebracht. (das ist die ursprüngliche Bestimmung der Grande galerie des Louvre, die 1595 begonnen wurde.) - Im 18. Jahrhundert taucht dann der Begriff Museum auf. Von nun an werden die Hervorbringungen der Natur und der Kunst endgültig voneinander unterschieden. Die meisten großen Sammlungen der Könige und Prinzen öffnen sich nun der Werken der nationalen Kunst und befördern so das Aufkommen der Nationen. Am Ende des 18. Jahrhunderts entstehen : nach den Museen de Vatikan, von Florenz und London wird 1793 im Louvre das Kunstmuseum ("muséum des arts") eröffnet. Quatremère de Quincy ist dann der erste Autor, der auf die Gefahren der "Museifizierung" sowohl der historischen Denkmäler als auch der Kunstgegenstände hinweist. Die napoleonische Verwaltung verbreitert den Begriff des Museums im übrigen Europa. Diese Museen entstehen in Neubauten nach Art antiker Tempel. Das Museum wird in der Tat zu einem Tempel des nationalen Ruhmes, in dem der Kult der Kunst und des Wissens gefeiert wird. - Das 20. Jahrhundert ist das der Inflation. Alle traditionellen und industriellen Hervorbringungen werden zu Museumsobjekten und das Museum dringt in neue Kulturkreise vor wie nach Japan oder Afrika. Diesen neuen Museen entspricht die Nüchternheit der modernen Architektur. (Literatur : Dictionnaire de l'urbanisme et de l'aménagement de Pierre Merlin et Françoise Choay, PUF - Lexikon der Stadt- und Raumplanung, Pierre Merlin et Françoise Choay, Verlag PUF) (www.Guide des Musées et des expositions, Musées et salles de spectacle à Paris - "Museums- und Ausstellungsführer, Museen und Theater in Paris und in der Region Paris) Hausnummern - Numérotation des rues: In Paris hat man seit 1728 zunächst die Straßen durch Schilder gekennzeichnet und dann seit 1779 Hausnummern angebracht. Die Nummern beginnen immer auf der Seite zur Seine : sie steigen an, wenn man sich von der Seine entfernt, sowie stromabwärts. In der Richtung der ansteigenden Hausnummern befinden sich die geraden rechts, die ungeraden links. 70 71 Octroi: Steuern die fällig wurden, wenn man eine Ware nach Paris einführen wollte; gültig bis 1944 (siehe Zollmauer der Steuerpächter - mur des fermiers généraux) OPAH (opération programmée d'amélioration de l'habitat - Programm zur Verbesserung der Wohnungen): dieses Programm hat seit 1977 zum Ziel, "die überkommene Bausubstanz zu erhalten, zu verbessern und es der einfachen Wohnbevölkerung zu ermöglichen, bei besserem Komfort dort verbleiben zu können, wo sie bisher wohnt". Um dieses Ziel zu erreichen, wurde ein Abkommen zwischen Staat, Kommune und dem nationalen Amt für die Verbesserung der Wohnsubstanz geschlossen (der "ANAH" - Agence nationale pour l'amélioration de l'habitat, www). Seit einigen Jahren gibt es darüber hinaus die OPAH "complexes" : hier werden höhere Subventionen mit einer Mietpreisbindung verbunden, um den Verbleib der ansässigen ärmeren Bewohner zu sichern. Passage couvert gedeckte Passagen: überdachte Passagen mit Boutiken. Sie sind typisch für die erste Hälfte des 19. Jh. und sie boten Schutz vor Regen und Pferden in einer Zeit, als es noch keine Bürgersteige (trottoirs) gab. Historisches Erbe, Kulturerbe - Patrimoine: das französische Wort kommt vom lateinischen patrimonium, und bedeutet "gesetzliches Erbe, das von den Eltern auf die Kinder übergeht" (Wörterbuch Littré). Heute benutzt man den Ausdruck für alles, was aus der Vergangenheit auf uns gekommen ist, sowohl für Kultur- als auch für Naturgüter. Zu den Kulturgütern zählen in städtebaulicher Hinsicht solche Orte, die man schlecht als Monumente bezeichnen kann, die aber wegen ihres historischen oder ästhetischen Wertes den gleichen gesetzlichen Schutz genießen: - das minderrangige städtische Geflecht - tissu urbain mineur, aus dem im Wesentlichen die Bausubstanz der historischen Städte besteht. Zuerst haben Autoren wie der Engländer Ruskin und der Deutsche Sitte (1889) ihren ästhetischen Wert erkannt. Später wurde ihr Wert für Geschichte und Kunstgeschichte von Architekten wie dem Italiener Giovannonni hervorgehoben. Schließlich wurde ihr sozialer Wert, der in Italien (Bologna) bereits anerkannt war, 1976 durch die UnescoKonferenz von Nairobi bestätigt - das industrielle Bauerbe - le bâti industriel : hier spielte Großbritannien eine Pionierrolle. Die Bewusstseinsbildung in Frankreich setzte nach dem Abriss 1970 der von Baltard geschaffenen Pariser Markthallen ein. Wie so oft begann man erst, sich für ein Erbe zu interessieren, als es drohte aus dem täglichen Leben zu verschwinden. - Volksarchitektur und bäuerliche Architektur architecture vernaculaire (propre au pays) et rurale : sie wurde zuerst in den skandinavischen Ländern geschützt, wo seit den 1920er Jahren Freilichtmuseen entstanden - Landschaften - paysages , vom Menschen geformte städtische oder ländliche Räume - Der Begriff des Patrimonium erweiterte sich 1988 zu "Erinnerungsstätten - lieux de mémoire", nachdem Pierre Nora seine fünf Bände veröffentlicht hatte. So wurden die Herberge "Ravoux" in Auvers-sur-Oise oder das Nordhotel "l'hôtel du Nord" in die Denkmalliste eingetragen. Der Begriff des Patrimoniums, des Kulturerbes umfasst heute nicht nur das historische Baudenkmal, das "monument historique" sondern hat mehr und mehr die Tendenz, ihn zu ersetzen, da die konservatorischen Aufgaben immer globaler werden und sich immer weiter von der traditionellen Museographie entfernen. Der Begriff des "Patrimonium" fand Eingang in die französische Gesetzgebung mit der Gründung der "Direktion für das Patrimonium" im Jahr 1978. Diese Abteilung des Kulturministeriums umfasst die Abteilungen der Historischen Baudenkmäler (Monuments historiques), der Grabungen und Altertümer (Fouilles et antiquités) und des Hauptinventars (Inventaire général (www)) der Monumente und künstlerischen Reichtümer Frankreichs (Ministère de la culture (www)). Am Tag des Denkmals, "journée du patrimoine (www)", am Wochenende Mitte September, hat man auch Zutritt zu Orten, die gewöhnlich für die Öffentlichkeit nicht zugänglich sind. Auf internationaler Ebene wurde 1965 die Organisation "Icomos (www" gegründet, der internationale Rat für Denkmäler und Kulturlandschaften, "conseil international des monuments et des sites". Eine internationale Konvention von 1972 unter dem Dach der Unesco (www) bietet den administrativen und finanziellen Rahmen für die Bewahrung des "Weltkultur- und Naturerbes". Die erste Denkmalliste des Weltkulturerbes entstand 1979. Das Pariser Ufer der Seine wurde jüngst darin aufgenommen (www der Städte des "patrimoine mondial") (Datenbasis Mérimée (www)). (Literatur : Dictionnaire de l'urbanisme et de l'aménagement de Pierre Merlin et Françoise Choay, PUF) Die "Petite ceinture" (Das Bahngelände des Innenrings): 1934 wurden die Gleise des Innenrings (2 Internetseiten www, www) für den Personenverkehr aufgegeben. Doch noch fahren hier Güterzüge mit dem Abraum der Pariser Baustellen, vor allem "Eole" und "Météor" im Westen und Norden. In Erwartung einer neuen Nutzung (als einer grünen Promenade?, als Radweg?, als Straßenbahn?) können Mutige seinen Sektionen im Osten und Süden begehen (und dabei die weißen Figuren, die "personnages blancs" von Jérôme Mesnager entdecken) : dazu kann man den Steg an der rue de la Mare benutzen, dann weiter über den Vorsprung des Cours de Vincennes, die Brücke über die rue de la Voûte (12. Arr.), vorbei an der Villa Bel-Air, dem "musée des végétaux" (Pflanzenmuseum) von Jean-Jacques Varin rue Claude Decaen, bis zur "porte de Charenton" (doppeltes Wasserreservoir, Beobachtungsposten aus dem Krieg 1914-18). Über die Brücke "pont National" queren die Gleise die "rue Watt" bis zu den Grands Moulins de Paris, den großen Mühlen. Unterhalb der Hochhaustürmen des 13. Arr. führen die Gleise durch ein gewaltiges Tunnel, dann quert man in einem Einschnitt den Park von "Montsouris". Schließlich kann man bis zum Platz "Balard" im 15. Arrondissement gelangen. Zwei Bürgervereinigungen : "Sauvegarde Petite Ceinture" (www) ("Rettet den Innenring") einer Initiative für den Erhalt der Eisenbahn der "petite Ceinture" und ihres Gleiskörpers, 11 rue Oswaldo Cruz, 16è (Tel. 01 40 50 87 07) : sie veranstaltet Besichtigungen "Touche pas à mes rails" (Rühre nicht an meine Gleise"), Pascal Payen-Appenzeller, 21 rue du Repos, 20è (Tel. 01 43 70 70 87) Plans de Paris - Pariser Stadtpläne: historische Stadtpläne von 1716 bis 1887, inventarisiert durch die Universität von Columbia (www). Das Herunterladen der Pläne aus dem Internet dauert wegen der Größe der Karten etwas länger. PLA/PLI - Wohngeld (prêts locatifs aidés, prêts locatifs intermédiaires). Die Abkürzungen sind die derzeitige Bezeichnung für das Wohngeld nach dem Gesetz von 1977, das an Personen gebundene Hilfen in Form von Mietbeihilfen bevorzugt gegenüber den Subventionen, die an den Stein gebunden sind, also an das Baugewerbe. Auf diese Weise sollen zu große Unterschiede im Bereich der Sozialwohnungen vermieden werden. POS - Bebauungsplan/Flächennutzungsplan ("plan d'occupation des sols"): kommunales Dokument der Stadtplanung, das für jedermann gültige Regeln für die Nutzung der Grundstücke festlegt. Dazu gehören insbesondere Plan und Regelungen für die verschiedenen Bereiche, wozu vor allem der Koeffizient für Nutzung der Gründstücke gehört, die Geschossflächenzahl für die maximale erlaubte Bebauungsdichte festlegt Pourrissement - Verfall eines Viertels: mehrere Wohnviertel mit einfachen Baubestand (das "minderrangige städtische Geflecht" im Sinne von Giovanonni) waren im Pariser Osten einem fortschreitenden Verfall preisgegeben : Auf Grund 72 73 eines lange angekündigten radikalen Sanierungsprogramms (ZAC) sahen die Eigentümer keinen Anlas mehr, für die Erhaltung zu sorgen. Die von der Stadt aufgekauften Gebäude waren dem Verfall preisgegeben (gab es Miteigentümer, so verweigerte die Stadt ihre Zustimmung oder verlangte so umfangreiche Bauarbeiten, dass sie nicht ausgeführt werden konnten). Man wollte eine künftige Sanierung rénovation - radikalen Abriss - mit dem Verfall der Bausubstanz begründen. Préemption - Vorkaufsrecht: es handelt sich um das Recht der öffentlichen Hand, sich an die Stelle des Käufers zu setzen, wenn ein Eigentümer die Absicht hat zu verkaufen. Es ist ein Mittelweg zwischen Kauf und Enteignung und ermöglicht es einer Gemeinde, nach und nach die Grundstücke eines Bereichs zu erwerben, dessen Stadtplanung sie beherrschen will. Es ermöglicht auch, Druck auf die Entwicklung der Grundstückspreise auszuüben, um deine spekulative Entwicklung der Preise einzudämmen. Recours administratif - Berufung/Einspruch: durch sie wird verlangt, dass eine richterliche Entscheidung (Berufung) oder ein Verwaltungsakt (Einspruch, Beschwerde) aufgehoben oder geändert wird (zum Beispiel eine Bauerlaubnis, ein Bebauungs- oder Flächennutzungsplan oder die Erklärung und Durchführung einer Sanierung). Der Widerspruch ("recours contentieux") kann durch Einzelpersonen oder Vereinigungen erfolgen, die meinen, dass das Recht der Stadtplanung nicht eingehalten wurde. Der Einspruch muss spätestens zwei Monate nach der Veröffentlichung einer Bauerlaubnis erfolgen, die Entscheidung des Verwaltungsgerichts kann allerdings mehrere Monate dauern. Bei Dringlichkeit, etwa wegen der Gefährdung der öffentlichen Sicherheit, kann der Richter die vorläufige Einstellung der Bauarbeiten anordnen. Ein Sachverständiger wird benannt, der einen Gutachten erstellt, worauf dann der Verwaltungsrichter entscheidet (die Verhandlungen sind öffentlich). Der Richter kann auch den Aufschub einer Genehmigung aussprechen, um ihre Rechtmäßigkeit zu prüfen : auch in diesem Fall kann der Richter die Bautätigkeit einstellen lassen, bis der Sachverständige seine Stellungnahme abgibt. Ein Verlangen auf gütliche Einigung (recours gracieux) ist von geringerer Tragweite: es kann von Einzelpersonen oder einer Vereinigung an den Bürgermeister gerichtet werden, um ihn auf ein besonderes Problemhinzuweisen. Erst wenn der Bürgermeister darauf nicht eingeht, kann dann das Gericht angerufen werden. Recul d'alignement: Zurückgesetzte Häuserfront, Straßenflucht mit Vorgarten: siehe unter alignement - Straßenflucht Rééquilibrage de Paris vers l'est - Pariser Stadtentwicklung nach Osten: Man hat für große Städte festgestellt (vor allem in Paris und London), dass die wohlhabenden Viertel im Westen liegen, vielleicht weil die vorherrschenden Westwinde Rauch und Fabrikabgase Richtung Osten blasen. Was Paris angeht so war es freilich der Umzug des Königs von der place Royale (Königsplatz, später place des Vosges im MaraisViertel) zum Louvre im 17. Jh., dem die Adelsfamilien folgten. Dann hat die Erweiterung der Perspektive über die Champs-Elysées nach Westen ein reicheres "Westend" (wie man es in London oder Berlin nennt) geformt einschließlich der "banlieue", dem Umland im Großraum Paris (der in Berlin unter der Bezeichnung "Speckgürtel" bekannt ist. Die Politik der ausgleichenden Stadtentwicklung Richtung Osten, die der Staat ((SDAU von 1977, Neuplanungen in Villette, Bastille-Oper, Bercy) und die Stadt(Reuilly-Diderot, linkes Seineufer "rive-gauche") seit den 19701980er Jahren betreibt hat zum Ziel, den Osten der Stadt mit zentralen öffentlichen Einrichtungen, aber auch mit Neubauwohnungen zu versorgen. Das führte freilich auch zum Widerstand mancher Bewohner, die von Abriss und Mieterhöhung zum Wegzug gezwungen wurden. Réhabilitation - Stadterneuerung: hierbei handelt es sich um die Wertsteigerung von Bauten in schlechtem Zustand durch die Erneuerung der Dächer, Fassaden, sanitären Einrichtungen. In städtebaulicher Hinsicht darf man "Réhabilitation" Sanierung - nicht verwechseln mit der Restaurierung (das heißt der Wiederherstellung eines ursprünglichen, meist hochwertigen Zustandes) oder mit der "rénovation" - Sanierung,. Einem vor allem im französischen eigentlich unsachgemäßen Ausdruck für Abriss und Wiederaufbau, der sich aber für die Maßnahmen von Abriss und Wiederaufbau üblich wurde. Rénovation - Sanierung (Kahlschlagsanierung): der Begriff der "Renovierung, Erneuerung" ist auch im französischen ein unsachgemäß verwendeter aber durch Gebrauch und Verordnungen üblich gewordener Ausdruck für den Vorgang von Abriss und Neubau. Diese "rénovation" - Sanierung umfasst in der Regel den gesamten Baubestand eines Quartiers und mag durch folgende Ursachen begründet sein : schlechter Bauzustand, mangelnde Eignung, die dazu führt, dass aufgegebene Fabriken durch Wohnungen ersetzt werden, oder überalterte Wohnungen durch Verwaltungs- oder Wohnneubauten, durch unzureichende Nutzung der Grundstücke oder schließlich durch eine unzureichende Erschließung für den Automobilverkehr vor allem von Geschäftsvierteln. Diese Form der Stadtsanierung war in Paris vor allem unter Haussmann wirksam, dann wieder in den Jahren 1960-1970 unter dem Einfluss der Ideen des mouvement moderne, der modernen Architekturbewegung. Die Kritik an diesen "Sanierungen mit dem Bulldozer" (Vertreibung der ansässigen Bewohner, soziale Uniformierung der Stadt, hohe Siedlungsdichte, Gegensätze in den Maßstäben und im Stil zwischen dem alten Stadtgeflecht und den neuen Quartieren...) haben seit etwa zehn Jahren die Planer und Bauunternehmer veranlasst, eher auf die Stadterneuerung - réhabilitation zu setzen, obwohl sie mehr Sorgfalt, Feingefühl, Sinn für Zusammenhänge und Zeit erfordert (so am Beispiel der gelungenen Umwandlung eines alten Bahnhofs in das Musée d'Orsay nach dem als Misserfolg empfundenen Abriss der Pavillons von Baltard bei den Pariser Markthallen. SDAU (schéma directeur d'aménagement et d'urbanisme - Leitlinien für die Stadtentwicklung): es handelt sich hierbei um ein städtebauliches Dokument auf regionaler Ebene (hier natürlich für die Region Paris) das langfristige Entwicklungen hinsichtlich der Wald- und landwirtschaftlich genutzten Flächen, der Flächen für die Stadterweiterung, und der Flächen für die öffentlichen Einrichtungen (Verkehr, Freizeit-, Erholungsgebiete...) festlegt. Mit Hilfe dieses Planungsdokuments kann man gegen Kommunen vorgehen, die diese Leitlinien in ihren Bebauungsplänen (POS) nicht respektieren sollten. SEM- Halbstaatliche Baugesellschaft (Société d'économie mixte - Gemischte Baugesellschaft): Immobiliengesellschaft für die Erstellung von Bebauungsplänen, für Neubauten, Stadterneuerung oder Sanierung, auf Rechnung der kommunalen Verwaltungen tätig, die auch über die Hälfte des Unternehmenskapitals halten. Für die Kommunen bieten sie die Vorteile der größeren Bewegungsfreiheit in der Rechtsform eines wirtschaftlichen Unternehmens auf Aktien. Taxes sur les portes et fenêtres -Steuern auf Türen und Fenster: siehe impôts Steuern. Transports publics- der öffentliche Nahverkehr: der heutige öffentliche Nahverkehr hat einen frühen Vorläufer in der "Fünf-Pfennig-Kutsche", der "carrosse à cinq sols" von Pascal. Der Philosoph beobachtete 1662, dass es in Paris nur etwa hundert 74 75 Kutschen gab (um eine Kutsche zu betreiben bedurfte es eines königlichen Privilegs), und erlangte vor König die Erlaubnis, eine Kutschenbetrieb mit festem Verlauf, markierten Haltepunkten, genauem Fahrplan und anteiligem Fahrpreis einzurichten. Es wurde ein großer Erfolg, allerdings wehrte sich die Aristokratie gegen die Vermischung mit dem Volk, worauf ein Erlass das Recht der Nutzung auf den Adel beschränkte. Er war aber nicht zahlreich genug so dass nun die Idee Pascals zum Scheitern verurteilt war. Im 19. Jahrhundert ändert sich der Maßstab der Städte; Fabriken und neue Wohngebiete entstehen in den Vororten und die Städte werden umso größer, je schneller die Transportmittel werden. (Der maximale Durchmesser einer Stadt entspricht seit dem antiken Rom immer etwa der Entfernung, die man in einer Stunde zurücklegen kann). In der Form einer jedermann zugänglichen Pferdedroschke versorgt der Omnibus Paris seit 1855 (mit einer durchschnittlichen Geschwindigkeit von 8 km/h). Die Straßenbahn (tramway), wird bei ihrem Aufkommen 1870 von Pferden gezogen, dann Anfang des 19. Jh. mechanisiert und verschwindet 1937 unter dem Druck des aufkommenden Automobilverkehrs. In modernisierter Form, leise und schnell, dank eines eigenen Fahrwegs, erscheint sie wieder seit den 1990er Jahren : in der Region zwischen Bobigny und Saint-Denis und jüngst auch zwischen la Défense und Issy (im Val de Seine). Der erste mit Benzinmotor betriebene Bus fährt 1905 mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 14 km/h (gegen 10 km/h heute). Im Jahr 1837 beginnt der Bau der Eisenbahn, deren Linien strahlenförmig von Paris ausgehen (nach Saint-Germain dann Versailles) und der gegen 1870 im wesentlichen fertiggestellt ist. Gegen Ende des 19. Jh. fordern die Einwohner die Eröffnung von mehr Bahnhöfen um über diese Zwischenstationen die Eisenbahn als alltägliches Transportmittel nutzen zu können : so entstehen die Vorortbahnen, les trains de banlieue (siehe auch petite ceinture - Innenring). Dann musste man bis die 1970er Jahre auf das RER warten (das oft unterirdisch durch Paris geführte Regionale Netz der Schnellbahn) : sein Bau war sehr teuer, weshalb man in die Rentabilitätsberechnungen den Gewinn an Zeit und Komfort einbeziehen musste (als zusammengefasste soziale Kosten), um ihn nicht nur aus finanzieller sondern vor allem aus der Sicht des Gemeinwohls rentabel erscheinen zu lassen (Reisegeschwindigkeiten von 49 bis 38 km/h). Die Pariser Metro entstand mit Verspätung da sich Stadt und Staat über die Konzeption des Netzes nicht einig waren : der Staat wollte eine städtische Eisenbahn in Verbindung mit den schon bestehenden Vorortbahnen während die Stadt auf ein dichtes, unterirdisches und elbständiges Netz setzte (weshalb es noch heute keine direkte Verbindung zu den Endbahnhöfen der SNCF gibt). Die Entscheidung zugunsten dieser zweiten Lösung wurde durch das Herannahen der Weltausstellung von 1900 beschleunigt. Fulgence Bienvenüe hatte die Oberleitung bei ihrem (Reisegeschwindigkeit : zwischen 20 und 26 km/h). (www.Historique par la RATP Geschichte der Pariser Verkehrsgesellschaft, Musée des transports urbains Museum des öffentlichen Nahverkehrs, Stations fermées du métro - Geschlossene Metrostationen). Villa - Privatstraße: (eine Begriffserweiterung ausgehend von Villa) Privatstraße mit Villen, Einzel-, Einfamilienhäusern. ZAC - Sanierungsgebiet, Zone der Stadterneuerung ("Zone d'aménagement concerté"): operationelles städtebauliches Verfahren seit 1967. Entstanden aus dem Scheitern der "ZUP" (zones à urbaniser en priorité), einem Programm aus den 1960er Jahren für sehr große Maßnahmen des Wohnungsbaus. Die ZAC begrenzte die Größe der Maßnahmen (nach 1973), ermöglichte vielschichtige Bauprogramme (Wohnungen, Gewerbe, Tourismuseinrichtungen usw.), organisierte die Abstimmung zwischen dem Staat (der den sozialen Wohnungsbau finanziert, der zwischen 20 und 50 % betragen muss), den Kommunen (vor allem seit den Beschlüssen zur Dezentralisation 1983), den öffentlichen oder privaten Entwicklungsgesellschaften und den Privateigentümern. Das Verfahren der ZAC war auch eine Antwort auf die finanziellen Bedürfnisse der Kommunen : es ermöglicht in der Tat die Aufstellung eines Bauprogramms und seiner Kosten auf dem Weg von Verhandlungen mit privaten Entwicklungsträgern, was oft einträglicher ist als die übliche Steuer der "TLE" (die durch einen Bebauungsplan -"POS" - fällig wird). Das städtebauliche Verfahren der ZAC muss in den aktuellen oder künftigen städtischen Bereichen eines POS durchgeführt werden kann diesen Bebauungsplan aber auch durch einen Bereichsplan (PAZ) ersetzen. La zone - die "Zone": Kurzform für "Zone der militärischen Befestigungsanlagen". Der Ausdruck meint den Gürtel von Elendsvierteln aus Wellblechhütten (bidonvilles), die Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts rechtswidrig auf dem Gebiet des alten Festungsgürtels rund um Paris entstanden. Ihre Bewohner nannte man "zonards" (Zoni's), ein Wort das schließlich Personen am Rande der Gesellschaft meint. bezeichnet. Diese "Zone" wurde in den 1920er Jahren durch einen "grünen Gürtel" aus Sportflächen und einem zweiten Ring des sozialen Wohnungsbaus "HBM" urbanisiert. 76 77 4.1 Ist Paris eine multikulturelle Stadt? Chancen und Grenzen der Integration von ImmigrantInnen49 4 Referate 4.1.1 Allgemeines Auf den ersten Blick mag es naheliegend erscheinen: Wie jede global city zeichnet sich auch Paris durch ein Nebeneinander an verschiedenen kulturellen Traditionen, Handlungs- und Denkmuster aus. Hier lebt eine Vielzahl von ImmigrantInnen, eingebürgerte und AusländerInnen, mit unterschiedlichen Religionsbekenntnissen oder ohne, die in verschiedenen Viertel der Stadt ihre Heimat gefunden haben und den Stadtteil prägen.50 Multikulturalismus ist jedoch auch ein politisches Leitbild, das besagt, dass ethnischen Großgruppen kollektive Rechte zugeschrieben werden und von der Mehrheitskultur eine Respektierung der Minderheitskultur erwartet wird.51 Gerade Frankreich ist bekannt für eine gänzlich andere Ausrichtung der Integrationspolitik: Es wird ein normatives Modell verfolgt, dass nicht an der Unterscheidung von ethnischen Kollektiven ausgerichtet ist. Diese Ausrichtung hat bestimmte Auswirkungen für die Integration der ImmigrantInnen; sie beinhaltet Chancen, kann aber auch ein Hindernis darstellen. Um sich einer Antwort auf die Titelfrage zumindest anzunähern, ist deswegen zunächst ein Bogen über die Politikebene zu schlagen: Es werden im Folgenden allgemeine Charakteristika des französischen Staatsbürgerschaftsmodells dargestellt und mit dem den Niederlanden kontrastiert werden. Die Beschreibung, wie die Integrationspolitik konkret ausgestaltet, weicht den strengen theoretischen Rahmen etwas auf und weist auf gegenwärtige Schwierigkeiten hin. Abseits der Politikenbeschreibung werden Statistiken über ImmigrantInnen vorgestellt und spezifischer Problemlagen (Wohnen, Arbeit) analysiert. Dabei wird weniger über die Metropole Paris die Rede sein, als von ganz Frankreich. Dies geschieht zum einen aufgrund des Quellenmaterials, das uns zur Verfügung stand, zum anderen deswegen, weil Integrationspolitik im Wesentlichen auf nationalstaatlicher Ebene gemacht wird (dies gilt nochmals verstärkt für Frankreich). Chancen und Grenzen der Integration sind selbstverständlich individuell verschieden bzw. milieuabhängig und durch viele Faktoren beeinflusst. Die Politik spielt bei der Bereitstellung von Rahmenbedingungen für Integration jedoch eine wesentliche Rolle. Diese Rahmenbedingungen sollen hier im Vordergrund stehen. 49 Referat von Alberto Castro Fernández, Alena Pfoser, Andrea Pumberger und Anna Várdai 50 Laut der Homepage des Außenministeriums ist jede/r siebente PariserIn AusländerIn. Zu der Verteilung auf die Bezirke heißt es: “Die aus Amerika, Japan und Europa stammenden Einwohner sind im Vergleich zum Durchnitt in den Arrondissements im Zentrum und im Westen überrepräsentiert. Die Gruppen aus Kambodscha, Laos oder Vietnam stellen im 13. Arrondissement (das auch „Chinesen-Viertel“ genannt wird) die Mehrheit der Bevölkerung. Dort, wo der Ausländeranteil sehr hoch ist, treten bestimmte Nationen besonders stark hervor: So leben zum Beispiel viele Chinesen und Türken im 10. Arrondissement und viele Schwarzafrikaner und Algerier im 18. Arrondissement. Das Viertel Belleville, das an vier Arrondissements grenzt (10., 11., 18., 20.) ist ein erfolgreiches Beispiel einer harmonischen Durchmischung verschiedener ethnischer und religiöser Gruppen.” (Quelle: http://www.diplomatie.gouv.fr/label_france/52/de/01.html) 51 Zur Theorie des Multikulturalismus vgl. den lesenswerten Artikel von Andreas Reckwitz (2001), Multikulturalismustheorien und der Kulturbegriff: Vom Homogenitätsmodell zum Modell kultureller Interferenzen. In: Berliner Journal für Soziologie. Jg.11. Heft 2/2001; 179-200 78 79 4.1.2 Das französische Staatsbürgerschaftsmodell In Frankreich ist die Integrationspolitik eine Fortschreibung des nationalstaatlichen Modells. Das republikanische Modell Frankreichs ist zentralisiert und staatsorientiert.52 Das Staatsbürgerschaftsrecht basiert auf dem Territorialprinzip oder „Bodenrecht“, das im Grunde alle in Frankreich geborenen Menschen zu Franzosen macht. Gemäß diesem Rechtsverständnis Frankreichs betrieb man keine gezielte Minderheitenpolitik wie beispielsweise in Großbritannien oder den Niederlanden, sondern eine Politik der individuellen Gleichstellung. Deshalb war die französische Integrationspolitik lange Zeit gewissermaßen „farbenblind“ gegenüber den ethnisch-kulturellen Konfliktlinien und begünstigte damit eine Tabuisierung der zunehmenden Probleme. Das französische Staatsbürgerschaftsrecht beinhaltet den Assimilationsgedanken, Ausländer sollen sich anpassen und integrieren. So sollte die Bindung an spezifische Ausdrucksformen – Sprache, Religion, kulturelle und soziale Praktiken – mit der Zeit aufgelöst werden. Die Einwanderer sollten „unauffällige“ Mitglieder der französischen Gesellschaft werden. Der Staat vergab die französischen Staatsbürgerschaften, eine explizite Gleichstellungspolitik für die besonderen Problemlagen der ethnisch-kulturellen Bevölkerungsgruppen fehlte aber oft.53 Neben dem Territorialprinzip ist auch das Laizitätsprinzip ein wichtiger Grundsatz der französischen Politik. Es besagt die strikte Trennung zwischen Kirche und Staat. Alles Religiöse gehört streng in die Privatsphäre. Das Prinzip der Laizität soll die Gleichheit, Freiheit und Brüderlichkeit in der französischen Republik sicherstellen, stößt aber vor allem für Einwanderer aus moslemischen Ländern auf Unverständnis und besitzt großes Konfliktpotential – beispielsweise bei der seit Jahren dauernden Kopftuch-Debatte.54 Das zuletzt in Kraft getretene Gesetz in diesem Bereich, im September 1998, knüpft an die französische Tradition des Staatsangehörigkeitsrechts an, indem Abstammungs- und Territorialprinzip kombiniert werden. Jugendliche von ausländischen Eltern, die in Frankreich geboren sind, erwerben mit der Volljährigkeit die französische Nationalität. Voraussetzung dafür ist, dass sie zu diesem Zeitpunkt in Frankreich wohnen und seit dem 11. Lebensjahr mindestens fünf Jahre in Frankreich gelebt haben. 55 Außerdem reformiert dieses Gesetz die Regelung der „Doppelstrafe“ (dh der doppelten Bestrafung von jugendlichen Straftäter, die nach Verbüßen der Haft ins Herkunftsland der Eltern abgeschoben werden können). Das Gesetz verlangt, dass die tatsächliche Integration des ausländischen Bürgers in die französische Gesellschaft berücksichtigt werden muss und gegebenenfalls von einer Ausweisung 52 Vgl. Sackmann Rosemarie, Integration von Zuwanderen in Frankreich und in den Niederlanden. In: Im Brennpunkt: Integration und Stadt. Deutsche Zeitschrift für Kommunalwissenschaften (DfK) 2001/1; 80-96 53 Vgl. Merx Andreas, Die Sprache der Gewalt – Wut und Hass aus den Vorstädten: http://www.migration-boell.de/web/integration/47_365.htm 54 Vgl Kabis Veronika, Vieles anders, vieles gleich, Einwanderer in Frankreich, http://www.isoplan.de/aid/index.htm?http://www.isoplan.de/aid/2003-3/frankreich.htm 55 Vgl. Anne Rapin und Stéphane Louhaur; Gespräch mit Europa-Abgeordnetem Sami Nair, http://www.diplomatie.gouv.fr/label_france/deutsch/DOSSIER/2000/07immigration.html 80 abzusehen ist. Die französische Regierung kündigte aufgrund der Jugendkrawalle an, die noch mögliche Doppelstrafe abzuschaffen.56 4.1.3 Das französische Modell im Vergleich Wie bereits erwähnt, verlangt die französische Einwanderungspolitik Integration und Assimilation von den Einwanderern. Man erwartet klare Bekenntnisse zum Gemeinwesen und eine gemeinsame öffentliche Kultur. Diese Haltung zeigt sich auch in einer Rede von Innenminister Sarkozy am 23. April 2006 vor UMPMitgliedern: „Wer Frankreich nicht liebt, soll weggehen [...]. Wir können nicht unsere Gesetze und Gebräuche ändern, bloß weil sie einer minimalen Minderheit nicht gefallen.“57 Im europaweiten Vergleich gibt es zwei Pole: Auf der einen Seite das Assimilationsmodell Frankreichs, auf der anderen Seite der Gedanke, dass Einwanderer eine kulturelle Bereichung für das Land sind. Dieser Multikulturalismus wird beispielsweise in den Niederlanden umgesetzt.58 Ein zentrales Element der Minderheitenpolitik in Holland ist die Förderung und Emanzipation von ethnischen Gemeinschaften. Resultat sollte die friedliche Koexistenz der Kulturen sein. Zur Unterschützung der ethnischen Minderheiten förderte die niederländische Regierung kulturelle Eigenorganisationen der Zuwanderer, anfänglich mit dem Hintergedanken ihnen die Heimkehr zu erleichtern. Es wurde die Gründung eigener Schulen ermöglicht, dabei sollte der muttersprachliche Unterricht zur gesellschaftlichen Emanzipation „aus der eigenen ethnischen Identität“ heraus die Integration unterstützen. Weiters wurde das kommunale Wahlrecht an Ausländer vergeben und eine leichtere Einbürgerung ermöglicht, um somit eine gleichberechtigte Mitwirkung ethnischer Minderheiten am gesellschaftlichen und politischen Leben zu erleichtern.59 4.1.4 Integrationspolitik in Frankreich Betrachtet man die konkrete Ausgestaltung der Integrationspolitik in Frankreich, fällt auf, dass das theoretische Assimilationsmodell so exakt nicht umgesetzt wird. Im Folgenden wird ein kurzer Abriss der Einwanderung und der Integrationspolitiken in Frankreich geliefert60: Die größten Einwanderungswellen erlebte Frankreich in den 1920er und 60er Jahren. Nach dem ersten Weltkrieg vergrößerte sich die durch den Verlust von 1,4 Millionen jungen Männern und zahlreiche Invaliden stark dezimierte Erwerbsbevölkerung durch Zuwanderer aus Polen, Italien, Nordafrika und Indochina. Nach 1945 wurde die Einwanderung von Spaniern, Portugiesen, Afrikanern und vor allem Nordafrikanern gefördert, um dem Mangel an Arbeitskräften zu begegnen und die Bedürfnisse einer expandierenden Wirtschaft zu befriedigen. Während in den 56 Vgl. Interview mit dem französischen Regierungssprecher: Regierungssprecher Copé zieht Bilanz der Ausschreitungen, http://www.premier-ministre.gouv.fr/de/information/in-denschlagzeilen_112/regierungssprecher-cope-zieht-bilanz_54403.html 57 Standard-Online-Ausgabe, 23. April 2006 58 Ewinger Dunja, Heute Paris, morgen Europa?, http://www.europolitan.de/cms/?s=ep_dossier&did=16&aid=1059& 59 Michalowski Ines, Das niederländische Integrationsmodell als Vorbild und die Debatte über sein „Scheitern“, April 2005 60 Vgl. Sackmann , Rosemarie, Integration von Zuwanderen in Frankreich und in den Niederlanden. In: Im Brennpunkt: Integration und Stadt. Deutsche Zeitschrift für Kommunalwissenschaften (DfK) 2001/1; 80-96 81 50er Jahren die europäische Zuwanderung überwog, kam es in den 70er Jahren zu einem Anstieg des Anteils an maghrebinischen EinwanderInnen. Die Wirtschaftskrise führte ab 1974 zu einem offiziellen Einwanderungsstopp außer in Fällen der Familienzusammenführung und in Asylfällen. Gleichzeitig begab man sich auf die Suche nach entsprechenden Integrationskonzepten: Nach einer Debatte um die Einführung des Modells der insertion (ZuwanderInnen sind als kulturell differente Gruppen zu integrieren, vgl. Multikulturalismus-Modell) entschied man sich Ende der 80er für ein Modell der Integration: Gegenüber dem alten Assimilationsverständnis (und gegenüber dem Konzept der insertion) wird Integration als zweiseitiger Prozess verstanden, in dem ein gewisses Maß an Veränderung der französischen Gesellschaft erwartet wird. „Zumindest kann man über Integration sagen, dass sie eher die Ähnlichkeiten als die Unterschiede berücksichtigt. Aufgabe der Integration ist es, den Migranten eine komplette Beteiligung an der französischen Gesellschaft zu ermöglichen, sowohl an Rechten als auch an Pflichten. Dabei sollen sie aber bestimmte persönliche Merkmale behalten können, so z.B. Religion und Kultur. Die Integration nimmt diese Unterschiede wahr, fördert sie aber nicht.” (Interview Haut Conseil à l'Intégration).61 Die nationale Integrationspolitik löste ab den 80er Jahren zunehmend die in den 70ern dominierende kommunale Integrationspolitik ab, da in dieser AkteurInnen auf lokaler Ebene mit tw. divergierenden Interessen tätig waren und tendenziell eher eine Ausgrenzungspolitik als eine der Integration verfolgten. In den 80er Jahren wurden dann von staatlicher Seite verschiedene Programme zur Verbesserung der Lage benachteiligter Stadtgebiete eingeführt, deren Erfolg jedoch als gering eingestuft wird. In den 90er Jahren entwickelte der Haut Conseil de l'integration (eine Art Weisenrat in Integrationsfragen) ein Integrationsmodell, dass fünf Punkte umfasst: 1. Gleichheit des Rechts, 2. Kampf gegen den Rassismus, 3. eine Politik der Kompensation von Ungleichheiten, 4. ein Modell der Partizipation am städtischen Leben, 5. Erlangung von Staatsbürgerrechten durch die Staatsangehörigkeit. Der Bereich der Sozialpolitik und der schulischen Bildung werden als die zentralen Arenen zu einer Verbesserung der Situation von ZuwanderInnen gesehen. Auf der Ebene der Wahrnehmung der Diskriminierung und der politischen Rechte für ImmigrantInnen bestehen jedoch nach wie vor Probleme: In Frankreich ist das droit commun (gleiches Recht für alle) die Basis von Maßnahmen verschiedendster Art; die Sozialpolitik unterscheidet nicht hinsichtlich Nationalität oder ethnischer Zugehörigkeit. ZuwanderInnen sind ohne Zweifel eine wichtige Zielgruppe dieser Politik, ihnen fehlen aber die Möglichkeiten, sich von dieser Politik angesprochen zu fühlen oder sich aktiv in ihr zu engagieren. Mangelnde öffentliche Repräsentation ist ein allgemeines Kennzeichen der Lage von ZuwanderInnen in Frankreich. Dazu hat beigetragen, dass AusländerInnen bis 1981 keine eigene Vereine gründen durften. Mittlerweile gelten Vereine als Ansprechpartner für die Verwaltung und werden sowohl als Vermittler sowie als Informanten und Berater genutzt. Sie werden jedoch oft nicht als eigene Interessensgruppe anerkannt. Durch die Dezentralisierung der Verwaltungsstrukturen Einflussmöglichkeiten für lokale Selbstorganisation im Laufe der 90er Jahre erheblich verbessert. ZuwanderInnen werden bis heute jedoch überwiegend als Objekte der Politik gesehen: “As a result, there has been a continuing tendency in France to keep the immigrants out of politics”.62 61 Zit. Nach Sackmann, aaO.; 84 62 Garbaye 2000; zit. nach Sackmann, aaO.; 88 4.1.5 Statistiken Aufgrund des französischen Staatsbürgerschaftsmodells sind in Frankreich Statistiken zu den ImmigrantInnen schwierig zu erhalten. Bei der Volkszählung werden keine Daten über Religionszugehörigkeit oder Ethnizität erhoben. Es ist daher schwierig, Aussagen über die Zahl der ImmigrantInnen zu treffen. Ein wenig mehr als ein Drittel der ImmigrantInnen haben schon die französische Staatsbürgerschaft erhalten und scheinen in Statistiken meist als Französinnen und Franzosen auf. Zusätzlich trägt zur Schwierigkeit, den Anteil der EinwandererInnen zu bestimmen, die illegale Immigration bei (Innenminister Sarkozy spricht von 80.000 bis 100.000 illegalen ImmigrantInnen pro Jahr). Außerdem ist bei den Daten zu beachten, dass (im Unterschied zu anderen Ländern) die in Frankreich geborenen Kinder von EinwanderInnen die französische Staatsbürgerschaft erhalten. Bei der letzten Volkszählung im Jahre 1999 wurden 4.310.000 EinwanderInnen aus immer mehr Ursprungsländern erfasst, d. h. 7,4 % der Bevölkerung. Davon sind 1.554.939 eingebürgert, 2.753.588 haben keine französische Staatsbürgerschaft. Tab. 1: EinwandererInnen nach dem Geburtsort63 Europe Espagne Italie Portugal Pologne Autres pays d'Europe Afrique Algérie Maroc Tunisie Autres pays d' Afrique Asie Turquie Cambodge, Laos, Vietnam Autres pays d'Asie Amérique, Océanie Non déclaré Total Effectif 1968 en % 76,4 21,0 23,9 8,8 6,7 16,1 19,9 11,7 3,3 3,5 1,4 2,5 1,3 1975 en % 67,2 15,2 17,2 16,9 4,8 13,1 28,0 14,3 6,6 4,7 2,4 3,6 1,9 1982 en % 57,3 11,7 14,1 15,8 3,9 11,7 33,2 14,8 9,1 5,0 4,3 8,0 3,0 1990 en % 50,4 9,5 11,6 14,4 3,4 11,4 35,9 13,3 11,0 5,0 6,6 11,4 4,0 en % 44,9 7,3 8,8 13,3 2,3 13,2 39,3 13,3 12,1 4,7 9,1 12,8 4,0 1999 effectifs 1 934 144 316 232 378 649 571 874 98 571 568 818 1 691 562 574 208 522 504 201 561 393 289 549 994 174 160 0,4 0,6 0,7 3,0 3,7 3,7 159 750 0,6 0,6 3,2 1,1 0,8 0,1 100,0 100,0 2 861 280 3 281 060 1,0 1,3 /// 100,0 3 887 460 1,9 1,6 /// 100,0 4 037 036 3,6 2,3 /// 100,0 4 165 952 5,0 3,0 /// 100,0 4 306 094 216 084 130 394 /// 4 306 094 4.1.6 Geschlecht und Wohnort Nach dem 2. Weltkrieg bis in die 70er Jahre wanderten im Zusammenhang mit der Anwerbung von Arbeitskräften überwiegend männliche Personen ein. Heute, nach dem Einwanderungsstopp und einer Umstellung der Integrationspolitik auf Familienzusammenführung, ist der Anteil von Männern und Frauen in etwa gleich. Mehr als zwei Drittel aller Einwanderer wohnen in einem Ballungsraum mit über 63 82 1962 en % 78,7 18,0 31,8 2,0 9,5 17,5 14,9 11,6 1,1 1,5 0,7 2,4 1,4 Quelle: Insee, Recensements de la population, 1962-1999 83 200.000 Einwohnern, nur 3 % leben in ländlichen Gemeinden, während 37 % im Großraum Paris wohnen. 4.1.7 Religionszugehörigkeit Angaben über die Religionszugehörigkeit sind so gut wie gar nicht zu erhalten. Auf der Homepage des französischen Außenministeriums heißt es, dass einer im März 2003 durchgeführten Umfrage zufolge sind die meisten Franzosen und Französinnen katholischen Glaubens (62 %), gefolgt von den Muslimen (6 %), Protestanten (2 %) und Juden (1 %). 26 % der Franzosen erklären, keinem Glauben anzugehören64. 4.1.8 Problembereiche und Felder der Diskriminierung (Auswahl) Aufgrund der französischen Einwanderungspolitik gibt es keine Programme zur Bekämpfung der Diskriminierung von ImmigrantInnen im Speziellen. Auch wenn jedoch ImmigrantInnen durch die Staatsbürgerschaft rechtlich den Mitglieder der Aufnahmegesellschaft gleichgestellt werden, bedeutet dies nicht, dass sie keine Diskriminierungen erleiden. “Si la régularité du séjour est imposée pour faire uns demande de logement social, avoir droit à certaines prestations [...], trouver un travial, elle n'est pas toujours une condition suffisante pour bénéficier de ces droits fondamentaux, comme le rélèvent nombre de rapports sur les discriminations”.65 So bleiben die gesellschaftlichen Aufstiegschancen der ImmigrantInnen extrem begrenzt. Der Integrationsbericht, der 2004 durch den französischen Rechnungshof vorgelegt wurde, betrachtet ausgewählte Felder, die die soziale Situation der ImmigrantInnen betreffen, zur Beurteilung der Integrationspolitik der letzten Jahre. Er kommt zum Schluss, dass die Ergebnisse der staatlichen Bemühungen in Sachen Integrationspolitik wenig überzeugend sind. Zwar konnten in einigen Bereichen Verbesserungen erzielt werden (so bspw. beim Wohnen), dennoch bleiben die Ungleichheiten bestehen.66 Die ausländische Bevölkerung hat ein geringeres formales Bildungsniveau gegenüber den Mitgliedern der Aufnahmegesellschaft. Nach wie vor verzeichnen die Kinder von Immigranten weniger erfolgreiche Schullaufbahnen und selbst wenn sie höhere Abschlüsse erlangen, müssen sie mit zahlreichen Diskriminierungen auf dem Arbeitsmarkt rechnen. Ausgrenzung und sozialer Abstieg kennzeichnen die Erfahrungen vieler junger Immigranten der „zweiten Generation“.Auch die Arbeitslosigkeit betrifft ImmigrantInnen in weit höherem Ausmaß: 18% der ImmigrantInnen gegenüber 9% der NichtimmigrantInnen waren 2005 laut INSEE (Nationales Statistikinstitut) als arbeitslos gemeldet. Darunter machen Frauen einen größeren Teil als Männer aus; Menschen aus dem Maghreb, der Türkei und Schwarzafrika sind dreimal mehr als Mitglieder der Aufnahmegesellschaft von Arbeitslosigkeit betroffen.67 Ein Großteil der maghrebinischen Einwanderer arbeitet am Bau, in der Automobilindustrie, im Transportunternehmen und im Dienstleistungsbereich für Unternehmen; die Einwanderinnen im Dienstleistungssektor für Privatpersonen 64 Homepage des Außenministeriums: http://www.diplomatie.gouv.fr/de/frankreich_3/frankreichentdecken_244/portrat-frankreichs_247/die-gesellschaft_252/die-einwanderung_58.html 65 www.vie-publique.fr/politiques-publiques/politique-immigration/immigres-cite/ 66 Cour des Comptes, L'accueil des immigrants et l'integration des populations iddues de l'immigration. Rapport au Président de la République suivi des Reponses des Administrations et des Organismes Intéressés. 2004; 206 67 Homepage des Außenministeriums, aaO. 84 (Reinungskraft, Pflege etc), d.h. in schlecht bezahlten, wenig anerkannten Bereichen.68 Ein weiteres Problem ist die Konzentration der ImmigrantInnen in in peripheren Vierteln, die sich durch Armut und hohe Bevölkerungsdichte auszeichnen. Von einigen Vierteln ist zu berichten, dass die Konzentration in den vergangenen Jahren gestiegen ist. Meist ziehen neu immigrierte in diese Vierteln zu: Der Ruf dieser Vierteln besagt, dass nur die am schlechtest informierten und mit den wenigsten Wahlmöglichkeiten Familien die Wohnungen dort beziehen. Der Integrationsbericht des Rechnungshofs berichtet von zwei negativen Effekten der Konzentration der ImmigrantInnen: Zum einen wirke sie sich innerhalb der Banlieues negativ auf den Willen zur Anpassung und die Perspektive auf Integration aus. Zum anderen schaffe die Konzentration ein negatives Bild über die Viertel, das zusätzlich ein Hindernis für die dort lebende Bevölkerung darstelle. Es entstehe der Eindruck, dass die Bemühungen der Maßnahmen, die es für ImmigrantInnen gibt, umsonst waren. Der Bericht macht auf die damit verbundene Gefahr der Ghettoisierung aufmerksam: Es wird befürchtet, dass die Konzentration von Armut, Arbeitslosigkeit, niedrigem Humankapital und geringen finanzielle Möglichkeiten, die jetzt schon die banlieues prägt, noch weiter zunimmt.69 4.2 Jugendgewalt in Frankreich: Eine Folge der sozialen Exklusion?70 4.2.1 Allgemeines Die schwierige Situation der Jugendlichen in den Pariser Vorstädten ist spätestens seit den gewaltsamen Unruhen im Herbst letzten Jahres wieder omnipräsent. Arbeitslosigkeit, Bildungsdefizite, politischer Unmut und alltäglicher Rassismus sind Wegbegleiter jener Jugendlichen „die eigentlich nur Franzosen sein wollen“ (Hüser 2004) und es aufgrund des französichen jus soli in formaler Hinsicht auch mehrheitlich sind. Abseits der institutionalisierten Stadtpolitik und ihrer politique de la ville, die seit Jahrzehnten bestrebt ist, die Bewohner der banlieues (insbesondere die Jugend) in die Stadtgesellschaft zu integrieren, findet die Jugend ihre eigenen Wege um auf Ihre Problematik aufmerksam zu machen. „Ich glaube, dass die Situation, so wie eben alles geworden ist, nur aus Konflikten bestehen kann.“ (Loch 2000) So kam es in den Herbstmonaten letzten Jahres zu den verherrendsten und hartnäckigsten gewaltsamen Revolten seit vielen Jahren. Ausgelöst wurde die Welle der Gewalt durch den Tod zweier Jugendlicher afrikanischer Herkunft in dem Pariser Vorort Clichy-sous-Bois. Sie waren am 27. Oktober vor einer Polizeikontrolle in ein unter Hochspannung stehendes Transformatorenhaus geflohen und an den Folgen von Stromschlägen gestorben. Daraufhin zündeten Jugendliche aus Protest in dem Vorort zahlreiche Fahrzeuge an. Die Gewaltakte, die ausschließlich nachts stattfanden, griffen auf weitere Pariser Vororte, Anfang November dann auch auf zahlreiche andere französische Städte 68 Ceruti, Luis Alberto, Inmigración, “civilizaciones” y políticas de integración: las lecciones que dejaron los disturbios en Francia. Lima 2005 69 Cour des Comptes, aaO.; 155ff. 70 Referat von Katharina Grundei, Cornelia Klettl und Jonas Vukic 85 über, u. a. auf Lyon, Toulouse und Straßburg. Die Zahl der angezündeten Autos, für die Medien ein Indikator für das Ausmaß der Gewalt, erreichte in der Nacht vom 7. November mit mehr als 1.400 den Höchststand. In Frankreich hat das Anzünden von Fahrzeugen als Ausdruck von Protest unter Jugendlichen Tradition. Die Frage nach dem „Warum?“ wurde von Seiten der französischen Innenpolitik meist mit abfälligen Bemerkungen über die (grösstenteils immigrierte) Bevölkerung der banlieues beantwortet. Die französische Regierung reaktivierte ein Gesetz aus der Zeit des Algerienkrieges von 1955 und verhängte den Ausnahmezustand. Dadurch bekam der Staat die Möglichkeit Ausgangssperren sowie weitere Maßnahmen zu verhängen, u. a. Versammlungsverbote, erleichterte Durchsuchungen und Kontrollen durch die Polizei. Somit erhoffte man sich mit Hilfe unzähliger Verurteilungen und übereilten Gerichtsverfahren sowie angedrohten Abschiebungen für die immigrierten Jugendlichen( der 2 + 3 Generation!) eine schnelle Beruhigung der Randalen zu erreichen. Die so gerne in Vergessenheit geratene schwierige Situation der benachteiligten Stadtviertel und die Eskalationen sind jedoch Resultate eines, zumindest in Teilen vorhersehbaren, jahrzehntelangen Entwicklungsprozesses. In diesen Tagen wird in der französischen Presse gerne von einer allgemeinen Krise der einstigen „Grande Nation“ gesprochen, die von vielen Seiten auch als Mitverursacher des Randalismus gesehen wird. Teilnehmern eine breite und sehr medienwirksame Öffentlichkeit zu verschaffen kann auch für die langfristige Stärkung einer Nation mitverantwortlich sein. Und dass es in Frankreich definitiv eine tatkräftige und erfolgreiche demokratische Jugendbewegung gibt, sieht man auch am aktuellen Beispiel der wochenlangen Proteste bezüglich des CPE (Kündigungsschutz) und ihres großen Erfolgs. Die Auswüchse der Proteste, wie man sie im Herbst erleben konnte, hätten nach Meinung vieler Experten mit den richtigen Strategien auch, zumindest in Teilen, verhindert bzw. gedämmt werden können. 4.2.3 Die Geschichte der banlieues Die politische Misere nahm bereits 2002 ihren Lauf. Auslöser waren die damals stattfindenden Präsidentsschaftswahlen. Im Zuge dieser Wahlen landete Lionel Jospin, der Kandidat der linken Partei, auf Platz drei hinter dem rechtsextremen Le Pen. Jaques Chirac wurde von den meisten als das kleinere Übel betrachtet und in dieser Funktion zum französisches Staatsoberhaupt gemacht. „Wir hatten die Wahl zwischen Schuft und Scheusal“.(Hüsner 2000) Somit entschieden sich viele Franzosen für einen Kandidaten, von dem man schon im vorhinein wusste, dass seine Politik nicht dem Geiste der französischen Nation entsprechen würde. Mangels einer eindeutig rechten bzw. linken Position in der Innenpolitik wuchs in Frankreich und mit ihm in Teilen der Bevölkerung eine Art Identitätskrise heran, deren Auswirkungen zum Teil in den Unruhen des letzten Jahre und den daraus resultierenden Reaktionen deutlich wurden. Kurz nach den Unstimmigkeiten rund um die Präsidentschaftswahlen folgten die Auseinandersetzungen bezüglich des gesetzlichen Verbots von Schleiern an öffentlichen Schulen, womit unumgänglich wieder die Problematik des einst so einwandererfreundlichen Frankreichs, rund um Migration, Religion und Integration zum Thema wurden. Diese, und viele größtenteils öffentlich und von europaweitem medialen Interesse verfolgten Diskussionen spalteten Frankreich in mehrere Teile, und eine allgemeine wirtschaftliche spirale infernale tat dann ihr Übriges. "Viele Franzosen haben Angst und wissen nicht wie es weitergehen soll..." titelte die französische „Le Monde“. Einige französische Soziologen sehen in diesen schwierigen Umständen jedoch auch eine Chance Frankreichs für die Zukunft. Ganz im Sinne von La peur peut mettre en mouvement, was soviel bedeutet, wie „ Angst kann auch zum Motor werden“. Denn die Tatsache einer breiten demokratischen Bewegung, die mutig und unverdrossen genug ist, sich mit Demonstrationen von mehreren Millionen Die Geschichte der banlieues, der französischen Vorstädte, begann schon im frühen 19. Jahrhundert. Damals wurde die Innenstadt von Paris für die Boulevards des Monsieur Haussman geplättet und die Viertel der Arbeiterklasse, schon damals Orte des Aufruhrs und der Rebellion, in die Vorstädte verlagert. Der Begriff banlieue bezeichnet im Deutschen auch „Bannmeile“, was sich mit der Tatsache der Verbannung der Arbeiter in die Vorstädte treffend wiederspiegelt. Anliegen war es, die Innenstadt für das Bürgertum sicher zu machen und zukünftige Rebellionen in die Peripherie, wo man sie nicht sieht, zu verlegen. Somit würden die Aufsässigen nur ihre eigenen Viertel zerstören und nicht die des verängstigten Bürgertums. Die Gefahr der Zusammenrottung der Arbeiterklasse wurde also gebannt, in dem sie in an den Stadtrand ausgesiedelt und somit verbannt wurden. Die Commune de Paris von 1871, ein Aufstand des Industrieproletariats, im Zuge dessen auch das Hotel de Ville besetzt wurde, gilt als eine der letzten großen Rebellionen, die sich in der Innenstadt selbst abgespielt haben. Karl Marx wurde durch die aufständischen Arbeiter der Commune zum Kommunismus inspiriert und setzte ihr ein Denkmal. Die Arbeiterselbstverwaltung galt ihm als ein großes Vorbild für eine (noch zu realisierende) sozialistische Revolution. Die Bewohner der Vorstadt, die sogenannten „banleiusard“, bekamen von nun an ein schlechtes Image: Sollte die Wohnadresse eines Bewerbers in einem der berüchtigten banlieues liegen, so war sein Schicksal von Seiten des potentiellen Arbeitgebers schon so gut wie besiegelt. Aus den banlieus führte zur damaligen Zeit kein Weg heraus, weder durch Arbeit, Fleiß, Aufstand oder Revolution. In den fünfziger Jahren wurden die banlieeus aufgrund massiver Zuwanderung sehr schnell, sehr viel größer. Im Zuge der schnellen, oft übereilten Bautätigkeit wurden viele wesentliche Bestandteile des sozialen Wohnbaus vernachlässigt. Die rasche Vorgehensweise sollte möglichst vielen Menschen innerhalb kürzester Zeit genügend Platz zum Leben bieten. Dass diese Gebiete sich bald zu unbewohnbaren Trabantenstädten entwickelten, war den Baufirmen und vor allem der Stadtpolitik nicht wirklich wichtig. Doch diese Vernachlässigung sollte auch Jahrzehnte später noch Folgen zeigen. In den Sechzigern, in der Blütezeit dieser „neuen“ Baupolitik, entstand jedes Jahr eine halbe Million dieser neuen, gleichartigen, rasch und aus billigem Material gefertigten Wohnungen. Aufgrund des Babybooms und der Zuwanderung aus den Ex-Kolonien Afrikas hielt man diese Baumaßnahmen für die beste Lösung. Jedoch wurde kaum bis gar nicht darauf geachtet, Arbeitsplätze in den neu gebauten Gebieten zu schaffen und es gab auch keine Verkehrsanbindungen zum Zentrum und die dort angesiedelten Arbeitsstätten. So standen die neuen Siedlungen im absoluten Niemandsland, ohne Anbindungen, ohne Infrastruktur, ohne sozialen 86 87 4.2.2 Ein kurzer politischer Überblick Einrichtungen für Kinder, Jugendliche und Alte. Somit waren diese neuen Viertel anscheinend als reine Schlafburgen für die Arbeiter geplant, ohne an deren Familien zu denken. Bereits Anfang der 80er begannen sich die Bewohner der banlieues zu wehren und auch damals stand das auch im November 2005 in den Schlagzeilen stehende Seine-Saint-Denis im Mittelpunkt. Die damalige Reaktion der Stadtpolitik und Administration bestand darin, Millionen in das dort angesiedelte Schulsystem zu stecken. Diejenigen, die davon profitierten, verließen das Viertel nach abgeschlossener Ausbildung schließlich auch wieder, und gingen dorthin, wo es gute Beschäftigungsaussichten gab. Bestrebungen von Seiten der Administration, gewinnbringende Unternehmen in den Vorstadten selbst anzusiedeln, schlugen leider gänzlich fehl. „Ich glaube, dass die Situation, so wie eben alles geworden ist, nur aus Konflikten bestehen kann.“ (Loch 2000) Folgt man dieser Meinung eines franz. Jugendvereinmitglieds, so kann Integration nur dann funktionieren, wenn man die unumgänglichen Konflikte erkennt, und mit ihnen umzugehen weiß. Abseits der Vielzahl öffentlich nicht sichtbarer und negativer Konflikte, meist in Form von Diskriminierung, mit denen sich les jeunes auseinandersetzen müssen, gibt es auch jene Konflikte, die nicht zwangsläufig (ausnahmslos) negativ konnotiert sein müssen. Nach der Simmelschen Konflikttheorie und ihrer Neubearbeitung durch Lewis Coser können Konflikte nicht nur eine zerstörerische Wirkung nach sich ziehen, sondern durchaus auch eine sozialisierende und integrierende Funktion ausüben (Simmel 1992). Somit wären Konflikte nicht nur unvermeidbar, sondern auch notwendig, für die Kohäsion einer Gesellschaft - insbesondere innerhalb von Migrations- und Integrationsprozessen. Für Industriegesellschaften haben diese Ansätze gezeigt, dass soziale Konflikte das Gefühl der Zugehörigkeit zur Gesellschaft in Form des "sich politisch einbringen" durchaus stärken können. Unter diesen Gesichtspunkten gilt es als Aufgabe der Bewohner, ihre kulturellen Ressourcen zu mobilisieren (Engagement in Vereinen etc.), und sich so (politisches) Gehör zu verschaffen und eine Öffentlichkeit herzustellen. Die Aufgabe der Regierung und Stadtpolitik ist es wiederum, die Artikulation dieser Konflikte zu ermöglichen, und den entsprechenden Raum dafür freizugeben. Anderenfalls kann es zu Explosionen bzw. explosiven, meist gewaltsamen, Ausschreitungen kommen, wie man sie in den Pariser Vororten schon oft beobachten konnte. Der Definition von Paugmann folgend, darf exklusion als „die mangelnde oder blockierte Zugangsmöglichkeit zu Gütern, Positionen und Beteiligungschancen“ (Paugmann 2000) verstanden werden. Diese Begrifflichkeiten beziehen sich nach Paugmann auf drei näher bestimmte Bereiche: Erstens den sozio-ökonomischen Bereich, der in den Vorstädten v.a durch die hohe Jugendarbeitslosigkeit repräsentiert wird. Diese gilt als Resultat der fehlenden Zugangsmöglichkeit zu den, von den Arbeitgebern geforderten, qualifizierenden Bildungsmöglichkeiten. Zweitens der sozio-kulturelle Bereich, in welchem die exklusion über die Zugehörigkeit zu einem bestimmten Milieu (classes poplaires) wirkt. Auf dieser Ebene werden die Jugendlichen in wichtigen Situationen, beispielsweise am Arbeitsmarkt aufgrund ihrer "Herkunft" (im Sinne des Wohnortes) und dem damit in Verbindung gebrachten niedrigeren Bildungsgrad klassifiziert. Bei dem Hauptteil der Jugendlichen kommen zum "Wohnort" auch noch die ethnische Herkunft und somit rassistisch dotierte Diskriminierungen dazu. Drittens beschreibt exklusion den politischen Bereich. Dieser präsentiert sich in der Tatsache, dass in den banlieues seit Jahren die höchste Wahlenthaltung existiert. Vor allem für die jungen Staatsbürger mit Migrationsbackground bestehen die Rechte zwar formal, werden aber nicht "gefühlt" (Hüser 2004 ). Somit bewegt sich die politische Stimme der Vorstadtjugend, zwischen der voice-Option, der Stimme des Protests und der exit-Option, die zu einem dauerhaften Ausstieg aus dem politischen Leben, oder zumindest zu einem vorübergehenden Ausstieg, führen kann (Loch 2000). Zusammengefasst manifestieren sich alle drei Bereiche in einer sozialräumlichen Diskriminierung, die durch die Segregation einzelner Stadtteile, und den damit verbundenen Zugangsbenachteiligungen zu Bildung und Arbeitsplätzen, entsteht. Gilt die soziale Distanz, die zwangsläufig aus sozialräumlicher Distanz entsteht, als "Killer" der Integrationsprozesse und ist somit mitverantwortlich für die Auswüchse dieser Konflikte? "In den zwanzig Jahren der Wirschaftskrise haben wir uns die Jugendlichen gern als Opfer vorgestellt, die Aufmerksamkeit verdienen, manchmal auch Mitgefühl. Seit einigen Jahren hat sich diese Vorstellung umgekehrt. Die Vorstadtkinder, die abgeschoben unter unerträglichen Bedingungen leben, Opfer aller denkbaren sozialen und rassistischen Benachteiligungen, gelten nun als Wilde, als Barbaren, liefern Vorwände für spektakuläre Fernsehbilder oder in der Luft liegende Diskurse über innere Sicherheit und eine Politik der harten Hand. ... und jeder legt noch ein Schippchen nach, über den Verfall der Sitten, über abdankende Familien und, nicht zu vergessen, über das Ende der Republik, das an keiner Soße fehlen darf."71 4.2.5 Soziale Exklusion als Ursache? 4.2.6 Resumée Die grundlegende Problematik, auf die der Unmut der Jugend in den Vorstädten basiert, ist jene, dass kein Weg aus den berüchtigten Vierteln hinaus führt, und, dass die Jugendlichen in vielen Lebensbereichen benachteiligt sind, da sie schlicht und einfach keinen Zugang zu jenen Ressourcen haben, die für eine Verbesserung ihrer Situation verantwortlich sein könnten. Für die Dimension der sozialen Ausgrenzung wie sie in den franz. Vorstädten existiert, ist der Begriff der exklusion bzw. der sozialen Disqualifikation (Paugmann 2000) gebräuchlich, und wird nun auch von uns herangezogen. Tatsache ist, dass große Teile der Bevölkerung der Vorstädte von Anfang an nicht mehrheitlich und vor allem nicht uneingeschränkt hinter den Ausschreitungen gestanden haben. Allerdings - und das mag für MinisterInnen in ihren Pariser Eigentumswohnungen schwer verständlich sein - wussten die Menschen in den Gemeinden von St. Denis, in der Pariser Region - wo die Unruhe begonnen hatten - , und an anderen sozialen Brennpunkten zu jeder Zeit um die Beweggründe, die die Jugend zu derartigen Wutausbrüchen motivierten, bescheid - was in der allgemeinen 4.2.4 Der Konflikt als Mittel zur Integration? 71 88 Francois Dubet (Hüser 2004) 89 medialen Berichterstattung oftmals unerwähnt blieb. Dies geht einher mit Umfragen, die zeigen, dass sehr viele Menschen in Frankreich insgesamt Verständnis für die Unruhen äußern, auch wenn sie ihre Form mißbilligen. 4.3 Partizipation in der Stadterneuerung am Beispiel des Viertels Le Marais72 4.3.1 Allgemeines Zwischen dem dritten und dem vierten Arrondissement liegt das Marais, das eines der schönsten Viertel von Paris ist. Seinen Namen hat es von dem ehemaligen Sümpfen, die sich an dieser Stelle befanden (marais = "Sumpf"). Zwischen dem 16. und 18. Jahrhundert war die Glanzzeit des Viertels. Damals ließen sich dort die Oberen Zehntausend von Paris, die Fürsten, Kardinäle, Höflinge und der Landadel nieder und erbauten ihre Hôtels. Unter Hôtel versteht man die Stadtpaläste der Oberschicht, die mit wunderschönen Gärten und herrlichen Portalen ausgestattet waren und zum Teil auch noch heute existieren. Gebaut wurden die Hôtels vorwiegend in der Renaissance- und Barockzeit. In der Rokokozeit zogen die meisten Hoch- und Wohlgeborenen allerdings nach Faubourg Saint-Germain oder Versailles um und das Maraisviertel erlebte seinen Niedergang. In den ehemals glanzvollen Stadtwohnungen der Reichen wurden jetzt Handwerksbetriebe errichtet und die Französische Revolution trug das ihre zur Verwüstung des Viertels bei. Zwar versuchte man im 19. Jahrhundert das Quartier ein wenig zu restaurieren, die Arbeiten änderten aber nicht sehr viel an dem traurigen Aussehen des Marais. Erst unter Charles de Gaulles Kultusminister André Malraux bemühte man sich ab 1962 um die wirkliche Erhaltung dieses so wunderbaren alten Kerns von Paris. Noch heute wird Ihnen bei einem Spaziergang durch das Marais-Viertel der Widerspruch zwischen halb verfallenen und frisch restaurierten Gebäuden auffallen. Nicht nur tagsüber sondern auch nachts, ist in dem alten und doch so neuen MaraisViertel immer etwas los. Auffällig ist wie viele junge Leute sich gerne hier aufhalten. Dies bringt auch mit sich, dass im Marais an vielen Ecken Straßenkünstler ihrem Vergnügen nachgehen. In lauen Sommernächten können Sie mit etwas Glück einer imposanten Straßenaufführung vor dem Hintergrund der alten prachtvollen Häuserfassaden beiwohnen. Ein besonderes Gebiet, bildet es doch das herzstück des 4. Bezirks, der sich östlich anschliessend an den 1. Bezirk am nördlichen Ufer der Seine ausdehnt. Gelegen in etwa zwischen Centre Pompidou, rue de Rivoli und place des Vosges nahe Bastille, dicht bebaut, beherbergt es einige der ältesten Bauten von Paris, viele Stadpalais und Museen. Seit jeher ein Zentrum der jüdischen Kultur, nun gefragt als Wohngebiet junger urbaner Schichten, voll vom Charme der unzähligen Boutiquen und Cafés, 72 Referat von Evelyn Hacker, Andreas Putlitz und Adriadna Salgado Sendra; Quelle: http://www.mairie4.paris.fr http://www.mairie4-en-ligne.paris.fr http://www.mairie3.paris.fr http://www.paris.fr http://www.parislemarais.com/lemarais/histoire.php http://www.onlinereisefuehrer.de/paris/marais.html Heidrun Feigenfeld: Kooperation Paris – Wien 90 repräsentiert es viele Klischees des “Pariserischen”. Gleichwohl erzeugt dieser Wandel strukturelle Probleme, die von Planung und Verwaltung zu bewältigen sind. Im Marais wird die Lebens- und Aufenthaltsqualität in den Gassen noch durch die Grätzelstruktur gestärkt: Autos haben wenig Platz, weder fahrend noch parkend, denn die Strassenquerschnitte sind sehr gering. Nur ca. jeder fünfte Haushalt verfügt über ein Auto. Zu Fuß gehen ist normal, die Anbindung an das U-Bahnnetz scheinbar günstig. Natürlich profitieren davon auch besonders die Kinder. Ihre Eltern müssen das Auto als potenzielle Gefährdung nicht fürchten. Generell stellt sich die Pariser Situation aber anders dar. Es gibt wenige öffentliche Spielräume für Kinder und die vorhandenen liegen meist in historischen Parkanlagen, wo nur geringe Eingriffe erlaubt sind. Aktuell liegt ein Konzept der Stadterneuerung (“requalification”) für das Viertel Le Marais vor, erstellt vom CSTB, das den Handlungsrahmen für kleinteilige Massnahmen bilden soll. Sie definieren es selbst als den “Versuch, ein dynamisches Gleichgewicht zwischen “Hyperzentrum”, historischem Viertel und “Dorf in der Stadt” her zu stellen”. Dieses Konzept konzentreiert sich stark auf die Funktionen des öffentlichen Raums und die dort manifesten Konflikte und Schwächen. 4.3.2 Partizipation Bürgerbeteiligung bei der Stadterneuerung findet in Marias im Rahmen der so genannten „concertation“ statt. Darunter ist ein Abstimmungsprozess zwischen ökonomischen Aktivitäten, der Attraktivität des Quartiers, der Verbesserungen des Wohnumfeldes, der Beachtung der notwendigen Ruhe für AnrainerInnen und dem Kampf gegen Lärm und Umweltverschmutzungen zu verstehen. Grundlage und Instrument der „concertation“ bilden die Quartiersräte (conseils de quartier), die sich als Bindeglied zwischen Bewohnerschaft und Bezirkspolitik verstehen. 4.3.3 Die Quartiersräte im 3. und 4. Arrondissement Die Quartiersräte sind beratende Kommissionen des Bezirksrats, die über die Möglichkeit von Vorschlägen, Wünschen, Anregungen und Initiativen in Bezug auf alle Aspekte des Quartierslebens verfügen. Für das 3. und 4. Arrondissement gibt es jeweils eine eigene Charta, in der die Bildung, die Aufgaben und die Funktionsweise dieser Räte festgehalten sind - diese sind in den beiden Bezirken aber weitgehend identisch. Laut dieser Charta ist das Ziel der Quartiersräte das Mitspracherecht der Bürger bei Entscheidungen, die jeden und jede betreffen, zu verstärken und die Bürger zu einer aktiven Teilnahme zu motivieren. Er soll ein Ort des Zuhörens und der Diskussion über alle Themen von lokalem Interesse sein. Betont wird dabei, dass die Quartiersräte für jeden offen stehen und dass sie die Bevölkerung in ihrer Unterschiedlichkeit repräsentieren sollen. Deshalb wird die Beteiligung der jungen Bevölkerung ab 16 Jahren sowie der im Bezirk wohnhaften Ausländer und die Parität zwischen Frauen und Männern angestrebt. 4.3.4 Die Bildung der Quartiersräte Die Quartiersräte werden durch den Bezirksrat geschaffen und von ihm eingesetzt. Mitglieder können nur solche Personen werden, die entweder im entsprechenden Quartier wohnen oder auf irgendeine Weise zum Leben des Quartiers beitragen. Allerdings kann niemand in mehr als einem Quartiersrat Mitglied sein. Die Teilnahme am Quartiersrat ist freiwillig, die Dauer eines Mandats beträgt 3 Jahre. Für jedes 91 Quartier ist die Anzahl der Mitglieder des entsprechenden Quartiersrates festgelegt, der in verschiedene Gremien unterteilt ist deren Mitglieder auf unterschiedliche Weise bestimmt werden. Im 3. Arrondissement ist z.B. jeder Quartiersrat aus 33 Mitgliedern in 4 Gremien zusammengesetzt: Das mit Abstand größte Gremium ist das Gremium „Bewohner“ mit 24 Personen. Die Mitglieder werden unter den Personen gelost, die sich freiwillig zu Kandidatur gemeldet haben und im Quartier wohnen oder arbeiten. Die Auslosung wird dabei so durchgeführt, dass die Parität zwischen Männern und Frauen gewährleistet ist. Die anderen Gremien sind bedeutend kleiner: Das Gremium „Vereine“ zählt 4 Mitglieder, die auf Vorschlag des Bürgermeisters nach Absprache mit den Vereinen ernannt werden. Das Gremium „Qualifizierte Personen“ besteht aus 2 Mitgliedern, die besonders die die im Quartier aktiven öffentlichen Institutionen und Organisationen aller Art vertreten und ebenfalls vom Bürgermeister mit Mitsprache des betroffenen Quartiersrats ernannt werden. Das 4. Gremium - „Gewählte“ - ist aus 3 Bezirksräten zusammengesetzt und hat kein Stimmrecht. Die Aufgaben der Quartiersräte: - Beratung (des Bezirksbürgermeisters) über Projekte und Entscheidungen, die das Quartier betreffen oder einen Einfluss auf seine zukünftige Entwicklung in allen Bereichen haben - Vorschläge für Fragen, die das Quartier betreffen, auf eigene Initiative oder auf Wunsch des Bürgermeisters/der Bürgermeisterin - Gegenseitige Information zwischen Quartiersrat und Bezirksrat - Formulierung und Berücksichtigung von Erwartungen und Sorgen der Bewohner - Teilnahme an der Ausarbeitung des Budgets des Bezirks und der Stadt durch die Formulierung von Prioritäten und Vorschlägen im Bereich lokaler Investitionen - Träger des sozialen Zusammenhalts und der Solidarität 4.3.5 Tätigkeiten und Mittel Der Quartiersrat versammelt sich mindestens 3 Mal jährlich in der Vollversammlung. Diese Versammlung ist öffentlich und jeder Anwesende kann in der Diskussion das Wort ergreifen. Die Protokolle der Versammlungen werden veröffentlicht. Außerdem kann der Quartiersrat Arbeitsgruppen unter seinen Mitgliedern gemeinsam mit z.B. Einwohnern über Themen in ihrem Kompetenzbereich bilden. Die erarbeiteten Ergebnisse oder Vorschläge werden von den Arbeitsgruppen in der Vollversammlung präsentiert und diskutiert. An Finanzmitteln stehen den Quartiersräten z.B. im 4 Arrondissement ein Budget von ca. 10 000 Euro zu Verfügung, davon 3000 für Internes (Materialbedarf...) und 7000 Euro für externe Investitionen, also Projekte. Es gibt Angebote zum Mitmachen, Sich-Informieren und Hingehen, die auf ein Altersspektrum von 9 bis 28 Jahren abgestimmt sind. Die Standorte der Büros sind schnell zu finden und einladend präsentiert. Wie intensiv diese Angebote jedoch tatsächlich genutzt werden, ist leider nicht abzuschätzen. Nachstehend wird auf die einzelnen Institutionen der Jugendbeteiligung eingegangen. 4.3.7 Le Conseil Parisien de la Jeunesse Wie die Conseils d’arrondissement soll der Conseil Parisien de la Jeunesse eine vorsichtige Annäherung an die Bürgergesellschaft und verschiedene Entscheidungsinstanzen ermöglichen. Er stellt ein Forum dar, auf dem das städtische Leben diskutiert wird und Jugendliche die städtische Entwicklung reflektieren können. Der so genannte CPJ existiert für ganz Paris. Er hat 108 Mitglieder, die entweder in Paris leben, arbeiten oder in Ausbildung sind. Jedes Arrondissement entsendet eine bestimmte Anzahl Mitglieder, deren Mandat für 2 Jahre gilt und einmal verlängert werden kann. Die Anzahl der Vertreter bemisst sich an der Anzahl der im Bezirk wohnenden Jungendlichen zwischen 13 und 25 Jahren. Für das 3. Arrondissement mit 5561 Jugendlichen und das 4. Arrondissement mit 5039 Jugendlichen sind das jeweils 3. Der am stärksten vertretene Bezirk ist der 15. mit 34970 Jugendlichen und 9 „représentants“. Außerdem sind im CPJ gewählte Vertreter der Conseils d’arrondissement, der “exécutif parisien“ und der Bürgermeister von Paris vertreten. Der Rat trifft sich fünfmal im Jahr, wobei der Bürgermeister von Paris den Vorsitz hat. Diese Treffen sind immer öffentlich, also für jedermann zugänglich. Die Sitzungen sind vor allem dafür da, dass die Mitglieder des Rates der gewählten Regierung der Stadt bzw. der Opposition Fragen stellen können und mit ihnen diskutieren. Um die verschiedenen Projekte, die der Rat beschlossen hat, auszuführen, werden „Commissions“ gebildet, die in Gruppenarbeit die weitere Umsetzung planen und durchführen. Diese Gruppen haben regelmäßig dem Conseil de la jeunesse ihren Fortschritt zu referieren. Die Stadt Paris stellt dem Rat die Infrastruktur und ein Budget zur Verfügung. Letzteres wird vom Conseil de paris festgelegt und beträgt zurzeit 80.000 €. Am Ende jedes Jahres legt der CPJ einen Bericht über seine Projekte und Fortschritte vor. 4.3.8 Les Conseils de la jeunesse d’arrondissement Die Recherche zur Jugendpartizipation gestaltete sich nach kurzen Anlaufschwierigkeiten sehr angenehm. Dies lag daran, dass Paris eine mehr als vorbildliche Internetpräsenz zu diesen Themen besitzt. Sowohl die Paris-weiten Institutionen, als auch die Beteiligungsinstrumente auf Bezirksebene präsentieren sich übersichtlich, transparent und interessant, und machen Lust an der Beteiligung. Der CJA richten sich an Jugendliche zwischen 13 und 18 Jahren, die im jeweiligen Bezirk wohnen, arbeiten oder zur Schule gehen und sich an der Entwicklung ihres Bezirks beteiligen möchten. Der Rat darf Projekte zu jeder Themenstellung erarbeiten, die er für relevant hält und die die Jugendlichen im Bezirk betrifft. Zur Umsetzung dieser Projekte wird dem CJA ein Budget von 10.000 € und ein Moderator zur Verfügung gestellt. Letzterer betreibt die Kommunikation zu den gewählten Vertretern des Bezirks und eventuell einzubeziehenden Organisationen. Für Projekte im größeren Rahmen kann auch die Unterstützung der Bezirksverwaltung erbeten werden. Für Le Marais gibt es wegen der Ausdehnung des Viertels auf zwei verschiedene Arrondissements auch zwei verschiedene CJAs. Die CJAs treffen sich einmal 92 93 4.3.6 Jugendpartizipation in Le Marais bzw. im 3. und 4. Arrondissement wöchentlich in ihren eigenen Räumlichkeiten. Im 3. Arrondissement ist diese in der rue caffarelli, im 4. in der rue François Miron im „Côté des jeunes“. 4.3.9 Le Conseil des enfants Einen CdE gibt es bis jetzt nur im 4. Arrondissement. Er richtet sich an alle Jugendlichen von 9 bis 12 Jahren, die dort wohnen oder zur Schule gehen. Er besteht aus freiwilligen und gewählten Mitgliedern. Um freiwilliges Mitglied zu werden, muss man die Animatrice du Conseil des Enfants kontaktieren. Die gewählten Mitglieder gehen aus organisieren Wahlen an den Schulen des 4. Bezirks hervor. Der CdE trifft sich zum Beginn des Schuljahres, um die Projekte für das folgende Jahr zu erarbeiten und teilt sich anschließend in Kommissionen für die jeweiligen Projekte auf. Das Ziel ist auch hier vor allem ein vertraut machen mit den Instrumenten der Entscheidungsfindung auf kommunaler Ebene. 4.3.10 Les kiosques jeunes Weniger eine gegenseitige, partizipative Einrichtung, als eine Quelle der Information für Jugendliche sind die „kiosques jeunes“. Hier gibt es Informationen für „ Jugendliche“ bis 28 Jahre zu allem was das Leben im Quartier betrifft, wie Freizeitgestaltung und Ausgehen. Der kiosque jeune Le Marais befindet sich ebenfalls im „Côté des jeunes“. 4.3.11 Kooperation Paris – Wien 2004 fand eine Kooperation zwischen Wien und Paris statt, die schwerpunktmäßig zum Ziel hatte verschiedene Strategien zur Aktivierung und Partizipation der Bevölkerung in der Stadterneuerung im Pariser Viertel Le Marais auf der einen und dem Karmeliterviertel in Wien auf der anderen Seite aufzuzeigen. Im Oktober 2004 fand sich zu diesem Zweck eine Delegation aus Paris in Wien ein, und informierte sich in Vorträgen und Workshops über den Zustand der Stadterneuerung im 2. Bezirk, insbesondere über die Gebietsbetreuung. Anschließend im November besuchten Wiener Verantwortlich Paris, und holten sich ihrerseits Informationen über die französischen Pendants der Partizipation ein, die dort unter dem Namen „concertation“ vor allem durch die bereits erwähnten Conseils de Quartier und de la Jeunesse bewerkstelligt wird. Die beiden Quartiere – Le Marais und das Karmeliterviertel – haben teilweise sehr ähnliche Ausgangsbedingungen. So verfügend beide über eine große jüdisch geprägte Gemeinschaft. Die Baustruktur ist hauptsächlich älter und es herrscht er geringer Anteil an Freifläche. Jedoch ist Le Marais touristischer und zahlreiche Cafés und Boutiquen repräsentieren für viele das typisch „pariserische“, während das Karmeliterviertel vor allem durch die verschiedenen Ethnien geprägt ist, die dort leben. Das Hauptziel der Entwicklung in Le Marais ist „die architektonischen und urbanen Qualitäten aufzuwerten, mehr Natur in das Viertel zu bringen und die Vielfalt der seiner Nutzung zu unterstützen, um die Quellen für Konflikte zu reduzieren.“ Kritisch hervorgehoben von Wiener Seite wurde die Umsetzung dieser Ziele, der erst recht spät die Bevölkerung einbezieht und auch nicht vergleichbar weit geht, wie etwa das Empowerment der Agenden 21. Erst nach einem langen fachlichen 94 Prozess beginnt die Diskussion bei den Beteiligten, welche sich entlang von sieben definierten Achsen abspielt. Diese Kritik steht allerdings im krassen Widerspruch zur bisherigen Skizzierung der Beteiligungswilligkeit der Wiener Stadtverwaltung durch die Lehre in der Raumplanung, und gerät daher ein wenig unter Verdacht der Selbstbeweihräucherung. Insgesamt war diese Kooperation offenbar nicht viel mehr als ein Austausch von Informationen und gegenseitiger Kritik. Es zog bis auf ein kleines Austauschprojekt zwischen zwei Schulen keine weitere gemeinsame Arbeit nach sich. Jedoch ist eine Fortsetzung der Kooperation „im Gespräch“. 4.3.12 Beispiel für Partizipation in der Stadterneuerung: Rue du trésor Die Umgestaltung der rue du Trésor ist ein Beispiel dafür, wie eine „concertation“ zwischen der Bezirksverwaltung, der öffentlichen Stellen und den Bürgern im Viertel Marais durchgeführt wurde. In dieser Straße stellten v.a. Lärm und Luftverschmutzung ein Problem dar. Von 2001 bis 2003 fanden zahlreiche öffentliche Treffen statt, und eine Arbeitsgruppe aus BewohnerInnen und Wirtschaftstreibenden konstituierte sich. Diese erarbeitete, in Abstimmung mit der Bezirksverwaltung, ein Projekt, das die Zustimmung der AnrainerInnen erhielt. Dieses Projekt beinhaltete unter anderem eine Neuaufteilung der Flächen zwischen Gehsteigen und Fahrbahn, die Anordnung von Blumenbeeten, eine neue Oberflächengestaltung sowie Zufahrtsbeschränkung für Autos. Um zu erreichen, dass diese Veränderungen respektiert werden wurde eine „BenützungsCharta“ ausgearbeitet, in der es vor allem um die Themen Sauberkeit und Lärmvermeidung geht. 95 4.4 Wien – Paris: Ein (un-)möglicher Vergleich?73 4.4.1 Einführung Die Städte Wien und Paris zu vergleichen, erscheint im ersten Moment etwas gewagt, wenn nicht sogar verwegen. Zum einen das mächtige Zentrum der „Grande Nation“ zum andern der Wasserkopf einer Winzerrepublik. Dennoch haben diese beiden Städte viele Gemeinsamkeiten und vergleichbare Aspekte, von denen einige im Folgenden geschildert werden. 4.4.2 Datenvergleich Zuerst kann man sehen, dass die Städte an sich fast gleich groß sind. Wien zählt über 1,6 Millionen Einwohner, Paris zirka 2,1 Millionen Einwohner. Der eigentliche unterschied wird erst beim betrachten des Umlandes sichtbar. Wohnen im Ballungsgebiet Wien „nur“ knappe 2 Millionen Einwohner, so finden sich im Ballungsgebiet rund um Paris 11,5 Millionen gemeldete Personen. Interessant ist auch der Vergleich der Dichte. Sind es in Wien knappe 4000 Personen pro km², so müssen in Paris auf der gleichen Fläche über 20.000 Personen ihr auskommen finden. Paris hat eine Größe von 105 km² und ist somit um einiges kleiner als Wien (414 km²). Rechnet man bei Paris auch noch das Ballungsgebiet hinzu ändert sich dieses Bild sehr stark (14.500 km²). Paris liegt zirka 200 Meter tiefer als Wien. Der tiefste Punkt von Wien (Lobau mit 150 m über NN) liegt immer noch 100 Meter höher als das Zentrum von Paris (65m über NN). Wien ist gleichzeitig Bundesland wie auch Stadt. Sie ist in 23 Bezirke unterteilt. Die Stadt befindet sich im Nordöstlichen Teil des Landes und hat die Funktion der 73 Referat von Michaela Harramach, Philip König und Michael Pillei; Quelle: KASSAL-MIKULA Renata, PURTSCHER Vera, HAIKO Peter, TABOR Jan: „Das ungebaute Wien 1800 – 2000“, Eigenverlag der Museen der Stadt Wien, Wien, 1999 KOS Wolfgang, RAPP Christian: „Alt Wien, die Stadt die niemals war“, Czernin Verlag, Wien, 2004 FREY, Oliver: ‚Überforderte Nachbarschaften’ und die Rolle der Wohnungsbaugesellschaften deutsch-französische Beispiele. Berlin / Paris: TU Berlin Diplomarbeit 2001. http://isra.tuwien.ac.at/personal/oliver/Diplomarbeit.pdf SENONER Alexandra: Sozialer Wohnbau in Wien. 1945-1959. Wien: Universität Wien Diplomarbeit 2002 BUCHINGER Bettina, CASTRO FERNANDEZ Alberto, MAIERBRUGGER Gudrun, CARLYN Rahard, STIENINGER Petra: „Stadtentwicklungsplanung zwischen wirtschaftlicher Positionierung und sozialer Betroffenheit: Ein Vergleich Wien - Madrid – Paris“ Seminararbeit im Rahmen der der LVA: 266.113 – Aktuelle Probleme der Stadtentwicklung, unveröffentlicht, Wien, 2006 Geographisches Institut der Universität Stuttgart: Pariser Standorte. Struktur und Entwicklung der französischen Hauptstadt. Stuttgart 2005 http://www.geographie.uni-stuttgart.de/lehrveranstaltungen/exkursionen/Paris_Exkursion_2004.pdf http://upload.wikimedia.org /wikipedia/commons/7/7d/Wienbez.png Nextroom Architekturdatenbank - http://www.nextroom.at http://library.fes.de/fulltext/asfo/01011004.htm http://de.wikipedia.org/wiki/Paris http://de.wikipedia.org/wiki/Wien 96 Hauptstadt inne. Sie wird von einer sozialdemokratischen Regierung regiert. Der amtierende Bürgermeister heißt Michael Häupl. Paris ist als Departement selbständig, als solches allerdings Teil der Region „Ile de France“, die im wesentlichen das Ballungsgebiet rund um die Stadt Paris beschreibt. Sie ist in 20 Bezirke (Arrondissements) unterteilt, die kreisförmig um das Zentrum Angelegt sind. Der amtierende Bürgermeister heißt Bertrand Delanoe. 4.4.3 Bevölkerungsentwicklung und Wohnbau Was Paris und Wien schwer vergleichbar macht, ist die Bevölkerungsentwicklung im 20. Jahrhundert – weniger die der Kernstädte als die der jeweiligen gesamten Agglomeration. Die Stadt Paris erreichte ihre höchste Einwohnerzahl 1921. Damals lebten knapp drei Millionen Menschen in der Stadt, gegenwärtig sind es etwas über zwei Millionen. Wien beherbergte kurz vor dem ersten Weltkrieg ca. 2,1 Millionen Menschen. Die Zahl sank bis 1981 auf den Tiefstand von 1,5 Millionen. Seitdem steigt die Bevölkerung leicht an. Sowohl Wien als auch Paris verloren im Laufe des 20. Jahrhunderts eine beträchtliche Zahl an EinwohnerInnen, beide Städte erlebten (vor allem seit dem Ende des 2. Weltkrieges) bzw. erleben noch immer eine Wanderungsbewegung in die Vorstädte – den so genannten Speckgürtel. Diese Entwicklung verlief aber sehr unterschiedlich. Abb. 1: Bevölkerungsentwicklung von Wien und Paris im Vergleich74 Die Bevölkerungszahl des Pariser Großraums, zu dem neben Paris auch die Region Île-de-France gehört, hat sich von 5,85 Millionen im Jahre 1946 auf 11,6 Millionen im Jahre 2005 verdoppelt. Trotz eines erheblichen (relativen) Bevölkerungszuwachses in den Wiener Vororten beträgt die Bevölkerungszahl des gesamten Wiener Großraums heute „nur“ 1,9 Millionen. Der Zuwachs im Wiener Umland ist hauptsächlich auf eine Wanderbewegung aus der Kernstadt zurückzuführen, begründet durch den Wunsch vieler Familien nach einem Haus oder einer Wohnung in Grünlage. Die kleinteilige, „ländlich-dörflichen“ Struktur der Wiener Umlandgemeinden blieb dadurch zu einem großen Teil erhalten. Die Abwanderung in den Speckgürtel wurde und wird in Wien mehr kritisiert denn geplant. Ganz anders in Paris: Hier wurde auf den vorhandenen und zu erwartenden Bevölkerungszuwachs städteplanerisch reagiert. Nach den Ideen von Le Corbusier 74 eigene Darstellung, Wikipedia, ÖSTAT 97 wurden rund um Paris Grand Ensembles – Wohnanlagen mit bis zu 4000 Wohneinheiten – errichtet. Von den 1950er- bis in die 1980er-Jahre wurde dem Konzept folgend versucht, schnell billigen Wohnraum für die rasch wachsende Bevölkerung zu schaffen. Durch die beginnende Motorisierung der Bevölkerung und das Konzept der Funktionentrennung war es möglich, billig Wohnungen auf der grünen Wiese zu schaffen, die im Vergleich zu vielen Wohnungen in der Stadt über Bad und WC verfügten. Das Hauptaugenmerk wurde dabei auf die Funktionalität und Rationalität gelegt. Vor allem das Prinzip der Funktionentrennung aber wurde bald kritisiert, die nachteiligen Auswirkungen sind bis heute bemerkbar. 1965 wurde deshalb beschlossen, die Stadterweiterung nach der Idee der „Villes Nouvelles“ voranzutreiben. Diese neuen Städte wurden so konzipiert, dass sie als eigenständige Städte bestehen können und gleichzeitig nahe genug an Paris sind (Entfernung ca. 30 km). Die Villes Nouvelles sollen ihren BewohnerInnen Wohnen, Arbeiten, Versorgung und Freizeit gleichsam bieten. Wien hatte nach dem zweiten Weltkrieg vor allem das Problem vieler zerstörter Wohnungen, der soziale Wohnbau war bei der Wiedererrichtung von großer Bedeutung. Einerseits wurde das Ziel verfolgt, die Stadt aufzulockern, d.h. frei gewordenen Flächen in der Stadt nicht mehr zu bebauen, sondern an Stelle dessen „Gartenstädte“ am Stadtrand zu errichten. Auf der anderen Seite stand der Umsetzung „größerer“ Pläne die ökonomische Situation entgegen, viele Baulücken wurden geschlossen. Es entstanden einige wenige Wohnsiedlungen mit max. 1000 Wohneinheiten, der Großteil des Wohnraumes wurde aber in Einzelhäusern oder kleinen Wohnhausanlagen, die in die Struktur der Stadt eingebettet sind, geschaffen.75 Erst etwas später entstanden größere Wohnsiedlungen. 1973 wurde mit dem Bau des Wohnparks „Alt Erlaa“ begonnen (3100 Wohnungen), 1975 mit dem Bau der Siedlung „Am Schöpfwerk“ (2100 Wohnungen). Anders als bei den Grand Ensembles wurde bei diesen Großwohnbauten auf eine funktionierende Funktionenmischung geachtet, was bis zu einem gewissen Grad auch erreicht wurde. 4.4.4 Geschichtliche Eckpunkte der Stadtentwicklung: Paris 1844 haben sich die Grenzen der Stadt Paris mit der Errichtung einer neuen Stadtbefestigung zu Verteidigungszwecken („Enceinte de Thiers“) an Stelle des heutigen Boulevard Périphérique nach außen verschoben. Innerhalb der damals größten Stadtfestung lebten in der Mitte des 19. Jahrhunderts ca. 1 Mio. Menschen. Generell war das 19. Jahrhundert war für Paris von einem starken Bevölkerungswachstum geprägt. 1860 wurden elf Vorstädte eingemeindet sowie die Stadt in 20 Verwaltungseinheiten (Arrondissements) eingeteilt, wodurch sich das Stadtgebiet verdoppelte und die städtische Bevölkerung auf 1,6 Mio. € anwuchs. Das Bevölkerungswachstum in Paris ging aber mit zahlreichen Problemen wie der schlechter Wohnsituation, hohen Mieten, Verkehrsproblemen und mangelnder Hygiene einher. Kaiser Napoleon III (1848-1870) betraute seinen Präfekten Baron Eugène Haussmann aufgrund dieser Probleme mit der Modernisierung der Stadt Paris. Die weit reichenden Sanierungsmaßnahmen können als das erste „Stadterneuerungsprogramm“ bezeichnet werden, von dem das heutige Stadtbild von 75 Paris noch gezeichnet ist. Es setzte neben repräsentativen Zielen, wie die Selbstdarstellung des zweiten Kaiserreiches überwiegend wirtschaftliche Ziele (Neue Anlagemöglichkeiten für Bauinvestoren, Zuzug zahlungsfähiger Gruppen in den Stadtteilen, Förderung der Geschäfte der Bourgeoisie und der mittelständischen Bauindustrie) und ordnungspolitische Ziele (Abbruch der Zentren der republikanischen Straßenkämpfe, gezielte Vertreibung der BewohnerInnen durch die Umgestaltungen, Erleichterung der ordnungspolitischen Kontrolle der Bevölkerung durch die breiten Boulevards) aber auch erste sozialpolitische Ziele um. Abb. 2: Hausmannisierung: Skizzenplan76 In der „Belle Epoque“ (1880 – 1914) wurde aufgrund ständigem Bevölkerungswachstum und Platznot im Zentrum der Stadt das Wohnungsproblem massiv. Die Stadt zeigte kein Verantwortungsgefühl für die schnell wachsenden Gemeinden an ihrer Grenze, die durch Abwanderung von Arbeitskräften entstanden waren. Auch die Industrie wurde schließlich durch steigende Grundstückspreise an den Stadtrand gedrängt. Die Stadterweiterungsgebiete entwickelten sich in Folge zu zusammenhanglosen Mischungen aus Industrie- und Wohngebieten ohne ausreichende Infrastruktur. Hinzu kam ein immenses Verkehrsproblem – durch die Abwanderung war starkes Pendeln zwischen Wohn- und Arbeitsstätte notwendig geworden. 1900 wurde die erste Metro eröffnet, was die Verkehrssituation leicht verbesserte, da sie aber nicht an die Eisenbahn angeschlossen war und bis 1934 nicht bis in die Vororte führte, konnte sie erst ab diesem Zeitpunkt eine zentrale verbindende Funktion erfüllen. Durch die zunehmende Zahl an Autos blieb das Verkehrsproblem aber massiv, worauf 1900 mit dem Bau der Ringstraße reagiert wurde. Die kulturelle und politische Bedeutung der Stadt im 19. Jahrhundert war jedoch vor allem in der Zeit der Belle Epoque unumstritten und wird auch dadurch deutlich, dass Paris zwischen 1855 und 1937 sechsmal Veranstaltungsort von Weltausstellungen war. Das berühmteste Projekt, das aufgrund der Weltausstellung 1889 realisiert wurde ist der Eiffelturm. 1932 erfolgte die Gründung der „Région Parisienne“ mit einem Generalplan für die Verkehrserschließung und Funktionsplanung der Stadtzonen, vor Kriegsbeginn 76 Senoner 2002, S. 40ff 98 http://www.isl.uni-karlsruhe.de/MODULE/Stadtbau_hausmann/images 99 wurde jedoch nur ein unbedeutender Teil umgesetzt. Der Generalplan („Plan Prost“) enthielt revolutionäre Inhalte, geplant für die gesamte Pariser Region, wurde nach dem Krieg aber nicht weiter verfolgt. Nach den Weltkriegen blieb die Zuwanderung weiter stark, während der Wohnbau und die Instandhaltung zum erliegen kam (auch durch Inflationswellen). Die Stadtstrategie in dieser Richtung sah folgendermaßen aus: Man wollte ein gerechtes Mietsystem schaffen, was aber letztlich Blockaden der Mieten bewirkte und einen freien Wohnungsmarkt verhinderte – die Folge waren noch geringere Investitionen und eine Verstärkung der Wohnungsnot. Der 1960 erlassene PADOG (Plan d’Aménagement et d’Organisation Générale de la Région Parisienne)war das wichtigste Planungsinstrumente nach dem 2. Weltkrieg, das jedoch uneinheitliche Strategien zwischen Dezentralisierungsmaßnahmen und Scheu vor Machtverlust aufwies. 1965 wurde der PADOG durch das SDAU (Schéma d’Aménagement d’Urbanisme) ersetzt, das die Entwicklung der Pariser Agglomeration durch die Festlegung von 2 Entwicklungsachsen bis ins Jahr 2000 planen sollte und größere Rücksicht auf das Stadtbild sowie Denkmalschutz nahm. Die darin enthaltenen Bestrebungen zur Verbesserung der Wohnqualität, vor allem durch Flächensanierungen im großen Stil, führten zu Abwanderung von 80% der ursprünglichen Bevölkerung in die Vororte. Auch der Versuch, den tertiären Sektor ins Zentrum zu holen, vornehmlich durch Umwandlung von Wohnungen in Büros ergab ein weiteres Problem, das verstärkte Verkehrsaufkommen. Die damals als Lösung gebaute Stadtautobahn wird heute noch als großer planerischer Fehler angesehen. 1969 wurde aufgrund dieses Suburbanisierungstrends das SDAU überarbeitet. Das Konzept sah 5 neue Städte („villes nouvelles“) an der Peripherie als Siedlungsschwerpunkte vor. Sie sollten das Bevölkerungswachstum auffangen, das Verkehrs- und Wohnungsproblem lösen, den Wildwuchs der Vororte dämpfen und wurden damals als revolutionäres Projekt angesehen. Es entstanden zahlreiche sozial geförderte Betonsiedlungen am Stadtrand77. Im Verlauf des 20. Jahrhunderts entwickelte sich Paris zu einer multikulturellen, kosmopolitischen Stadt. Kamen anfangs noch Italiener, so gibt es mittlerweile eine kulturelle Vielfalt, die in einigen Gegenden die Quartiers dominiert. Sehr bekannt sind vor allem das ostasiatisch-chinesisch geprägte 13. Arrondissement und das afrikanisch-maghrebinisch geprägte 18. Arrondissement. Darüber hinaus gibt es auch jüdisch, japanisch und tamilisch dominierte Viertel. Der Hauptteil der Immigranten kommt aus Algerien, Portugal und Spanien. Insgesamt leben etwa 40 verschiedene Nationalitäten in Paris (von Nordafrika über Südamerika bis Indochina). 4.4.5 Geschichtliche Eckpunkte der Stadtentwicklung: Wien Im 19. Jh. and am Beginn des 20.Jh. musste Wien wie Paris mit einem starken Bevölkerungswachstum fertig werden. Wien blieb aber länger eine Stadt mit agrarisch geprägtem Wirtschaftsleben und wurde um die 20 Jahre später modernisiert, weil auch weniger desolate Bausubstanz vorhanden war. Die neuere österreichische Städteplanung begann erst mit der Schleifung der Stadtmauer (1857) und mit dem großen international ausgeschriebenen Wiener Ringstraßenwettbewerb, in dessen Ergebnissen sich schon die Anforderungen des Industriezeitalters abzeichneten. Unter Auswertung der Entwürfe wurde ein Grundplan als Richtlinie für weitere Planungen errichtet, dessen Verwirklichung sich über die nächsten 77 Jahrzehnte hinzog und das städtebauliche Gesicht Wiens nachhaltig prägte. Im Zuge von Erneuerungsmaßnahmen wurden aber 70% des vor 1840 errichteten Wohnungsbestands abgerissen und neu aufgebaut. Wie in Paris bewirkte die Ringstraße eine Trennung von Zentrum und Vorstadt. Allerdings kam es zu keinen Eingriffen in die Altstadt, weil Grundstückspreise ohnehin schon hoch waren und keine Elendsquartiere vorhanden waren. Ein grundlegender Unterschied in der Planungsauffassung zwischen Wien und Paris kann bemerkt werden, der bis in die Nachkriegszeit reicht: Paris plante lange nur im Stadtzentrum (erst Anfang der 1930er begann die Vorbereitungsphase zur stadtgrenzenübergreifenden Planung, die aber erst in den 1960ern umgesetzt wurde), Wien bestimmte hingegen bereits zur Jahrhundertwende Verkehrsadern vom Ring bis zu den Vororten. In der Fachwelt herrscht die Meinung vor, dass Paris zu spät gehandelt hat. In Wien gab es ab 1859 Bauordnungen für die Altstadt und eingemeindeten Vorstädte, die allerdings als rein formale Ordnungsprinzipen (Abstandsregelungen, Gebäudehöhen, Rasterschema) zu verstehen waren. Ab diesem Zeitpunkt wurden auch Steuerbegünstigungen für den Wohnungsbau eingeführt. 1883 wurde durch den „vorläufigen Bauzonenplan“ ein wichtiges Dokument verabschiedet, das die funktionelle Gliederung und Zonierung der Stadt im Sinne hatte und als Beginn der modernen Stadtplanung in Wien bezeichnet werden kann. Im gleichen Jahr wurde ein internationaler Wettbewerb zur Gestaltung eines Generalregulierungsplans ausgeschrieben, den Otto Wagner gewann. Der durch den Untergang der Monarchie ausgelöste Schrumpfungsprozess der Hauptstadt Wien steht eine intensive kulturelle Phase in Paris gegenüber, das in der Nachkriegszeit aufblüht. Wien bleibt in der Gründerzeitstruktur, nur der soziale Wohnbau, der viel ausgeprägter ist als in Paris, führt zu Bebauung von Lücken am Stadtrand. Ab der Jahrhundertwende findet eine „Entdeckung des Sozialen“ statt und manifestiert sich auch baulich. Generell gibt es einen starken Gemeindeanteil in der Wohnbebauung – 1954 tritt das Wohnbauförderungsgesetz in Kraft, das gemeinnützige und öffentliche Bauvereinigungen begünstigt. Im Vergleich zu Paris traten hingegen keine gröberen Verkehrsprobleme auf, da schon früh genug die Stadtbahn geschaffen wurde und geringerer Bevölkerungsdruck als in Paris herrschte. Nach dem zweiten Weltkrieg wurde die Entwicklung Wiens beeinflusst durch das Fließen von Wirtschaftsgeldern aus den USA, die die Bezirke mit russischer Besatzungsmacht nicht ereichte, wodurch deren Entwicklung verzögert wurde. Die Bevölkerungsstruktur in den einzelnen Bezirken war unterschiedlich, aber heterogen, es traten nur langsame Veränderungen aufgrund der residentiellen Immobilität auf. Man konzentrierte sich auf Sanierung und Wiederaufbau im geschlossenen Stadtkern, die Neubautätigkeit fand hauptsächlich draußen statt. Aufgrund der Aufrechterhaltung der Wohnungszwangswirtschaft konnte beinahe kein privater Wohnbau entstehen. Seit Beginn der 70er wurde die Verbesserung der Wohnungsausstattung öffentlich gefördert.78 78 Buchinger et al. 2005 S. 17 - 21 100 Buchinger et al. S. 24 - 26 101 4.4.6 Planungsinstrumente der Stadtentwicklung: Stadtentwicklungsplanung in Paris Planungsorgane der Stadt: Die Stadtverwaltung von Paris ist in verschiedenen Abteilungen oder „Directions“ unterteilt: Für die Stadtentwicklungsplanung ist die Stadtentwicklungsabteilung „Direction de l’Urbanisme“ (DU) verantwortlich. Sie verfasst, verbessert, und revidiert den Bebauungsplan: Plan Local d’Urbanisme (PLU = ehemalige POS: „Plan d’Occupation des Sols“), gibt Baugenehmigungen und kontrolliert die Stadtgestaltung. Die Stadtplanungsabteilung (DU) ist in 5 Abteilungen gegliedert und es gibt zwei Hauptprojekte: die „Mission PLU-SRU“, die die Erstellung des Bebauungsplanes (PLU) organisiert und betreut, und auf die Harmonisierung aller Projekte ab zielt. die „Mission Communication et Concertation“, die die Kommunikation und die Abstimmung mit den anderen Akteuren der Stadtentwicklung gewährleistet. Für das Pariser Stadtgebiet ist neben der Stadtverwaltung das Planungsbüro Atelier Parisein d’Urbanisme (APUR) verantwortlich. Die Institution ist eine gemeinnützige Assoziation zwischen der Stadt, dem Departement von Paris, dem Staat, der Region Île-de-France, der Handelskammer von Paris, der RATP (Pariser Verkehr) und der CAF (Familienhilfekasse) mit der Aufgabe, die sozialen und wirtschaftlichen Entwicklungstrend der Stadt Paris zu beobachten und zu analysieren. Das APUR ist infolgedessen ein wichtiger Akteur der Stadtentwicklungsplanung, das Analysen und Diagnosen veröffentlicht, die den PLU und den PADD stark beeinflussen, das die Flächenwidmungspläne der Stadt erstellt und infolgedessen aktiv an der Stadtentwicklungspolitik, so wie an der Orientierung der Stadtpolitik oder der Vorbereitung der Großprojekte der Stadt und der Region Ile de France teilnimmt. Instrumente der Pariser Stadtentwicklung: Nationale Planungsgesetze: Der „Code de l’Urbanisme“ (= Baugesetzbauch) ist das allgemeine Dokument, das alle Regelungen im Bereich Raumplanung umfasst. Er wird ständig revidiert, wenn neue Gesetze durch die Regierung eingeführt werden, da keine Widersprüche entstehen sollen. Ein wichtiges Gesetz wurde 2000 von der sozialistischen Regierung unter Lionel Jospin erlassen. Das Gesetz SRU (Solidarité et Renouvellement Urbain) änderte tief greifend die bestehenden Regelungen im Bereich Raumplanung und Wohnen und beinhaltet folgende drei Ansprüche: - das Erfordernis von Solidarität - Nachhaltigkeit - und den Ausbau der Demokratie und der Dezentralisierung Das Gesetz fordert im Detail eine soziale Durchmischung in den städtischen Wohngebieten, bessere Funktionsmischung, eine nachhaltige Entwicklung sowie die Stärkung des Umweltschutz- und Denkmalschutzes. Die größte und sehr kritisierte Veränderung durch das Gesetz betrifft den Wohnbau. Jede Gemeinde muss einen Mindestanteil an Sozialwohnungen vorweisen können. Für eine Gemeinde mit mehr als 50.000 Einwohnern im Ballungsgebiet beträgt dieser Anteil 20%. Viele Bürgermeister der Rechtsparteien in wohlhabenden Gemeinden, weigern sich immer noch, diese Maßnahme umzusetzen. Neben diesen neuen Anforderungen führte das Gesetz auch zur Entstehung neuer Raumplanungsinstrumente wie dem PLU oder PADD und zur Anpassung von Organisationsnamen und -aufgaben. 102 Ein durch das SRU entstandene Instrument auf nationaler Ebene sind die Pläne für Kompetenzzentren (Pôles de compétence). Dieses Instrument zur Stärkung der Industrie in Form von Clusterbildungen, beruht sowohl auf einem Wandel im internationalen und folglichauch im nationalen Wirtschaftsumfeld, auf dem Ziel nach nachhaltiger Wirtschaftsentwicklung und nach Stärkung der nationalen (und teilweise internationalen) Wettbewerbsfähigkeit. Diese Kompetenzzonen oder Wettbewerbszonen müssen von den Regionen selbst genannt werden, um anschließend durch das CIADT (Comité Interministériel de l’Aménagement et du Développement du Territoire - Interministerieller Ausschuss für Raumplanung und entwicklung) ausgewählt zu werden. Zulässig sind nur Clusterbildungen, in denen Kooperationen von Unternehmen, Hochschuleinrichtungen, Forschungseinheiten (Partnerschaft, FuE-Projekte, internationale Visibilität) bereits bestehen. Zur Zeit sind 65 solcher Zonen angenommen worden. Der Anreiz dahinter ist ein finanzieller. 750 Millionen € über drei Jahre werden für die Entwicklung der Kompetenzkerne aufgewendet, die Ministerien sollen 25 - 30 % ihrer Interventionsfonds für partnerschaftliche Innovationsprojekte verwenden und Unternehmen, die sich an partnerschaftlichen FuEProjekten beteiligen, können Befreiungen von der Körperschaftsteuer und Sozialabgabenerleichterungen gewährt werden. Instrumente der Pariser Stadtentwicklungspolitik: Die Gemeinden sind für die Erstellung von Flächenutzungsplänen und Bebauungsplänen zuständig. Das Hauptinstrument der Pariser Stadtentwicklungsplanung ist derzeit der PLU („Plan Local d’Urbanisation“). Dieser wurde im Dezember 2000 durch das SRU Gesetz (Loi de Solidarité et de Renouvellement Urbain) als neues Instrument der Stadtentwicklung eingeführt und ergänzt den ehemaligen POS (Plan d’Occupation des Sols). Er muss die Rahmenbedingungen berücksichtigen, der von der Region und dem Staat vorgegeben werden (SDRIF und nationale Regelungen) so wie die bestehenden Wohn- und Verkehrspläne, also PLH beziehungsweise PDP. Er besteht aus drei Teilen: Der Bericht ist eine Bestandsanalyse der heutigen Situation von Paris, und behandelt die Themen Umwelt und Stadtentwicklung. Der PADD (Projet d’Aménagement et de Développement Durable) definiert die langfristige Orientierung der Stadt für eine nachhaltige Entwicklung, und die entsprechende Projekte, die von der Gemeinde bestimmt wurden. Er gilt als das richtige „Stadtprojekt“ und behandelt alle gesetzten Ziele in der Tiefe. Der Planungshorizont ist auf 10 bis 20 Jahre ausgerichtet. und der Bebauungsplan, der das Regelwerk darstellt. Die Erarbeitung eines neuen PLU in Paris hat bereits vor einigen Jahren begonnen, nach einer Bürgerbeteiligungsphase 2005 ist der PLU jetzt in der Begutachtungsphase und es wird erwartet, dass der „Conseil de Paris“ bis Ende des 1. Halbjahres 2006 zustimmt. Wie man erkennen kann, ist seit 2000 eine Neuorientierung und eine Umstrukturierung der Instrumente und der Planungsorgane vor sich gegangen, wodurch viele Pläne neu erstellt werden müssen. Der Hintergrund dafür ist die Erlassung des Gesetzes SRU im August 2000 gewesen, das vor allem sozialpolitisches Intersee verfolgt. 103 4.4.7 Planungsinstrumente der Stadtentwicklung: Stadtentwicklungsplanung in Wien Organisation der Wiener Stadtentwicklungsplanung: Österreich verfügt aufgrund des Fehlens eines nationalen Raumplanungsgesetzes über ein stark dezentralisiertes Planungssystem. In Österreich sind die Länder für die Gesetzgebung der überörtlichen und örtlichen Raumplanung zuständig und besitzen Planungskompetenz auf überörtlicher Ebene, die sich in der Erstellung von Landesentwicklungs-, Sach- und regionalen Entwicklungsprogrammen äußert. Die Gemeinden erarbeiten auf Grundlage der Landesgesetze örtliche Raumordnungskonzepte oder -programme, Flächenwidmungspläne und Bebauungspläne. Die Richtlinien der österreichischen Raumordnungskonferenz (ÖROK) haben einen keineswegs verbindlichen Charakter und stellen im Rahmen des österreichischen Raumplanungskonzeptes Empfehlungen dar. Die Aufteilung der Verantwortungsbereiche führt in Österreich zu differierenden Entwicklungen in den Ländern sowie zu unterschiedlichen Planungsinstrumenten und –zielen. Die Stadt Wien nimmt wie Paris eine Sonderstellung im österreichischen Planungssystem ein, da Wien nicht nur Gemeinde sondern auch gleichzeitig ein Bundesland ist. Der Wiener Gemeinderat ist daher Genehmigungs- und Erstellungsinstanz für Pläne und Konzepte. Die Ausarbeitung der Pläne obliegt der Wiener Stadtverwaltung (Wiener Magistrat), die sich aus 8 Geschäftsgruppen zusammengesetzt, an deren Spitze die weisungsberechtigten Stadträte bzw. der Bürgermeister stehen. Die Stadtentwicklungsplanung ist Teil der Aufgabe des Stadtrates der Geschäftsgruppe „ Stadtentwicklung und Verkehr“ (derzeit Dipl.-Ing. Rudolf Schicker), dem mehrere Magistratsabteilungen unterstehen. Hervorzuheben ist die Magistratsabteilung 18, die in Zusammenarbeit mit anderen Magistratabteilungen den Stadtentwicklungsplan erstellt. Weitere stadtplanungsrelevante Organisationen sind die Planungsgemeinschaft Ost, die Wiener Planungswerkstatt und der Fachbeirat für Stadtplanung und Stadtgestaltung. Wien besitzt kein explizites Raumordnungsgesetz, sondern legt im Rahmen der Wiener Bauordnung (aus dem Jahre 1929) die Zielsetzungen und Instrumente der Stadtplanung fest. Als rechtswirksames Raumordnungsinstrument besteht in Wien nur der Flächenwidmungs- und Bebauungsplan, andere gesamtstädtische Planungen haben nur Leitlinienfunktion und unterliegen teilweise dem Beschluss des Gemeinderates. Gesamtstädtische bzw. sektoralübergreifende Instrumente sind neuere Instrumente, die in den letzten 20 Jahren entstanden, und zwar in Wien der Stadtentwicklungsplan und der Strategieplan. Der erste Stadtentwicklungsplan für Wien wurde im Jahr 1984 erstellt, der erste Strategieplan im Jahr 2000. Beweggründe für die Erstellung von Strategieplänen auf internationaler Ebene in den 90er Jahren waren oft bevorstehende Großereignisse (Barcelona – Vorbereitung zur Olympiade), eklatante Missstände oder gravierende Änderungen der Rahmenbedingungen. Anlass für die Erarbeitung eines Strategieplans in Wien war zum einen die geänderte geopolitische Situation seit 1989, verstärkt noch durch den EU-Beitritt Österreichs 1995 und der Aussicht auf die EU Erweiterung und zum anderen der Bedarf an Umsetzungsstrategien bzw. konkreten Maßnahmenprogrammen der bestehende gesamtstädtischen und sektoralen Entwicklungsprogrammen auf eine integrative Art und Weise. Der Strategieplan wird von allen Geschäftsgruppen gemeinsam und gleichrangig entwickelt (in Verantwortung des Bürgermeisters) und stellt einen Orientierungsrahmen für alle sektoralen Pläne und Programme der Stadt dar. Der Strategieplan 2004 ist eine überarbeite Version des ersten Strategieplanes aus dem Jahre 2000. Die Ursachen für die Überarbeitung des Strategieplanes bestehen zum einen aus der neuen Position Wiens vor dem Hintergrund der Erweiterung der europäischen Union und zum anderen aus der der strategischen Vorarbeit und Orientierung für den Stadtentwicklungsplan 2005. Der Strategieplan umfasst Leitideen, Ziele, Umsetzungsstrategien und Leitprojekte für 5 Strategiefelder, die nicht nach sektoralen Sichtweisen sondern entsprechend den wichtigen zusammenhängenden Schwerpunkten strukturiert sind. Der Stadtentwicklungsplan (STEP) ist das Instrument einer generellen, vorausschauenden Stadtplanung und Stadtentwicklung und legt in großen Zügen den weiteren geordneten Ausbau der Stadt fest. Er bestimmt die Verteilung von Nutzungen, weist Entwicklungsgebiete, übergeordnete Grün- und Freiräume sowie, die übergeordnete Verkehrsinfrastruktur (U-Bahn, S-Bahn, Straßenbahn und hochrangiges Straßennetz) aus. Darüber hinaus zeigt er räumlich-funktionelle Zusammenhänge zwischen Stadt und Region auf. Genauso wie der Strategieplan oder die sektoralen Programme ist der Stadtentwicklungsplan nicht rechtsverbindlich. Der erste Stadtentwicklungsplan in Wien wurde 1984 erstellt, 10 Jahre später überarbeitet und mit dem STEP 2005 liegt nun die aktuellste Version des Stadtentwicklungsinstrumentes vor.79 4.4.8 Lebensqualität von Wien und Paris Wie bereits erwähnt, so schient es teilweise unmöglich zu sein Wien und Paris miteinander zu vergleichen. Dennoch ist der Aspekt der Lebensqualität und der Art zu Leben ein interessanter Aspekt einen weiteren Versuch zu wagen. Die Definition der Lebensqualität ist für jeden Menschen unterschiedlich, in den meisten Fällen steht die Zufriedenheit im Zentrum. „Lebensqualität beschreibt die Summe aller Möglichkeiten, die sich einem Mensch im Laufe seines Lebens bieten.“80 Die Lebensqualität kann in den vier Dimensionen des körperliche, geistige, seelischen und materiellen untersucht werden. Beispiele dafür sind Gesundheit, Einkommen, Familie, Arbeit, politische Situation und soziale Verhältnisse. Studien zufolge lassen sich die europäische Städte in Weltstädte, Eurometropolen mit übernationalen Funktionen und in europäische Hauptstädte oder Zentren einer größeren europäischen Region unterteilen. Da Paris und London als Weltstadt und Wien als Zentrum einer europäischen Region definiert wurden ist dies natürlich ein sehr großer Unterschied. Interessant ist allerdings, betrachtet man jene zwei Städte im Bezug zu nach den Kriterien Lebensqualität und Sauberkeit der Städte so ist Wien auf dem 3. Rang der 215 geprüften Städte und Paris auf dem 31 Rang. Bei weitere Studien zum Thema der Wohnungsqualität, nach dem Aspekten der Sicherheit, politischen Stabilität und Sauberkeit, liegt Wien auf Platz 2 und Paris hinter Wien allerdings noch unter den „Top Ten“. Hier wird deutlich, dass es je nach Untersuchungskriterien zu einer unterschiedlichen Bewertung kommt. 79 80 104 Buchinger et al. S. 33 ff. Definition - wikipedia 105 Einen großen Einfluss auf die Lebensqualität einer Stadt hat natürlich auch, die vor allem in Paris großen Schwierigkeiten der Gettoisierung und schlechten Verbindung der Vororte sowohl untereinander wie auch mit dem Zentrum der Stadt. Die soziale Ungleichheit in Paris der so genannten Banlieus und der Inneren -Stadt machten sich stark in Herbst 2005 bemerkbar. Sicherlich spielen die Größe der Stadt bzw. die Anzahl der Einwohner hier eine bedeutende Rolle. Teilweise lassen sich aber auch ähnliche Tendenzen in Wien in einzelnen Bezirken mit deutlich höherer Zuwanderung bemerken. Allerdings nicht in jener Größenordnung wie in Paris, dennoch nicht unbedeutender. Ein wichtiges Problem in Paris ist der große Unterschied der Lebensqualität innerhalb der Stadt selbst. In Wien ist sie natürlich ebenfalls nicht immer gleich, aber im Bezug zur Infrastruktur ist Wien Paris um einiges voraus. Auch lässt sich der Unterschied der Innerstadt von Wien des 1.Bezirkes als Zentrum von Büros und Tourismus, wie zu den inneren Bezirken und den Randbezirken von Wien zwar festlegen ist aber nicht so groß wie in Paris. Hier teilt sich die Stadt in die „eigentliche Stadt Paris und die oft unbekannten Banlieuse.“ Trotz ihrer großen Unterschiede weisen Wien und Paris auch Gemeinsamkeiten auf. Wie bereits erwähnt haben beide Städte eine ähnliche Entwicklung durchgemacht im Bezug auf die Stadtplanung und Stadterneuerung der Ringstrasse und der „Haumanisierung.“ Aus diesen Zeiten prägen heute in beiden Städten wichtige Architekturgüter ihr Stadtbild. Haben doch beide Städte ihr unvergleichbares Flair so verbindet sie auch unzähliges. Hier für sollen nur wenige aus einer Fülle von Aspekte erwähnt werden. Die Menschen einer Stadt sind ebenso wesentlich beteiligt an dem zu gewinnenden Eindruck, wie seine äußere Gestalt. In beiden Städten sind von mittelalterlichen bis hin zur moderne architektonisch wertvollen Gebäuden zu finden. Die Liebe zur Kunst und Kultur ist in beiden Städten unumstritten. Wobei natürlich Paris eine Größere Zahl an Museen und Kunstsammlungen beherbergt, so ist aber die Bedeutung jener für die Menschen gleich. Interessant ist zum Beispiel der Vergleich der beiden Museen der modernen Kunst des Centre Pompidu und jenes des Museumsquartiers. In beiden Städten ist die „Kaffehauskultur“ sehr ausgeprägt und gepflegt. Nicht nur durch seine Größe, sondern auch durch seine „Internationalität „ ist die Auswahl an Restaurant unterschiedlicher Nationen in Paris größer. Einige Stadtteile von Wien lassen sich ansatzweise durch ihren Charakter mit Teilen von Paris vergleichen. So zum Beispiel der Spittelberg mit seinen unzähligen Lokalen und als Treffpunkt von Künstlern , aber auch als Wohngebiet, in aller Bescheidenheit mit dem Montmartre, oder dem Marais. Der Prater und der Gürtel mit Pigalle, obwohl in Paris das Rotlichtmilieu, mit dem Moulin Rouge, einen ganz anderen Stellenwert hat. In Wien ist wohl der Prater und der Gürtel für diese Szene bekannt, bietet aber nicht die gleiche Unterhaltung wie in Paris. Das Leben auf den Strassen von Paris erweckt einen lebendigeren Eindruck als in Wien, geprägt durch einen Hang von Expressionismus, der Menschen. In Wien wirken die Mensch dagegen eher phlegmatischer und zurückgezogener. In beiden Städten die Geselligkeit der Menschen und die Gemütlichkeit, die sich in vielen Plätzen der Stadt bemerkbar macht eine große Gemeinsamkeit abzeichnen. „Wenn du das Glück hattest, als junger Mensch in Paris zu leben, dann trägst du die Stadt für den Rest deines Lebens in dir, wohin du auch gehen magst, denn Paris ist ein Fest fürs Leben.“ Dieses Zitat von Ernest Hemingway ist eine Liebeserklärung an Paris, die sich in ähnlicher weise auch für Wien formulieren ließe. Sicherlich ergibt es immer wieder ein subjektiver oder jeweils nach den betrachteten Kriterien ein anderes Bild einer Stadt. Allerdings lassen sich Wien und Paris wegen seinem Reichtum an Kunst und Kultur, ihrer gemeinsamen Geschichte, touristischen und kulinarischen Attraktivität gut vergleichen. 106 107 4.5 Obdachlosigkeit in Paris und die Maßnahmen der Stadtpolitik81 4.5.1 Einführung Obdach = Abri die Obdachlosigkeit = Manque de Logement = Sans Abrisme Obdachlosensiedlung = Bidonville Stadtpolitik = Politique de la Ville Obdachloser = Clochard (Früher wurden von Restaurants die Essenreste aus dem Hinterausgang in die Seitengasse gestellt und dann die Glocke geläutet, zum Zeichen für die Clochards, dass was Essbares wartet. Die Glocke = „La Cloche“, daher der Name „Clochard“ für Stadtstreicher und Obdachlose) = Sinistré = Sans-Abri = Aans-Logis = Sans Domicile fixe (SDF) 15.000/9.000/5 bis 6.000 ? Die Clochard – Romantik, das „romantische“ Freiluft Leben unter Brücken der Seine, wie in diversen Büchern und Filmen geschildert, gehört (falls es sie jemals wirklich gegeben hat) der Vergangenheit an. Im Zeichen der Neuen Armut, „fracteure sociale“ (sozialer Bruch) und der „exclusion“ (Ausschluss aus der Gesellschaft), haben sich neue Begriffe gebildet. Die SDF „Sans domicile fixe“ (ohne festen Wohnsitz) oder im Beamtenjargon als „Menschen in schwieriger Lage“ registriert, teilweise auch nur mehr als „Sans“ (die Ohne) bezeichnet. Menschen ohne Obdach, ohne Arbeit, ohne Recht, ohne Gesundheit, ohne Zukunft, ohne Hoffnung. 81 Referat von Pia Muckenschnabl, Pavla Ulmanova und Marlene Wagner; Quelle: http://www.frankreichkontakte.de/mediapool/28/282390/data/Tageloehner_und_Herumtreiber..htm http://sdfparis.free.fr/ http://www.samusocial-75.fr/ http://www.globenet.org/dal/ http://www.paris.fr/portail/Solidarites/Portal.lut?page_id=5358 http://www.logement.gouv.fr/index.php http://www.dailyillini.com/media/storage/paper736/news/2006/03/10/Features/TheDarker.Side.Of.Paris.A.Look.At.Les.Sans.Domicile.Fixe1683633.shtml?norewrite200604271142&sourcedomain=www.dailyillini.com http://studioorta.free.fr/ http://www.seangodsell.com/ http://www.ambriente.com/ http://www.michaelrakowitz.com/ http://userpage.fu-berlin.de/~zosch/motz/alt/teil1-13.html http://squat.net/fr/paris.html http://squart.free.fr/ http://paris.indymedia.org/ 4.5.2 Geschichtlicher Hintergrund (die Neunziger entdecken die Obdachlosigkeit) 4.5.3 Die Stadtpolitik Als Folge der Arbeits- und Sozialkrise seit 1974 schätzten wohltätige Vereinigungen die Zahl der Personen, die Ende der 90er Jahre in Frankreich ohne Behausung leben mussten, auf eine halbe Million. In der Pariser Region sind es geschätzte 50.000 SDF, davon sind über 15.000 Frauen unter fünfundzwanzig Jahren. Nicht wenige haben eine abgeschlossene Berufsausbildung. Die Zahlen weichen hier jedoch stark ab und in anderen Berichten ist wiederum von 5.000 bis 9.000 SDF in Paris die Rede. Die „Sans“ sind unübersehbar geworden und sie werden auch zur Kenntnis genommen. Sie beginnen sich zu wehren dank unermüdlicher Helfer im Widerstand gegen Armut und Obdachlosigkeit. Als Pionier wirkte der Armengeistliche Henri Grouès (geb.1912), besser bekannt unter seinem Résistance-Decknamen Abbé Pierre. Er gründete das Hilfswerk „Emmaus“ und erreichte im Winter 1954 mit einem „Hilferuf der Obdachlosigkeit“ die Schaffung von 13.000 Notwohnungen. Vier Jahrzehnte später wurde der inzwischen über 80jährige wieder aktiv und inszenierte 1994 die spektakulärste Hausbesetzung in der Geschichte Paris. Abbé Pierre führte die Demonstranten an ein leer stehendes Gebäude von 10.000m2 in Beschlag zu nehmen: Nummer 7 der Rue du Dragon im sechsten Arrondissement. Zu dieser Zeit standen rund zehn Prozent des gesamten französischen Wohnbestands leer und die Besetzer beriefen sich auf ein Gesetz aus dem Jahre 1945 das die Beschlagnahmung unbenützter Wohn- und Büroräume erlaubt. Sechzig Not leidende Familien wurden in dem großen Haus einquartiert, blieben Fremdkörper in dieser vornehmen Wohngegend, sorgten jedoch für mediales Aufsehen und ein Jahr später wurden ihnen legale Sozialwohnungen zur Verfügung gestellt. Ganz für die „Sans“ engagiert sich auch Jean-Baptiste Eyraud (geb. 1954) mit seiner Anfang der 90er gegründeten Bewegung DAL – „Droit au logement“ (Recht auf Wohnung). Diese Organisation kämpft mit Aktionen in verschiedenen französischen Städten gegen die „gespaltene Gesellschaft“ und war Teil der Hausbesetzung in der Rue du Dragon. Im besetzten Drachen- Haus wurde nicht nur gewohnt, sondern mit Hilfe diverser KünstlerInnen und Lehrkräften vor allem diskutiert und experimentiert. Weiters kam es zu Vernetzungen mit anderen Obdachund Arbeitslosenorganisationen. Als die „Sans“ nicht am von Premierminister Alain Juppés organisierten „Sozialgipfel“ teilnehmen durften, wurde ein Gegengipfel, im mit Hilfe streikender Eisenbahnern besetzten, Pariser Centre Pompidou durchgeführt. Aktionen wie diese fördern das Selbstbewusstsein der auf die Strasse Geworfenen. Nicht passive Bettelei und das Hinnehmen ihrer Situation, sondern aktiver Protest und Demonstration ihrer Anliegen. Viele weitere soziale Einrichtungen, wie z.B. „Restaurants du coeur“, gegründet vom verstorbenen Schauspieler, Kabarettisten und Präsidentschaftskandidaten Coluche, existieren heute in ganz Frankreich. Viele freiwillige HelferInnen und Spenden unterhalten Verteil- und Auffangstellen und geben - besonders im Winter vor allem Mahlzeiten an Arme und Obdachlose aus. Auch Projekte zur Hilfe der Wiedereingliederung, wie Straßenzeitungen, gibt es in Paris seit 1993. Die erste war „Macadan", es folgte „reinsertion press" (Integrationspresse) wie „La Rue“, „Le Réverbère“ und „Faim de Siecle“. Ein weiterer Hauptakteur im Kampf gegen soziale Ungleichheit ist der Arzt Xavier Emmanuelli (geb. 1938), Mitbegründer der humanitären Organisation „Médescins Sans Frontières“ (Ärzte ohne Grenzen). 1993 überzeugte er den damaligen Pariser Bürgermeister Jacques Chirac zur Einführung eines neuen Sozialdienstes zur Betreuung von Obdachlosen. „Samu social“ bringt jede Nacht Obdachlose zu Betreuungsstätten. Im Mai 1995 wurde Emmanuelli Mitglied der Regierung Juppé. Als Staatssekretär für humanitäre Nothilfe arbeitete er an einem Rahmengesetz gegen sozialen Ausschluss. Dabei geht es nicht darum Opfer aus dem Elend herauszuholen, sondern um wirkungsvolle Prävention - Maßnahmen zu schaffen das angeschlagene Menschen nicht dorthin absinken. Weiters geht es ihm um die „Gesundheit als allgemeines Recht“. Bei Mittellosen und aus der Sozialversicherung geworfenen Menschen findet dieses keine Anwendung mehr. Auch im Präsidentschaftswahlkampf 1994 wurden die Problematiken Obdachlosigkeit und Wohnungsmangel groß thematisiert. Chirac setzte den „Kampf gegen den sozialen Ausschluss“ an die Spitze seines Programms, doch wurden viele Wahlversprechen vergessen. Es hat sich zwar der öffentliche Umgang durch die Institutionalisierung von Hilfsorganisationen wie Emmaus und DAL und staatlicher Projekte wie Samu social mit den SDF geändert, doch gibt es keine grundsätzlichen Verbesserungen der prekären Lage am Wohnungs- und Arbeitsmarkt. Es mangelt nicht nur an Schlafplätzen, sondern vor allem an Sozialwohnungen (HLM_Habitations à Loyer Modéré). Von den vierundzwanzig Millionen Erwerbstätigen in Frankreich sind rund fünf Millionen (offizielle und indirekte) Arbeitslose und weitere sieben Millionen sind in einem „fragilen“ Arbeitsverhältnis. Die Situation am Arbeits- und Wohnungsmarkt erzeugt eine neue Armut. Menschen die einen Beruf nachgehen, doch durch den geringen Lohn und hohe Mietpreise sich keine Obdach leisten können. Bis zu 35 Prozent der Obdachlosen im Großraum Paris gehören zu dieser neuen Kategorie "obdachlose/r ArbeiterIn", heißt es in einer aktuellen Studie des nationalen Statistikamtes INSEE. "Seit zehn Jahren stellen wir fest, dass die Zahl dieser Menschen immer weiter zunimmt", sagt der Leiter eines Heims der EmmausGemeinschaft in Paris. Die Dunkelziffer schätzt er viel höher ein. Für einen Arbeitstag auf dem Bau werden zwischen 60 und 70 Euro gezahlt. Der staatlich garantierte Mindestlohn (SMIC_ Salaire Minimum Interprofessionnel de Croissance) in Frankreich liegt knapp unter 1.000 Euro monatlich, eine Zweizimmerwohnung kommt im Durchschnitt auf 760 Euro. 2004 erhielten eine Million Franzosen Sozialhilfe (RMI_Revenue Minimum d`Insertion), die bei 433 Euro liegt. In Paris und Umgebung sind winzige Wohnungen, auch in sozialen Randgebieten, unter 300 Euro pro Monat nicht zu haben. Die "obdachlosen ArbeiterInnen" haben vielfach vor Jahrzehnten ihr Berufsleben mit unbefristeten Arbeitsverträgen begonnen. Der Abstieg beginnt mit Zeitverträgen, führt über schlecht bezahlter Teilzeitarbeit schließlich in die Schwarzarbeit. 108 109 4.5.4 „Neue Armut" in Frankreich 4.5.5 Der Pariser Wohnungsmarkt In den Jahren 2001 bis 2004 kletterten die Mieten in Frankreich im Durchschnitt um 14,22 Prozent (laut „Le Parisien“ vom 14. März 2005), für das laufende Jahr wird ein Anstieg um weitere 4,7 Prozent prognostiziert. Bisher waren einzelne ärmere innerstädtische Wohnviertel, die seit langem von Immigranten bewohnt waren, davon ausgenommen – Dort machen sich inzwischen die „Bobos“ (Bourgeois-Bohèmes) breit, jüngere Besserverdienende mit linksliberalem Touch und einem Hang zur Sozialromantik. Letztere schätzen diese Viertel und lassen gleichzeitig die Mieten auch dort explodieren. Auf der anderen Seite hat die französische Volkszählung von 1990 ergeben, dass es 118.000 leer stehende Wohnungen in Paris (und frankreichweit 1,9 Millionen) gibt. Die letzte Statistik aus dem Jahr 2001 weist allein für das Pariser Stadtgebiet 136.000 leer stehende Wohnungen aus. Diese leer stehenden Wohnräume werden vermehrt Obdachlosen zugänglich gemacht, doch herrschen dort oft lebensbedrohende bauliche Zustände. Ein Gesetz aus dem Jahr 2000, das vom damaligen KP-Minister für Verkehr und Wohnungsbau Jean-Claude Gayssot ausgearbeitet worden ist, verpflichtet alle Städte, Bezirke und Kommunen dazu, einen Anteil von mindestens 20 Prozent an Sozialwohnungen auf ihrem jeweiligen Gebiet zur Verfügung zu stellen – und notfalls Wohnraum umzuwandeln oder Sozialwohnungen nachzubauen. Seit dem Regierungswechsel von 2002 aber lässt die Pariser Regierung, die theoretisch alle Kommunen zur Einhaltung dieser Verpflichtung zwingen oder sie sonst mit einer Geldstrafe belegen könnte, das Gesetz schlicht und einfach nicht anwenden. Im Großraum Paris, wo der sozialdemokratische Regionalpräsident Jean-Paul Huchon ein wenig auf die Einhaltung der Vorschrift drängt, liefert unter anderem der Bürgermeister des Pariser Nobelvororts Neuilly-sur-Seine, ein gewisser Nicolas Sarkozy, einen anhaltenden Kleinkrieg gegen jede Verpflichtung zum sozialen Wohnungsbau. Auch die Hauptstadt Paris, seit 2001 unter einem sozialdemokratischen Stadtoberhaupt (Bertrand Delanoë), leistet zumindest passive Widerstände; allerdings hat die Stadtverwaltung tatsächlich Mühe, innerhalb von Paris Neubauten anzusetzen, und zeigt sich teilweise um die Umwandlung bisher gehobenen Wohnraums in Sozialwohnraum bemüht. Dagegen leisten aber wieder bürgerliche Bezirkspolitiker erbitterte Widerstände. 4.5.6 Obdachlose ImmigrantInnen Die Mehrheit der „HausbesetzerInnen“ in Paris sind keine Junganarchisten, sondern oft ganze Immigrantenfamilien, die auf dem so genannten „freien Wohnungsmarkt“ keine Chance haben (da sie auf der untersten Stufe der bestehenden sozialen Rangleiter stehen) und auch keine Sozialwohnung erhalten. Denn auch bei letzteren besteht weit mehr Nachfrage als Angebot, und eine zehnjährige Aufenthaltserlaubnis gehört zu den gesetzlichen Mindestvoraussetzungen, um überhaupt Anspruch auf eine Sozialwohnung (HLM) erheben zu können. In ganz Frankreich kommt die Zahl der „mal logés“ (die Schlecht Behausten) auf annähernd 2 Millionen. In Paris gibt es rund 1000 heruntergekommene, aber bewohnte Häuser, darunter sind 423 als „extrem gefährlich“ eingestuft. Viele dieser Gebäude sind besetzt, andere werden von Wohltätigkeitsorganisationen als „Übergangswohnraum“ verwaltet. Viele der BewohnerInnen sind wegen Mietrückständen oder wegen Abriss ihrer bisherigen Wohnungen aus ihren Häusern geflogen. Und sie fanden schlicht keine 110 neuen Vermieter: Weil sie schwarz sind, aufgrund flagranter Diskriminierungen auf dem Wohnungsmarkt, oder auch einfach deswegen, weil sie „zu arm“ waren. In diesen „provisorischen“ Unterkünften leben legale und illegale Einwanderer teilweise Jahrzehnte und finden so in ein soziales Umfeld, eine Arbeit und die Kinder gehen in die nächstgelegene Schule. Im Frühling 2005 kamen bei Bränden in zwei Häusern (Boulevard Vincent-Auriol, Rue de la Fraternité) über 40 Menschen ums Leben und die heruntergekommenen Unterkünfte sorgten für mediales Aufsehen. Politiker sahen darin, allen voran Innenminister Sarkozy ein Problem der Einwanderungspolitik und er ließ daraufhin einige andere der Besetzten Häuser räumen. Der brisante Punkt liegt freilich in der Frage, ob den von Räumungen betroffenen Personen oder Familien Ersatzwohnraum angeboten wird oder nicht. Darin liegt die Crux so mancher (pseudo-)humanitärer Politik, die sich darauf beruft, man wolle doch endlich den schrecklichen Wohnraumbedingungen an manchen Orten ein Ende bereiten. Beispielsweise in der Politik des aktuellen Arbeits- und Sozialministers Jean-Louis Borloo: Er möchte in den kommenden fünf Jahren erklärtermaßen 25.000 Wohnungen im sozialen Wohnungsbau (HLM) abreißen und zerstören, um den schlechten Konditionen in den Wohnblöcken und Plattenbauten mancher Pariser Trabantenstädte ein Ende zu bereiten. Rein theoretisch ein löbliches Vorhaben – aber die entscheidende Frage lautet, wo dann der damit wegfallende Wohnraum ersetzt wird. Die Antwort der Regierung lautet: Irgendwo, noch weiter draußen aus dem Pariser Ballungszentrum oder in der „Provinz“ – aber bitte nicht in Paris und auch nicht vor seinen Toren! 4.5.7 Weiterhin Aktionen für mehr Aufmerksamkeit der Obdachlosenproblematik So wird sich weiterhin Gehör verschafft mit Demonstrationen, Besetzungen, Zeltlagern, Aktionen. Obdachlose, Arbeitslose und ImmigrantInnen verbünden sich und kämpfen gemeinsam mit Wohnrauminitiativen gegen die herrschende Situation. Auch viele KünstlerInnen und ArchitektInnen widmen sich dem Thema Obdachlosigkeit. Der Pariser Professor für Urbanistik Paul Virilio hat die Idee von Rettungs-Bojen ins Leben gerufen. Er will in Paris, Lyon und Marseille "balises desurvie" (Rettungsbojen) auswerfen. Auf 100 bis 150 Quadratmetern bieten sie Platz für Empfang, Schließfächer, Telefone, Briefkästen, Duschen, Waschmaschinen und Informationen über Stellenangebote. Die Rettungsboje bietet jedoch keine Schlafplätze. Aufgebracht werden sollen die Bojen von Firmen, die dafür die Fassade als Werbefläche nutzen können. Standort der Bojen ist jeweils das Stadtzentrum, nicht die Vorstadt. Das Los der Obdachlosen soll nicht versteckt, sondern ins öffentliche Bewusstsein gerufen werden. Laut Virilio geht es dabei jedoch nicht um Lösungsansätze, in Fragen des Städtebaus und der Gesellschaft von Morgen, sondern lediglich um Therapien. Medecins du Monde macht immer wieder durch Aktionen im öffentlichen Raum, wie eine medizinisch-soziale Anlaufstelle auf dem Place de la Republique, aufmerksam. Ärzte versorgten hilfsbedürftige Süchtige, Kirchenangehörige schenkten Getränke aus, Krankenschwestern bemühten sich um Schlafplätze. Diesen Winter stellten sie auf und verteilten Einpersonen Zelte mitten im touristischen Paris um auf das Fehlen wirklicher Lösungen des Problems hinzuweisen. Durch permanenten Drucks auf Behörden und Öffentlichkeit, weniger durch Streiks als durch gezielte Einzelaktionen, soll das eigentliche Ziel – die Ausgeschlossenen 111 wieder in die Gesellschaft zu integrieren und ihre Zukunft sicherzustellen, verwirklicht werden. 4.6 Instrumente und Institutionen der Stadtplanung in Paris und ihre Aufgaben82 4.6.1 Institutionen: Direction de l'Urbanisme (DU) Abteilung für Städtebau: Die „DU“ unterliegt dem „Secrétariat général de la ville de Paris“, welches eines der 4 Bereiche der Mairie (Rathaus) ist. Sie trägt die Aufgabe den PLU zu erstellen, zu erneuern und zu widerrufen, sie entwirft und stellt städtebauliche Genehmigungen aus, z.B.: Baugenehmigungen, Abrissgenehmigungen, Arbeitsgenehmigungen, Städtebau- und Übereinstimmungszertifikate, etc. Die „Direction de l’Urbanisme“ gewährleistet die Kontrolle der Besteuerung, von Auseinandersetzungen und von Statistiken, die mit Pariser Bautätigkeiten zu tun haben. Sie untersucht und verwirklich weiters alle Städtebaulichen Tätigkeiten. Sie bereitet und führt die Grundaktion vor/aus: Bewertung, gütlicher Erwerb, Enteignung, Vorkauf, Inventar. Atelier Parisien d’ Urbanisme (APUR) – Pariser Städtebau Atelier: Das APUR ist eine Vereinigung ohne Erwerbszweck zwischen der Stadt, dem Departement von Paris, dem Staat, der Region Ile-de-France, der Industrie- und Handelskammer von Paris, der Verkehrsbetriebe „Régie Autonome des Transports Parisiens (RATP)“ und der „Caisse d’ Allocations Familiales de Paris (CAF)“. Es wird kontrolliert durch eine Hauptversammlung und einen Verwaltungsrat (21 Mitglieder), präsidiert von Jean-Pierre Caffet, Stellvertretender Bürgermeister im Bereich Stadtplanung. Vizepräsident ist Halima Jemni, Regionalberater Das „APUR“ hat die Aufgabe, die Stadtentwicklungen zu verfolgen, an der Definition der Einrichtungs- und Entwicklungspolitiken, an der Ausarbeitung der Leitlinien der Stadtpolitik und der Urbanismusdokumente, sowie an der Vorbereitung der Projekte innerhalb der Stadtfläche Paris oder der ganzen oder einem Teil der Region Ile-deFrance. Zu diesem Zweck beobachtet und analysiert es die Entwicklungen von Paris, insbesondere anhand von den demographischen, wirtschaftlichen und sozialen oder Immobilien Daten über die französische Hauptstadt und kann zukunftsorientierte 82 Referat von Hanna Steiner; Quelle: www.ville.gouv.fr/infos/ville/index.html http://fr.wikipedia.org/wiki/Plan_local_d'urbanisme www.urbamet.com/thesaurus/thesaurusurbamet.htm www.paris.fr/portail/Urbanisme/Portal www.ville.gouv.fr/pdf/editions/kritischer-stadtteile.pdf www.fncaue.asso.fr www.archi.fr/CAUE75/fr/home.htm www.apur.org www.plainedefrance.fr/index.html?/territoire/territoire.shtml www.anah.fr/qui-frameset.htm www.parisbalades.com/Deutsch/Voc/urbanisme.htm 112 Überlegungen anstellen, Vorschläge für Aktionen und Infrastrukturprojekte machen, alle Städtebau- oder Infrastrukturstudien durchzuführen, Gutachten durchzuführen oder dazu Beiträge leisten. Conseil d’architecture, d’urbanisme et de l’envirennement (CAUE) – Informationszentrum für Architektur, Stadtplanung und Umwelt: Das „CAUE“ von Paris hat die Aufgaben jede Person oder Kommunalbehörde bezüglich aller Fragen, die mit Architektur, Stadtplanung und Umwelt zusammenhängen, zu informieren, zu sensibilisieren, und zu beraten. Die Vorsitzenden des „CAUE“ sind teilweise im Rathaus Zuständige Leiter für Stadtplaung und ähnlichem. Es arbeiten hier aber auch praktizierende Architekten und Raumplaner... Agence National pour la Rénovation Urbaine (ANRU) - Nationale Agentur für Stadterneuerung Agence National pour l'Amélioration de l'habitat (ANAH) - Nationale Agentur für die Verbesserung der Wohnverhältnisse Comité interministériel des villes (CIV) Interministerieller Ausschuß der Städte: Entscheidungen der Stadtpolitik werden durch den CIV getroffen. Er legt Leitlinien fest, definiert Programme und verteilt Mittel. "Programme gouvernemental de renouvellement urbain et de solidarité" S.O.S. PARIS Inter Reséaux DSU (Développement Social Urbaine) Institut d'Urbanisme de Paris (IUP) Plaine de France – Établisement public d’aménagement Délégation Interministérielle à la Ville(DIV) Interministerielle Delegation in der Stadt 4.6.2 Instrumente: projet d'aménagement et de développement durable (PADD) schéma de cohérence territoriale (SCOT) Plan Local d'Urbanisme (PLU) wie Bebauungsplan: Wird von der DU verfasst. Unterliegt dem SCOT Die ZAC (Zone d'Aménagement Concerté) - Sanierungsgebiet, Zone der Stadterneuerung wird im PLU ausgewiesen operationelles städtebauliches Verfahren seit 1967. Entstanden aus dem Scheitern der "ZUP" (zones à urbaniser en priorité), einem Programm aus den 1960er Jahren für sehr große Maßnahmen des Wohnungsbaus. Die ZAC begrenzte die Größe der Maßnahmen (nach 1973), ermöglichte vielschichtige Bauprogramme (Wohnungen, Gewerbe, Tourismuseinrichtungen usw.), organisierte die Abstimmung zwischen dem Staat (der den sozialen Wohnungsbau finanziert, der zwischen 20 und 50 % betragen muss), den Kommunen (vor allem seit den Beschlüssen zur Dezentralisation 1983), den öffentlichen oder privaten Entwicklungsgesellschaften und den Privateigentümern. Das Verfahren der ZAC war auch eine Antwort auf die finanziellen Bedürfnisse der Kommunen : es ermöglicht in der Tat die Aufstellung eines Bauprogramms und seiner Kosten auf dem Weg von Verhandlungen mit privaten Entwicklungsträgern, was oft einträglicher ist als die übliche Steuer der "TLE" (die durch einen Bebauungsplan -"POS"(heute PLU) - fällig wird). Das städtebauliche Verfahren der ZAC muss in den aktuellen oder künftigen städtischen 113 Bereichen eines POS (heute PLU) durchgeführt werden kann diesen Bebauungsplan aber auch durch einen Bereichsplan (PAZ) ersetzen. Plan d'occupation des sols (POS) Ersetzt durch PLU: kommunales Dokument der Stadtplanung, das für jedermann gültige Regeln für die Nutzung der Grundstücke festlegt. Dazu gehören insbesondere Plan und Regelungen für die verschiedenen Bereiche, wozu vor allem der Koeffizient für Nutzung der Gründstücke gehört, die Geschossflächenzahl für die maximale erlaubte Bebauungsdichte festlegt SDAU (schéma directeur d'aménagement et d'urbanisme) - Leitlinien für die Stadtentwicklung: es handelt sich hierbei um ein städtebauliches Dokument auf regionaler Ebene (hier natürlich für die Region Paris) das langfristige Entwicklungen hinsichtlich der Waldund landwirtschaftlich genutzten Flächen, der Flächen für die Stadterweiterung, und der Flächen für die öffentlichen Einrichtungen (Verkehr, Freizeit-, Erholungsgebiete...) festlegt. Mit Hilfe dieses Planungsdokuments kann man gegen Kommunen vorgehen, die diese Leitlinien in ihren Bebauungsplänen (POS) nicht respektieren sollten. Grand Projet de Renouvellement Urbain (GPRU) plan de déplacements urbains (PDU) Dotation de solidarité urbaine (DSU) - städtischer Solidaritätszuschuss: Zum finzieller Ausgleich von schlechter gestellten Stadtteilen. D.S.Q. (développement social de quartier) - soziale Entwicklung eines Viertels, DSU (développement social urbain) - soziale städtische Entwicklung): hierbei handelt es sich um administrative Verfahren, die es dem Staat ermöglichen, benachteiligten Quartieren zu Hilfe zu kommen. Der Leiter eines Projekts koordiniert die Verwirklichung von Vorhaben zu Unterbringung (réhabilitation = Instandsetzung oder Abriss von zu sehr verfallener Substanz), zur Schule (Zonen mit vorrangiger Entwicklung des Schulwesens), zu Vorhaben der wirtschaftlichen Betätigung oder der Berufsausbildung, zum Gesundheitswesen... OPAH (opération programmée d'amélioration de l'habitat) - Programm zur Verbesserung der Wohnungen: dieses Programm hat seit 1977 zum Ziel, "die überkommene Bausubstanz zu erhalten, zu verbessern und es der einfachen Wohnbevölkerung zu ermöglichen, bei besserem Komfort dort verbleiben zu können, wo sie bisher wohnt". Um dieses Ziel zu erreichen, wurde ein Abkommen zwischen Staat, Kommune und dem nationalen Amt für die Verbesserung der Wohnsubstanz geschlossen (der "ANAH" - Agence nationale pour l'amélioration de l'habitat, www). Seit einigen Jahren gibt es darüber hinaus die OPAH "complexes" : hier werden höhere Subventionen mit einer Mietpreisbindung verbunden, um den Verbleib der ansässigen ärmeren Bewohner zu sichern. 114 5 Protokolle 115 5.1.3 Café – temporäre Kulturnutzung 5.1 Der erste Tag in Paris83 5.1.1 Die Ankunft Nach einer einem kurzen Flug von zwei Stunden kamen wir um die Mittagszeit in Paris am Flughafen Charles de Gaulle an. Drei Stunden davor standen einige StudentenInnen am Bahnhof in Wien Mitte und hielten Ausschau nach einer entsprechenden S-Bahn zum Flughafen. War der CAT mit einem recht engen Takt ausgeschrieben, so wurden die S-Bahnen dem ÖBB Kunden verheimlicht. Dennoch konnte eine entsprechende Verbindung gefunden werden. Nach dem einchecken, zu dem alle pünktlich beim Sammelpunkt anwesend waren, wurde vor dem besteigen des Fliegern noch das Angebot des Duty Free genutzt, was sich allerdings in vielen Fällen als überteuertes Eigentor erwies. In den Flieger eingestiegen, abgehoben, angekommen. Es empfingen uns zwei wichtige Dinge! Zum einen brachte der Blick aus dem Fenster die „freudige“ Gewissheit: „Ja, schwitzen werden wir Gott sei Dank nicht“. Dieses Gefühl bestätigte sich dann spätestens beim betreten der frischen Luft. Das zweite wichtige Moment war der Empfang unseres Veranstaltungsleiters am Flughafen. Oliver war voller Freude uns wohlbehalten zu sehen. Wie es sich für einen guten Exkursionsleiter gehört war er bestens vorbereitet und präpariert und teilte uns gleich zu beginn Stapel an Infomaterial inklusive Taschenpläne von Paris – „Paris-Poche“ aus. Ein weiterer würdiger Moment war die Übergabe der Carte Orange, dem Pariser 5Zonen Öffiticket, mit dem man überall in und um Paris hinkommt. Vor dem ersten offiziellen Programmpunkt galt es noch die Koffer und Taschen abzustellen und die Zimmer zu beziehen. Besonderes Highlight war in diesem Fall der gerade zu dieser Zeit nicht funktioniert habende Lift (besonders dann wenn das Zimmer in sechsten Stock lag). 5.1.2 Canal Saint Martin/Gare de l’Est Der erste Marsch führte uns durch die Gassen des 10. Arrondissements zum Kanal Saint Martin. Diese Gegend hatte sich in den letzten Jahren vor allem durch eine starke Renovierung, Revitalisierung und einer auch einhergehender Verdrängung (Gentrifikation) ausgezeichnet. Auch als Künstlerviertel ist diese Gegend sehr beliebt. Hier zeigt sich noch das Motto, dass Kultur Bestandteil des Lebens in Paris ist. Als Gefahr muss allerdings gesehen werden, dass Paris nicht zunehmen zu einem Museum wird. Unser Weg führte uns entlang des Kanals vorbei am Gare de l’Est zu einer Institution, der unser Exkursionsteilnehmer schon sein Leben verdankte. Die Sapeurs-Pompiers de Paris (Feuerwehrmänner) galt es beim Training zu betrachten, was vor allem bei den Damen der Gruppe einiges an Vorfreude aufkommen ließ. Diese wurde dann allerdings schnell getrübt, da sich die Herren (leider) im Dienst und außer Haus befanden. Als Alternative gab es nebenan ein offenes Café. In diesem Lagerhaus der Stadt Paris hat sich seit 15 Jahren eine eigenständige Kulturinstitution niedergelassen. Diese hat sich darauf spezialisiert leer stehende Örtlichkeiten zu bespielen. Als kreative Aufgabe gilt es immer nachzudenken, wie die temporäre Zwischennutzung aussehen kann und welche Ideen mit welchen Methoden und Instrumenten diese umgesetzt werden können. Die Stadt Paris tritt auch als wichtiger Subventionsgeber auf, da der Verein mit dieser temporären Nutzung auch ein Ziel der Pariser Stadterneuerung erfüllt. Neben dem Café beherbergt der Verein noch einen großen Veranstaltungsraum, einen kleineren Konzertraum, einen Ausstellungsraum und noch einige Künstlerzimmer, die von Kunstschaffenden genutzt werden können. Bei diesen wird darauf geschaut, dass es sich nicht nur um etablierte Künstler handelt, es soll auch Raum für unbekannte Personen mit neuen Ideen und Projekten geben. Die Nutzung der Räumlichkeiten ist vorläufig bis zum Jahr 2007 geplant, wobei man auch nicht unglücklich wäre auch noch länger hier zu bleiben. 5.1.4 Sapeurs-Pompiers de Paris Durch das Ankommen der Feuerwehr wurde unser Aufenthalt im Café beendet und so konnten wir doch noch die Feuerwehr besuchen. Bei der von uns besuchten Feuerwehrkaserne handelt es sich um eine Kleinere mit einem fixen Einsatzgebiet. Von diesen gibt es mehrere über ganz Paris verteilt, da es Ziel der Pariser Feuerwehr ist an jeden möglichen Einsatzort in Paris innerhalb von 10 Minuten zu gelangen. Paris und Marseille sind die einzigen französischen Städte in denen es eine professionelle Feuerwehr gibt. Insgesamt gibt es in Paris 7000 Feuerwehrmänner von denen allerdings nur 1200 im Einsatzdienst. Die anderen sind in der Verwaltung und im Innendienst. Neben den Einsatzwagen sind in der Kaserne eine Einsatzzentrale, Bereitschaftsräume und eine Fitnesscenter eingerichtet. Als Sportgeräte stehen den Männern dort ein Reck, ein Barren, verschiedene Seile und Stangen sowie klassische Geräte wie Ergometer, Laufband und Rudermaschine zur Verfügung. Leider waren diese zum Zeitpunkt unseres Besuches unbenutzt. 5.1.5 Parc de la Villette Nach der Verabschiedung führte uns unser Weg zu Fuß dem Kanal Saint Martin entlang, bis wir schließlich zum Place de la Fontaine aux Lions kamen. Dieser Platz und der anschließenden Park sind ein sehr beliebter Erholungsraum für die Pariser, der auch oft mit Open Air Kino und anderen Veranstaltungen bespielt wird. Speziell die Grande Halle ist eine beliebte Veranstaltungshalle, die auch für kulturelle Veranstaltungen jeglicher Art viel genutzt wird. Am anderen Ende des Parcs de la Villette befindet dich die Cité des Sciences et de l’industrie. Dieser Gebäudekomplex ist ein Technisches Museum, das komplett neu gemacht wurde. Geprägt wird der Bau durch eine riesige silbern spiegelnde Kugel. Diese beinhaltet ein Kino und wird Géode genannt. Das betreten des Gebäudes von innen war aufgrund eines Feiertages nicht möglich. 5.1.6 Butte aux Caille/Folie en tête 83 Aufgrund der mittlerweile fortgeschrittenen Stunde – es war schon früher Abend führte uns unser nächster Weg zu unserem Schlusspunkt an diesem Tag. Nach den Protokoll von Michael Pillei 116 117 Wegen im Norden der Stadt führte uns unser Weg in den Süden an den Place d’Italie, in das 13. Arrondissement. In der Butte aux Caille hatte unser Gruppenleiter im Restaurant L’Esperance ein maghrebinisches Essen als „Welcome Dinner“ bestellt. Hier wurden wir mit Cuscus und allem Möglichen an Beilagen verwöhnt. Nach dem Essen klang der Abend noch mit so machen Getränk in der Folie en tête aus. 5.2 Michel Micheau, Cycle d’urabanism de sciences84 5.2.1 Michel Micheau Professor Michel Micheau spricht mit uns über die Jugendgewalt und die brennenden Autos vom November 2005 in Paris. Er behauptet, „alle wussten, dass (die Gewaltätigkeit) passieren würde, aber nicht wann“. Die Indikatoren waren klar. Aber warum zu diesem Zeitpunkt? Drei Faktoren könnten entscheidend gewesen sein: alles passierte im Urlaub, als die jungen Leute Freizeit hatten, alles passierte während des Ramadan und selbstverständlich war der Tod von zwei Personen aus einer Banlieue, die vor der Polizei geflohen sind, ausschlaggebend. Der Tod der beiden Jugendlichen war der Auslöser der gewalttätigen Auseinandersetzungen. Weder die Polizei noch die Politiker waren schuldig an dem Tod der beiden aber sie betrieben schlechtes Krisenmanagement. Ihre Erklärungen und Informationen waren ungeschickt. Ein zusätzlicher Faktor beeinflusste das schnelle Wachstum der Gewalttätigkeit: die Medien. Über Zeitungen und Fernsehen wurden die Nachrichten im Banlieu verbreitet. Der Präsident der Republik konnte nichts machen. Er hatte keine Befugnis in diesem Fall, aber der Ministerpräsident und der Innenminister schon. Aber es gab mangelnde Koordination und auch die Reaktion war nicht eindeutig. Die Streitereien dauerten zwei Wochen, länger als andere Streitigkeiten in den 80er oder 90ern. Zwischen den gewalttätigen Gruppen gab es Konkurrenz und es lief ab wie in einem Videospiel. Die Gruppen wollten sich gegenseitig im Verbrennen der Autos übertreffen. Der Einsatz der Polizei zeigte keinen Erfolg. Die Verständigung über emails und sms war bei der Organisation der Treffen dieser Gruppen entscheidend. Komisch ist, dass genau jene Jugendlichen, die sich im Haus der Eltern sehr ruhig verhalten haben, in der Nacht die Autos niederbrannten. Professor Micheau meint, das französisch republikanische Modell funktioniere nicht gut. Die jungen Leute sind besonders sensibel im Bezug auf die Ungleichheit in der Ausbildung und Arbeit. Die jungen Leute kennen zwar ihre Rechte, sie haben jedoch erkannt, dass sie keine Chance haben, sie auszuüben. Die französische Gesellschaft ist rassistisch und glaubt die Klischees: wenn man Mohamed heißt, hat man weniger Möglichkeiten, einen Job zu bekommen. Früher kamen große Gruppen von Immigranten aus Marokko oder aus Algerien. Heute ist die schwarze Gemeinschaft die größte. Bis jetzt wollte niemand über Einwanderung sprechen. Erst vor fünf Jahren wurde sie von den Politikern berücksichtigt. „La politique de la Ville“ (die Politik der Gemeinde) ist fehlgeschlagen und es gibt zwischen 60 und 100 problematische Punkte in „L’île de France“ . In der Welt gibt es 84 Protokoll von Alberto Castro Fernández 118 bereits erfolgreiche Beispiele in ähnlichen Fällen. Man muss sie nur analysieren und anwenden. 5.2.2 Projekte und die Verkehrplanung von Paris Zwei Kollegen von Proffesor Micheau sprechen über die Projekte und die Verkehrplanung von Paris: Projekte: „Der Prozess der Stadterneuerung nimmt 940 ha vom Boden ein, das sind 10% der Fläche von Paris“. Man kann die Projekte in vier Kategorien teilen: - „La Corone“ (Der Ring von Paris): Das ist die Grenze zwischen Paris-intramuros und Paris-extramuros. Der Bereich ist mit industriellen- und Eisenbahngebieten durchsetzt aber auch mit Wohnhäusern. Er hat großes Potential und allein schon in „La Corone“ gibt es 200 ha Baustellen für die Verbesserung. Es ist ein Gebiet, das dringende Maßnahmen verlangt: einerseits wegen seiner Bedeutung in der Verbindung Paris intramuros-extramuros und andererseits wegen der sozialen Probleme von einigen Armenvierteln in der Nähe von „La Corone“ im Inneren von Paris. - 10. und 11. Bezirk: Man wünscht Veränderung um den Handel anzukurbeln und Wohnhäuser zu schaffen. - Man will die strategischen Punkte von Entwicklung stärken. Zum Beispiel die zwei Bahnhöfe im Norden von Paris. - Verbesserungsplan in „Centre Beaugrenelle“ im 15.Bezirk. Das war ein Stadtentwicklung von den 60er und 70ern. Die aktuelle Landschaft setzt sich aus Hochhäusern und privaten Räumen zusammen. Man wünscht sich die Wiedererlangung und Revitalisierung des öffentlichen Raumes für die Städter/innen. Verkehrsplanung: Paris hat eine lange Tradition von großen Räumen und Haussmann ist ein gutes Beispiel dafür. Neue Verkehrsmittel erfuhren in Paris eine schnelle Anpassung. Es gab sehr früh Autos aber auch Strassenbahn oder U-Bahnen. Die ursprüngliche Straßenbahn wurde entfernt. Neue Linien wurden gebaut und heute fährt die Straßenbahn wieder in Paris. Sie erstreckt sich über 8 Kilometer nördlich und 16 Kilometer südlich von Paris. Sie fährt an „La Corone“ vorbei. Das Modell, das die Gemeinde anstrebt, ist: weniger Autos im Inneren von Paris mit neuen Parkmöglichkeiten an „La Corone“, Straßenbahnen rings um Paris und U-Bahn im Inneren. Die Benutzung der Fahrräder soll potenziert werden. 5.2.3 Persönliche Bewertung Ich kann am Vortrag der Projekte nichts kritisieren. Das Problem der Jugendgewalt ist groß, kompliziert und es hat viele Ursachen. Ich finde, die vorgestellten Gründe waren gut argumentiert. Sie sind einige mehr in einer Kette von Meinungen, die nach den Bränden entstanden sind. Ich denke, die beste Sache wäre eine tiefe und detaillierte Studie zu erarbeiten, die die Meinungen aller Experten beinhaltet und eine Anregung für die Gemeinde und die Regierung darstellt. Beide Behörden sollen zusammen arbeiten und einen gemeinsamen Plan erstellen. Koordination und klare Ideen sind nötig um die sozialen Probleme von Frankreich zu lösen. Leider muss ich kritisch mit der Verkehrsplanung von Paris sein. Unvermeidlich erinnert mich Paris an Madrid (meine Heimat). Die Autos bringen den Verkehr im Zentrum zum Erliegen. Es gibt keine Grenze für sie und Staus sind sehr häufig. 119 Diese wirken sich auch auf die Busse aus, die ebenfalls von den Staus betroffen sind, da die Trennung zwischen Fahrspur für Autos und Fahrspur für Autobusse nicht respektiert wird. Auch die vielen Modelle von Abgrenzungen aus Beton oder Kunststoff sind nicht effektiv. Das Problem ist die Ausbildung von Fahrern. Die U-Bahn, wie in Madrid, ist wirklich gut aber sie kann nicht mehr Leute transportieren. Und dann gibt es in beiden Städten Straßenbahnprojekte, die jedoch nicht im Zentrum sondern außerhalb sind. Ich finde diese Maßnahmen sind nur Marketing. Heute ist die Strassenbahn ein angesehenes Verkehrsmittel aber sie muss gut geplant werden. Es ist nicht genug, zu sagen: „Wir haben Straßenbahnen“. Die Straßenbahnen haben ihre eigene Rolle in der Verkehrsplanung von einer Stadt. Ihre Kapazität und Geschwindigkeit ist Mittelding zwischen dem Bus und der UBahn. Eine gute Planung von allen drei Verkehrsmitteln ist nötig, um die Probleme von Verkehr zu lösen. 5.3 La Courneuve: Sozialer Wohnbau im Großraum Paris85 La Courneuve ist eine Stadt mit 35.000 Einwohnern im Departement Seine-SaintDenis und liegt unmittelbar nördlich von Paris. In der 752 ha großen Stadt gibt es viele große Hochhaussiedlungen, die von ärmeren Bevölkerungsschichten bewohnt werden, der Immigrantenanteil sowie der Anteil an arbeitslosen Personen ist überdurchschnittlich hoch. In den dortigen Großsiedlungen sind schon seit geraumer Zeit soziale Spannungen und Probleme an der Tagesordnung. Wir haben mit unserer Exkursionsgruppe Stadterneuerungsprojekte in der Großsiedlung „4000 Süd“ besucht. Die Mitarbeiter der Wohnungsbaugesellschaft OPAC machten mit uns eine Führung durch das Viertel und erklärten uns wie ein Sanierungsprojekt abläuft und zeigten uns was Sie in diesem Viertel unternommen haben und noch tun werden. Um überhaupt ein solches Erneuerungsprojekt überhaupt zu ermöglichen, wurde von der Französischen Regierung im August 2003 die ANRU (l’agence nationale pour la rénovation urbaine – Nationale Agentur für die Stadterneuerung) ins leben gerufen, die sich vor allem für stark benachteiligte und schwierige Gebiete einsetzt. Die ANRU ist jetzt auch der einzige Ansprechpartner. Dadurch wird die Arbeit für alle Beteiligten um ein Vielfaches erleichtert, und es können Missverständnissen wie folgendem vorgebeugt werden: so wurde vor der Gründung der ANRUE ein Sportplatz durch die OPAC errichtet, der nun einer Strasse weichen muss, was zu Protesten seitens der teilweise ohnehin skeptischen Bewohner geführt hat. Um ein Projekt verwirklichen zu können, reicht z.B. eine Wohnungsbaugesellschaft ein Projekt bei der ANRU ein, wo ein Komitee entscheidet ob das Projekt genehmigt wird und somit auch finanziell, rechtlich sowie anderweitig Unterstützung bekommt. Die Wohnbaugesellschaft hat dann 5 Jahre Zeit für die Umsetzung. Die Idee, die hinter ANRU steckt, geht über eine rein baulich-physische Verbesserung hinaus. Ziel ist es auch die benachteiligten Gebiete sozioökonomisch aufzuwerten, integrativ 85 Protokoll von Katharina Grundei und Jonas Vukic Bilder, von oben nach unten 1: Szene bei der Besichtigung von La Courneuve, Siedlung 4000 Süd 2: Blick auf den neu errichteten Spielplatz und dahinter der Hauptplatz 3: Baublock, der bis zum Jahre 2009 abgerissen werden soll 120 vorzugehen und die Interessen der Bewohner zu berücksichtigen und ihnen die Möglichkeit geben eigene Ideen einzubringen. Das von uns besichtigte Projekt 4000 Süd besteht aus 4000 Sozialwohnungen, die sich auf mehrere Hochhäuserblocks verteilen. Die Umgestaltung wurde von drei Architektengruppen geplant. Es wurden einige Gebäude abgerissen, dadurch wurde eine bessere Belichtung der angrenzenden Wohnblocks erreicht. Teilweise werden neue Gebäude errichtet, die höchstens 5 Geschoße haben und auch sonst besser Ausgestattet sein sollen und einen besseren Wohnstandard bieten sollen. Die Fertigstellung ist für Juli 2006 geplant. Das von uns besichtigte Projekt 4000 Süd besteht aus 4000 Sozialwohnungen, die sich auf mehrere Hochhäuserblocks verteilen. Die Umgestaltung wurde von drei Architektengruppen geplant mit teilweiser Partizipation der Bewohner. Es wurden einige Gebäude abgerissen, dadurch wurde eine bessere Belichtung der angrenzenden Wohnblocks erreicht. Teilweise werden neue Gebäude errichtet, die höchstens 5 Geschoße haben und auch sonst besser ausgestattet sein sollen und einen besseren Wohnstandard bieten sollen. Die Fertigstellung ist für Juli 2006 geplant. Andere Gebäude wurden saniert, und haben mehrere separate Eingänge bekommen, damit wollte man die Nachbarschaftskonflikte lindern. Eine große Aufgabe war die Übersiedlung der Bewohner der Abrissgebäude, da eine Vielzahl von Personen zeitgleich ihre Wohnung wechseln muss. Dies verlief meistens problemlos, in der Mehrheit der Fälle ließen sich die Wünsche der Bewohner berücksichtigen, Ausnahmen wie z.B. der Wunsch eines Zweipersonenhaushaltes eine neue 5-Zimmer Wohnung zu bekommen, kamen seltener vor. In der Regel möchte 1/3 in der Siedlung, ein weiteres Drittel möchte in derselben Stadt bleiben, und das letzte drittel würde gerne weiter weg ziehen. Einer der wichtigsten Punkte war die Begrünung der Fläche zwischen den Gebäuden, sowie die Errichtung eines (kleineren) Einkaufs- und Geschäftszentrums, sowie einer Sonderschule. Auf einer vorher gänzlich zubetonierten Fläche, welche lediglich als Parkplatz genutzt wurde, ist heute ein großer begrünter Platz mit zahlreichen Sitzgelegenheiten entstanden, der als Treffpunkt für Jung und Alt fungieren soll, am Rand wurde ein Kinderspielplatz errichtet. 121 Das neu geschaffene kleine Geschäftszentrum bietet den Bewohnern der Siedlung die Möglichkeit Büroflächen usw. günstig zu mieten um dort Unternehmen zu starten. Die angrenzende Schule nennt sich „ecole de la secounde chance“ was soviel heißt wie „Schule der zweiten Chance“ sie soll Immigranten bei der Integration helfen, wie z.B. dem Erlernen der Französischen Sprache. Die das Siedlungszentrum durchquerende Bundesstrasse wurde durch bauliche Maßnahmen verändert um eine „Beruhigung“ des Verkehrs zu erreichen. Es wurde eine Beleuchtung an der Strasse und den anderen Wegen zu den Hauseingängen angebracht, sowie Videokameras am Hauptplatz und am Einkaufszentrum installiert um ein Gefühl der Sicherheit zu erzeugen. Insgesamt hatten wir ein mulmiges Gefühl beim Durchlaufen der Siedlung. Die Bewohner des Viertels wissen wer dort wohnt und wer nicht. Als „weißer Europäer“ fällt man hier schon auf und zieht einige Blicke auf sich; dadurch, dass wir als Gruppe aufgetreten sind, haben wir diesen Effekt zusätzlich noch verstärkt. Sonst ist uns nicht besonderes Aufgefallen – außer dass wir von Jugendlichen gefragt worden sind „was wir den hier machen“. Durch ihre weiteren Äußerungen machten sie uns klar, dass sie von der Veränderung des Projektes in ihrem Viertel nicht viel hielten, und dass sowieso alles vergebens ist. Erfreulicherweise hat sich jedoch die Mehrheit der Bewohner positiv zu den Projekten in der Siedlung geäußert. Es bleibt zu hoffen, dass sich die Politik weiterhin vermehrt für solche Projekte einsetzt und sich vor allem auch für die ökonomische, sowie soziale Besserstellung der in der „Banlieu“ lebenden Menschen einsetzt. 5.4 Empfang und Vortrag am Institut français d’urbanisme (IFU)86 5.4.1 Einleitung Das Institut français d’urbanisme wurde Ende der 60iger Jahre in der „ville nouvelle“ Marne La Vallée errichtet. Die derzeit ca. 350 Studierenden beschäftigen sich mit urban studies und nicht so sehr mit urban design (Städtebau). Es wird sowohl ein Master als auch ein Bakkalaureatsstudiengang angeboten, wobei die Absolvierung von Praktika (z.B. in Planungsbüros) eine wichtige Rolle spielt. In der näheren Umgebung des Instituts wurden mehrere universitäre Einrichtungen zum Themenkreis „Stadt“ wie z.B. eine Ingenieurschule für Architektur in der Hoffnung auf Synergieeffekte angesiedelt. Eine interdisziplinäre Zusammenarbeit auf institutioneller Ebene gestaltet sich jedoch auf Grund unterschiedlicher ministerieller Zuständigkeiten für die Fachgebiete (Kultur, Bildung,…) schwierig. 5.4.2 Thema 1: Villes nouvelles: Beim Begriff „Ville nouvelle“ handelt es sich nicht um eine städtebauliche sondern um eine Rechtsbezeichnung. Die Anlage dieser neuen Städte kann auf die 1967 verabschiedete loi d’orientation foncière (LOF) zu Regelung der Stadtentwicklung zurückgeführt werden, deren Ziel es war, ein Gleichgewicht zwischen den Städten Paris, Lyon, Lille, Marseille, Bordeaux, Strasbourg und Nantes zu schaffen. Außer in Paris gibt es noch villes nouvelles in Lille, Lyon und Marseille. Nicht alle villes nouvelles sind so strukturiert wie Marne la Vallée, besonders die neueren sind dichter und urbaner. 86 Protokoll von Evelyn Hacker 122 Abb. 3: Vergleich von Marne la Vallée mit Paris, eigene Darstellung Alle 30 Gemeinden haben einen eigenen Bürgermeister Paris Marne la Vallée Ziel der Ansiedlung von verschiedenen Einrichtungen wie z.B. des IFU ist es der einseitigen Konzentration des Verkehrs auf Paris entgegenzuwirken. 5.4.3 Thema 2: ZAC rive gauche Anfangs sollte die Entwicklung in Richtung Bürobauten (wie in La Défense) gehen, es folgte jedoch eine Wende, für die es verschiedene Erklärungen gibt: - politischer Wechsel - schwere Immobilienkrise anfang der 90iger Jahre - daher mehr kulturelle, universitäre Elemente 5.4.4 Thema 3: Studium am IFU Dauer des Magisterstudiums: 2 Jahre 2. und 3. Semester: Spezialisierung: - nachhaltige Stadt - opérateurs urbains: Projektmanagement - politique de la ville: soziale Stadt; nordafrikanische Kultur - stratégie metropolitaine: Governance 3 Monate Praktikum + Arbeit Letztes Semester: Erasmus oder andere Vertiefung (z.B. Informatik, Städte des Südens) Die Abschlussarbeit kann im Rahmen von Erasmus geschrieben werden. 5.5 Le Marais87 5.5.1 Rue du Tresor Nach einem kleinen Spaziergang durch den Marais, einer Falaffel und einem guten Kaffee im Cafe du Tresor galt unsere Aufmerksamkeit Herrn Jean- Didier Laforgue. Er ist Architekt und arbeitet gemeinsam mit der Bürgermeisterin und anderen Architekten und Raumplanern an dem seit dem Jahre 2001 laufenden Projekt der Stadterneuerung im 4. Bezirk von Paris, dem Marais. Im Zuge dieses Projektes wurde auf Grund von zahlreichen Beschwerden der Bewohner der Rue du Tresor ein Bürgerbeteiligungsverfahren eingeleitet. Primär klagten die Anrainer über den Lärm in ihrer Strasse. Einerseits richteten sich ihre Beschwerden gegen die Lokale der 87 Protokoll von Michaela Harramach Bilder, von oben nach unten 1: Ansicht der Rue du Trésor vor der Neugestaltung 2: Ansicht der Rue du Trésor nach der Neugestaltung 123 Das Ergebnis dieses Prozesses wurde im Mai 2004 fertig gestellt, wobei heute noch an Verbesserungen gearbeitet wird. So soll die Art der gepflanzten Büsche und Sträucher durch robustere vor allem im vorderen Bereich der Strasse ersetzt werden, da diese momentan zu sensibel sind. Das Ergebnis ist nun, dass der Lärm durch weniger Tische der Lokale, auf der Strasse sowie leisere Musik, sowie durch die Bepflanzung abgefangen und die Verbannung von Autos, Mopeds und Motorrädern, sowie Obdachlosen am Brunnen und das Abdrehen des Wassers des Brunnens reduziert wurde. Aber auch das Grün in der Strasse soll zur Qualität der Strasse beitragen. Die Bewohner sollen laut der Aussagen von Herrn Laforgue zufrieden mit ihrem Projekt sein. Obwohl die Lokale nun weniger Platz im freien haben sollen ihre Geschäfte besser gehen als zuvor. Rue du Tresor, andererseits aber auch gegen den Lärm der von Motorrädern oder Mopeds verursacht wurde. Im ersten Teil des Projektes wurde nach der Ursache des Lärmes gesucht. Zunächst wurden die Beschwerden der Anrainer dokumentiert. Und um den tatsächlichen Grund dafür herauszufinden wurden einige Messungen durchgeführt. Man kam schließlich zu folgenden Ergebnissen: Zunächst ist die eher enge und geradlinige Struktur der Strasse zu erwähnen, durch welche der Schall nicht gebrochen sondern immer wieder weiter geleitet wird. Dadurch wirken auch kleinere Geräusche auf die Ergebnisse der Messung ein. Der am Ende der Strasse befindliche historische Brunnen sei ein Lärmverursacher gewesen, da er als Treffpunkt für Obdachlose und Mopedfahrer genützt wurde. Aber auch bereits das Plätschern des Wassers wurde als störend empfunden. Im Bezug auf die Schanigärten der Lokale wurde sowohl die Musik als auch die Aufräumarbeiten in der Früh, zum Beispiel das Zusammenstellen der Tische und Stühle angeführt. Die Musik soll vor allem dazu gedient haben Menschen von der Strasse ins Lokal zu locken. Um diesen Problemen entgegen zu wirken wurden in Kooperation mit den Wohnungs- und Lokalbesitzern als erstes alle Vorschläge und Erwartungen dokumentiert und mehrer Lösungsvorschläge erarbeitet. Im Anschluss daran der Bevölkerung des 4. Bezirkes vorgestellt. Als dritter Schritt wurde dann ein Konzept zur Verbesserung der Lebensqualität und der Rentabilität der Lokale der Rue du Tresor erarbeitet. So wurde zum Beispiel der Belag der Strasse durch einen leiseren ersetzt. Der Brunnen wurde stillgelegt und mit Büschen nahe zu verdeckt. (Er soll allerdings in Zukunft restauriert und wieder eingeschalten werden..?) Die Struktur der Strasse wurde dahingehen verändert, dass der Fahrstreifen auf eine Breite von 4 m eingeschränkt und als Fußgängerzone deklariert wurde. Ein 2 m breiter Streifen zwischen Strasse und Schanigarten wurde mit Sträuchern, Büschen und Bäumen versehen. Damit bleibt nur mehr ein 2m breiter Streifen für die Schanigärten der Lokale, die nun um einiges weniger Platz zur Verfügung haben als zuvor. Lediglich um zu den Hauseingängen zu kommen wurde der zuvor erwähnte Grünstreifen unterbrochen. Um Autos davon abzuhalten, in der Strasse zu parken, wurden Pfosten in der Einfahrt aufgestellt, die nur in der früh bis 10 Uhr versenkt werden um den Cafe- und Restaurantbesitzern die Anlieferung zu ermöglichen. Ursprünglich waren die Pflanzen von einem kleinen Zaun umgeben, da daran allerdings Mopeds angebunden werden konnten wurden diese durch Randsteine ersetzt. Als zweites Projekt haben wir uns die Rue des Rosiers angeschaut, welche im Moment umgebaut und erneuert wird. Die Rue des Rosiers ist eine wichtige Strasse im Marais. Der Marais ist heute als historisches jüdischen Viertels der Stadt anerkannt. Die rue des Rosier ist eine enge aus dem Mittelalter erhaltene Strasse, die durch den noch erhaltenen jüdischen Teil des Marais durchführt. Sie gilt als wichtige Verkehrsachse, dadurch konnte sie nicht zu einer Fußgängerzone umgebaut werden. Das ursprüngliche Problem der Strasse, abgesehen von ihrem zu erneuernden Belag waren auf der einen Seite die parkenden Autos und auf der anderen die viel zu schmalen Gehsteige. Es war unmöglich mit einem Kinderwagen weder an den zuerst parkenden Autos, noch an den um dieses zu verhindernde aufgestellten Pfeiler auf dem Gehsteig vorbei zu kommen. Es wurde an einer Lösung des Problems des Verkehrsflusses und der Sicherheit der Fußgänger erarbeitet. 124 125 Abb. 4: Plan der Rue du Trésor, ausgehändigt von Herrn Laforgue 5.5.2 Rue des Rosiers: Nun soll die Strasse so umgestaltet werden, dass es keine Gehsteige an sich mehr gibt, sondern die ganze Strasse auf einer Ebene Fuß- und Verkehrsweg ist. Um die Geschwindigkeit der Autos zu reduzieren werden Schwellen eingebaut. An den Seiten sollen Grünflächen das Parken der Fahrzeuge verhindern. Weiters sollen Bänke für die Fußgänger aufgestellt werden. Die Strasse soll somit immer noch als solche zu nützen sein, aber die eigentliche Priorität gilt hier der Sicherheit der Fußgänger. 5.6 Rue du Trésor88 Zwischen dem dritten und dem vierten Arrondissement liegt das Marais, das eines der schönsten Viertel von Paris ist, und es ist hier, wo wir le Rue du Trésor finden können. Le Marais ist ein interessantes Beispiel, weil im Stadterneuerungsprozess, ist der Abstimmungsprozess zwischen ökonomischen Aktivitäten, der Attraktivität des Quartiers, der Verbesserungen des Wohnumfeldes, der Beachtung der notwendigen Ruhe für AnrainerInnen und dem Kampf gegen Lärm und Umweltverschmutzungen zu erkennen. Grundlage und Instrument dieses Prozesses bilden die Quartiersräte (conseils de quartier), die sich als Bindeglied zwischen Bewohnerschaft und Bezirkspolitik verstehen. Die Rue du Tresor ist eine Sackgasse, die früher ein Hölle war. Es gab wirklich viel Lärm wegen der Pflastersteine, wegen der Leute die dort sich getroffen haben um zu trinken, wegen lauter Musik, Obdachlosen, Müll... Es gab damals so viel Lärm, dass es total unmöglich war, die Fernster geöffnet zu haben und die Unruhe war so groβ, dass die Nachbarn baten die Polizei dass es einen Polizist auf der Strasse geben sollte. Ein anderer Grund, der machte den Lärm noch schlimmer, war dass die Straβe sehr eng ist, und die Gebäude sehr hoch sind, weswegen der Lärm abprallte wie ein Pingpongball. Die Raumplaner und Soziologen vom Rathaus haben sich mit den Nachbarn getroffen, um die beste Lösung zu finden, und machten eine Liste mit allen Problemquellen. Es gab viele Probleme und nur eine mögliche Lösung. Sie versuchten mit den Besitzern der Geschäfte zu sprechen, um zu versuchen es zu lösen. Die Nachbarn gaben die Schuld an den Problemen den Geschäften und die Besitzer konnten nichts dagegen tun. Die Raumplaner haben einen ersten Vorschlag gemacht, aber die Nachbarn haben nicht daran geglaubt, also haben die Arbeiter eine Liste gemacht, mit allem was jeder Nachbar wollte und machten auch Bilder, um zu erfahren, was sie darüber denken würden. Einige der Probleme die gelöst wurden: Die Terrassen von Bars und Cafés, jetzt gibt es ein breites Blumenbeet, jetzt können sie nicht so viele Tische haben, und sie sind nicht mehr auf der ganzen Straße. Weil die Straβe eine Sackgasse ist, gab es dort viel Müll, auch im leeren Brunnen. Deswegen versuchten sie den Brunnen zu sanieren. Die Haupttüren von den Gebäuden sind frei vom Blumenbeet, aber sie haben die Zugänge auch genug eng gemacht, damit die Motorräder und Fahrräder nicht dort 88 Protokoll von Ariadna Salgado Sendra 126 parken können. Sie haben auch viele Bäume gepflanzt, Bäume die ziemlich hoch sind, aber nicht sehr breit, damit die Gebäude genügend Licht haben können. Die Autos können nicht mehr in die Gasse fahren, nur von acht bis zehn Uhr Abends dürfen die Fahrzeuge hineinkommen, um die Produkte für die Geschäfte zu bringen. Es gibt noch kleine Probleme am Anfang der Strasse, weil die Pflanzen nicht gut genug gewählt wurden, und sie wurden zerstört, aber sie werden noch mal gepflanzt. Sperrstunden: in Paris darf man nicht die Bars und Lokale um 10 Uhr zusperren, aber die Leute sollen ruhig schlafen können, weil sie früh aufstehen müssen, deswegen haben sie eine gemeinsame Lösung gefunden, und die Lokale sperren nicht um 10 Uhr zu, aber auch nicht erst um fünf, jetzt sperren die Bars um 2 Uhr. Früher gab es Pflastersteine, und sie waren überhaupt nicht schlecht, aber sie machten, dass der Lärm noch lauter war. Sie haben die Fuge zwischen den Pflastersteinen mit einem Kitt bedeckt damit alles gleichförmig ist, und damit es weniger Lärm gibt. Jetzt sehen die Nachbarn dass die Entwicklung war gut, weil sie zusammen gearbeitet haben. Die Pflanzen haben die Restaurants aufgewertet, jetzt gibt es neue Kunden, und die laute Musik ist nicht mehr notwendig, nur leise und ruhige Musik, auβerdem gibt es auch Markisen die die Musik stoppen. Die Gartenstimmung macht dass noch mehr Leute kommen, dass die Geschäfte gut funktionieren und auch dass die Nachbarn ruhiger sind. Es gibt aber noch Probleme mit dem Brunnen und dem Ende der Straße, weil sie eine ehrgeizige Restaurierung machen wollen, und dass der Brunnen wieder funktioniert, aber es gibt noch viele technische Probleme. 95% der Probleme sind gelöst! Am Anfang waren alle die Nachbarn skeptisch, die Einwohner hatten nie gedacht, dass es wirklich möglich wäre, alles zu lösen, und alle waren gegeneinander. Es ist fast unmöglich eine Lösung zu finden, die für alle perfekt passt, aber sie haben eine gemeinsame Lösung gefunden, mit der Partizipation von allen. Die Dauer der Vorbesprechungen war zwischen 8 und 9 Monaten, mit der Ausführung waren es insgesamt 2 Jahre. Die Nachbarn von den anderen Straßen, haben gesehen wie Rue du Tresor sich verändert hat, und sie wollen auch das Gleiche in ihren Straßen. Auf diese Bitten, antworten die Arbeiter vom Rathaus, dass es in der rue du Tresor ein konkretes Problem gab, das sie schon vorher beobachtet haben. In Frankreich ist sehr einfach ein Projekt unter Architekten zu machen, aber wenn das Ministerium auch in dem Projekt arbeitet, ist nicht mehr einfach, weil sie viele Sachen berücksichtigt haben wollen. Das Ziel der Arbeitgruppe: - etwas anders für den Raum machen, nicht für die Autos - Probleme diagnostizieren - Bewegung im Gang - Einzel Schritt Szenario - Durchführen Heute arbeiten sie in le rue du Rosiers, die eine wirklich enge und dunkle Straβe ist, zum Beispiel, die Feuerwehr braucht immer mindestens 3,5 Meter Breite, und es gibt Stellen die nur 4 m breit sind. 127 Damit die Parkplätze verhindert werden, wollen sie viele Hindernisse aufstellen, wie Postkästen, Blumenkästen, Straßenlaternen, usw. Es wird auch keinen Gehsteig geben. Die Priorität sind die Fuβgänger, die Autos, die dort hineinfahren, dürfen nicht die 15 km/h überschreiten. Es gibt nicht das Gefühl von Verkehrstraβe sondern von Fuβgängerzone. Aber das durchzusetzen ist sehr schwierig, weil alle Nachbarn dagegen sind. Neben der teilweisen Erhaltung des Altbestandes (ehemaliges Kühlhaus und nunmehriges Kulturzentrum La Frigo) lassen auch die unterschiedlichen Bauhöhen und die Schaffung von privaten Freiflächen zwischen den Gebäuden das Quartier natürlich gewachsen erscheinen. Die gewinnbringende Verwertung der Grundstücke scheint hier nicht im Vordergrund zu stehen. So ist die maximale Bauhöhe (auch für Bürogebäude) mit 37 Meter festgelegt. Ein Teil der Wohnungen sind Sozialwohnungen. 5.7 Zone d'aménagement concerté (ZAC) „Paris Rive Gauche“89 5.8 Besichtigung von La Gonesse90 Beim Entwicklungsgebiet „Paris Rive Gauche“ handelt es sich um eine so genannte Zone d'aménagement concerté (ZAC), also eine Zone, deren Bebauung von der öffentlichen Hand organisiert wird. Das Gebiet umfasst den gesamten 2,7 Kilometer langen Nordteil des 13. Arrondissements entlang der Seine. Das 130 Hektar große Areal erstreckt sich vom Gare d'Austerlitz bis zur östlichen Vorstadt Ivry-sur-Seine. Betreiber des Projekts ist die Gesellschaft Semapa (Société d'économie mixte d’aménagement de Paris). An der 1985 gegründeten Gesellschaft sind die Stadt Paris (57%), der Staat (5%) und die Region Ile-de-France (5%) sowie die Eisenbahngesellschaften SNCF (20%) und RIVP (10%) beteiligt. Um ein derart großes Projekt zu verwirklichen braucht es nach Christoph Bayle einerseits die Fläche, eine Idee und die Verwirklichung. Andererseits braucht es Zeit, damit ein solches Projekt auf einer soliden Basis steht, es entsteht nicht in einem Kopf, sondern in einem Prozess. Die ersten Planungen erfolgten bereits in den 1970er Jahren, als die auf dem Areal vorhandenen industriellen und Eisenbahnflächen nicht mehr benötigt wurden. Die Idee, das Gelände für eine Weltausstellung zu nutzen, wurde 1981 fallen gelassen. Als mit der Errichtung der ersten Gebäude beim Gare d'Austerlitz begonnen wurde, war geplant, 1 Mio. Quadratmeter Büroflächen zu errichten. So besteht dieser Teil ausschließlich aus Bürogebäuden. Dass das Gebiet dadurch in der Nacht kaum belebt ist, wurde bald als Problem erkannt und auch thematisiert. Als die Büroimmobilienpreise 1991 zu sinken begannen, wurde für die weitere Bebauung eine gemischte Nutzung (Büro, Wohnen, Kultur, Universität) vorgesehen. Ein Projekt wie Paris Rive Gauche ist aber nicht zuletzt auch von staatlichen Interessen abhängig. Dies wird an der Bibliotheque nationale de France deutlich, mit der ein staatliches Monument geschaffen wurde, das das gesamte Entwicklungsgebiet maßgeblich beeinflusst. Das von Staatspräsident François Mitterrand beauftragte Gebäude wurde von Dominique Perrault entworfen. Es erstreckt sich auf einer Grundfläche von 60.000 m². Die vier Ecken des Gebäudes weisen je einen 79 m hohen Turm mit einer durchgehenden Glasfront auf. Die Türme sind L-förmig und symbolisieren ein aufgeschlagenes Buch. In der Mitte befindet sich ein 12.000 m² großer Garten. Dabei wurde die Bebauungsstruktur der Umgebung – Blockbebauung mit begrüntem Innenhof – auf das neue Gebäude übertragen. Bei der weiteren Bebauung südöstlich der Bibliothek wurde und wird vor allem auf größtmögliche Diversität der Bebauung geachtet. So wurde für jedes Gebäude einE andereR ArchitketIn beauftragt. Kleine Blöcke und Straßen und verschiedene Bauhöhen sollen einen möglichst lebenswerten Stadtteil schaffen. 89 Protokoll von Philip König; Bilder auf http://www.parisrivegauche.com 128 La Gonesse ist ein Vorort von Paris, in dem gegenwärtig vor allem zwei Probleme bestehen: - zwei Wohnbausiedlungen, die gegenwärtig umgestaltet werden: Ein relativ kleines Gebiet des sozialen Wohnungsbau mit sehr schlechten Image und ein größeres Gebiet des sozialen Wohnbaus, das wir besuchten (ensemble de la residence Saint Blin) - der Lärm aufgrund der Nähe des Flughafen Charles de Gaulle (auch während unseres kurzen Besuchs flogen einige Flugzeuge über uns). Aufgrund des Lärmproblems wurde ein “Plan d'Exposition de Bruile” (PEP) entwickelt, der besagt, dass es aufgrund des Lärms keine Neubauten mehr geben soll. Das Zentrum von La Gonesse hat sich deswegen in den letzten Jahren kaum verändert. Nach der Gründung von ANRU wurde ein Abrissprojekt eingereicht, es wird dadurch Wohnfläche dadurch gewonnen. Neubauten sind geplant. In der von uns besuchten Siedlung gibt es verschiedene Abrissmaßnahmen: Bei einigen Gebäuden werden Teile abgerissen, um kleinere, übersichtlichere Einheiten zu schaffen (Residentialisierung). Es ist außerdem geplant eine Straße durch die Siedlung durchzulegen, die durch die Teilabrisse erst möglich wird. Die Residentialisierung ist als Maßnahme gegenwärtig in HLM-Siedlungen sehr beliebt. Herman Cruse ist etwas skeptisch, ob dies immer die richtige Lösung sein muss. Er erlebt das Abtrennen und Gruppieren von Wohneinheiten als Trend, der oft nicht reflektiert wird und befürchtet, dass dies genauso ein Fehler sein kann, wie der Bau der Wohnsiedlungen in den 70er Jahren („Es ist nie gut, wenn alle dasselbe machen.”). Neben der Residentialisierung und damit verbundenen Teilabrissen werden manche Gebäude, die in sehr schlechtem Zustand sind, ganz abgerissen. Statt einem großen „Riegel”, der schon abgerissen wurde, werden kleine Wohnhäuser gebaut und die Teil des sozialen Wohnungsbau sein soll. Durch die Abrisse werden von den 600 bestehenden Wohneinheiten 250 abgerissen, 180 allein durch den Abriss des großen „Riegels”. Eine weitere Maßnahme ist die Umbauung bestehender Gebäude, die Balkone wurden neu gestaltet (Glas), die Eingangstür verlegt und grundsätzlich durch die Residentialisierung stärker zwischen öffentlichen und privaten (halböffentlichen) Raum getrennt. Beim Bau der Wohnsiedlungen waren durch die Vermischung von 90 Protokoll von Alena Pfoser Bilder, von oben nach unten 1: kleinere Neubauten in der 2: Neugestaltung der bestehenden Gebäude mit Glasbalkonen 129 privat und öffentlich Zuständigkeiten nicht klar, was zu Vernachlässigungen führte (Sauberkeit etc.). Diesen soll jetzt ausgeräumt werden. Eine Straße wird geschafft (öffentlicher Raum) und Gärten den einzelnen Gebäuden zugeordet (privat bzw. Halböffentlich). Bei der an die Präsentation anschließenden Führung durch die Siedlung besichtigten wir den Bestand der Gebäude und die jüngsten Veränderungen. Bei der Umgestaltung der Siedlungen gibt es prinzipiell zwei Zugangsweisen: - man erneuert ein Quartier allein - man bezieht die gesamte Stadt in die Planung ein Auch wenn Herman Cruse an der Sinnhaftigkeit von Abrissen in großem Stil zweifelt, weil der Zustand der Gebäude noch in Ordnung ist, merkt er an, dass es für die gesamte Stadt durchaus Sinn machen kann. Es ist gut die Wohngebiete in der Stadt zu verteilen. Außerdem besteht die Chance, sich mit Abriss von großen Gebäuden (z.B. Beim Eingang der Siedlung) vom bestehenden schlechten Image zu trennen. Man hat ebenso wie in La Corneuve entschied man sich für einen Gesamtplan. Das Gesamtprojekt für die Umgestaltung der Siedlung kostet 80 Mio. Euro und soll 2010 fertig gestellt werden. Politique de la Ville: Das Programm der Politique de la Ville, in dessen Rahmen die Umgestaltung der Siedlung läuft, besteht mittlerweile seit ca. 30 Jahren. Während der Fokus anfangs auf dem Baulichen lag, richteten sich die Maßnahmen ab den 90er Jahren auch verstärkt auf die in Siedlungen lebende Bevölkerung (Schwerpunkte: Infrastruktureinrichtungen und Vereine/nachbarschaftliche Aktivitäten). Heute stehen in erster Linie die Residentialisierungen und der Abriss von Gebäuden im Vordergrund, die Bevölkerung wird vor allem in Bezug auf Umsiedlungen adressiert. Für die im Bestand lebenden Menschen gibt es wenig Programme. Die Veränderungen der Politique de la Ville führt Herman Cruse auf den Regierungswechsel zurück. Durch die Jugendunruhen hat sich jedoch die Wahrnehmung wieder verschoben. Im Bezug auf die Jugendaufstände im Herbst gibt Cruse an, dass es in der besichtigten Siedlung zwar kleinere Vorkommnisse gab, diese sich aber in Grenzen hielten („kein richtiger Aufstand”). 30 Autos wurden in einer Woche angezündet, allerdings war nur eine kleine Gruppe an Jugendlichen daran beteiligt (5-10). Als Reaktion auf die Unruhen gibt es jetzt wieder einen stärkeren Fokus auf Soziales („remettre l'action sociale”). Es dauert aber mind. zwei Jahre bis diese Maßnahmen sich auswirken (Projektentwicklung, Umsetzung, usw.). „Sozialer Wohnungsbau ist nur eine Etappe” 130 Im Zusammenhang mit den Abrissen besteht die Notwendigkeit Leute umzusiedeln. Grundsätzlich ist Hermann Cruse der Meinung, dass Leute nicht lange in einer sozialen Wohnbausiedlung, wie die besichtigte, leben sollten. Man gegenwärtig in Verhandlungen die BewohnerInnen mit Angeboten einer Wohnung im Zentrum der Stadt zu einem Umzug zu bringen. Die Wohnungen seien um denselben Preis zu haben und haben ungefähr diesselbe Größe. Besonders Menschen, die schon über 15 Jahre in der Siedlung leben, zeigen nach Cruse jedoch eine starke Identifikation mit dieser und wollen nicht umziehen. 5.9 Stadtspaziergang91 Nach dem Treffen mit Verantwortlichen der Stadtverwaltung des Marais über die Stadterneuerungsprojekte in der rue de trèsor und rue de rosiers, folgte eine kurze private Pause. Diese wurde für schnelle Sightseeing-Tours auf der île de la cité oder einen Besuch im Pavillon de l’Arsenal, mit einer Ausstellung über Architektur und Raumplanung in der Stadt Paris, genutzt. Um 17 Uhr folgte ein Treffen mit einem Geographieprofessor der Universität Paris-Sorbonne, der sich im Rahmen seiner Uni-Tätigkeit mit Stadtentwicklung beschäftigt. Mit Hilfe eines Spaziergangs verdeutlichte er die Veränderung der Nutzungen, Bedeutung und Wohnbevölkerung dieses Stadtteils im Laufe der Zeit. Dieses Gespräch war einer der wenigen Vorträge auf Englisch, diese Tatsache war zwar eine Entlastung für die Übersetzer, allerdings war der Professor von einem sehr starken französischen Akzent geprägt, sodass er nur sehr schwer verständlich war. Begonnen wurde der Spaziergang vor dem Hôtel de Ville der Stadt Paris, dem Rathaus, welches direkt an der Seine liegt. Die Rue de Rivoli ist eine wichtige Achse in Paris, sie führt beim Palais und Museum Louvre vorbei und mündet in die ChampsElysées. Diese wohl bekannteste Straße von Paris führt zum Triumphbogen und dem place d’etoiles (= Sternenplatz, aufgrund der sternförmigen Anordnung der einmündenden Straßen) und führt die wichtigste Hauptachse Paris weiter, die von La Défense mit den neuen Triumphbogen Grande Arche begrenzt wird. Die Verbindung zur Champs-Elysées macht die Rue de Rivoli so bedeutend. In der Umgebung dieser Achsenverbindung befinden sich ebenfalls wichtige Achsen und Straßenzüge. Beispielsweise die Rue de St. Denis, die früher von Prostitution beprägt war, welche heute in den Norden Paris zurückgedrängt worden ist. Die Rue de St. Denis ist heute eine wichtige Einkaufsstraße. Auf dem Weg von Hôtel de ville zum Forum les Halles liegt ein kleinerer Platz mit dem Springbrunnen Fontaine des Innocents. Der Platz wird an einem normalen Samstag von 60.000 Menschen überquert. Die große Nähe zu den Einkaufszentren von les Halles ist spürbar. Diese Gegend war Ende der Siebziger eine sehr populäre 91 Protokoll von Andrea Pumberger Bilder, von oben nach unten 1: Les Halles 2: Centre Pompidou 3: Place des Vosges 131 Gegend für Intellektuelle und Künstler, damals waren die Wohnungspreise noch nicht so hoch, beziehungsweise für die Mittelschicht gut leistbar. Heute ist die Umgebung von les Halles ein gefährlicheres Pflaster. Neben den vielen teuren Geschäften rund um den Platz, hat sich in einem Geschäftslokal auch eine Polizeistation eingemietet. Unser Spaziergang führte uns weiter zum Forum les Halles. Schon seit dem Mittelalter befand sich an dieser Stelle der wichtigste Markt von Paris. Im Zuge der Neugestaltung von Paris unter Haussmann im 19. Jahrhundert wurden zehn große Hallen aus einer Eisenkonstruktion errichtet. Mitte des 20. Jahrhundert waren die Verhältnisse rund um die Hallen aber zu chaotisch geworden und eine Neukonstruktion unumgänglich. Der Abriss der ursprünglichen Hallen führte damals in Paris zu einem Sturm der Entrüstung. In den Siebziger Jahren wurden die Hallen neu geschaffen. Es entstanden Ladenpassagen, deren geschwungene Stahlträger an die ursprünglichen Hallen erinnern sollten. Auf dem Foto links sieht man les Halles von außen. Unterirdisch entstand ein ausgedehntes Einkaufs- und Freizeitzentrum, das sich bis in 25 Metern Tiefe über vier Etagen erstreckt. Der traditionelle Marktplatz les Halles, wird auch heute noch von der Bevölkerung stark genutzt. Aufgrund der perfekten öffentlichen Erreichbarkeit sind die Besucher nicht nur aus der direkten Umgebung des Einkaufszentrums. Les Halles ist ein Fadenkreuz von sieben (!!) U-Bahnstationen und zwei RER-Stationen, es ist das Zentrum des öffentlichen Verkehrs. Vor allem die gute RER-Anbindung trägt zur guten Auslastung der Einkaufshallen bei, viele Menschen kommen aus den Vororten in relativ kurzer Zeit hierher. Es folgte ein Spaziergang durch die Gässchen von Paris, kleine Cafès, Restaurants (unter anderem das erste Pariser Schneckenrestaurant „Escargots“). Der vortragende Geografieprofessor zeigte anhand dieser Gegend die Veränderung der Bevölkerung und des Geschäftsansiedelungen im Laufe der Zeit. Beispielsweise Bereiche, die früher von traditionellen Geschäften geprägt waren und heute zu sehr trendigen Gegenden gehören. In den letzten 10-15 Jahren hat sich hier auch eine kleine Hightech Industrie und Software Industrie entwickelt. Die Ausführungen des Professors waren immer stark vom privaten Wissen eines Pariser geprägt, interessante Ausführungen, die man sonst nicht erfahren würde. Der nächste längere Zwischenstopp war das Centre Pompidou, welches auf der oben angeführten Karte mit einem blauen Pfeil dargestellt ist. Georges Pompidou wollte wie viele französische Staatsoberhäupter Paris seinen Stempel aufdrücken. Er war stark für den Beginn der Modernisierung von Paris verantwortlich und setzte sich mit dem Kulturzentrum Centre Pompidou ein bleibendes Denkmal. Die Ästhetik dieses Gebäudes ist bis heute umstritten, unter anderem deshalb, weil für den großen Komplex mehrere Häuserzeilen des dicht bebauten Gebiets niedergerissen wurden. Um eine möglichst große Ausstellungsfläche zu erhalten, verlegte man den gesamten Versorgungsapparat in große Röhren, die an der Außenseite des Gebäudes angebracht sind. Dadurch ergibt sich auch die markante Fassade des Centre Pompidou. Auf drei Geschossen 132 befindet sich eine große Bibliothek, die sehr populär ist. Außerdem gibt es wechselnde Ausstellungen im Gebäude, derzeit über „le mouvement des images“. Zwei Geschosse sind für Theatervorstellungen, Konzerte, Festivals und Kinovorführungen reserviert. 2000 wurde das Centre Pompidou geschlossen, renoviert und ist jetzt wieder geöffnet. Der Grundgedanke von Georges Pompidou war es, ein Kulturzentrum zu schaffen, das für jedermann zugänglich sein sollte. Vor der Renovierung war der Besuch des Centre Pompidou gratis, sogar Kaffee konnte unentgeltlich erworben werden. Heute ist bis auf den Besuch der Bibliothek (die öffentlich ist, somit kann man keinen Eintritt verlangen) Eintritt zu zahlen. Die Gegend um das Centre Pompidou war früher ganz typisch französisch, heute hat sich das geändert. Benachbart zum Kulturzentrum ist das Untersuchungszentrum für technische Musik, wo zum Beispiel Musik durch aufgestellte Bleche und den Wind erzeugt wird. Diese Bereiche sind die Gegenden, die sich derzeit am meisten verändern. Trendige Orte, mit vielen neuen Geschäften, neuer Branchenstruktur und einer veränderten Bevölkerungszusammensetzung. Der Endpunkt des Programms des Mittwochs war der Place des Vosges, in der Stadtplankarte mit einem gelben Pfeil gekennzeichnet. Der frühere place Royale, erhielt seinen jetzigen Namen nach den Vogesen, die nach der französischen Revolution als erste ihre Steuern an die neu gegründete Republik zahlten. Der Platz besteht aus absolut einheitlichen Gebäuden, die aus rotem Backstein und gelblichen Kalkstein bestehen. Der Place des Vosges in seiner Ursprungsform war nur von den Häusern beschränkt, der gesamte eigentliche Platz war leer. Diese freie Fläche war Schauplatz für öffentliche Turniere und pompöse Festlichkeiten. Der Platz verdankt seine Berühmtheit einerseits dadurch, dass er den Beginn der systematischen Stadtplanung in Paris darstellt. Andererseits durch berühmte Persönlichkeit, die in den Häusern rund um den Platz gelebt haben, zum Beispiel Victor Hugo. Der Place des Vosges symbolisiert vor allem die Tradition und die Geschichte. Aber er ist auch ein Symbol für die Bedeutung dieser gesamten Gegend für das Aufgreifen und Schaffen von neuen Trends. 5.10 „Segregation à Paris“ mit Prof. Eduard Preteceille vom DFJ92 5.10.1 Überblick Eduard Preteceille arbeitet beim, in den sechziger Jahren gegründeten, Deutsch Französischen Jugendwerk. Das Ziel der Organisation ist die Stärkung der Zusammenarbeit und die Entwicklung von mehr Verständnis der Jugendlichen aus unterschiedlichen Ländern für einander. Die Organisation hält hierfür Seminare ab, bei denen die Teilnehmer die Möglichkeit haben Kultur des andren durch dessen Augen kennen zu lernen und sie dadurch auch besser zu verstehen. Durch diese Art der Zusammenarbeit kann das Entstehen von Vorurteilen vermieden, oder diese zumindest abgebaut werden. Um die Entwicklung und Strukturen von Paris besser nachvollziehen zu können machte uns Eduard Preteceille mit der Machtverteilung der Stadt bekannt. Der Staat besaß bis Mitte der 70-er Jahre des 21. Jahrhunderts die Kontrolle über die Stadt Paris. Hierfür wurde eigens das Amt des Präfekten der Seine erschaffen. Erst 1977 wurde Jacques Chirac zum der erste frei gewählte Bürgermeister von Paris. Die 92 Protokoll von Anna Várdai 133 bis dahin, dem von der Regierung ernannten Präfekten, unterstehende Hauptstadt erhielt nun den gleichen Status wie alle übrigen Gemeinden Frankreichs. Diese ungewöhnliche Machtkonzentration ermöglichte es den jeweiligen Staatsvorsitzenden sich ihre eignen Monumente in der Stadt zu setzen. Beispiele hierfür sind das Centre Pompidou, die Bibliothèque Nationale, Musée d´Orsay, la Villette, Cite des Sciences et de l´Industries-la Villette,… Der nächste Punkt des Vortrages bezog sich auf die immer wieder ausbrechenden Unruhen in den Pariser Banlieues, die im vergangenen Herbst einen unerwarteten Höhepunkt erreicht haben. Für die Unruhen in den Pariser Vororten im Herbst letzten Jahres gibt es unterschiedliche Deutungsarten. So werden die Geschehnisse aus philosophischer Sicht auf die unterschiedlichen Religionen und Kulturen zurück geführt. Jedoch muss man mit dieser Interpretationsweise sehr vorsichtig sein, da nach dieser Theorie ein zusammenleben verschiedener Kulturen nie möglich sein wird. Man kann nur annehmen, dass die unterschiedlichen kulturellen Hintergründe zu den Krawallen beigetragen haben, jedoch sind sie sicherlich nicht der Hauptgrund für die Eskalation. Bei diesen Aufständen ist nicht nur die momentane Lage der Betroffenen von Bedeutung sondern auch ihre Vergangenheit. So kommt ein Großteil der in Banlieues lebenden Bevölkerung aus ehemaligen Kolonien. Somit entsteht auch ein Opferdiskurs mit historischem Hintergrund. Die wesentlichsten Gründe für Ausschreitungen sind die hohe Arbeitslosigkeit, die Isolierung und Ausgrenzung dieser ethnischen Minderheiten. Die Jugendlichen sehen keinen Sinn mehr darin in das „System“ zu investieren. Ihre Väter haben meist schlecht bezahlte Jobs, beherrschen die französische Sprache meist nicht gut. Durch diese Faktoren verlieren sie an Ansehen in den Augen ihrer Kinder und ihre Vorbildwirkung schwindet. Auch die älteren Brüder der heute 12-16 jährigen haben keine Vorbildwirkung mehr für ihre jüngeren Geschwister, da sie in ihren Augen ebenfalls versagt haben. Sie haben hart darum gekämpft in die französische Gesellschaft integriert zu werden, und haben meist trotzdem nichts Erreicht. Die dadurch erzeugte schlechte finanzielle Lage führt dann zusätzlich auch zur räumlichen Segregation, zur Ghettoisierung. Diese Chancenlosigkeit in der Gesellschaft etwas zu erreichen löst bei den Jugendlichen eine binäre Wahrnehmung „wir“ und „die anderen“ aus. Sie besitzen zwar alle äußerlichen Merkmale der Mehrheitsgesellschaft, jedoch haben sie nicht die sie die gleichen Chancen. 5.10.2 Französische Immigrationsgeschichte Frankreich ist seit dem 19. Jahrhundert ein Einwanderungsland. Den Immigranten werden durch die Verleihung der Staatsbürgerschaft die gleichen Rechte zugestanden wie den Franzosen. Nach dem republikanischen Prinzip soll jeder Staatsbürger ein „Citoyen“, ein eigenverantwortliches Individuum, sein. So existiert in Frankreich eine umgekehrte Werteskala als in den meisten europäischen Ländern. In der französischen Gesellschaft steht die Gesellschaft über der Gemeinschaft. Aus diesem Grund werden Kinder meist schon im Alter von 3-4 Jahren eingeschult, um somit von der Gemeinschaft, der Familie, befreit zu werden. Das republikanische Modell, auch Assimilationsmodell genannt, lässt sich noch auf den Leitspruch der französischen Revolution zurückführen: „Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit“. Jedoch wird zurzeit häufig darüber debattiert, ob dieses Modell heute 134 noch wirklich angewandt wird und ob das Versprechen das den Einwanderern gegeben wurde noch eingehalten wird. Die Deutungen der Aufstände weisen darauf hin, dass die aufständischen Jugendlichen nicht mehr Rechte einfordern, sondern für die Durchsetzung der ihnen bereits zugesprochen Rechte kämpfen. Dies indiziert, dass sie sich bereits als Franzosen fühlen würden wenn sie von der Mehrheitsgesellschaft auch so behandelt werden würden. Die Diskriminierung der Einwanderer wurde in Frankreich lange Zeit tabuisiert. Man dachte, dass die Zugeständnisse der gleichen Rechte zur Integration der Migranten ausreichen würden. Als endlich die Probleme erkannt wurden, wurden die falschen Maßnahmen von politischer Seite gesetzt, so wurde beispielsweise die Nachbarschaftspolizei durch ortsfremde Polizisten ersetzt. 5.10.3 Folge der Krawalle Nach dem Ausbruch der Aufstände im vergangenen Herbst kamen von politischer Seite viele Versprechungen um die Lage der Bevölkerung in den Vororten zu verbessern, aber es wurde bisher kam etwas umgesetzt. Ein Bereich in dem es bereits Veränderungen gab ist das Bildungssystem. So soll auch Jugendlichen die aus schlechteren Wohnvierteln kommen die Chance geboten werden in den Grand École, den französischen Eliteschulen, zu studieren. Hierfür wurden für diese Jugendliche andere Aufnahmekriterien entwickelt. Der Grund dafür liegt darin, dass in Frankreich die Schulen entsprechend dem Wohnstandort zugeteilt werden. So kommen Kinder die in ärmeren Vierteln wohnen automatisch in meist schlechtere Schulen, die ihnen später keinerlei Aufstiegschancen bieten. 5.11 Les Frigos vs. ZAC Rive Gauche93 Einfügen: pdf von marlene 5.12 Zusammenfassung/chronologischer Überblick94 5.12.1 Stadtspaziergang Canal Saint Martin – Gare de l’est – Point éphémère – sapeurs pompiers – La Villette – Barbès Vom Hotel République weg sind wir entlang des Canal Saint Martin zum Gare de l’est gegangen. Dort haben wir uns den Bahnhof und die kleine Ausstellung zur Erweiterung des TGV Netzes nach Straßburg kurz angeschaut. Zurück am Kanal sind wir beim „point éphémère“ eingekehrt. In einem kurzen Vortrag haben wir erfahren, dass der „point éphémère“ eine Organisation ist, die junge Künstler unterstütz. Das Gebäude, wo „point éphémère“ untergebracht ist, war ein Geschäft für Baumaterialien. Nachdem dieses Geschäft übersiedelt ist hat die Stadt Paris entschieden, an diesem Standort als Zwischennutzung der Organisation Unterkunft zu geben. Es gibt eine Konzerthalle, einen Ausstellungsraum, Tanzstudios, Ateliers, Proberäume und ein Restaurant. Der „point éphémère“ bietet jungen unbekannten talentierten Künstlern, die zum Beispiel gerade ihre Ausbildung 93 94 Protokoll von Marlene Wagner Protokoll von Hannah Steiner 135 abgeschlossen haben, die Räumlichkeiten um Projekte zu verwirklichen. Eine andere Aufgabe des „point éphémère“ ist ein neues Zentrum / Treffpunkt für die Bewohner des Viertels zu erstellen, das Viertel attraktiver zu machen und Leute aus ganz Paris und Umgebung anzulocken. Ab 2007 wird der „point éphémère“ an diesem Standort nicht mehr bleiben können, da neue Nutzungen von der Stadt vorgesehen sind. Nach dem Besuch des „point éphémère“ sind wir, die daneben gelegene Feuerwehrbezirksstelle besichtigen gegangen. Mit der Métro sind wir dann zum Parc de LaVillette gefahren. Dort sind wir durch Park spaziert, haben uns die radikale franz. Landschaftsplanung zu Gemüte geführt und haben uns „la Géode“ und „la cité des sciences et de l’industrie“ angeschaut. Von dort sind wir mit der Métro nach Barbés gefahren. Wo wir durch die cirka ärmste Gegend von Paris spaziert sind und auch einen Polizeiaufmarsch auf der Straße gesehen haben. 5.12.2 „ZAC – rive gauche“ präsentiert von Christoph Bayle (SEMAPA) mit Führung durch das Gebiet Die „ZAC – rive gauche“ ist ein Entwicklungsgebiet an der Seine im 13. Arrondissement. Ursprünglich ist das Gelände Teil der SNCF (Eisenbahnbetriebe) gewesen. In den 70er Jahren dachte man, dass der Bahnverkehr zurückgehen wird und die SNCF hat den größten Teil des Geländes mit einem speziellen Vertrag an die Stadt Paris verkauft. So wie ich diesen speziellen Vertrag verstanden habe, ist es eine Vereinbarung, dass die Stadt bzw. der Bauträger den Grund erst dann tatsächlich kauft wenn ein Projekt für das bestimmte Teilgebiet geplant ist. Das Spezielle an dem Vertrag ist also, dass keine Geldflüsse sofort stattgefunden haben und das Erstellen eines gut durchdachten Entwicklungskonzepts für das neue Viertel, ohne Zeitdruck möglich war. Heute sind in dem Gebiet Wohn- und Bürozonen, es gibt Standorte von Universitäten und die „Bibliotheque nationale de France“ (Nationalbibliothek Frankreichs) hat sich hier angesiedelt. Diese sind in 3 Zonen verteilt, welche von 3 verschiedenen Architekten geplant wurden. Die Gebäude stehen alle auf einer Platte. Darunter sind noch immer Bahngeleise, ich glaube 15 Spüren. Es wurde auch ein Bahnhof unter der Platte eingerichtet. Gemeinsam mit Christoph Bayle haben wir uns das Gebiet angeschaut, das bereits Entstandene. Im Anschluss haben wir ein Überbleibsel aus dem alten Industrieviertel „Les Frigos“ (Kühllagerhallen) besichtigt. Nachdem die Kühllager geschlossen wurden, haben sich Künstler angesiedelt, die dort ihre Ateliers, Proberäume etc. eingerichtet haben und bis heute geblieben sind. Seine gelegene Gebiet „ZAC – rive gauche“. Er baute sich sein Denkmal, wie George Pompidou Beaubourg und Charles de Gaulle einen Flughafen gebaut haben. Dazu kam noch, dass ein Machtwechsel in Paris stattgefunden hat. Lange Zeit war das Rathhaus konservativ belegt, heute sind die Sozialisten an der Macht. Den Sozialisten hat die Idee gefallen keine Bürogebäude zu bauen. Die SEMAPA entwickelte also ein Konzept mit einer Nationalbibliothek, Wohn- und vereinzelt Bürogebäuden. 5.12.4 Stadtspaziergang Montmartre - Pigalles Bei Abenddämmerung sind wir vor das Sacré Coeur gegangen, um Paris von oben anzuschauen. Bei einem der vielen Crêpe Restaurants haben wir die franz. Spezialität gekostet und sind anschließen Richtung Pigalle gegangen. Bei Pigalle haben wir festgestellt, dass es viele Sexshop und –Bars gibt und, dass bei Moulin Rouge nach wie vor die Leute Schlange stehen. 5.12.5 Michel Bonetti präsentiert das Projekt „Hauts de Belleville“ Am IFU sind wir von einem Lehrenden und vom Direktor des IFU empfangen worden. Wir haben über verschiedenes diskutiert. Unter anderem haben wir auch erfahren, dass im Gebiet der „ZAC - rive gauche“ anfänglich nur Bürogebäude geplant waren. In der 80er Jahren gab es aber eine Büroimmobilienkrise und man hätte die Büros niemals alle vermieten können. Der französische Präsident (ich glaube François Mitterrand) suchte zur gleichen Zeit einen neuen Standort für die Nationalbibliothek und entschied sich für das an der Michel Bonetti ist Soziologe und arbeitet für CSTB (Centre Scientifique et Technique du Bâtiment). Das CSTB ist ein Unternehmen das neue Bautechnologien entwickelt. Michel Bonetti hat die Aufgabe Renovierungsvorschläge / Neugestaltungen für Wohn- und Freiräume zu entwickeln, die dann Architekten planen sollen. Die CSTB arbeitet an der Beziehung zwischen Konzeption und Nutzung des Raums und stellt gleichzeitig den Ansprechpartner für Bewohner dar. Laut Bonetti sind Architekten in Folge für die Pflege und Benutzung des Raums zuständig. Bonetti beschreibt, dass in den 70er Jahren es eine starke Hinneigung zum Abriss gab. Auch in Belleville war das der Fall. Belleville hatte einen dörflichen Charakter, der durch die Riesenbauten zerstört wurde. 1974 wurde der großräumige Abbriss verboten, was mit dem Präsidentenwechsel von Georges Pompidou zu Valéry Giscard d'Estaing zu tun hatte. Es gab Gegebenbewegungen / Vereine, die sich gegen diese radikalen Abrisse gewehrt haben, um Plätze wie Place des Fêtes zu verhindern. Place des Fêtes ist ein Platz, der reine Fußgängerzone ist und war als Agora / Treffpunkt / Aufenthaltsort geplant. Er wird allerdings nur zum überqueren von zu Hause zur Métro und umgekehrt genutzt. Man sieht auch auf dem Foto das unten angehängt ist, dass der Platz nicht wirklich einladend ist. Bonetti meint, dass Städteplaner und Architekten gerne neue Plätze schaffen, diese sind unerprobt und funktionieren meistens nicht. Bonetti sagt, dass es die Straße seit 2000 Jahren gibt und funktioniert. Er versteht nicht warum sie nicht mehr von Planern heute geschätzt wird. Besonders kritisiert er hier die ideologisch, technokratische Ära aus den 70er Jahren. Die Straße hat viele Komponenten des alltäglichen Lebens welche einem auch ein Sicherheitsgefühl geben kann. Zum Beispiel fehlen auf dem Place des Fêtes (vorbeifahrende) Autos, was vor allem in der Nacht eine wichtige Rolle spielt. Michel Bonetti ist überzeugt, dass man die Sicherheit in öffentlichen Räumen um 50% erhöhen kann, indem man Alltägliches ins Geplante einbaut. Die Räume sollen diverse Funktionen und Aufgaben haben. Der Unterschied zwischen Wien und Paris ist., dass in Wien nicht so radikal wie in Paris Abgerissen wurde. Es wurde behutsamer vorgegangen (nach der Amsterdamer Schule). 136 137 5.12.3 Diskussion am IFU (Institut français d’urbanisme) in Noisy Champs Die Fahrradverwendung in Paris ist nicht einfach, weil die Stadt sehr hügelig ist, d.h. mit einem gewissen Alter ist es aus Konditionsgründen nicht mehr möglich das Fahrrad zu benutzen. Abgesehen davon ist das Fahrradfahren auch nicht lustig, da es einen starken Autoverkehr gibt. Die Stadt unterstützt trotzdem Radfahrprojekte und weitet das Radwegenetz aus. Bonetti hat eine kurze Stellungnahme zu La Défense genommen: Anfänglich war Bonetti ein Gegner von La Défense. Heute glaubt er, dass es Paris gut getan hat, ein Büroviertel außerhalb der Stadt zu errichten. So ist es Paris möglich gewesen seine belebten Straßen zu behalten und die Stadt eine Stadt der Bewohner zu bleiben und nicht der Arbeitswelt Platz macht. Falls La Défense nicht errichtet worden wäre, könnte Paris jetzt große Teile wie den 1.Bezirk in Wien haben, wo nur die Arbeitswelt existiert. Zum Stadtviertel Belleville hat Bonetti noch hinzugefügt, dass die Bevölkerung relativ gemischt ist. Es gibt 30% Migranten, eingige Bobos, Künstler und andere. Die Problematiken sind hier dadurch nicht so groß wie in den Banlieus. Zum Projekt an dem Michel Bonetti mitgearbeitet hat: Die Häuser in denen ca. 1000 Sozialwohnungen sind, sind ursprünglich 1970 erbaut worden. 1995 wurden diese Häuser von der CSTB umgestaltet. Was war die Problematik: - die Häuser waren der Öffentlichkeit zugänglich - in den Eingangshallen war regelrechte Fluktuation, da z.B. Leute um ihre Kinder in die Schule zu bringen durch die Häuser durchgingen - Jugendliche hielten sich in den Einganghallen auf und verzapften Unruhe, teilweise waren sie auch aggressiv - Die Bewohner fühlten sich unsicher und luden daher auch keine Gäste ein - Es fehlte das Identitätsgefühl - Überall waren Graffiti - Müll war auf den Vorplätzen verteilt - Die Hausmeister wussten nicht welcher Teil zu ihnen gehörte und welcher zu dem des nächsten Hausmeisters - Vorplätze waren betoniert, es gab kein Grün Was wurde geändert und was waren die Folgen: Die große Gebäudeeinheit wurde in 6 neue kleinere aufgeteilt und die halböffentlichen Bereiche von einander und von der Straße klar abgegrenzt. Den Hausmeistern wurde klar welcher Bereich zu ihrem Tätigkeitsbereich gehört. Auch das Verantwortungsgefühl bei den Hausmeistern ist dadurch gestiegen. Ein weiterer Effekt ist, dass sich nicht irgendjemand Fremder vor oder im Haus aufhalten kann, was wiederum auch den Bewohner mehr Eigentumsgefühl gibt. Die Leute fühlen sich bei sich zu Hause und schmeißen den Müll nicht mehr einfach aus dem Fenster. Ein Sportplatz für Jugendliche wurde gebaut, wo auch ein Aufenthaltsort mit Dach geplant war, damit sich die Jugendlichen auch bei Regen treffen können. Die Umsetzung vom geplanten Aufenthaltsort ist durch die Stadt stark verändert worden und kann daher nicht wie vorgesehen benutz werden. Die Wohnungen und Büro der Hausmeister wurden von einander getrennt und die Büros an die Front des Hauses verlegt. Das hat den Effekt, dass die Hausmeister klar von Arbeit und Freizeit unterscheiden können. Ein Fenster vom Hausmeisterbüro zur Straße hin mit großem Empfangsschild wurde eingerichtet, die Sichtbeziehung zwischen Straße und Hausmeister ist hergestellt. Hiermit kontrolliert der Hausmeister automatisch was sich vor dem Haus abspielt, der Hausmeister hat das Gefühl jederzeit überprüft werden zu können und ist daher aktiver. Von außen schreckt die Tatsache dass, jemand die Straße / den Vorplatz beobachtet böswillige Personen ab. Die Eingangshallen sind verschönert worden. Dadurch fühlen sich die Bewohner wohler, es trägt dazu bei, dass die Bewohner sich mit ihrem Wohnhaus besser identifizieren können. Bei den meisten Vorplätzen ist der Beton durch Wiese, Büsche und Bäume ersetzt worden. Die Bäume verstecken die riesige Betonmasse der Häuser und lassen sie kleiner wirken. Auch die Begrünung trägt zum Identitätsgefühl der Bewohner bei. Die Begrünung war nur möglich, weil Pflanzen gezüchtet werden, die resistenter sind und weniger Nährboden brauchen. Unter dem ganzen Gebiet sind nämlich 5 Geschoße Parkgarage. Was eine weitere Erschwernis bei der Begrünung war, ist das es 2 Gegnergruppen gab. Die einen sagten: Hauptsache die Armen haben gute Wohnungen, aber Gärten brauchen sie nicht. Die anderen waren der Meinung: In der Stadt hat es nicht grün zu sein, wer Grün will muss in die Banlieu fahren. Bei der Entwicklung der Umgestaltung gab es auch Beteiligungsverfahren, welche 4 Monate lang gedauert haben. Der Hausmeister hat zu den Beteiligungsverfahren jeden Einzelnen Bewohner persönlich eingeladen, was die Beteilung der Bewohner förderte. Fast alle Bewohner haben sich beteiligt. Der Entwicklungsprozess schaute ca. so aus: - Beobachtung und Analyse des Gebiets - Versammlung mit den Hausmeistern – die Annahmen zu den Problematiken wurden hier bestätigt - Es wurden 7 Gruppen eingeteilt (6 Gruppen wie die neue Häusereinteilung und eine Gruppe für den Sportplatz) - 3 Phasen Versammlung in jeder der 7 Gruppen - Der Architekt hörte die Vorschläge der Bewohner an - Der Architekt stellte seine Pläne vor Zusammenfassend, es ist wichtig den Bewohnern ein Identitätsgefühl zu ihrer nächsten Umgebung, zu ihrem Gebäude, zu ihrem Stiegenhaus etc. zu vermitteln, damit diese den Raum schätzen und pflegen. Zum Schluß hat Herr Bonetti noch erwähnt, dass es in Paris ein Privileg ist eine Sozialwohnung zu haben, da es jährlich 100 000 Anfragen gibt und jährlich nur 4 000 Wohnungen verfügbar sind. Michel Bonetti ist aus Erfahrung uberzeugt: „Je mehr Vertrauen man in Bewohner setzt, desto mehr wird die Planung respektiert.“ 138 139 5.12.6 Präsentation der Umgestaltung der „Rue de Trésor“ von JeanDidier Laforgue Herr Laforgue stellte uns die Umsetzung des Projekts „ Rue de Trésor“ vor. Das Projekt wurde in die Wege geleitet, da es über lange Zeit große Beschwerden der Bewohner dieser Straße bei der Mairie gab. Hauptsächlich handelte es sich um Lärmbeschwerden. Es wurden Lösungsvorschläge von Planern ausgearbeitet, die mit den Bewohnern, den Geschäftsleuten und den Bar- / Restaurantbetreibern besprochen und teilweise daraufhin abgeändert wurden. Heute ist das Projekt zum größten Teil realisiert und ist von allen Betroffenen relativ gut angenommen worden. Ein weiteres Projekt „Rue des Rosiers“ wurde uns vorgestellt. Hier ist die Ausgangposition eine andere. Die genannte Straße ist die Straße der jüdischen Geschäfte bzw. Restaurants. Dementsprechend ist dort viel los. Die Straße ist eng und hat großteils nur 30cm Breite Gehsteige. Das führt dazu, dass Fußgänger auf der Fahrbahn gehen müssen. Man entwarf einen Plan, der den Fußgängern bessere Bewegungsmöglichkeiten bietet, der die Autos vorsichtiger Fahren lässt, der verhindert Autos sich unerlaubt zu Parken und die Mindestbreite der Fahrbahn für Feuerwehreinsätze einhält. Der Plan wird momentan realisiert und der Bezirk hofft darauf, dass die Betroffenen, die ursprünglich gegen ein solches Projekt waren, es positiv annehmen werden. 5.12.7 Stadtspaziergang mit Geografen in Les Halles – Centre Pompidou Gemeinsam mit einem Geografen, von wem mir leider der Name nicht bekannt ist, spazierten wir durch Les Halles, am Centre Pompidou vorbei bis zum Place des Vosges. Vor allem hörten wir geschichtliches über diese Orte. Am stärksten ist mir der Häuserblock am nördlichen Teil des Vorplatzes des Centre Pompidou in Erinnerung. Dort wurden, soweit ich mich erinnere in den 70er Jahren, die Häuser komplett abgerissen bis auf die Fassaden. Dahinter wurden typische Häusergebilde der Zeit hingebaut. Von außen nimmt man nicht war, dass hinter den Fassaden etwas anderes als zu erwarten ist. Erstaunlicherweise scheint, dieser Wohnblock zu funktionieren. Nach meinem Gefühl halten sich Gewalt und Randalieren in Grenzen, nicht so wie bei vielen anderen Bauprojekten der 70er Jahre. 5.12.8 Vortrag von Gérard Gabert (Deutsch Französisches Jugendwerk) Was ich aus diesem Vortrag mitgenommen habe ist, dass man Personen aus anderen Kulturen nicht so bewerten darf wie jemanden aus der Gleichen. Herr Gabert hat verschiedene Beispiele gebracht wie sich die doch ähnlichen Kulturen Deutschlands und Frankreichs unterscheiden und wo ein Verhalten das in der jeweilig anderen Kultur das Gegenteil bedeutet. 5.12.9 Vortrag zu „Segregation in Paris“ von Eduard Préteceille Der Vortrag von Eduard Préteceille war ein sehr wissenschaftlicher über die Segregation in Paris. Laut den Analysen, die uns gezeigt wurden, lebt in Paris fast nur mehr die reiche Gesellschaftsschicht. Die „Reichen“ findet man auch in Westen von Paris bis hinaus zu Versailles und weiter. Die arme Gesellschaftsschicht lebt hauptsächlich in den angrenzen Gebieten im Norden von Paris und sehr kleine Gruppen in Paris (auch im nördlichen Teil). Die Mittelschicht hat sich im Osten und Süden von Paris angesiedelt. 5.12.10 Diskussion mit Studenten aus der Science Po, Michel Micheau und 2 Raumplanungsbeauftragten der Stadt Paris In der Science Po hatten wir Gespräche mit 2 Vertretern von der Städtebauabteilung der Stadt. Leider haben wir keine objektiven Stellungnahmen gehört. Ich hatte eher das Gefühl, dass wir in einer Werbeveranstaltung für den Pariser Städtebau sitzen. 140 In ein paar, leider wenigen Gesprächen mit Studenten im Anschluss, fanden ein paar Kollegen und ich heraus, dass die Studenten der Stadtpolitik sehr kritisch gegenüberstehen. Es war sehr interessant mit ihnen zu plaudern und es ist schade, dass wir nicht mehr Zeit mit ihnen hatten. 5.12.11 Empfang durch die Bürgermeisterin Bertinotte des 4. Arrondissement in der Mairie Das Hauptthema der Diskussion mit Frau Bertinotti war das Marais und im speziellen wie sich das Prinzip des Laizismus und das Ziel des Bürgermeisters (Erhalt der jüdischen Bevölkerung, Charakteristik und Kultur im Marais) vereinen lässt. Die Bürgermeisterin antwortete sehr vorsichtig auf unsere Fragen und ich hatte das Gefühl, dass sie selbst nicht genau weiß, wie man in diesem Fall mit laizistischer Arbeitsweise weiterkommen kann. Auch beim Thema Verkehrsproblematik in Paris waren Bertinottis Aussagen nicht sehr klar und teilweise widersprach sie sich selbst. 5.12.12 Vortrag von Karine Agoque über „La Courneuve – Aubervielliers“ Bei einer kurzen Präsentation haben wir erfahren, wie die Stadterneuerungsprojekte in La Courneuve aussehen. Es werden Projekte zusammen als Großprojekt bei der ANRU (Agence Nationale pour la Rénovation Urbaine) eingereicht. Bei Genehmigung des Projekts fördert die ANRU durch finanziellen Mitteln. Teilweise wurden Projekte schon realisiert, welche wir bei einem Spaziergang angesehen haben. Es wurden ganze Hauser abgerissen, die riesige Blöcke waren. Es ist geplant dort mehrere kleinere Gebäude zu bauen. Der Platz mit Lebensmittelgeschäft, Apotheke, Post und vielem mehr ist bereits umgebaut worden. Von Erzählungen und Fotos haben wir mitgekriegt, dass die Situation sich dort stark verbessert hat. Die Wege zu den Geschäften sind nicht mehr unheimlich, sondern sehr hell und offen einsehbar. Trotz den Verbesserungen ist die Stimmung in der Gegend angespannt. Wir wurden sofort als Fremde erkannt und beobachtet. Es schien als würde die Bevölkerung denken wir wurden etwas Böses beabsichtigen. Das war eine sehr unangenehme Situation. Auf der Homepage der Stadt gibt es einige interessante Videos und Animationen zu den Projekten, auch der Abriss von „les barres“ ist gefilmt worden. 5.12.13 Vortrag in der Mairie annex de Saint-Blin Hier wurde uns das Projekt „Réhabilitation de Saint-Blin“ vorgestellt. Bei diesem Projekt wurden so wie in La Courneuve Häuser zur Gänze und auch nur Teile von Häusern abgerissen. Dadurch entstehen neue Wege und die Gebäudeeinheiten werden kleiner. Der Vortragende ist erst seit 3 Jahren in der Arbeitswelt und hat noch den kritischen Blick eines Studenten. Er hat bedenken, dass das angewendete Konzept der „résidentialisation“ in Saint-Blin funktioniert. Das Konzept ist modern und wird überall angewandt. Der Vortragenden kann sich nicht vorstellen, dass die „résidentialisation“ das Allheilmittel ist, wie man es glaubt. Mir gefiel es, das es auch Leute gibt, die am Entwicklungsprozess beteiligt sind, die auch darüber nachdenken was gemacht wird und ob das wirklich die beste Lösung ist. 141 Das Wohngebiet in Saint-Blin ist vom Ausmaß her kleiner als das in La Courneuve. Das war der Grund warum ich mich hier etwas wohler gefühlt habe. Wir sind zwar genauso beobachtet worden und auch angeredet, aber weniger aggressiv. 142 6 Essays: Erfahrungsberichte einer Exkursion 143 6.1 Alberto Castro Fernández95 6.1.1 Über die Projekte Diese Exkursion hatte einen interdisziplinären Charakter: bezogen auf ihre TeilnehmerInnen als auch auf ihre Inhalte. In Paris haben wir sehr verschiedene Sachen gesehen, besucht, gelernt und diskutiert. Das größte Projekt in unserer Exkursion war wahrscheinlich ZAC Rive Gauche, es hatte aber das wenigste soziale Gewicht. Die Büros und die Gewerbeaktivität sind die klaren Protagonisten und in den besten Orten situiert. Die Wohnhäuser befinden sich in den übrig gebliebenen Orten. Das ist ein Fehler. Die Stadterneuerung in „Rive Gauche“ wird von Unternehmen kontrolliert und so wird die soziale Aufgabe von Raumplanung beschnitten. Die langen und schwierigen Verhandlungen und die Notwendigkeit eine Lösung zu finden könnten ein Grund dafür gewesen sein diese ökonomische Richtung einzuschlagen. Heute sind die Gebäude endlich gebaut und das Ziel ist, einen guten Lebensraum zu schaffen. Weitere Konsequenzen von dieser ökonomischen Richtung ist die Tatsache, dass die Wohnungen private Höfe haben und teuer aussehen. Der einzig gute Treffpunkt, der einzige Ort der Identifizierung für die Nachbarn, ist „Les Frigos“. Er hat großes Potential als Künstlerhaus aber seine Umgebung sollte vielleicht besser gestaltet sein um einen „Ruf-Effekt“ zu schaffen. Aber der größte Fehler dieses Projekts ist eindeutig die Nationalbibliothek François Mitterrand. Das Übereinkommen der Regierung hat sich das ganze Viertel ausgewirkt. Das DenkmalGebäude nimmt einen zu großen Bereich ein und ist von der Straße aus nicht zugänglich. Es ist eher eine Grenze als ein Treffpunkt für die Nachbarn. Die Projekte „Belleville“ und „Rue de Tresor“ haben die gleiche Grundlage. Sie weisen nach, dass Raumplanung mit feinen Taten großen Einfluss auf das Verhalten der Bevölkerung haben kann. Sehr wichtig und gleichzeitig interessant habe ich die Theorie von der Identifizierung gefunden. Die Leute, die sich mit ihren Gebäuden identifizieren, sind zufriedener. Und das ist nur durch kleine Maßnahmen, wie Pflanzen, Bodenbelag oder gemeinsame Räume, möglich. Auch die Verbindung ist in der Stadtplanung von großer Bedeutung. In beiden Fällen (Belleville und Rue de Tresor) hat eine Umgestaltung der Zugänglichkeit die Kriminalität beseitigt. In Belleville war das durch die direkten Eingänge von der Strasse her möglich und in Rue de Tresor durch die Verwandlung zur Fussgängerzone. Besonders mitreißend habe ich die Details, die in dieser Strasse berücksichtigt wurden, gefunden: die Art Bäume, die Höhe, das Art Strassenpflaster, die Proportionen, usw. In beiden Fällen ohne Gesetze - nur mit Raumplanung. Mit guten Ideen und Bürgerbeteiligung kann man so unglaublich gute Ergebnisse erzielen. Heute sind die Nachbarn zufrieden und das Viertel hat eine Aufwertung erfahren. Zum Schluss muss man unbedingt noch über die Orte „La Courneuve“ und „Gonesse“ sprechen. Beide sind Projekte von Bedeutung und von sozialer Dringlichkeit, wobei das Erste von noch größerer Dimension ist. Ich muss zugeben, dass ich, als ich die Maßnahmen von der Raumplanerin in „La Courneuve“ gehört habe, skeptisch war. Die Zerstörung von einem Gebäude ist etwas sehr schlimmes. Das sollte immer die letzte Möglichkeit sein. Diese Tat hat viele negative Konsequenzen: Umquartierung, Verlust von Identität der Bevölkerung, riesige 95 Der Text ist um seinen ersten Teil, eine protokollarische Abhandlung der Ereignisse, gekürzt worden. 144 Ausgaben, usw. Gleichzeitig muss man eine sehr gute Idee für die zukünftige Gestaltung haben, sonst sind alle Aufwende nutzlos. Trotzdem habe ich meine Meinung geändert, als ich die Realität von „La Courneuve“ gesehen habe. Es gibt viele Gründe, die ausschlaggebend für die gewalttätigen Ausschreitungen in Paris waren. Die Wichtigsten sind vielleicht politische, soziale und ökonomische. Herr Peteceille hat auch die Polarisierung von Reichtum und Armut in Paris erwähnt. Die französische Einwanderungspolitik oder die ungenügenden sozialen Integrationsmaßnahmen könnten auch Ursachen sein. Aber als Raumplaner muss ich auch den Einfluss von unserer Arbeit berücksichtigen, und im Fall von „Le Courneuve“ kann ich sagen, dass man unheilvolle Fehler begangen hat. In den 60er und 70er Jahren wollte die Regierung viele billige Wohnungen für die Unterschicht bauen. Die Idee war im Prinzip gut, wurde nur sehr schlecht durchgeführt. Viele, riesige und sehr nah aneinander stehenden Gebäude wurden errichtet. Es ist unmöglich, ein 25 stockiges Wohnhaus mit mehr als 10 Hausnummern für Leute mit wenig Einkommen oder Integrations- Problemen zu bauen, und kein Problem zu haben. Wenn man zirka 6 Wohnhäuser wie diese in zirka 10 ha baut, so nah aneinander, dass sogar einige Familien kein natürliches Licht hatten, dann schafft man ein Ghetto. Heute erntet man die Konsequenzen der Saat, die in der 70er gesät wurde. Meiner Meinung nach sind die aktuellen Maßnahmen nötig. Die Zerstörungen können bessere Lebensbedingungen für die Nachbarn schaffen und tatsächlich haben die Ersten ein gutes Ergebnis gezeigt. Trotzdem müssen all diese räumliche Eingriffe in Begleitung von sozialen Maßnahmen sein. Ein integraler Plan ist notwendig um all die Maßnahmen zu koordinieren und nicht die gleichen vergangenen Fehler wieder zu machen. Das Problem von „La Courneuve“ ist leider nicht einfach zu lösen und es dauert viele Jahre um sich zu normalisieren. 6.1.2 Über das Erlebnis Ich kann nur positive Sachen über diese Erfahrung sagen. Ich glaube, es war eine sehr gute Idee, eine interdisziplinäre Gruppe zu machen, weil auch in der Praxis alle (RaumplanerInnen, ArchitektInnen, SoziologInnen, EthnologInnen) zusammen arbeiten. In meiner Universität in Spanien ist die Ausbildung nicht sehr spezialisiert. Also sind die Diskussionen über Raumplanung dort leider nicht so üblich. In dieser Exkursion konnte ich mich mit meinen Kollegen austauschen, was ganz angenehm war. Nur mit dem könnte ich schon zufrieden sein. Ich habe auch die Erklärungen insitu der Projekte genossen. Die Vorstellung der Ergebnisse, der praktischen Beispiele und die Führungen durch die Stadt waren sehr motivierend. Und zum Schluss waren die Gespräche mit den Experten, die in den Projekten arbeiten, ein Privileg. Das ist genau das Wort. Ich habe mich wie ein Privilegierter gefühlt. Wenn ich ehrlich bin, muss ich sagen dass diese Exkursion ein großes Interesse an der Soziologie wachgerufen hat. Ich war schon davor interessiert, aber der unmittelbare Kontakt mit den Problemen und die glanzvollen Diskussionen haben dieses Interesse noch vergrößert. Ich überlege, jetzt mein Studium in diese Richtung zu vertiefen. 6.1.3 Über die Organisation Paris ist eine Stadtregion von 14 Millionen Einwohneren. So es ist nicht einfach, die Probleme von dieser Art Stadt anzugehen. Die Themen, die besprochen wurden, gingen weit über die gewalttätigen Vorfälle im November hinaus. Die Probleme von Paris wurden aus verschiedenen Perspektiven 145 behandelt. So unterschiedliche Fälle, wie „ZAC Rive Gauche“ oder „La Courneuve“ hatten ihren Platz in der „Tagesordnung“. Der einzige Nachteil, den ich empfand, war der Zeitmangel, um nachzudenken und um mit meinen Kollegen zu diskutieren. Aber das war der Preis für so viele interessante Vorträge. Wenn man durch die Straßen der Hauptstadt von Frankreich geht, durchkreuzt man fast alle Kontinente der Welt. Auf der einen Seite das Judenviertel mit den Falaffelständen an jeder Ecke, die „französischen“ Ghettos, in denen die Einwanderer aus dem Maghreb ein, wenn auch nicht immer komfortables, zuhause gefunden haben, die engen, fast schon italienisch wirkenden Gassen wie die Rue de la Butte aux Caille in der Nähe des Place d’Italie oder die Gegend am Montmartre, und auf der anderen Seite die neu aus dem Boden gewachsenen Hochhäuser bei der Bibliothèque Nationale de France. Mir persönlich hat die Exkursion außerordentlich gut gefallen, da ich als Zweitsemestrige schon am Anfang meines Studiums eine Vorstellung davon bekommen habe, welche Türen mir später vielleicht einmal offen stehen könnten. Von einem Raumplaner oder Soziologen durch Paris geführt zu werden, hinterlässt weitaus andere Eindrücke, als wenn man als Tourist durch eine Stadt schlendert, und man findet Hintergrundinformationen heraus, die einem zum Verständnis für die Art zu leben innerhalb dieser Stadt weiterhelfen. Zu ermitteln, warum Pariser im Sommer gerne am Canal St Martin ein Picknick machen, aus welchem Grund es im Pariser Zentrum keine Straßenbahn wie in Wien gibt, oder warum in Paris die Gehsteigkanten aus einem anderen Gestein sind, macht nicht nur Spaß, sondern ist auch informativ. Auch spannend finde ich, die Kritik von Parisern über zum Beispiel die Bibliothèque Nationale zu hören, da der Grünbereich innerhalb der Türme vollkommen ungenützt ist, und dadurch überhaupt der „innere“ Bereich selten besucht ist. Mich hat die Ansicht von einer der Terrassen hinunter in den „Dschungel“ ein wenig an den Film „Jurassic Parc“ erinnert, da man ja dort den Wildnisbereich, in dem im Falle des Filmes ein Dinosaurier gelebt hat, auch nur von oben her beobachten konnte; der Zutritt jedoch verwährt war. Gut gefallen hat mir jedoch der Ansatz, die vier Türme als offene Bücher darzustellen, und innerhalb dieser die Holzregale wie Buchseiten zu wenden sind. Ein weiterer besonders schöner Teil von Paris war der Parc de la Villette, indem im Sommer ein Freiluftkino und so manche Ball – Konzerte stattfinden. Die Aussicht von der Brücke entlang des gewellten Daches in Richtung La Géode ist traumhaft, und in dem Glaskomplex spiegelt sich die Ganze Umgebung wieder. Das sich im Hintergrund befindende Museum entspricht architektonisch gesehen nicht ganz meinen Vorstellungen, ist jedoch von Prinzip her gut angelegt, indem es versucht auch schon Kindern komplizierte technische Innovationen nahe zu bringen. Erstaunt war ich über die Preise in Barbés, eigentlich dem Viertel in dem viele der Einwohner aus Marokko, Tunesien und den anderen maghrebinischen Ländern wohnen, da ich mir zum Beispiel nicht vorstellen kann, dass sich die dortige Bevölkerung ein Kebab um 4 Euro leisten kann. Angst eingejagt haben mir die Leute dort nicht, wie so manche es beschrieben haben, jedoch merkt man, dass sich dort eine ziemlich „eingeschweißte“ Gesellschaft befindet, die genau beobachtet, wer hier ein und ausgeht. Ähnlich war das Gefühl in La Courneuve, einem nördlichen Vorort von Paris, durch den wir von einer Mitarbeiterin der staatlichen Organisation Anru geführt wurden. Trotzdem wir die touristischen Elemente wie Fotoapparat und Stadtkarte eingesteckt gelassen hatten, wollten zwei Teenager wissen, was wir hier eigentlich zu suchen haben, und haben uns indirekt zu verstehen gegeben, dass wir an ihrer miserablen Lage auch nichts ändern werden können. Interessant in dem Bereich waren die stadtplanerischen Mittel, mit deren Hilfe trotzdem versucht wird, für eine bessere Atmosphäre zu sorgen. Teilweise wurden Wohnblöcke ganz abgerissen, um den Wohnungen anderer Häuser direktes Licht zu ermöglichen. Statt unstrukturierten Parkplätzen wurden ein begrünter und mit Parkbänken und einem Spielplatz versehener Sammelplatz kreiert, der neben dem renovierten Einkaufszentrum die öffentlichen Bereiche freundlicher gestalten soll. Besonders angetan bin ich von der Idee, die Bewohner bei der Planung mit einzubeziehen, da man dadurch erstens eine gemeinsame Basis hat und zweitens die Bewohner einander auch besser kennen und verstehen lernen. Dies geht sogar soweit, dass manche Familien, die aufgrund des Abrisses ihres Hauses umziehen, sich trotzdem noch an den Planungen beteiligen, um den zukünftigen Bewohnern eine bessere Voraussetzung zu bieten. Wissenswert in der Hinsicht ist, dass die Pariser Stadtplanung der Ansicht ist sozialer Wohnbau diene pro Familie ungefähr 10 Jahre zur Unterstützung beim Aufbau eines „normalen“ Lebens. Wenn die Bewohner zum Beispiel aufgrund einer Renovierung oder ähnlichem ausziehen müssen, wird ihnen bei der Wohnungssuche durch Anru geholfen. Ein weiteres sehr interessantes Projekt war die Kooperation zwischen dem zweiten Wiener Gemeindebezirk und Marais, dem vierten Bezirk von Paris. Im „Judenviertel“, wie ein Teil des Bezirkes dort bezeichnet wird, wurde eine Sackgasse, die tagtäglich zugeparkt von Autos und Mopeds und von Lärm durchströmt war, als Fußgängerzone geöffnet, und links und rechts mit zwei Grünstreifen versehen, sodass die im Erdgeschoss angesiedelten Geschäftslokale in der Ausweitung ihrer Gastgärten beschränkt sind, und außerdem keine Parkmöglichkeit mehr besteht. Interessant dabei war, dass durch die Einbeziehung sowohl der Bewohner als auch der Lokalbesitzer und der Stadt Paris eine Lösung gefunden werden konnte, die allen einen Vorteil bringt, und somit die Lebensqualität dort um ein Vielfaches verbessert. Prägend für mich war auch der nochmalige Spaziergang durch Marais, der von Jean – Didier Laforgue geführt wurde, da wir sowohl durch die sich momentan im Bau befindende Rue Posier gegangen sind, die eher eng und überlaufen ist, als auch durch große Straßen wie die Rue Rivoli, eine mehr als Einkaufsstraße benutzte Gegend, passiert haben. Gebäude wie eine der Pariser Börsen, das Rathaus, aber auch das große Einkaufszentrum bei der Metro Station Châtlet viel zu unübersichtlich ist, und man ohne es zu registrieren in ein Einkaufszentrum gelangt, aus dem es kein Leichtes ist, wieder herauszufinden. Unterirdisch angelegt täuscht das Tageslicht in der Mitte einen Ausgang vor, der aber nur über die sich im Gebäude befindlichen Gänge erreichbar ist. Weiters für die Tätigkeit als Raumplaner besonders interessant war die Einführung eines Soziologen in die Verbesserung des sozialen Wohnbaus in Paris. Zu bemerken wie oft Planer und Architekten aneinander vorbeireden, zum Beispiel beim Bau eines überdachten „Unterschlupfes“ für Jugendliche, der dann schlussendlich ein Loch im Dach hatte, um laut Architekten den Himmel und die Bäume sehen zu können, ist 146 147 6.2 Katharina Grundei: Paris – eine multikulturelle Stadt in jeder Hinsicht einfach interessant, und in solche Dinge bekommt man bei normalen Paris – Reisen keinen Einblick. Durch die Begrünung der Fläche vor jedem Haus und der Schaffung von getrennten Eingangsbereichen werden nun die jeweiligen Einheiten kleiner. Die damit erreichbaren Verbesserungen wurden uns von einer Bewohnerin sofort bestätigt. Sie meinte dort leben Menschen aller Rassen und Kontinente und trotzdem grüßen alle einander im Stiegenhaus. Abschließend bleibt zu sagen, dass die Exkursion sowohl von der Organisation als auch von der Gruppenzusammenstellung sehr geglückt war. Zwar waren mehrere Teile für mich etwas zu kurz angesprochen, und es wäre vielleicht wichtig gewesen über das jeweilige Stadtgebiet, in das man kommt, ein wenig genauere Informationen zu erhalten. Aber im Großen und Ganzen wurde sowohl die Freizeit als auch die Wissenskomponente weitgehend ausgefüllt, und es war fast eine Spur zu kurz um alle gesehenen Dinge gemeinsam oder auch alleine verarbeiten zu können. Auch die kurzen, aber auf jeden Fall traumhaft schönen Ausflüge in touristische Gegenden, wie zum Beispiel den Montmartre mit dem Sacre Coeur, waren zur Entspannung zwischendurch wichtig, und haben dann auch die Gruppendynamik gefördert. Fußgängerzone geöffnet, und links und rechts mit zwei Grünstreifen versehen, sodass die im Erdgeschoss angesiedelten Geschäftslokale in der Ausweitung ihrer Gastgärten beschränkt sind, und außerdem keine Parkmöglichkeit mehr besteht. Interessant dabei war, dass durch die Einbeziehung sowohl der Bewohner als auch der Lokalbesitzer und der Stadt Paris eine Lösung gefunden werden konnte, die allen einen Vorteil bringt, und somit die Lebensqualität dort um ein Vielfaches verbessert. Ich persönlich kann mich also nur glücklich schätzen, nach dem Auswahlverfahren auf die Exkursion mitgenommen worden zu sein, da ich durch die Beobachtung der dortigen Tätigkeiten der Raumplaner in der Wahl meines Studiums bestätigt worden bin. 6.4 Evelyn Hacker „Paris – die Stadt der Liebe – von einer ganz neuen Seite.“ Das waren die ersten Gedanken, die ich mit der Ausschreibung für eine stadtplanerisch-soziologische Exkursion in Paris verbunden habe. Da ich vorigen Sommer und auch vor einigen Jahren schon als Tourist in Paris war, kannte ich zumindest die typischen Bestandteile, vor allem die bekannten Sehenswürdigkeiten, eines Stadtrundgangs in Paris. Somit war es für mich umso interessanter, auch aus der Sicht der Bewohner eine so schöne Stadt zu erforschen. Im Nachhinein kann ich sagen, dass mir diese Exkursion bisher den bestmöglichsten Einblick in das Studium der Raumplanung beziehungsweise die möglichen späteren Tätigkeiten als Raumplaner gegeben hat. Angefangen bei den Rundgängen, die von im stadtplanerischen Bereich tätigen Parisern geführt wurde, bis zu den kleinen Diskussionen mit unseren Studenten im Anschluss daran, profitiert man besonders als 2.-Semestriger, da man herausfindet, welche Themen nun in der Realität wirklich wichtig und besprechenswert sind, und auf welche Teilaspekte man achten muss, um zum Beispiel die Lage eines sozialen Wohnbaus zu verbessern. Auch wenn man als „Anfänger“ noch nicht wirklich mitsprechen kann, hat man zumindest die Möglichkeit, die Information „aufzusaugen“, und somit seinen raumplanerischen Horizont zu erweitern. Die praktische Umsetzung, wie wir sie hier gesehen haben, haben wir bis jetzt in den ersten zwei Semestern noch nicht wirklich zu Gesicht und Gehör bekommen, und daher bieten sowohl die realen Gebäude als auch die zahlreichen Pläne, Skizzen und Modelle Anreize für zum Beispiel die Modelle der Vorlesung „Städtebauliche Raumanalyse und Gestaltung“ oder aber auch für das im Herbst anstehende Projekt 1. Um nun ein wenig tiefer in die Materie einzudringen, möchte ich ein konkretes Beispiel einbringen: Besonders gut hat mir die Kooperation zwischen dem zweiten Wiener Gemeindebezirk und Marais, dem vierten Bezirk von Paris, gefallen. Im „Judenviertel“, wie es dort bezeichnet wird, wurde eine Sackgasse, die tagtäglich zugeparkt von Autos und Mopeds und von Lärm durchströmt war, als Kaum angekommen und noch nicht einmal eine Idee von dieser Stadt merkt man, dass es das geben kann: zwei Welten und dazwischen nur ein paar Metrostationen. Zuerst das Viertel am Canal St. Martin, ruhig und gepflegt – hier ist es gerade „in“ zu wohnen und das spürt man auch. Die Armut verbirgt sich in den Zelten, die sich an die Mauern des Canals drängen. Eine Metrofahrt später und plötzlich steht man in der Hektik und Enge von Barbès – so viele Menschen auf so engem Raum und alles scheinen es eilig zu haben. Hier einen Spaziergang zu machen scheint absurd: es ist einfach die falsche Geschwindigkeit. Dass Barbès in Afrika das Synonym für Paris ist, verwundert nicht. Viele kommen hierher, manche bleiben, andere ziehen weiter – die vielen Koffer, die sich vor den Geschäften auf dem Gehsteig stapeln, zeugen davon. Eigentlich hieß das Viertel Goutte d’Or (Goldtropfen) nach einem Wein der hier einmal gekeltert wurde. Heute scheint die Bezeichnung immer noch passend, angesichts der Mengen von Goldschmuck, die in den Schmuckgeschäften angeboten werden. Weitere Metrofahrten folgen, mein Bild von Paris nimmt langsam Form an und doch scheint alles irgendwie unzusammenhängend – der Blick von oben hilft ein bisschen Ordnung in alles zu bringen. Von oben heißt natürlich vom Eiffelturm, man kommt einfach nicht an ihm vorbei, wenn man zum ersten Mal in Paris ist. Von dort kann man Strukturen erkennen, die man sonst nicht wahrnehmen würde, und doch wird einem auch bewusst, wie wenig man eigentlich sieht. Für mich und ein paar andere ist ja unser Projekt 1 noch in guter Erinnerung und es ist witzig zu sehen, dass es in Paris – natürlich eher am Rand – gar nicht so wenige Wohnanlagen mit ähnlichen Strukturen gibt, wie wir sie selbst entworfen haben. Interessant ist es dann vor allem von Michel Bonetti in Belleville zu erfahren, welche Probleme es mit solchen Strukturen gibt und wie man ihnen in Frankreich mit dem Konzept der résidencialisation begegnet. In Belleville wird auch klar, wie groß die Macht des französischen Präsidenten tatsächlich sein muss, wenn das gerade angewandte städtebauliche Konzept von seinen Überzeugungen abhängt. Was die Rolle es Präsidenten im politischen System Frankreichs betrifft, war natürlich bereits der Besuch der Nationalbibliothek, schwer kritisiertes Monument für François Mitterand, bezeichnend. Wie kann es dieser Konzentration der Macht auf eine Person kommen? Die Studenten an der Science Po, mit denen ich darüber diskutierte, sahen die Gründe im Algerienkrieg, einer schwierigen Zeit für Frankreich in der ein starker Präsident für viele notwendig erschien. Die Studenten sprachen auch ein Problem an, das sie selbst sehr zu bewegen schien, nämlich dem schwierigen Umgang mit dem patrimoine, dem Erbe, und damit verbunden die zunehmende Musealisierung von Paris. Ein bisschen Wehmut klang an, als die vom 148 149 6.3 Katharina Grundei: Reflexion einer Zweitsemestrigen Verschwinden des „intellektuellen“ Paris sprachen, was sie nicht zuletzt mit der Lebensferne der aktuellen französischen Philosophie in Verbindung brachten. Interessant waren aber vor allem auch die Diskussionen innerhalb der Gruppe, nicht zuletzt weil es nicht nur eine reine Raumplanergruppe war und so verschiedene Blickwinkel aufeinander trafen. Das war auch das Spannende am sehr dichten Programm – durch die Vielfalt der Vorträge und Vortragenden wurden dieselben Sachverhalte unterschiedlich beleuchtet. In Erinnerung geblieben ist mir hier etwa die (leise) Kritik des Stadtplaners in La Gonesse an der universellen Anwendung des Konzepts der résidencialisation: das Patentrezept der 60iger und 70iger Jahre, riesige Wohnanlagen, soll man nicht mit einem neuen Patentrezept résidencialisation bekämpfen. Dabei wendet er es natürlich auch an, wovon wir uns auch beim Besuch einer Wohnanlage die zurzeit umgestaltet wird, überzeugen konnten. Was beim bei diesem Besuch von La Gonesse und vorher schon bei La Courneuve überraschte war, dass alles - dem Alter der Bausubstanz entsprechend - sehr gepflegt wirkte. Dass man sich im Banlieu befindet, dass vergisst man allerdings nie. Das Gefühl, hier Fremdkörper zu sein, ist zu stark. Ein Gefühl, das man nicht so schnell ablegen kann, auch wenn man schon wieder weit entfernt ist. Ein Eindruck von vielen in diesen paar Tagen Paris. Sie alle zu begreifen wird wohl noch dauern. 6.5 Michaela Harramach Kaum in Paris angekommen ist schon das erste Projekt in Angriff zu nehmen. Passfotos für die Carte Orange müssen gemacht werden. Das geschafft und mit dem RER in die Stadt gefahren, wird gleich alles im Hotel abgeladen, eine Kleinigkeit in der Boulangerie uns Eck gekauft, geht es schon los. Der erste Weg führt uns in ein „neues“ Viertel der Stadt. Der Canal St. Martin genießt im Moment den Ruf besonders beliebt bei jungen Künstlern zu sein. Ein Stadtteil der sich neu entwickelt. Nach einem Cafe und einem Besuch bei den Pompiers, führt uns unser Spaziergang am Gare du Nord vorbei bis zum Parc de Villette. Mit der Metro geht es dann weiter an den Fuß des Montmartre, wo wir bei Barbes Rouchechouart aussteigen. Doch von dem touristischen Treiben ist wenig zu spüren, vielmehr macht sich das Gefühl breit in einem komplett anderen Teil der Stadt, ja fast einer Reihe von Kleinen Dörfern mit Marktplätzen, wo sich Menschen versammeln, hauptsächlich Männer, entlang zu marschieren. Von den ersten Eindrücken geschafft und einem kleinen Aperitif in der Nähe des Place d´Italie finden wir uns in einem gemütlichen Restaurant L`Esperance bei einem gemeinsamen Kuskusessen wieder. Nach einem kurzen Abstecher in die “Folie en tete“ und einem kleinen Tänzchen ist der erste Tag auch schon vorbei. Am nächsten Tag geht es zeitig weiter, nach einem ungeplanten Spaziergang zwar ohne Regen, aber im Wind geht es zur SEMAPA, wo uns etwas zu „ZAC- Rive Gauche“ vorgetragen wird. Einem interessanten durch politische und wirtschaftliche Veränderungen geprägten noch im Entstehen befindlichen Stadtteil von Paris. Ursprünglich hätte auf einer Fläche von 130ha im 13. Bezirk von Paris ein gigantisches Büroviertel entstehen sollen. Seinen Namen hat das Projekt da es auf der linken Seite der Seine liegt. Im Jahre 1991 wurde der erste Plan zur Erneuerung des Viertels. Aber mit der Wirtschaftskrise Anfang der 90er Jahre kam es nicht zur Verwirklichung des Planes. Die Entwicklung des Gebiets besteht nun viel mehr aus vielen einzelne kleinere Projekte. 150 Im Anschluß daran kämpfen wir uns weiter durch den Wind zur Nationalbibliothek von Frankreich, welche 1996 erbaut wurde, einem beeindruckenden Gebäude, das ein einziger Architekt im Auftrag von Mitterant geplant hat. Ein kurzer Besuch in den „Frigos“ einem Künstlerzentrum der Stadt, geht es weiter mit der RER auf den Unicampus in Marne le Vallee, wo wir gestärkt, am Institut francais d`urbanisme einiges mehr über die Organisation der Raunplanung bzw. Stadtplanung von Paris auch im Zusammenhang mit ZAC-rive gauche erfahren haben. Interessant ist die Entstehungsgeschichte dieses Stadtteiles. Zunächst als großes Büroviertel geplant, allerdings durch Wirtschafskrise nicht verwirklicht und durch den Wunsch des Präsidenten mit einem mächtigen Denkmal bestückt und der geplanten Universität ist es zu einem sehr vielfältigen Teil von Paris geworden. Um nichts auszulassen und die Stadt soviel wie möglich zu genießen führte uns eine kleine Pause des Programms zum Eiffelturm, dem Arc de Triumph und der Champs Elysee mit einer anschließenden Busfahrt wieder zum Hotel. Schon geht es weiter, mit der Metro zum Montmartre, wo wir einen wunderschönen Blick über diese einzigartige Stadt auf uns wirken lassen können. Eine Crepe im Vorbeigehen, ein kleiner Spaziergang durch die Gassen und schon sind wir mitten im Treiben am Place Pigalle, kaum zu übersehen, dass es sich hier um das Rotlichtviertel von Paris handelt, sieht man dennoch immer wieder sehr elegant gekleidete Menschen, die zum oder von der bereits gelaufenen Vorstellung des Moulin Rouge kommen oder gehen. Mit einem Bier in einem netten Lokal und einem kurzen aber gerade ausreichenden Besuch in der „Folies Pigalles“ wird dieser Tag beendet. Nach dem wir uns am nächsten Vormittag auf dem Place des Fetes, einem Beispiel der Architektur der 70 er Jahre in mitten von HLMs uns mit Michel Bonetti getroffen haben, hat er uns im “Hauts de Belleville” zu sehr positiven Projekten der Verbesserung der Wohnsituation geführt. Zu sehen waren vor allem neu gestaltete Vorgärten und Innenhöfe und Spielplätze eine erfreuliche und von den Anrainern sehr geschätzte Entwicklung wie wir selbst von Bewohnern erfahren haben. Eine sehr gesprächige Dame erzählte voller Energie über die Verbesserung der Lebensqualität in ihrer Strasse. Nach dem uns die Kälte und der Wind in ein Cafe vertrieben hat, kam es zu sehr interessanten und angeregten Gesprächen über Integration und Identifikation in seinem Wohnviertel. Einpaar Stationen mit der Metro und wir befanden uns in einem ganz anderen Teil von Paris. Wir spazierten einwenig auf der Suche nach einer Falaffel und einem guten kleinen Cafe, durch das einerseits traditionelle jüdische und andererseits als Treffpunkt für Homosexuelle bekannte Viertel der Stadt. Das Treffen mit dem Architekten Jean- Didier Laforgue erfuhren wir einiges über das bereits abgeschlossene Partizipationsverfahren in der Rue du Tresor und die Umbauarbeiten der Rue des Rosiers. Der Bürgermeisterin des 4ten Bezirkes, ist dieser Stadtteil besonders aus historischen Gründen wichtige, wir später im Laufe unserer Exkursion noch bei einem Besuch im Rathaus erfahren haben. Der Marais soll als Zentrum und Kulturerbe der Jüdischen Bevölkerung weiter gefördert werden. In der offiziellen Pause bis zum letzten Programmpunkt des Tages einem Rundgang im Quartier Beaubourg von Les Halles durch den Marais bis hin zum Place de Vosges. Haben unsere Gruppe von Exkursionsteilnehmern beschlossen Notre Dame einen Besuch abzustatten, um auch einwenig den touristischem Bedürfnissen einiger Kollegen gerecht zu werden. 151 Ein Abendessen auf dem Place de la Bastille beendete den an Informationen und an Eindrücken reichen Spaziergang dieses Tages. Der zur individuellen Gestaltung freier Vormittag des nächsten Tages führte mich wieder in den Marais, wo ich es genoss in der Früh einen Cafe, in der noch verschlafenen Stadt, zu trinken und anschließend ein Stück an der Rue de Rivoli entlang, am Louvre vorbei auf einen Sprung in die Bilbliothek des Musee d´Orsay zu gehen. Am „Observatoire soziologique du Changement“, erwartete uns dann gegen Mittag ein interessanter Vortrag von Vortrag Gerard Gabert zum Thema der “städtische Jugendgewalt und ihre Ursachen”. Im Anschluß folgte ein Vortrag von Edard Pretecille über die „Segregation in Paris“. Im “Cycle d`urbanisme de Sciences Po” wurden wir von Prof.Michel Micheau empfangen. Im Austausch mit Experten und Studenten des Instituts hatten wir die Gelegenheit über die Problematik der öffentlichen Verkehrsanbindung der Vororte von Paris zu diskutieren. Eine sehr herzlicher Aperitif bei unseren französischen Kollegen und eine schönes gemeinsames Abendessen gab uns die Möglichkeit in der Gruppe uns ausführlich über die Exkursion auszutauschen und über die vergangen Tage zu diskutieren. Der Empfang der Bürgermeisterin des vierten Bezirkes von Paris war der letzte Termin bevor wir uns mit all unseres Gepäckes auf den Weg in Richtung La Courneuve, la Gonesse und schlussendlich zum Flughafen Charles de Gaulle machen mussten. Der Besuch in la Courneuve bildete einen starken Kontrast zu dem vor allem zuvor noch kurz besuchten Zentrum der Stadt. Nach einem kurzen Vortrag über die Entwicklung und die geplanten Verbesserungen und bereits durchgeführten Arbeiten, wurden durch einen Rundgang verdeutlicht. Zwei junge Burschen auf Mopeds gaben uns deutlich ihren Unmut über die momentane Lage und Wohnsituation zu verstehen. Auch in la Gonesse waren nicht nur wir die Beobachter sondern wurden ebenfalls beobachtet. In beiden Fällen kämpfen Architekten und Raumplaner mit den Problemen der Architektur der 70er Jahre. Sie sind bemüht riesige Betonhäuser durch niedrigere individueller gestaltete und durch Höfe und teils private und halböffentliche Grünflächen verbundene Wohneinheiten zu schaffen. Allerdings sind diese Umbauten und teilweise mit Abrissen von Häusern somit mit der Umsiedelungen vieler Bewohner und dadurch mit der Veränderung der Sozialenstruktur der Siedlungen verbunden. Nun am Ende dieser Reise angekommen haben wir viel gesehen und erlebt und doch bleibt noch so viel offen… 6.6 Philip König: Von Straßen Funktioniert die Straße nicht, funktionieren ganze Stadtteile nicht. Dies wird bei den Pariser Wohnbauten der 1960er und 1970er Jahre deutlich. Dem Gedanken größtmöglicher Funktionalität folgend wurde der Straßenraum aufgelöst. Parkmöglichkeiten für Autos, Plätze für FußgängerInnen, Grünflächen und Bebauung arrangieren sich neben- und übereinander einer architektonischen Idee folgend. Eine Straße ist nicht erkennbar. Bei der Sanierung sozialer Wohnbauten im Quartier „Hauts de Belleville“ im 20. Arrondissement wurde versucht, den Straßen wieder ihre gewohnte Form wieder zu geben. Sämtliche Wohnhäuser dieses Quartiers sind einige Meter von der Straße weggerückt, wodurch ein undefinierter Raum zwischen der Straße und dem Haus entstand, der größtenteils verunreinigt und scheinbar ohne Zweck eine Distanz zwischen dem Öffentlichen und dem Privaten schuf. Nunmehr wurden diese Räume mit Hilfe von Zäunen dem privaten Raum zugeordnet und so auch der Straße eine klare Form gegeben. Ganz ähnlich in Gonesse, einem Vorort nordöstlich von Paris. Hier befindet sich ein rechteckiges Areal mit sozialen Wohnbauten, das auf allen vier Seiten durch lang gezogene Wohnhäuser begrenzt war. Durch die Sprengung der Mittelteile der Gebäude können nun Straßen durch das Quartier gebaut werden. Wiederum werden private Vorgärten vor den Wohnhäusern geschaffen, um den Straßenraum zu definieren. Welche Bedeutung einer Straße zukommen kann, wird noch viel mehr im dicht bebauten Altbestand des Viertels Marais im 4. Arrondissement deutlich. Die Umgestaltung einer scheinbar unwichtigen Sackgasse, der Rue de Tresor, führte zu einer Aufwertung der ganzen Umgebung. Nicht unwichtig dabei ist, dass bei der Umgestaltung versucht wurde, auf die Bedürfnisse der BewohnerInnen und Geschäftsleute Rücksicht zu nehmen. Aus einer lärmbelasteten Gasse mit schlechtem Image wurde eine Gasse mit hoher Lebensqualität und attraktiven Geschäftsflächen – verbunden mit gestiegenem Immobilienwert. 6.6.2 Die Funktion Drei Beispiele Pariser Stadterneuerungsprojekte, die eines verdeutlichen: Auch bei der Planung von Stadtentwicklungsgebieten kann der Bedeutung der Straße kaum genügend Beachtung geschenkt werden. Wodurch aber kennzeichnet sich eine funktionierende Straße? Zuerst durch ihre gemischte Nutzung. Die Funktionalität als Verkehrsweg muss mit der Funktion als öffentlicher Raum vereinbar sein. Dies erfordert, dass weder die eine noch die andere Funktion überhand nimmt. Nimmt der Verkehr überhand – und hier ist vor allem der motorisierte Individualverkehr ausschlaggebend – wird die Öffentlichkeit des Raums zurückgedrängt. Mehrere Fahrspuren und die dementsprechende Geschwindigkeit der Fahrzeuge trennen die Straße in zwei Teile – sie wird als öffentlicher Raum unbenutzbar. Die Schlussfolgerung für die Planung ist, die Größen von Blöcken und Straßen so zu dimensionieren, dass nicht mehr als eine Fahrspur für Autos notwendig ist. 6.6.1 Ein Plädoyer für die Straße 6.6.3 Das Öffentliche Sie dient als Verkehrsfläche und ist Lebensraum. Sie trennt die Gebäude einer Stadt und verbindet sie gleichzeitig. Sie ist das Öffentliche zwischen dem Privaten. Und vielleicht wird ihr manchmal zu wenig Bedeutung zugemessen. Ein Plädoyer für die Straße – anlässlich der Exkursion des Instituts für Soziologie in der Raumplanung und Architektur der TU Wien nach Paris im Juni 2006. Die Straße ist Ort der Öffentlichkeit, Ort der Begegnung von Generationen und Kulturen und des Politischen. Die Ausdehnung des Privaten auf die Straße ist deshalb abzulehnen. Straßencafés können einladen, am öffentlichen Leben teilzunehmen – vor allem dann wenn wie in typischen Pariser Cafés alle Sessel so angeordnet, dass sie den Blick auf die Straße ermöglichen. Werden Straßencafés aber hinter Zäunen, Hecken und Blumenkisten versteckt (was in letzter Zeit in Wien 152 153 häufig zu beobachten ist), können sie diese Funktion nicht mehr erfüllen. Vielmehr wird öffentlicher Raum zum privaten. Aber auch Autos schaffen private Räume im öffentlichen, sowohl für jene, die sich im Auto befinden, als auch im Sinne von Abstellplätzen. Die Parkraumbewirtschaftung gibt AutobesitzerInnen das Gefühl, die Abstellfläche für ihr Fahrzeug gemietet zu haben und folglich ein Recht auf diese Fläche zu haben. Öffentliche AutoAbstellflächen als solche dürften nur dem kurzzeitigem Parken vorbehalten sein – im Sinne der Funktion des Verkehrs. 6.6.4 Die Form Die Straße ist nicht nur Zufahrtsweg zum Haus, sie ist auch die Adresse des Hauses. Dies erfordert, dass jedes Haus einer Straße zugeordnet werden kann. Freistehende Gebäude, die im Niemandsland zwischen Wiesen und Fußwegen und weit entfernten Straßen oder Garagenzufahrten stehen, können dies nicht. Umgekehrt wird die Straße durch die angrenzenden Häuser abgegrenzt, ihre Form wird durch sie bestimmt. Bilden nicht Häuser ihre Grenzen, ist sie kaum mehr als alle Funktionen integrierende Straße erkennbar, es kommt einer Trennung zwischen Verkehrsflächen und Freiflächen. Diese Trennung kann auch bewusst durch die bauliche Gestaltung herbeigeführt werden. Je mehr Funktionen baulich getrennt werden, desto weniger Interaktion findet statt, wodurch wiederum Öffentlichkeit verloren geht. Ist es möglich, dass sich AutofahrerInnen, RadfahrerInnen, FußgängerInnen, Verweilende, Spielende usw. einen nicht vordefinierten Raum teilen, so könnte dies als Ausdruck einer funktionierenden Straße gesehen werden. Wer eine Straße letztlich benützt, hängt viel weniger von ihrer Gestaltung als von dem ab, was sich entlang ihrer befindet. Wie mittlerweile an zahlreichen Beispielen beobachtet werden kann, wirkt sich eine monofunktionale Nutzung eines Häuserblocks oder eines ganze Stadtteils äußerst negativ auf das Funktionieren einer Straße aus. Nur die Durchmischung der Nutzungen Wohnen, Arbeiten und Freizeit/Kultur kann garantieren, dass die Straße zu jeder Tageszeit funktioniert, wofür Stadtplanung zu Sorgen hat. Die Architektur wiederum kann die multifunktionale Lebendigkeit einer Straße zum Ausdruck bringen, indem sie möglichst differenzierte Gestaltungsmittel anwendet. 6.7 Pia Muckenschnabl: Abschlussessay Bei der Exkursion wurde uns ermöglicht Paris von allen Seiten kennen zu lernen, fast unmöglich für einen Touristen. Es ging hauptsächlich um Stadterneuerungsprojekte im Großraum Paris, mit vielen Vorträgen und anschließenden Besichtigungen. Unser erster Tag in Paris, am Montag, war leider nur sehr kurz, da wir erst zu Mittag in Paris gelandet waren. Nach dem Einchecken im Hotel starteten wir unseren Spaziergang vom Hotel weg entlang des Flusses im 10. Arrondissement zum Canal St. Martin und Barbes. Durch größere Veranstaltungen hat man versucht den Raum entlang des Kanals zu beleben, die blaue Dekoration (siehe Bild) gestaltet den Raum attraktiver. Da wir bei unserem Referat über Obdachlosigkeit recherchierten, hatte ich ein genaueres Auge für die Zelte. Am Flussufer waren auf beiden Seiten viele Zelte aufgestellt, die auch teilweise bewohnt waren. 154 Daher ist mir bei der ganzen Exkursion besonders aufgefallen, dass bei fast jeder Brücke, die Zelte der Obdachlosen geduldet werden. Dann besuchten wir ein Cafe mit einem Veranstaltungsraum, welcher oft mit kleinen Konzerten zu einem Partyraum verwandelt wird. Eine Frau erzählte uns, wie es dazu gekommen war, dass dieser Raum dafür genutzt werden darf. Anschließend ging es weiter zur Berufsfeuerwehr. Eine Führung durch das Gebäude, brachte uns Einblick in ihren Alttag. Der Spaziergang ging weiter zu einem Museum mit schöner, moderner Architektur, welches wir leider nur von außen betrachten konnten. Als nächstes unternahmen wir einen kleinen Spaziergang durch Barbes, ein multikulturelles Viertel, auch bekannt unter „Schwarzenviertel“. Es war ein sehr interessantes Erlebnis, da man als Tourist mit dem Stadtteil nicht konfrontiert ist. Zum Abschluss des Abends speisten wir alle gemeinsam im Restaurant L’Esperance. Am zweiten Tag beschäftigten wir uns mit dem moderneren Viertel von Paris, es ging um Stadterneuerungsprojekte, wo bereits vieles erneuert wurde und noch einiges zu tun ist. Unser erster Termin begann im Centre d’acceuil, wo wir uns einen tollen Vortrag anhörten. In der Mitte war ein riesiges Modell, welches mich sehr beeindruckte. Man konnte alles gut erkennen. Ein Spaziergang um und in die Bibliothek folgte. Sie ist sehr modern und bildet mit ihren 4 Gebäuden, welche wie aufgeschlagene Bücher wirken, ein Viereck, mit einer begrünten Fläche in der Mitte. Der Spaziergang ging weiter quer durch das Viertel. Ein altes Gebäude, welches jetzt für Künstler als Atelier genützt wird, sticht in mitten der neu renovierten Wohnhäusern hervor. Für unser Mittagessen fuhren wir zur Universität am Rande Paris in Marne le Vallee, wo wir in der Kantine gut speisten. Danach besuchten wir die kleine Universität Institut francais d’urbanisme, wo wir Einblicke in ihr Studiensystem bekamen. Zum Abschluss schilderten wir den Professoren den Verlauf unseres Studiums. Am Abend war unser Ziel Montmartre, wo wir einen herrlichen Ausblick über ganz Paris hatten. Unser Spaziergang ging weiter, vorbei beim Moulin Rouge und endete in einem Lokal. Am Mittwoch hatten wir eine Führung von Bonette. Er erzählte und zeigte uns Wohngebäude, die durch Renovierung und Begrünung vor den Häusern mit Einzäunung, zu einer deutlich verbesserten Wohngemeinschaft wurden. Die Kriminalität, die früher hier vorherrschte ging stets zurück. Unser Spaziergang ging weiter in Marais mit Jean- Didies Laforgue. Auch in dieser Gasse gehörte früher die Kriminalität zum Alltagsleben, aber seit der Vollendung des Projekts ist sie stets gesunken. Früher war diese Gasse zugeparkt von allen Fahrzeugen, dies ist jetzt mit einer Begrünung am richtigen Platz und Fahrverbot zu bestimmten Zeiten geändert worden und führte zu einer wesentlichen Steigerung der Lebensqualität. Wir marschierten weiter durch das riesige, sehr moderne Einkaufszentrum Les Halles, durch die Gassen, und vorbei am Centre Pompidou. Am nächsten Tag stand uns der Vormittag frei zur Verfügung. Meine Freundin und ich nutzten die Zeit um uns La Defense genauer anzusehen. Um 14 00 begann unser erster Vortrag über „segregation a Paris“ mit Prof. Eduard Preteceille und später über Cycle d’urbanisme. Er erzählte uns, dass in Paris eine starke residenzielle Sägration stattfand. Was mich sehr beeindruckte war das Bild 155 über Paris, wo die obere und untere Schicht deutlich zu unterscheiden war. (Umso blauer umso reicherÆmehr beim Zentrum; umso roter umso mehr Arbeitslose und ärmere) Der grüne Bereich bedeutet eine Mischung der Bevölkerungsschichten. Später besuchten wir Urbanistik Studenten, die uns freundlich in Empfang nahm. Der Direktor, ein Professor und eine Sekretärin sprachen über ihre Projekte. Anhand einer Karte konnten sie über jene Standorte genauer Auskunft geben. Der letzte Tag begann mit einem Treffen der Bürgermeisterin vom 4.Arrondissment, Bertinotti. Sie sprach über den Einfluss der jüdischen Bevölkerung, aktuelle Probleme, Verbesserungen und Änderungen im 4. Arrondissement. Weiter ging es mit dem Bus nach La Courneuve und später La Gonesse. Zuerst wurden uns die Projekte der Sozialwohnungsbauten präsentiert. Es wurde genau geschildert welche Maßnahmen wichtig waren, um die Lebensqualität der Bewohner zu steigern. Man musste der Kriminalität und den Unruhen ein Ende schaffen. Es kam zum Abriss vieler Häuser, mehr Grünflächen und neue niedrigere Wohnhäuser entstanden. Viel war bereits verbessert worden und viel steht noch in Planung. Da wir nach den Präsentationen die Sozialwohnungsbauten besichtigten, konnten wir die Umsetzungen gut erkennen und uns auch ein gutes Bild selbst machen. Wir marschierten neben heruntergekommenen, alten, hohen Wohnhäusern, aber auch vielen neu renovierten. Ich fand es eine gute Erfahrung, die Stadt auch mal von der ärmeren Seite kennen zu lernen. 6.8 Pia Muckenschnabl: Reflexion einer Zweitsemestrigen Als ich mich für diese Exkursion beworben habe, war ich noch unsicher, ob es überhaupt erlaubt war, dass 2.-semstrige teilnehmen. Ich war äußerst froh, dass ich mitfahren durfte und so vieles in Paris erleben konnte. Es waren für mich tolle Erfahrungen, die nicht wieder aufzuholen sind. Paris ist einfach eine einzigartige Stadt, die wir bei dieser Exkursion von allen Seiten kennen lernten. Die Studenten der Exkursion waren nicht nur Raumplaner, sondern auch Bauingenieure, Architekten, eine Soziologin und eine Ethnologin. Dies gestaltete die Reise noch interessanter, da man die Sichtweisen der Studenten austauschen konnte. Für mich, als 2.-semestrige, war es eine schöne Zeit mit Höhersemestrigen zu arbeiten, da sie uns vieles erzählten was im nächsten Semester auf uns zukommt und uns auch Tipps für die nächsten größeren Projekte gaben. Sie hatten bereits um einiges mehr Erfahrung als wir und daher freue ich mich umso mehr, in das nächste Semester zu starten. Ich denke, was uns am meisten zugute kam, waren, die Projekte der Sozialwohnungsbauten, die uns präsentiert wurden. Es wurde uns bei Vorträgen genau geschildert welche Maßnahmen wichtig waren, um die Lebensqualität der Bewohner zu steigern. Man musste der Kriminalität und den Unruhen ein Ende schaffen. Es kam zum Abriss vieler Häuser, mehr Grünflächen und neue niedrigere Wohnhäuser entstanden. Viel war bereits verbessert worden und viel steht noch in Planung. Da wir nach den Präsentationen die Sozialwohnungsbauten besichtigten, konnten wir die Umsetzungen gut erkennen und uns auch ein gutes Bild selbst machen. 156 All dies waren gute Anregungen und Tipps für unsere weiteren Projekte auf der Universität. Bereits letzte Woche kam es mir zugute, als wir eine Wohnsiedlung gestalten mussten. Ich konnte viele Dinge, die ich aus Paris gelernt habe, einbauen. Mir wurde umso mehr bewusst, was die Exkursion alles gebracht hat. Ich wäre auch jederzeit wieder bereit, so eine tolle Exkursion in eine große Stadt zu wiederholen. 6.9 Alena Pfoser: Das exkursierte Paris: Eine hastige Beobachtung Schnell durch die Gassen, nimm deine Eindrücke mit und vergiss nicht, sie zu reflektieren. Und weiter geht es im Pariser Rhythmus, der da lautet: Carte Orange zücken und ab ans andere Ende der Stadt. Paris restart. Nach Porte de la Villette, Sèvres Babylone oder Marne le Vallée. Die Metro wartet nicht. Tout doit l'apparaître, wie eine Reklame von E.Leclerc es ankündigt. Vor unseren Augen wird eine Stadt offengelegt. Paris liegt in Stücken, wird zerstückelt und auseinandergenommen durch eine Gruppe Zwanzig plus. Nicht der analytische Blick ist es, sondern die Metro und der eigene Schritt zur Eroberung des Raums. Paris vor uns, hinter uns, seltener: bei uns. Gesichter, Geschäftigkeit in den Gassen, reißfeste Plastiksäcke für die Obdachlosen, Friseur- und Gemischtwarenläden (hast dus dir wirklich schneller vorgestellt?). Und der Stadtplan ist unser integrierendes Moment, die Metrostationen unsere Angelpunkte. Eine künstliche Vogelperspektive zur Bekämpfung der Verinselung: nur nicht den Überblick verlieren. Die Reihenfolge der Programmpunkte steht festgeschrieben. Die Einheit bleibt prekär. Ja, wir sind am rechten Fleck angelangt: denn es wird gebaut in Paris, vor allem an den Rändern der Stadt. Eine eigene Straßenbahn entlang des Peripherique. Die Umgestaltung und Neubebauung von ganzen Vierteln. Und auch die kleinen Interventionen. Ruhig soll es sein und geschäftig und sicher, une bonne mixité eben. Die Verplanung der Stadt, materielle Eingriffe in den Alltag, Einschätzung der Reaktionen: Geht die Rechnung auf? //ABRISS und Umbau. In den Vorortsiedlungen gilt es, nur nicht die Fehler der 70er Jahre wiederzubegehen. Die werden im schlimmsten Fall weggesprengt, innerhalb von fünf Jahren muss alles fertig sein. Und die Leute helfen gerne mit, nutzen die “Partizipationsmöglichkeiten”, auch wenn sie sich nachher die Wohnung nicht mehr leisten können. Individualisierung, Parzellisierung, Residentialisierung statt verschachtelten Plattenleben. Am Reißbrett werden Identitäten enworfen, hineingesprengt in die großen Blöcke, Differenzen über Baumarten markiert. Damit man sagen kann: Monsieur XX, mein Hausmeister. Und mein Ahorn, mein Eingang, eure Schmierereien. Eine Wiedergutmachung manchmal: eine ältere Dame berichtet stolz von der Qualität des Lebens in der neuen alten Siedlung. Denn nicht nur die Großentwürfe versuchen, es besser zu machen: oft sind es die kleinen Details, um die erst gekämpft werden muss. Die Höhe der Pfeiler, die Farbe der Blumen, eine Überdachung mit Ausblick auf den Himmel, der einer/m doch wieder entgegenregnet: willkommen in der Wirklichkeit, da gibt es keinen Unterschlupf. /UMBAU/ Im Inneren der Stadt, da wird aufgewertet. Und Paris weiß, was es wert ist. Gentrification ist der neue Begriff und der Kanal Saint Martin wird gepflegt und bewirtschaftet mit städtischer Jugendkultur. Ein Zwischenstadium wohlgemerkt. Und 2007, wenn die Frist abläuft? fragen wir die Dame, die ein Kulturprojekt am Kanal leitet. “Wir sind optimistisch.” Einige Meter danach eine weitere Zwischennutzung: 157 Obdachlose haben auf dem sandigen Boden ihre Zelte aufgeschlagen. Ein Dudelsackpfeifer hält die Ruhelosigkeit aufrecht. Im Vorbeigehen ein paar Fotos. AUFBAU// An einem anderen Teil der Stadt setzt sich, wie jeder Präsident, auch Mitterand ein Denkmal, doch die architektonischen Bücher der Bibliotheque nationale ragen leer in die Höhe. Seine rive gauche, dort wo noch alte Geleise liegen, wurde großdimensioniert umgestaltet: quartier Austerlitz, quartier Tolbiac, quartier Masséna, quartier Masséna-Chevaleret. Es heißt: savoir conjuguer richesse culturelle et force économique, früher hatten sie noch andere Pläne. Büros sollten gebaut werden, die ökonomische Krise führte zu einem Mehr an Kultur. Voilà. Heute wachsen neue Landschaften am Seine-Ufer aus dem Boden. Verschiedene Höhen und Formen, sehr grün, sehr neu. Auch so kann Architektur aussehen. Die Festung von Les Frigos hält Widerstand. Und weiter gehts: Am Abend ins Dorf in der Stadt, da ist es nett, und les sauvages sind zum Glück draußen in ihren eigenen Dörfern und machen, wenn die Sonne scheint und Ramadan ist, einen auf Videospiel. Wenig Infrastruktur, wenn sie nicht schon weggebrannt worden ist, dafür umso mehr Medienberichterstattung. Das Hineintragen der Bilder in das Innere der Stadt, eine Internalisierung von Einstellungen: Was wir erwarten, kann daran nicht vorbei. Trotz des selten scharfsichtigen Vortrags von Gérard Gabert. Aber sowieso fast überall sind Polizei und Kameras (“wegen den pompiers, keine Sorge”), fürchtet euch nicht. Nein, auch nicht in den Banlieues, die lassen wir uns nicht entgehen. Ein Bild, das bleibt: Eine Gruppe von 20 Leuten trägt ihr Reisegepäck durch eine Pariser Vorortsiedlung. La Gonesse. Die Trolleys klappern über die Straße. Ein junger Mann gibt Auskunft über den Weg. Danach im “Sicheren” die Frage: Mit welcher Haltung sollen wir da “rein”? Und die Jugendlichen mit ihren Rädern: Ausschauhalten nach Reaktionen, aufgepasst, beisammenbleiben. In Paris wird gebaut. Und was bleibt uns? Die verordnete Reflexion wurde in der Eile zum Lippenbekenntnis. Der Austausch zwischen den Disziplinen führte zur Fortschreibung der Trennungen: hier die Architektin (schau doch, was sie alle falsch machen), dort die Ethnologin und zwei raumlose Soziologen mit abstrakten Interessen und vor allem les urbanistes. Eine gute Mischung sollte es sein, aber die Verantwortlichkeiten und Interessen sind vorab klar definiert worden. Und wie integrieren, die Mischung durchmischen, über das Gesehene, Gehörte nachdenken, wenn die Müdigkeit allen ins Gesicht geschrieben steht. Sandwiches rascheln, gähnen und schnell noch einen Kaffee ergattern. Und weitergehen. Weiter gehts. Nachhause. 6.10 Michael Pillei: Paris – ein Wintermärchen (oder: Paris – Die Suche nach dem „plan deux“) Wer den Namen Paris hört denkt im Moment vor allem an den Roman „Das Sakrileg“ von Dan Brown und die für viele Menschen enttäuschende Verfilmung dieser Geschichte. Für viele andere bedeutet Paris allerdings Worte wie Liebe, Düfte, gute Speisen. Der klassische Tourist denkt dann noch an den Eiffelturm, den Arc de Triomphe, vielleicht das Musée d’Orsay, den Louvre und vor allem die berühmte Kirche Notre Dame. Für mich als wissensbegierigen Menschen aus der Ferne war es von vornherein klar auch diese Ziele und Sehenswürdigkeiten zu betrachten, zu besteigen oder zu erleben… 158 Diese und ähnliche Gedanken hatte ich noch im Flieger. Pünktlich am frühen Vormittag traf sich der zweite Teil der Reisegruppe am Flughafen Wien-Schwechat um sich in den Flieger in Richtung Grande Nation zu begeben. Als erstes Highlight lockte schon am Flughafen die Duty Free Abteilung, die auf den ersten Blick sehr verführerisch wirkt, sich auf den zweiten Blick aber doch irgendwie als Abzocke erweist. Dennoch konnte ich noch einen großen Sack Gummibären ergattern, die im Lauf der Woche noch sehr gut geschmeckt haben. Die Maschine hob problemlos ab und man merkte auch, dass die Stimmung schon sehr gut war. Diese Euphorie wurde dann gebremst als der Pilot uns die neusten Wetterdaten aus Paris gemeldet wurden. Der Pilot sprach von 13 Grad Celsius, was einige etwas leichter bekleidete Damen schon in der gut temperierten Fugzeugkabine frösteln ließ. Der Flug verlief äußerst ruhig, einzig Schade war, dass das Blickfeld allzu oft von dunklen Wolkenbänken sehr eingeschränkt war. Einzelne Sonnenfenster ließen aber noch die Hoffnung auf ein zumindest trockenes Paris hochleben. Der Blick aus dem Fenster des Fliegers – nach einer wirklich butterweichen Landung – zeigte uns, dass das Wetter zwar nicht als gut zu bezeichnen war, schlecht war es allerdings auch nicht. Nur kalt. Nach einer knapp 10minütigen Fahrt im Flieger über den Flughafen Charles de Gaulle dockte das Flugzeug dann am richtigen Landungssteg an und wir konnten französischen Boden betreten. Dieses betreten führte uns sogleich zu den Gepäckausgabebändern bei denen wir zuerst einmal etwas betreten dastanden, da unser Flug nicht angezeigt wurde. Dieser Zustand hielt eine Weile bis ein mitdenkender Student zur Erkenntnis kann, dass es auch ein zweites Gepäckausgabeband gab. Bei diesem angekommen, stellte sich dann aber gleich die Ernüchterung ein – auch hier keine Koffer aus Wien. So kam es dann dazu dass sich im Gelände zwischen diesen Ausgabebändern eine Gruppe Studenten fand, die auf einen Monitor starrte auf dem dann eine 1 oder eine 2 aufscheinen sollte. 10 Minuten später war das Rätsel gelöst und neben Gepäck konnte auch unser LVA Leiter gefunden werden. Einer ersten Begrüßung auf Französisch folgten dann erste Instruktionen auf Deutsch. Wir bekamen große und kleine Stadtpläne (Paris Poche) und mit einer fast sakralen Geste die uns überall um Paris herumbringende „Carte Orange“, das Coupon Hebdo. Auf dieser Karte war ein Feld verzeichnet, das mit den Worten „picture obligatoire“ beschrieben war. Die des Französisch Mächtigen klärten uns dann aber schnell auf, dass mit obligatoire, nicht obligatorisch gemeint ist, sondern hier mehr mit „verpflichtend“ zu übersetzend sei. Zur Lösung dieses Problems bot sich ein Photoautomat in den Hallen des Flughafens an. Besonderer Klu dabei, war, dass dieser Automat nicht nur Photos machte, sondern, dass auch selbst gemachte digitale Bilder entwickelt werden konnten. Nach einem längeren hin und her wurden dann zwei Gruppenbilder entwickelt, die Köpfe ausgeschnitten und als Identifikationsbilder verwendet. Nutznießer dieser Aktion dürfte neben dem Betreiber der Photobox die Evelyn gewesen sein, die sich mittlerweile über eine Sammlung von Portraits der Exkursionsteilnehmer freuen kann. Als dieses Problem behoben war, begaben wir uns in die RER, die S-Bahn von Paris, und fuhren in die Stadt. Dabei passierten wir das Stade de France, in dem Frankreich acht Jahre davor Fußballweltmeister wurde. Nach dem Umsteigen ging es mit der U-Bahn zum Place de la Republique weiter. Hier kam auch die kleine Karte der Carte Orange zum ersten Mal ins Spiel. Bei der 159 U-Bahn handelt es sich um ein geschlossenes System, das nur mit gültiger Fahrkarte durch ein Schleusensystem begehbar ist. Man lernt, dass es klug ist, dass Ticket immer griffbereit zu haben, da man nie weiß, wann die nächste Kontrollschleuse einem den Weg versperrt. Angekommen im Hotel gab es kurz Zeit das Zimmer zu beziehen. Der Lift ging übrigens nicht, was bei einem Zimmer im sechsten Stock gleich viel Freude aufkommen ließ. Die Betten in unserem Dreierzimmer waren sehr schön aneinander drapiert, was einem meiner Mitbewohner zum Ausdruck „Dreierspielwiese“ verleiten ließ. Der Bezug des Zimmers begann daher erst einmal mit einer Umbauaktion. Eine Viertelstunde später, nachdem schon der erste Supermarkt mit dem typisch frz. Namen „Leader Price“ genutzt wurde, war Treffpunkt für den ersten Programmteil. Unser Exkursionsleiter führte uns entlang des Canal Saint Martin zum Gare de l’Est, der Feuerwehr, den Sapeurs-Pompiers de Paris zu der Grande Halle am Parc de la Villette. Viele waren dabei froh einen zusätzlichen Pulli mitgenommen zu haben, da die Temperaturen denen im sommerlichen Wien nicht annähernd glichen und es recht frisch war. Als es dann Abend wurde führte uns unser Exkursionsleiter in die Butte aux Caille zu einem gemeinsamen Cuscus Essen. Das war vor allem deshalb eine sehr gute Idee, da sich hier auch die Gruppenteilnehmer, die sich ja teilweise noch gar nicht richtig kannten, kennen lernen konnten. Nach einem ausgiebigen Mal ließen wir den Abend dann noch würdig ausklingen. Einziges Hemmnis dabei war der Bierpreis, der den Konsum sehr in Grenzen halten ließ. Vier Euro Fünfzig für das große Bier schien dann doch etwas viel. Da es ja sich ja um eine Studien- und nicht um eine Ausflugsfahrt handelt, war für den nächsten Tag gleich am Morgen Programm angesetzt. Um 9:30 Uhr hatten wir einen Termin bei der Öffentlichkeitsarbeit zum ZAC „Rive Gauche“ einem Entwicklungsgebiet im 13. Arrondissement südlich des Gare d’Austerlitz. Dummerweise konnten wir diesen Ort nicht finden, was speziell unseren Exkursionsleiter fast zur Verzweiflung trieb. Nach einer längeren Suche kamen wir dann mit ca. einer Dreiviertelstunde an. Anhand eines mehreren Quadratmeter großen Modells bekamen wir dann einen Überblick über die Geschichte und die Entwicklungen des Quartiers. Nach der Theorie folgte dann die Praxis anhand einer Führung durch das Viertel. Besonderes Highlight war hier der Besuch der Nationalbibliothek mit ihren vier markanten Türmen, von denen wir hören mussten, dass sie halb leer da stehen. Nach den schönen glas-stählernen Bürotürmen gab es dann als Kontrastprogramm einen Einblick in die Frigos de Paris, ehemalige Kühlhäuser, die heute von Indipendentkünstlern genutzt werden. Am Nachmittag stand ein offizieller Programmpunkt auf dem Programm. Wir besuchten das IFU, das Institute francais d’urbanisme, einer Raumplanungsausbildungsstätte, mit der es Kontakte zu knüpfen galt. Davor gab es noch ein gutes Essen in einer französischen Mensa auf einem weitläufigen Campusgelände. Sehr auffallend war an dieser Universität, dass es sehr viel zu geben schien nur eben keine Studenten. Die Ruhe war allerdings allgemein willkommen und so nutzte so mancher die Zeit für ein kleines Nickerchen. Im IFU ging es ebenso ruhig zu, mit dem einzigen Unterschied, dass es hier gar keine Studenten gab. Dieses seien am Arbeiten und kämen erst im nächsten Monat wieder. Einem Vortrag eines Professors vom IFU folgte eine Diskussion über die Studiengänge, die darin endete, dass zwei Studenten – darunter ich - aus heiterem Himmel aufgefordert wurden, die Studienrichtung zu beschreiben. Der Erfolg dieser Aktion lässt sich vermuten, da die beiden Studenten weder vorbereitet, noch der französischen Sprache entsprechend mächtig waren. Nach dieser Unterredung fuhren wir zurück in die Stadt um das Abendprogramm zu begehen. Dieses führte uns über sehr belebte Straßen und Stationen, bei denen man auch einfach so mit den gestikulierenden Worten „Malboro?“ angesprochen wird, schlussendlich pünktlich zum Sonnenuntergang auf den Montmatre. Von da aus konnte ein herrlicher Blick über das nächtliche Paris genossen werden. Besonders sichtbar war hier der Eiffelturm der in glitzerndes Licht getaucht aussah, als hätte er ein Ballkleid an. Dieses Ballkleid fand allerdings nicht bei allen gefallen. Nach einer kurzen Stärkung ging es dann weiter nach Pigalle. Die Straßen hier sind besonders als Rotlichtviertel bekannt, auch das berühmte Moulin Rouge hat hier seinen Standort. Der Abend klang dann mit einem flaner dans les rues aus. Manche trieb es noch in die Disco der Folie Pigalles, für viele aber endete der Abend aber noch bei einem kleinen Bier. Der Lift im Hotel ging immer noch nicht. Der nächste Tag begann noch früher als der vorherige. Pünktlich früh morgens trafen wir uns am Place de Fêtes, allerdings nicht um zu feiern, sondern erstmals in der kälte zuwarten. Die Führung führte uns durch eine Siedlung sozialen Wohnbaus dessen Höhepunkt ein Loch in der Decke eines Unterstandes war. Der eigentliche Höhepunkt war dann aber erst am Nachmittag der Besuch in Marais. Dieses jüdisch geprägte Viertel mitten in der Stadt ist etwas ruhiger als andere Viertel und noch sehr von kleinen Gassen und Häusern bestimmt. Als lokale Spezialität wird hier Falafel kredenzt, was einige von uns gleich ausprobieren mussten, da es u.a. einen Laden gab, der mit den Worten: „The best Falafel in the world!“ für sich warb. Leichtgläubig wie Studenten eben sind, musste dies natürlich sofort ausprobiert werden. Eine Neugestaltung einer Sackgasse, bei der auch Bürgerbeteilung ausprobiert wurde, wurde uns als große Innovation vorgestellt, dabei war’s so toll gar nicht. Leider haben wir den Innenminister verpasst der an diesem Tag die Gassen besuchen sollte, dafür standen wir dann im Regen. Das Wetter wurde übrigens immer schlechter uns es verging kein Tag an dem es nicht mindestens einmal geregnet hätte. Der Abend war frei und so konnten wir uns eigenständig auf die lang ersehnte Touritour durch Paris begeben. Auf Notre Dame mit seien wunderbaren Rosetten folgte dann der Tour Eiffel und schlussendlich der Triumpfbogen. Diese Wege bezwangen wir hauptsächlich mit dem Bus. Um die richtigen Buslinien herauszufinden bedufte es allerdings des Plan 2, der Pariser Verkehrsbetriebe. Dieser Plan wird einem nur bei speziellen Nachfragen ausgehändigt, der OttoNormal-Tourist bekommt nur den „einfach“ Plan 1. Felix war einer der ersten mit diesem ominösen Plan deux und nutzte diesen schnell aus. Im 8. Arrondissement, das ist die Gegend zwischen Arc de Triomphe, Louvre und Opera, war auch ein Wechsel des Fahrgastes in den Buslinien feststellbar. Gab es sonst die zu erwartenden Typen und –Innen, war es hier schon möglich plötzlich neben einer Dame im Kostüm und mit Goldkette zu sitzen. Das Gebiet um die neue Oper ist auch sehr beliebt als Fortgehzone. Warum bleibt mir aber ein Rätsel. Wir fanden zu zweit ein Lokal, in dem wir etwas Essen und Trinken und so den Abend ausklingen lassen wollten. Der Blick auf die Speisekarte ließ dann aber eher hochschrecken. Das große Bier kostete hier um € 9,80. Ich trank dann nur ein kleines, das aber immer noch um die fünf Euro gekostet hat. Vor dem Schlafengehen testeten wir dann noch eine kleine Bar unweit unseres Hotels, hier waren das Flair und auch die Preise in Ordnung. Der Lift ging immer noch nicht. 160 161 Der Donnerstag war dann sehr angenehm. Der Vormittag war ohne Programm, was auch bitter notwendig war um zumindest noch etwas von der Stadt sehen zu können. Meine Wege führten mich über das Louvre, die Kirche St. Sulpice zum Tour Montparnasse, der allerdings gerade zu diesem Zeitpunkt nicht bestiegen werden konnte. Viele nutzten die Zeit zum Kartenschreiben oder um auszusschlafen. Nach einem Vortrag über die Ursachen städtischer Jugendgewalt und einem Folgendem über Segregation besuchten wir noch die Science Po, eine weitere RPL Ausbildungsstätte in Paris. Hier dauert das Studium 2 Semester was etwas seltsam ist, da es eigentlich vier Semester dauern sollte. Bemerkenswert ist die Fröhlichkeit der frz, Professoren. Diese scheinen immer sehr gut drauf zu sein. Der Abend war wieder durch ein gemeinsames Essen geprägt. Besonders der Wein tat seine Wirkung und so war die Stimmung auch sehr gut. Der Abend endete spät in der Nacht und es war schön. Besonders Oliver war im siebten Himmel, da er zwar einer der ersten war, der die Gruppe verließ, dies aber mit der Gewissheit, die Nacht nicht allen verbringen zu müssen. Im Hotel angekommen, kam es zu einer weiteren Überraschung. Der Lift funktionierte! Am letzten Tag verließen wir die eigentliche Stadt Paris und besuchten noch die Vororte. In Courneuve erweckten wir besonderes Aufsehen. Dieses zeigte sich vor allem darin, da wir mit den Worten „Il y a la guerre?“ von zwei Halbwüchsigen mit Mofa begrüßt wurden. Schussendlich landeten wir wieder am Flughafen Charles de Gaulle und drei Stunden später waren wir wieder in Wien. Hier erwartete uns noch bitterere Kälte und dazu stärkster Regen. S-Bahnen waren auch keine mehr unterwegs und so blieb nur noch der CAT. Um halb eins kam ich dann durchnässt in meinem Zimmer an. Recht fertig fiel ich dann ins Bett. Paris war wieder fern, die Erninnerungen an den Tour Eiffel, Notre Dame und den Arc de Triomphe waren wieder da, mit einem lächeln schlief ich ein. Paris. Eine Stadt, ein Begriff, zu dem wohl jedem ganz spontan ein paar Gedanken kommen! Vielleicht persönliche Erfahrungen, Träume, Wünsche oder Enttäuschungen. Die Exkursion der TU-Wien nach Paris hat ein sehr spezielles Bild von Paris geschaffen. Ein Bild, welches in keinem Reiseführer abgedruckt ist. Ein Bild, mit großen Unterschieden, aber auch mit einigen Parallelen zu Altbekannten. Unerwartete, interessante Aspekte der Stadtentwicklung wurden aufgezeigt. Das Hauptaugenmerk lag auf den unterschiedlichen Strategien der Stadterneuerung. Wie wird die Veränderung der räumlichen Strukturen, der sozialen Prozesse und natürlich auch der baulich-physischen Substanz erreicht? Anhand von konkreten Beispielen, Gesprächen, Spaziergängen und Diskussionen wurde versucht, die Arten der Stadterneuerung zu beleuchten, vom Quartiersmanagement, der Sanierung (zum Beispiel la Courneuve) oder Revitalisierung, bis hin zu eigeninitiativen Erneuerungsprozessen (zum Beispiel rue de trèsor im Marais). Die Frage welche Thematik oder welcher Programmpunkt am meisten beeindruckt, überrascht oder fasziniert hat, ist nur sehr schwer zu beantworten. Denn es ist eine große Menge an Eindrücken nach Wien zurückgekommen, zum Beispiel der Blick vom Eiffelturm über die Stadt Paris, siehe links. Da der Programmablauf den einzelnen Protokollen der Exkursionsteilnehmer entnommen werden kann, werde ich mich in meinem Essay auf einzelne Programmpunkte konzentrierten, sie kurz beschreiben und aus meiner Sicht interpretieren. Teile der Exkursion, die mich besonders fasziniert und interessiert haben, beispielsweise das Gebiet der ZAC rive gauche, Hauts de Belleville, Maßnahmen der Stadterneuerung im Marais und die Maßnahmen im sozialen Wohnungsbau im Pariser Vorort la Courneuve. Der erste Programmpunkt des Dienstagvormittags war ein Besuch im Centre d’acceuil, das direkt an der Seine liegt, mit einer Präsentation von dem Architekten Christoph Bayle über das Stadtentwicklungsprojekt ZAC rive gauche. Dieser Bereich von Paris ist stark geprägt durch die Bahnhöfe Gare d’Austerlitz und Gare de Lyon. Aufgrund des Zentralitätsprinzips in Frankreich existieren in Paris unterschiedliche Bahnhöfe für die verschiedenen Fahrtrichtungen, beispielsweise der Gare de Lyon für alle Bahnverbindungen nach Süden. Das Gebiet der ZAC rive gauche ist ein ehemaliges Industriegelände und fällt in das Eigentum des SNCF (französische Bahngesellschaft). Bei der Entwicklung des Projektes ZAC rive gauche gab es einige Probleme: Erstens existieren in dieser Gegend enorm große Flächen, die dem SNCF gehören, diese Grundstücke wollte der SNCF natürlich nicht ohne weiteres aufgeben. Gleichzeitig konnte man aber einen Rückgang des Bahnflächenbedarfs beobachten. Es wurde ein Komitee bestehend aus der Stadt Paris und dem SNCF gegründet, welches über die Nutzung dieser Flächen entscheiden sollte. Allerdings stieg im Laufe dieses langwierigen Prozesses der Flächenbedarf des SNCF wieder. Es gab somit zwei gegenläufige Entwicklungen, einerseits die bestehenden Altbauten und die gewünschte veränderte Nutzung derer. Andererseits die benötigten Neubauten der Stadt und des SCNF. Die Grundidee beinhaltete die Überbauung von 17 Gleisen im Gebiet des Gare d’Austerlitz, um dadurch diese Fläche für andere Nutzungen zu gewinnen. Die Überbauungen sollten teilweise Wohnungen, in erster Linie aber Büroflächen beinhalten, ein zweites La Défense war geplant. Diese Ziele wurden allerdings nicht umgesetzt, sondern es folgte eine Umdefinierung der zuvor bestehenden Ziele. Dafür gibt es unter Anderen ökonomische Gründe. Für die geplanten 1.000.000 m² Bürofläche war der Absatzmarkt einfach nicht mehr vorhanden. Nach 1991 kam es zum Zusammenbruch des Büromarktes, der Bedarf an Büroflächen sank weiter. Ein viel bedeutenderer Grund scheint aber der Wechsel an der politischen Spitze der Stadt Paris, von rechts nach links. Die Änderung der politischen Machtverhältnisse änderte auch die Zielvorstellungen und das gesamte Konzept wurde neu gestaltet. Heute ist das Gebiet der ZAC rive gauche vor allem durch die riesige Nationalbibliothek Mitterrand geprägt, die sich direkt an der Seine befindet, wo seit jeher die Repräsentationsbauten angesiedelt wurden. Die zentrale Rolle und die Macht des französischen Präsidenten sind aufgrund des Aufbaus der französischen Gesetzgebung bekannt. Allerdings war es für mich doch sehr überraschend, dass jeder Präsident während seiner Amtszeit ein riesiges städtebauliches Projekt in Paris durchgeführt hat. Beispielsweise hat Georges Pompidou das gleichnamige Centre Pompidou während seiner Amtszeit als Kulturzentrum initiiert. Francois Mitterraund war neben der Nationalbibliothek auch für den Bau der weltbekannten Louvre-Pyramide verantwortlich, genauso wie für den Bau des zweiten „Triumphbogens“ Grande Arche in la Dèfense. Die Begrenzung der Champs-Elysées mit diesem prestigeträchtigen Bauwerk zeigt ebenfalls sehr deutlich das Repräsentationsbedürfnis der französischen Präsidenten. Markante Orte in Paris, die das Stadtbild ganz deutlich prägen. Es scheint, als sei das Hinterlassen eines Repräsentationsbaus in Paris eine wichtige Aufgabe jedes französische Staatsoberhaupt. Diese Tatsache ist sicherlich stark durch die französische 162 163 6.11 Andrea Pumberger Geschichte beeinflusst. In Frankreich ähneln Staatspräsidenten immer noch ein klein wenig Königen oder Kaisern, die ebenfalls das Stadtbild verändern wollten, um sich somit ein Denkmal zu schaffen und die Bevölkerung an ihre Regierungszeit zu erinnern. Man möchte nach außen Macht und Stärke signalisieren, das Bild der souveränen, französischen Nation stets bewahren. Die Mitterrand-Bibliothek besteht aus vier einzelnen Türmen, die Form ist riesigen, aufgeschlagenen Büchern nachempfunden. Sie wird auch TGB (très grande bibliothek) genannt. Es gibt keine Grünflächen im engeren Sinn, die Natur (exotische Bäume wurden gepflanzt) ist nicht zugänglich. Man kann die Natur nur ansehen, sie ist sozusagen eingesperrt. Die öffentlichen Flächen außerhalb der Bibliothek sind mit Holzlatten verlegt, wirken allerdings trotzdem sehr kalt und laden nicht zum verweilen ein. Eine Begrünung, zum Beispiel einfache Bäume für die Beschattung für die wenigen, vereinzelten Sitzmöglichkeiten, fehlen vollkommen. Die Bibliothek ist aber überraschenderweise stark besucht. Die Flächen innerhalb der Türme sind hauptsächlich Leseräume, mit aufklappbaren Holzverkleidungen an der Innenseite der Fenster, um die optimale Temperatur für die Bücher zu gewährleisten. Im Untergrund befinden sich die Bücherlagerungen, man spricht auch von der Stiege in das Wissen. Zu einem der interessantesten Termine während der Exkursion zählt meines Erachtens das Treffen mit dem Soziologen Michel Bonetti am Mittwochvormittag. Dabei stand ein Besuch des Hauts de Belleville auf dem Programm. Genauer gesagt die Besichtigung einer Siedlung, die früher ein großer, zusammenhängender Komplex war, mit Wohnungen für ca. 2000 Menschen. Damals war diese Wohnanlage von großem Chaos gekennzeichnet, keiner kümmerte sich um den anderen und die kleinen Grünanlagen dazwischen verkümmerten und verwahrlosten. Heute ist die Siedlung streng unterteilt worden. Die Durchgänge sind abgesperrt, die Wohnanlage ist in Einheiten für 100 bis 200 Menschen zusammengefasst. Es herrscht eine strikte Absperrung mit Zäunen und Nummerncodes am Eingangstor, es wurden außerdem Hausmeister eingesetzt. Diese erhielten eine spezielle soziale Ausbildung und besetzen den ganzen Tag den Eingang der jeweiligen Siedlung. Dadurch wurden das Gemeinschaftsgefühl und gleichzeitig auch die Wohnqualität gesteigert, es handelt sich aber immer noch um sozialen Wohnbau. Meines Erachtens ist aber fraglich, wie sehr der Hausmeister bereits die Privatsphäre der Bewohner verletzt. Andererseits wird ein verstärktes Gefühl der Sicherheit produziert. Eine zufällig getroffene Anrainerin berichtete uns ebenfalls, dass die Siedlung jetzt erst richtig lebenswert geworden ist. Früher traute sie sich nicht einmal Freunde oder ihre Familie einladen, sie schämte sich für ihre Wohnung, hatte auch ein bisschen Angst. Heute ist das alles kein Problem mehr für sie! Es gibt auch weiterhin einen gemeinsamen Raum in der Siedlung, dieser sollte den Jugendlichen zur Verfügung gestellt werden. Der öffentlich zugängliche Ort besteht aus Treppen und einem Sportplatz, der eine Mischung aus Basketball- und Fußballplatz darstellt. Geplant war eine Überdachung, um auch bei schlechtem Wetter das Zusammensitzen der Jugendlichen zu ermöglichen. Die Ideen von Raumplanern und Soziologen (unter anderem Michel Bonetti) wurden vom Architekten nur teilweise umgesetzt. Die Überdachung ist sehr klein und schmal ausgefallen, außerdem wurde ein Loch in die Platte eingesetzt. Laut Architekten wird durch dieses Loch die Sicht auf die Bäume und die Natur gewährleistet. Den möglichen Regen hat er offensichtlich vergessen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass dieser öffentliche Raum gut angenommen und genutzt wird. Der Sportplatz ist außerdem noch von allen Seiten einsichtbar und minimiert die Privatsphäre der Jugendlichen radikal. Zusammenfassend zeigte sich Michel Bonetti mit „seinem“ Projekt aber sehr zufrieden, auch die Ausführungen der Anrainerin bestätigten seine Meinung. Es erfolgte eine Abschätzung der Privatsphäre der Bewohner und der Wohnqualität für die gesamte Siedlung. Obwohl beide Punkte natürlich eng miteinander verbunden sind, sie beeinflussen sich gegenseitig, muss man die beiden Ansätze gegeneinander abwägen. In Belleville wurde für die gesteigerte Wohnqualität ein Stück der Privatsphäre jedes einzelnen aufgegeben. In diesem konkreten Fall war wahrscheinlich das erhöhte Maß an sozialer Kontrolle (in der Form des Hausmeisters) genau die richtige Antwort auf die Rücksichtslosigkeit und das nebeneinander her leben in dieser Wohnsiedlung. Ein vollkommen anderes Vorgehen bei Projekten der Stadterneuerung hat die Stadtverwaltung des vierten Arrondissements, Marais. Hier setzte man auf Eigeninitiativen beziehungsweise auf eine sehr starke Einbindung der betroffenen Bevölkerung in den Planungsprozess. Wir trafen Jean-Didier Laforgue, der über die Planung, Beteiligung und Veränderung der rue de trésor und der rue de Rosiers im Marais berichtete. Die Rue de trésor wurde innerhalb von zwei Jahren vollkommen umgestaltet und im Rahmen dieses Stadterneuerungsprojektes war die Partizipation der Anrainer ein zentraler Bestandteil des Planungsprozesses. Bei der rue de trésor handelt sich um eine Sackgasse, die von einem ehemaligen Brunnen begrenzt wird. Die Probleme der Straße waren vor allem der Lärm, Parkplätze und die Gastgärten der angesiedelten Lokale. Jugendliche trafen sich mit ihren Mopeds am Brunnen, ganz nach italienischem Vorbild. Doch es trat ein weit verbreitetes Phänomen auf: Im Urlaub oder fünf Straßen weiter findet man das Bild von solchen Treffen, Gastgärten und dem damit verbundenen Lebensstil anziehend und faszinierend. Spielt sich die ganze Szene aber vor der Haustür ab, trifft man hauptsächlich auf Ablehnung. Die Gastgärten der Lokale und Cafès ragten weit in den Straßenraum und nahmen diese kontinuierlich mehr und mehr ein, der verbleibende Raum der Straße wurde als Parkraum verwendet. Die heutigen breiten Grünstreifen existierten bis vor kurzem noch nicht. Die Problematik der Gastgärten bestand aber nur teilweise in ihrer ständigen Vergrößerung. In Frankreich existieren weniger strenge Regelungen betreffend die Öffnungszeiten von Gastgärten. In Österreich sind diese zwischen zehn und elf Uhr abends zu schließen, in Frankreich hingegen erst um zwei Uhr nachts. Wenn man bedenkt, dass die Lokale die Sperrstunde nicht immer ganz genau einhalten, die Tische noch abräumen, Stühle und Tische verstauen müssen, kann man sich vorstellen, dass sich ein Abend bis mindestens drei Uhr nachts zieht. Eine Tatsache, die für die Anrainer der Rue de trésor nicht mehr tragbar war, verständlich für Menschen, die teilweise um sechs oder sieben Uhr früh in die Arbeit gehen müssen. Auch das Verkehrsproblem wurde für die Sackgasse immer schlimmer. Die generelle Pariser Parkplatzproblematik machte auch vor der rue de trésor nicht halt. Der verbleibende Straßenraum wurde in Parkplätze umgewandelt. Heute besteht in der Straße ein Fahrverbot, das nur zwischen sechs und acht Uhr abends für Lieferungen aufgehoben wird. Die Straße ist durch elektronische Böhler abgetrennt. Kurzzeitig funktionierten diese nicht, die Folge war, dass die Straße sofort wieder zugeparkt wurde. Die heutige Situation zeigt ein vollkommen konträres Bild: Die Gastgärten sind stark zurückgedrängt worden. Durch die extrem breiten Grünstreifen besteht eine klare Abtrennung, somit können die Gärten ihre Grenzen auch nicht schleichend erweitern. Alles in allem ist die Stadtverwaltung des 4. Arrondissments Marais, aber auch die Anrainer mit der derzeitigen Lösung höchst zufrieden. Mir persönlich stellt sich aber die Frage, ob das Ergebnis wirklich wünschenswert ist. Die rue de trésor wirkte auf mich sehr unbelebt und verlassen. Der Vortragende Monsieur Laforgue beschwerte sich sogar noch über die uneinheitlichen Fassaden der Geschäftslokale. 164 165 Sollte denn wirklich alles gleich sein? Gleich langweilig? Können bunte Lokalfassaden (in diesem Fall orange und blau) nicht auch zur Stimmung und zum Ambiente eines Straßenzuges beitragen? Außerdem bietet die rue de trésor aufgrund ihrer Länge beziehungsweise aufgrund ihrer Kürze Platz für maximal zehn parkende Fahrzeuge, die ja gar nicht so viel Lärm verursachen können. Die Lärmbelästigung ist wahrscheinlich am stärksten durch die Mopeds ausgelöst worden. Meines Erachtens, sollte es aber auch andere Lösungen geben, als einfach alle aus der Straße zu verbannen. Damit eine Verkehrsberuhigung oder Verkehrsreduktion zu erreichen ist kein großes Kunststück. Vorbildhaft war allerdings bei diesem Projekt die Bürgerbeteiligung. Gleich von Beginn an wurden gemeinsame Lösungen gesucht. Dafür wurden Workshops abgehalten und Zeichnungen von Anrainern angefertigt, die den Wunsch- oder Idealzustand der Straße zeigten. Die Vorstellungen und Bedürfnisse der Bewohner wurden immer miteinbezogen und angehört. Durch die gemeinsame Suche nach der Lösung ist der Großteil aller Beteiligten zufrieden. Beispielsweise zitierte Jean-Didier Laforgue einen Anrainer, der von Anfang an dem Erneuerungsprozess sehr kritisch gegenüber stand. Heute ist er überzeugt, dass 95 % der Probleme gelöst sind, der Rest muss durch die Bewohner selbst verändert werden. Die Stadtverwaltung hat somit ihren Teil bestmöglich für die Anrainer erfüllt. Die Beiträge der Exkursion und die Gespräche mit den jeweiligen Experten kamen immer wieder auf ein bestimmtes Thema zu sprechen: die Jugendkrawalle! Der Freitag war geprägt vom schwierigsten Bereich der gesamten Woche. Weg von Paris mit den Bildern von Eiffelturm, Notre Dame oder Sacre Coeur. Weg vom Marais und den dann lächerlich erscheinenden Verkehrsproblemen der rue de trésor. Hin zu den Vororten von Paris, den Orten an denen der Unmut der französischen Bevölkerung und den Immigranten in Frankreich zum Ausdruck gekommen ist. Auf dem Weg Richtung Flughafen Charles de Gaulles gab es noch zwei Zwischenstopps. Der Besuch von zwei Vororten stand auf dem Programm, die sich stark unterscheiden, aber doch die gleichen Probleme und Herangehensweisen aufweisen. Einerseits La Courneuve, nur eine RER-Station nach St.Denis, in der Nähe des Stade de France. Andererseits La Gornesse, ein Ort dem man die Flughafennähe schon „anhört“, denn ungefähr alle zwei Minuten brauste ein Flugzeug lautstark über unsere Köpfe hinweg. In la Courneuve treffen wir Madame Karine Agoque, sie arbeitet für das Stadterneuerungsprojekt ARNU. Der Vorort la Courneuve war und ist auch heute noch stark geprägt durch riesige Sozialbauten. Drei 120 Meter lange Riegel wurden hier aufgestellt, die Bewohner sind vor allem Immigranten. Zwei dieser drei Riegel sind bereits niedergerissen worden und werden in veränderter Form wieder aufgebaut. Die Wohnbevölkerung wird für die Zeit des Abrisses und des Neuaufbaus in andere Wohnungen umgesiedelt. Jeder bekommt zwei Wohnungen zur Auswahl, eine davon muss passen, sonst stehen die Familien auf der Straße. Die Bebauungsdichte im Neubaugebiet wird stark reduziert, es werden nur mehr 5 bis 6 Geschosse gebaut. Dadurch ergibt sich aber eine weitaus geringere Anzahl an Wohnungen, die durch die bessere Wohnqualität auch höhere Mieten mit sich bringen. Viele Menschen werden aus ihren alten Häusern ausgesiedelt, können es sich aber nicht mehr leisten in die neue Siedlung einzuziehen. Eine weitere Maßnahme in Courneuve war die Umgestaltung des „Eingangsbereichs“ der Wohnsiedlung, aus der Richtung der RER-Station kommend. Früher war hier ein riesiger Parkplatz, trostlos, ohne soziale Bedeutung. Heute ist der Platz neu gestaltet, es gibt Sitzgelegenheiten und Bepflanzung. Dieser Eingangsbereich soll die soziale Kommunikation fördern und einladend wirken. Ein Blick auf das Namensschild löst in bisschen Kopfschütteln aus: place de la fraternite, das heißt Platz der Brüderlichkeit. Die Grundfeste der französischen Verfassung Gleichheit, Freiheit und Brüderlichkeit werden hier benutzt. Die große Symbolik dieser drei Begriffe für alle Franzosen soll auch die Immigranten ansprechen und zeigen, dass sie aufgrund des Bodenrechts die gleichen Rechte zugesprochen bekommen, wie „richtige“ Franzosen. Doch was bringen große Worte und Bezeichnungen ohne Taten? Macht man es sich nicht viel zu einfach, den Immigranten die Brüderlichkeit anzubieten und vor allem diese Brüderlichkeit von ihnen selber zu verlangen. Die Forderung nach Assimilation, Eingliederung in die Gesellschaft wird meiner Meinung nach sehr stark durch die Brüderlichkeit ausgedrückt. Aber ist es nicht die Gleichheit, die die Menschen hier erreichen wollen? Chancengleichheit, dasselbe Recht und dieselben Chancen auf Arbeit, besseres Wohnumfeld, gleiche Bildung? Aber ein place de l’egalité in Courneuve war anscheinend sogar den Verantwortlichen zu abgehoben. Man kann durch solche Symbole nichts verändern, wenn man nicht die Tatsachen verändert! Während der Jugendkrawalle in den Pariser Vororten beschrieb ein bekannter französischer Architekt seinen Lösungsansatz so: Die Lage der Vororte könnte ganz einfach verbessert werden, indem der Präsident nach St. Denis zieht und der Premierminister gleich in seine Nähe nach la Courneuve. Sicherlich ist diese Aussage extrem überspitzt, aber der Grundgedanke hat etwas Interessantes. Durch die Veränderung der Baulichen Umwelt kann man nicht die Menschen ändern, ihre Einstellungen und ihren Ärger. Durch die baulich-physischen Prozesse wird man auch die ungerechte Behandlung von Immigranten am Wohnungsmarkt, Arbeitsmarkt und beim Zugang zu Bildung nicht ändern können. Die Wohnsituation zu verbessern ist nur der erste Schritt eines großen geforderten Maßnahmenbündels! Diese Lösungen sind jetzt schnell zu finden, denn die Gründe für die Unruhen und Krawalle sind noch längst nicht beseitigt oder auch nur im Ansatz verändert worden. Diese Beschreibungen im Essay waren nur auf die vier Programmpunkte bezogen, die für mich am interessantesten waren. Obwohl man nur sehr schwer eine Auswahl treffen kann. Die gesamte Exkursion war toll organisiert und die Beiträge im Großen und Ganzen sehr gut aufeinander abgestimmt. Natürlich war auch noch Zeit Paris von seiner touristischen Seite kennen zu lernen. Aufgrund des dicht gedrängten Programms sind diese Sight-Seeing-Touren immer in ziemlich schnellem Tempo durchgezogen worden. Die gesamten Tourismusklassiker sind erledigt: Eiffelturm, der Île de la cité, Notre-Dame, Louvre oder La Dèfense, wo sich das erste Mal während der Woche die Sonne so richtig zeigte und dadurch der Blick auf die Champs-Elysées und den Triumphbogen noch imposanter schien. 166 167 6.12 Andreas Putlitz96 6.12.1 Montag, 29. Mai (Anreisetag) Nach einer planmäßigen Landung in Paris Charles de Gaulles, stand zunächst ein Fototermin an. Überraschenderweise ist es für die Gültigkeit einer Carte Orange – der Paris Wochenkarte für den ÖV – nämlich notwendig ein Passbild auf den Fahrschein aufzukleben. Nachdem das erledigt war, konnten wir mit dem RER, so heißen die Pariser Vorstandzüge in die Stadt fahren. Das Hotel Republique liegt relativ zentral am Place de la Republique. Eine halbe Stunde blieb uns, schnell die 96 Andreas Putlitz hat seine Protokolle gemeinsam mit dem Essay verfasst. kleinen aber sauberen und gemütlichen Zimmer zu beziehen, uns etwas zu Essen zu besorgen und vom Flug zu erholen. Dann folgte schon der erste Programmpunkt unserer Reise. Ein Stadtspaziergang entlang des Canal St. Martin über den Place de la Bataille de Stalingrad zum Parc de la Villette. Der Canal St. Martin, der früher eher die Schattenseite des 10. Arrondissements dargestellt hatte, ist heute ein Beispiel für die Gentrifikation eines Stadtteils. So wird die soziale Umstrukturierung eines Quartiers durch die Aufwertung der Umgebung durch die Ansiedelung von Gaststätten, Kultur oder die Umgestaltung von Parks genannt. Gentrifikation geht immer einher mit der Verdrängung der vorherigen Wohnbevölkerung, die sich die gestiegenen Mieten irgendwann nicht mehr leisten kann. Als Beispiel dafür besuchten wir das am Kanal gelegene Point Ephémère. Das ist eines der Projekte einer Organisation, die versucht in Paris alte ungenutzte Gebäude kulturell zu erschließen. In diesem Fall ist es eine Kombination aus Café und Theater geworden, welche in den ehemaligen Lagerhallen angesiedelt wurde. Leider sind diese Projekte nur auf eine bestimmte Zeit, in diesem Fall bis 2008 angelegt, was eine nachhaltige Nutzung nicht gewährleistet. Im selben Gebäude befindet sich auch eine Abteilung der freiwilligen Feuerwehr, die hier provisorisch untergebracht wurde, während die ursprüngliche Wache renoviert wird. Nach einer kurzen Kaffeepause und einem Vortrag der Leiterin des Point Ephémère ging es weiter Richtung Parc de la Villette. Der Park erhält verschiedene sehr futuristisch anmutende Gebäude, darunter die Cité de la musique und die Cité des Sciences et de l’Industrie. Ebenfalls findet sich dort die Grand Halle, die ursprünglich eine Markthalle war und ihren Standort in der Stadt zugunsten des Centre Pompidou aufgeben musste und hier wieder aufgebaut wurde. An der Porte de la Villette stiegen wir in die Metro, um einen etwas anderen Teil von Paris zu besuchen. Barbès lässt sich vielleicht am besten als innerstädtisches Ghetto umschreiben. Die Straßen sind voll von Menschen, die meisten von ihnen kommen offensichtlich aus den Maghrebstaaten oder Subsaharaafrika und am Metroausgang bekommt man Zigaretten zum Sonderpreis angeboten. Nachdem wir die Strecke einer Metrostation zu Fuß durch das Viertel gelaufen waren, nahmen wir wieder die U-Bahn in Richtung Place d’Italie. Unterwegs konnte man dank einem überirdischen Abschnitt den Kontrast erleben, den Paris vielerorts offenbart. Während in Barbès die Straßen quasi übergequollen zu sein schienen, war hier im 14. Arrondissement kaum eine Menschenseele auf der Straße zu sehen. Von Place d’Italie erreichten wir nach kurzem Fußweg das Folie en Tête, eine kleine Studentenkneipe, wo wir uns zu einem kleinen Aperitif niederließen. Nach einer halben Stunde ging es dann weiter ins arabische Restaurant L’Esperance um die Ecke zu unserem lang ersehnten und verdienten Abendessen. Couscous mit einer leckeren Gemüsebrühe und hervorragendem Fleisch. Anschließend ließen wir den Abend mit einem Bier in einer kleinen Bar an der Butte aux Cailles ausklingen. Auf der Tagesordnung am nächsten Tag stand zunächst eine Visite des neuen urbanen Viertels SAC Rive Gauche. Rive Gauche steht für die linke, die südlichere Flussseite der Seine. Nach einer etwas längeren Suche und mit etwa einer Stunde Verspätung fanden wir endlich das Centre d’Information auf der Rue Emile Durkheim. Dort trafen wir auf Christoph Bayle, einen Architekten der SEMAPA - wie sich die ausführende Organisation aus SNCF und der Stadt Paris nennt - der bei der Umsetzung der Planungen entscheidend mitgewirkt hatte. Nach einem anschaulichen Vortrag unter zu Hilfenahme eines Modells hatten wir die Möglichkeit das neue Viertel unter seiner Führung zu Besichtigen. Auf der Route stand auch die monumentale Bibliotheque Nationale und Les Frigos. Das sind ehemalige Kühlhäuser, die vom Abriss verschont geblieben worden sind, und heute Künstlern als Atelier dienen. Ohne den Architekten ging es anschließend durch den Parc Bercy auf der rechten Seineseite und zum RER A in Richtung der Ville Nouvelle Marne-la-Vallée. In der Ortschaft Champs-sur-Marne befindet sich die Université de Marne-la-Vallée mit ihrem Unicampus,.auf dem unter anderem auch das Institut Français d’Urbanisme angesiedelt ist. Hier konnten wir uns in der Mensa der Uni stärken und bei einem Kaffee vom Automaten ausspannen. Institut Français d’Urbanisme (Detailprotokoll): Anschließend stand ein Gespräch mit Professoren vom Institut Français d’Urbanisme auf dem Plan. Zunächst gab uns ein jüngerer Professor des Instituts einen kleinen Überblick über die Geschichte des Campus, des Instituts und der Felder, die hier behandelt werden. Die Institute, die hier am Campus angesiedelt sind verstehen sich selbst als eine Art Kompetenzzentrum für Stadtentwicklung bzw. Urbanismus. Dazu gehört auch die Architektur, die sich in der Nähe ein großes aber nicht sonderlich schönes Denkmal in Form eines Instituts- und Hörsaalgebäudes gesetzt hat. Später stieß der Leiter des Instituts zu uns und wir setzen uns alle zusammen in einen Seminarraum und Fragen zur Entwicklung in Paris zu besprechen. Ganz oben auf der Wunschliste standen natürlich ein Kommentar zu SAC Rive Gauche, dass wir ja erst diesen Vormittag besichtigt hatte, und das vom Architekten trotz einiger Kritik durchaus in ein vorteilhaftes Licht gesetzt wurde, aber auch die Villes nouvelles waren gefragt. Zunächst gab es ein wenig Input zu Paris. Die Stadt selbst hat 2 Millionen Einwohner und eine Fläche die kleiner ist als Wien. Die gesamt Île de France, wie die Agglomeration um Paris genannt wird, befügt über 11 Millionen Einwohner. Das führt zu der paradoxen Situation, dass der Bürgermeister von Paris zwar mit seinen Entscheidungen die Lebensrealität von 11 Millionen Menschen beeinflusst, jedoch nur von 2 Millionen davon gewählt wurde. Diese Tatsache wird dadurch noch verstärkt, dass eine Kooperation zwischen der Metropole, und den umliegenden oftmals auch neu gegründeten Gemeinden den so genannten Villes nouvelles, nicht stattfindet. Einen Stadtgrenzen überschreitenden Entwicklungsplan für die gesamt Region Paris gibt es nicht. Die Villes nouvelles sind dabei ein Versuch die extreme Zentralisiertheit auf die Metropole Paris abzuschwächen. Dazu gibt es seit 1967 ein Gesetz, das Loi d’Orientation forcière, das man als das Gesetz zum Boden-vorbereiten übersetzen kann. Es enthält Instrumente, um die Bildung einer völlig neuen Siedlung umzusetzen. Während in den vorigen Jahrzentren diese Vorstädte sehr flächig und grün konzipiert wurden, was die Bildung von belegten Stadtzentren fast völlig verhindert hat und die Orte wie Geisterstädte wirken lässt, wird heute versucht urbaner zu konzipieren. Das zweite Thema war das neue Viertel SAC Rive Gauche. Pei Planung hat viele Veränderungen durchgemacht, in den 30 Jahren die die Konzeption gedauert hat. Zunächst war ein Viertel im Stile von La Defense geplant. Viele Büroflächen, die 168 169 6.12.2 Dienstag, 30. Mai durch den damaligen Boom in der Branche motiviert waren. Ab 1991 jedoch sinkt die Zahl der verkauften Büroflächen ständig. Was 1990 noch sehr gut verkäuflich war, ist heute ein Ladenhüter. Durch diese Krise des Büromarktes ging man dazu über ein urbanes und kulturelles Mischviertel zu entwickeln. Auch die Demolierung des Bestandes wurde teilweise gestoppt, wodurch die Frigos entstehen konnten. Gründe für diesen Wandel war auch, ähnlich wie in Berlin, ein schlichter Geldmangel, um alles neu zu bauen, und die asbestverseuchte Uni Paris 7, die einen neuen Standorte suchte. Sehr problematisch sehen die Professoren vom Institut die Eisenbahnfläche, die vom Viertel überbaut wird. Es wurden mehrere verschiedene Bahnhöfe auf der Fläche unter dem Viertel gebaut, und ein weiterer ist geplant, obwohl die Zukunft des Eisenbahnverkehrs eher in Rückbau bestehen wird. Insgesamt wird im Querschnitt die Fläche von 17 Gleisen überbaut, und kein Mensch weiß, wozu die noch gut sein sollen. Der Prozess von SAC Rive Gauche ist allerdings noch nicht abgeschlossen, wodurch es schwer ist, einen Stich unter die Konzeption zu ziehen. Vielmehr hat sich die Planung schon mehrfach gewandelt, und es bleibt abzuwarten, was die Zukunft bringt. Nach dieser interessanten Diskussion gingen wir zurück zum RER in Richtung Paris. Ein Teil von uns nutze die folgende Freizeit für einen Besuch beim Eiffelturm, während andere, zu denen auch ich gehörte, die Ruhe des eigenen Zimmers vorzogen. Der letzte Programmpunkt des Abends war zwar freiwillig, wurde aber trotzdem von fast allen wahrgenommen. Es stand ein Besuch des Sacre Coeur auf dem Mont Matre an, mit anschließenden Flanieren auf dem Boulevard de Clichy mit Außenbesichtigung und des Moulin Rouge und anschließendem Absacker in einer Bar. 6.12.3 Mittwoch, 31. Mai Der Mittwoch war der Tag der Stadtspaziergänge. Zunächst trafen wir uns mit Michel Bonetti, einem Soziologen, am Place de Fêtes. Dieser Platz ist ein typisches Beispiel für die Stadterneuerungspolitik in Paris der 80er Jahre. Statt eines sanften „Renouvellement“ oder einer Gentrefikation wurde gnadenlos abgerissen und im Stil realsozialistischer Hochhaussiedlungen neu gebaut. Der Soziologe machte vor allem die Architekten für solche Fehlgriffe verantwortlich. Es wurde inzwischen aber auch schon nachgebessert am Platz. Ein Spielplatz und ein kleiner Park entzerren den kahlen und grauen Eindruck. Es folgte eine Runde durch die Hautes de Belleville. Es wurde ersichtlich, wie das Viertel dank gewachsener Strukturen vorher funktionierte, und wie der Place de Fêtes diese Struktur unterbricht. Außerdem konnten wir ein erfolgreiches Erneuerungsprojekt besichtigen. Eine Hochhaussiedlung mitten im Quartier, das vorher öfters der Ausgangspunkt von Pöbeleien und Gewalt gegen Passanten gewesen war, ist durch Sanierung und Umstrukturierung deutlich friedlicher und freundlicher geworden. Dies konnte uns auch eine sehr auskuftsfreudige Bewohnerin eines der Hochhäuser bestätigen. Abgerundet wurde der sehr informative und lehrreiche Spaziergang durch einen Kaffee. Der nächste Termin sollte ein Spaziergang durch Le Marais, ein zentrales Viertel, das sich in den letzten Jahren vom runtergekommenen Stadtzentrum zum neuen In170 und Schwulenviertel gewandelt. Zunächst war aber noch Zeit für ein Mittagessen, wofür das Marais viele Gelegenheiten bietet. Um 14 Uhr trafen wir Jean-Didier Laforgue in der Rue de Tresor. Diese Straße ist eine Sackgasse, die vor einigen Jahren unter Einbeziehung der Bewohner Umgestaltet wurde. Vorher die Straße die Hauptquelle für Beschwerden bei der Stadtverwaltung des 4. Arrondissements. Es gab Probleme mit Lärm aus den Straßencafés und mit Obdachlosen, die am Ende der Sackgasse ihre Zelte aufgeschlagen hatten. Durch die Umgestaltung erfolgte eine Begrünung, was einerseits den Lärm aus den Cafés teilweise schluckt, andererseits sind diese gar nicht mehr darauf angewiesen, Kundschaft mit lauter Musik anzulocken, die angenehme Gartenstimmung tut jetzt ihr übriges. Der Anspruch der Kunden hat sich ebenfalls gewandelt, von Party und lauter Musik zu gediegenem Ambiente bei einem netten Gespräch. Die Bepflanzung wurde auch dazu verwendet die Stellplätze für Motor- und Fahrräder rar zu machen, und das Ende ist jetzt nicht mehr geeignet zum Übernachten. Danach besichtigten wir die Rue de Rosiers, eine Straße mit starker jüdischer Tradition. Stadtgestalterisch war hier vor allem die Zusammenlegung von Gehsteig und Fahrbahn zu bemerken, die die Sicherheit für die nicht-motorisierten Nutzer gewährleisten soll. Ein Regenschauer verhinderte unser weiteres Vordringen ins Marais, und die Herrschaften von der Stadt hatten dann leider noch weitere Termine. Nur knapp verpassten wir Nicolas Sarkozy, den Innenminister Frankreichs, der, geschützt durch ein massives Polizeiaufgebot und Scharfschützen, das Marais besuchte, wo sich die Woche zuvor anti-semitische Überfälle einer Bande ereignet hatten. Zu Gesicht bekamen wir den Herren leider nicht. Der nächste Spaziergang des Tages sollte uns durch Les Halles - einem teilweise unterirdischen weit ausgedehnten Einkaufszentrum im Zentrum der Stadt - von dort weiter durch das Quartier Beaubourg, zum Centre Pompidou - einem futuristisch anmutenden Kunst- und Kulturzentrum im Stile einer Ölraffinerie, das 1977 fertig gestellt wurde – und schließlich zum Place des Vosges führen. Unsere fachkundige Begleitung sprach leider sehr leise und dazu noch in einem Englisch mit sehr französischem Akzent, wodurch die Anekdoten und Kommentare auf dem Spaziergang beinahe völlig im Pariser Verkehrlärm untergingen. Trotzdem erhielten wir einen bleibenden optischen Eindruck vom Zentrum der Stadt. Um 19 Uhr wurden unsere Füße erlöst von unserem Stadtmarathon die meisten verteilten sich auf Restaurants in der Nähe des Hotels oder auf ihre Zimmer. Nachdem sich alle ausgeruht und gestärkt hatten, brach am späteren Abend eine Gruppe auf, das Pariser Nachtleben zu begutachten. Wir besuchten die „Favela“, die nur zwei Straßen entfernt von Hotel liegt. Einigen Stunden gut tanzbaren HipHops später, begaben wir uns wieder auf den Heimweg. Weniger freiwillig, als der Sperrstunde geschuldet. 6.12.4 Donnerstag, 1. Juni Der Abend zum Ausgehen war gut gewählt, denn am Donnerstag war der Vormittag programmfrei. Die Zeit nutzen einige um auszuschlafen, der Großteil jedoch schälte sich zeitig aus dem Bett, um noch ein paar touristische Eindrücke von Paris zu bekommen oder das Modeangebot auf den Champs Elysées zu begutachten. 171 Um 13 Uhr war wieder raumplanerisches Programm angesagt. Vor uns lag ein UniTag an der Science Po, genauer gesagt an den Instituts d´études politiques, was so etwas wie die Universität für Politikwissenschaften darstellt. Den ersten Termin hatten wir bei Gérard Gabert, der für das deutsch-französische Jugendwerk arbeitet. Während der anderthalbstündigen Mischung aus Diskussion und Vortrag erlangten wir einen sehr interessanten und reflektierten Einblick in die Vorgänge der Jungendkrawalle in den Banlieues 2005. Es folgte ein Vortrag von Edmond Préteuille zur Segregation in Paris. Es zeigte anhand statistischer Verfahren, dass die häufig geäußerte Sorge, dass die Metropolen in Zuge der Wandlung zur Global City eine immer größere Schere zwischen arm und reich ausweisen und der Mittelstand quasi ausstirbt, nicht gerechtfertigt ist. Der nächste Besuch stand im Urbanismuszweig der Science Po an, der etwas abgelegen von Hauptgebäude an der Metrostation Nationale liegt. Der Direktor des Instituts, Prof. Michel Micheau, gab uns einen Einblick in seine Sicht auf die Geschehnisse in den Banlieues und die Tätigkeiten des Instituts. Anschließend beantworteten zwei Verantwortliche der Stadt Fragen zu Entwicklungen in Paris, wie die neue Straßenbahn am Südrand der Stadt und die Notwendigkeit eines Entwicklungskonzeptes für die gesamte Île de France. Es folgte die Möglichkeit für ein entspanntes Gespräch zwischen uns und den Urbanismusstudenten der Science Po bei einem Aperitif und ein paar Snacks. Ich selbst war sehr positiv überrascht von der angenehmen Stimmung und der Offenheit der Studenten. Leider mussten wir nach einer Stunde wieder aufbrechen, da wir bereits im Restaurant erwartet wurden. Bei einem stärkenden Abendessen und der einen oder anderen Flasche Wein, ließen wir gemeinsam mit Monsieur Gabert und einem deutsch-französischen Diplomaten den Abend ausklingen. 6.12.5 Freitag, 2. Juni (Abreisetag) Am Vormittag um 11 Uhr trafen wir uns mit der Bürgermeisterin des 4. Arrondissements Mme. Bertinotti im Rathaus. Hier hatten wir eine Stunde Gelegenheit Fragen zur Entwicklung im Marais, zur jüdischen Kultur und zur Lage in ganz Paris zu stellen. Ganz Politikerin wählte sie ihre Antworten sorgfältig, war jedoch nicht uninformativ und stets freundlich. Im Anschluss holten wir unsere bereits gepackten Koffer im Hotel ab und brachen in die Banlieues auf. Unser erstes Ziel dort war La Courneuve. Nach einem Fußweg mit unserem Gepäck von der RER-Station zum Gemeindezentrum, trafen wir uns mit Karine Agogue, die uns durch das Viertel führte. Es gab dort vor allem, wie nicht anders zu erwarten, hässliche Hochhäuser im Sozialismusstil und Menschen mit Migrationshintergrund. Zwischendrin machten wir auch eine interessante Bekanntschaft mit einem Jugendlichen der uns kleine Kunststücke auf seinen Roller vorführte. Das ganze fand aber vor allem innerhalb unserer Gruppe statt, was von vielen als störend und bedrohlich empfunden wurde. Aber es wird auch sehr viel getan in La Courneuve. Einige der Hochhausriegel wurden oder werden noch abgerissen und ein neues Ortszentrum ist zur Zeit im Bau. Ob es den Menschen gegen die Diskriminierung oder die triste ökonomische Situation weiterhilft ist fraglich, aber es macht diesen Wohnort in meinen Augen ein 172 gutes Stück lebenswerter. Und es ist auch als Zeichen zu sehen, dass Frankreich die Verlierer der Gesellschaft noch nicht ganz vergessen hat. Das zweite und letzte Viertel, das wir uns anschauten, liegt in Gonesse. Der Ort ist an sich ein gewachsenes Städtchen mit echtem Stadtkern. Am Rand gelegen gibt es dort jedoch eine Siedlung des Gemeindesozialbaus, die immer wieder Probleme bereitet. Auch hier fielen wir sehr schnell als Fremdkörper und wurden auf der ganzen Runde von Kindern der Siedlung begleitet, was aber nicht wirklich unangenehm war. Deutlich unschöner war, dass jemand aus unserer Gruppe aus dem Fenster angespuckt wurde. Nach einem Kaffee mit dem Raumplaner, der uns durch die Siedlung geführt hatte, bestiegen wir den Bus in Richtung Flughafen Charles-de-Gaulles. 6.12.6 Resumée Zuallererst ist zu sagen, dass diese Exkursion sehr dicht war, fast bis an die Schmerzgrenze. Es ist kaum möglich, mehr Information in fünf Tage zu packen, als in Paris geschehen. Es war aber zu keiner Zeit eine unzumutbare Belastung, da die Information immer interessant war, und es immer möglich war, etwas Neues und Relevantes mitzunehmen, was die anfängliche Ablehnung gegenüber immer noch einem neuen Termin ins Gegenteil kehrte. Ich habe das Gefühl, dass ich in dieser Woche tatsächlich ein Stück von Paris kennen gelernt habe. Die Besichtigungen und Stadtspaziergänge waren immer abwechslungsreich gewählt und haben ein breites Spektrum dieser facettenreichen Stadt abgedeckt. Dazu kommen noch interessante Vorträge und unzählige visuelle Eindrücke. Die abendlichen Essen gaben zusätzlich die Gelegenheit das Erlebte zu diskutieren und reflektieren. Auch über die Gruppe ist zu sagen, dass gerade die Verschiedenheit erst den Reiz der Reise ausmachte. Interessante Diskussionen auf jeden Fahrt zum nächsten Termin, das gegenseitige Kennenlernen und Erfahrungsaustausch aus verschiedenen Disziplinen waren ein unersetzlicher Bestandteil der Exkursion vom ersten bis zum letzten Tag. Grundsätzlich sind Exkursionen dieser Art unverzichtbar, wenn man das in der Uni gelernte Wissen mit Leben füllen und ein Studium gestalten möchte, dass auf die Arbeit in der Realität vorbereitet. Ich möchte mich für diese wunderbare Woche bedanken, und hoffe, dass ich bald wieder die Gelegenheit habe, auf eine ähnliche Reise zu gehen. 6.13 Aridiana Salgado Sendra Unsere Geschichte fängt am 29. Mai an! Die erste Expedition von Raumplanern und Soziologen fliegt um 07:20 in der Früh. Der Flug verläuft ohne Probleme und bald sind wir in Paris. Während wir auf die andere Gruppe gewartet haben, sind wir durch die Stadt spazieren gegangen, Rathaus, Notre Dame, der Louvre,… und schnell war es schon 15:00 Uhr, wenn wir alle zusammen verabredet waren. Der erste Schritt von dem Programm ist ein Spaziergang zum Canal St. Martin und Barbès, dort konnten wir den Transformationsprozess, den der Kanal erfahren hat, sehen. Der Kanal ist voll von Geschäften, Cafés und Bars, die an den Ufern sind, und es ist auch möglich in vielen Orten gute Live-Musik zu hören. Der Kanal ist ein netter Ort der langsam von jungen Leuten bevölkert wurde. Nach dem Stadtspaziergang sind wir einen Aperitif in den 13. Arrondissement trinken gegangen, das war ein guter Zeitpunkt, der machte, dass wir alle uns besser kennen 173 lernen konnten und anfingen, eine richtige Gruppe zu sein. Nach diesem Aperitif sind wir am Abend essen gegangen, das war in einem Restaurant, neben dem kleinen Lokal wo wir waren. Hier haben wir Couscous gegessen und eine wirklich lustige Nacht gehabt. Unser 2. Tag in Paris fing mit der Präsentation von SEMAPA (Societé d’economie mixte d’aménagement de Paris) an, und die städtebauliche Operation Paris Rive Gauche. SEMAPA entwirft und plant die städtebaulichen Projekte und erledigt die Beschaffung des Geländes von den Eigentümern. Dieses Projekt befindet sich im 13. Arrondissement und ist eines der gröβten Projekte seit Hausmann, das in Paris realisiert wird. Nach der Präsentation sind wir durch den Bezirk spazieren gegangen, und haben die Erneuerung die dort passiert gesehen. Die Hochhäuser sind nicht von einem einzelnen Architekt geplant worden, sondern von vielen verschiedenen Architekten, damit haben sie erreicht, dass nicht alle gleich aussehen, und dass es ein bisschen Kontrast gibt. In diesem Bezirk befindet sich auch die Bibliotheque nationale, bestehend aus vier Glastürmen und einem rechtwinkligen Areal an der Seine mit einem groβen Garten in der Mitte. Der Mann der uns durch den Bezirk führte, Christoph Bayle, sagte uns, dass eigentlich, in Paris darf man nicht mehr als 37 Meter hoch bauen, aber die Bibliotheque nationale ist 79 Meter hoch. Das war eine Ausnahme, und vielleicht ein sehr groβer Fehler, weil die vier Glasstürme sind wahrscheinlich nicht besonders der beste Ort um wichtige Bücher zu erhalten. Diese Bibliothek war ein ehrgeiziges Projekt um Macht zu zeigen. Von der Nationalbibliothek sind wir nach Marne le Vallée gegangen, und haben zusammen in der Mensa gegessen. Nachher sind wir zum Institut français d’urbanisme gegangen, und dort haben wir einen Empfang und eine Diskussion gehabt, dort haben sie uns ein bisschen wie die Stadt Paris ist erklärt und wo die Leute konzentriert sind, dort haben wir auch ein bisschen über Projekte, die im Moment realisiert werden, gesprochen und am Ende haben wir versucht zu vergleichen wie die Ausbildung für Raumplaner in Frankreich und Österreich ist. Nach diesem Besuch beim Institut français d’urbanisme haben wir Freizeit gehabt, und wir sind zum Eiffelturm gegangen. Wir sind ungefähr 3 oder 4 Stunde im Eiffelturm geblieben, also wir sind im Hotel gegen 21:00 angekommen, 2 Stunden später als wir gedacht hatten! Ich habe nachher eine Kollegin von mir aus meiner Universität besucht, die im Moment Erasmus in der École nationale des ponts et chaussées macht. Es war wirklich nett uns wiederzusehen, und wir haben über unsere Gastuniversitäten gesprochen und versucht die Ausbildung zu vergleichen. Der 3. Tag unserer Exkursion war ziemlich voll, aber er war einer der Tage der mir am besten gefiel und der mir am meisten gebracht hat. Am morgen, haben wir uns mit Michel Bonnetti getroffen, er hat mit uns gesprochen über ein Projekt in dem er gearbeitet hatte, und uns die Ergebnisse gezeigt, er hat uns erzählt wie die Situation in diesem Bezirk vor 30 Jahren war, und was sie genau gemacht haben um die Probleme zu lösen. Dort hat uns auch eine Frau erzählt was sie erlebt hatte, wie die Situation früher war und jetzt ist, und dass sie auf jeden Fall heute viel besser ist. Später haben wir zusammen einen Kaffee getrunken und noch mehr darüber gesprochen, was auch wirklich interessant war. Nach diesem interessanten Termin haben wir eine Stunde Freizeit gehabt, Zeit die wir natürlich genutzt haben, um ein Falafel in Le Marais zu essen. Um 14:00 Uhr waren wir verabredet mit Jean Didier Laforgue, wir sind fast nur in der Rue du Trésor geblieben, und dort haben sie uns die Erneuerung der Straβe und die zugehörigen Prozesse die dort erfolgt sind erzählt. Dieser Termin war wirklich interessant für mich, weil ich am Referat „Partizipation in der Stadterneuerung am Beispiel des Viertels Le Marais“ gearbeitet habe, und ich den Prozess schon kannte. Es hat mir auch sehr gefallen weil es war ein Prozess mit der Partizipation der Nachbarn, sie haben viel darüber gesprochen, versucht die Probleme zu finden und gemeinsam zu lösen, und sie haben es erreicht, jetzt ist die Rue du Trésor eine wirklich nette und saubere Straße, fast ohne Lärm, und ein guter Ort zum Leben. Dieses Projekt war so erfolgreich, dass die anderen Nachbarn von anderen Straßen auch wollen, dass solche Prozesse in ihren Straßen stattfinden, wie die Rue de Rosiers, die im Moment renoviert wird. Nach diesem interessanten Termin, haben wir noch einen Spaziergang durch die Stadt gemacht, dieses mal haben sie uns erklärt wie sich die Stadt im Allgemeinen verändert hat, es war auch sehr interessant, aber nach dem ganzen Tag war ich ein bisschen müde. Am Ende des Tages, waren wir so müde dass wir alle im Hotel geblieben sind, und einfach uns unterhalten haben, es war wirklich nett und lustig, und wir waren fast alle zusammen, was es noch besser machte, wir waren die ganze Woche eine Gruppe. Der 4. Tag war auch wirklich gut, wir hatten ein bisschen Zeit Sightseeing zu machen, deswegen sind wir nach La Défense gegangen, ein modernes Hochhausviertel im Westen von Paris, das 150.000 Beschäftigte hat. Nach diesem kleinen Besuch, gingen wir zum L’Arc de triomphe, nur kurz um Fotos zu machen, und sofort weiter zum Le Louvre. Um 13:00 waren wir alle verabredet im L’Observatoire sociologique du Changenent, wo wir einen wirklich interessanten Vortrag gehört haben, über die städtische Jugendgewalt und ihre Ursachen. Es war wirklich spannend Gérar Gabert zu hören, und alles was er uns erzählt hat, obwohl ich nicht besonders für das französischen Ausbildungssystem bin. Sie sagen dass es wirklich fair ist, und dass alle bis an die Spitze gelangen können, aber wir wissen auch alle dass das überhaupt nicht wahr ist. Schade dass dieser Vortrag bald zu Ende war, aber danach haben wir noch einen anderen gehabt, über die Segregation in Paris, der auch wirklich interessant war. Wie die Leute sich verteilen, mehr durch Ökonomische Aspekte als durch Soziale Aspekte. Das Beste an allen diesen Vorträgen war nicht nur der Inhalt, sondern dass alle diese Prozesse in allen Hauptstädten der Welt gleich sind, dass es keine konkreten Beispiele für Paris sind, sondern für alle Hauptstädte. Nach diesen 2 Terminen, hatten wir noch einen Vortrag in “Cycle d’Urbanisme de Sciences Po”, wo uns Sébastien Bach erklärt hat, was seiner Meinung nach im November in Paris passiert ist, und warum die Autos verbrannt wurden. Nachher haben sie ein bisschen über die neuen Pläne für Paris gesprochen, und zusammen mit den französischen Studenten, darüber diskutiert. Nach diesem auch sehr interessanten Vortrag, haben wir ein bisschen gegessen und uns mit den französischen Studenten unterhalten, was für mich ein bisschen eine Überraschung war, weil ich eigentlich aus Barcelona komme, und sie kennen alle die Stadt, den Stadtentwicklungsplan, und die Entwicklungen der letzen Zeit dort. Sie finden Barcelona und Wien als Modell, und das war für mich wirklich komisch, weil ich sehe von Barcelona manchmal nur die Probleme die wir noch lösen müssen, und nicht all die guten Aspekte die schon verbessert wurden. 174 175 Diese war schon unsere letzte Nacht in Paris, unglaublich wie schnell die Zeit vergangen war, und dass wir schon fast am Ende angekommen waren. Wir sind alle zusammen Essen gegangen, und haben wirklich einen guten Abend gehabt. Am 5. Tag, der unser Letzter in Paris war, sind wir früh aufgestanden und einfach spazieren gegangen, um uns von der Stadt zu verabschieden. Um elf waren wir alle verabredet am Place Baudoyer, wo wir mit Arbeitern vom Rathaus, des 4. Bezirks gesprochen haben, über die Transformationen, die der Bezirk erfahren hat, und über die jüdische Gemeinschaft. Nach diesem Vortrag, sind wir zum Hotel gegangen, um das Gepäck abzuholen, und sind nach Le Courneuve gefahren. Das Projekt, das wir in Le Courneuve gesehen haben ist das Projekt oder der Vortrag das mir am meisten in der ganze Woche gefallen hat. Le Courneuve ist ein Bezirk von Paris, wo viele Ausländer wohnen und wo es viel Armut gibt. In Le Courneuve haben letzten November viele Autos gebrannt, die Leute sind dort hoffnungslos, und es gibt auch viel Unruhe und Kriminalität. Die Gründe die diesen Bezirk an dieses Extrem gebracht haben, sind vor allem die schlechten Projekte die dort durchgeführt wurden, der schnelle Bau und die riesig großen Hochhäuser die dort gebaut wurden, ohne die sozialen Aspekte zu berücksichtigen, die diese Art von Raumplanung mitbringen würde. Sie machen eine Erneuerung des Bezirks, und versuchen einen besseren Ort zum Leben zu bauen. Meiner Meinung nach könnte dieses Projekt nicht besser sein, sie schaffen es langsam, aber ruhig, und sie machen wirklich einen besseren Ort, und damit schaffen sie, dass die Unruhe und die Kriminalität vermindert werden. Die Möglichkeit diese Projekte zu sehen, während sie durchgeführt werden, und bevor ich mein Studium beendet habe, ist wirklich wunderbar für mich, weil das ist die Art von Raumplanung die ich wirklich machen möchte. Unser letzter Vortrag in Paris war in “Gonesse”, das Projekt das im Moment durchgeführt wird, war sehr ähnlich dem von “Le Courneuve”, aber nicht so groβ, sie reformieren im Moment auch Sozialbauten und es gibt dort ein bisschen Unruhe. Das war unser letzter Vortrag in Paris, eine Woche, die mir persönlich viel gebracht hat, viele Aspekte der Raumplanung die ich nie an meiner Universität sehen würde, und deswegen muss ich dankbar sein, für die Möglichkeit die ich gehabt habe, um das zu erleben. 6.14 Hannah Steiner97 Ich habe diese Aufgabe so aufgefasst, dass wir beschreiben sollen, was uns Besonderes an Paris aufgefallen ist und wodurch wir glauben, dass sich Paris auszeichnet. Da ich Paris schon lange kenne, sind es Details, die ich mit Paris verbinde. Diese Details prägen das Stadtbild, beeinflussen die Bevölkerung und werden durch das Verhalten der Bevölkerung erzeugt. Bevor ich etwas zu den stadtprägenden Details schreibe, möchte ich Veränderungen der Stadt in den letzten zwei Jahren, die mir aufgefallen, sind aufzeigen. 97 Bilder, von oben nach unten 1: Bus- und Radspur in Paris 2: „Bombensicherer“ Mistkübel 3: typische Pariser Fassade mit Fensterläden 4: Pariser Straßenraum mit charakteristischen „Tabac“- und Apothekensymbolen 176 Was mir als erstes ins Auge gesprungen ist, dass es sehr viel mehr Radwege gibt. Was auch neu für Radfahrer ist, ist, dass alle Busspüren auch für die Benutzung mit dem Rad gedacht sind. Eine zweite Sache hat sich an einigen Busspuren geändert. Sie sind klarer von anderen Fahrbahnen getrennt. Es wurden Hürden (Bordsteinkanten) eingebaut, damit der starke Autoverkehr von Paris nicht auch Busspüren verstopft und damit den öffentlichen Verkehr aufhält. Wenn ich schon von starkem Verkehr in Paris spreche, möchte ich gleich ein weiteres typisches Merkmal anführen. Da es tatsächlich viele Staus gibt, benutzen viele Personen so genannte „Scooter“ (Roller), womit man ca. doppelt so schnell wie mit dem Auto unterwegs ist. Auch die Pariser Fußgänger sind ungeduldig und gehen gerne bei rot über die Kreuzung. Auf der Ampel für Autofahrer sieht man auf der Rückseite ein rotes Kreuz, welches leuchtet, wenn es rot ist. Ich kenne den ursprünglichen Zweck dessen nicht, glaube aber, dass Fußgänger, wenn diese rot haben sich leicht vergewissern können ob für die Autos rot ist. Meiner Ansicht nach verleitet das zum „Rotgehen“. Hier meine zwei ersten Elemente, die eher optisch das Stadtbild beeinflussen. Die öffentl. Toiletten und die Glassammelbehälter. Da die Franzosen generell keine Umweltschützer sind, vermute ich, dass Glascontainer deswegen so groß dimensioniert sind, um aufmerksam zu machen. Wenn ich schon von Abfall spreche, möchte ich gleich zu den Straßenmistkübeln etwas sagen. Soweit ich mich erinnere, wurden die durchsichtigen Mistkübel in Paris nach den großen Metro-Bombenattentaten Ende der 90iger eingeführt. Damals wurden nämlich die Bomben in Mistkübeln versteckt. Zuerst verschloss man die Mistkübel mit Metallplatten und es gab keine öffentlichen Mistkübel mehr. Man sah, dass dies keine Lösung war, da die Straßen voller Müll waren. Daraufhin führte man die durchsichtigen Plastiksäcke ein, auf denen VIGILANCE PROPRETÉ (Wachsamkeit Sauberkeit) steht. Auch beim Thema Sicherheit möchte ich gleich anschließen. In Paris gibt es ein spezielles System für Sicherheit im Hauseingangsbereich. Es gibt zwei Hauseingangstüren, dazwischen sind die Postkästen. Keine der zwei Türen ist offen zugänglich. Bei der ersten Tür findet man immer ein Eingabefeld mit zwölf Tasten vor. Es sind die Ziffern von 0 bis 9 und die Buchstaben A und B abgedruckt. Ein Code besteht meistens aus 4 Ziffern und einem Buchstaben. Weiters ist eine Taste auf dem Eingabefeld angebracht, welche untertags die Tür ohne Code öffnet. Diese ist hauptsächlich für die Postzulieferung da, welche Werktags dreimal täglich, samstags einmal stattfindet. Bei der zweiten Tür gibt es verschiedene Varianten der Sperre. Auf jeden Fall gibt es hier die Taste, welche untertags öffnet, nicht. Es gibt Häuser, wo es nur ein Codeeingabe Feld gibt, Häuser, wo dieses mit einer Sprechanlage verbunden ist und Häuser, wo es Sprechanlagen gibt, kombiniert mit einem Magnetschlüssel für die Bewohner. Der zweite Code ist klarerweise ein anderer als der erste. Das heißt, es ist für Fremde nur sehr schwer möglich, in ein Haus zu kommen, ohne die Codes zu kennen und ohne, dass jemand Bekannter einem die zweite Türe öffnet. 177 Was weiters zur Sicherheit in Paris beitragt, sind die Fensterläden. Diese sind in ganz Frankreich typisch, weil sie ursprünglich gegen Hitze gedacht sind. In Paris oder anderen größeren Städten bin ich mir sicher, dass sie auch vor Einbruch abschrecken und in gewisser Weise schützen. Sie sind entweder aus Holz oder aus Metall und sind von innen zu verriegeln. Sie bieten Sichtschutz und Fensterscheiben können nicht leicht eingeschlagen werden, um in die Wohnung einzusteigen. Die Fensterläden sind für mich auch ein Wiedererkennungsmerkmal von Paris. Was auch für mich ganz typisch für Paris ist, sind die hohen Fenster mit den kleinen Balkonen und die steilen Dächer (Mansardedächer) mit ihren Gaupen. Was das Pariser Stadtbild auch prägt sind die Straßenlampen, die an den Häusern direkt angebracht sind. Sie beleuchten die Straße von beiden Seiten. Bei einem Gespräch mit einem Kollegen ist mir klar geworden, dass diese Position der Lampen mehrere Auswirkungen hat. Dadurch, dass die Lampen direkt an den Häusern befestigt sind, gibt es keine Seile, die ein Netz über der Straße bilden. Der Wegfall dieses Lampenseilnetzes schränkt den Raum in seiner Hohe nicht ein. Es gibt keine visuelle Barriere nach oben. Das hat wahrscheinlich in gewisser Weise auch Auswirkungen auf die Bevölkerung. Das bedrückende Gefühl von so einem Netz fällt weg. Der Himmel hat im religiösen Sinn sehr viel Bedeutung und ich denke, die direkte visuelle Verbindung hat auch auf das Unterbewusstsein Auswirkungen. Noch zwei Elemente, die für mich typisch pariserisch sind und diese Stadt prägen: Das eine sind die Straßencafés. Diese sind meistens auch im Winter in Betrieb. Dann werden Wärmestrahler aufgestellt. Meistens sind die Sitze bei solchen Straßencafés zur Straße hin ausgerichtet, und zwar alle. Wahrscheinlich wird das gemacht, damit die Kunden das Straßengeschehen beobachten können. Das zweite Element in diesem Bild sind Symbole für Trafiken und Apotheken. Beide haben eine ganz spezielle Form, die leicht wieder erkennbar ist. Das ermöglicht der Bevölkerung, die dazugehörigen Geschäfte leicht zu finden. Was ich aber daran so stadtbildprägend finde, ist, dass Paris mit Apotheken überschwemmt ist. Es gibt in jeder Straße mindestens eine Apotheke. Die Schilder der Apotheken sind immer leuchtende grüne (manchmal mit blau gemischte) Kreuze. Sie leuchten nicht statisch, sie blinken und haben Abfolgeprogramme, in denen sie Muster erzeugen. Dass es in Paris so viele Apotheken gibt, glaube ich, hängt damit zusammen, dass Franzosen Medikamenten gegenüber sehr positiv eingestellt sind und relativ viele auch starke nehmen. Zur Exkursion möchte ich sagen, dass ich davon generell sehr begeistert bin. Ich finde toll, dass wir von so vielen verschieden Personen Eindrücke vermittelt bekommen haben, dass wir mit Personen aus der Verwaltung, mit projektausführenden Personen, mit Forschern und mit Studenten diskutiert haben. Was ich auch gut finde ist, dass wir eine gemischte Gruppe von Architektur-, Ethnologie-, Raumplanungs- und Soziologiestudenten waren. Das hat mir geholfen, 178 nicht nur raumplanerische Aspekte der Stadt zu sehen, sondern meinen Horizont in andere Richtungen zu öffnen. Was ich schade finde, ist, dass wir ein sehr geballtes Programm hatten. Wir sind von einem Vortrag zum nächsten gehetzt. Dasselbe Programm in doppelter Zeit wäre gut gewesen. Dann hätten wir uns für jeden Vortrag besser vorbereiten und diesen auch in der ganzen Gruppe Nachbesprechen können. So dicht, wie das Programm war, habe ich sehr viel Information bei einem Termin erhalten und gleich darauf beim nächsten Termin genauso viel Information, zu einem anderen Thema bekommen. Ich glaube, wenn wir kurze Pausen mit Nachbesprechungen (z. B. Unterschied zu Wien, wie die verschiedenen Studenten den Vortrag wahrgenommen haben,...) zwischen den Terminen gehabt hätten, hätte ich die Informationen besser verarbeiten können. Meiner Meinung nach hätten es aber nicht weniger Vorträge bzw. Termine sein sollen, weil erst aus der Summe aller ein annäherndes Bild der Pariser Situation entstanden ist. 6.15 Felix Sternath: Abschlussessay 6.15.1 Einleitung Der vorliegende Abschlussbericht ist eine Zusammenfassung der persönlichen Eindrücke, die ich während der Exkursion gewonnen habe. Es handelt sich dabei um Beobachtungen zu Inhalten, der Organisation und dem Gruppengefüge. Die ersten fünf Punkte behandeln je einen der Exkursionstage, Punkt 6 schließlich beinhaltet Überlegungen genereller Art, die nicht einem einzelnen Tag zuzuordnen sind sondern vielmehr „das Ganze“ betrachten. 6.15.2 Montag, Tag 1 Das erste Mal in Paris zu sein bedeutet, den Großteil seiner Erwartungen und Unsicherheiten bereits am ersten Tag über Bord zu werfen, denn alles ist anders und meistens besser: Der Flughafen Orly liegt näher an der Stadt als erwartet, die Damen und Herren an diversen Schaltern sind freundlich und sprechen zum Teil auch eine Fremdsprache, die ganze Stadt ist überschaubarer und weniger lebendig als erwartet, man muss weder verhungern noch verdursten und auch das Hotel kann auf Anhieb gefunden werden. Das Zusammentreffen mit der restlichen Gruppe hat sich als relativ unspektakulär herausgestellt. Auch die anderen kennen sich bestenfalls vom Sehen, die Fronten sind relativ klar (hier sind die PlanerInnen, da die SoziologInnen, usw.). Erstaunlich schnell ging es zur Sache, namentlich in Richtung Canal St. Martin. Es war nicht ganz leicht sich zurechtzufinden: Woher kommt der Kanal und wohin fließt er? Fließt er überhaupt? Ohne jegliches (Planungs-)Vorwissen über Paris hatte ich auch Schwierigkeiten, die beschriebene Dynamik der Gegend zu begreifen. Wie ordnet sich das alles in einen Pariser Kontext ein? Im Endeffekt war es also ein netter Spaziergang, weiter durch einen Park, zum Gare de l’Est. Auf diesem „legendären“ Bahnhof wurde die gähnende Leere nur durch umfangreiche Bauarbeiten unterbrochen. Es gelang mir nicht recht, Begeisterung für das bisher Gesehene aufzubringen. Davor allerdings besuchten wir noch ein Kulturprojekt zur Belebung des Kanalufers. Das Gespräch mit der engagierten Leiterin vermittelte einen sehr guten Einblick in das Vorhaben. Vor allem der Umstand, dass die Verfügbarkeit der Räumlichkeiten 179 zukünftig eher unsicher ist, zeigt eines der Kernprobleme solcher Projekte: Im Endeffekt kann man nur in Dinge investieren, die jederzeit zusammengepackt und an einen anderen Ort geschafft werden können. Das ist schade, denn im gegenteiligen Fall kann man sicher noch mehr daraus machen. Ein zweiter wichtiger Aspekt, der angedeutet wurde, ist natürlich auch die Kontinuität der politischen Unterstützung bzw. Billigung. Ist diese einmal weg (aus welchem Grund auch immer), stirbt das Projekt und kann nur selten durch reine Eigeninitiative „gerettet“ werden. Der anschließende Besuch der Feuerwache soll hier durch seine Nichtbehandlung jene Würdigung erhalten, die er verdient. Der Nachmittag schloss mit der Besichtigung der Außenanlagen des Innovationsmuseums (oder so), das leider geschlossen war und nur einen Vorgeschmack auf jene Protzarchitektur vermittelte, die Tag darauf zu bestaunen war. Das Welcome-Dinner führte uns in das hochinteressante Viertel Butte aux Caille. Der Aperitif war leider viel zu kurz, wir wurden aber durch ein wirklich nettes Abendessen „entschädigt“. Wenig überraschend war der Umstand, dass mit steigendem Alkoholkonsum auch langsam die ersten „interdisziplinären“ Diskussionen geführt wurden, bei denen es vorab einmal galt, die gegenseitigen Vorurteile abzubauen. 6.15.3 Dienstag, Tag 2 Ein ausgedehnter Spaziergang führte uns in einen neuen Stadtteil am linken Seineufer im Umfeld der Bibliotheque Nationale, der auf einer Platte über einem größeren SNCF-Gelände realisiert wird. Hier war der Ablauf der Besichtigung so organisiert, dass im lokalen Informationsbüro zuerst ein Überblick über das Projekt (inkl. Modell und Diskussion) vermittelt wurde, bevor wir uns das Gelände „in der Realität“ ansahen. Dadurch konnte man bei der Besichtigung stets auf eine räumliche und inhaltliche Einordnung zurückgreifen, die massiv zum Verständnis des Gesehenen beitrug. Natürlich waren die Ausführungen unseres Guides nicht übermäßig kritisch und die Zeit leider etwas knapp bemessen, dennoch konnte man sich einen guten Überblick verschaffen. Vereinzelt drängte sich der Eindruck auf, dass dieser Stadtteil ein ähnliches Schicksal erleiden könnte wie die Bibliotheque Nationale, sein Kernbereich: Durch eine sehr starke Funktionstrennung und ein sehr starkes Augenmerk auf „ästhetische“ Kriterien droht eine gewisse Leblosigkeit Einzug zu halten. Vielleicht ist es aber möglich, z. B. mit Hilfe des (zum Glück!) erhaltenen Kühlhauses und des davor liegenden Platzes eine Art Anziehungspunkt durchzusetzen. Dass das Gelände der Bibliotheque Nationale aus einer Onlineumfrage als der am wenigsten einladende Platz der Welt (so etwas in der Art) hervorgegangen ist, ist interessant. Mit Sicherheit wurde hier eine große Chance vertan, dennoch fielen mir ad hoc eine Reihe noch schlechterer Plätze ein. Diese haben aber vermutlich, weil in Städten kleiner als Paris gelegen, eine zahlenmäßig geringere GegenerInnenschaft als das „siegreiche“ Projekt. Die Mittagszeit und den frühen Nachmittag verbrachten wir am Unicampus in Marne le Vallée. Auffällig aber im Nachhinein nachvollziehbar war der Umstand, dass auf diesem Campus keine Studierenden zu sehen waren. Tatsächlich war bereits jene Zeit angebrochen, in der die Studierenden ihre Praktika machen müssen. Zwar erfuhren wir im darauf folgenden Gespräch mit zwei Personen des in Marne le Vallée ansässigen Institut francais d’urbanisme etwas über das spannende städtische Umfeld der Universität, sich davon einen Eindruck zu verschaffen blieb uns aber leider verwehrt. Im Gespräch selbst war ich in einem permanenten Spannungsfeld 180 zwischen Kurz- und Langeweile. Vielleicht wäre alles einfacher gewesen, wenn die beiden Herren vom Institut francais d’urbanisme den insgesamt dringend notwendigen Überblick über „planerische Aspekte“ von Paris etwas strukturierter vorbereitet und vorgetragen hätten. Wirklich belustigt hat mich Michaels und mein Versuch, das Wiener Raumplanungsstudium spontan auf Französisch vorzustellen. Was ging wohl im Kopf der beiden Herren vor, als sie uns bei unseren hilflosen und unverständlichen Versuchen beobachteten? Ob das Institut francais d’urbanisme jemals einen Erasmusvertrag mit der TU Wien unterschreiben wird? Organisatorisch perfekt angelegt war der Montmatre-Abend mit der bestellten Beleuchtung des Eiffelturms. Lediglich die nach einem solchen Aufstieg unerlässliche Getränkeversorgung wies gewisse Defizite auf. Der anschließende Lokalaugenschein im Umfeld von Moulin Rouge und Pigalle war dann schon etwas zuviel, schließlich verbrachte ich die Woche davor in Hamburg und somit war mein Hunger nach zwielichtigen Gegenden bereits gestillt. 6.15.4 Mittwoch, Tag 3 Die beiden Teile der Besichtigung der Hauts de Belleville mit Michel Bonetti muss getrennt betrachtet und beurteilt werden. Während der eher „theoretische“ Gedankenaustausch zu Beginn und am Ende des Vormittags mit Sicherheit zu den fruchtbarsten (Achtung, nicht falsch lesen: fruchtbar, nicht furchtbar!) Begegnungen der Woche zählte, war die unnötig detaillierte Besichtigung eines restrukturierten Wohnblocks über weite Strecken wenig hilfreich. Vor allem die Ansichten in Bezug auf die Rolle des motorisierten Individualverkehrs in Wohngebieten erschienen mir größtenteils nachvollziehbar, obwohl sie in Frankreich als zu autofeindlich und in Österreich als zu autofreundlich tituliert würden. Der Marais zählt für mich zu den spannendsten Teilen von Paris. Ein ähnliches „Judenviertel“ kenne ich aus Rom, das dort mit dem in der italienischen Sprache unbelasteten Begriff „Ghetto“ bezeichnet wird. Aus diesem Grund galt mein Interesse vielmehr den Geschehnissen in den „jüdischen“ Straßenzügen als der Besichtigung einer begrünten und erfolgreich „befriedeten“ Seitenstraße. Das dort eingesetzte Grün hätte auch durch eine Mauer, Stacheldraht oder einen Graben mit Krokodilen ersetzt werden können, der Effekt wäre derselbe gewesen: Ein Teil der Straßenfläche ist nicht begeh- und somit auch nicht nutzbar. Eine etwas ausführlichere Beschäftigung mit der Rolle der jüdischen Gemeinde hätte mir sehr gut gefallen, schließlich handelt es sich dabei um ein, und das hat auch das Gespräch mit Bürgermeisterin Bertinotti gezeigt, wichtiges Thema. Vor allem eine gründlichere Untersuchung des Zusammenhanges mit dem republikanischen Prinzip hätte für mich viel zum Verständnis der „französischen Welt“ beigetragen. Auch ein Treffen mit einem Vertreter der jüdischen Gemeinde (sind wahrscheinlich nur Männer) wäre für mich gut vorstellbar gewesen. Der letzte Spaziergang des Tages ausgehend von Les Halles war leider weniger erfolgreich. Einerseits hatten die vorhergegangenen Besichtigungen des Tages bereits viele Kräfte verbraucht, andererseits war unser Führer akustisch schwer zu verstehen. Es handelte sich dennoch um einen nicht uninteressanten Rundgang, der mit einem Informationsaustausch vor dem Centre Pompidou sicherlich seinen Höhepunkt hatte. 181 6.15.5 Donnerstag, Tag 4 Der Donnerstag stand konzeptionell im vollständigen Gegensatz zum Mittwoch. Es fanden insgesamt drei Vorträge statt, jeder für sich interessant und wichtig, direkt aufeinander folgend waren sie jedoch etwas Kräfte raubend. Das Gespräch mit ? setzte in meinen Augen ein Vorwissen voraus, dass man bei AusländerInnen nicht erwarten kann. Dabei handelt sich z. B. um die Kenntnis der Grundsätze der französischen Integrationspolitik, aber auch um „banale“ Dinge wie einen Eindruck, wie das Ausmaß der Unruhen im Herbst – abseits der sehr hysterischen Berichterstattung der Medien – wirklich zu beurteilen ist. Das kann man nur als in Paris lebender Mensch, der ein Bild der Banlieus im Hinterkopf hat. Vielleicht wäre es also besser gewesen, uns auf „unserem“ Niveau des Kenntnisstandes abzuholen. Das ist zwar zum Teil geschehen, aber erst schleichend im Laufe des Gesprächs. Nichtsdestotrotz war das Gespräch hochinteressant, inhaltlich und atmosphärisch sehr gut und wahrscheinlich zentral in dieser Exkursion. Anders verhielt es sich mit dem etwas spröden Vortrag über die Segregation im Pariser Raum. Hier wurde vor allem der Erläuterung der methodischen Herangehensweise etwas zuviel Aufmerksamkeit geschenkt, während die Ergebnisse, auch im Angesicht des herrschenden Zeitdrucks, nur etwas knapp behandelt wurden. Der letzte Teil des Tagesprogramms war ein etwas unstrukturiertes Gespräch in einer Ausbildungsstätte für Pariser Raumplanungsstudierende (nicht ganz, dort wird eine Spezialisierung von Politikwissenschaften gelehrt). Leider waren unsere Aufmerksamkeit und jene der französischen Studierenden bereits etwas reduziert, woran auch die (unfreiwillig?) humoristischen Einlagen eines der Vortragenden wenig ändern konnten. Ein zumindest teilweiser Erfolg war das direkt danach stattfindende Treffen mit den französischen Studierenden. Wie immer in solchen Momenten ist das erste aufeinander Zugehen relativ schwierig, doch insgesamt gesehen gelang sehr schnell ein reger Austausch, zumindest zwischen Teilen der beiden Gruppen. Der „offizielle“ Tag endete mit einem gemeinsamen Abschlussessen, das vor allem gegen Ende interessante Gespräche hervorbrachte. So wurde von einigen der NichtRaumplanerInnen in der Gruppe mit Verwunderung festgestellt, dass „wir“ RaumplanerInnen auch spät abends noch sehr intensiv über das am Tag Gesehene diskutieren. Selbstverständlich kann man es immer übertreiben, ich persönlich empfinde aber gerade das als gut und werte es als Zeichen des Erfolgs einer Exkursion (oder jeder Lehrveranstaltung). Besichtigung habe ich den Eindruck gewonnen, dass die ästhetisch wenig attraktive Wohnsituation nur einen sehr kleinen Beitrag zur Unzufriedenheit in der Banlieu beiträgt und tatsächlich die Chancenlosigkeit und Ungleichbehandlung, von der in vielen Vorträgen die Rede war, zentrale Themen sind. Aus diesem Grund ist auch die Wirksamkeit von baulichen (Verschönerungs-)Maßnahmen in der Banlieu zu diskutieren, wenn diese danach dieselben benachteiligten Menschen beherbergt wie zuvor. Ich würde mich freuen, wenn dieses Thema noch einmal (im Herbst) diskutiert würde. Über unsere Rolle bei der Besichtigung der Banlieu mache ich mir derzeit in einem englischsprachigen schriftlichen Beitrag für eine Lehrveranstaltung in Mailand Gedanken, der dem gesamten Exkursionsbericht beigelegt wird. 6.15.7 Gesamtbetrachtung der Exkursion Das vormittägliche Treffen mit der Bürgermeisterin des 4. Arrondissements, Frau Bertinotti, war für mich persönlich vor allem in Hinblick auf den Informationsgewinn über die „Macht“ eines/r BezirksbürgermeisterIn interessant. Ich gewann dabei den Eindruck, dass hier auf einer lokaleren Ebene vor allem verwaltet, weniger gestaltet oder gar entschieden wird. Neben anderen Indizien lässt zumindest die finanzielle Ausstattung der BezirksbürgermeisterInnen einen solchen Schluss zu. Die Fahrt in zwei Orte der Banlieu am Nachmittag möchte ich in Hinblick auf Inhalt und Atmosphäre getrennt behandeln. Der Lokalaugenschein in beiden Orten war mit Sicherheit hilfreich, um sich zumindest ein eingeschränktes Bild der Banlieu zu machen. Beide Beispiele waren hinsichtlich der baulichen Struktur Situationen in Ostdeutschland oder Norditalien, die ich gesehen habe, nicht unähnlich. Vor allem das zweite blieb mir als Beispiel einer „good practice“ in Erinnerung. Während der Insgesamt war die Exkursion für mich ein großer Erfolg. Es herrschte eine angenehme Ausgewogenheit zwischen Besichtigungen und Input in Form von Vorträgen und Gesprächen. Das Programm war sehr umfangreich, am Ende aber niemals „erdrückend“. Oliver Frey verstand es in meinen Augen auf eine angenehme Weise, einerseits als „der Lehrende“ für die Umsetzung des Programms und die Vermittlung von Inhalt zu sorgen, andererseits aber auch als „der Pariskenner“ unaufdringlich dazu beizutragen, auch abseits des Programms viel von Paris mitzubekommen. Ob die Zusammenstellung der Gruppe geglückt ist, kann ich aus meiner sehr subjektiven Perspektive weitestgehend bejahen, gespannt warte ich aber vor allem auf die gesammelten Eindrücke aller ExkursionsteilnehmerInnen. Im Detail gäbe es noch einige wenige „Verbesserungsvorschläge“. Wie schon während der Exkursion geäußert, ist es in meinen Augen oft nicht ganz befriedigend, blind einfach jemandem mit der Metro nachzufahren, am Zielort aus dem Untergrund zu kommen, sich irgendetwas anzusehen und schließlich wieder über den Untergrund zu verschwinden. Dabei wird einem die Einordnung des Gesehenen in einen Gesamtkontext erschwert. Dem kann bereits durch die Besprechung des Tagesprogramms „über einem Stadtplan“ entgegengewirkt werden, noch sachdienlicher ist in meinen Augen der teilweise Verzicht auf die Metro, dafür eine verstärkte Nutzung von Bus und Straßenbahn. Mir ist klar, dass eine solche Vorgehensweise im Widerspruch zum stets knappen Zeitbudget steht und vor allem mit einer großen Gruppe nicht ganz einfach ist. Bei vielen Besichtigungen wäre es wünschneswert gewesen, wenn die im Vorfeld recherchierten Informationen vor Ort von den einzelnen Studierenden vorgetragen worden wären. So wurde nur selten darum gebeten und die Informationen waren – weil unvorbereitet vermittelt – meistens nur sehr knapp. Manch Vortrag und Gespräch begann etwas schleppend, da in meinen Augen zu früh mit dem Stellen von Fragen begonnen wurde. So war manchmal nicht klar, worüber genau man die vortragende Person befragen könnte, da zuvor nicht vermittelt wurde, in welchem Bereich die Person gearbeitet hat bzw. worüber sie besondere Informationen besitzen könnte. Etwas unglücklich war die Aufteilung der Besichtigungen und Vorträge, sodass es beispielsweise am Mittwoch nur Lokalaugenscheine, am Donnerstag dafür nur „Theorie“ gab. Es ist keineswegs so, dass man das Studierenden nicht zumuten kann, die Kraft bzw. Konzentration leidet darunter allerdings sehr. Für mich persönlich war die Exkursion vor allem in zweierlei Hinsicht eine Bereicherung: Erstens ist es natürlich großartig, das erste Mal nach Paris zu reisen und dann auch noch in kurzer Zeit sehr gut an die Stadt herangeführt zu werden. Zweitens ordnet sich das Gesehene, Gehörte und Erlebte wunderbar ergänzend in 182 183 6.15.6 Freitag, 5. Tag meinen „Erfahrungsschatz“ ein. Ich habe mich während meines Erasmusjahres in Mailand näher mit den Problemen italienischer Großstädte, vor allem Turin, beschäftigt und bin dadurch in der glücklichen Lage, verschiedene Lösungsansätze für teilweise ähnliche Probleme kennen gelernt zu haben. Hier Vergleiche ziehen und Probleme aus diesem „Erfahrungsschatz“ heraus betrachten zu können, empfinde ich als für PlanerInnen zentral. Es wäre mir ein Anliegen, in diesem Feld auch zukünftig tätig zu sein. Die Erfahrungen aus dieser Parisexkursion sind für mich in jedem Fall ein wichtiger Baustein in meinem Wissensgerüst. 6.16 Felix Sternath: Reflections on a visit of the banlieue of Paris 6.16.1 98 Introduction During an excursion to Paris from May 29 to June 2 a group of students from different Viennese universities visited two cities in the banlieue (the French expression for suburbs) of Paris. With the background of the protests that have taken place in November 2005 it was the rather vague goal to get an impression of the banlieue. In this article I will write about my impressions, observations and feelings when entering these sub-urban towns as a part of a group composed of about 20 persons. I will not concentrate on the content, the object of our visit, unless it is important in order to try to understand the situation. 6.16.2 The group Our group was composed of ten students of urban planning, three of sociology, two of civil engineering, one of architecture, one of ethnology and finally our university teacher Oliver Frey. All of us study in different semesters, ranging from the 2nd up to the 12th semester. Those participating were selected from a larger group of applicants. 6.16.3 The decision to go to the banlieue Originally it was not planned to visit the banlieue as a part of the excursion. Nevertheless, some of the participants urged to have a closer look at these very interesting areas. There were others, such as me, who had differently strong objections against the idea. It was finally decided to go to two cities where projects for an improvement were on their way of realization or partially already realized: La Courneuve and Gonesse, both certainly not very extreme, but representative examples. In both cases there were appointments fixed, in the first case it was a representative of the local housing agency, in the second case it was the planner of the city administration. 6.16.4 The programme Since the visit took place in the afternoon of our last day, straight before our flights home, and the two cities chosen were between the city of Paris and the airport, we had to take our entire luggage with us. So the following programme was fixed: Trip to La Courneuve by RER (sub-urban train in the region of Paris) – walk to the local housing agency’s office – presentation/discussion (1 hour) – visit of a part of La 98 Felix Sternath hat diesen Essay für die Lehrveranstaltung „Etnografia Urbana“ am Politecnico di Milano verfasst. 184 Courneuve (one hour) – trip to Gonesse with a rented coach – presentation/discussion (1 hour) – visit of a part of Gonesse (1 hour) – trip to the airport with a rented coach The only uncertainty was about the way from the RER station to the local housing agency’s office. 6.16.5 Expectations before the visit There was an interesting kind of tension when going in the RER train to La Courneuve. On the one hand you had in mind all the pictures of burning cars and injured policemen and protesters. In addition, in the preceding days, when we were in Paris, there had been some protests in a few cities of the banlieue. On the other hand one should be sure that a university teacher will not bring his group into trouble. But most of all I was curious of the situation we would find ourselves in. How would the inhabitants see our visit? In what extent would they take notice and how, if at all, would they react? And how would we feel and see the banlieue? 6.16.6 Reactions of the inhabitants and interaction The two cities we visited are different and so were the reactions of the inhabitants. La Courneuve consists mainly of areas with social housing. Gonesse, instead, is characterized by both social housing and more or less middle-class-housing. When going from the RER station to the local housing agency’s office we were observed very carefully by the youngsters around. Some of them approached in order to find out what we wanted. They were asking - in a quite friendly tone – questions like “Cherchez quoi?” (slang, “What are you looking for”), or “Vous êtes touristes?” (“Are you tourists?”). Those of us who speak French and were able to understand the questions answered and so the youngsters returned back to their friends. I really wonder what they thought about us. You really would not expect a group of students with large bags crossing a quarter where there are no hostels, conventional sights or universities. After we had finally found the local housing agency’s office, under the eyes of the youngsters around we entered in a more or less “fortified” building. After the discussion in the cellar of the local housing agency’s office, where we had disposed our luggage, we started our guided visit of a part of La Courneuve. We entered into the recently restructured local centre. Now there were mostly elderly or, I suppose, unemployed people that were sitting and chatting. They all took notice of us very briefly while talking. It seemed that in this very public area we were not entering someone’s “zone” and therefore accepted without further interest. This situation immediately changed when we left this central square and entered into a rather quiet part where hardly anyone was around. After a few minutes two youngsters arrived driving on their mopeds. They surrounded us with their vehicles and tried to splash us with pebbles raised with the wheels of their mopeds. In fact they succeeded in pushing us more and more into a dense circle of people They were asking similar question as the previous youngsters did, but they were using a rather – it is hard to find the right word - rude tone. Our guide answered the questions. The two youngsters started to discuss the mess they felt themselves being in. Trying to solve the situation our guide spoke to them in a very friendly way and finally the two went away. On our way back to the local housing agency’s office we passed a building site. The workers were glancing at us continuously while working. After a few moments they 185 started talking and joking about us, at least that is the impression we got. One of them finally shouted some incomprehensible comment towards us. After taking our luggage we got on our rented coach that was waiting for us a few metres away from the local housing agency’s office. It was a small and very modern coach that absolutely attracted everyone’s attention. This coach took us to Gonesse, the second city on our tour. The visit of Gonesse started near the new school, where we got off the coach. On the square in front of the school about 50 pupils were sitting around. I was astonished how little notice they took of us. Of course they had a quick look at us but after that they all returned to what they had been doing before. In the social centre, where we went next to meet the planner of the city administration for a short presentation and discussion, the situation was quite similar. In there we saw a group of women preparing a meal for the children that where playing in the courtyard. They were glancing at us in a very friendly way. Perhaps they knew about us coming to visit and they therefore – in my eyes – looked at us in a somehow proud way, as if they wanted to present us how their social centre was working well. I might also be wrong, but that is what I thought to observe in this specific moment. After the discussion, the planner of the city administration guided us through a partly restructured zone of the city. There were many children of different ages playing in the semi-public spaces between the houses and of course they were very curious about us. They were accompanying us a few metres and tried to talk to us in different languages, most of all English, some of them in German. We were astonished of the children’s language skills because they partly were still very young. So we answered and finally had small conversations with them. On the rest of the visit of the housing complex most people we met reacted in a very friendly way, some said “Bonjour!” or smiled at us. In one situation someone spitted on us from the balcony, but I would not consider this action as very particular, just like all the other reactions of the persons and children we met. All this could have happened similarly in Vienna, Milan or some other European city. Returning to our coach that was parked near the school, we crossed the square in front of the school but everyone was gone, except for a group of male teenagers. While the planner of the city administration explained us some future project, they started to produce loud noises. It was difficult to interpret the objective of their action, but I had the impression that it was a very normal behaviour in puberty. At the end, before going on to the airport, we had a drink in a small Arabian restaurant-bar close to the school. The clients and the waiters were talking to some of us for a while, but most of all they seemed happy about the turnover they made in this quarter of an hour. Of course two one-hour-walks through a quarter cannot tell you a lot about it and its inhabitants and most of the reactions might depend on a lot of factors that we impossibly can take into considerations. Still, there are some types of behaviour of us visitors that might influence the reaction of the inhabitants up to a certain extent. I want to mention some of them in the next paragraph. 6.16.7 (In-)Appropriate behaviour of visitors proved right several times. The second group includes some personal observations that might always apply or even not. The advices given by our guides were two: We should generally avoid taking pictures, but in any case people usually do not want to be on pictures. We were also asked not to use our cellular phones during the visit. I really want to stress the first of these two points because three years ago I was present when a German colleague who took a picture in a zone of social housing in Eisenhüttenstadt (former DDR) was attacked by an inhabitant. My personal conclusions are partly general, partly also very specific. Generally, I do not believe that it is a good idea to visit a place in a large group where you have strong social tensions. It seems plausible that the inhabitants are provoked by such a visit and see their honour under attack. They know that there are huge problems and they know that everyone (in Europe) is looking at them with curiosity. We cannot pretend that our visit might contribute in any way to an improvement, so at the end it was like going to the zoo. And I think that is what the inhabitants perceive and understand very well. This feeling is even stronger when taking into consideration the fact that we got on a coach when leaving, so we did not even “share” their experience of travelling in crowed coaches of the RER. It reminded me so much of the classic picture of us white tourists visiting remarkable sights in “poor countries” by bus, leaving all the misery on the other side of the window. The whole group could have been transferred to for example Rome or New York, it would not have made any difference. The way we walked through the area, very slowly, the way we looked at things no inhabitant would ever look at, was exactly the same behaviour we act when doing a classic sightseeing tour. But in this case the sight is not any “anonymous” monument, it is individuals, the place they live in and most of all their privacy! Of course there was some specific - unconscious - behaviour of some members of the group that I did not appreciate. Some of them bought a piece of pizza and ate it while walking around, just like we would do in Venice. Some were laughing very loudly, what might lead to misunderstandings for people observing us: Are they laughing at us? Of course it is no solution not to go some areas at all! But if we think about our feelings we sometimes have towards groups of Japanese, Americans or Germans that visit our hometowns and that we somehow criticise, we should be able to imagine how the inhabitants of La Courneuve feel. Even if we do not have any bad intention at all, we should at least try to show the maximum of respect possible. I really do not have clear idea how to deal with this problem, but I would recommend doing such visits in small groups of three or four people. I would not walk around with huge rucksacks and all the equipment that nobody in this area would ever carry around. You do not need to take pictures, because the impressions you get are rather “feelings” than anything that you might film or record. 6.16.8 Situations of (dis-)comfort in our role as visitors I would like to divide my observations concerning (in-)appropriate behaviour of visitors into two parts: The first group of observations was anticipated by our guides, most of all in La Courneuve. I therefore think they have certain validity and have The two moments I disliked most (among several situations) were the walk from the RER station to the local housing agency’s office and the moment we got on our coach. They were showing that finally we were “from another planet”. The last time I had this strong feeling was when crossing “the bad side” of Palermo. You are the stranger, you are invading someone’s personal space, you know it and “they” know it. 186 187 On the other hand I did not have feelings of discomfort regarding security aspects. Of course it is not very pleasant to be surrounded by mopeds, but I had the feeling (and I am aware of the fact that it is very easy to misjudge such situations) that we did not represent an enemy – like for example the police do. Especially in Gonesse I felt quite comfortable as it reminded me of similar situations I know from Austria. 6.17 Pavla Ulmanova: Abschlussessay Am ersten Tag unserer Exkursion in Paris, machten wir am Nachmittag einen Spaziergang entlang des Canal St. Martin, welcher sich ganz in der nähe unseres Hotels befand. Wie auch an anderen Orten gibt es an diesem Canal verstärkte Obdachlosigkeit. Dies erkennt man hier deutlich an den vielen bewohnten Zelten, welche am Ufer stehen, und von den Einwohnern Paris geduldet werden. Nachdem wir eine Zeit lang den Canal entlangegangen sind, setzten wir uns in ein Cafe. In diesem besichtigten wir einen Veranstaltungsraum, in welchem oft kleine Konzerte abgehalten werden. Gleich neben diesem Cafe befindet sich die Berufsfeuerwehr von Paris, in deren Räumlichkeiten wir ebenfalls einen Blick werfen durften. Ein Feuerwehrmann führte uns durch das Gebäude und zeigte uns unter anderem den Trainingsraum, die Kommandozentrale und den auf einer Stadtkarte eingezeichneten Zuständigkeitsbereich dieser Einheit. Nach dieser Besichtigung ging es dann weiter nach Barbes, einem Viertel in dem die Schwarze Hautfarbe der Einwohner vorherrscht. Ehrlich gesagt hatte ich ein etwas merkwürdiges Gefühl in der Magengegend als wir durch die Straßen von Barbes gingen, da man hier als Touristengruppe anscheinend alle Blicke von den „Einheimischen“ auf sich gerichtet bekam. Dieser Tag wurde mit einem gemeinsamen Abendessen im Restaurant L’Esperance beendet, wo die ganze Gruppe CousCous gegessen hat. Am nächsten Morgen fuhren wir in ein moderneres Viertel von Paris, und machten uns mit den Stadterneuerungsprojekten, von diesem vertraut. Nach langem Suchen trafen wir im Centre d’acceuil ein, wo wir uns einen Vortrag über „ZAC- rive gauche“ anhörten. Dieser Vortrag wurde visuell Unterstützt von einem großen Modellausschnitt des Viertels, welchen man in der Mitte des Raumes bewundern konnte. Danach besuchten wir ein paar von den Gebäuden über die wir im Vortrag hörten. Wir gingen zur und in die National Bibliothek, welche von außen an 4 aufgeschlagene Bücher, die in einem Quadrat stehen, erinnern soll. Danach gingen wir an etlichen Gebäuden vorbei, welche bereits umgestaltet worden waren und kamen dann zu einem mit Graffiti bemalten, älteren Haus, welches von Künstlern als Atelier genützt wird. Anschließend fuhren wir mit dem RER nach Marne le Vallee wo wir uns den Uni Kampus angesehen haben, und dort auch anschließend in der Mensa zu Mittag aßen. Später wurden wir am Institut francais d’urbanisme empfangen, wo wir zum Beispiel über die Differenzen der Studiengänge Raumplanung in Wien bzw. Paris diskutierten. Am Abend führte uns unser Spaziergang nach Montmartre, wo wir einen wunderschönen Ausblick auf Paris und den „kitschig“ glitzernden Eiffelturm genießen konnten. Danach gingen wir hinunter zu Folie Pigalles und machten einen kleinen Einblick in die Sex-Szene von Paris. Am dritten Tag unserer Exkursion machten wir einen Stadtspaziergang durch Marais, bei welchem uns Jean- Didies Laforgue begleitete. Wir waren bei der „Rue de 188 Tresor“ und setzten uns mit der Veränderung, die diese Sackgasse durchgemacht hat, besonders auseinander. Heute ist diese eine friedliche, ruhige und sehr stark begrünte Gasse, doch vor ein paar Jahren sah das noch ganz anders aus. Bevor diese von Planern in Zusammenarbeit mit den hier wohnenden Bürgern erneuert wurde, herrschte hier lärm, aufgrund von DJ’s und anderen Quellen, und noch dazu wurde die ganzen Gasse als Mottorrad,- und Autoabstellplatz genutzt. Unser nächster Aufenthalt galt dem riesigen, unterirdischen Einkaufszentrum Les Halles, danach ging es weiter durch verschiedene kleine Gassen von Marais. Am vorletzten Tag hatten wir den Vormittag Zeit uns auszuruhen, bzw. Zeit, alleine ein „Stück Stadt“ zu erkunden. Eine Studienkollegin und ich nutzten dies um uns, das nicht im Programm enthaltene, La Defense zu betrachten. Am Nachmittag hatten wir etliche Vorträge wie zum Beispiel: „Segregation a Paris“ mit Prof. Eduard. Daraufhin besuchten wir „Cycle d urbanisme de sience po“ und hatten abermals einen Vortrag, bzw eine Diskussion über Paris. Unter anderem wurden Themen wie „eine Straßenbahnsrecke um Paris legen“ besprochen. Danach hatten wir noch etwas Zeit uns mit den dort Studierenden zu unterhalten. Anschließend erfreute sich unsere Gruppe an einem letzten gemeinsamen Abendessen. Am letzten Tag trafen wir uns gleich in den Morgenstunden mit der Bürgermeisterin vom 4.Arrondissment, Madame Bertinotti. Diese erzählte uns ein bisschen von allem. Mich interessierte wie sie geschichtlich über den Einfluss der jüdischen Bevölkerung, berichtete, und gleichzeitig auch die aktuellen Probleme dieser besprach. Weiter ging es bereits mit Koffern und Bus nach La Courneuve und später zu La Gonesse. Beim ersteren wurden uns Projekte dieses Bezirkes geschildert und danach gezeigt. In diesem Viertel ist man sehr bemüht die Kriminalität zu senken und den Menschen ein angenehmeres, und freundlicheres Lebensumfeld zu bieten. Auf Grund dessen wurden bereits viele Wohnblöcke abgerissen, und somit auch viele neue Grünflächen geschaffen. Danach machten wir noch einen kleinen zwischen Stopp in La Gonesse. Diese kleine Vorstadt liegt nur wenige Kilometer vor dem Flughafen Charles de Gaulle. Hier fanden auch vor kurzem Jugendkrawalle statt, da die Leute gegen diese schlechte geographische und soziale Lage protestieren. Nach diesem Punkt machten wir uns auf den Weg zum Flughafen, und somit zurück nach Hause, nach Österreich. 6.18 Pavla Ulmanova: Reflexion einer Zweitsemestrigen Vorweg möchte ich mitteilen, dass ich mir anfangs nicht ganz sicher war, ob ich als zweitsemestrige überhaupt an solch einer Exkursion teilnehmen sollte, da ich nicht wusste ob ich schon „reif“ genug dafür sei. Im Nachhinein betrachtet bin ich sehr erfreut darüber, dass ich mich doch für Paris beworben habe, und auch eingeladen worden bin mitzufahren. Diese fünf Tage brachten Unmengen an Erfahrungen und Wissen mit sich. Sehr gut fand ich, dass nicht nur Raumplaner, sondern auch Architekten, Soziologen, Ethnologen und Bauingenieure unsere Exkursion begleiteten. Somit konnte ich mich zusätzlich mit den Blickwinkeln dieser Studierenden auseinandersetzten und habe gelernt diese zu verstehen und nachzuvollziehen, was auch sicherlich in meinem späteren Beruf notwendig sein wird. Mit den höhersemestrigen Raumplanern unterhielt ich mich unter anderem sehr viel über unser Studium, und lies mir stundenlang ausführlich erzählen was mich 189 noch in den weiteren Jahren erwarten würde, und lies mir Tipps geben, wie zum Beispiel, worauf ich beim bald anstehenden P1 genau Achten sollte usw. Abgesehen von den großartigen Erfahrungen die ich innerhalb der Gruppe machte, brachte mir diese Exkursion auch sehr viel Wissen über die Stadt Paris. Da ich selbst eher aus einer kleineren Stadt komme war ich sehr neugierig darauf Paris aus dem aus einem anderen Blickwinkel zu erleben. Mir sind in dieser Stadt so viele Sachen aufgefallen, die für mich in Wien einfach schon zur Selbstverständlichkeit zählen. Zum Beispiel ist mir wieder zu Bewusstsein gekommen, dass so viele verschiedene Komponenten zusammenspielen, damit eine Stadt richtig „funktionieren“ kann. Besonders in Erinnerung bleibt mir, dass dies in Paris in vielen Bezirken leider nicht so ist. Es ist eine tolle Erfahrung von dieser Stadt, von der man immer und überall nur das beste und schönste hört auch die Schattenseiten zu sehen. Besonders beeindruckt hat mich, dass man mit Flächenveränderungen die Moral der Bewohner beeinflussen kann, wie uns in den Randbezirken gezeigt wurde. Mir wurde sehr stark verdeutlicht, dass Menschen, welche sich in Ihrer Umgebung nicht wohl fühlen, leiden und dies auch nach außen zeigen können, in Form von z. B. Gewalttaten. Ich verstehe nun besser dass man bei Planerischen Sachen, z. B. bei einem neuen Bauvorhaben sehr schwer ist immer auf alle und alles Rücksicht zu nehmen und dass leider sehr oft einige Überlegungen vergessen, oder übersehen werden, welche getroffen werden müssten. Ich bin begierig darauf noch sehr viel interessante Sachen, die mir in diesen Dingen Aufschluss geben werden in meinem Studium zu lernen. Wie bereits am Anfang erwähnt, bin ich sehr froh darüber diese Exkursion besucht zu haben, und würde mich freuen nächstes Jahr bei der Erkundung einer weiteren Stadt dabei sein zu dürfen. Ich hoffe dass ich eines Tages genug Wissen durch das Studium und Erfahrungen durch Exkursionen in meine Arbeit mitnehmen kann, damit ich vielleicht auch einmal in ferner Zukunft eine schöne und sichere Umgebung für uns alle Planen kann. Paris ist eine Stadt die einen beim ersten Besuch mit Eindrücken überflutet, und auch für Menschen, die schon einige Zeit dort gelebt haben noch Überraschungen bereit hält. Sie zeichnet sich durch große Kontraste zwischen den einzelnen Vierteln aus, durch unterschiedliche Mischungen zwischen der alten Tradition und den neuen (gesellschaftlichen) Entwicklungen. Die Stadt ist ständig in Veränderung. Die Bevölkerung ändert sich, die Quartiere werden aufgewertet, moderne Architektur entsprießt zwischen jahrhundertealten Bauwerken. Im Laufe der Exkursion haben wir uns mit diesen unterschiedlichen Veränderungsprozessen der Stadterneuerung, -entwicklung, -sanierung sowie mit dem Prozess der Gentrification auseinandergesetzt. Die vielen Vorträge haben uns die Möglichkeit geboten die zahlreichen Eindrücke, die wir im Laufe der Stadtspaziergänge sammelten in die Entwicklung des Landes und der Stadt einzubetten, und hiermit die laufenden Prozesse besser zu verstehen. Die erste Station der Exkursion war der Besuch des Viertels rund um den Canal St. Martin, in dem sich auch unser Hotel befand. Dieses Viertel wurde früher hauptsächlich von Prostituierten und Drogensüchtigen dominiert, doch im Zuge der Gentrification kam es zur Aufwertung des Quartiers. Dennoch prägen nicht nur die vielen kleine Geschäfte und Lokale das Bild des Kanals, sondern auch die Obdachlosen, die in Zelten entlang des Ufers hausen. Diese Zunahme von sowohl wirtschaftlichen als auch sozialen Disparitäten und der Umgang mit ihnen, ist für Planung in Paris ein sehr schwieriges/ kompliziertes Thema. Das eigentliche Ziel von Planung wird in der Verbesserung der (räumlichen) Lebensqualität der Bevölkerung gesehen, doch diese Entwicklung hat zur Folge, dass ärmere Bevölkerungsschichten systematisch an den Stadtrand gedrängt werden, was, wie bekannt ist, zu immer mehr Konflikten führt. So wird von der Stadt verlangt parallel zur Stadtaufwertungspolitik eine verstärkte Sozialpolitik zu betreiben und Sozialbauten zu errichten/ bereitzustellen. Der Prozess der Aufwertung entlang des Canal St. Martin wird von der Stadt Paris durch den Einsatz eines Quartiermanagementes unterstützt. Dieses fördert hauptsächlich die Jugendliche der Gegend. Es werden für sie Konzerte, Ausstellungen und andere kulturelle Veranstaltungen in einem ehemaligen Feuerwehrgebäude organisiert. Die anderweitige Nutzung Leerständen ist für Paris von großer Bedeutung, da die meisten Flächen der Stadt bereits verbaut sind. Auch durch die Umstrukturierung der Eisenbahn sind große ungenutzte Flächen am linken Ufer der Seine, zwischen dem Gare d´Austerlitz und Massena entstanden, die jetzt im Zuge der „ZAC- Rive Gauch“ eine neue Funktion erhalten. Die Planung für dieses etwa 3km lange Gebiet hat vor zirka 30 Jahren begonnen und wird von der SEMAPA( Société d´économie mixte d´amenagégement de Paris) im Auftrag der SNCF( französische Eisenbahn) durchgeführt. Ursprünglich sollte am Flussufer ein Büroviertel errichtet werden, doch durch den wirtschaftlichen Abschwung in den 90-er Jahren und den Nachfragerückgang wurde nur ein drittel des geplanten Projektes verwirklicht. Für die noch unbebaute Fläche wurde ein neues Konzept erstellt. Man unterteilte das Gebiet in drei Teile: den ersten bildet das bereits erbaute Büroviertel, im mittleren Teil wurde die gigantische „Bibliotheque Nationale“ hochgezogen und im übrig bleibenden Stück wird ein Wohnund Universitätsviertel errichtet. Ich denke, dass die Bebauung dieses Gebiet für die französische Vorgangsweise bei Planung sehr typisch ist. Hier wird der Einfluss der Wirtschaft, der Geschichte Frankreich und die Liebe zu monumentalen Bauwerken, ebenso wie die Übernahme von altbewährten Strukturen sichtbar. Die „Bibliotheque Nationale“ ist eher ein Denkmal das sich der frühere Präsident Frankreichs Mitterrand selbst gesetzt hat, als ein funktionales Gebäude. Die Bibliothek ist überdimensioniert, es gibt viele ungenutzte Räume und sie wirkt durch ihre Größe und durch die verwendeten Materialien freundlos. Es ist jedoch schon beinahe eine Tradition, dass sich der Machthabende in der Stadt durch ein Monument verewigt. Beispiele hierfür sind das Centre Pompidou, die Bibliothèque Nationale, Musée d´Orsay, la Villette und das erst kürzlich entstandene Cite des Sciences et de l´Industries-la Villette,… Das einzige Teilstück in dem die Struktur des umliegenden Viertels erhalten bzw. weitergeführt wurde ist das Wohn- und Universitätsviertel südlich der Bibliothek. Hier wurde das kleinstrukturierte, durchgrünte Bebauungsmuster der bereits bestehenden Gebiete fortgesetzt, obwohl es in den Augen von Christoph Bayle, eines Mitarbeiters der SEMAPA, der uns das Projekt vorgestellt hat eine fragliche Entscheidung ist. Die schnelle Bebauung von größeren Gebieten und deren Entwicklung ist immer unberechenbar und teilweise risikoreich. Sehr aktuelle Beispiele für nicht funktionierende Planungen sind beispielsweise die Pariser Banlieues, auf die ich erst später eingehen möchte. Doch auch innerhalb der Pariser Stadtgrenzen wurden ähnliche aber viel kleinere Siedlungen in den 60-er Jahren errichtet. Eines davon ist 190 191 6.19 Anna Várdai „Hauts de Belleville“ eine Sozialbausiedlung, sog. „HLM-cité“ durch die uns der Soziologe Michel Bonetti geführt hat. Das wichtigste Planungsziel für diese Siedlung war dass sie autofreundlich ist, so wurde wenig Rücksicht auf die späteren Bewohner und deren Bedürfnisse genommen. Die Flächen zwischen den meist 10 bis 15 stöckigen Häusern waren zubetoniert, Grünflächen waren kaum vorhanden. Es gab keinen Übergang zwischen dem privaten und dem öffentlichen Raum, somit waren alle umliegenden Flächen für jedermann zugänglich, was zur Vernachlässigung und teilweise mutwilligen Zerstörung des öffentlichen Raumes führte. Im vergangen Jahrzehnt wurde seitens der Stadt der Versuch gestartet die Wohnsituation der Menschen in diesem Viertel zu verbessern. Man umzäunte die Gebäude und bildete dadurch Einheiten zu je 100 bis 150 Wohnungen. Der Betonteppich wurde teilweise aufgerissen und stattdessen entstanden kleine Grünflächen, Parks und Spielplätze. Den Hausmeistern wurde zusätzlich zu ihrer Instandhaltungspflicht der Gebäude die Aufgabe der sozialen Kontrolle zugeteilt, wodurch die das Sicherheitsgefühl der Bewohner wesentlich gestiegen ist. Dennoch schreitet dieser Sanierungsprozess nur sehr langsam voran und es gibt noch viel zu tun. Die selbe Vorgangsweise wie sie in den HLM-Siedlungen in Paris ergriffen wurde wird auch in den problematischen Pariser Banlieues eingesetzt. Die Banlieus entstanden ebenfalls in den 60-er, 70-er Jahren nach dem Konzept von Le Corbusier und waren eigentlich für die französische Arbeiterschicht gedacht. Heute wohnen hier meist nur Einwanderer aus (Nord) Afrika. Im Zuge der Exkursion haben wird zwei dieser Vororte besucht, La Courneuve und Gonesse. Man erwartet sich aufgrund der immer wieder aufflammende Konflikte und Aufstände in den Vororten katastrophale Wohnbedingungen, doch auf den ersten Blick lassen sich heute keine großen Unterschiede mehr zu modernen Siedlungen in anderen Großstädten erkennen. Mme Agogne die schon seit Jahren mit der Sanierung dieser Gegend beschäftigt ist hat erklärte dass die Lage früher wesentlich schlimmer war, da sich riesige Gebäudekomplexe gegenseitig beschattet haben, und in manche Wohnungen kaum Tageslicht drang. Während der letzten Jahre kam es durch Abrisse zur Auflockerung der Bebauung. Besonders wichtig war auch die Findung einer Struktur, wodurch den Menschen zuerst die Orientierung und dann eine gewisse Identifizierung mit ihrer Wohngegend ermöglicht werden konnte. So wie „Hauts de Belleville“ wurde bei der Planung hauptsächlich auf den motorisierten Verkehr Rücksicht genommen. So waren die sowieso schon tristen Häuser von riesigen Parkflächen umgeben, die manchmal durch Autobahnbreite Straßen durchschnitten wurden. Nun versucht man die Straßen zu verengen, die Ränder zu begründen sowie die täglichen Bedürfnisse der hier lebenden Bevölkerung in die Planung mit einzubeziehen. Doch die räumlichen Veränderungen alleine können weiter Konflikte und Jugendkrawalle in den Vororten nicht verhindern. Solange diese Jugendlichen nicht die Chance haben in der Gesellschaft aufzusteigen und etwas zu erreichen wird es immer wieder zu Ausschreitungen kommen. Diese Jugendlichen kämpfen nicht mehr für die äußerliche oder rechtliche Gleichstellung, sondern für dafür dass ihnen nicht alleine aufgrund ihrer Abstammung oder ihres Namens jegliche Aufstiegschancen verwehrt bleiben. Diese Jugendlichen haben bereits miterlebt wie ihre Väter um die Aufnahme in die französische Gesellschaft gearbeitet haben, wie ihre Brüder den selben Weg gingen wie französische Jugendliche und dennoch nichts erreichten. Sie fühlen sich belogen und betrogen, und sehen keinen anderen Weg mehr um auf sich und ihre Probleme aufmerksam zu machen als durch Gewalt und Zerstörung. 192 Wie uns der Gebietsbetreuer von Gonesse erklärte, sollte sozialer Wohnbau nur eine Zwischenstation in der „häuslichen/ wohnlichen“ Evolution eines Menschen sein, jedoch nicht die Endstation, so wie es für die meisten Einwanderer ist. Viele der Menschen haben sich mit ihrer Lage abgefunden und können es sich nicht mehr vorstellen umzuziehen. Doch in denen die die Hoffnung noch nicht aufgegeben haben ruft die momentane Situation im Frankreich nur Wut hervor. 6.20 Jonas Vukic: Abschlussessay Paris einmal von der anderen Seite kennen lernen, nicht wie man es vielleicht als Tourist sieht. Inhalt der Exkursion waren Stadterneuerungsprojekte im Großraum Paris mit ihren unterschiedlichen Strategien und deren Auswirkungen auf Mensch und Raum. Im Vorfeld haben wir uns mit Referaten und Internetrecherchen auf die Exkursion vorbereitet. Die Gruppe bestand aus 19 Stundenten die zum großteils Raumplanung studieren, es waren aber auch die Studienrichtungen Architektur, Bauingenieurwesen, Soziologie sowie Ethnologie vertreten. 6.20.1 Stadtspaziergang zum Canal St. Martin Der Kanal befindet sich im 10.Arrondissement im Nord-Osten von Paris, und war von unserem Hotel zu Fuß zu erreichen. Der Kanal hat eine Länge von ca. 4,5KM und besitzt Schiffsschleusen. Diese werden heute großteils nur zu touristischen Zwecke genutzt. Vor nicht allzu langer Zeit wurde die Gegend rund um den Kanal aufgewertet, die sozial schwächeren Bevölkerungsschichten wurden vertrieben, es ist dort verstärkt zu Gentrifikationsprozessen gekommen. Diese Zone hat mit ihren Geschäften, Cafes und Bars und live Musik ihren eigenen Charme und erfreut sich vor allem bei jüngeren Altersgruppen großer Beliebtheit. Am Wochenende werden oft von Bezirksseite aus größere Veranstaltungen organisiert. Das Problem der Obdachlosigkeit ist hier deutlich sichtbar. Entlang des Kanals gibt es mehrere kleine Zeltlager die von der Stadtverwaltung geduldet werden. Wir besuchten direkt am Kanal ein Cafe dem noch andere Räumlichkeiten angeschlossen waren, welche – in Zusammenarbeit mit einer Organisation – temporär Raum für Künstler und Jugendliche bietet, sich künstlerisch-kreativ einzubringen. So finden dort unter anderem mehrmals im Monat Konzerte statt. Anschließend besuchten wir die Feuerwehrstation am Canal St. Martin. Dort besichtigten wir den Trainingsraum, Einsatzzentrale, sowie die Garage mit dem Fuhrpark. Das besondere der Feuerwehr in Paris ist, dass sie den Einsatzort in maximal 10 min. erreicht. 6.20.2 Barbes Die nächste Station war das Viertel Barbes (Metro – Barbes – Rochechouart) ein sehr lebendiges und multikulturelles Viertel in Paris, in dem viele Franzosen Arabischer und Afrikanischer Herkunft leben. In Barbes gibt es für Pariser Verhältnisse noch „günstige“ Wohnungen, ansonsten zeichnen das Viertel viele kleine Läden aus, und wirkt nicht so gepflegt, wie die meisten anderen Pariser Stadteile. Als Reisegruppe fällt man hier sehr auf. Beim Spaziergang durch das Viertel hat man ein merkwürdiges Gefühl, zudem gab auch zum Zeitpunkt unseres Besuches einen größeren Polizeieinsatz, in dem einige Strassen gesperrt worden sind. 193 6.20.3 Butte aux Caille 6.20.8 Zum Abschluss des ersten Tages besuchten wir abends die Butte aux Caille im 9. Arrondissement, ein kleines Dorf inmitten der Stadt, ein beliebter Ort unter Jungen Leuten, mit vielen kleinen Bars und Restaurants. Hier hat man das Gefühl das alles etwas ruhiger und beschaulicher vor sich geht. 6.20.4 ZAC Rive Gauche Im Norden des 13. Arrondissements entlang der Seine entsteht ein über 130ha großes Areal aus Büro und Wohnhäusern, sowie Grünflächen. Hier wurde von der öffentlichen Hand die Bebauung eines kompletten Stadtviertels organisiert. Dieses zeichnet sich im vergleich zu anderen Stadtteilen durch seine moderne Architektur aus. Im Mittelpunkt dieses Projektes steht auch die 1996 neu errichtete National Bibliothek. Sie besitzt vier 79m hohe Glastürme – die je ein aufgeschlagenes Buch symbolisieren sollen und sind ein dominierendes Merkmal der Stadtsilouette in dem neuen Gebiet. Das einzige Gebäude welches nicht abgerissen wurde, ist der 1921 erbaute „Les Frigos“ (Kühllager) welches mit seinen dicken Gemäuern wie eine Festung wirkt. Es dient heute als Künstleratelier, und soll auch weiterhin erhalten bleiben. Im Herbst wird sich die Universität Paris 7 in dem Areal ansiedeln. Die Fertigstellung des gesamten Gebietes soll bis 2015 geplant. 6.20.5 Besuch Institut francais d´urbanisme (IFU) Das IFU ist ein Teil der Pariser Universität 8, und befindet sich als eigenständige Ausbildungsstätte außerhalb von Paris auf dem Champs sur Marne. Dort empfingen uns zwei Mitarbeiter des Instituts und beantworteten Fragen und Diskutierten mit uns über Stadtplanung im Großraum Paris. Anschließend erläuterten sie uns wie das Studium der Urbanistik in Paris abläuft. 6.20.6 HLM-Cité Wir besichtigten im Pariser Osten Sozialwohnungsbauten. Dort zeigte man uns was alles getan wurde, um die Anlagen zu verschönern und die Lebensqualität der Bewohner zu steigern. So wurden sämtliche Eingänge zu den Wohnhäusern mit einem kleinen Garten oder zumindest Begrünung und einer Abgrenzung (meistens Zaun) versehen, die Anlage bekam mehrere separate Eingänge die jeweils über einen eigenen „Empfang“ mit einem Hausbediensteten verfügen. Dies hat insbesondere bewirkt dass sich jeder nun mehr um seinen eigenen Bereich in der Anlage mehr kümmert. Mit diesen Maßnahmen wurden die Lebensumstände der Bewohner verbessert, es gibt nun weniger Konflikte und die allgemeine Zufriedenheit der Bewohner ist gestiegen. 6.20.7 „Rue du Trésor“ Wir wurde uns das Ergebnis des Projekt der Beruhigung und Verschönerung der Sackgasse „Rue du Tresor“ im Viertel Marais im 4.Arrondissement präsentiert. Es wurde unter anderem eine Begrünung vorgenommen, eine parkrampenähnliche Anlage montiert, und mit den Ladenbesitzern zusammengearbeitet. So ist die Gasse zu eine Art Ruhezone geworden, die auch zum gemütlichen ausgehen ziemlich attraktiv ist. 194 Stadtspaziergang in Marais mit Jean-Didier Laforgue Herr Laforgue erzählte uns einiges wie es früher in Marais war, und was sich im Vergleich zu Heute verändert hat. Großteils wurde nach der Sanierung eines Stadtquartiers die alte Bevölkerung durch die stark gestiegenen Mietspreise vertrieben. Auch zeigte er uns einen der meist frequentierten Plätzen in Paris (Le Chatlet). Ein zentraler Ort wo die meisten Schnellbahnen und Metrolinien aus der Region ankommen. 6.20.9 Sciences Po -Presentation „segregation à Paris“ mit Prof. Eduard Preteceille Prof. Preteceille erläuterte in einem fachlichen Vortrag uns allgemeines über die Segregation, sowie ihre Meßmethoden und veranschaulichte dies an dem Großraum Paris. Laut Prof. Preteceille gibt es in Paris eine starke residenzielle Segregation. In der Stadt Paris wohnt aus ökonomischer Sicht betrachtet, die Obere Schicht, sowie auch deutlich ausgeprägt, im westlichen Umland. Im Nord-Osten der Stadt gibt es teilweise auch sozial schwächere Bevölkerungsgruppen, vor allem dort, wo sich die Sozialwohnsiedlungen befinden. Das nördliche Umland zeichnet sich durch eine sehr starke Segregation der armen Bevölkerungsschichten aus. In der südlichen und teilweise der östlichen Region um Paris gibt es noch eine gewisse Mischung der Bevölkerungsschichten. Dies spiegelt sich an den Immobilienpreisen wieder. Zusammengefasst lässt sich grob sagen dass je näher zum Zentrum desto höher die Preise. Danach gab es ein Treffen mit einigen Französischen Urbanistik Studenten, sowie Vortrag durch französische Professoren zu verschiedenen Themen (z.B. Projekt eines Strassenbahnringes um Paris, und die Verbesserung der Anbindung an die Vororte usw.) mit anschließender Diskussion. 6.20.10 Treffen mit Bürgermeistern Bertinotti des 4. Arrondissement Im prachtvollen Rathausgebäude des 4. Arrondissements erzählte uns Frau Bertinotti von der Geschichte wie z.B. der Einfluss der jüdischen Bevölkerung, von aktuellen Probleme und Entwicklungen, sowie planerischen Vorhaben im 4.Arrondisement. Unter anderem ist eine Verminderung des MIV geplant, und die somit verbundene Lärmbelästigung und dem Parkplatzmangel entgegen zu wirken. Als Aktuelles Vorzeigebeispiel, ist die von uns vorher besichtige „Rue du Tresor“ und „Rue du Rosiere“ zu nennen. Danach hatten wie die Möglichkeit Fragen zu stellen die von der Bürgermeisterin ausführlich beantwortet wurden. 6.20.11 La Gonesse Hier besuchten wir eine Wohnanlage in der Banlieu in la Gonesse in der Renovierungsarbeiten durchgeführt werden. Bis jetzt hat man einen Teil der Wohnungen saniert, sowie eine Verschönerung und Neugestaltung der Fassaden vorgenommen. Da das Gebiet in einer Flugschneise des Flughafen Charles de Gaule liegt, ist es nur erlaubt neue Gebäude zu bauen wenn im Gegenzug alte abgerissen werden. Auf diese weise will man in hier ein Teil der Wohnhäuser durch neue, niedriger gebaute ersetzten. 195 Als ich das erste Mal von der Exkursion hörte, wusste ich sofort, dass ich mitfahren möchte. Mich sprach das Thema der Exkursion (Paris: Stadtplanung und Architektur im Spannungsgeld städtischer Jugendgewalt – auf den Spuren von Stadterneuerung und Stadtentwicklung in der französischen Metropole Paris) sofort an. Ich wollte praktisch sehen wie Projekte in der Alltagswelt umgesetzt werden, und umgesetzt worden sind, sowie die damit zusammenhängenden Auswirkungen. Besonders auch, weil auf die Frage der Effekte der Stadterneuerung und „Vernachlässigung“, auf Migration und Segregation und vieles andere in einer so bedeutenden Metropole wie Paris eingegangen wird, die man sonst doch eher von der touristischen Seite kennt. Ich bin der Meinung, dass so eine Exkursion im Allgemeinen eine Bereicherung für das Leben ist, vor allem für die weitere Studienzeit sowie das spätere Berufsleben. Dadurch dass ich – erfreulicherweise – die Möglichkeit hatte schon im 2.Semester mitzufahren sind mir einige Dinge klarer vor Augen geworden, die ich nun hier knapp erläutern möchte. Erstens habe ich eine bessere Orientierung bekommen – was ich finde in so einem breit gefächerten Studium wie dem, der Raumplanung ziemlich wichtig ist. Des Weiteren habe ich in gewissen Teilen wie eben z.B. der Stadterneuerung, der residenziellen Segregation und der Entwicklung neuer Stadtquartiere in schon „bebauten“ Stadtgebieten (z.B. Paris – ZAC rive gauche) anhand von realen praktischen Beispielen einen besseren und tieferen Einblick in die Materie bekommen können. Dieser Einblick wiederum hat mir geholfen schon jetzt mir nochmals selber zu Bestätigen, dass mir ein Beruf in diesem Spektrum und die damit verbundenen Aufgaben und Arbeitsweisen überhaupt zusagen und in meinem Interessensfeld liegen. Besonders interessant war es auch an ausgewählten Beispielen (wie Sanierungsmaßnahmen in Belleville oder in la Courneuve ) im Großraum Paris erfahren zu können, was alles praktisch schon geplant, umgesetzt wurde, und wie sich diese ausgewirkt haben. Also auch lebendige Beispiele zu sehen, die einem auch noch später in Erinnerung bleiben. Es war somit sehr aufschlussreich die Dinge praktisch in der Wirklichkeit erfassen zu können (z.B. bauliche - physische Aufwertung der „Rue du Tresor“, oder Gentrifikation am Canal St.Martin) und von den dort angetroffenen Personen vom Fach zu hören wo die Probleme und Stärken liegen. Man hat auf diese weise schon relativ früh in Theoretischen Vorlesungen ein besseres Bild und Verständnis von dem Vorgetragenen, was wiederum auch beim Lernen und Verarbeiten des Stoffes, oder auch anderen größeren (wie dem Projekt 1) und kleineren Aufgaben (z.B. Modelbauübung) von großer Hilfe sein kann. Auch verbessert sich das Gefühl und Gespür für einige Themengebiete, so habe ich ein klareres Bild vor Augen wenn jemand von bspw. Gentrifikation oder Problemen in einem multikulturellen Viertel spricht, da ich es in Realität erfahren konnte und nicht aus dem Buch. Durch so eine Exkursion bekommt man – in meinen Augen - schon früh viele wichtige und interessante Inputs, die einem neue Interessensgebiete eröffnen und eine bessere Orientierung für eine spätere Vertiefung (z.B. bei zukünftigen Entscheidung für Wahlfächer) ermöglichen. Ein weiterer Vorteil ist, dass man in Kontakt zu Höhersemestrigen und auch Studierenden anderer Richtungen auf dieser Exkursion kommen konnte, ihre Erfahrungen und Meinungen zu hören, wenngleich ich es desöfteren für noch etwas zu früh empfunden habe, mich an bestimmten Diskussionen aktiv zu beteiligen und meine Meinung (sofern man eine hatte) lieber nicht laut in den Raum warf. Genau so ist es vielleicht, wenn einem während eines Vortrages Fragen aufkommen sind, bezweifelte ich oftmals dass die Antwort für die anderen Studierenden der höheren Semesters gegebenenfalls selbstverständlich sein könnten, und ich in diesem Sinne nicht riskieren wollte, zuviel Aufmerksamkeit auf mich zu lenken. Das man auch einige Sachen am Anfang anders auffasst, da man eben nicht soviel Hintergrundwissen wie die meisten anderen Teilnehmer besitzt, und somit nicht alles tiefergehend Verstehen kann, würde ich jetzt nicht so negativ auffassen. Durch die Exkursion lernt man ohnehin viel dazu. Es prägen sich jetzt einem wo man Fachlich noch nicht soviel Wissen besitzt (im vergleich zu einem schon lange studierenden Raumplanungsstudenten) Bilder und Stimmungen ein, die einem später Hilfreich sein können bei z.B. partizipatorischen Prozessen, bei welchen man die Bedürfnisse und 196 197 6.20.12 Resümée Im Großen und Ganzen fand ich die Exkursion sehr interessant. Es gibt Dinge an die werde ich mich noch lange erinnern, wie die Atmosphäre bestimmter Viertel in Paris. Anfangend von den schönen, majestätisch wirkenden Straßenzügen mit ihren prachtvollen Gebäuden, den trendigen Viertel rund um den Canal St. Martin, dem lebendigen treiben in der „Rue du Rosier“ im Judenviertel mit all den Falafelständen, oder als Gegensatz das moderne Neubaugebiet ZAC rive gauche dass doch etwas geordneter wirkt. Auch nicht zu vergessen die Butte aux Caille, das kleine Dorf mitten in der Stadt in dem es noch beschaulicher und ruhiger zugeht, oder auch im besonderem Barbes. Das mulitkulturel stark geprägte, sehr lebendige Viertel, mit vielen orientalisch anmutenden Läden, in dem regelrecht die Strassen überquellen mit Menschen, und in dem man sich (als europäischer Tourist) schnell selber als Außenseiter fühlen kann. Auch habe ich mal wieder festgestellt, dass Paris nicht unbedingt dass ist, was man aus den Schulbüchern kennt. Paris ist nicht für alle Menschen das „Paradies auf Erden“. Denn was man als Tourist vielleicht schnell vergisst, ist das in der Pariser Region viele Menschen in Armut leben und von einem Teil des Gesellschaftlichenlebens praktisch ausgeschlossen sind. Auch sehr von Bedeutung für mich, war es von den dort angetroffenen Leuten zu hören, wie sie die Sachen sehen, z.B. die Stadtplaner die „Banlieu“ oder die Segregation im Viertel Marais. Jedoch waren auch einige Projekte dabei, deren Nutzen mir etwas zweifelhaft erschien wie z.B. der Umgestaltung einer „Banlieu-Siedlung“ in la Gonesse, in der man den Bewohnern bestimmt mit bspw. sozial-integrativen Maßnahmen mehr geholfen hätte, als der baulich-physischen Aufwertung einer ohnehin schönen und komfortabel anmutenden Siedlung. Durch die Tatsache dass der Exkursionsleiter früher eine Zeit lang in Paris gelebt hat, konnte er uns auch ein bisschen von „seinem Paris“ zeigen, wodurch wir einen bisschen anderen Zugang zu der Stadt bekommen haben. Alles in allem habe ich durch die Exkursion die Möglichkeit gehabt meinen Horizont zu erweitern und mir einige Inputs und Bilder zu bekommen, die mir nicht nur in meinem weiteren Studienverlauf hilfreich und nützlich sein werden. 6.21 Jonas Vukic: Reflexion eines Zweitsemestrigen Denkensweisen der betroffenen Anrainer möglicherweise besser Nachvollziehen kann. Auch ist mir nochmals klarer geworden dass die Raumplanung kein Allheilmittel ist – was mir ehrlich gesagt vorher nicht so ganz bewußt war - um die Lebensumstände der Menschen zu verbessern. Als Beispiel: dass durch eine rein bauliche-phyisische Aufwertung einer Siedlung in der „Banlieu“ noch lange nicht den dortigen Bewohner geholfen ist, sondern es – um eine effiziente Verbesserung der benachteiligten Gebiete – es dringend notwendig ist in anderen Bereichen längerfristige Arbeit zu leisten, wie in der Wirtschafts- – und Sozialpolitik. Zusammenfassend kann ich sagen, dass ich mich sehr gefreut habe, die Möglichkeit gehabt zuhaben an der Exkursion ins schöne Paris teilnehmen zu können. Ich somit um viele neue Eindrücke bereichert wurde, durch die ich nicht nur fürs Studium sondern auch fürs Leben gelernt habe. In diesem Sinne möchte ich mich ganz klar dafür aussprechen solche Exkursionen in Zukunft auch Studierende der unteren Semester Plätze anzubieten und gegebenenfalls das Programm und die Auswahl zu vergrößern. 6.22 Marlene Wagner Marlene Wagner hat eine Kollage gestaltet. 198