„Erst das Drama macht einen Charakter zum Helden“

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„Erst das Drama macht einen Charakter zum Helden“
Private Banking und Storytelling, Teil 3
„Erst das Drama macht einen Charakter zum
Helden“
Unser evolutionäres Erbe lässt uns Informationen am Besten im Kontext einer
spannenden Geschichte erfassen. Wie Private Banker unsere Vorliebe für Helden
und Schurken nutzen können, um Kundenbindung und –zufriedenheit zu erhöhen,
erklärt
In
Teil 1Storytelling-Experte
und Teil 2 dieser Reihe Veit
habenEtzold
wir gelernt,
in Teil
dass
3 einer
die ersten
vierteiligen
Stories von
Serie.
unseren Vorfahren
am Lagerfeuer erzählt wurden. Und wir haben gelernt, wie man eine interessante „Absenderstory“
erzählt, mit der Sie, als Erzähler der Story, glaub- und vertrauenswürdig werden. Denn gerade im
Vertrieb von abstrakten Produkten kauft der Kunde selten das Produkt. Er „kauft“ in erster Linie
den Berater.
In Teil 3 der Reihe erfahren Sie, warum Sie überhaupt einen Schurken in Ihrer Story brauchen.
Denn nur ein Schurke schafft ein Problem. Nur ein Problem schafft Handlungsbedarf. Und nur diese
Handlung schafft das Happy End, und damit die Lösung.
„Es ist das Drama, das einen Charakter zu einem Helden macht“, wusste schon Alfred Hitchcock.
Jede Story braucht einen Helden. Und jeder Held braucht einen Schurken. Keine Adam und Eva
ohne den Teufel, kein Luke Skywalker ohne Darth Vader, kein Superman ohne Lex Luthor.
Manchmal ist der Schurke so stark und originell, dass er fast selbst zum Helden wird, wie Fritz
Langs berühmter Dr. Mabuse. Wir brauchen also Helden und Schurken.
Kommen wir zuerst zu den Helden. Warum überhaupt ein Held und nicht ein Team? Gute
Geschichten genauso wie gute Unternehmen brauchen einen Protagonisten und leider taugt ein
Team oder ein komplexes Gebilde wie eine Firma meist nicht zum Protagonisten. Helden müssen
Individuen sein.
Clarice Starling, nicht das FBI, muss sich vor Hannibal Lecter seelisch ausziehen, um den
Frauenmörder Buffalo Bill in „Das Schweigen der Lämmer“ zu jagen. Luke Skywalker steht allein
Darth Vader gegenüber, der dann zu guter Letzt auch noch sein Vater ist. Und Lucky Luke reitet
immer allein in den Sonnenuntergang. Darum will man wissen, wie es im nächsten Heft (nach dem
Sonnenuntergang) weiter geht.
Genauso haben auch erfolgreiche Unternehmen ihren Helden, Microsoft hat Bill Gates, Apple hatte
Steve Jobs, Google hat Larry Page, Facebook hat Mark Zuckerberg. Natürlich haben es
inhabergeführte Unternehmen hier einfacher als von Managern geführte Großunternehmen. Doch
die Herausforderung ist die gleiche.
Informationen für Wealth Manager: www.private-banking-magazin.de
Aus der Branche | Personen | Märkte | Produkte | Recht & Steuern
© Edelstoff Verlagsgesellschaft mbH
Der Held braucht den Schurken
Der Held muss einer Gefahr, einer Herausforderung gegenüberstehen und dies ist der Antagonist,
der Gegner, der Schurke, der alles sein kann: Die Umgebung, der Wettbewerb, der Zeitdruck oder
die Regulierungsbehörde. Denn wenn im Unternehmen alles glatt und einfach läuft, ist die Story
dieses Unternehmens langweilig und unglaubwürdig.
Und so wie jede Story einen Helden braucht, braucht jeder Held einen Schurken. Leider ist dies den
meisten Storytellern nicht klar, denn sie erzählen ihre Geschichten auf eine Art und Weise, als wäre
immer alles gut gegangen, als hätte man das Ziel vor Augen gehabt und hätte es ohne Hindernisse
erreicht.
Abgesehen davon, dass man durch solch eine „Supermann-Inszenierung“ nicht viel Sympathie
erweckt, klingt sie auch sehr unrealistisch. Denn bevor man etwas Großes erreicht, muss man immer
Hindernisse umschiffen. Das weiß unser Gehirn seit über 100.000 Jahren.
Anders als in den Hochglanzbroschüren der meisten Unternehmen läuft in guten Storys niemals
alles glatt. So wenig wie im richtigen Leben. Es gibt es immer einen Wendepunkt. Der Held muss
erst einmal eine Menge einstecken und erleiden, bevor es ein Happy End gibt.
Vor die Vermählung mit der Angebeteten, der Lösung des großen Rätsels oder bevor der Held mit
der Angebeteten vermählt wird, hat die Thriller-Welt den bösen Drachen, die feindlichen Truppen
oder die Killer-Geschwader einer Geheimorganisation gesetzt.
Eine Story wird daher nur glaubhaft, wenn auch ein Bösewicht, ein Schurke da ist, der die
Bestrebungen des Helden stört. Dieser Schurke muss keine Person sein. Es können auch widrige
Umstände, das Wetter, das Klima, die Börse, der Wettbewerb oder das Finanzamt sein. So können
Sie in Ihrer Story also ruhig zugeben, dass Sie gerade gegen etwas kämpfen oder harte Zeiten
bevorstehen.
Besonders gut funktioniert das, wenn man sich, gegenüber dem großen, bösen Wettbewerber als
kleiner Underdog darstellen kann. Dieses Problem sah auch David Glass, von 1988 bis 2000 CEO
des Supermarkt-Giganten Wal-Mart: „When we were smaller, we were the underdog, the
challenger. When you’re number one, you are a target. You are no longer the hero“.
Die Vorteile des Underdog
David und Goliath ist die klassische Geschichte vom Kampf „klein gegen groß“ und David Glass
von Walmart wäre offenbar gerne selbst „nur“ David.
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Wenn Sie Ihre eigene Geschichte nach den Regeln guten Storytellings aufbauen wollen, lohnt es
sich, sich an der gängigen Struktur von Romanen, Thrillern und Filmen zu orientieren. So wusste
schon Aristoteles in seiner Poetik vor mehr als 2.000 Jahren:
Eine Story sollte einen Anfang, einen Mittelteil und ein Ende haben. Die Geschichte sollte
komplexe Charaktere haben sowie eine Handlung, in der sich das Glück wendet und der Leser etwas
lernen kann. Hitchcock und andere Großmeister der Spannung nutzen zum Beispiel folgende
Einteilung für ihre Stories:
1. Akt
Hier werden die Charaktere vorgestellt und in die Umgebung eingeführt. Der Zuschauer erfährt, wer
Held und wer Schurke ist. Ziel und Wunsch des Helden werden offenbar. Dann kommt etwas
Unerwartetes: Die Handlung geht in eine andere Richtung.
Entweder nur der Zuschauer erfährt es oder es geschieht, für alle sichtbar, etwas, das den Fortgang
der ursprünglichen Geschichte unmöglich macht und so ein mögliches Happy End gefährdet. Der
Zuschauer ist auf einmal an einer Lösung des Problems interessiert. Bei Hitchcock passierte dies
meist im ersten Viertel des Films.
Übertragen auf Ihre Story zeigen Sie die gegenwärtige Situation am Markt. Gleichzeitig gibt es ein
Kundenbedürfnis, das nicht befriedigt wird.
2. Akt
Hier kommt es zu ersten Konfrontation, die Konflikt erzeugenden Faktoren werden erörtert. Dann
spitzt sich der Konflikt zu. Der Bösewicht grätscht dem Helden in die Parade. Der Held glaubt, er
könnte das Problem lösen. Dabei wird ein kleines Problem gelöst um ein noch größeres zu schaffen.
So endet auch dieser Akt im Desaster und der Held wird mit seiner größten Angst konfrontiert.
In Ihrer Story kann der Schurke hierbei vielfältig aussehen: Es ist der Geldmangel, die Zeit oder der
Wettbewerb mit unseriösen Angeboten, der Ihnen, dem Helden, und Ihrem Kunden, dem zweiten
Helden, das Leben schwer gemacht hat.
3. Akt
Hier kommen die Lösungen. Bevor es dem Helden allerdings gelingt, den Schurken zu beseitigen,
muss er sich noch seiner allergrößten Furcht entgegenstellen und schrammt nur haarscharf am
eigenen Tod vorbei.
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In Ihrer Geschichte könnte dies eine letzte großer Herausforderung sein, die man in eine spannende
Story verpackt: Sie brechen sich kurz vor der Prüfung des Fuß, Ihr Laptop verschwindet oder ein
wichtiger Partner lässt Sie fallen. Am Ende geht aber alles gut und es gibt ein Happy End.
Sie werden, wenn Sie im Vertrieb Erfolg haben, Neider haben. Zeigen Sie in Ihrer Story also ganz
klar auf die „Schurken“, die Sie besiegen mussten. Dies kann Geldmangel, Zeitdruck, Wettbewerb
oder Ähnliches sein. Dies erzeugt nicht nur Staunen, sondern auch Empathie dafür, dass Sie es auch
nicht leicht hatten und dass man mit Ihnen aber manchen Sturm übersteht.
Und dass das Depot Ihres Kunden bei Ihnen wetterfester ist als bei anderen. Überlegen Sie daher,
welche Hindernisse (die Zeit, die Umgebung, die Behörde, der Wettbewerb, das Zinsniveau) ein
guter Schurke für Ihre Story sein kann. Wenn Sie Ihre Story mit Schurken erzählen, haben Sie
gleich mehr Zuhörer.
In Teil 3 haben wir uns angeschaut, wie man Antagonisten in einer Story aufbaut und dadurch
Spannung und am Ende „relief“ erzeugt. Zudem kann es auch gut für den Erfolg sein, einen
Schurken aufzubauen, den man neben dem Helden – sich selbst – platzieren kann:
Studien aus Harvard haben ergeben, dass Unternehmen, die ein klares Feindbild haben (etwa einen
Wettbewerber), erfolgreicher sind und motiviertere Mitarbeiter haben als die ohne „Schurken“.
Ebenso können Sie als Individuum mehr Biss haben, wenn Sie gegen ein klares Feindbild kämpfen,
anstatt nur irgendwie geradeaus zu laufen. Diesen Schurken müssen sie finden – und dann
inszenieren.
Im vierten und letzten Teil der Reihe erfahren Sie schließlich, mit welchen Beispielstorys und
Metaphern Sie Ihre Dienstleistung noch greifbarer und verständlicher machen können.
Über den Autor:
Dr. Veit Etzold arbeitet für Banken, in der Strategieberatung und als Programm-Direktor in der
Executive Education. Unter anderem berät er Firmen in Fragen des Storytellings und der
strategischen Positionierung. Ebenso ist er Autor von zahlreichen Thrillern wie „Final Cut“. Sie
erreichen den Autor unter [email protected] und mittels www.veit-etzold.de.
Dieser Artikel erschien am 24.05.2016 unter folgendem Link:
https://www.private-banking-magazin.de/private-banking-und-storytelling-teil-3/4-xx-1464073759/
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