Treiber Immobilienmarkt

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Treiber Immobilienmarkt
Zürich,
26.9.August
2014
Zürich,
Oktober
2013
Economic Research
Einblick
Wöchentlicher Marktausblick
Raiffeisen
Economic
Research
Raiffeisen
Economic
Research
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Tel.
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4141
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Private Verschuldung - Treiber Immobilienmarkt
Die drastische private Schuldenausweitung in vielen Industrieländern wurde mit der Finanzkrise abrupt
gestoppt. Die Banken, die in Kontinentaleuropa das Gros der Privatverschuldung finanzieren, verbuchten in den letzten Jahren sehr hohe Kreditausfälle – speziell in den Euroraum-Schuldenkrisenländern mit
zwei aufeinanderfolgenden Rezessionen.
Bei den privaten Haushalten wurde die exzessive Zunahme der Schulden durch den Immobilienboom
getrieben, der in der Euroraum-Peripherie vor allem durch den massiven Rückgang der Zinsen angefeuert worden ist. Die Tragbarkeit von Hypotheken hat sich dort seit dem Platzen der Blase aber wieder
weitgehend normalisiert. Weltweit ist die Korrektur in den USA am weitesten fortgeschritten. In der
Schweiz hat der Boom der letzten Jahre den Immobilienerwerb zwar weniger erschwinglich gemacht,
die Tragbarkeitswerte bleiben jedoch ausser im Extremzinsszenario moderat.
Auch der steile Schuldenanstieg bei den Unternehmen basierte vornehmlich auf Immobilienkrediten.
Neben einer generellen Ausweitung der konzerninternen Kredite, konzentrierte sich der übermässige
Schuldenanstieg auf Bau- und Immobilienunternehmen, während das Verarbeitende Gewerbe auch in
den Schuldenkrisenländern grundsätzlich keinen überhöhten Fremdkapitalanteil aufbaute.
Der Entschuldungsprozess ist in den Hochschuldenländern Irland, Spanien und Portugal bereits gut vorangekommen, nicht zuletzt dank der Rettungsprogramme und der Bankenunion. Der Anteil Not leidender Kredite bleibt zwar, im Gegensatz zu den USA und auch dem konstant niedrigen Niveau in der
Schweiz, weiterhin hoch und wird die Kreditvergabe weiterhin dämpfen. Im Szenario einer nachhaltigen
Konjunkturerholung sollte sich jedoch das Kreditumfeld für den Privatsektor zunehmend verbessern.
Steiler Anstieg der Verschuldung
In vielen Industrieländern kannte der Weg der Verschuldung über einen längeren Zeitraum nur eine Richtung: nach oben. In den letzten Jahren stand dabei vor
allem die öffentliche Verschuldung im Fokus, angeschwollen aufgrund riesiger Hilfspakete zur Stabilisierung der Konjunktur und speziell zur Rettung des Finanzsektors. Gleichzeitig haben sich die Sozialausgaben massiv erhöht und die Staatseinnahmen sind
weggebrochen. Insgesamt eine explosive Mischung.
Am stärksten fiel der fiskalische Absturz in Irland aus
(siehe Grafik 1).
Grafik 1: Bruttostaatsverschuldung, in % des BIP
180
160
140
120
100
80
60
40
20
0
2007
2013
Quelle: IWF, Raiffeisen Research
Economic Research
Dort wurde nicht zuletzt auf Grund des boomenden
Immobiliensektors 2006 noch ein gesamtstaatlicher
Budgetüberschuss von +3% des BIP erreicht. 2010
schloss der Staat seine Rechnung, stark belastet durch
die Rekapitalisierung des Bankensektors, hingegen mit
einem Rekorddefizit von über -30% des BIP ab. Im
gleichen Zeitraum schoss die Schuldenquote von sehr
niedrigen 24% auf mittlerweile über 120% des BIP in
die Höhe. Die Schweiz war im Gegensatz dazu eines
der wenigen Länder, das die Schuldenquote im Vergleich zum Vorkrisenniveau zurückführen konnte.
Um die exzessiven staatlichen Schuldenquoten in Zukunft wieder senken zu können, ist neben der Rückführung der Budgetdefizite eine nachhaltige Erholung
der Konjunktur notwendig. Ein Schlüsselfaktor hierbei
ist ein funktionierender Kreditmarkt – sowohl auf der
Angebotsseite als auch der Nachfrageseite.
Drastische Belastungen für den Bankensektor
Auf der Angebotsseite, sprich dem Bankensektor und
dem Kapitalmarkt, hat sich im internationalen Vergleich vor allem die Situation in den USA mittlerweile
wieder erheblich verbessert. Die Erholung des Bankensystems in den Euroraum-Schuldenkrisenländern hinkt
hingegen hinterher. Dies liegt zum einen daran, dass
der Anteil der Banken an der Fremdkapitalfinanzierung
der Unternehmen in Kontinentaleuropa traditionell
wesentlich höher ist als in den angelsächsischen Län-
starken Korrekturen bei den Aktienkursen sowie Immobilienpreisen im Stress-Szenario (siehe Tabelle 1).
Damit sollen endgültig die in Japan begangenen Fehler
vermieden werden, wo eine Verschleppung der Bilanzbereinigung bei den Banken die Kreditvergabe an
die Wirtschaft über einen sehr langen Zeitraum von 15
Jahren stark eingeschränkt hat.
dern. Entsprechend waren die Bankenbilanzen in den
USA vor Krisenbeginn weniger stark belastet (siehe
Grafik 2).
Grafik 2: Bankenkredite in % der Gesamtverschuldung
im privaten Nicht-Finanzsektor (2013)
90
80
70
Tabelle 1: Bankenstresstests, Adverses Szenario
60
Abweichung vom Basisszenario
Staatsanleihenrenditen, Ø in bp
Aktienkurse, in %
Häuserpreise, in %
Gewerbeimmobilienpreise, in %
50
40
30
20
10
Mindestkapitalquote (CET1), in %
0
2011
2014
75
-15.0
-9.7
-
152
-18.3
-19.2
-11.7
5.0
5.5
Quelle: EZB, Eurostat, Raiffeisen Research
Im Gegensatz zum Bankensektor, der intensiv durchleuchtet wird, findet die ebenso wichtige Nachfrageseite, also der Kreditbedarf des privaten NichtFinanzsektors, in der öffentlichen Wahrnehmung deutlich weniger Beachtung. In der folgenden Analyse
betrachten wir daher detailliert die Verschuldungsentwicklung
sowie -situation bei den NichtFinanzunternehmen und privaten Haushalten im internationalen Vergleich, um Rückschlüsse auf die Nachhaltigkeit der aktuellen Verschuldungsniveaus in den
einzelnen Ländern ziehen zu können.
Quelle: BIZ, Raiffeisen Research
Zweitens wurde die Eurozone durch die in Griechenland Ende 2009 ausgebrochene Schuldenkrise nach
der Subprime-Krise im Gegensatz zu den USA doppelt
getroffen. Die Subprime-Krise ging zwar vom USImmobilienmarkt aus, war aber aufgrund des sehr
hohen Engagements europäischer Banken in verbrieften US-Schuldtiteln eine mindestens genauso grosse
Belastung für den europäischen Finanzsektor.
Die Anstrengungen in der Eurozone laufen jedoch auf
Hochtouren, um nach dem Doppelschock den Bankensektor bis nächstes Jahr wieder nachhaltig auf die
Beine zu stellen und Vertrauen zurückzugewinnen –
primär mit der Schaffung einer Bankenunion. Diese
basiert im Wesentlichen auf einer gemeinschaftlichen
Bankenaufsicht, der Möglichkeit Banken mit vorübergehenden Liquiditätsproblemen im Extremfall auch
direkt mit Hilfsmitteln aus dem Rettungsfonds ESM zu
stützen, sowie einem Bankenabwicklungsmechanismus (Single Resolution Mechanism) mit einer klar definierten Haftungskaskade. Vor der Übernahme der
Bankenaufsicht für die grösseren rund 130 Banken
durch die EZB werden derzeit die Bankenbilanzen einer
intensiven Qualitätsprüfung unterzogen (Asset Quality
Review). Dabei kommen erstmals einheitliche Standards für die Bewertung der Vermögenswerte und
Sicherheiten sowie die adäquate Risikovorsorge der
Banken zur Anwendung. Desweiteren wird auf Basis
der neuen Bilanzbewertung ein Stress-Test durchgeführt. Die Veröffentlichung der Ergebnisse vor der
Übernahme der Aufsicht durch die EZB ist für Mitte
Oktober geplant. Die Banken müssen dann etwaige
Kapitallücken decken. Vorsorgliche Kapitalmassnahmen sind bereits auf breiter Basis zu beobachten.
Nachdem die Stress-Tests durch die europäische Bankenvereinigung (EBA) in der Vergangenheit milde gesagt wenig überzeugend waren, kündigt die EZB diesmal ein härteres Vorgehen an, um nicht die letzte
Chance zur Vertrauensbildung in den europäischen
Bankensektors zu verspielen. Die veröffentlichten Details zum Stress-Test weisen, trotz der bereits zwei
aufeinanderfolgenden Rezessionsphasen der letzten
Jahre, nochmals härtere Kriterien auf, mit einem simulierten deutlichen Anstieg der langfristigen Zinsen und
Produktivitätsfortschritte rechtfertigen Schuldenboom nicht …
Bevor wir uns den Schuldenzahlen näher zuwenden,
ist ein genereller Blick auf die Funktionsweise des
durch Fremdkapital „geschmierten“ Wachstumsmodells sinnvoll. Das Wachstumspotential einer Volkswirtschaft wird langfristig - abgesehen von der demographischen Entwicklung - durch den Produktivitätsfortschritt vorgegeben. Die Kreditvergabe schafft zwar
ebenfalls zusätzliches Einkommen und Wertschöpfung.
Allerdings müssen die darüber getätigten Ausgaben in
der Zukunft wieder zurückgezahlt werden und senken
dabei das verfügbare Einkommen. Dauerhaft kann
damit das Wachstum nur positiv beeinflusst werden,
wenn die Kredite erfolgreich für produktivitätssteigernde Investitionen verwendet werden. Dazu zählt
aber definitiv nicht eine übermässige Kreditfinanzierung des privaten Konsums – wie es vornehmlich vor
der Finanzkrise der Fall gewesen ist. Auch nicht sinnvoll sind zum Beispiel Infrastrukturinvestitionen in leerstehende Feriensiedlungen bzw. Bürokomplexe oder
überdimensionierte Regionalflughäfen.
Theoretisch sollte also das volkswirtschaftliche Kreditvolumen langfristig den Produktivitätsfortschritt nicht
übersteigen. Überschiesst die Kreditvergabe das nominale BIP-Wachstum über einen längeren Zeitraum
erheblich, steigt die Wahrscheinlichkeit einer Finanzkrise und einer späteren Korrektur1 – wie zuletzt eindrucksvoll zu beobachten war. Sehr langfristige Kreditdaten für die USA belegen den drastischen Anpassungsprozess im Zuge der „Grossen Depression“ (siehe
1
Drehmann M.: "Total credit as an early warning indicator for
systemic banking crisis"; BIS Quarterly Review June 2013
2
soziale Risiken, desto geringer die Notwendigkeit des
„Sicherheitssparens“ und desto grösser die Möglichkeit
höherer Konsum- bzw. Investitionsausgaben. Dies ist
auch eine Priorität der chinesischen Wirtschaftspolitik,
um die sehr hohe private Sparquote von über 30% des
verfügbaren Haushaltseinkommens zu senken und die
Binnennachfrage anzukurbeln. Zum Vergleich, in der
Schweiz beträgt die Sparquote rund 13%. Weiterhin
können Finanzinnovationen zumindest teilweise für ein
dauerhaft höheres Kreditangebot und einen besseren
Zugang zu Fremdkapital sorgen, über eine höhere
Effizienz und Tiefe der Kreditintermediation.
Grafik 3). Seit dem Tiefpunkt der gesamtwirtschaftlichen Verschuldungsquote zum Ende des 2. Weltkriegs
zeigte der Trend unter Schwankungen jedoch wieder
kontinuierlich nach oben. Speziell der Verschuldungsgrad der privaten Haushalte liegt trotz des Schuldenabbaus im Nachgang der Subprime-Krise noch
deutlich über vergangenen Hochpunkten.
Grafik 3: US-Verschuldung nach Sektor in % des BIP
375
350
325
300
275
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75
50
25
0
1929
In zahlreichen Ländern ist die private Verschuldung
nochmals wesentlich stärker angestiegen als in den
USA (siehe Grafik 4). Spitzenreiter ist wiederum Irland,
mit einem drastischen Anstieg der Unternehmensverschuldung. Auch die Schweiz weist eine vergleichsweise hohe Verschuldungsquote auf, getrieben hingegen
durch die privaten Haushalte. In Italien fällt die Quote
im Privatsektor hingegen interessanterweise sehr viel
niedriger aus als beim Staat.
Abwärtstrend bei Zinsen hebt Tragbarkeit
Desweiteren spielt der langfristige Abwärtstrend bei
den Zinsen („Great moderation“), eine bedeutende
Rolle für die Entwicklung der Schuldentragbarkeit. Seit
der geldpolitischen Straffung der Fed unter Paul
Volcker Anfang der 1980er zur Bekämpfung der hohen Inflationsraten im Nachgang der Ölpreiskrisen
zeigt der Trend bei den langfristigen Zinsen weltweit
nach unten. In den ehemaligen Hochzinsländern der
Euroraum-Peripherie fiel dieser Effekt mit der Einführung der Gemeinschaftswährung und einer einheitlichen, unabhängigen Geldpolitik besonders stark aus.
In Spanien sanken die Hypothekenzinsen beispielsweise von über 15% Anfang der 1990er bis auf unter 4%
Mitte des letzten Jahrzehnts (siehe Grafik 5). Damit hat
sich die Tragbarkeit von Immobilienfinanzierungen
trotz des massiven Anstiegs der Immobilienpreise lange Zeit sogar noch weiter verbessert. Erst mit dem
Zinserhöhungszyklus der EZB vor der Finanzkrise hat
sich der Trend gedreht.
Grafik 4: Private Verschuldung in % des BIP (4Q13)
Grafik 5: Durchschnittliche Hypothekenzinsen, in %
1939
1949
Private Haushalte
GSEs*
1959
1969
1979
Nicht-Finanzunternehmen
Öffentlicher Sektor
1989
1999
2009
Finanzsektor
* Government Sponsored Enterprises (u.a. Fannie Mae, Freddie Mac)
Quelle: Fed, Raiffeisen Research
350
18
300
16
250
14
200
12
150
10
100
8
50
6
0
4
2
0
Private Haushalte
1990 1992 1994 1996 1998 2000 2002 2004 2006 2008 2010 2012
Italien
Nicht-Finanzunternehmen
Spanien
Irland
Schweiz
USA
Quelle: Datastream, Raiffeisen Research
Quelle: BIZ, Eurostat, Raiffeisen Research
Es gibt also einige handfeste Gründe dafür, dass der
langfristige Aufwärtstrend bei der Verschuldungsquote
nicht zwangsläufig eine Überschuldung bedeuten
muss. Allerdings erscheint es aber auch kaum vorstellbar, dass ein weiterer dauerhafter und steiler Anstieg
der Verschuldungsquoten in einer entwickelten Volkswirtschaft nachhaltig ist. Der Trend darf also nicht
einfach fortgeschrieben werden. Man kann damit auch
nicht davon ausgehen, dass die Rückkehr der Schuldenquoten nach dem Überschiessen zu ihrem Trend
eine nachhaltige Korrektur bedeutet. Dies ist umso
mehr der Fall, da mittlerweile wohl der Tiefpunkt beim
Zinsniveau erreicht worden ist.
… aber strukturelle Faktoren teilweise
Ein Blick alleine auf die reine Schulden-BIP-Relation
reicht jedoch nicht aus, um mögliche Überschuldungstendenzen feststellen zu können. Obwohl sich, wie
weiter oben beschrieben, der Schuldenstand rein theoretisch am Wachstumspfad orientieren sollte, können
strukturelle Veränderungen den „tragfähigen“ Verschuldungsgrad einer Volkswirtschaft massiv anheben.
Erhöht sich zum Beispiel der Wohlstand eines Landes
mit steigendem Entwicklungsstand, ermöglicht die
Zunahme der Haushaltseinkommen einem grösseren
Anteil der Bevölkerung überhaupt erst den Zugang zu
Krediten. Ähnliches gilt für die Effizienz der Sozialversicherungssysteme. Je besser die Absicherung gegen
3
Grafik 7: Private Haushaltsverschuldung (gesamt) in %
des BIP (Irland 2001 statt 1999)
Um Aussagen über die „Angemessenheit“ der privaten
Verschuldung in den einzelnen Ländern treffen zu
können, ist ein Blick auf die nationalen Kreditmarktstrukturen und -konditionen für die einzelnen Sektoren
notwendig.
140
120
100
80
Private Haushalte verschulden sich hauptsächlich
für Hauskauf
Betrachten wir zunächst die privaten Haushalte. Deren
Verschuldung beruht überwiegend auf Immobilienfinanzierungen. Der Anteil der Konsumentenkredite ist
in den meisten Ländern vergleichsweise gering. Eine
Ausnahme bilden die angelsächsischen Länder. In den
USA finanzieren die privaten Haushalte einen erheblich
grösseren Teil ihrer Konsumausgaben auf Pump (siehe
Grafik 6). Die weit verbreitete Verbriefung von Autound Studienkrediten spielt dabei eine unterstützende
Rolle.
60
40
20
0
1999
Quelle: BIZ, Datastream, Raiffeisen Research
Verschuldungshöhe durch Politik verzerrt
Der Hypothekenverschuldungsgrad wird wesentlich
durch nationale regulatorische und steuerliche Rahmenbedingungen beeinflusst. Zwei Faktoren stechen
dabei hervor. Erstens, die politische Gewichtung der
Wohnungsbauförderung. Aufgrund des stark unterschiedlichen Engagements des öffentlichen Sektors im
Sozialwohnungsbau, wegen starker Unterschiede beim
Mietrecht und somit beim Anreiz zur Bereitstellung
von Mietwohnungen sowie wegen der unterschiedlichen Förderung des Eigentumserwerbs variieren die
Eigentümerquoten international stark (siehe Grafik 8).
Je höher die Eigentümerquote, desto höher tendenziell
auch die Nachfrage an Hypothekenfinanzierungen
privater Haushalte. Entsprechend sollte ein hohes
Schuldenniveau bei den spanischen Haushalten nicht
überraschen. Allerdings ist der Zusammenhang nicht
zwangsläufig. Denn zum Beispiel weist Italien trotz
einer hohen Eigentümerquote eine geringe Haushaltsverschuldungsquote auf. In der Schweiz ist wie oben
bereits erwähnt wiederum das Gegenteil der Fall.
Grafik 6: Kredite zu Konsumzwecken privater Haushalte in % des BIP
26
24
22
20
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16
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0
1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013
USA Konsumentenkredite
Schweiz Konsumentenkredite
2013
USA Home Equity Loans
EWU Konsumentenkredite
Quelle: SNB, EZB, Fed, Raiffeisen Research
Die Konsumentenkredite haben sich im Jahrzehnt vor
der Finanzkrise weitgehend im Gleichklang mit dem
BIP entwickelt. Hier gibt es keine Hinweise auf eine
exzessive Ausweitung, auch in den USA nicht. Dort hat
sich allerdings während des Immobilienbooms das
Volumen der sog. „Home Equity Loans“ erheblich
ausgeweitet (siehe Grafik 6). Diese Kredite sind aufgestockte Hypotheken, die zur Finanzierung von Konsumgütern verwendet werden. Trotz des hohen Anteils der Konsumentenkredite bleibt die Gesamtverschuldungsquote der Haushalte in den USA aber unterdurchschnittlich (siehe Grafik 7). In der Schweiz ist
der Anteil der Konsumentenkredite besonders niedrig
(siehe Grafik 6). Dahingegen weist die Quote der Hypothekenschulden zusammen mit den Niederlanden
ein Spitzenniveau auf.
Grafik 8: Eigentümerquote in % aller Haushalte (2012)
90
80
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60
50
40
30
20
10
0
Quelle: Eurostat, Raiffeisen Research
Der übermässige Anstieg der Verschuldung der privaten Haushalte in einigen Ländern ist also insgesamt auf
direkte und teilweise indirekte Immobilienfinanzierungen zurückzuführen.
Ein klassischer Fall verzerrender Regulierung war auch
die US-Eigenheimpolitik im Vorfeld der Subprime-Krise.
Dies begann bereits 1994 unter Präsident Clinton mit
der Reform des „Community Reinvestment Act“, die
die Anreize für Banken erhöhte, mehr Kredite an Geringverdienerhaushalte auszureichen. Die Hauspreise
und die Eigenheimquote wurden in die Höhe getrieben
durch die Kreditvergabe an Haushalte, die die üblichen
Tragbarkeitskriterien für den Erwerb eines Eigenheims
nicht erfüllt haben. Entsprechend kam die Korrektur
der Eigenheimquote in den USA in den letzten Jahren
4
enmarktdynamik sind, hat der Bundesrat bedenken.
Dies schränke die persönliche Vertragsfreiheit zu sehr
ein2. Im Gegensatz dazu hat zum Beispiel die Bank of
England erst Ende Juni 2014 beschlossen, dass Banken
nur noch beschränkt Neuhypotheken vergeben dürfen,
die das 4.5-fache des Haushaltseinkommens übersteigen.
zurück Richtung Vor-Boom-Niveau nicht überraschend
(siehe Grafik 9).
Grafik 9: US-Eigenheimquote in % aller Haushalte
70
69
68
Dem durch politische Anreize „verzerrten“ hohen Hypothekarvolumen in der Schweiz und den Niederlanden stehen auf der anderen Seite verhältnismässig
hohe Nettofinanzvermögen gegenüber (siehe Grafik
10), die von privaten Pensions- und Versicherungsforderungen dominiert werden. Das Vermögen dient
unter anderem zur späteren Bedienung der Hypothekenschuld. Dieses finanzielle Polster relativiert natürlich
die hohe Bruttoverschuldung. Wie stark dadurch allerdings in einem adversen Szenario die Verschlechterung
der Schuldentragbarkeit abgefedert werden kann, ist
schwer zu beurteilen. Denn diese Vermögenswerte
können nicht immer kurzfristig zur Deckung der Finanzierungskosten verwendet werden.
67
66
65
64
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62
1Q85 1Q87 1Q89 1Q91 1Q93 1Q95 1Q97 1Q99 1Q01 1Q03 1Q05 1Q07 1Q09 1Q11 1Q13
Quelle: US Census, Raiffeisen Research
Zweitens, kann die steuerliche Behandlung von Immobilienvermögen die Hypothekenhöhe beeinflussen. Ein
sehr gutes Beispiel dafür ist die Schweiz. Im Gegensatz
zu den meisten anderen Ländern wird hier privates,
selbstgenutztes Immobilienvermögen einkommenssteuerwirksam. Ein fiktiver Eigenmietwert wird dem
steuerbaren Einkommen hinzugerechnet. Im Gegenzug
sind die entsprechenden Hypothekenzinszahlungen
voll abzugsfähig. Dieses System verringert grundsätzlich den Anreiz zur Amortisation der Hypothekenschulden.
Grafik 10: Vermögensbilanz Schweizer Haushalte
2200
500
2000
450
1800
400
1600
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1400
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1000
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800
In den Niederlanden hat die steuerliche Abzugsfähigkeit für Schuldzinsen ebenfalls die Rückzahlung der
Schulden gedämpft. Zusätzlich hat die Möglichkeit für
die Banken Hypotheken über dem Marktwert der Immobilie zu vergeben (Belehnungswert > 100%) die
Entwicklung forciert. Die niederländische Regierung
hat mittlerweile Massnahmen ergriffen, um die Fehlanreize zu reduzieren – insbesondere mit einer Einschränkung der Zinsabzugsfähigkeit und einer maximalen Belehnungshöhe.
600
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2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012
0
Finanzvermögen (inkl. Ansprüche ggü. priv. Versicherungen / Pensionskassen), Mrd.
Hypothekenschulden, Mrd.
Finanzvermögen in % der Hypothekenschulden (r.S.)
Quelle: SNB, Raiffeisen Research
Tragbarkeitswerte derzeit weitgehend „erträglich“
Zur Messung der „Angemessenheit“ der Verschuldung
berechnen wir schliesslich Tragbarkeitswerte für die
Hypothekenfinanzierungen. Es wird dabei erfasst,
welchen Anteil des verfügbaren Nettoeinkommens ein
Haushalt zur Bedienung einer marktüblichen Hypothekenfinanzierung aufwenden muss. Je höher der Wert,
desto grösser ist die Gefahr, dass der Schuldner bei
Einkommenseinbussen bzw. Arbeitslosigkeit oder
schlechteren Finanzierungskonditionen die Schulden
nicht mehr bedienen kann. Eine einfache „goldene“
Finanzierungsregel besagt, der Schuldendienst soll ein
Drittel des Haushaltseinkommens nicht überschreiten.
Internationale Vergleiche zeigen auch, dass über diesem Schwellenwert die Wahrscheinlichkeit für Schuldner in Zahlungsschwierigkeiten zu geraten deutlich
ansteigt3.
Auch in der Schweiz hat man bezüglich der Belehnung
reagiert. Erstens haben die Banken über Selbstregulierung die Mindestanforderungen bei Hypothekarfinanzierungen zweimal verschärft. Seit Juli 2012 sind mindestens 10% Eigenmittel erforderlich, die nicht aus
dem Guthaben der 2. Säule stammen. Zudem wurde
im Juni 2014 beschlossen, dass neue Hypotheken
innerhalb von 15 Jahren linear auf zwei Drittel des
Belehnungswertes amortisiert werden müssen, wobei
für den Belehnungswert grundsätzlich das Niederstwertprinzip gilt. Zweitens müssen bei Nichteinhaltung
und Belehnungen von über 80% des Verkehrswertes
höhere Eigenmittel durch die Bank hinterlegt werden.
Die Zinsabzugsfähigkeit bleibt allerdings weiter unangetastet. In den Konsultationen mit dem IWF im letzten Jahr bemerkten die Schweizer Offiziellen dazu,
dass sie die politische Unterstützung zu diesem Thema
als gering ansehen und Reformen deshalb unwahrscheinlich erscheinen. Auch bei konkreten Tragbarkeitsregeln, z.B. einem Höchstwert für den Anteil kalkulatorischer Zinsen am Haushaltseinkommen, die laut
empirischen Analysen mit die wirksamsten makroprudentiellen Massnahmen zur Abkühlung der Immobili-
Zunächst vergleichen wir die von uns berechneten
Werte für einen Immobilienneukauf für verschiedene
Szenarien. Direkt vor dem Ausbruch der Finanzkrise
2008 – zum Höhepunkt des Hauspreisbooms in zahl2
3
5
IMF Country Report No. 13/128
Bank of England, Financial Stability Report, June 2014
Die Tragbarkeitswerte für einen Hausneukauf können
sich wie oben dargestellt bei starken Preisbewegungen
und Veränderungen der Finanzierungskonditionen
schnell verändern. Für die Belastung der bestehenden
Hypothekenfinanzierungen gilt dies hingegen nicht im
gleichen Ausmass. Ein Blick auf die Struktur der Hypotheken in den einzelnen Ländern liefert weitere wichtige Informationen über die „Angemessenheit“ der
Haushaltsverschuldung. Neuere Umfragen liefern Daten für die Medianwerte der Hypothekenschuld der
Haushalte, die eine Hypothek aufgenommen haben also nicht verzerrt durch die länderspezifischen Eigentümerquoten bzw. den Anteil der Hypothekennehmer
an den Gesamthaushalten. Im Vergleich zu den Zahlen
für einen Hausneukauf liefert diese Betrachtung
grundsätzlich tiefere Hypothekenbeträge je Finanzierung, aufgrund der bereits getätigten Amortisation.
reichen Industrieländern – waren die Werte in der
Euroraum-Peripherie und in Grossbritannien überhöht
(siehe Grafik 11). Mit der teilweise massiven Korrektur
der Hauspreise, Kreditabschreibungen sowie der Lockerung der Geldpolitik hat sich die Situation seitdem
entschärft. Zu den aktuellen Hypothekenzinsen liegen
die Tragbarkeitswerte wieder auf annehmbaren Niveaus, allen voran in den USA. Die USA können bei
dieser Betrachtung aufgrund der starken Konzentration der Finanzierungsprobleme im Subprime-Segment
als Sonderfall angesehen werden. Die Tragbarkeitswerte waren im Durchschnitt auch zum Höhepunkt des
Immobilienbooms nicht kritisch, jedoch für die zum
Hauskauf animierten Geringverdienerhaushalte umso
mehr.
Und auch im Szenario eines kalkulatorischen Zinssatzes
von 5% (+ 1% jährliche Instandhaltungspauschale;
also einer Gesamtbelastung von 6%) wird die "goldene" Finanzierungsregel in den ehemaligen Blasenländern aktuell im Durchschnitt nicht mehr verletzt.
Bei dieser Berechnung verringert sich der Tragbarkeitswert für alle Länder, jedoch in einem stark unterschiedlichen Ausmass. Während die Daten für die
Niederlande, Irland und die USA im Vergleich zum
Neukauf nur geringe Rückgänge zeigen, drittelt sich
zum Beispiel der Tragbarkeitswert für Portugal. Auch
für die Schweiz berechnen wir auf Basis des aktuellen
durchschnittlichen Hypothekenzinssatzes eine Halbierung auf sehr moderate 10% (siehe Grafik 12). Und
berücksichtigt man zusätzlich den steuersystembedingten Anreiz zu geringerer Amortisation in der Schweiz,
ist die Situation nochmals besser zu bewerten.
In Grossbritannien wurde hingegen mit der durch
öffentliche Subventionen weiter angefachten Hauspreisbeschleunigung der Schwellenwert der "goldenen" Finanzierungsregel zuletzt wieder erreicht. Auch
in der Schweiz hat sich der Wert für das 5%-ZinsSzenario im Zuge der starken Immobilienpreissteigerungen der letzten Jahre auf einen Spitzenplatz erhöht,
was per se eigentlich auf ein erhöhtes Risiko schliessen
lässt. Allerdings lag der Durchschnittszinssatz für Hypothekenfinanzierungen in der Schweiz seit Mitte der
1990er immer deutlich unter der 5%-Marke – im Gegensatz zu allen anderen beobachteten Ländern. Im
Durchschnitt der letzten 10 Jahre mussten die Schweizer Immobilienkäufer etwas weniger als 3,0% Zinsen
zahlen, 1-2 Prozentpunkte weniger als in den anderen
Ländern. Das historisch strukturell niedrigere Zinsniveau in der Schweiz, basierend hauptsächlich auf dem
stabilen wirtschaftlichen und politischen Umfeld mit
soliden Staatsfinanzen, sollte auch in Zukunft erhalten
bleiben. Und zu den aktuellen durchschnittlichen Hypothekenkonditionen lässt sich mit 20% kein überdurchschnittlicher oder gar kritischer Tragbarkeitswert
feststellen (siehe Grafik 11).
Grafik 12: Tragbarkeit: Schuldendienst in % des verfügbaren Median-Einkommens für Durchschnittszinssatz
25
20
15
10
5
0
Neukauf
Grafik 11: Tragbarkeit: Schuldendienst in % des verfügbaren Median-Einkommens für Kauf mit 20%-EKAnteil (Zins + 1% Instandhaltungspauschale)
Quelle: Raiffeisen Research
Zinssensitivität in Euroraum-Peripherie hoch
50
Wie schnell sich höhere Zinsen im Schuldendienst
laufender Finanzierungen niederschlagen, hängt von
der Zinsbindung der Hypothekenkredite ab. Je höher
der Anteil variabler Verzinsung, desto rascher verschlechtern Zinserhöhungen die Tragbarkeit des Immobilienfinanzierungsportfolios. Die nationalen Kreditstatistiken zeigen für Frankreich und Deutschland
einen sehr hohen Anteil an Hypotheken mit längerer
Zinsbindung (siehe Grafik 13). Auch in der Schweiz ist
der Anteil an Hypotheken mit einer Zinsbindungsrestlaufzeit von über einem Jahr noch überdurchschnittlich
hoch. In Italien gibt es eine ausgewogene Mischung.
Die anderen Euroraum-Schuldenkrisenländer weisen
hingegen einen sehr hohen Anteil an variabel verzinslichen Hypotheken auf. Dort wären die kurzfristigen
45
40
35
30
25
20
15
10
5
0
2007/8, Durchschnittssatz
Aktuell, Durchschnittssatz
Medianhypothek
Aktuell, 5%
Quelle: Raiffeisen Research
6
am Schweizer Häusermarkt wie von uns erwartet weiter kontinuierlich ab, dürften die Tragbarkeitswerte
auch künftig keineswegs bedrohliche Niveaus erreichen, wie es Anfang der 1990er der Fall war – in der
Spitze mit einem Tragbarkeitswert für einen Neukauf
von über 90%.
Auswirkungen steigender Zinsen auf den Schuldendienst der privaten Haushalte am stärksten.
Grafik 13: Anteil Hypotheken mit anfänglicher Zinsbindung < 1 Jahr in % (2013)
90
80
70
Konzerninterne Kredite blähen Unternehmensverschuldung auf
Kommen wir nun zu den Unternehmen. Genau wie bei
den privaten Haushalten gibt es im Unternehmenssektor eine starke Divergenz bei den nationalen Schuldenquoten und deren Entwicklung vor der Finanzkrise.
60
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0
Die Unternehmensverschuldung in den USA hat den
Höhenflug der Haushaltsverschuldung nicht mitgemacht. Der Anstieg im Vorfeld der Finanzkrise fiel
deutlich gedämpfter aus. Die Quote bleibt im internationalen Vergleich moderat. Dies gilt auch für Italien,
wo sowohl die Verschuldung der privaten Haushalte
als auch der Nicht-Finanzunternehmen im Gegensatz
zum Staat ein niedriges Niveau aufweist. Auch in der
Schweiz ist die Schuldenquote der Unternehmen nicht
überhöht. Anders sieht es für Spanien, Portugal und
allen voran abermals für Irland aus (siehe Grafik 15).
Quelle: EZB, SNB, Raiffeisen Research
Dies ist ein bedeutender Faktor, den die EZB sicher bei
der Entscheidung über Beginn und Ausmass einer
zukünftigen Zinsnormalisierung berücksichtigen wird.
Derzeit wird ein erster Zinsschritt nach oben allerdings
nicht vor 2016 erwartet. Die negativen Effekte eines
raschen Anstiegs der Kapitalmarktzinsen zeigten sich
im letzten Jahr in den USA. Die „Tapering“Ankündigung durch den damaligen Fed-Vorsitzenden
Ben Bernanke trieb die Renditen für US-Treasuries und
im Gefolge auch die langfristigen Hypothekenzinsen in
die Höhe. Der Zinssatz für fixe 30-Jährige Hypotheken
stieg in kurzer Zeit von 3.4% auf 4.6% an. Daraufhin
war eine starke Korrektur der Genehmigungen für
neue Hypotheken festzustellen, die die Erholung auf
dem Immobilienmarkt abbremste (siehe Grafik 14).
Grafik 15: Bruttoverschuldung Nicht-Finanzunternehmen in % des BIP (Irland 2001 statt 1999)
220
200
180
160
140
120
100
80
60
40
20
0
Grafik 14: Zinsschub bremst Erholung am USImmobilienmarkt aus
4.8
220
4.6
210
4.4
200
4.2
1999
190
4.0
Quelle: BIZ, Eurostat, Raiffeisen Research
180
3.8
Der starke Anstieg der Bruttoverschuldung in einigen
Ländern ist jedoch erheblich nach oben verzerrt. Die
zunehmende internationale Verflechtung im Unternehmenssektor hat über eine starke Ausweitung der
konzerninternen Kredite (Intra-company loans) zu
einem entsprechenden Anstieg der nichtkonsolidierten
Unternehmensverschuldung geführt. Steuervermeidungsstrategien spielen dabei eine wichtige Rolle. Im
Euroraum hat sich der statistisch erfasste Anteil konzerninterner Kredite am BIP seit 1995 auf über 15%
verdreifacht. In den meisten Schuldenkrisenländern
hatte dieser Faktor einen nennenswerten Einfluss auf
den Anstieg der Unternehmensverschuldung. Vorreiter
sind dabei Irland und Portugal, mit einem Anteil von
über 25% des BIP (siehe Grafik 16). Aber auch in Spanien ist der Anteil erheblich angestiegen. Eine geringe
Bedeutung haben diese Kredite hingegen in Italien.
Bereinigt um diesen Effekt fallen die konsolidierten
Schuldenquoten für die hochverschuldeten Länder
bereits spürbar niedriger aus. Darüber hinaus ist zu
berücksichtigen, dass die verfügbaren konsolidierten
3.6
170
3.4
160
3.2
3.0
150
Jan 12
Jul 12
Jan 13
Hypothekengenehmigungen (Index)
Jul 13
2013
Jan 14
Hypothekenzins, 30 Jahre (r.S.)
Quelle: Bloomberg, Raiffeisen Research
Insgesamt zeigen die Daten zur Verschuldung der
privaten Haushalte, dass die Tragbarkeit in den untersuchten Ländern derzeit auf breiter Front keine exzessiven Werte (mehr) aufweist. Die Lage in den Blasenländern hat sich in den letzten Jahren bereits zu einem
guten Stück normalisiert.
In der Schweiz weisen die Tragbarkeitswerte trotz des
starken Hauspreiswachstums der letzten Jahre wie
beschrieben keine kritischen Niveaus auf. Ausser im
unwahrscheinlichen 5%-Zins-Szenario bleiben die
Werte moderat, trotz der systembedingten höheren
Bruttoverschuldung. Und schwächt sich die Dynamik
7
Grafik 17: Verschuldung Nicht-Finanzunternehmen
Daten nicht um „Intra-company loans“ von ausländischen Konzern- bzw. Tochtergesellschaften bereinigt
sind. Damit sollte das „effektive“ Schuldenniveau
nochmals deutlich geringer sein als es die Bruttodaten
anzeigen – besonders in Irland, wo der Anteil multinationaler Konzerne an der Wertschöpfung besonders
hoch ist. Auch für die Schweiz dürfte aufgrund der
hohen Internationalisierung der Wirtschaft die bereinigte Quote spürbar niedriger ausfallen als der nur
ohne inländische "Intra-company loans" ausgewiesene
Wert von rund 85% (siehe Grafik 16).
200
180
160
140
120
100
80
60
40
20
0
1995
1997
1999
2001
2003
Spanien, in % der Bilanzsumme
Irland, in % der Bilanzsumme
Portugal, in % der Bilanzsumme
Grafik 16: Verschuldung Nicht-Finanzunternehmen in
% des BIP (2012)
2005
2007
2009
2011
Spanien, in % des BIP
Irland, in % des BIP
Portugal, in % des BIP
Quelle: Eurostat, Raiffeisen Research
225
200
Mit dem Aufbau der Immobilienpreisblase haben sich
die Bilanzen der Unternehmen in diesen beiden Sektoren extrem aufgebläht, während die Entwicklung zum
Beispiel im Verarbeitenden Gewerbe im Einklang mit
der BIP-Entwicklung verlaufen ist. Dies unterlegen
verfügbare Sektordaten für Spanien (siehe Grafik 18).
Ein ähnliches Muster war auch für Irland und Portugal
festzustellen.
175
150
125
100
75
50
25
0
Konsolidiert
Grafik 18: Spanien Unternehmenskredite und BIP,
Index (1Q95=100)
Konzerninterne Kredite (soweit berechnet)
Quelle: BIZ, Eurostat, Raiffeisen Research
2500
2300
Immobilienkredite dominieren auch Überschuldung der Unternehmen
Die Untersuchung des Haushaltssektors hat eine Konzentration der Verschuldung im Immobilienbereich
gezeigt. Interessanterweise hängt auch der massive
Anstieg der Unternehmensverschuldung in den Peripherieländern überwiegend mit dem Immobilienmarktboom zusammen.
2100
1900
1700
1500
1300
1100
900
700
500
300
100
Betrachtet man neben der Schulden-BIP-Relation das
Verhältnis der Schulden zum Wert des Gesamtvermögens bzw. der Bilanzsumme der Nicht-Finanzunternehmen ergibt sich für die Hochschuldenländer ein
ganz anderes Bild. In Portugal, Spanien und Irland hat
im Vorfeld der Krise neben der Verschuldung auch die
Bewertung der unterliegenden Vermögen erheblich
schneller als die Wirtschaft zugelegt. Entsprechend hat
sich die Höhe der "Sicherheiten" der Unternehmen
ausgeweitet. Besonders frappant war die Entwicklung
wenig überraschend wiederum in Irland. In allen drei
Ländern kann die exzessive Verschuldung fast vollständig durch den Anstieg der Vermögenswerte erklärt
werden (siehe Grafik 17).
1Q95
1Q97
1Q99
Industrie
1Q01
Bau
1Q03
1Q05
1Q07
1Q09
Immobilienwirtschaft
1Q11
1Q13
BIP
Quelle: Banco de España, Raiffeisen Research
Die heterogene Verschuldungssituation bedeutet entsprechend auch sehr unterschiedliche Tragbarkeitsniveaus in den einzelnen Sektoren. Die Zinsbelastung in
Prozent des Bruttobetriebsergebnisses hat sich bereits
auf Grund des Zinserhöhungszyklus der EZB während
der Boomphase und weiter nach dem Platzen der
Blase während der Doppel-Rezession aufgrund wegbrechender Umsätze in den Hochschuldenländern bei
den Bauunternehmen dramatisch erhöht (siehe Grafik
19).
8
Grafik 19: Bauunternehmen; Zinsausgaben in %
EBITDA (keine Daten für Irland verfügbar)
Bausektor halbierte und endgültig stabilisierte (siehe
Grafik 21). Die Korrektur in Irland sollte nun grösstenteils abgeschlossen sein. Denn laut Berechnungen der
irischen Zentralbank hat sich das den Krediten unterliegende Immobilienvermögen seit 2007 ebenfalls
knapp halbiert bevor es seit Ende 2013 wieder nach
oben zeigt. Aktuell legen die Hauspreise in Irland im
Jahresvergleich wieder spürbar zu. Ein erneuter starker
Hauspreiszyklus birgt allerdings mittelfristig die Gefahr
die vergleichsweise höheren Tragbarkeitswerte erneut
auf kritische Niveaus zu heben. Dies gilt auch für
Grossbritannien, wo die Regierung mit dem neuen
Eigenheimförderprogramm "Help to buy" die Immobilienpreise weiter in die Höhe getrieben hat. In Spanien
und Portugal wurde im ersten Halbjahr 2014 hingegen
noch ein weiterer Rückgang der Hauspreise gegenüber
Vorjahr verzeichnet.
180
160
140
120
100
80
60
40
20
0
Deutschland
Frankreich
Italien
2001
Spanien
Portugal
2012
Quelle: BACH, Raiffeisen Research
Im Verarbeitenden Gewerbe hat sich die Tragbarkeit
trotz der tiefen Rezession hingegen viel besser gehalten – mit ähnlichen Werten wie zum Beispiel in
Deutschland (siehe Grafik 20). Entsprechend ist in
diesem Sektor auch in den Hochschuldenländern, im
Falle einer nachhaltigen Konjunkturerholung, generell
kein besonderer Korrekturbedarf auszumachen.
Grafik 21: Bankenkredite an Bau- und Immobilienunternehmen, Index (Kredithochpunkt=T, in Quartalen)
110
100
90
80
70
Grafik 20: Verarbeitendes Gewerbe; Zinsausgaben in
% EBITDA (keine Daten für Irland verfügbar)
60
50
40
40
30
30
20
10
0
20
T-20 T-16 T-12 T-8 T-4
Irland
T+4 T+8 T+12 T+16 T+20 T+24 T+28 T+32 T+36 T+40 T+44 T+48
Portugal
Schweiz
USA
Quelle: Nationale Zentralbanken, Raiffeisen Research
10
0
T
Spanien
Italien
Spanien
Deutschland
2001
Frankreich
Die Bereinigung der Bankenbilanzen in der Eurozone,
die durch die Einführung der Bankenunion in diesem
Jahr weiter vorangetrieben wird, ist ein wichtiger
Schritt in Richtung Normalisierung des Kreditumfelds.
Mit gesunden Bilanzen können die Banken bei voranschreitender Konjunkturerholung in den Krisenstaaten
ihre Kreditvergabe wieder ausweiten. Etwas unterstützend werden sich hier auch die neu angekündigten
gezielten Langfristrefinanzierungsgeschäfte (TLTRO)
der EZB auswirken. Sie bieten den Geschäftsbanken
bei einer Ausweitung des Kreditvolumens an die privaten Nichtfinanzunternehmen langfristig sehr günstige
Refinanzierungskonditionen. Die verbesserte Lage
spiegelt sich mittlerweile in den zunehmend positiveren Bankenumfragen zur Kreditvergabe wider.
Portugal
2012
Quelle: BACH, Raiffeisen Research
Banken müssen die Altlasten endgültig regeln
Der Finanzsektor in Spanien, Portugal und Irland wurde im Rahmen der Rettungsprogramme in den letzten
Jahren weitreichend restrukturiert. Die drastisch gestiegenen Not leidenden Kredite wurden in den Bankenbilanzen mittlerweile zu einem guten Teil berücksichtigt und durch umfangreiche Rekapitalisierungen
des Bankensystems kompensiert. Am weitesten fortgeschritten ist der Entschuldungsprozess in Irland und
Spanien. Mit der Gründung von „Bad Banks“ (NAMA
respektive Sareb) hat der Abbau des toxischen Kreditportfolios jeweils einen Schub bekommen. In beiden
Ländern hat sich das Volumen der Bankenkredite an
Unternehmen im Bausektor und der Immobilienwirtschaft im Vergleich zum Höhepunkt halbiert (siehe
Grafik 21). Die Anpassung in Portugal ist in dieser
Beziehung weniger fortgeschritten. Allerdings fielen
dort die Hauspreisanstiege vor der Krise weit weniger
exzessiv aus. Die Bilanzbereinigung verläuft damit in
den Krisenländern vergleichsweise schnell – ähnlich
wie in den USA. Dies verdeutlicht auch ein Vergleich
mit dem Anpassungsprozess in der Schweiz nach dem
Platzen der Immobilienblase in den 1990ern. Damals
dauerte es 12 Jahre bis sich das Kreditvolumen im
Hemmend für eine sich belebende Kreditdynamik
bleibt im Gegensatz zur weitreichenden Anerkennung
und Bilanzierung (Wertberichtigungen) der in der Vergangenheit aufgelaufenen Kreditrisiken in den Bankenbilanzen die konkrete Abwicklung der Altlasten,
um letztendlich die gebundenen Ressourcen wieder
freizusetzen und den betroffenen Kreditnehmern einen
Neustart zu ermöglichen. In den Immobilienblasenländern ist bislang nur in den USA ein grosser Fortschritt
bei der endgültigen Restrukturierung der Not leidenden Kredite zu beobachten. Die Quote Not leidender
Kredite am Gesamtkreditvolumen ist dort auf dem
Weg Richtung Vorkrisenniveau (siehe Grafik 22). In
den anderen Ländern liegt der Anteil weiterhin auf
9
hohen Niveaus bzw. war zuletzt noch nach oben gerichtet.
In der Schweiz stellt sich die Frage der Bereinigung von
Altlasten hingegen gar nicht – untermauert durch die
konstant niedrige Rate an Not leidenden Krediten. Und
auch im Falle einer Eintrübung des konjunkturellen
Umfelds sehen wir trotz des dynamischen Hypothekenwachstums der letzten Jahre und der vergleichsweise hohen Bruttoverschuldung der privaten Haushalte auf Basis der vorhergehenden Analyse keine akuten,
hohen Systemrisiken für den Finanzsektor. Die von der
Politik und den Banken selbst verschärften Kreditvergaberichtlinien, sowie der wegen des sehr niedrigen
Zinsniveaus gesunkene steuerliche Anreiz Hypotheken
nicht zu amortisieren, sollten zudem einen dämpfenden Einfluss auf die Entwicklung der Schuldenquote
haben.
Eine zügige Regelung der Altlasten und vor allem eine
nachhaltige konjunkturelle Erholung sind nun entscheidend, um letztlich die Früchte der harten Anpassungen ernten zu können. Eine klare Trendwende bei
den Unternehmensinsolvenzen und am Arbeitsmarkt
ist die Bedingung dafür, dass sich der Bereinigungsbedarf bei den Banken und den Kreditnehmern nicht
nochmals weiter erhöht, sondern allmählich abklingt.
Im Basisszenario einer moderaten und fortlaufenden
Konjunkturerholung sollte sich die Kreditvergabe im
Euroraum in absehbarer Zukunft wieder beleben. Von
einem Quantensprung bei den Neukrediten ist jedoch
nicht auszugehen. Daran werden auch jedwede Anreize der EZB nicht sehr viel ändern.
[email protected]
Grafik 22: Not leidende Kredite, in % aller ausstehenden Kredite
14
13
12
11
10
9
8
7
6
5
4
3
2
1
0
2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 1Q14
Schweiz
Spanien
Irland
Italien
USA
Portugal
Quelle: Nationale Zentralbanken, Raiffeisen Research
10
HERAUSGEBER
TEAM
Raiffeisen Schweiz, Economic Research
Chefökonom Martin Neff
Brandschenkestrasse 110d, CH-8002 Zürich
Tel.: 044 226 74 41
E-Mail: [email protected]
Roland Kläger (Schweiz)
Tel.: 044 226 74 22
E-Mail: [email protected]
Alexander Koch (EWU, Deutschland)
Tel.: 044 226 74 37
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Santosh Brivio (Weltwirtschaft)
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Domagoj Arapovic (USA, Weltwirtschaft)
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