rhein-neckar - Drachenclub Aiolos

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rhein-neckar - Drachenclub Aiolos
EDINGEN-NECKARHAUSEN
Festwoche in Plouguerneau
endet mit großer Feier
왘 Seite 17
HEIDELBERG
RHEIN-NECKAR
90 Ehrenamtliche kümmern sich im
Uniklinikum um die Patienten
www.morgenweb.de
MANNHEIMER
Montag 16. AUGUST 2010 / Seite 15
왘 Seite 22
MORGEN
BALLONFESTIVAL IN LADENBURG: Windverhältnisse machten den Ballönern einen Strich durch die Rechnung
Ladenburg: Aus Sicherheitsgründen keine Ballonstarts und nur abgespecktes Glühen / In der Höhe Böen, am Boden Flaute / Veranstalter dennoch „sehr zufrieden“
Der Wind weht
eben doch,
wo er will
Von unserem Mitarbeiter
Peter Jaschke
„Das ist das erste Mal, dass ich auf
der Neckarwiese Musik mache und
dafür Geld bekomme“, freute sich
Gitarrist und Sänger Günter A. Geisinger. Zum Glück traten seine großartigen „Midnight Tokers“ beim
sonnenverwöhnten 6. Ballon-Festival in Ladenburg auf. Denn so ließ es
sich auf angenehme und unterhaltsame Art verschmerzen, dass es am
frühen Abend (und auch am Sonntagmorgen) keine Ballonstarts gab.
Später musste auch das sonst spektakuläre Ballonglühen mit Ausnahme von vier kleineren Modellballons
ohne Hüllen stattfinden.
Die Windverhältnisse machten
den Ballönern einen Strich durch die
Rechnung. „Auch wenn es bodennah zu flau war für die Lenkdrachen:
In der Höhe, außerhalb des Windschattens der Bäume ringsum, war
es viel zu windig, sowohl für Starts
als auch für das Glühen mit den
rund 30 Meter hohen Hüllen.“ So
begründete Ballon-Unternehmer
Uwe Hilzendegen das aus Sicherheitsgründen abgespeckte und damit für viele Picknicker fern der Büh-
ne freilich weniger attraktive Programm.
Um 18.30 Uhr erklärte Hilzendegen den rund 20 Passagieren, die gebucht hatten: „Wir fahren nicht. Wir
machen keine Sachen, die gefährlich
sind.“ In Anbetracht von rund
50 Stundenkilometer
Windgeschwindigkeit mit heftigen Böen
(laut Wetterwarte und Flughafen
Mannheim) die einzig richtige Entscheidung. Das sahen wie schon
2006, als es ebenfalls wetterbedingt
keine Starts gegeben hatte, alle ein.
4000 bis 5000 Gäste
„Es gab nur drei Stornierungen von
Fahrgästen, die von weiter her kommen. Mit den anderen holen wir das
bald nach“, sagte Hilzendegen, der
heilfroh war, dass es wenigstens
nicht regnete. So erlebten die nach
Schätzungen 4000 bis 5000 Gäste
knapp vier Stunden später den tanzenden, bis zu acht Meter hohen Fackelschein aus zwölf Brennern.
Mehr oder weniger im Takt von Popund Rockstücken schossen die
Flammen in den nächtlichen Himmel.
Inmitten des Fackelscheins glühten immerhin die Hüllen von vier
Das Ballonglühen sollte eigentlich der Höhepunkt des Ladenburger Festival werden, doch die Windverhältnisse machten den
BILD: SCHWETASCH
Ballönern einen Strich durch die Rechnung. So gab es nur eine abgespeckte Version.
wesentlich kleineren Modellballons.Diese ließen sich am fast windstillen Boden im Lee der hohen Bäume gefahrlos betreiben. Die großen Ballons hätten bei einer Bö
zur Seite auf Zuschauer fallen können. „Das gebe ich mir nicht“, sagte
Hilzendegen, der sich gestern „zu-
frieden mit der Veranstaltung“ zeigte.
„Wir sind sogar sehr zufrieden“,
sagte Hans Güth, der Vorsitzende
des Fußballfördervereins der Ladenburger Sport-Vereinigung (LSV), die
insgesamt 125 ehrenamtliche Helfer
stellte. Während die City Surfers (An-
dreas und Iris Lange sowie Jörg Boguslawski) zum sonntäglichen Frühschoppen (ohne Ballons) aufspielten, sagte Hauptorganisatorin Anna
Rittlinger: „Bei einem Open Air muss
man mit Widrigkeiten rechnen. Fürs
Wetter kann niemand etwas. Es war
trotzdem ein schönes Fest.“
Stimmen
Anna Rittlinger (Mitorganisatorin): „Wir hatten zwischendurch ein
wenig Leerlauf, weil die Drachen wegen der Flaute nachmittags nicht so
fliegen konnten. Auch die Werbung
können wir noch verbessern, einfach weil wir 2011 mehr Vorlaufzeit
haben werden.“
Hans Güth (Mitorganisator): „Unglaublich, was das Organisationskomitee um Anna und Herbert Rittlinger in der kurzen Vorbereitungszeit
geleistet hat. Unter anderem mit sieben Versorgungsständen sowie
sechs Kassen waren wir für 10 000
Gäste gerüstet. Viel mehr verträgt die
Veranstaltung hier nicht.“
Bürgermeister Rainer Ziegler: „Es
wäre schön gewesen, die sanften
Riesen am Himmel zu erleben. Aber
Sicherheit geht vor. Drachen brauchen Wind, Ballons weniger. Da
müssen wir durch. Was das Organisationsteam auf die Beine gestellt
hat, ist heftig. Dank gebührt auch
dem Autohaus Vogel als Hauptsponsor.“
Peter Emmerich (Ladenburg):
„Meine Frau hat mir die Ballonfahrtgeschenkt. Es wäre meine zweite gewesen. Bei starken Böen macht es
keinen Spaß. Ich bin nicht enttäuscht, dass es verschoben wurde.“
Dagmar Neu (Ladenburg): „Das ist
für Ladenburg ein tolles Event. Für
die Kinder finde ich die DrachenDarbietungen und die des Modellbau-Clubs gelungen. Auch, dass es
ein Karussell und Kinderschminken
gibt.“
Massimo Steri (Modellbau-Club
Ladenburg): „Die Veranstaltung ist
sehr gut. Ab dem Nachmittag war
das Interesse groß. Leider konnten
wir wegen des Winds kaum starten.
Wir machen 2011 gerne wieder
mit.“
pj
Ladenburg: Familie Hilzendegen weiß ein gutes Ballöner-Team hinter sich
Früher navigierten Seefahrer im Himmel
Felix Süsse (r.) aus Frankenthal zeigte ein Lenkdrachen-Ballett. Sein Vater Gerd Süsse
(3.v.r.) lässt seit über 50 Jahren Drachen steigen und hat dem Filius viel beigebracht.
BILD: PJ
Mitglieder des Rodgauer Clubs „Aiolos“ präsentierten ebenfalls Modelle.
Ladenburg: Viel Beifall für Lenkdrachen-Ballett von Felix Süsse
„Man ist immer
an der frischen Luft“
Als Gerd Süsse (63) vor über 50 Jahren in Frankenthal seine ersten
klassischen Einleiner-Drachen an
der 100-Meter-Schnurrolle steigen
ließ, gab es als Baumaterial nur Papier und Holzleisten. Heute spannen sich Segel aus Spinnaker-Nylon
um quasi unzerstörbare Glas- oder
Kohlefaserstäbe. Und es gibt seit geschätzten 25 Jahren auch Lenkdrachen. Der Engländer Peter Powell
hat die nur fünf bis 30 Meter lange
und starre Leine „erfunden“.
„Mein Sohn Felix beherrscht den
Trickflug perfekt“, kündigt der stolze Papa seinen 15-jährigen Filius
an. Vor zwölf Jahren hat der Vater
begonnen, dem Sohn seine ganze
Erfahrung weiter zu geben. „Ganz
wichtig sind die Windverhältnisse“, erklärt Süsse Senior im Gespräch. Und der Wind wehte am vergangenen Samstagnachmittag in
Bodennähe meistens viel zu
schwach für eine Drachenflugschau.
Felix versuchte es mehrfach vergeblich.
„Wegen des konstanten Winds
bin ich am liebsten an der Nordsee“,
sagte Jan Machacek vom Rodgauer
Drachenclub „Aiolos“, der mit fünf
Mitgliedern am 6. Ballonfestival auf
der Ladenburger Neckarwiese mitwirkte. Was ihn am meisten fasziniert am Drachen steigen lassen?
„Man ist immer an der frischen
Luft“, antwortete Machacek. Clubmitglied Mahena nickte dazu bekräftigend.
„Da ist ein Lüftchen im Anmarsch“, gab Gerd Süsse endlich das
Signal zur Vorbereitung. Zu einer
kraftvollen Hardrock-Nummer von
Jack White gelang es Felix endlich,
den Zweileiner-Lenkdrachen steigen zu lassen. Dieser „tanzte“ zur
Musik fünf atemberaubend schöne
Minuten lang am Himmel. Felix
musste viel im Kreis rennen und dabei kraftvoll und gekonnt an der Leine ziehen, damit der Drache effektvoll auf- und nieder stieg, sich dabei
drehte und wendete. Es gab viel Beifall.
pj
Warum es nur in Deutschland Ballon fahren und nicht fliegen heißt?
Modellballon-Pilot Christian Dehnert (Speyer) weiß es: „Bei den ersten Starts ins Himmelsmeer der Lüfte waren wegen der Navigation SeeFahrer mit im Ballon.“ Auch die originelle Taufzeremonie ist eine Eigenheit der Ballöner. Bürgermeister
Rainer Ziegler trägt den Adelstitel
„Kurfürst Rainer, der Edle“.
Uwe Hilzendegen heißt nach seiner Ballonfahrt-Taufe dagegen „Graf
Uwe, Marathonläufer und Funkoffizier vom blutrünstigen Schnakenland am Steindamm zu Trebur.“ An
den Ort und die Umstände seiner
ersten Landung an Bord eines Ballons, auf die jener Titel wortreich anspielt, kann sich der 45-jährige Maxdorfer gut erinnern. Doch wann das
war? „Muss 1991 oder 1992 gewesen
sein.“
Damals hat der gelernte Kaufmann im Eisenbahn- und Straßenverkehr („beinahe wäre ich Beamter
geworden“) noch als Croupier gearbeitet. „Nach meinem Fachabitur
war ich im Casino Wiesbaden tätig“,
erzählt Hilzendegen. Seit 1995 ist er
aber Ballon-Pilot und -Unterneh-
mer. Bei Festivals in Bad Dürkheim
und in seinem Wohnort Maxdorf
sammelte er Erfahrung für das 6. Ballon-Wochenende auf der Ladenburger Neckarwiese, für das ihn die Veranstalter vom Förderverein der LSVFußballer engagiert haben.
Alphornbläser bei Eröffnung
Mit dem bisherigen Ballonunternehmen Bering, das ab kommenden
Freitag beim dreitägigen Ballon-Ereignis im Mannheimer Luisenpark
Regie führt, war man sich zuletzt
uneins geworden über die Durchführung. „Wir sind dem BeringTeam dankbar für die Jahre 2005 bis
2009“, sagte Ziegler in der Eröffnungsrede am vergangenen Samstag. Die Kurpfälzer Alphornbläser
hatten dazu aufgespielt.
Ziegler äußerte sich aber auch
„froh, dass dieses Event dank der Familie Hilzendegen weiterlebt“. Dass
er ein „tolles Team“ hinter sich wisse, betonte Hilzendegen im Gespräch mit dieser Zeitung. Seine
Frau Katrin und Tochter Jennifer arbeiten im Unternehmen mit. „Das
Faszinierende für mich: Vieles wird
mir nach zehn Jahren langweilig,
Der Maxdorfer Ballonunternehmer Uwe Hilzendegen (l.), seine Tochter (3.v.l.) und
seine Frau (3.v.r.) sowie ihr Team hoffen wie Bürgermeister Ziegler (2.v.l.) fürs Festival
BILD: PJ
2011 auf bessere Windverhältnisse.
aber das Ballonfahren nicht“, sagt
Hilzendegen. Außerdem lerne man
bei den Fahrten „immer nette Leute“
kennen.
Was sagt Hilzendegen dazu, dass
ausgerechnet bei seiner Premiere in
Ladenburg die aufgeblasene Ballonhülle als Ausstellungsraum für Automobile des Sponsors Vogel nach drei
Die großen Ballons mussten am Boden bleiben, dafür aber gingen ab und zu Miniaturausführungen sowie Drachen in die Lüfte.
Stunden aus Sicherheitsgründen abgebaut werden mussten, am Ende
auch keine Ballonstarts und nur ein
reduziertes Glühen stattfinden
konnten? „Das ist natürlich Pech.
Aber fürs Wetter kann niemand etwas. Immerhin hat es nicht wie aus
Kübeln geregnet. Auf ein Neues
2011.“
pj
BILDER: SCHWETASCH