14 klinik-clowns

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14 klinik-clowns
klinik-clowns
lockerlassen
Clowns bringen Spaß und Freude ans Krankenbett. Sie besuchen Kinderstationen
und Altenheime – ein harter Job, und nur für Profis.
J
ojo und Pölli sind auf dem Weg zu
le des Partners beherzt an, wird Teil der Ma-
wachen über das künstlerische Konzept
ihrem Publikum. Schnell noch die
gie, bestaunt das Unerklärliche, kichert.
und die Qualität der Arbeit.
Hände desinfizieren, dann sind sie bereit.
Und als Jojos Kunststück glückt, lacht Jef-
Henriette Hansen ist die künstlerische
Sie haben einen Koffer voller Zaubertricks
frey sein schönstes Zahnlückenlachen. Die
Leiterin des Hamburger Klinik-Clowns e.V.
dabei, eine Ukulele, sie tragen Hosenträger,
gemeinsame Freude bleibt noch im Raum,
und eine Kollegin von Jojo und Pölli. Die
ausgeleierte Hüte und zwei große rote Na-
auch nachdem die Clowns bereits wieder
Hamburger Klinik-Clowns treten immer
sen. Es ist leise auf der onkologischen Kin-
weg sind.
als Duos auf. Es ist Mitte Februar, ein Sams-
derstation, nicht einmal die Schuhe der Ärz-
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tag, und Hansen leitet gerade ein Clown-
te quietschen und niemand spricht laut.
feines gespür
Casting in einem angemieteten Bühnen-
Doch wenn Jojo und Pölli da sind, ändert
Klinik-Clowns etablieren sich bundesweit
raum. Gekommen sind 14 Kandidaten im
sich das schnell. Die beiden singen, pfeifen
in Kinderkrankenhäusern, Alten- und Pfle-
Alter zwischen Anfang 20 bis Mitte 50. In
und bellen, lachen mit den Kindern und
geheimen oder Hospizen. In den Kostümen
weiten Hosen und mit dicken Socken pro-
schäkern mit den Eltern. Clowns im Kran-
stecken Profi-Schauspieler, selbstständige
ben sie das Spiel miteinander. Fallen und
kenhaus wissen, dass ihre Kunst Grenzen
Kleinkünstler, Pädagogen oder Menschen
Aufstehen, Geben und Nehmen, Anspan-
hat. Darum beherrschen sie auch die feinen
aus Gesundheitsberufen, die sich in
nen und Erschlaffen. "Wir suchen die
Töne – oder sie machen sich unsichtbar.
Clownsschulen oder Seminaren qualifi-
Clowns mit dem weiten Blick, die offen
Jeffrey ist sechs, sitzt gerade im Kranken-
ziert haben. Das Gros finanziert sich durch
sind und wach", sagt Hansen. Sie ist ein
bett und malt. Jojo und Pölli betreten das
die Arbeit für gemeinnützige Vereine oder
staatlich anerkannter Clown und braucht
Zimmer und Jeffrey wird klar, Jojo braucht
Stiftungen, die von Spenden leben. Solche
im Ensemble teamfähige Mitstreiter: »Der
ihn für ihren Zaubertrick. Er nimmt die Rol-
Vereine organisieren die Clowns-Auftritte,
Sinn des Spiels ist eine gemeinsame Spra-
securvital - das magazin 2 | 13
che, ein feines Gespür für das Geschehen
ter über jedes einzelne Kind, wie es wem
am Krankenbett. Wir wollen ja in den Kon-
geht, welche Kinder neu hinzugekommen
takt kommen mit den Kindern und alten
sind und was es zu beachten gibt. »Erst
Menschen und die Nähe zu ihnen herstel-
dann ziehen wir uns um, schminken uns
len. Persönliche Eitelkeiten haben hierbei
und wärmen uns auf. Meine privaten Ge-
keinen Platz.«
danken und Erlebnisse bleiben im Umklei-
Jojo und Pölli sind ein eingespieltes Pär-
deraum«, sagt Jojo.
chen. Pölli zupft die Ukulele, reimt spontan
witzige Verse, ist dreimalklug und domi-
happy hour
niert in einer blauen Wallejacke die Szene-
Siba ist gelernte Schauspielerin und auch im
rie. Jojo hingegen zappelt und tanzt, ist
Team der Hamburger. Mit Harald, einem
verspielt, aufmüpfig, selbstironisch und
Profi-Musiker, besucht sie regelmäßig das
tollpatschig – ein dummer August eben.
Caritas-Wohnheim St. Theresien. Sie als
Bei ihren Visiten knoten sie bunte Ballons
quasselnder Wirbelwind, er als abgeklärter
zu Tieren, Seifenblasen trudeln durch die
Seemann mit Gitarre. Das Duo wird von den
Luft und eine wundersame Sofortbildka-
Bewohnern jeden Dienstagnachmittag er-
mera spuckt selbstklebende Tattoos aus.
wartet. Dann ist der Kaffeetisch im Speise-
Jojo und Pölli sitzen nach drei anstrengen-
Auch Eltern, Pfleger, Krankenschwestern
saal gedeckt, die Rollatoren geparkt und ge-
den Stunden Arbeit wieder im Umkleide-
und Ärzte machen mit und vergessen für
meinsam wird aus voller Kehle gesungen:
raum. Sie haben ihre roten Nasen abgenom-
einen Moment den täglichen Takt, die Infu-
Von der Reeperbahn nachts um halb Eins
men und sich die Schminke abgewischt.
sionen und den Schmerz. Wenn Patienten
und von der großen Sehnsucht nach dem
Jetzt heißen sie Birgit Gubo und Kristina
manchmal besonders schwere Tage ha-
Meer. Es wird geschunkelt, die Arme fliegen
Müller. Alles abgelegt haben sie nicht, im
ben, sind Clowns eher unerwünscht und
hoch und aufblitzende Erinnerungen an die
Herzen bleibt meistens noch was hängen
werden gebeten, draußen zu bleiben.
Jugend erröten die Wangen. »St. Pauli, mei-
vom Besuch bei den Kindern. »Es ist schon
Um auf unpassende Momente vorberei-
ne Heimat«, ruft eine Dame in die Runde
ganz gut, dass wir diese Nasen aufhaben –
tet zu sein, sprechen die Clowns vor jedem
und lacht, »da wurde ich geboren – genau
die schützen uns ein bisschen.« ■
Stationsbesuch mit einer Krankenschwes-
gegenüber vom Puff.«
Peter Kuchenbuch
Zaubertricks und Luftballonspiele am Krankenbett: Die Kinder lieben die Spaßmacher mit den roten Nasen.
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