Sand Uhr - Gemeinde Sand in Taufers

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Sand Uhr - Gemeinde Sand in Taufers
SandUhr
www.sanduhr-taufers.eu
SandUhr
Das Buch zum
Europäischen Dorferneuerungspreis
2008
Gemeinde Sand in Taufers
Walther Lücker
unter Mitarbeit von Dr. Doris Oberegelsbacher und Dr. Martin Huber
Impressum
SandUhr
Das Buch zum Europäischen Dorferneuerungspreis 2008
1. Auflage, 2008
© Gemeinde Sand in Taufers, Sand in Taufers 2008
Text: Walther Lücker
Redaktionsbüro Südtirol
Mitarbeit: Dr. Doris Oberegelsbacher und Dr. Martin Huber
Grafische Gestaltung: sanni+
Alexandra Ausserhofer
Titelgestaltung: sanni+
Alexandra Ausserhofer
Lektorat: Margit Laner Plaschke
Fotos: Walther Lücker;
Archiv Gemeinde Sand in Taufers;
Archiv Redaktionsbüro Südtirol;
Hartmann Seeber (6).
Druck Umschlag: König und Lerch, München
Druck: Athesia Druck, Bozen
Alle Rechte vorbehalten.
Kein Teil dieser Publikation darf ohne schriftliche
Einwilligung der Gemeinde Sand in Taufers in irgendeiner
Form (Fotokopie, Mikrofilm oder sonst ein anderes Verfahren)
reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme
verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden.
Printed and bound in Italy / Germany
Inhalt
Vorworte Helmuth Innerbichler
DR. Luis Durnwalder
DR. Michl Laimer
1
Auszeichnung
Eine SMS, ein Preis und eine weite Reise
9
12
2 Interview
„Ein Wir-Gefühl sollte entstehen“
18
3 Bewertung
Jury beeindruckt vom Ideenreichtum
24
4 Preis
Was ist das für ein Preis?
28
5 Preisträger
Sensationell hohes Niveau
30
6 Kommission
Druck auf den roten Knopf
38
7 Historie - Kirche - Soziales - Jugend
„Der Mensch steht im Mittelpunkt“
42
8 Vereine
Reges Leben in den Vereinen
50
9 Frauen
Frauen sind präsent
58
10 Wirtschaft
„haben eine gute Wirtschaftsstruktur“
62
11 Tourismus
Wege nach morgen
68
12 Kooperationen - Netzwerke Im internationalen Wettbewerb
74
13 Projekte - Leader Plus
Sage mir, was Du leistest …
82
14 Agenda 21
Sand in Taufers – Agenda-21-Gemeinde
88
15 Energie
Quellen der Energie
94
16 Mitsprache der Bürger
Mitreden ist wichtig und erwünscht
104
17 Umwelt
Umweltschutz beginnt überall
112
18 Verkehr
Verkehr lässt sich steuern
118
19 Öffentliche Bauten
122
Festplatz, Parkraum und Wohnqualität ...
20Bäderkultur
Ein Bad für alle Fälle
126
130
Sand in Taufers in Zahlen
Gewidmet allen Bürgerinnen und Bürgern der Gemeinde Sand in Taufers
September 2008
8
Vorwort
von Helmuth Innerbichler
Geschätzte Mitbürgerinnen und Mitbürger,
unsere Gemeinde hat heuer den Europäischen Dorferneuerungspreis 2008 der Europäischen ARGE Landentwicklung und Dorferneuerung gewonnen. Sand in Taufers konnte
sich gegen 28 Teilnehmern aus elf verschiedenen Nationen beim Wettbewerb durchsetzen
und wurde von einer Jury aus hochrangigen internationalen ExpertInnen nach eingehender Beratung der Wettbewerbsunterlagen und nach intensiver Begutachtung der
Gemeinde Sand in Taufers vor Ort zum Sieger gekürt.
Diese europäische Auszeichnung ist für unsere Gemeinde nicht nur eine Bestätigung und
Aufwertung für die gemeinsam geleistete Arbeit in den letzten Jahren, sondern gleichzeitig auch eine Verpflichtung und ein zusätzlicher Ansporn, diese Entwicklungs- und
Erneuerungsarbeit in Sand in Taufers weiterzuführen.
Viele Errungenschaften, wie der Bau der Volksschule, des Hochaltars, des Tauferer Bahnl
und der Wasserleitungen, deren 100-jähriges Bestehen wir heuer feiern, gleichwohl auch
die Ausweisung der Gewerbezonen und die Erhaltung des Tauferer Bodens wurden
bereits vor Jahren mit deutlicher Weitsicht geplant und umgesetzt. Aber auch in jüngster
Zeit hat die Gemeindeverwaltung von Sand in Taufers große Anstrengungen bei der
Umsetzung von Konzepten für die Dorfentwicklung unternommen. Sand in Taufers hat
dabei nicht nur die Tradition gepflegt, sondern auch bedeutsame Entwicklungen eingeleitet. Es wurden neue Wohngebiete erschlossen, kulturelle und gesellschaftliche Begegnungsstätten geschaffen und viele andere Einrichtungen auf die Beine gestellt.
Wir werden uns jedenfalls nicht auf den Lorbeeren dieser europäischer Ehrung ausruhen,
sondern mit Freude und Engagement den eingeschlagenen Weg in der Entwicklung von
Sand in Taufers weiterverfolgen.
Ich hoffe, dass wir die ersten Kontakte und Begegnungen mit den anderen europäischen
Teilnehmergemeinden vertiefen und stabile Netzwerke aufbauen können. In zwei Jahren
wird Sand in Taufers Austragungsort für die Preisverleihung des Europäischen Dorferneuerungspreises sein. In der Zwischenzeit werden verschiedene europäische Veranstaltungen bei uns durchgeführt, deren Werbewirksamkeit für Sand in Taufers nicht zu
unterschätzen ist.
Liebe Bürgerinnen und Bürger, Sie wissen und auch ich weiß, dass wir diese Würdigung
nur gemeinsam erreichen konnten. Niemand von uns kann den Erfolg für sich alleine
verbuchen. Jeder braucht Menschen, die die Ideen und Vorhaben unterstützen. Das Ergebnis solcher Zusammenarbeit ist der Erfolg, der nicht selbstverständlich ist. Es ist für mich
als Bürgermeister eine große Freude zu sehen, dass auch Sie das Entwicklungsgeschehen
der Gemeinde Sand in Taufers unterstützen. Danke allen Vereinen, allen Institutionen,
allen Wirtschaftstreibenden und allen Einzelpersonen. Ich hoffe auch weiterhin, auf Ihre
Unterstützung zählen zu können.
Ihr Helmuth Innerbichler
Bürgermeister von Sand in Taufers
9
Vorwort
von Dr. Luis Durnwalder
Zum ersten Mal am Wettbewerb um den Europäischen Dorferneuerungspreis teilgenommen und schon zum Sieger gekürt - das ist eine beachtliche Leistung!
Insgesamt 29 Gemeinden aus ebenso vielen europäischen Ländern bzw. Regionen haben
sich für den Europäischen Dorferneuerungspreis 2008 beworben. Das Wettbewerbsmotto:
„Zukunft durch gesellschaftliche Innovation“. Die wenig mehr als 5.000 Einwohner
zählende Gemeinde Sand in Taufers hat sich neben all den Mitbewerbern den Preis geholt.
Darauf kann die Gemeindeverwaltung zu Recht stolz sein. Die eigentlichen Sieger aber
sind die Bürgerinnen und Bürger von Sand in Taufers. Sie haben mit ihrem Einsatz dazu
beigetragen, dass die im Jahre 2000 gestartete Erneuerungsbewegung zu einem Erfolg
wurde. Die Wettbewerbsjury hat sich vor Ort überzeugt und bezeichnete das Projekt als
„ganzheitliche, nachhaltige Entwicklung von herausragender Qualität“.
Eckpfeiler dieser gelungenen Gemeindeentwicklung sind neben der wirtschaftlich und
landschaftlich günstigen Lage der Gemeinde die Bildung und Weiterbildung, die Einbindung der Bevölkerung in den Erneuerungsprozess und der Ideenreichtum eines jeden
Einzelnen. Der Europäische Dorferneuerungspreis ist die Anerkennung für diese Arbeit,
eine Arbeit im Dienste einer Dorfentwicklung, die auf immer bessere Lebensqualität
hinsteuert.
Ein Preis jedoch soll immer auch Ansporn sein, auf dem eingeschlagenen Weg, dem Weg
des Miteinander, weiterzumachen. Ich danke allen, die diese Initiative mittragen und
Akzente setzen, die für die Dorfgemeinschaft und letztlich für das ganze Land ein Gewinn
sind. Der Beitrag eines jeden Einzelnen zum Wohle und zur Entwicklung einer Gemeinschaft ist immer eine Bereicherung für alle.
Wer nun neugierig geworden ist und genau wissen möchte was in Sand in Taufers alles auf
die Beine gestellt wurde und was für die Zukunft angedacht ist, hat mit diesem Buch die
passende Lektüre in der Hand. Es gibt den Lesern Aufschluss über bestehende Projekte,
über Vorhaben und Visionen der Gemeinde. Möge dieses Buch den anstoß geben zu neuen
Initiativen, aber vor allem das jeder Gemeinschaft innewohnende große Potential vermitteln.
Dr. Luis Durnwalder
Landeshauptmann
10
Vorwort
von Dr. Michl Laimer
Die Sanduhr ist ein Symbol für die Vergänglichkeit der Zeit, aber zugleich auch eine
Ermahnung, die uns verbleibende Zeit sinnvoll zu nützen. Das gilt besonders für die
Umwelt, der gegenüber wir eine große Verantwortung haben. Und diese Verantwortung
beginnt vor allem in unseren Köpfen. Ich glaube, dass zukunftsfähiges Verhalten genauso
Teil unserer Kultur werden muss wie unsere christlichen Werte und Traditionen. Ich gehe
sogar so weit zu behaupten, dass nachhaltiges Leben zu einem Statussymbol, zu einem
Luxusartikel werden soll, so wie es heute bestimmte Konsumgüter sind. Mit dem Fahrrad
durch die Stadt zu fahren, öffentliche Verkehrsmittel zu benutzen, ein KlimaHaus zu
besitzen, eine Solaranlage auf dem Dach zu haben, Energie aus erneuerbaren Quellen zu
beziehen oder Müll zu vermeiden muss zum Image, zum Trend werden. Und dasselbe
gilt für die dahinter stehende Wertehaltung und für eine zukunftsfähige Einstellung zur
Arbeit, zum Tourismus und zur Wirtschaft im allgemeinen. Wohlstand ja, aber im ökologischen Sinne.
Zukunftsfähig leben bedeutet Schönheit, Attraktivität und gibt Befriedigung – von
Verzicht ist da keine Spur mehr. Diese Art von Lebensqualität ist geprägt von der Schönheit des rechten Maßes, des Unterlassens, des Weniger, des behutsamen Umgangs mit
den Ressourcen, des „auf die Bremse treten“. Die Begrenzung wird zur Ressource. Es ist
die Eleganz der Einfachheit, aber auch die Schönheit der ökologischen und kulturellen
Vielfalt, der Eigenart, der wieder gefundenen Identität.
Wer dabei gewinnt, sind Sie selbst, ist Ihre Gesundheit, Ihre innere Ruhe und Ausgeglichenheit, Ihre Freude am Leben - kurz: Ihre Lebensqualität. Und die Ihrer Kinder und
Kindeskinder.
Doch am Anfang aller Bewusstseinsänderung steht das Bewusstsein selbst – über
zukunftsfähige Lösungen und Wege, Verhaltensformen, Initiativen, Projekte. Die
Gemeinde Sand in Taufers will diese Lücke zwischen Wissen und Handeln auf vorbildliche Weise schließen. Denn nur wer Bescheid weiß, hat die Möglichkeit eine Veränderung
herbeizuführen. Mit der „Sand-Uhr“ hat Sand in Taufers einen mutigen Schritt in diese
Richtung gesetzt und dazu gratuliere ich ihr aufrichtig. Mögen die Maßnahmen zu einer
zukunftsfähigen Entwicklung der Gemeinde allen Bürgern und Bürgerinnen zu gute
kommen! Ich wünsche mir, dass diese Initiative zum Vorbild für andere Gemeinden im
Land werde, um gemeinsam Schritte in Richtung einer zukunftsfähigen Entwicklung in
Südtirol zu unternehmen.
Dr. Michl Laimer
Landesrat für Raumordnung, Umwelt und Energie
11
1 Eine SMS, ein Preis und eine weite Reise
Sand in Taufers hat den Europäischen Dorferneuerungspreis 2008 gewonnen
Landeshauptmann Luis Durnwalder
ist ganz sicher über jeden Zweifel erhaben, seine Amtsgeschäfte per SMS zu erledigen. Doch ab und zu hält offenkundig
auch Südtirols ranghöchster Politiker die
moderne Form der Handy-Kommunikation
für ein durchaus geeignetes Mittel, etwas
mitzuteilen. Gleich wie, am 7. Juli 2008
tippte Durnwalder folgende Nachricht auf
der Tastatur seines Mobiltelefons: „Lieber
Helmuth, herzlichen Glückwunsch, Luis!“
Adressat dieser kurzen Grußbotschaft
war Helmuth Innerbichler, seit 2005 Bürgermeister der Marktgemeinde Sand in Taufers
in Südtirol. Der Glückwunsch bezog sich
auf die Verleihung einer außergewöhnlichen
Auszeichnung: Sand in Taufers hatte gerade
den „Europäischen Dorferneuerungspreis“
gewonnen. Das ist die höchste Prämierung,
die es innerhalb Europas für eine Dorfgemeinde gibt.
Sand in Taufers ist der Hauptort im
Tauferer Ahrntal, dem nördlichsten Tal
Süd­tirols, einer deutschsprachigen Provinz
in Italien. Die Gemeinde mit ihren fünf
Fraktionen Sand, Mühlen, Kematen, Ahornach und Rein, besticht seit Jahren schon
durch innovative Ideen, vernetztes Denken
und ihre Bestrebungen, in Sachen Aus- und
Weiterbildung, Energie, Dorfentwicklung
und ganzheitliche Konzepte, im Konzert der
europäischen Gemeinde mitzuspielen. Nun
12
wurden all diese Bemühungen durch eine
glanzvolle und unabhängige Bewertung
einer internationalen Jury bewertet.
Der „Europäische Dorferneuerungspreis“ ist meilenweit entfernt von einem
jener „Buschen-Preise“ früherer Jahre, bei
denen Balkonblumen und saubere Straßen
noch wesentliche Kriterien waren. Die von
der „Europäischen Arbeitsgemeinschaft
Landentwicklung und Dorferneuerung“
vergebenen Auszeichnungen unterliegen
strengen Qualitätskriterien und sind knapp
20 Jahre nach ihrer Einführung stärker
begehrt denn je.
Der Wettbewerb um den Europäischen Dorferneuerungspreis sei geleitet
von der Idee, „beispielhafte Aktivitäten
und Initiativen zur nachhaltigen Stärkung
der Zukunftsfähigkeit ländlicher Räume
vor den Vorhang zu bitten und zu prämieren“, heißt es in einer Presseaussendung
der Arbeitsgemeinschaft Landentwicklung und Dorferneuerung. Mit anderen
Worten: viele große und richtungweisende Entwicklungen, die in europäischen
Gemeinden stattfinden, blieben verborgen, gäbe es diesen Preis nicht. Ins Leben
gerufen wurde er vor 18 Jahren von Erwin
Pröll, der seit 1992 Landeshauptmann von
Niederösterreich ist und damit der dienstälteste Landeshauptmann der Alpenrepublik.
Ihm ganz besonders liegt immer schon die
Auszeichnung
„Zukunft durch gesellschaftliche Innovation“ am Herzen.
Bürgermeister Helmuth Innerbichler
aus Sand in Taufers freute sich besonders
über den Preis und erklärte nicht ohne
Stolz:
„Diese Auszeichnung ist der Beleg
dafür, dass wir auf dem richtigen
Weg sind und die Bewertung ist eine
Chance und Aufforderung zugleich,
an unseren Projekten massiv weiter zu
arbeiten“.
Eine international hochrangige, 18-köpfige ExpertInnen-Jury hatte Ende Juni 2008 in
ihrer abschließenden Bewertungssitzung in
München nach eingehender Beratung Sand
in Taufers auf das Siegerpodest gehievt. Die
Begründung:
„Damit wird ein Projekt ausgezeichnet,
das dem Wettbewerbsmotto, Zukunft
durch gesellschaftliche Innovation auf
überzeugende und mehrfache Weise
gerecht wird und mit einer ganzheitlichen, nachhaltigen Entwicklung von
herausragender Qualität besticht.“
in Taufers und die anderen Preisträger
des Wettbewerbes auch offiziell zu Ehren.
Koudum, ein Ort der niederländischen
Gemeinde Nijefurd, war als Preisträger
des Jahres 2006 Gastgeber dieser großen
Veranstaltung, die von Workshops, Exkursionen, einem Abend der Begegnungen mit
mehr als 30 europäischen Regionen, einer
Ausstellung der Wettbewerbsprojekte und
einem dreitägigen Dorffest mit unzähligen
kulturellen und kulinarischen Highlights
umrahmt war.
Angeführt von Bürgermeister Helmuth
Innerbichler hatte sich eine rund 80-köpfige
Delegation aus Sand in Taufers auf den
1130 Kilometer weiten Weg nach Koudum
gemacht: Fast der komplette Gemeinderat, der Gemeindeausschuss, Vertreter von
Vereinen mit ihren Fahnenabordnungen,
Vertreter der Verbände und Organisationen.
Eine Volkstanzgruppe und das bekannte
„Tauernquartett“ sorgten im Seengebiet von
Vom 25. bis 27. September war es
schließlich soweit: Im Rahmen eines
Festaktes wurden am 26. September die
Auszeichnungen an die prämierten Gemeinden verliehen. An diesem Tag kamen Sand
13
Friesland, etwa auf halbem Weg zwischen
Amsterdam und Groningen direkt am
Ijsselmeer und somit in einer nachgerade
herrlichen Gegend, für beste Südtiroler
Stimmung. An einem eigenen Stand wurden
auf europäischer Bühne noch einmal die
Wettbewerbsunterlagen, aber auch das Dorf
mit seinen kulinarischen Schmankerln,
Brauchtum und Tradition, sowie Südtiroler
Qualitätsprodukten präsentiert.
Kaum machte es Anfang Juli die Runde,
dass Sand in Taufers der Hauptpreisträger
ist, stellten sich bald Glückwünsche von
überall her ein. Zu den ersten gehörten
die Vertreter von Koudum und von Elsendrop, einem niederländischen Bewerber
dieses Jahres. Zu den Gratulanten gehörten
natürlich auch politische Würdenträger aus
Südtirol. Sie erkannten sofort, welch hohe
Qualität dieser Preis hat und wie deutlich
Sand in Taufers damit in den Mittelpunkt
der europäischen Bühne gehievt wird.
Landeshauptmann Luis Durnwalder
erklärte nicht ohne Stolz auf seine Gemeinde
im nördlichsten Tal Südtirols:
„Meine Gratulation an die Gemeinde
Sand in Taufers ist mehr als nur eine
Pflichterfüllung. Als ich von dieser
Auszeichnung gehört habe, habe ich
mich riesig gefreut. Dass eine Südtiroler Gemeinde diese europaweite
Ausschreibung gewonnen hat, ist ein
großes Kompliment für die Verantwortlichen und die Bevölkerung von Sand
und auch ein Beleg dafür, dass wir in
unserem Land auf dem richtigen Weg
sind, lebenswerte Städte und Dörfer zu
erhalten und unseren Wirtschafts- und
Kulturraum zu pflegen.“
Freude auch bei Landesrat Michl
Laimer, der die Bewerbung von Sand von
der ersten Stunde an unterstützt hatte:
“Sand in Taufers ist ein würdiger Sieger, der sich den Herausforderungen
der modernen Zeit stellt und das
Nachhaltigkeitsdenken an die oberste Stelle setzt. Das betrifft nicht nur
14
ABB
15
16
bauliche Maßnahmen, sondern zieht
sich von der Mobilität über die Abfallwirtschaft, das Freizeitangebot für
Einheimische und Gäste, die Sozialeinrichtungen hin bis zur zukunftsgerichteten Energieversorgung des gesamten
Gemeindegebietes.”
Weiter erklärte Laimer:
„Die Jury der Arge Dorferneuerung
war vom Konzept der Gemeinde
Sand in Taufers beeindruckt, das bei
der Dorferneuerung vor allem auf
die Bildung und Weiterbildung setzt.
Entscheidend für den Erfolg war wohl
der ganzheitliche Ansatz des Konzeptes und die darin vorgesehene enge
Vernetzung zwischen verschiedenen
Sektoren im Dorf, aber auch über die
Dorfgrenzen hinaus. Auch hier zeigt
sich wieder einmal, dass nachhaltige
Entwicklung nicht an den Dorfgrenzen
aufhört, sondern dass man – um sie zu
steuern – möglichst viele Partner ins
Boot holen sollte. Dazu gehören auch
die Anstrengungen im Natur- und
Landschaftsschutz von Sand in Taufers,
insbesondere in Bezug auf den neuen
Naturlehrpfad und auf neue Schutzgebiete und Biotope. Ich denke, dass
dies auch der richtige Ansatzpunkt ist,
wenn man eine nachhaltige Entwicklung eines Dorfes ins Auge fasst. Um
so mehr glaube ich, dass diese europäische Anerkennung dazu beitragen
kann, eine Vorbildwirkung auf andere
Gemeinden innerhalb und außerhalb
Südtirols auszuüben – ganz nach dem
Motto ‚Tue Gutes und rede darüber ‘.
Nachhaltigkeit oder besser zukunftsfähiges Verhalten muss in unseren
Köpfen beginnen und kann erst dann in
die Tat umgesetzt werden. Damit entsteht nach und nach Umweltkultur im
weitesten Sinne. Die Gemeinde Sand
in Taufers hat bewiesen, dass es geht.
Meinen herzlichen Glückwunsch!“
112 Seiten umfassen die Wettbewerbungsunterlagen der Gemeinde Sand in
Taufers. Sie gleichen einem breit gefächerten Leistungskatalog. Ein Wort des französischen Schriftstellers und Piloten Antoine
de Saint-Exupéry ist der Bewerbung voran
gestellt:
„Um klar zu sehen, genügt ein Wechsel
der Blickrichtung“.
Kaum ein Aspekt, kaum ein Themenbereich, der auf den danach folgenden Seiten
keine Beachtung gefunden hat: Frauen und
Soziales, Vereine und Wirtschaft, öffentliche
Bauten und Projekte, Energie und Visionen,
Kooperationen und Netzwerke, Aus- und
Weiterbildung, Mitarbeit der Bürger und die
Entwicklung der Gemeinde.
So entstand ein eindrucksvolles Bild
einer Südtiroler Gemeinde, die nun mit Fug
und Recht stolz sein darf. In der Bewertung
heißt es unter anderem auch:
„Sand in Taufers besticht durch eine
Vielzahl an miteinander vernetzten,
aufeinander abgestimmten und in
kommunale, regionale und in internationale Konzepte eingebundenen
Projekten, die als markante Stationen
auf dem Weg zu einer zukunftsorientierten und basisdemokratischen
Bildungsgemeinde mit hoher Lebensqualität anzusehen sind. Soziale wirtschaftliche, kulturelle und ökologische
Aspekte werden dabei gleichwertig
behandelt.“
(Dieser Text erschien in einer gekürzten
Version auch in der Zeitung „Sand-Uhr“, mit
der die Gemeinde sich und den Europäischen
Dorferneuerungspreis bereits bei der Preisverleihung in den Niederlanden würdigte.)
17
2 „Ein Wir-Gefühl sollte entstehen“
Bürgermeister Helmuth Innerbichler im
Gespräch mit der „SandUhr“-Redaktion
Wann haben Sie zum ersten Mal von
einem Dorferneuerungspreis gehört?
Im Oktober 2007 befand sich in der
täglichen Post auf meinem Schreibtisch
auch eine Fax-Mitteilung, aus der hervorging, dass die Möglichkeit besteht,
sich als Gemeinde um den Europäischen Dorferneuerungspreis 2008 zu
bewerben.
Wann haben Sie sich entschieden, die
Gemeinde an dieser Ausschreibung zu
beteiligen?
Als ich dieses Fax gesehen habe, war
das für mich sofort ein Signal, dass
dieser Wettbewerb etwas für unsere
Gemeinde sein könnte. Daraufhin habe
ich mir einen Überblick zu den Inhalten verschafft und das Schreiben mit
in unsere Ausschuss-Sitzung genommen. Dort gab es breite Zustimmung
der Gemeindereferenten, und so kam
die Sache ins Rollen.
Dorferneuerungspreis, da könnte man
glauben, es handle sich um einen der so
gern verliehenen „Buschen-Preise“ nach dem
Motto: „Unser Dorf soll schöner werden“.
Dachten Sie das auch zunächst?
Tatsächlich war mir der Preis bis dato
überhaupt nicht bekannt. Niemand hat
so recht erkannt, was da wirklich da-
18
hinter steckt. Doch mit den Kriterien
wurde dann recht schnell klar, dass es
sich dabei nicht um irgendetwas, sondern durchaus um einen bedeutenden
und wichtigen Preis innerhalb Europas
handelte.
Wie hoch haben Sie die Chancen eingeschätzt, dass die Gemeinde Sand in Taufers
den Preis wirklich gewinnen kann?
Nach der Zusage vonseiten des Landes
und nachdem unsere Bewerbung fertig
vor mir lag, war mir klar, dass wir sehr
viele der Anforderungen abdecken
konnten. Natürlich konnte ich die Mitbewerber überhaupt nicht einschätzen.
Wie man jetzt sieht, war die Konkurrenz groß.
Welche Bedeutung hat dieser Preis für
die Gemeinde Sand in Taufers?
Erstens ist es eine Bestätigung dafür,
dass der eingeschlagene Weg der richtige
Weg ist, weil eine Jury von außen die Gemeinde unter die Lupe genommen hat.
Zweitens ist es eine Herausforderung
für die Zukunft, an dem festzuhalten,
was wir begonnen haben. Und drittens
ist es eine Imageaufwertung für die Gemeinde, weil wir in den Medien präsent
sind, was wiederum für die touristische
Entwicklung von Bedeutung ist.
Interview
19
Wir
20
21
der Basis des Umweltgedankens. Da
haben wir Ansätze, autark zu sein, unabhängig von anderen Energieträgern,
damit wir praktisch Selbstversorger
werden.
Wie hat sich Ihre Gemeinde im ver­gangenen Jahrzehnt entwickelt?
Unsere Gemeinde hat sich ständig und
in alle Richtungen entwickelt, nicht
nur in einem Jahrzehnt. Wenn man bedenkt, dass Sand in Taufers schon in
frühen Jahren mit Dr. Mutschlechner
eine Hochburg im Tourismus war,
wenn man den Aufbau des Skigebietes
betrachtet oder die Weitsicht vor über
35 Jahren, den Tauferer Boden nicht zu
verbauen und unter Schutz zu stellen,
genauso wie die Verkehrsberuhigung
im Ort und all die vielen Punkte, die
ebenfalls dazu beigetragen haben, dass
wir diesen Preis überhaupt gewonnen
haben. Gewerbegebiete zu schaffen
und wichtigen Betrieben die Ansiedelung zu ermöglichen oder der ständige
Aufbau des Tourismus und seiner Unternehmen, das alles waren wichtige
Entwicklungen.
Das Leben ist zwar kein Wunschkonzert, aber wenn Sie es sich wünschen dürften, wie soll die Gemeinde in zehn Jahren
aussehen?
Mein Wunsch ist es, dass wir all die
Projekte und Visionen in zehn Jahren
realisiert haben, die jetzt in Angriff genommen oder angedacht worden sind.
Ob es das Verkehrskonzept ist oder die
Agenda 21 mit den 74 Indikatoren, der
soziale Bereich mit Schulen, Kindergärten, Kinderbetreuung, das Energiekonzept, das Sportzonenprojekt, einfach
all die Dinge, die wir begonnen haben,
sollten bis dahin zu Ende gebracht
sein. Das wäre der größte Erfolg.
Die Energie spielt derzeit eine große
Rolle als Gesamtkonzept.
So wie die Gemeindevertreter früher voraus geschaut haben, so haben
auch wir heute die Verpflichtung, alles
auf den neuesten Stand zu bringen.
Tatsache ist, dass die Probleme heute
anders gelagert sind. Ein großes Thema ist etwa die Alternativenergie auf
Was sind, einmal unabhängig von
Einzelprojekten, die großen Herausforderungen für eine ländliche Gemeinde wie
Sand in Taufers?
Die Gemeinde ist nicht der Bürgermeister und nicht der Gemeindeausschuss – wir sind die gewählten
politischen Vertreter. Aber durch solche
Visionen und Konzepte und auch durch
22
diesen Preis sollte ein bestimmtes WirGefühl bei den Bürgern entstehen und
bewirken, dass die Bevölkerung hinter
den Vorhaben steht. Das ist im Umgang und bei der Überzeugungsarbeit
eine ganz große Herausforderung.
Zweitens gibt es durch diese Projekte
auch viele Möglichkeiten, mit anderen
Gemeinden und Regionen im In- und
Ausland Kooperationen und Netzwerke aufzubauen, um sich gegenseitig zu fordern und um Ziele leichter
zu erreichen. Und drittens ist da die
finanzielle Situation, die man genau
im Auge behalten muss, um solche
Projekte umsetzen zu können.
Wie ist die Duplizität mancher Entwicklungen 1908 und 2008 zu erklären?
Das ist wohl reiner Zufall, daran hat
wohl damals wie heute niemand gezielt dahin gearbeitet. Auch vor hundert Jahren waren sehr aktive Verantwortliche am Werk, Dekan Fauster zum
Beispiel, Josef Beikircher natürlich und
verschiedene kirchliche Würdenträger,
die damals Visionen hatten. In diesen
Jahren wurde die Volksschule schon in
der heutigen Größenordnung gebaut,
der berühmte Hochaltar entstand damals und auch die Wasserleitung, die
Tauferer Bahn und das Elektrowerk.
Da waren echte Pionierleistungen
dabei. Wir indessen hatten drei Jahre
Zeit, Gesamtkonzepte zu entwickeln
und zufällig kommen einige jetzt zur
Umsetzung.
Sie haben eine Glückwunsch-SMS
des Landeshauptmannes zum Gewinn des
Dorferneuerungspreises erhalten. Hat Sie
das ganz besonders gefreut?
Natürlich hat es mich gefreut, dass
sich der Landeshauptmann auch um
die Belange einer Gemeinde intensiv kümmert. Ich glaube jedoch, es
ist insgesamt auch für das Land und
für die Landesregierung ein positives
Signal, wenn man dort sieht, dass in
den Orten vieles entwickelt wird. Dieser Glückwunsch galt der ganzen Gemeinde, denn diesen Preis hat nicht die
Gemeindeverwaltung gewonnen, sondern alle Bürgerinnen und Bürger. Wir
alle dürfen und sollten uns über diesen
ganz besonderen und auch sehr wichtigen Preis freuen. Immerhin ist das
die höchste Auszeichnung, die in Europa an eine Gemeinde mit ländlichem
Charakter vergeben wird.
Mit welchen Gefühlen sind Sie zur
Preisverleihung ins niederländische
Koudum gefahren?
Unsere Bevölkerung hat diese Auszeichnung, glaube ich, mit Stolz aufgenommen und sieht nun manches
vielleicht jetzt ein wenig anders. Die
Preisverleihung in den Niederlanden
war einer der Höhepunkte. Gleichzeitig bekamen wir mit dem Preis aber
auch die Verantwortung, den Preis
zu erfüllen, denn wir müssen ja noch
einige Themen abarbeiten. Wir haben
uns in Koudum von der besten Südtiroler Seite gezeigt. Ich denke, das war
eine gelungene Sache. In zwei Jahren
sind wir dann selbst Gastgeber für die
Preisverleihung. Dazu werden wir uns
einige Überraschungen einfallen lassen.
Herr Bürgermeister, vielen Dank für
das Gespräch.
Das Gespräch führte Walther Lücker im Rathaus von Sand in Taufers, Südtirol.
23
3 Jury beeindruckt vom Ideenreichtum
Die Nachricht kam aus Wien und sorgte am
1. Juli 2008, um 11.38 Uhr für freudige Aufregung
Der Inhalt jener elektronischen Mail,
die am 1. Juli 2008 im historischen Rathaus
der Gemeinde Sand in Taufers in Südti­
rol, auf dem Bildschirm erschien, war von
außerordentlich gewichtigem Inhalt. Die
Nachricht kam aus Wien. Absender: die
„Europäische ARGE Landentwicklung und
Dorferneuerung“. In der vierten Etage der
Wiener Bartensteingasse 16 waren gerade
die Bewertungen der Projekte zum Euro­
päischen Dorferneuerungspreis 2008 fertig
formuliert worden. Um 11.38 Uhr erhielt
Sand in Taufers freudige Nachrichten
aus Wien.
Der Wortlaut der Bewertung für Sand
in Taufers:
Sand in Taufers zählt 5100 Einwohner­
Innen und startete seine Erneuerungsbe­
wegung im Jahr 2000. Sie basiert auf der
Erkenntnis, dass Bildung und Weiterbildung
Schlüssel zu einer nachhaltigen Gemeinde­
entwicklung sind und dass der Ideenreich­
tum der BürgerInnen neben der naturräum­
lichen und wirtschaftlichen Gunstlage die
wertvollste Ressource der Gemeinde darstel­
len. Dieser Ansatz hat die JurorInnen ebenso
beeindruckt wie der Anspruch auf Ganz­
heitlichkeit und der hohe Grad an thema­
tischen, räumlichen und interkommunalen
Vernetzungen gepaart mit beispielgebenden
gesellschaftlichen Innovationen.
24
Folgerichtig ziehen sich Bildungsinitia­
tiven – jährlich rund 80 Weiterbildungsver­
anstaltungen mit etwa 900 Teilnehmer­Innen,
eine „Genossenschaft für Regionalent­
wicklung Weiterbildung“, die pro Jahr
zwei Bildungsprogramme erstellt, mehrere
Bildungszentren mit modern ausgestat­
teten Schulungsräumen, die Vergabe von
Bildungschecks durch die Gemeinde an die
BürgerInnen, eine multifunktionale Biblio­
thek, die auch mit neuen Medien aufwartet
– wie ein roter Faden quer durch alle Hand­
lungsfelder.
Sehr viel Wert wird dabei auch auf
die Qualifizierung der MitarbeiterInnen
der Gemeindeverwaltung gelegt, um ihren
Aufgaben in einer von einem hohen Grad an
Bürgerbeteiligung geprägten Gemeinschaft
gerecht werden zu können. Engagement und
Eigeninitiative der Bevölkerung werden in
Sand nämlich nicht nur zugelassen, sondern
als das wichtigste Steuerungselement des
Entwicklungsprozesses angesehen, das es
von Seiten der Gemeinde zu fördern gilt –
mittels Infrastrukturen, mittels Schulungen
zur Befähigung zur Beteiligung, mittels
Vorträgen von Experten und Impulsveran­
staltungen, die Entscheidungshilfen bieten
und zur Auseinandersetzung mit neuen
Themen anregen.
Bewertung
¯
¯
¯
Weitere Entwicklungsschwerpunkte
sind:
Bewusstseinsbildung, Information und
Aktion zum Thema erneuerbare Ener­
gie und Energiesparen: Energiekon­
zept, Niedrigenergiehäuser, Einsatz
von Windenergie, Wasser, Erdwärme
und Photovoltaik, bäuerliche Biogasan­
lage zur Stromerzeugung mit Vorbild­
wirkung über Nord­i talien hinaus,
Realisierung eines Hauses der Energie;
Highlights im Bereich von Wirtschaft
und Landwirtschaft: Käsefestival, das
rund 10000 Besucher anzieht; die Ahrn­
taler Aktivbauernhöfe, die auf attrak­
tive Angebote und professionelles
Marketing setzen; Tourismusleitbild,
das Wirtschaft und Natur einerseits
und Gäste und Einheimische ande­
rerseits als gleichberechtigte Partner
sieht;
im Naturschutzbereich: neu angelegter
Naturlehrpfad; zahlreiche Naturschutz­
gebiete und Biotope; Umgestaltung des
Freibades zu einem See; „Naturparkhaus“
im Dorfzentrum von Sand in Taufers,
das dem Besucher die Einzigartigkeit
dieser Bergwelt in all ihren Facetten
näher bringt; Bewusstseinsbildung für
die Naturschätze bereits in Kindergar­
ten und Schule;
25
Kulturm
¯
¯
¯
26
Mobilität und Siedlungsgestaltung:
qualitätvolle Sanierung von ortsbild­
prägender Gebäude und Schaffung
eines attraktiven Zentrums, das vielfäl­
tigen Funktionen gerecht wird; kluges
Verkehrskonzept, das motorisierten
Verkehr einschränkt und Fahrrad
und Fußgänger fördert; Eigeninitiati­
ven von Unternehmern, die Verkehr
vermeidende Aktivitäten ihrer Mitar­
beiter unterstützen und belohnen; ein
mit erneuerbarer Energie betriebener
Citybus verbindet seit November 2007
das Dorfzentrum von Sand in Taufers
mit den umliegenden Siedlungen;
Kultur und Identität: Projekt „Kulturmeile“ – 31 Stätten mit kultur-histo­
rischer, siedlungs-geschichtlicher,
wirtschafts-geschichtlicher oder kunst­
geschichtlicher Bedeutung wurden als
Taschenbuch aufbereitet; Sicherung
von altem Wissen und alten Kultur­
techniken, was nicht nur Identität stif­
tet, sondern auch touristisch in Wert
gesetzt wird;
Zeitgemäße soziale Einrichtungen: Seni­
orenbetreuung, Sommerkindergarten,
gemeindeeigene Seniorenwohnungen,
„Essen auf Rädern“, Sozialsprengel mit
einer Vielzahl von Leistungen, „stille“
meile
Citybus
Käsefestival
Naturparkhaus
Nachbarschaftshilfe, vielfältiges, beein­
druckendes Projekt „Offene Jugendar­
beit“, Frauenkreise (Diskussion, Moti­
vation, Weiterbildung – beispielsweise
für JungunternehmerInnen), „Haus
für Brasilien“ und andere Spenden­
aktionen mit starker Beteiligung der
Bevölkerung;
Sand in Taufers besticht durch eine
Vielzahl an miteinander vernetzten, aufei­
nander abgestimmten und in kommunale,
regionale und in internationale Konzepte
eingebundenen Projekten, die als markante
Stationen auf dem Weg zu einer zukunfts­
orientierten und basisdemokratischen
Bildungsgemeinde mit hoher Lebensquali­
tät anzu­sehen sind. Soziale, wirtschaftliche,
kulturelle und ökologische Aspekte werden
dabei als gleichwertig behandelt, was in
Kombination mit einem sehr ausgeprägten
Problembewusstsein, insbesondere für
Anliegen des Klimaschutzes und für neue
Anforderungen infolge eines permanenten
gesellschaftlichen Wandels, und einer klaren
Innovationsorientierung die Überzeugung
stärkt, dass in Sand in Taufers ein nachhal­
tiger Entwicklungsprozess in Gang gesetzt
wurde, der noch viele Erfolge zeitigen wird.
(Dieser Text beinhaltet im Wortlaut die
Bewertung der Jury, die für die Vergabe
des Europäischen Dorferneuerungspreises
verantwortlich zeichnet.)
27
4 Was ist das für ein Preis?
Über die ARGE für Landentwicklung und
Dorferneuerung
Kaum war bekannt geworden, dass
der 10. Dorferneuerungspreis nach Sand in
Taufers in Südtirol geht, wurde konsequenterweise die Frage laut: Was ist das für eine
Organisation und was ist das für ein Preis,
der da verliehen wird?
Die Europäische Arbeitsgemeinschaft
für Landentwicklung und Dorferneuerung
wurde 1988 auf Initiative des niederösterreichischen Landeshauptmanns Erwin
Pröll gegründet und vergibt seitdem im
Zweijahres-Rhythmus den Europäischen
Dorferneuerungspreis. Diese ARGE ist ein
Zusammenschluss von RegierungsvertreterInnen, WissenschaftlerInnen sowie DorferneuerungsexpertInnen und auch KommunalpolitikerInnen.
Die Arbeitsgemeinschaft umfasst
derzeit 19 europäische Mitgliedsländer und
Mitgliedsregionen: Bayern, Burgenland,
die deutschsprachige Gemeinschaft Belgiens, Hessen, Kärnten, Luxemburg, Nieder­
österreich, Opole, Rheinland-Pfalz, Sachsen,
Slowakei, Slowenien, Südtirol, Steiermark,
Thüringen, Tirol, Tschechien, Ungarn und
Vorarlberg sowie als weitere Mitglieder die
Gemeinde Hinterstoder und die Niedersächsische Akademie Ländlicher Raum.
Das Ziel der ARGE ist es vor allem den
internationalen Erfahrungsaustausch zu
fördern, die Motivation im ländlichen Raum
zu heben und in der öffentlichen Meinung
28
eine positive Stimmung zu erzeugen, um
so zur Erhaltung und Gestaltung lebensfähiger und attraktiver Dörfer bestmöglich
beizutragen.
Mit dem Europäischen Dorferneuerungspreis werden alle zwei Jahre Gemeinden ausgezeichnet, die mit beispielhaften
Aktivitäten und Initiativen zur nachhaltigen
Stärkung der Zukunftsfähigkeit ländlicher
Räume aufwarten können. Pro Region darf
sich jeweils nur ein Vertreter um den Preis
bewerben. Gibt es mehrere Bewerber, erfolgt
ein regionaler Entscheid.
Die Vorgänger von Sand in Taufers als
Preisträger waren: 1990 Dorfbeuren, Salzburg, Österreich; 1992 Illschwang, Bayern,
Deutschland; 1994 Steinbach an der Steyr,
Oberösterreich, Österreich; 1996, Beckerkirch, Luxemburg; 1998 Obermarkersdorf,
Niederösterreich, Österreich; 2000 Kirchlintlen, Niedersachsen, Deutschland; 2002
Großes Walsertal, Vorarlberg, Österreich;
2004 Ummendorf, Sachsen-Anhalt, Deutschland; 2006 Koudum, Niederlande.
Ansichten
Preis
29
5 Sensationell hohes Niveau
Alle Teilnehmer des Wettbewerbes 2008 und
die Jury-Bewertung ihrer Projekte
Insgesamt 29 Gemeinden aus zwölf
Nationen beteiligten sich 2008 am Wettbewerb um den „Europäischen Dorferneuerungspreis“, der seit 1990 alle zwei Jahre
vergeben wird. Die Gemeinden wurden
von sechs Jurykommissionen besucht, die
danach ihre Bewertungen abgaben. Die
Europäische Arbeitsgemeinschaft für Landentwicklung und Dorferneuerung lobte
in diesem Jahr ausdrücklich das „sensationell hohe Niveau“ der Wettbewerbsprojekte. Zehn Gemeinden gehörten mit ihren
Projekten zu den so genannten „Sieganwärtern“, bevor Sand in Taufers schließlich der
erste Rang zuerkannt wurde.
Sieganwärter und ausgezeichnet mit:
Europäischer Dorferneuerungspreis für
ganzheitliche, nachhaltige und mottogerechte Dorfentwicklung von herausragender Qualität.
Ascha, Bayern, Deutschland – Besondere Leistungen gibt es in allen Teilbereichen
der Dorfentwicklung, beginnend bei einer
zukunftsorientierten, gentechnikfreien und
selbstversorgenden Landwirtschaft, dem
Erhalt und dem Aufbau standortgemäßer
Erwerbsmöglichkeiten in Handel, Handwerk
und Dienstleistungssektor, der qualitativ
ausgerichteten Bausubstanz und Siedlungsstruktur, dem Wir-Gefühl der BürgerInnen,
30
bis hin zu den zahlreichen sozialen und
soziokulturellen Einrichtungen und Angeboten, die von einem sehr regen Vereinsleben begleitet werden. Absolutes Highlight
ist aber sicher der verantwortungsvolle
und zukunftsweisende Umgang mit den
Ressourcen und erneuerbaren Rohstoffen,
der Ascha zu einer nahezu energieautarken
Gemeinde werden ließ.
Liptovská Teplicka, Slowakei –
Liptovská Teplicka besticht durch eine
ganzheitliche Entwicklung, die landschaftlichen, bauräumlichen, sozialen,
wirtschaftlichen und ökologischen Anliegen gerecht zu werden versucht. Exemplarisch sei auf die radikale Umstellung
auf biologisch-ökologische Grünlandund Weidewirtschaft mit ersten Ansätzen
zur Veredelung verwiesen, die für die
Erhaltung einer europaweit einzigartigen
Kulturlandschaft verantwortlich zeichnet.
Auch der bewusste Verzicht auf weitere
oberflächenversiegelte Fahrbahnen, die
erfolgreichen touristischen Initiativen,
das durchgängige Kreislaufdenken, die
engagierte Pflege der Traditionen, die
höchst innovative Schule, die ausgeprägte
Öffnung für moderne Informations- und
Kommunikationsmedien durch einen eigenen Ortsfunk und wöchentliche, regionale
Fernsehprogramme und nicht zuletzt der
Preisträger
beispielhafte Umgang mit den Romas, die
25 % der Dorfbevölkerung ausmachen, die
integriert werden, ohne sie assimilieren zu
wollen, beeindrucken in hohem Maße.
Erlebnisland Maikammer, RheinlandPfalz, Deutschland – Das Erlebnisland
Maikammer besteht aus den Ortsgemeinden
Maikammer, Kirrweiler und St. Martin und
zeichnet sich auf vielfache Weise aus. Als
besondere Highlights sind zu nennen:
¯ eine erfolgreiche Weinbergsneuordnung mit der klaren Zielsetzung, die
Zukunftsfähigkeit der Weinbaubetriebe und die typische Weinbaulandschaft unter besonderer Beachtung des
Naturschutzes zu sichern;
¯ eine vorbildliche Innenentwicklung
mit Revitalisierung und Inwertsetzung
alter qualitätvoller Bausubstanz, insbesondere für die Direktvermarktung des
Naturproduktes Wein und für touristische Zwecke;
¯ verkehrsberuhigende Maßnahmen und
die gelungene Gestaltung der öffentlichen Straßen- und Platzräume inklusive Anlage von Themengärten;
¯ ein hohes Maß an Bürgerbeteiligung
und gesellschaftlichem Zusammenhalt
gepaart mit zeitgemäßen Infrastrukturen für Kinder, Jugendliche und für
die ältere Bevölkerung.
Seeham, Salzburg, Österreich –
Seehams herausragende Leistungen sind
vielfältig und reichen vom wirtschaftlichen
über den sozialen bis hin zum kulturellen
Bereich. Trotz des Siedlungsdrucks aus der
nahen Landeshauptstadt Salzburg, dem
offensiv begegnet wird, gelang es, dörfliche
Struktur und Eigenart zu wahren und sich
durch bemerkenswerte gesellschaftliche
Innovationen erfolgreich auf den Weg in
eine nachhaltige Entwicklung zu begeben.
Herzstücke sind die denkmalgerechte Sanierung und Umnutzung des Schmidbauernhofes, die Ausrichtung der Landwirtschaft
auf biologische Produktionsweisen, das
Forcieren regionaler Kreislaufwirtschaft, die
Nutzung alternativer Energien, ein Mehrgenerationenhaus, eine gemeindeeigene Sozialarbeiterin, eine motivierte Bevölkerung,
deren Beteiligung gefördert und unterstützt
wird, sowie zahlreiche Beispiele für praktizierte Kooperationsbereitschaft und gelebte
Netzwerkorientierung.
Urnäsch, Appenzell Ausserrhoden,
Schweiz – Urnäsch ist ein beeindruckendes
Beispiel für eine höchst erfolgreiche Trendumkehr vom Abwanderungsraum zum
vorbildhaften Innovationsstandort. Herzstück der Entwicklungsmaßnahmen ist
die Errichtung eines REKA-Feriendorfes,
das schlichtweg als Referenzprojekt für
31
nachhaltige, qualitätvolle Architektur und
Bautechnik im ländlichen Raum anzusehen ist. Höchste Anerkennung verdienen dabei auch die Finanzierung und die
Realisierung des Projektes, die auf einem
optimalen Zusammenspiel von Wirtschaft,
Wissenschaft und Politik unter starker
Einbindung der Bevölkerung, die 11 Millionen SF in Form von Spenden aufzubringen
vermochte, basieren. Darüber hinaus wird
am Feriendorf deutlich, was Urnäsch insgesamt auszeichnet: Es steht für eine Beispiel
gebende Vernetzung von natürlichen, landwirtschaftlichen, sozialen und kulturellen
Ressourcen mit neuen Wertschöpfungsketten, die die Einkommenschancen und die
Lebensqualität aller EinwohnerInnen zu
verbessern imstande ist.
Ebenfalls ausgezeichnet mit: Europäischer Dorferneuerungspreis für ganzheitliche, nachhaltige und mottogerechte Dorfentwicklung von herausragender Qualität
Gaschurn, Vorarlberg, Österreich –
Gaschurn beeindruckt durch bemerkenswerte Aktivitäten und Projekte in allen
maßgeblichen Bereichen der Dorfentwicklung, die auf einem ganzheitlichen Leitbild
basieren und von aktivierenden Prozessen zur Bürgerbeteiligung und professioneller Prozessbegleitung gekennzeichnet
ist. Vorbildliche Maßnahmen stellen neben
anderen die Errichtung eines Biomasseheizwerkes, die 25%-ige Solarförderung
durch die Gemeinde, die Sanierung alter
Bausubstanz und gleichzeitige Forcierung zeitgemäßer Gestaltungsformen, eine
interkommunale Plattform zur Vermarktung landwirtschaftlicher Produkte und
eine Wirtschaftsgemeinschaft dar. Höchst
bemerkenswert sind auch die Initiativen
zur Verschränkung von Tourismus und
Genussregion Montafon, das Anlegen eines
Landschaftspfades und eines naturnahen,
erlebnisorientierten Wasserparks, die Verlegung des Kindergartens, die Initiierung
einer Sommerbetreuung für Kinder und die
32
Schaffung eines Jugendraumes, der von den
Jugendlichen selbst verwaltet wird.
Mompach, Luxemburg – Mompach
überzeugt in allen wesentlichen Bereichen
der Dorfentwicklung, allem voran mit nachhaltiger, umweltschonender Land- und
Waldwirtschaft, vorbildlichen Naturschutzprojekten, einem sorgsamen Umgang mit
dem baukulturellen Erbe sowie mit beispielhaften Energiekonzepten. Das vielfältige
bürgerschaftliche Engagement wird von der
Gemeinde durch die Schaffung zeitgemäßer
sozialer Infrastruktur für alle Alters- und
Interessensgruppen gefördert. Hervorzuheben sind auch mehrere grenzüberschreitende Kooperationsprojekte mit der deutschen Nachbarkommune, die Ressourcen
schonen und Menschen zusammenführen.
Nebelschütz, Sachsen, Deutschland –
Die Leistungen sind in vielen Teilbereichen
der Dorfentwicklung herausragend: Erhalt
und Aufbau von Erwerbsmöglichkeiten in
Handel, Handwerk und Dienstleistungssektor, verantwortungsvoller und zukunftsweisender Umgang mit den Ressourcen und
erneuerbaren Rohstoffen, Nutzung alter
schützenswerter Bausubstanz, Schaffung
von Stoff- und Energiekreisläufen sowie
Weiterentwicklung von innovativen technologischen Synergien legen eine tragfähige
wirtschaftliche Basis. In soziokultureller
Hinsicht beeindrucken die Inwertsetzung
der sorbischen Tradition als touristisches
Alleinstellungsmerkmal, das rege Vereinsleben und der Zusammenhalt in der dörflichen Gemeinschaft und in der Region.
Partnerschaften mit Freunden in aller Welt
machen Nebelschütz zu einem weltoffenen
Dorf mit Zukunft.
Rohrlack, Brandenburg, Deutschland –
Rohrlack zeigt eine ganzheitliche, nachhaltige und mottogerechte Dorfentwicklung
von herausragender Qualität, wobei die
behutsame Entwicklung des Dorfes, gelegen in einem typischen Ungunstraum, im
Zusammenspiel von DorfeinwohnerInnen,
Zugezogenen und Auswärtigen hervorstechen. Aus diesem Zusammenspiel erwuchs
die sensible und vorbildliche Integration
von Menschen mit Behinderung in das Dorf,
das zudem in deutlichem Maße auf Vernetzung setzt. All das wird durch das hohe
Engagement der DorfeinwohnerInnen für
ihre Belange möglich, die durch ihren ganzheitlichen Ansatz eindrucksvoll Zukunft
schaffen.
Schönbach, Niederösterreich, Österreich – Schönbach ist durch ein außerordentlich hohes Maß an bürgerschaftlichem
Engagement und die Bereitschaft zur
Umsetzung innovativer Ideen, insbesondere
im wirtschaftlichen und kulturellen Bereich,
gekennzeichnet. Herausragend präsentieren sich dabei insbesonders die Sanierung
und Revitalisierung des Klosterkomplexes,
die Einrichtung einer Erlebniswerkstatt
mit überregionalen Ausbildungslehrgängen für traditionelle Handwerkstechniken,
die Schaffung von (europäischen) Bauernmärkten und einer Bauernholzbörse, die
Bereitschaft zur Nutzung alternativer Energien, wie Sonnenkollektoren und Biomasse
in Form von Hackschnitzel und Sonnenblumenkernen, eine auf höchst innovative und bemerkenswerte Methoden und
Ideen setzende Schule sowie Initiativen zur
flächendeckenden Breitbandversorgung.
Europäischer Dorferneuerungspreis
für besondere Leistungen in einzelnen
oder mehreren Bereichen der Dorfentwicklung
Brontallo, Tessin, Schweiz – Brontallo
ist es auf bemerkenswerte Weise gelungen,
seinem scheinbar vorgezeichneten Schicksal als auslaufender Wohnstandort inmitten einer verfallenden Kulturlandschaft
Paroli zu bieten und einen zukunftsfähigen
Agrotourismus zu entwickeln, der sich als
Ersatz- und Begleitökonomie zur traditionellen Landwirtschaft versteht. Wesentliche
Maßnahmen stellten dabei die Rodung der
zuwachsenden Selven, die Instandsetzung
der Trockensteinterrassen und diverser
Kleinbauten sowie der Ausbau der traditionellen Turmhäuser zu vermietbaren Ferienwohnungen dar.
Dechow, Mecklenburg-Vorpommern,
Deutschland – Dechow setzt erfolgreich auf
das Konzept eines „lebendigen Dorfes“, das
trotz ungünstigster Voraussetzungen im
vergangenen Jahrzehnt zielstrebig, ganzheitlich, nachhaltig und kreativ angedacht
und schrittweise umgesetzt wurde. Die
junge, aber sehr heterogene Bevölkerung hat
zusammen gefunden und arbeitet engagiert,
insbesondere in soziokulturellen, gestalterischen und umweltrelevanten Bereichen
sowie im Sinne des Aufbaus eines sanften
Tourismus, für ihr „junges“ Dorf.
Dolenja vas, Slowenien – Dolenja vas
beeindruckt durch herausragende gemeinschaftliche Leistungen im sozialen und
kulturellen Bereich, wobei der Transfer von
Wissen und traditionellen Fertigkeiten eine
große Rolle spielt. Besondere Anerkennung
verdient das Engagement der Dorfgemeinschaft beim Bau des neuen, multifunktionalen Kulturzentrums, das in beispielhafter
Weise ausschließlich durch Eigenarbeit und
mit Eigenmitteln der Dorfgemeinschaft
errichtet wird und maßgeblich zur Festigung des dörflichen Gemeinwesens und zur
Bereicherung der infrastrukturell bedingten
Lebensqualität beitragen kann.
Eckstedt, Thüringen, Deutschland –
Eckstedt zeichnet sich allem voran durch die
Sanierung und Umnutzung traditionsreicher
Gebäude unter tatkräftiger Mitwirkung
der Bevölkerung aus, wobei die Restaurierung der beeindruckenden Barockkirche,
die heute auch für Konzertaufführungen
genutzt wird, besonders zu erwähnen ist.
Zahlreiche Initiativen und Maßnahmen zur
Erhöhung der Attraktivität der Gemeinde
sowie das reichhaltige Vereinsleben mit
33
vielen gesellschaftlichen Aktivitäten, an
denen alle Generationen beteiligt sind, sind
ebenfalls als beispielhafte Leistungen einzuschätzen und wirken sich sehr positiv auf
die Lebensqualität der BewohnerInnen aus.
Elsendorp, Niederlande – Elsendorp
zeichnet sich allem voran durch ein vorbildliches Engagement in den Bereichen gesellschaftlicher Zusammenhalt, BürgerInnenEngagement und soziale Einrichtungen
aus. Zu erwähnen sind unter anderem die
Schaffung eines Seniorenzentrums, das
Möglichkeiten zur Kommunikation, aber
auch medizinische Betreuung bietet, die
Einrichtung eines wöchentlichen Mittagstisches, der die Generationen zusammen
führt, und eine Schule, die nicht nach
den Schwächen, sondern den Stärken der
SchülerInnen sucht. Besondere Leistungen
sind auch hinsichtlich der Erhaltung landwirtschaftlicher Betriebe, des Natur- und
Umweltschutzes und der Siedlungsentwicklung zu nennen.
Havlovice, Böhmen, Tschechien –
Havlovice überzeugt insbesondere durch
die Errichtung eines vorbildlichen Sportareals für die gesamte Region, den Ausbau
des Wander- und Radwegenetzes und
die Realisierung weiterer touristischer
Maßnahmen, die auch den Einheimischen
zugute kommen, sowie durch die bauliche
Aufwertung des Kulturhauses. Diese Initiativen haben in Verbindung mit einem
reichhaltigen Vereinsleben mit vielen gesellschaftlichen Aktivitäten aller Generationen
34
wesentlichen Anteil daran, dass es gelungen
ist, die Attraktivität der Gemeinde und die
Lebensqualität der Bevölkerung spürbar zu
verbessern.
Hügelland östlich von Graz, Steiermark, Österreich – Das Hügelland östlich
von Graz umfasst einen regionalen Verbund
von 24 Gemeinden und besticht allem
voran durch beispielhafte und herausragende Leistungen im wirtschaftlichen
Bereich. Besondere Anerkennung verdienen die erfolgreichen Bemühungen, im Sog
der Landeshauptstadt Graz, Maßnahmen
zur Stärkung der regionalen Identität sowie
zu neuer Wertschöpfung in den Bereichen
Selbstvermarktung sowie Freizeit und Erholung zu realisieren. Kreative „Mittel zum
Zweck“ sind dabei regionale Marktplätze,
die auch anspruchsvolle neue Ortszentren
darstellen und strategisch darauf abzielen,
nicht nur Produkte an den Konsumenten
zu verkaufen, sondern dabei auch die hohe
Wertigkeit von Lebensmitteln besonders
zu betonen und Bewusstseinsbildung zu
erzielen.
Incourt, Wallonie, Belgien – Incourt
ist durch pilothafte Projekte hinsichtlich
einer Stärkung der sozialen Bindungen der
BewohnerInnen, des Erhalts qualitätvoller
Lebensbedingungen sowie der ökologischen
und wirtschaftlichen Entwicklung gekennzeichnet. Im Zentrum steht dabei die Nutzbarmachung des ehemaligen Steinbruchgeländes mit vielen ruinösen Baukörpern
zu einem neuen Ortszentrum mit verschiedenen Funktionen: einem See mit reicher
Flora und Fauna, einem Haus der Natur
als Beratungs- und Fortbildungsstelle für
alle Energiefragen und einer Wohnanlage
für alle Generationen. Gestützte GemeindeMietwohnungen für junge Familien, die
Bewahrung des kulturellen Erbes, das Engagement für Natur und Umweltschutz, die
Bemühungen um neue Beschäftigungsmöglichkeiten und die ausgeprägte Bürgerbeteiligung verdienen besondere Anerkennung.
Kazár, Ungarn – Der Gemeinde Kazár
sind seit Beginn des Dorferneuerungsprozesses wesentliche Entwicklungen
gelungen. Vor allen Dingen die Beiträge
zur kulturellen Identifikation der Dorfgemeinschaft, zahlreiche Restaurierungen
und Revitalisierungen, die Bereitschaft
zu überörtlichen Kooperationen und die
Schaffung von zeitgemäßen Einrichtungen
zur Erhöhung der Lebensqualität sind
hervorzuheben. Auch die Maßnahmen
zur wirtschaftlichen Neuorientierung und
Neupositionierung des Ortes lassen richtige Tendenzen erkennen und beginnen zu
greifen.
Kuniów, Opole, Polen – Kuniów
fasziniert mit realistischen und zugleich
visionären Ideen und bereits gegenständlichen vernetzten Projekten sowie mit
dem persönlichen Einsatz und dem engagierten, mitreißenden Schwung seiner
BürgerInnen. Besondere Erwähnung
verdienen dabei die Herausarbeitung
der eigenen Werte und Ziele sowie die
Wahrung und Pflege traditioneller Handwerke in Kombination mit erlebnis- und
bildungstouristischer Ausrichtung. Ein
Musterprojekt ist das „Kulturhaus“ – eine
Schule, die Raum bietet für Kindergarten,
Jugend- und Bürgerarbeit, und als Generationen übergreifendes Zentrum für
Bildung, Begegnung und Betreuung sowie
auch als Plattform der Ideenentwicklung
fungiert.
Liptál, Mähren, Tschechien – Liptál
zeichnet sich durch eine ausgeprägte Traditionspflege sowie Initiativen zur Stärkung
der Dorfgemeinschaft und der Teilhabe aller
gesellschaftlichen Gruppen am dörflichen
Leben, insbesondere durch die bauliche
Kombination von Schule und altengerechtem
Wohnen, aus. Auch im ökonomischen
Bereich sind Erfolge zu verzeichnen, die
sich in neu entstandenen kleingewerblichen
Betrieben und ersten touristischen Infrastrukturen manifestieren.
Radenthein, Kärnten, Österreich –
Radenthein überzeugt mit hervorragenden
Projekten in verschiedenen Teilgebieten der
Gemeindeentwicklung. Besondere Anerkennung verdienen die Bemühungen im Sozialbereich, die der negativen Grundstimmung
nach dem Niedergang der örtlichen Industrie entgegenwirken. Durch das Engagement
von Schlüsselpersonen konnte eine Umkehr
erreicht werden, die denBürgerInnen Halt
und neue Zukunftsperspektiven gibt. Auch
die Initiativen der Gemeinde zusammen mit
örtlichen Betrieben – Erlebniswelten Granatium und Sagamundo – sind sehr bemerkenswert. Dadurch erhält der Ort ein neues,
modernes Image, es entsteht Anziehungskraft für Urlauber in der Region und es wird
nicht zuletzt ein Beitrag zur wirtschaftlichen
Belebung geleistet.
Ramsdorf, Nordrhein-Westfalen,
Deutschland – Ramsdorf beeindruckt
mit besonderen Leistungen in mehreren
Bereichen der Dorfentwicklung. Die soziale Nähe und das intakte gesellschaftliche Netzwerk, die hohe Bereitschaft zur
Eigenleistung und die zukunftsgerichteten Initiativen zur Stärkung des sozialen
Zusammenhaltes stechen dabei hervor.
Große Anerkennung verdient darüber
hinaus die ausgeprägte Sensibilität für
ein intaktes, dem kulturellen Erbe angepasstes Dorfbild, dem durch qualitätvolle
Sanierungen und ein einfühlsames Bauen
Rechnung getragen wird.
Romrod, Hessen, Deutschland –
Romrod zeichnet sich durch mehrere qualitätvolle Leistungen aus. Alles aber wird
überstrahlt von der ausgeprägten Mottogerechtigkeit der Entwicklungsorientierung.
Basierend auf einer hohen Sensibilität für
die mannigfaltigen Auswirkungen des
demografischen Wandels und der Veränderungen der dörflichen Gesellschaft wird den
Problemen der Landflucht und der Überalterung aktiv mit engagiertem Nachdenken und innovativen Projekten begegnet.
35
Zahlreiche Aktivitäten und Maßnahmen in
verschiedenen Bereichen der Dorfentwicklung wurden erfolgreich umgesetzt und
zeitigen dank einer guten Vernetzung Synergieeffekte und Breitenwirkung.
Roßbach, Sachsen-Anhalt, Deutschland – Roßbach überzeugt mehrfach, insbesondere mit der sehr vorausblickenden
Leistung der Schaffung und Erhaltung
von standortgemäßen Arbeitsplätzen mit
Gewerbe- und Handwerksbetrieben, denen
ein professioneller Unternehmergeist zu
Grunde liegt, der sich auch in der stilgerechten Revitalisierung des Ortskernes
unter Berücksichtigung der zeitgemäßen
Bedürfnisse widerspiegelt. Im Selbstverständnis um die eigenen Stärken entstand
unter Mithilfe der BürgerInnen und Vereine
eine solide Basis für einen zu erwartenden
Qualitätstourismus, zu dem sowohl die
Aktivitäten der beiden Glaubensgemeinschaften wie auch die innovativen Winzer
beitrugen. Das Weindorf Roßbach hat damit
für seine Zukunft als lebenswerte Gemeinde
bestens vorgesorgt.
Steffeshausen, Deutschsprachige
Ge-mein­schaft, Belgien – Steffeshausen in
der belgischen Eifel kann mit dem Pfund
einer herrlichen Landschaft im Dreiländereck Belgien-Luxemburg-Deutschland
wuchern. Vom Ausgangspunkt eines traditionsgeleiteten Dorfes arbeitet eine selbst
36
organisierte, intakte Gemeinschaft an der
Zukunftsfähigkeit ihres Dorfes. Die gemeinsame Umsetzung zahlreicher Kleinprojekte
unter Einbeziehung aller Generationen
sichert die starke Bindung der BewohnerInnen an ihren Lebensraum. Die Ansätze
zur Entwicklung des sanften Tourismus
werden als Chance gewertet.
Umhausen, Tirol, Österreich – Umhausen fand auf der Suche nach Steigerung
seiner touristischen Attraktivität und im
Bewusstsein um seine Lage an einer historischen Passstraße eine besondere Nische:
Schaffung eines Archäologieparkes unter
der Patronanz des populären Ötzis. Der
archäologische Freilichtpark, der immer
mehr BesucherInnen anzieht, die qualitätvolle agrotouristische Weiterentwicklung
und die Restrukturierung der traditionellen
Kulturlandschaft stärkten das Selbstbewusstsein und den Zukunftsglauben der
Umhausener BürgerInnen und stellen preiswürdige Leistungen dar.
Wienhausen und Eicklingen, Nieder­
sachsen, Deutschland – Die Gemeinden
Eicklingen und Wienhausen weisen in ihren
Dörfern sehr intakte Dorfgemeinschaften
auf, die in qualitativ sehr guten Einzelprojekten, gepaart mit einer hohen Arbeitsbereitschaft der DorfeinwohnerInnen,
Zukunft geschaffen haben. Das Projekt der
dezentralen Abwasserklärung sticht dabei
als besonders innovativer Beitrag neben
vielen sehr gelungenen Sanierungen und
Umnutzungen von Altbausubstanz besonders hervor.
37
6 Druck auf den roten Knopf
Eine ungläubige Frage und eine gute Antwort
„Eine Frage hätte ich dann noch – gibt
es in diesem Dorf denn auch irgendetwas, was nicht ganz zur Zufriedenheit
läuft?“
Alfons Dworsky, Architekt, Uni-Professor und Lehrbeauftragter an der Universität
Hannover schmunzelte und blickte dennoch
fast ein wenig ungläubig in die große Runde
der Anwesenden. Im historischen Ratsaal
der Gemeinde Sand in Taufers hatte der
Mann die Lacher auf seiner Seite. Bürgermeister Helmuth Innerbichler blieb unterdessen
auch hier die Antwort nicht schuldig:
„Selbstverständlich sind wir lange
noch nicht dort, wo wir hin wollen
und selbstverständlich haben auch wir
unsere Sorgen und Probleme. Aber auf
dem Prüfstand zeigt man sich schließlich von der besten Seite“.
An jenem 26. Mai war Alfons Dworsky
Mitglied einer dreiköpfigen Kommission, die
Sand in Taufers – zunächst während einer
großen Präsentation im Ratsaal und später
den ganzen Tag über bei einer Dorfbesichtigung – sehr genau unter die Lupe nahm. Was
Dworsky aus dem niedersächsischen Hannover, die Dipl. Ing. Arch. Beatrix Drago aus dem
bayrischen Herrsching und Dipl. Ing. Arch.
Peter Haider aus Salzburg dabei zu sehen und
zu hören bekamen, beeindruckte sie sichtlich.
38
Ganzheitlichkeit und Vernetzung, Innovation und Ideenreichtum – wahre Lobeshymnen formulierte die Jury schließlich
in ihrer abschließenden Bewertung. Doch
war man auch von den Bildungsinitiativen
beeindruckt. Rund 80 Veranstaltungen im
Jahr mit rund 900 TeilnehmerInnen, zwei
Bildungsprogramme pro Jahr mit vielfältigem Angebot, eine Genossenschaft für
Regionalentwicklung und Weiterbildung,
Bildungszentren, modern ausgestattete
Schulungsräume, die Vergabe von Bildungsschecks durch die Gemeinde, eine multifunktionale Bibliothek, all das wirkte sich
positiv auf die Beurteilung aus.
Auch Themen wie die aktive Bürgerbeteiligung, die Qualifizierung der MitarbeiterInnen in der Gemeinde, Engagement und
Eigeninitiativen der Bevölkerung, Bewusstseinsbildung und Information beeindruckten die Jury. Das große Energiekonzept mit
Niedrigenergiehäusern, Einsatz von Windenergie, Wasser, Erdwärme, Photovoltaik,
Biogasanlage, Fernwärme und mit dem
geplanten Haus der Energie hatten es der
Kommission ganz besonders angetan. Eben
weil die Thematik vernetzt und durchdacht
ist und ganzheitlich für Unabhängigkeit der
Gemeinde sorgen wird. Naturschutz, Mobilität und Siedlungsgestaltung, Kultur, Identität und die zeitgemäßen sozialen Einrichtungen, „Sand in Taufers“, so steht es in der
Kommission
abschließenden Bewertung, „besticht durch
eine Vielzahl an Projekten und Konzepten.
Sie präsentieren sich als markante Stationen
auf dem Weg zu einer zukunftsorientierten
und basisdemokratischen Bildungsgemeinde mit hoher Lebensqualität.“
Schöner und besser kann man es nicht
mehr in das Stammbuch einer Gemeinde
schreiben.
Das Kraftwerk, die Wasserversorgung,
neue Kindergärten und Vereinsstrukturen,
Oberflächengestaltung in den Dörfern,
Tiefgaragen, Oberflächenstellplätze, die
Ortsumfahrung mitsamt einem Tunnel,
Energieversorgung mit Biomasse, das Sportzonenprojekt mit dem Bad, das Haus der
Energie, Räume für die Jugend, Gebäude
für die Feuerwehr, die Gestaltung des Wallburghügels, Konzepte für die Fraktionen –
all das sind Projekte und Visionen an denen
die Gemeindeverwaltung und Bürgermeister Helmuth Innerbichler gegenwärtig
und künftig arbeiten. Mit Verve drehen
die Verantwortlichen am Schwungrad der
Entwicklung. Das erkannten Beatrix Drago,
Peter Haider und der für einen kurzen
Moment so ungläubig wirkende Alfons
Dworsky ganz deutlich und zollten all dem
hohe Anerkennung.
Dass Bürgermeister Innerbichler an
jenem 26. Mai, während er mit der Kommission unter anderem auch das gerade fertig
gestellte neue E-Werk der Gemeinde besichtigte, ausgerechnet in dieser Stunde und
Aufsehen erregend auf den roten Knopf
drückte, um das Werk erstmals in Betrieb zu
setzen, war indes reiner Zufall. Aber auch
Zufälle können zum richtigen Zeitpunkt
durchaus etwas bewirken und Eindruck
machen.
Für Bürgermeister Helmuth Innerbichler ist eine Zukunftsplanung, zukunftsorientiertes Denken und die Vernetzung
vieler Belange die Grundvoraussetzung für
die Zukunft einer Gemeinde wie Sand in
Taufers:
„Visionen, Konzepte und Projekte
sich sehr wichtig für eine Gemeinde.
Ohne Visionen entwickelt sich nichts.
Man muss sich hohe Ziele stecken und
wissen, dass man nicht immer alles
erreichen wird. Doch eine solide und
vorausschauende Planung sowohl
wirtschaftspolitisch als auch sozialpolitisch sind von elementarer Bedeutung.
Deshalb beschäftigen wir uns so intensiv mit den Themen Energie, Verkehr,
Sportzone und gesunde Gemeinde.“
39
Die Jury:
Dipl.-Ing. Arch. Beatrix Drago
¯ Direktorin für Ländliche Entwicklung,
München, Bayern, Deutschland.
Geboren 1959 in Herrsching, Bayern
¯ Studium der Architektur an der
Technischen Universität Berlin und
München.
¯ Mitarbeiterin im Referat Dorfentwicklung im Bereich Zentrale Aufgaben der
Bayerischen Verwaltung für Ländliche
Entwicklung seit 1991
¯ Seit 2001 Leiterin des Sachgebietes
Dorferneuerung und Regionale Landentwicklung im Bereich Zentrale
Aufgaben der Bayerischen Verwaltung
für Ländliche Entwicklung.
¯ Seit 2004 Mitglied der Jury im Wettbewerb um den Europäischen Dorferneuerungspreis.
Prof. Dipl.-Ing. Arch. Alfons Dworsky
¯ Hannover, Niedersachsen, Deutschland, Wien und Obermeisling, Niederösterreich, Österreich
¯ Geboren 1943 in Hanau/Main, Hessen,
Deutschland
¯ Studium der Architektur an der Technischen Hochschule Wien, 1971 Sponsion zum Dipl.-Ing der Architektur,
1979 Erteilung der venia decendi für
das Fach Ländliches Bauwesen, 1984
Promotion zum Doktor der technischen
Wissenschaften mit der Dissertation
„Entwicklung und Typologie der Salzburger Bauerngehöfte“.
¯ Ab 1971 Universitätsassistent am
2. Institut für Architektur und Entwerfen, Fachbereich Landwirtschaftsbau
und Entwerfen im ländlichen Raum;
Gastlehre an der ETH Zürich; Gastprofessuren an der Technischen Hochschule Ljubljana und an der Chulalongkorn University Bangkok.
¯ Seit 1993 Professor an der Universität
Hannover, Fachbereich Architektur,
Institut für regionale Architektur und
Siedlungsplanung. Zusätzlich auch
40
¯
¯
Dissertanden- und Diplomandenbetreuung sowie Blockseminare an der
TU Wien. Lehrauftritte, wissenschaftliche Assistenzeinsätze, Fachbetreuungen und Vorträge in Österreich,
Deutschland, Griechenland, USA,
Thailand, Korea, Taiwan, zahlreiche
Publikationen.
Mehrere Dorf- und Stadterneuerungsplanungen in Deutschland. Fachpreisrichter für Architekturwettbewerbe.
Seit März 2000 Mitglied der Jury im
Wettbewerb um den Europäischen
Dorferneuerungspreis.
Dipl.-Ing. Peter Haider
¯ Salzburg, Österreich.
¯ Geboren 1959 in Linz, Österreich.
¯ Architekturstudium an der Technischen
Universität Innsbruck, anschließend
freiberufliche Tätigkeit in Innsbruck.
¯ Seit 1989 Mitarbeiter der Dorf- und
Stadterneuerung in Salzburg und ab
1992 Leiter dieses Fachbereichs im
Salzburger Institut für Raumordnung
und Wohnen, Leiter der Gemeindeentwicklung Salzburg.
¯ Seit 2008 Mitglied der Jury im Wettbewerb um den Europäischen Dorferneuerungspreis.
41
7 „Der Mensch steht im Mittelpunkt“
Ein engmaschiges soziales Geflecht sorgt für
Sicherheit und ein gutes Gefühl
42
Historie - Kirche - Soziales - Jugend
Sand in Taufers war von jeher ein
Schmelztiegel auch für soziale, politische
und kirchlich relevante Fragen. Das hängt
mit der Historie des Dorfes einerseits und
mit der Entwicklung zum Hauptort im
Tauferer Ahrntal andererseits zusammen.
Durch die Residenz der Herren von
Taufers auf der Dynastenburg Taufers, war
der Ort bereits im Mittelalter adelig und
bürgerlich bewohnt. Die edlen Herren hatten
das Recht, zu Gericht zu sitzen und Recht
zu sprechen, was Taufers schon in frühen
Jahren eine gewisse Bedeutung in jeder
Hinsicht verlieh. Indessen machte auch vor
diesem Hintergrund die Entwicklung des
Dorfes unter den historischen Gemäuern
natürlich nicht halt. Adelige Herren kamen
und gingen, die trutzige Burg wechselte die
Besitzer, bis sie schließlich 1977 an das Südtiroler Burgeninstitut ging und damit nach
ihrer wechselvollen Geschichte in ruhigere
Fahrwasser geriet.
Doch es steht heute, angesichts der
geschichtlichen Entwicklung eigentlich
fast außer Zweifel: der Ausgangspunkt
vieler Entwicklungen im Laufe der Jahre
nach 1225, als Teile der Burg Taufers erste
urkundliche Erwähnung fanden, war
eindeutig dieses Schloss auf dem Hügel
oberhalb des Dorfes. Unverrückbar steht
das eindrucksvolle Bauwerk dort bis heute,
es ziert Ansichtskarten in schwarz-weiß
und farbigem Hochglanz, es dient als Logo
und schmückt als Parademotiv nun schon
ganze „Generationen“ von touristischen
Prospekten. Scheinbar hat diese Burg jenen
Stoff, aus dem Geschichte geschrieben wird,
aus dem Geschichte vielleicht überhaupt
erst entsteht und jenen Stoff auch, an den
sich vieles anlehnt.
Hungersnöte 1815/17 und 1845, Dürre
und Trockenheit in den Jahren nach 1834,
verheerende Überschwemmungen 1882 –
Sand in Taufers hat viel erlebt. Menschen
wurden geboren und starben, Entwicklungen nahmen ihren Lauf, Wälder brannten
und Kriege erschütterten die Welt, Häuser
wurden abgerissen und neue gebaut. Die
Burg Taufers blieb. Unerschütterlich und
fest gemauert. Um sie herum und zu ihren
Füßen haben sich stetig Tradition, Brauchtum, kirchliche Belange und ein beeindruckendes, soziales Netz entwickelt.
Neben der Burg Taufers gibt es eine
Vielzahl von Gebäuden im Dorfkern von
Sand und auch in den Fraktionen Mühlen,
Kematen, Ahornach und Rein, die mittelbar wie unmittelbar mit der Herrschaft der
Adeligen von Taufers zusammenhängen.
Zahlreiche Gebäude, die zum Schloss gehören, stehen heute unter Denkmalschutz.
Viele Kirchen, Kirchlein und Kapellen
im Gemeindegebiet, wurden – auch auf
Initiative von Ehrenbürger und Dekan Leo
43
Munter – zum Großteil renoviert, beziehungsweise wieder in Stand gesetzt. Eben
diese kirchlichen Gebäude, zu denen unter
anderen die Kapelle St. Walburg in Kematen,
die Kirche von St. Moritzen in Sand oder die
Franz-und-Klara-Kapelle am Tobl gehören,
waren Zufluchtsorte oder Ausweichstationen zu kirchlichen Jahres- und Festtagen.
In jeder Fraktion der Gemeinde stehen
im Dorf die Kirchen und im Zentrum von
Taufers die eindrucksvolle Pfarrkirche mit
ihrem hundert Jahre alten Hochaltar, den
vielen kunsthistorischen Kostbarkeiten
und einer erst 2008 neu gebauten Orgel. An
zahlreichen Wegen sind Kapellen zu sehen,
Wegkreuze und geistliche Besonderheiten.
Die Gemeindeverwaltung, Anrainer und
Gönner sind bemüht, dass diese einzigartigen Zeugnisse von Tradition und Glauben
in Stand gehalten, gepflegt und entsprechend geschmückt werden.
Eine große Herausforderung – auch
und gerade in finanzieller Hinsicht – war
2008 der Kauf und der Einbau der neuen
Orgel in der Pfarrkirche von Taufers.
Zuschüsse des Landes und der Gemeinde,
Spenden von Banken, die Übernahme von
Patenschaften für Orgelpfeifen und viel
private Unterstützung, ermöglichten den
Bau eines außerordentlichen Instrumentes.
Die Hauptorgel besitzt 40 Register, verteilt
auf ein Hauptwerk, Rückpositiv, Schwellwerk und Pedal. Klangkörper der Orgel
sind 2523 klingende Pfeifen, von denen 122
aus Holz gefertigt sind und 466 der Familie
der Zungenregister angehören. Das ist der
Jargon mit dem Organisten und Orgelbauer
vertraut sind – derlei Zahlen und Fakten
sind Musik in ihren Ohren. Mit insgesamt
13 000 Arbeitsstunden kann indessen auch
der Laie etwas anfangen und sich ungefähr
ein Bild machen, welcher Aufwand hinter
dem Bau dieser neuen Orgel steckte. Die
musikalische Umrahmung kirchlicher Feiern
und Gottesdienste, aber auch die Konzerte
in der Pfarrkirche wurden und werden von
der Bürgern der Gemeinde und den zahlreichen Gäste seit jeher geschätzt. Auch dies
44
45
ist ein Grund, warum das Projekt der neuen
Kirchenorgel so viel Unterstützung von
allen Seiten bekam.
Die Pfarrgemeinschaft ist ein Teil des
sozialen Netzes. Doch dazu gehören auch
die vielen Vereine, Verbände und Organisationen, die die Möglichkeit einer sozialen
Anbindung bieten, die Voraussetzung für
die Anbahnung und die Pflege von Kontakten in der Bevölkerung sind. In einem
Gebirgstal, das von alters her durch Unwetter, Vermurung, Brände und Hochwasser
bedroht war, ist das von nicht zu unterschätzender Bedeutung. Vielen Menschen mag
das gar nicht auffallen, weil sie es anders
nicht kennen, aber in den Tälern der Alpen
und damit auch im Tauferer Ahrntal ist der
Zusammenhalt in der Bevölkerung enger
und stärker als anderswo. Damit das aber
so sein kann, braucht es ein engmaschiges
soziales Netz, in dem viele schwierige Dinge
des täglichen Lebens, aber auch großflächige
Entwicklungen aufgefangen oder überhaupt
erst begonnen werden können.
Viele öffentliche Einrichtungen wie
Feuerwehrhallen, der Bürgersaal, Vereinslokale, Probe- und Übungslokale oder Spielplätze sind von der Gemeindeverwaltung
errichtet oder gefördert worden. Denn ein
aktives und auch attraktives Vereinsleben
braucht Strukturen, damit soziale und sozialkulturelle Kontakte überhaupt erst entstehen
und sinnvoll gepflegt werden können. Aber
auch Kirchen, Kapellen am Wegkreuz, ja
sogar Friedhöfe sind Orte sozialer Kontakte.
Es ist augenfällig, dass gerade diese Orte der
Begegnung gut in Stand gehalten und ständig gepflegt sind. Dass dies vielfach durch
freiwillige Dienste und ohne Aufforderung
geschieht, ist Beleg für die Wichtigkeit dieser
Stätten in einer Zeit, in der Allgemeingut
vielerorts erschreckend an Bedeutung und
Respekt davor verliert.
In der Phase, in der dieses Buch
entstand, war ein wichtiges Projekt gerade in
Umsetzung. Der gesamte Festplatz von Sand
in Taufers begann zu dieser Zeit gerade neu
zu entstehen. Ein Treffpunkt der Generati-
46
onen, aller Geschlechter und Herkunftsländer, eine Stätte der Begegnung und der Fröhlichkeit, ein lebendiger Ort für Tradition und
Brauchtum nach bester Südtiroler Art. Ein
umfassendes Bauwerk in seinem Anspruch
und in der Umsetzung. Denn dort sieht das
Projekt nicht eine Teillösung, sondern ein
durchgeplantes Komplettkonzept mit überdachtem Festplatz, einem Probelokal für die
Bürgerkapelle Sand in Taufers vor, einem
Proberaum für den Chor, mit Funktionsräumen für den Kunsteislaufplatz, einem Seniorentreff, einer Option für einen Jugendraum,
einem Heizraum für das Fernheizwerk,
in dem dann die Spitzenleistung für Sand
gedeckt werden kann, sowie mit einer neuen
Elektrokabine, einer Wärmerückgewinnung
für den Kunsteislaufplatz und einer Tiefgarage mit 80 neuen Stellplätzen (optional auf
300 Stellplätze erweiterbar).
Seniorenbetreuung und Kindergärten, Sommerkindergarten und Jugendaktionen, öffentliche Einrichtungen und Infrastrukturen, all das sind messbare, soziale
Indikatoren, bei denen Sand in Taufers
gut abschneidet. Beispielsweise die Errichtung von gemeindeeigenen Seniorenwohnungen (derzeit sieben), der Dienst „Essen
auf Rädern“, der Sozialsprengel mit einer
Vielzahl an wichtigen Leistungen und nicht
zuletzt eine stets existierende, gut funktionierende und beeindruckende „stille“ Nachbarschaftshilfe bei Notsituationen tragen
dazu bei, dass eine gute soziale Absicherung
neben den gesetzlichen Vorgaben von Staat
und Land besteht.
Bemerkenswert und doch typisch für
das kleine Alpenland Südtirol und mithin
auch für Sand in Taufers: Die Zusammengehörigkeit und das soziale Miteinander in
den fünf Fraktionen wird durch die Pflege
alter Bräuche des Dorfes und des Tauferer
Ahrntals nachhaltig gestärkt. Überliefertes
und mit Sorgfalt Bewahrtes machen die
Vergangenheit jener Menschen aus, die
hier leben. Und Taufers ist reich an Vergangenheit. Ein wunderbarer Satz des österreichischen Dirigenten und Komponisten
melt. Dieser Betrag kam je zur Hälfte
besagtem Bauern und einer durch
ein Unglück in Not geratenen Frau
zugute.
Gustav Mahler sagt:
„Tradition ist die Bewahrung des
Feuers und nicht die Anbetung der
Asche“.
Davon, von Vergangenheit, Gegenwart
und Zukunft künden das Klöckelnachtsingen im Advent, das Nikolausspiel und die
Bauernweihnacht in Kematen, die Tauferer
Straßenküche, das Tauferer Weihnachtsdorf,
der Kathreinmarkt in Mühlen, der KirschtaMichl in drei Dörfern, kirchliche Hochfeste
mit Prozessionen unter Teilnahme der Vereine
und Gruppierungen, klassische Konzertreihen, Rock-Events, Sommerfeste, Faschingsumzüge, Flugveranstaltungen und viele
andere, mit reichlich Engagement der Bürger
und bisweilen großzügiger Unterstützung
der Wirtschaft organisierter Festivitäten. In
viele kulturelle Ereignisse ist die ältere Generation mit ihrem Wissen über Bräuche und
Traditionen eingebunden und gefragt.
Projekte der Kirche für Bedürftige der
Gemeinde, private Initiativen wie Veranstaltungen für wohltätige Zwecke oder
spezielle Treffen in besonderen Angelegenheiten wie die Frauenrunde, tragen dazu
bei, Probleme zu verstehen, konstruktiv zu
diskutieren und Lösungsansätze zu entwickeln. Es ist auffällig, dass die Bürger von
Sand in Taufers einen Teil ihrer Freizeit den
Mitbürgern widmen und mit verschiedenen
Initiativen dazu beitragen, den Älteren und
Schwachen in der Gemeinschaft zu helfen.
Es gibt darüber hinaus eine weitere Vielzahl
von Initiativen und Institutionen, die für
die Linderung sozialer Nöte der Mitbürger
zuständig sind. Es gibt genügten Belege
dafür aus der jüngeren Vergangenheit:
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Sammelaktion für einen Bauern, der
durch ein Unglück während der Ausübung seiner ehrenamtlichen Tätigkeit
in finanzielle Not geriet. Im Rahmen
einer Veranstaltung wurden durch den
Verkauf von einheimischen Produkten
und durch Spenden der Bürger und
Prominenten 3.462,36 Euro gesam-
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KVW-Kurs zur Pflege hilfsbedürftiger
Menschen: In Zusammenarbeit mit
dem Sozialsprengel Tauferer Ahrntal
veranstaltete der Katholische Familienverband einen Kurs für Angehörige pflegebedürftiger Menschen und
Interessierter zum Thema „Alten- und
Krankenpflege zu Hause“. 22 TeilnehmerInnen erhielten an sechs Abenden
Informationen über Ernährung im
Alter, Körperpflege, Umgang mit Pflegebedürftigen aus medizinischer und
therapeutischer Sicht, Rücken schonende Arbeitsweise, Erste Hilfe bei
Unfällen und Akuterkrankungen, sowie
Sterbehilfe. Die Abende wurden jeweils
von einer Ernährungstherapeutin, Sozialbetreuerinnen der Hauspflege, einem
Hausarzt und Sprengelkrankenschwestern, einer Physiotherapeutin, einem
Rettungssanitäter und Mitarbeitern der
Caritas-Hospizbewegung gestaltet.
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Sozialsprengel: Im Jahr 2006 wurden
rund 82.000 Euro für die finanzielle
Sozialhilfe aufgewendet. Dies bedeutete einen Anstieg der Aufwendungen
von etwa zehn Prozent im Vergleich
zum Jahr davor. Für bedürftige,
meist ältere Mitbürger, wurden mit
dem Projekt „Essen auf Rädern“ fast
11 000 Essen nach Hause gebracht. Die
teilweise hauptberuflichen Mitarbeiter
werden, besonders an den Wochenenden, durch freiwillige Helfer unterstützt. Sie haben im Ahrntal 1155 und
in Sand in Taufers 259 Essen zugestellt.
Im Jahr 2006 wurden vom Hauspflegedienst des Sozialsprengels 5774 Betreuungsstunden geleistet.
¯
Anlässlich des 100-jährigen Bestehens der Pfadfinder im September
47
2007 bauten 250 Pfadfinder unter
fachkundiger Anleitung von Mitarbeitern des Sandner Traditionsunternehmens „Unionbau“, das zur
gleichen Zeit ebenfalls 100 Jahre alt
wurde, 14 nette Gartenhäuschen und
boten diese zum Verkauf an, mit
dem Ziel, aus dem Erlös in Brasilien
ein richtiges Haus für Bedürftige zu
errichten. Der Erfolg war überwältigend. Die Häuschen wurden für rund
20.000 Euro verkauft und versteigert.
Mit den Mitteln wurden in Brasilien
nicht nur ein, sondern gleich mehrere
Häuser für Familien gebaut.
Die Jugend hat in der Gemeinde einen
wichtigen und stetig zunehmenden Stellenwert. Allerdings ist auch kaum ein anderer sozialer Bereich so problembehaftet,
gespickt mit einer Vielzahl an Aufgabenbereichen und von derart enormer Wichtigkeit.
In keinem anderen Aktionsfeld wird die
Jugend-Problematik so deutlich wie beim
Thema Alkohol. Allerdings ist dies nicht ein
spezifisches Problem von Sand in Taufers,
sondern in ganz Südtirol ist ein bewusster
und kritischer Umgang mit der Substanz
Alkohol erst in den Anfängen begriffen.
Dies gilt für alle Bevölkerungs- und Altersschichten. Deshalb ist es der Gemeindeverwaltung von Sand in Taufers wichtig und
ein stetes Anliegen, heikle Themen immer
wieder und auch öffentlich zu diskutieren. Denn nur so können sie nachhaltig
im Bewusstsein verankert werden. In den
Leitlinien zur Suchtpolitik des Landes sind
diese Themenschwerpunkte festgeschrieben:
Alkohol in der Familie, am Arbeitsplatz und
in Sport- und Freizeitvereinen, Festkultur,
Alkohol und Jugendschutz, Alkohol und
Straßenverkehr, Ausschank an Jugendliche
oder bereits Betrunkene.
Allein die Tatsache, dass diese Leitlinien formuliert werden mussten, verdeutlicht, dass der Umgang mit der legalen
Droge Alkohol eine der meistgeführten
Diskussionen in der Jugendarbeit ist. In den
48
vergangenen Jahren wurden auf Staats- und
Landesebene viele, zum Teil drakonische
Maßnahmen getroffen, die darauf abzielen, den Konsum von Alkohol zu reduzieren, beziehungsweise bisher Versäumtes zu
reglementieren.
Aufgrund der Erfahrungen und
Beobachtungen der vergangenen Jahre
allerdings setzt sich inzwischen in Theorie
und Praxis immer mehr die Ansicht durch,
dass es fragwürdig ist, dem Problem Alkohol ausschließlich mit Verboten und damit
mit Ausgrenzung zu begegnen. In Sand in
Taufers setzt die Offene Jugendarbeit auf ein
gut durchdachtes Reglement den Ausschank
betreffend und orientiert sich an dem Grundsatz: Ein kontrollierter und bewusster Alkoholkonsum vor Ort ist besser als ein exzessiver vor der Haustür.
Das Ziel des „Vereins für offene Jugendarbeit“ in Sand in Taufers ist es, über ein
Leader+ gefördertes Projekt folgende Zielsetzungen zu erreichen:
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Schaffung einer Alternative für Jugend­
liche zum konsumorientierten Gastlokal.
Versuch, das Thema Alkohol in einem
pädagogischen Umfeld zu thematisieren und eine Kultur des Genusses in
den Vordergrund zu stellen.
Steigende Besucherzahl durch Schaffung eines jugendgerechten Cafés.
Durch ein breit gefächertes Angebot
können und sollen Jugendliche ihre
eigenen Fähigkeiten entfalten, nutzen
und neue Talente entdecken.
Freizeitangebote entdecken, die als
Alternative zum Konsum von Suchtmitteln dienen.
Den Jugendlichen Raum und Zeit
geben, im Rahmen des Angebotes des
Jugendcafés und der Angebote im
Jugendtreff eine Freizeitbeschäftigung
zu entdecken, die ihnen Befriedigung
und Freude gibt.
Themen, wie zum Beispiel Suchtmittelkonsum ansprechen und zur Diskussion stellen.
Von diesem Maßnahmenkatalog erwarten sich alle Beteiligten langfristige und
nachhaltige Ergebnisse.
Auch gezielte Behindertenpolitik
nimmt die Gemeinde sehr ernst. Eine
wesentliche Aufgabe, die sich die Verwaltung für die nächsten Jahre vorgenommen
hat, ist der vollständige Abbau sämtlicher
architektonischer Barrieren, die Menschen
mit Behinderung im täglichen Leben immer
und immer wieder zur Belastung werden.
In jenen Unterlagen, mit denen sich
Sand in Taufers um den Europäischen
Dorferneuerungspreis 2008 beworben hat
und den das Dorf schließlich auch gewann,
heißt es im Schlussabsatz:
„Sand in Taufers setzt ‚den Menschen‘ gleichwertig und gleichzeitig
in den Mittelpunkt. Ob Mann oder
Frau, Bürger oder Gast, Einheimischer
oder Ausländer – Sand ist ein Ort, der
menschlich-soziale Kontakte fördert
und pflegt. Damit sind alle Bahnen für
nachhaltige und gesellschaftliche Innovationen geebnet.“
49
8 Reges Leben in den Vereinen
Die Menschen treffen sich gern in einem Kreis
Gleichgesinnter
Ein intaktes und funktionstüchtiges
Vereinsleben wäre in der Gemeinde Sand in
Taufers kaum wegzudenken. Denn gerade
die Vereine sind ein wichtiger Teil des sozialen Lebens und des sozialen Netzes im
dörflichen Miteinander. Die Vereine sind
so gesehen auch Bewahrer von Brauchtum
und Tradition, sie sind wichtige Multiplikatoren von Entwicklungen und Bestrebungen, sie sind Antreiber von Besinnung
und Stimmung.
Die Vielseitigkeit von Vereinen im
gesellschaftlichen Leben und ihre umfangreichen Aufgaben bei der Pflege gemeinsamer Interessen, zeigen sich in Sand in
Taufers recht gut am Beispiel und in den
Statuten der Bürgerkapelle. Das Streben der
Kapelle ist die Pflege und die Erhaltung der
Blasmusik. So steht es in den Statuten. Die
Kapelle ist als kulturelle Institution auch
bestrebt, das Kulturleben in der Gemeinde
durch ihre musikalische Tätigkeit zu bereichern, sowie kirchliche und weltliche
Feierlichkeiten zu verschönern. Ein besonderes Augenmerk gilt der Sensibilisierung
Jugendlicher für Kultur, Tradition und
Heimatbewusstsein. Das Ziel der Kapelle ist
es, in geschlossener Harmonie und Pflichtbewusstsein ihrem Zwecke zu entsprechen
und ihren Fortbestand zu gewährleisten.
Der Verein verfolgt keine kommerziellen
Absichten, ist gemeinnütziger Natur und
50
arbeitet ohne Gewinnabsichten. Alle
Einnahmen der Kapelle werden ausschließlich für die Erhaltung des Vereins weiterverwendet. Das Mitwirken der Musikanten
an der Vereinstätigkeit geschieht auf vollkommen freiwilliger Basis und wird nicht
vergütet. Der Verein ist unpolitisch. Soweit
die Theorie.
Die Praxis der Musikkapelle offenbart
sich in regelmäßiger Probentätigkeit, regelmäßigen Konzerten im Heimatort, in der
Heranbildung von Jungmusikanten, der
Teilnahme an in- und ausländischen Musikfesten und Wertungsspielen, dem Veranstalten von Musikfesten und geselligen Zusammenkünften, der Pflege der Kameradschaft
unter den Mitgliedern, der Zusammenarbeit
mit anderen kulturellen Vereinigungen und
Einrichtungen des Ortes und des Landes.
Natürlich gibt es in der Musikkapelle
Mühlen und der Jägerkapelle Ahornach noch
zwei weitere wichtige Musikantengruppierungen, die auf ein ebenfalls sehr reges, gut
organisiertes und bemerkenswertes Vereinsleben stolz sein können. Leicht lässt sich
die Aktivität von den Musikkapellen mit
einem beeindruckenden Zahlenspiel belegen: Die Bürgerkapelle Sand in Taufers hat
rund 50 Mitglieder in allen Altersklassen.
52 Wochen im Jahr treffen sich all diese
engagierten MusikantInnen wenigsten
zweimal in der Woche. Das macht im Jahr
Vereine
51
52
300 Stunden Proben und Auftritte. Multi­
pliziert mit den 50 MusikantInnen macht
das zusammen 15 000 Stunden.
Man könnte solche Zahlenspielereien
leicht fortführen, um damit das große
Engagement der Vereine darzustellen. 4122
unentgeltliche Stunden leistete beispielsweise 2007 die Freiwillige Feuerwehr von
Sand in Taufers, fast 2300 die Feuerwehr
von Mühlen. Doch Zahlen sind nicht alles,
so eindrucksvoll sie auch sein mögen. Viel
wichtiger sind alle die vielen Frauen und
Männer, die sich in ihren Ehrenämtern
engagieren, die in den vielen Vereinen das
Dorf mit Leben erfüllen, die unschätzbare
Dienste für die Gemeinschaft leisten, vom
gefährlichen Brandeinsatz bis hin zu bester
Unterhaltung. Dazwischen liegt die gesamte
Bandbreite von Kirche, Kultur, Sport und
Freizeitgestaltung. Und überall werden
wertvolle Mosaiksteine zu einem großen
Ganzen zusammengetragen, das am Ende
Gefühle wie Dorfgemeinschaft, Zusammenhalt, Sicherheit, Wohlbehagen und Zufriedenheit ausmacht. Und dieser Verdienst
gebührt zu großen Teilen eben auch den
Verbänden, Vereinen, Organisationen und
Zusammenschlüssen.
„Die Musikkapellen haben einen hohen Stellenwert und genießen die Anerkennung der Gemeinde ebenso wie
die vielen anderen Vereine auch“,
sagt der Kulturreferent und Obmann
der Bürgerkapelle Sand in Taufers, Meinhard Fuchsbrugger. Doch er sieht auch eine
Entwicklung, die ihn nachdenklich stimmt.
Denn immer mehr Menschen ziehen sich
verstärkt in ihre private Sphäre zurück.
Diese Tatsache bleibt nicht ohne Folgen
auch und gerade für die Vereine. Denn sie
spüren als erste die nachlassende Interesse
der Bürger am dörflichen Leben.
richtenbörse, das Becken aus dem die
Vereine geschöpft haben, die Kommunikationsstätte für Jung und Alt“,
sagt Meinhard Fuchsbrugger.
Wie wichtig in Sand in Taufers die
Vereine und das dörfliche Leben genommen
werden, belegt die Tatsache, dass Bürgermeister Helmuth Innerbichler den Obmann
der Bürgerkapelle auch zum Referenten
für Kultur machte. Aufgabe ist es nun, der
beginnenden Vereinsverdrossenheit entgegenzusteuern. Die Entwicklung ist zwar
noch nicht wirklich bedenklich, denn es gibt
nach wie vor sehr viele Vereine und Zusammenschlüsse von Personengruppen in Sand
in Taufers. Doch die Mitgliederzahlen wollen
die Verantwortlichen in den kommenden
Jahren im Auge behalten.
Nicht jeder Verein in Südtirol ist auch
ein wirklich anerkannter und eingetragener Verein. Das liegt vor allem am großen
Aufwand beim Anerkennungsverfahren
und den damit in der Folge zusammenhängenden hohen Verpflichtungen. Ein zu
geringes Vereinsvermögen ist vielfach der
Grund, dass die Anerkennung als juristische
Person im rechtlichen Sinne verhindert wird.
Doch in Sand in Taufers gibt es viele Zusammenschlüsse von Menschen, die vereinsähnliche Strukturen haben und die sehr viel für
das Leben im Dorf leisten.
„Der einfachste Beleg ist, dass die Menschen nicht mehr so oft oder fast gar
nicht mehr ins Dorfgasthaus gehen.
Und das war früher einmal die Nach-
53
Die folgende Auflistung von Vereinen,
Verbänden und Zusammenschlüssen erhebt
keinen Anspruch auf Vollständigkeit und
auch die Reihenfolge der Listung ist keine
Rangfolge etwa nach Mitgliederzahlen oder
Bedeutung. Sie ist nur ein Beleg für die Vielseitigkeit und die enorme Ausprägung des
organisierten gesellschaftlichen Lebens in
der Gemeinde:
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Dekanatsjugenddienst
Pfarrchor Taufers
Pfarrchor Ahornach
Pfarrchor Rein
Ministranten Dekanat Taufers
Musikkapelle Sand in Taufers
Musikkapelle Mühlen
Jägerkapelle Ahornach
Männerchor Taufers
Bildungsausschuss
Schützen Sand in Taufers
Schützen Ahornach
Schützen Rein
Heimatbühne Sand in Taufers
Alpenverein Sand in Taufers
SSV Taufers
SSV Rein
SSV Taufers Sportjugend
SSV Rein Sportjugend
Bergrettungsdienst Sand in Taufers
FF Sand in Taufers
FF Mühlen
FF Kematen
FF Ahornach
FF Rein
Pfadfindergruppe „Stamm Taufers“
Seniorenverein Sand in Taufers
Vinzenverein Sand in Taufers
Katholischer Familienverband
Sand in Taufers
S.K.F.V. Sand in Taufers
La Strada - Der Weg
Krippenfreunde Sand in Taufers
KVW Sand in Taufers
Eine-Welt-Gruppe
Imkervereinigung Sand in Taufers
Alphornbläser
Club 10
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Voppibike
Tennisverein
Schachclub
ASV Taufers – Sektion Ski
Handballclub
Falkenclub
Rafting Club Aktiv
Kegelclub
Gesangsvereine
Fliegenfischerverein
Volleyballclub
Frauengruppe
Kaufleutevereinigung
Pfarrgemeinderat
Hotelier- und Gastwirtevereinigung
Landesverband der Handwerker
Bauernjugend
Volkstanzgruppe
Bauchtanzverein
Dogs in Action
Verein für offene Jugendarbeit
55
56
Das Nikolausspiel in der Fraktion
Kematen ist ein alter Brauch und wird sonst
nirgendwo im Gemeindegebiet aufgeführt.
Früher einmal wanderten die Darsteller von
Bauernstube zu Bauernstube und führten
das Schauspiel vor den Menschen auf. 1984
schließlich kam es zu einer Neuauflage des
Spiels. Das heißt, die alten Texte wurden
zusammengetragen und auf Betreiben des
Pfarrers im Wortlaut ein wenig „entschärft“.
Das Nikolausspiel wurde nun auch nicht
mehr in den Bauernstuben, sondern an
einem Veranstaltungsort aufgeführt. Danach
wurde es wieder still um den alten Brauch.
Erst im Nikolausjahr 1996 wurde die Tradition wieder belebt. Dr. Clemens Auer,
Bürger aus Sand in Taufers und ein wahrhaft
begnadeter Schreiber und Chronist, reimte
für das Spiel neue Verse. Es dauerte danach
elf Jahre ehe die Aufführung 2007 wieder
im Vereinssaal der Feuerwehr von Kematen
zu sehen war. Dieses Beispiel belegt zweierlei: zum einen läuft in einer Gemeinde wie
Sand in Taufers beileibe nicht alles „rund“
und die Gefahr, dass wertvolles Brauchtum
in Truhen, Schubladen und Kommoden
verstaubt, ist latent vorhanden. Doch andererseits war das Nikolausspiel von Kematen
schon zweimal fast in Vergessenheit geraten und wurde doch, dank der Initiative
von interessierten Bürgern, immer „wieder
belebt“.
Rund 60 aktive Vereine, Zusammenschlüsse, Verbände und Organisationen –
nicht auszuschließen, dass es gar noch mehr
sind – sorgen in Sand in Taufers für Leben,
für Belebung und für Lebhaftes. Dass dabei
Kommunikation stattfindet, viele Dinge aus
dem Gemeindeleben transportiert und der
Mut zu Eigeninitiativen erheblich gefördert
werden, ist ein wichtiger Teil der Dorfentwicklung. Die Gemeindeverwaltung ist sich
der Bedeutung des Vereins- und Gemeinschaftslebens bewusst und fördert sie durch
offene Aufnahme Eigeninitiativen – auch
außerhalb der Vereine.
57
9 Frauen sind präsent
In der Gemeindepolitik, in Ausschüssen und im
täglichen Leben
Die Bedürfnisse und auch die Anforderungen an Frauen in der modernen Gesellschaft verändern sich stetig und sind ständig
in Bewegung. Dies zeigen groß angelegte
Studien ebenso wie Beobachtungen im
Mikrokosmos der Familie.
Begibt man sich ins weltweite Netz, so
eröffnen sich unter dem Suchbegriff „Rolle
der Frau in der Gesellschaft“ über die derzeit
größte Suchmaschine mehr als 4,540 Millionen Web-Seiten, die sich in mehr oder weniger großem Umfang diesem Thema aus den
verschiedensten Blickwinkeln annehmen.
„Frauen“, so heißt es in einem Presseartikel eines weltweit agierenden Versicherungsunternehmens, „sind heute besser
ausgebildet, machen Karriere und werden
im Jahr 2010 wahrscheinlich 60 Prozent des
Vermögens kontrollieren.“ Dennoch, so hat
eine Studie ergeben, sind Frauen nach wie
vor finanziell schlecht oder unzureichend
abgesichert. Rund 90 Prozent der für diese
Studie befragten Frauen gaben an, sie fühlten sich finanziell „kaum“ oder „überhaupt
nicht“ abgesichert. Fast die Hälfte der Teilnehmerinnen hat sogar Angst, in die Armut
abzurutschen.
Derlei Unsicherheit resultiert natürlich
auch aus der veränderten Rolle der Frau
in der Gesellschaft. Heute erleben Frauen,
ganz gleich ob sie in der Anonymität
großer Städte oder in ländlichen Gemein-
58
den und dort in einem häufig viel stärker
ausgeprägten sozialen Netz leben, einen
beispiellosen sozialen und wirtschaftlichen
Umbruch. Vor rund fünfzig Jahren lag die
langfristige Finanzplanung eines Paares oft
in männlicher Hand. Die Rolle der Frauen
in der Gesellschaft, der Wirtschaft und im
Privatleben hat sich inzwischen jedoch so
entwickelt, dass ein wachsender Anteil an
Entscheidungsgewalt und Macht bei den
Frauen liegt.
Auch in der Entwicklung der Gemeinde
Sand in Taufers hat sich die Rolle der Frau
in Beruf und Wirtschaft gewandelt. Dass
Frauen in Ausbildung, Karriere, Aufgaben
und Verantwortung im Dorfleben gegenüber
Männern in beträchtlichem Maße aufgeholt
haben, ist eine Tatsache. Und die Entwicklung ist noch immer rasant im Gange.
Eines von mehreren Beispielen ist die
so genannte „Frauenrunde“, in der sich
regelmäßig Frauen des Dorfes treffen und
Probleme und Aufgabenstellungen diskutieren, Maßnahmen verabschieden und damit
permanent an Veränderungen arbeiten und
sie herbeiführen. Spezielle Themen in dieser
Runde sind Kinderhorte, die für berufstätige
Mütter eine Entlastung wären, der WiederEinstieg in das Berufsleben, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, der Weg
der Kinder in die Schule und viele andere
Komplexe mehr.
Frauen
An diesen Diskussionsrunden nehmen
nicht selten auch ExpertInnen mit einem
speziellen Bezug zu einem Thema teil. So
war unter anderen auch schon die deutsche
Frauenrechtlerin Alice Schwarzer Gast bei
einer dieser Veranstaltungen. Ihre Präsenz,
ihre Ansätze und Denkanstöße waren eine
Bereicherung für die Gruppe.
Auch in den politischen Funktionen
stehen die Frauen den Männern in der
Gemeinde in nichts mehr wirklich nach. So
ist die Position der Vizebürgermeisterin mit
Marianna Forer Oberfrank besetzt. Im Senat
in Rom vertritt Dr. Helga Thaler Ausserhofer, die in Sand in Taufers wohnt, das Dorf,
das Land Südtirol und die Anliegen einer
„österreichischen Minderheit“ in Italien.
Im Landtag sind die Frauen aus Sand
in Taufers durch Dr. Martha Stocker vertreten. Im Gemeinderat sind zwar zahlenmäßig
immer noch mehr Männer als Frauen vertreten, doch gibt es auch hier drei engagierte
Rätinnen: neben der Vizebürgermeisterin
noch Dr. Petra Thaler, die auch als Referentin im Gemeindeausschuss sitzt, und
Dr. Elfriede Steger.
In den vergangenen Jahren haben viele
Frauen aus Sand in Taufers beruflich die
Selbstständigkeit gewählt. Und so gibt es
inzwischen viele Unternehmerinnen, die sich
in der freien Wirtschaft fest etabliert haben.
Sie sind als Steuerberaterinnen und Immobi-
lienmaklerinnen tätig, als Anwältinnen und
Ärztinnen, Wirtinnen, Dekorateurinnen und
Künstlerinnen. Sie stehen dabei ihren männlichen Kollegen in nichts nach.
Die Rolle der Frau im Ehrenamt ist
wichtig, was die Teilnahme betrifft. Doch
es ist unübersehbar, dass sie allzu oft im
Hintergrund einer Männerdomäne stattfindet. Bei Vereinsfesten jedoch stammen
die kulinarischen Köstlichkeiten, die ein
Teil der Südtiroler Identität und Tradition
ausmachen, fast stets von Frauenhand. Doch
spätestens an diesem Punkt wird deutlich,
dass Frauen gerade in diesem Bereich oft
ganz und gar im Hintergrund tätig sind.
Erkennbar wird dies konkret bei Aktionen
im Pfarrgemeinderat, dem Eine-Welt-Laden,
bis hin zur stillen Pflege und zur direkten
Nachbarschaftshilfe.
Doch all diesen stillen Helferinnen, den
Heldinnen im Verborgenen, den Frauen, die
ganze Teile unserer Gesellschaft und des
sozialen Alltages im Alleingang am Leben
erhalten, sei an dieser Stelle ein herzlicher
Dank ausgesprochen. Auch und gerade von
den Männern.
Aber ein Dank allein löst lange noch
nicht Probleme, die es nach wie vor gibt.
Immer mehr Mütter suchen beispielsweise
nach einer Betreuungsmöglichkeit für ihre
Kleinkinder vor dem Kindergartenalter.
Um für diese Problematik eine umfassende
59
Lösung zu finden, erfordere es den gemeinsamen Einsatz von Seiten der Landesverwaltung, der Gemeinde, engagierten Eltern
und schließlich auch der privaten Wirtschaft,
erklärt Bürgermeister Helmuth Innerbichler.
Um einer Lösung näher zu kommen,
hat der Bürgermeister Mitte März 2008 zu
einer Diskussion in den Ratssaal eingeladen. Daran nahmen neben zahlreichen interessierten Eltern auch Vizebürgermeisterin
Marianna Forer und Familien-Landesrat
Richard Theiner teil. Der Abend diente vor
allem einem Erfahrungsaustausch berufstätiger Mütter über die Vereinbarkeit von
Familie und Beruf.
Landesrat Theiner, dem dieses Thema
offenkundig ganz besonders am Herzen
liegt, erläuterte die gesetzlichen Bestimmungen, mit denen die Landesregierung
die Betreuung von Kleinkindern in Kinderhorten, Tagesstätten und bei Tagesmüttern
regelt. Diese neuen Bestimmungen sollen
vor allem die Kleinkindbetreuung in den
Gemeinden erleichtern und die Gemeinden
als Träger solcher Einrichtungen stärken.
Bürgermeister Innerbichler betonte,
dass die Gemeindeverwaltung anlässlich des
Jahres für soziale Belange in der Gemeinde,
die Kleinkindbetreuung besonders nachhaltig fördern und unterstützen wolle. Es
wurde nun eine Arbeitsgruppe gebildet, die
konkrete Vorschläge für mögliche Räumlichkeiten ausarbeiten, ein Konzept erstellen
und Kosten für das wichtige Projekt ermitteln soll.
Dieser Arbeitsgruppe gehören Vizebürgermeisterin Marianna Forer, die Gemeinderäte Petra Thaler, Christof Haidacher
und Laurentius Eder und weiters Andreas
Voppichler, Ingrid Holzer, Elisabeth Messner, Ingeborg Meraner und Heidi Mair am
Tinkhof an.
Landesrat Richard Theiner war sichtlich beeindruckt von seinem Besuch in Sand
in Taufers und von dem offenen Gespräch
mit der Gruppe.
60
„Mit dem Engagement so vieler junger
Eltern und dem offenkundigen Interesse der Gemeinde, gute Lösungen
für die Betreuung von Kindern zu finden, ist man hier auf einem guten Weg.
Das Land wird dazu seinen Beitrag leisten“,
sicherte der Landesrat zu.
Selbstverständlich ist auch Sand in
Taufers von steigenden Scheidungsraten
betroffen, die zu getrennten und auch zu
neuen Familien führen. Gleichzeitig ist die
Tendenz so genannter „Single“-Haushalte
ebenfalls steigend. Da Frauen immer öfter
vollerwerbstätig sind, ergeben sich daraus
auch neue Herausforderungen und Verantwortungen für eine Gemeindeverwaltung.
Die Kinderbetreuung spielt dabei eine besondere und zentrale Rolle in allen Diskussionen. Einen „Sommerkindergarten“ gibt es
bereits als gut funktionierende, bestens angenommene Institution, in der Kinder auch
während der langen Ferienzeit sicher und
gut betreut untergebracht werden können.
Eine Kinderkrippe ist derweil in Diskussion.
Und gleichzeitig zu diesen Entwicklungen
setzt die Gemeinde im Wohnbau verstärkt
auch auf kleinere Wohneinheiten.
Die zitierte „Frauenrunde“ beschäftigt
sich intensiv mit den Problemkreisen „allein
erziehender Mütter“, Wiedereingliederung
in den Beruf, Kinderbetreuung, Misshandlung, und mit vielen weiteren Themen, die
dringend nachhaltige Lösungen und neue
Denkansätze fordern.
61
10„Wir haben eine gute Wirtschaftsstruktur“
Von nahrhaftem Boden und steilen Hängen
„Alle Einrichtungen und Handlungen,
die der planvollen Deckung des
menschlichen Bedarfs dienen, besonders die Erscheinungen der Gütererzeugung, des Güterverbrauchs, des
Güterumlaufs im Sinne von Handel
und Verkehr und die Güterverteilung;
oft in räumliche Beziehung gesetzt
z. B. in Welt-, Volks-, Stadt-, Betriebswirtschaft.“
So beschreibt „Das moderne Lexikon“
des Bertelsmann-Verlages den Begriff „Wirtschaft“.
In der modernen Wirtschaft sind
Entwicklungen vielfach in Vernetzungen,
Kooperationen, an Globalisierung und
umfassende Konzepte eingebunden. Im
Konzert der Großen spielt nur mit, wer die
Melodie aller mitspielen kann. Will meinen:
allein und gegen den Strom gehört der
Vergangenheit an. Mittel- und langfristig
wird also nur „überleben“, wer über den
Tellerrand hinaus schaut und sich ernsthafte
Gedanken über die Planung der Zukunft
macht. Manchmal kann es vorkommen, dass
man für visionäre Konzepte sogar ausgezeichnet wird …
Die Latte für den Europäischen Dorferneuerungspreis 2008 war hoch gelegt. „Für
den Sieg kommen nur Teilnehmer in Frage,
die sich durch nachhaltige, vernetzte und
ganzheitliche Konzepte auszeichnen, die
62
von der Bevölkerung getragen werden,
in regionale Kooperationen eingebunden
sind und dem Wettbewerbsmotto ‚Zukunft
durch gesellschaftliche Innovation“ deutlich Rechnung tragen.“ So hatte es Theres
Friewald, die Geschäftsführerin der „Europäischen Arbeitsgemeinschaft Landentwicklung und Dorferneuerung“ schon
vorab im Auftrag ihres Chefs, dem niederösterreichischen Landeshauptmann Erwin
Pröll, ausrichten lassen.
Ende Januar 2008 reichte die Südtiroler Gemeinde Sand in Taufers, auf Initiative
und nachhaltiges Betreiben ihres Bürgermeisters Helmuth Innerbichler eine 112 Seiten
umfassende Bewerbung ein. Sechs Monate
später einigte sich eine 18-köpfige, international besetzt Experten-Jury in München
darauf, Sand in Taufers auf den ersten Platz
und damit vor 28 Mitbewerber um eben
jenen Europäischen Dorferneuerungspreis
2008 zu setzen.
Die Jury, die über die Reihung entschied,
war beim Blick auf Sand in Taufers vor allem
beeindruckt von dem Anspruch der Südtiroler Gemeinde auf Ganzheitlichkeit und von
dem hohen Grad thematischer, räumlicher
und interkommunaler Vernetzung, gepaart
mit beispielgebenden gesellschaftlichen
Innovationen. In der Begründung wurde
aber auch das Weiterbildungsangebot des
Dorfes explizit hervorgehoben und als
Wirtschaft
Schlüssel für die nachhaltige Gemeindeentwicklung gelobt.
Damit wurde von einer unabhängigen Jury deutlich bestätigt, dass sich die
Leistungsbilanz von Sand in Taufers in
vielerlei Hinsicht sehen lassen kann. Allein
die Eckdaten aus der Wirtschaft sind beeindruckend. Während bis zur Mitte des 19.
Jahrhunderts Sand in Taufers nur eine untergeordnete wirtschaftliche Bedeutung hatte,
waren 2005 357 Betriebe im Gemeindegebiet
ansässig. Im Dienstleistungssektor 130 und
305 in der Landwirtschaft. In der Rangliste
der fünfzig Top-Betrieben Südtirols finden
sich gleich drei aus Sand in Taufers (ZH-AG,
HOBAG und Elektrisola). Einige andere
Betriebe sind in ihrer Branche führend in
Südtirol.
Damit wurde von einer unabhängigen Jury deutlich bestätigt, dass sich die
Leistungsbilanz von Sand in Taufers in
vielerlei Hinsicht sehen lassen kann. 2008
lebten auf dem Gemeindegebiet über 5.100
Menschen. Die Netto-Pro-Kopf-Verschuldung lag zu diesem Zeitpunkt bei etwa 65
Euro. (Vergleichbare Südtiroler Gemeinden
müssen in ihrer Bilanz 4.000 Euro pro Kopf
ausweisen.)
Wirtschaftlich steht die Gemeinde gut
da. Die Wirtschaftskraft, gemessen an der
Wertschöpfung je Beschäftigten und der
Wohlstand, gemessen am Pro-Kopf-Einkom-
men, sind überdurchschnittlich. Eine solide
Wirtschaftsstruktur ist ein wesentlicher
Grund dafür.
Im Laufe der vergangenen Jahre hat
sich Sand in Taufers zu einem wirtschaftlichen Dreh und Angelpunkt des Tauferer
Ahrntals entwickelt. Dies geht auch aus
den Zahlen der Handelskammer und einer
Analyse des Südtiroler Wirtschaftsforschungsinstitutes (WIFO) hervor. Vor zehn
Jahren wurden in der Gemeinde noch mehr
Auspendler als Einpendler registriert. Diese
Situation hat sich inzwischen verändert. 988
Tauferer haben ihren Arbeitsplatz außerhalb, während täglich 1282 Personen nach
Sand in Taufers zur Arbeit „einpendeln“.
Die meisten Arbeitnehmer von auswärts
stammen aus der Gemeinde Ahrntal. Taufers
bietet insgesamt 2592 Arbeitsplätze.
Doch Sand in Taufers ist auch ein
Magnet im Einzelhandel. Wenn die
Geschäfte mit einer jährlichen Kaufkraft von
beachtlichen 56 Millionen Euro kalkulieren
können, dann deshalb, weil 30 Millionen
Euro mehr Kaufkraft von außen zufließen
und nur elf Millionen Euro abfließen. Die
Tauferer Wirtschaft steht auf einem soliden Fundament mit vielen Säulen, denn im
Firmenregister der Handelskammer sind
553 Betriebe eingetragen. 403 gewerbliche
Unternehmen und 150 landwirtschaftliche.
Die meisten sind Kleinst- und Kleinbetriebe.
63
Sand in Taufers hat aber auch einige große
Betriebe, deren Aktivitäten weit über den
lokalen Markt hinausreichen und die in
ihren Branchen führend in Südtirol sind. In
der viel beachteten Rangliste der so genannten „Top-50-Betriebe“ finden sich gleich drei
aus Sand in Taufers: die fusionierte ZH-AG,
die HOBAG und Elektrisola.
Auch im Handel findet der Konsument eine Mischung von vielen kleinen und
größeren Geschäften. Neben einem guten
„Größenmix“ hat Sand in Taufers auch
einen ebenso guten „Branchenmix“ von der
Landwirtschaft über Handwerk, Industrie,
Handel, Fremdenverkehr bis hin zu den
Dienstleistern. Verglichen mit der Wirtschaftsstruktur des Pustertals hebt sich Sand
in Taufers dadurch ab, dass es im Baugewerbe aufgrund mehrerer größerer Betriebe
überdurchschnittlich viele Arbeitsplätze zu
bieten hat. Das Gastgewerbe hingegen hat
für „Pusterer“ Verhältnisse eine vergleichsweise geringere Bedeutung. Dies gilt jedoch
nicht für die Kategorie „Urlaub auf dem
Bauernhof“. Besonders die Fraktionen um
den Hauptort sind stark landwirtschaftlich
geprägt, mit idealen Voraussetzungen für
ein Zusatzeinkommen aus touristischen
Aktivitäten. Gerade die Kombination aus
64
Tallagen und Berghängen trägt in Sand in
Taufers auch zur wirtschaftlichen Vielfalt
bei. Noch Mitte des 19. Jahrhunderts hat
Sand in Taufers nur eine untergeordnete
wirtschaftliche Bedeutung gespielt.
Taufers ist nicht nur ein guter Wirtschaftsstandort, an dem die Arbeitslosenquote praktisch bei Null liegt, Taufers hat
auch Lebensqualität. Dies zeigt die kontinuierlich wachsende Bevölkerung, zurückzuführen vor allem auf ein natürliches
Wachstum: Die Geburten waren in den letzten Jahren immer höher als die Sterbefälle.
Während der Zuwachs der Bevölkerung
in etwa dem Rhythmus auf Landesebene
entspricht, sind in den vergangenen zehn
Jahren die Arbeitsplätze in Sand in Taufers
wesentlich schneller gewachsen als auf
Landesebene. Überdurchschnittlich hoch
war in Folge auch die Bautätigkeit.
So gesehen hebt sich Sand in Taufers mit
seiner landschaftlichen und wirtschaftlichen
Vielfalt immer wieder positiv ab. Auf einem
Gebiet, so geht aus der Analyse des Wirtschaftsforschungsinstitutes deutlich hervor,
konnte Sand in Taufers in den vergangenen
zehn Jahren nicht mit der Entwicklung im
Pustertal mithalten. Das ist der Tourismus.
„Zum einen muss sich Sand in Taufers
dabei selbst um neue Gäste bemühen.
Zum zweiten hat Taufers die Chance,
ein Attraktionspunkt für die Gäste des
gesamten Ahrntals zu werden. Mit
Burg, Einkaufsmöglichkeiten – morgen vielleicht auch mit einigen Überdachungen –, in Zukunft vielleicht
auch mit einem Wellness Bereich und
ähnlichen Attraktionen, könnte sich
Taufers als idealer Ort für Schlechtwetterprogramme profilieren. Dabei
gilt immer: Alles was für die Gäste
unternommen wird, kommt der einheimischen Bevölkerung genauso zu
gute“,
sagt Oswald Lechner vom WIFO.
Doch Lechner sagt auch:
„Gerade was die Zukunft betrifft, ist
auf ein wesentliches Kapital hinzuweisen, das Sand in Taufers vorzuweisen hat, nämlich eine sehr junge
Bevölkerungsstruktur. Sand in Taufers
hat damit die beste Ausgangssituation
mit viel Ideenpotential und Kraft die
Zukunft aktiv zu gestalten und positiv
weiter zu entwickeln.“
Die Marktgemeinde Sand in Taufers
kann eine gesunde Wirtschaftsgebarung
vorweisen, die auf eine solide Finanzstruktur zurückzuführen ist. Das positive Wirtschaftergebnis der vergangenen Jahre kann
auch als „öffentliche Ersparnis“ bezeichnet
werden. Eine defizitäre Wirtschaftsentwicklung, beruhend auf höheren Gebarungsausgaben für Gemeindebedienstete
ist allerdings auch gesetzlich untersagt.
Die Steuerbelastung für den Bürger in der
Gemeinde Sand in Taufers betrug im Jahr
2007 1.012,36 Euro.
„Wir haben in unserer Gemeinde eine
sehr innovative und ausgeglichene
Wirtschaftsstruktur mit einem perfekten Branchenmix“,
sagt Bürgermeister Helmuth Innerbichler,
„viele Betriebe zählen landesweit zu
den führenden in ihrer Branche.“
Um diese Entwicklung nachhaltig
zu fördern, habe die Gemeinde in den
vergangenen Jahrzehnten unter der Führung
von Alt-Bürgermeister Toni Innerhofer
immer wieder urbanistische Voraussetzungen geschaffen, um die Wirtschaft zu
fördern, Arbeitsplätze zu sichern, zu erhalten und auszubauen. Nachdrücklich betont
der Bürgermeister, dass der Tourismus eine
entscheidende Antriebskraft der wirtschaftlichen Entwicklung sei.
Eine in ganz Südtirol durchgeführte
Kaufkraftstudie hat ergeben, dass Sand
in Taufers zu den „größten und stärksten
Einkaufsorten“ des Landes zählt und – was
die Ortsinfrastruktur angehe – ein „Vorzeigemodell“ für viele andere Orte sei.
„Die vorliegenden Daten“,
so Hans Felder, Direktor der Abteilung
Wirtschaft des Landes,
„sind Beleg dafür, dass die Handelspolitik in die richtige Richtung zeigt.“
Die Landwirtschaft spielt für die
Gemeinde eine wesentliche Rolle in der
Nahversorgung, bei der Produktion traditioneller, unverwechselbarer Nahrungsmittel
und als Landschaftspfleger des Südtiroler
Kulturgutes. Weil aufgrund der klimatischen Verhältnisse im Pustertal kein Obstoder Weinbau in großem Umfang möglich
sind, fußt die Landwirtschaft traditionsgemäß auf Vieh- und Forstwirtschaft. Im
Tauferer Ahrntal und in Sand in Taufers gibt
den klassischen Talbauern am „Tauferer
Boden“ und den Bergbauern an den steilen Hängen der umliegenden Fraktionen.
Das hört sich zunächst ganz harmlos an,
ist es aber nicht. Die Bergbauern haben viel
weniger die Möglichkeit mit der industriellen Landwirtschaft in den tieferen Lagen
zu konkurrieren. So werden sie mehr und
mehr zu Bauern im Nebenerwerb, weil ihre
Umsätze nicht für ein gesichertes Auskommen reichen. So gehen den Bergregionen
– auch im Tauferer Ahrntal – immer mehr
von jenen Landschaftspflegern verloren,
die die alpinen Kulturlandschaften länger
als ein Jahrtausend geschützt haben. Diese
Entwicklung, sagen Experten, ist gefährlich.
Eine abschließende Lösung, außer Beiträgen für gemähte Wiesen, haben sie indessen
auch nicht und die Diskussion hält an.
65
Die Bauern in Sand und den Fraktionen
sind rege. Sie suchen durchaus nach Wegen.
Sei es nun, dass sie durch die Möglichkeiten
der Direktvermarktung und der Herstellung eigener, unverwechselbarer Produkte
eine neue Einnahmequelle finden und dabei
einzigartige Lebensmittel schaffen oder
dass sie andere neue Wege für sich und die
Kulturlandschaft suchen. In der Fraktion
Kematen haben Bauern in eigener Initiative
eine Biogasanlage realisiert. Sie ist in Größe
und Technik so eindrucksvoll, dass sie als
Vorzeige-Modell dient und inzwischen
vielfach in Norditalien kopiert wird. Die
kompletten Bioabfälle der Landwirtschaft
werden gesammelt. Über einen Fermentierungsprozess entsteht Biogas, das zur
Stromerzeugung dient. Die verbleibenden
Rückstände sind fast geruchlos und inhaltlich wertvoller als herkömmliche Gülle.
Sie werden als wertvolles und natürliches
Düngemittel auf den Feldern aufgebracht.
Keine Wirtschaft ohne Bühne. Das Käsefestival, hervorgegangen aus einer privaten
Initiative, hat nicht nur einen festen Platz
im Veranstaltungskalender der Gemeinde
gefunden, dieses Festival ist längst auch
eine Riesenfete des guten Geschmacks, ein
Gaumensymposium für Gourmets und eine
Darstellungsplattform für ganz besondere
Käse-Produkte. Über 15 000 Besucher an nur
einem Wochenende machen das Käsefestival zur größten Veranstaltung im gesamten
Tauferer Ahrntal. Einer der Stars der Veranstaltung ist der „Ahrntaler Graukäse“. Ein
typisches, heimisches Produkt, das fast nur
noch für den Eigenverbrauch der Bauern
hergestellt wurde und schließlich von der
Non-Profit-Organisation „Slow food“ mit
einem so genannten „Presidio“ ausgestattet
und damit in den Rang eines LebensmittelKulturerbes gestellt wurde. Dass der Graukäse für „besonders schützenswert“ erklärt
wurde, treibt seitdem Journalisten aus halb
Europa um und ins Tauferer Ahrntal. Eine
Initiative mit beispielhaftem Charakter
verhalf dem Graukäse aus dem Ahrntal zu
neuem Leben und der Landwirtschaft zu der
66
Erkenntnis, was sich alles entwickeln kann,
wenn man die Milch nicht einfach nur an
der Straße beim Milch-Lastwagen abliefert.
Zahlreiche Projekte im Rahmen des
Leader Plus Programms sind im Bereich
der Landwirtschaft initiiert und umgesetzt
worden. Als Beispiel sei das Projekt „Ahrntaler Aktivbauernhöfe“ erwähnt. Ziel dieses
Projektes war es, die Ausbildung der Bauern
zu verbessern, interessante und einzigartige
Angebote auf den Höfen zu erarbeiten, die
Gästebetreuung zu intensivieren, sowie eine
gezielte Öffentlichkeitsarbeit und ein professionelles Marketing zu entwickeln. Durch
die qualitative Verbesserung der Gästebeherbergung auf den Bauernhöfen sollte auch
das allgemeine Interesse an diesem Angebot
verbessert und in der Folge das Einkommen
aus diesem Erwerbszweig erhöht werden.
Qualitätsstandard, Auslastung der einzelnen Betriebe und der Bekanntheitsgrad der
Anbieter sollte gesteigert werden.
Es steht außer Zweifel, die Wirtschaft in
Sand Taufers ist durchaus funktionstüchtig
und erfolgreich – ganz gleich, ob Landwirtschaft, Handwerk, Bauwirtschaft, Industrie,
Handel, Dienstleistungssektor oder Tourismus. Doch es bedarf einiger Anstrengungen
und in manchem Bereich auch moderner
Konzepte und Innovationen, um nicht nur
das Niveau zu halten, sondern auch um sich
fortzuentwickeln und nicht zu stagnieren.
Mit dem Blick in die Zukunft sagt
Bürgermeister Helmuth Innerbichler:
„Wichtig ist, dass wir weiterhin großen Wert auf Aus- und Weiterbildung
legen, damit noch mehr Bewusstsein
entwickelt werden kann. Denn es wird
unbedingt notwendig sein, dass wir
uns noch stärker als bisher schon für
das Thema Globalisierung interessieren
und versuchen Trends abzudecken.“
Eines der probatesten Mittel dafür sei
der Aufbau und die Beteiligung an weiteren
Netzwerken zu bestimmten Themenkomplexen, die an einem Tal im Herzen der
Alpen nicht vorübergehen dürften.
Die „Agenda 21“, die als international
vereinbarte Charta für nachhaltige Entwicklung unseres Planeten 1992 in Rio de Janeiro
verabschiedet worden ist und zu der Sand
in Taufers seit 2008 als Startgemeinde in
Südtirol gehört, soll künftig eine dauerhafte
Messlatte für die Fortentwicklung sein.
Anhand 74, akribisch ausgewählter Indikatoren in den Bereichen Umwelt, Gesellschaft und Wirtschaft, kann mit der Agenda
21 ständig überprüft werden, ob der eingeschlagene Weg der richtige Weg ist und ob
die Maßnahmen eingehalten werden.
„Wir wollen verbessern, was wir bereits gut machen und ganz schnell etwas ändern in den Bereichen, in denen
wir nachweislich Defizite aufweisen“,
sagt Helmuth Innerbichler. Der Gewinn
des Europäischen Dorferneuerungspreises,
sei dabei nur ein Schritt in Richtung eines
noch einigermaßen weit entfernten Ziels.
67
11 Wege nach morgen
Vom Stoff aus dem Tourismus gemacht wird
und dem Urlaubshimmel auf Erden
Über 80 mächtige Dreitausendergipfel,
183 bewirtschaftete Almen, 912 Bauernhöfe,
klare Bergseen, muntere Bäche, ein schier
endloses Netz von Spazier- und Wanderwegen, einsamen Bergpfaden und großartigen
Gipfelrouten – das ist gemeinhin der Stoff,
aus dem Tourismusprospekte „gestrickt“
werden. Weil das Tauferer Ahrntal und
mittendrin der Hauptort Sand in Taufers
dies alles im Überfluss zu bieten haben, ist
das nördlichste Tal Südtirols heute auch
eine begehrte Destination für Urlauber aus
Herren Länder.
Dass mit dem Tourismus die Identität
der Menschen, ihre tief verwurzelten Traditionen und das gelebte Brauchtum nicht verloren gingen, liegt an den Menschen selbst.
Denn die Tauferer sind ein stolzes Volk.
Und ihr Tal sehen sie mit eben diesem Stolz
als ein ganz besonderes Tal an. Ein kantiger
Menschenschlag, der bisweilen hart und
unnahbar wirken mag. Doch tief drinnen
wohnt eine Seele und ein Geist voller Gastfreundschaft und Gastlichkeit. Keine Frage
und keine Übertreibung, Sand in Taufers
kann seinen Gästen den Urlaubshimmel auf
die Erde holen.
An den steilen Hängen kleben,
verträumt und Adlerhorsten gleich, die
von der Sonne gegerbten Berghöfe. Dort
kommen die Bauern – vielfach nur noch im
Nebenerwerb – einer der wichtigsten Aufga-
68
ben des Alpenanrainers Südtirol nach. Sie
sind Landschaftspfleger und Hüter einer
einzigartigen Landschaftskultur. Sie helfen,
das kleine Land hinter dem Brenner vor
Verkarstung und Vermurung, vor Auswirkungen der Naturgewalten und vor mancher
Katastrophe zu schützen. Kein Wunder, dass
die Bauern ein Teil des Tourismus geworden
sind; anderswo müssen kluge Köpfe für so
etwas erst Konzepte schreiben.
Mit knapp 400 000 Nächtigungen im
Jahr rangiert Sand in Taufers mit seinen
Tal-Fraktionen Sand, Mühlen und Kematen,
sowie den Bergdörfern Ahornach (1400 m)
und Rein in Taufers (1600 m) zwar nicht an
der Spitze Südtiroler Feriendomizile, doch
der Stellenwert des Tourismus ist dennoch
von enormer Bedeutung für die 5000-SeelenGemeinde im Tauferer Ahrntal.
„Der Tourismus ist unser wichtigster
Wirtschaftszweig“,
sagt Bürgermeister Helmuth Innerbichler und wird nicht müde, sein Bekenntnis für
den Fremdenverkehr stetig zu erneuern.
„Handwerk, Handel, Landwirtschaft
und Industrie hängen auch von der
Entwicklung des Tourismus ab. Alle
profitieren wir direkt oder indirekt
vom Fremdenverkehr“,
stellt er unmissverständlich fest und
Tourismus
stärkt damit allen Wirtschaftstreibenden in
der Gemeinde den Rücken. Das „frische“
Kapital, das durch den Tourismus in den Ort
fließe, werde zu großen Teilen auch wieder
vor Ort reinvestiert.
Seit der Fremdenverkehr und der Alpinismus in der Mitte des 19. Jahrhunderts
mit steigenden Wachstumsziffern Einzug in
die Täler der Alpen gehalten hat, profitiert
auch Sand in Taufers nachhaltig von dieser
Entwicklung. Heute sind auf dem Gemeindegebiet rund 180 Beherbergungsbetriebe
mit etwa 3500 Gästebetten angesiedelt.
Das weit verzweigte Wandernetz, die
Umgebung einer Naturpark-Schutzzone und
das Skigebiet Speikboden sind die wesentlichen Merkmale, mit denen Sand in Taufers
heute im Konzert der Tourismusorte in
Südtirol und im Alpenraum punktet. Durch
die Erschließung des Skigebietes in den
siebziger Jahren entwickelte sich neben der
Sommer- auch eine lukrative Winter-Saison.
Nach einjähriger Vorbereitungszeit wurde im November 2007 in Sand in
Taufers ein touristisches Leitbild präsentiert. Eine 21-köpfige Leitbildgruppe hatte
sich aufgemacht, um neue Wege in den
Tourismus zu suchen und zu finden. Das
engagierte Team in einer Besetzung aus
fast allen Bereichen der Gesellschaft, wurde
fachmännisch von Dr. Simon Gspann von
der ETB Edinger Tourismusberatung beglei-
tet und unterstützt. Das Leitbild wurde
für einen strategischen Zeitraum von zehn
Jahren entwickelt. Ziel dieses Projektes ist
es, einen nachhaltigen, auf die Umwelt und
die Gesellschaft von Sand in Taufers abgestimmten Tourismus zu fördern, der den
Ansprüchen und Wünschen moderner Gäste
gerecht wird. Damit soll die Wirtschaft der
Gemeinde aufblühen, denn der Tourismus
wird zu Recht als Triebfeder wirtschaftlicher
Entwicklung angesehen. Gäste und Bewohner sollen sich im Dorf und in den Fraktionen gleichermaßen wohl fühlen und eine
Stätte der Begegnung finden. Bürgermeister
Helmuth Innerbichler sagt:
„Somit bildet das Tourismusleitbild als
Motor die Basis für das wirtschaftliche,
soziale, gesellschaftliche, politische
und klimatische Netzwerk von Sand
in Taufers.“
In dem 126 Seiten starken Papier
wurden genaue Erhebungen über Infrastrukturen und Gästezahlen angenommen. Es
wurden die Stärken und die Schwächen der
Urlaubsdestination Sand in Taufers herausgefiltert. Und schließlich wurden Leitlinien
für künftige Entwicklungen, Ziele, Positionierungen, Bekenntnisse, Maßnahmen und
Strategien erarbeitet. Das touristische Leitbild ist heute eine der wichtigsten Grundlagen für alle Prozesse rund um die Themen
69
Tourismus und Dorfentwicklung. Eine der
wesentlichen Formulierung ist darin das
Bekenntnis zur Förderung einer „positiven
Stimmung“ in der ganzen Gemeinde.
Auf vier Säulen wird sich die „Marktgemeinde Sand in Taufers – das Herz im Erholungs- und Naturpark Rieserferner-Ahrn“
künftig positionieren. Mit Aktiverholung,
Kultur, Genuss und Natur. Dabei sollen
qualitatives und quantitatives Wachstum,
eine deutliche Verbesserung der Wirtschaftlichkeit, die Steigerung der Wertschöpfung,
Kooperationsprojekte und die gestärkte
Kommunikation messbare Indikatoren für
eine positive Entwicklung sein.
70
Grundlage für den Erfolg dieses
Konzeptes aber sind Kooperation, Kommunikation, Miteinander und entsprechende
Synergien. Denn erst diese Faktoren ermöglichen, dass ein ganzes Netz auf Nachhaltigkeit ausgerichtet überhaupt erst entstehen
kann.
Für einen nachhaltigen Erfolg ist es
notwendig, alle Interessensgruppen einzubinden und zu koordinieren.
Die Maßnahmenpakete zeigen Innovation und Vernetzung mit allen Bereichen.
Das touristische Leitbild mündet somit in
ein komplettes Leitbild für Sand in Taufers,
mit nachfolgenden Schwerpunkten:
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Maßnahmen im Bereich „Natur, Umwelt, Landschaft“,
Maßnahmen im Bereich „Raumordung,
Ortsbild, Verkehr“,
Maßnahmen der touristischen Betriebe,
Maßnahmen der Sport- und Freizeiteinrichtungen,
Maßnahmen der touristischen Organisation.
Jeder Bürger wird aufgefordert, Sand
in Taufers als liebenswerte und lebenswerte
Heimat zu erhalten und als Ferienort mit
hohem Erholungswert zu gestalten.
Bürgermeister Helmuth Innerbichler
vertritt den Standpunkt:
„Tourismus ist schwieriger zu betreiben als es aussieht. Wir brauchen Netzwerke, die Überzeugung aller Bürger
in der Gemeinde, Qualität, perfekten
Service, Dienstleistung und Freundlichkeit, um dem Druck des großen
Angebotes auf dem Weltmarkt des
Tourismus standhalten zu können.“
Kein Zweifel, dem Wirtschaftszweig
Tourismus kommt im Tauferer Ahrntal und
in Sand in Taufers eine besondere Rolle zu.
Im Rahmen des Förderprogramms LeaderPlus wurde die Achse „Tourismus“ durch
verschiedene Projekte und Maßnahmen
unterstützt. Die Trägerschaft der Projekte
lag zum Teil beim Tourismusverband „Ferienregion Tauferer Ahrntal“; dabei ging es
um den Ausbau und die Verstärkung der
strategischen Vermarktung des Tales als
Urlaubs- und Erholungsgebiet. Seitens der
Mitglieder in der Lokalen Aktionsgruppe
(LAG) wurde immer wieder die Anregung
geäußert, die Tourismustreibenden (Hoteliers, Pensionsbetreiber, Gastwirte) durch
aktive Mitarbeit verstärkt in die Planung
und Durchführung von Tourismusprojekten einzubinden.
Zur Aktivierung der Tourismustreibenden wurde die so genannte „Tourismuswerkstatt im Tauferer Ahrntal“ ins Leben
gerufen. Ziel dieses Projektes ist es, die
Tourismustreibenden des gesamten Tauferer
Ahrntals verstärkt in die Realisierung von
Maßnahmen und Aktionen zur nachhaltigen touristischen Entwicklung des Tales
einzubinden und ihre aktive Mitarbeit zu
fördern. Dies erfolgt in Form von gemeindeinternen und gemeindeübergreifenden
Arbeitsgruppen und Veranstaltungen. Im
Rahmen dieser Treffen werden Ideen und
Maßnahmen erarbeitet, um den Tourismus
im Tauferer Ahrntal auch zukünftig engagiert und erfolgreich zu betreiben und als
wichtige Säule der lokalen Wirtschaft nachhaltig zu stärken. Ein erster Impuls für das
Erreichen dieser Zielsetzungen ging von
einer Reihe von Abendveranstaltung aus, bei
der erfolgreiche Touristiker des Landes und
hochkarätige Referenten aus dem In- und
Ausland praktische Erfahrungsberichte und
wichtige Impulse für die Zukunft gaben. Die
Tourismustreibenden sollten dazu motiviert
werden, den Pioniergeist der Vorfahren
unter den heute stark veränderten Bedingungen wieder neu aufleben zu lassen.
Die Genossenschaft für Regionalentwicklung und Weiterbildung Tauferer Ahrntal hat im Rahmen des Projektes „Tourismuswerkstatt im Tauferer Ahrntal“ als Auftakt
fünf Abendveranstaltungen mit renommierten Referenten aus dem In- und Ausland
organisiert, um die Tourismustreibenden
des Tauferer Ahrntals zu sensibilisieren und
zur aktiven Mitarbeit an der touristischen
Entwicklung des Tales zu motivieren.
Gemeinsam wurde versucht, an den Problemen der Tourismusbranche zu arbeiten und
neue Lösungen zu finden, damit sie auch in
Zukunft erfolgreich bestehen kann. Diese
Abendveranstaltungen waren für alle Bürgerinnen und Bürger zugänglich und wurden
von der Bevölkerung des Tauferer Ahrntals
auch in Anspruch genommen.
Was Touristen in Sand in Taufers und
dem Tauferer Ahrntal besonders schätzen, ist
das Stück unverbrauchte Natur, die Bodenständigkeit der Menschen, die herzliche
Gastlichkeit, die von ihnen ausgeht. Doch
bisweilen scheint die Natur so dominant,
71
72
dass die Kultur mit all ihren Schätzen und
Kleinoden fast zu kurz zu kommen scheint.
Diese Kultur, die dem Interessierten durch
das gesamte Tauferer Ahrntal immer wieder
neu begegnet, zieht sich wie ein roter Faden,
wie eine Meile der Kultur von der Gemeinde
Gais bis hinter Prettau nach Kasern.
Durch eine gleichermaßen angemessene wie auch ansprechende Aufbereitung
und eine mediale Darstellung wurden die
Kulturgüter im Tauferer Ahrntal besser
zugänglich gemacht. Und es wurden
Möglichkeiten der Neuentdeckung und
Begegnung geschaffen. Ziel eines groß
angelegten Projektes war die zusammenhängende Darstellung und Beschilderung
von kleinen Kulturstätten und Kulturdenkmälern im Gebiet des Tauferer Ahrntals.
Dabei kamen Kulturstätten in Betracht, die
zwischen dem Volkskundemuseum in Dietenheim und der Wallfahrtskirche Heilig
Geist in Prettau liegen. Insgesamt 31 kulturhistorisch wichtige Punkte wurden in das
Projekt eingeschlossen.
Diese 31 ausgewählten Stätten der
Kulturmeile Tauferer Ahrntal haben entweder
kulturhistorische (Spitzenklöppeln, Schnitzen, Schindlklieben), siedlungsgeschichtliche
(Dorfentwicklung), wirtschaftsgeschichtliche
(Bergwerkzentrum, Kornkasten, Gasegg,
Bergrichter) oder kunstgeschichtliche
Bedeutung (Walburgaltar, Pfarrkirche Rein,
Burg Taufers, Hl. Geist). Sämtliche Stationen wurden von Experten recherchiert,
beschrieben und textlich aufbereitet. So
entstanden 31 Texte und anschließend mit
ausgewähltem Bildmaterial ein viel beachtetes Buch. Dadurch leistet die Kulturmeile
einen aktiven Beitrag zur Sicherung von
altem Wissen und Kulturtechniken, was
wiederum dafür sorgt, die starke Identität des Tales weiter zu festigen. Überdies
wurde die gesamte Kulturmeile durchgehend beschildert und es wurde ein InternetAuftritt entwickelt. Die Kulturmeile wird
von der „Ferienregion Tauferer Ahrntal“
beworben und ist ein Gemeinschaftsprojekt
der fünf Gemeinden Gais, Sand in Taufers,
Mühlwald, Ahrntal und Prettau, die sich
nun kulturhistorisch eng miteinander
verbunden präsentieren.
Beispiele für Initiativen und Projekte
gibt es einige. Doch dies alles scheint
bisweilen lange noch nicht genug, um für
das künftige Bad im Haifischbecken des
weltweiten Tourismus und seinen zahllosen
Destinationen vorbereitet zu sein, die ja alle
für sich in Anspruch nehmen, „einzigartig“
zu sein. So gesehen ist die eigene Identität
und die gelebte Authentizität immer noch
eines der probatesten Mittel, um wahrhaftig
und nachhaltig zu überzeugen und dann die
Weiterempfehlung durch den Gast zu erreichen. Doch dazu ist ein enorm ausgeprägtes
Wir-Gefühl notwendig, denn die WohlfühlAtmosphäre machen nicht ein paar wenige
in Sand in Taufers aus, sondern über 5000
Bürgerinnen und Bürger. Dass vor diesem
Hintergrund Formulierungen wie der Satz
„Was habe ich schon mit dem Tourismus
zu tun“ knirschender Sand im Getriebe
des Hauptwirtschaftszweiges sind, steht
sicherlich außer Frage. Ebenso wie Neid,
Missgunst und der argwöhnische Blick
in Nachbars Garten. Die Gastwirtin und
Ortsobfrau ihrer Standesorganisation HGV,
Ruth Innerhofer, hat in einem Interview mit
dem Gemeindeblatt „Tauferer Bötl“ gesagt:
„Ohne Solidarität geht es einfach nicht.
Mein Nachbar ist sicher nicht mein
Konkurrent, sondern allenfalls die
nächste Urlaubsdestination …“
73
12 Im internationalen Wettbewerb
Ohne Netzwerke und moderne Kommunikation
geht nichts mehr
Unter „Networking“, also ein Netzwerk für einen bestimmten Zweck zu schaffen, versteht man
„die Kunst, Beziehungen aufzubauen
und zu nutzen“,
sagt Harvey MacKay, erfolgreicher
Unternehmer, Wirtschaftsspezialist und
fünffacher Bestseller-Autor. Kooperationen, Allianzen und Netzwerke sind heute
die Grundlagen moderner Wirtschaft und
Wirtschaftsförderung. Kooperationen
und Netzwerke sind der Ausdruck einer
gemeinsamen Lösungsstrategie als Antwort
auf neue Herausforderungen. Wohl dem,
der Mitglied in einem oder mehreren Netzwerken ist. Noch wohler dem, der in der
Lage ist, Netzwerke und Kooperationen
aufzubauen.
Die Grundlage von Netzwerken ist
Kommunikation. Und mit kaum etwas
anderen tut sich der Mensch bisweilen so
schwer, wie mit Kommunikation, denn
sie bietet gefährlichen Raum für Missverständnisse und oft unüberwindbare
Hemmnisse und Barrieren. Der durch
seine Graugänse berühmt gewordene
österreichische Verhaltensforscher Konrad
Lorenz hat folgende Gedankenkette aneinander gereiht:
¯ gesagt ist nicht gehört,
¯ gehört ist nicht verstanden,
¯ verstanden ist nicht einverstanden,
74
¯
¯
einverstanden ist nicht getan,
einmal getan ist nicht immer wieder
getan!
Eine wesentliche und unabdingbare Voraussetzung für funktionierende
Netzwerke ist somit eine gut ausgebildete
Kommunikationsfähigkeit.
Auch öffentliche Verwaltungen haben
sich Netzwerkbildung und Kooperationen
längst zu Eigen gemacht. Die Erkenntnis,
dass in einem Netzwerk eins und eins und
eins nur rechnerisch drei ist, in einer Kooperation aber eins plus eins plus eins mehr als
drei macht, weil jeder Kooperationspartner
wieder seine Partner mit einbringt, bewirkt
natürlich auch im Mikrokosmos einer
Gemeinde Dynamik, Kreativität und vor
allem ganzheitliches Denken.
„Wir leben in unserer Gemeinde ja
nicht auf der Insel der Glückseligkeit,
sondern wir sind Teil des Ganzen. Und
dieses Ganze bietet uns viele Möglichkeiten, wenn wir die Aufgaben im
Sinne der Bevölkerung vernetzt und
mit durchdachten Strategien angehen“,
sagt Bürgermeister Helmuth Innerbichler und kann inzwischen auf eine Vielzahl
von Aktivitäten verweisen, die klar belegen, wie notwendig und am Ende auch wie
Kooperationen - Netzwerke
erfolgreich es ist, innerhalb einer Gemeinde
alle Interessensgruppen einzubinden und zu
koordinieren.
Ein gutes Beispiel ist auch in diesem
Zusammenhang jenes Leitbild, das in Sand
in Taufers zunächst als Konzeption für die
Entwicklung des Tourismus gedacht war,
sich aber sehr bald als gute Grundlage für
viele Bereiche der Gemeinde erwies.
Die einzelnen Maßnahmenpakete
nämlich zeigen Innovation und Vernetzung
mit allen Bereichen. Das touristische Leitbild
mündet somit in ein komplettes Leitbild für
Sand in Taufers.
¯ Maßnahmen im Bereich „Natur,
Umwelt, Landschaft“,
¯ Maßnahmen im Bereich „Raumordung,
Ortsbild, Verkehr“,
¯ Maßnahmen der touristischen Betriebe,
¯ Maßnahmen der Sport- und Freizeiteinrichtungen,
¯ Maßnahmen der touristischen Organisation.
Jeder Bürger sei aufgefordert, Sand in
Taufers als liebenswerte und lebenswerte
Heimat zu erhalten und als Ferienort mit
hohem Erholungswert zu gestalten. Für
einen nachhaltigen Erfolg sei es notwendig,
alle Interessensgruppen einzubinden und zu
koordinieren, heißt es im Leitbild – Vernetzung mit einem Wort.
Natürlich dienen Netzwerke und
Kooperationen auch einer mittel- und
langfristigen Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit auf dem internationalen Parkett.
Dies ist in wirtschaftlicher, wie in touristischer Hinsicht relevant. Deshalb sucht
die Gemeinde Sand in Taufers seit Jahren
schon die Zusammenarbeit auf internationaler Ebene und verstärkt Kooperationen mit Alpenanrainern und direkten
Nachbarn. So ist der Hauptort im Tauferer
Ahrntal gleich in zwei wichtige, grenzüberschreitende so genannte „Interreg“-Projekte
eingebunden.
Zum besseren Verständnis sei gesagt,
dass die Gemeinschaftsinitiative INTERREG des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) die verstärkte
Zusammenarbeit zwischen den Regionen
der Europäischen Union fördert. Ziel von
INTERREG III (in der Strukturfonds-periode zwischen 2000 und 2006) war die
Stärkung des wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalts in der Europäischen
Union durch die Förderung grenzübergreifender, transnationaler und interregionaler Zusammenarbeit und ausgewogener räumlicher Entwicklung. Besondere
Aufmerksamkeit gilt dabei der Einbeziehung von Regionen in äußerster Randlage,
sowie von Regionen entlang der Grenzen
zu den Beitrittsländern.
75
76
Unser
77
Für die Marktgemeinde Sand in
Taufers ist der Schutz von Natur und
Umwelt und die Erhaltung einer wertvollen Kultur des ländlichen Alpenraums
ein wichtiger Schwerpunkt. Im Rahmen des
EU-Progammes Interreg III Italien/Österreich 2000 – 2006 wurde in Sand in Taufers
folgendes Projekt umgesetzt:
„Maßnahmen zur Aufwertung der
touristischen Regionen Mittersill
(Salzburg/Österreich) und Tauferer
Ahrntal (Südtirol/Italien) durch die
Aufarbeitung, Dokumentation und
touristischen Präsentation der jeweiligen Ferienregion“
Das Projekt setzte konkret das Ziel
um, ein Buch über das Tauferer Ahrntal
zu erstellen, zu den Themen Geschichte,
Kultur, Brauchtum, Handwerk und Landwirtschaft. Die Beiträge im Buch wurden
wissenschaftlich fundiert, aber publizistisch
so aufbereitet, dass sie für jedermann leicht
verständlich und ansprechend sind. Das
Buch mit dem Titel „Das Tauferer Ahrntal –
Geschichte und Zukunft“ wurde so zu einer
„Bestandsaufnahme“ des Tauferer Ahrntals. Nationaler und grenzüberschreitender
Projektpartner war die Ferienregion Nationalpark Hohe Tauern GmbH.
Das zweite Interreg-Projekt, an dem die
Gemeinde Sand in Taufers sich beteiligt hat,
ist das Interreg III C Projekt: „ICNW – International Communal Network“.
Dieses Projekt ist eine Initiative der
Gemeindebünde und Gemeinden aus
13 Ländern mit dem Ziel, die ländlichen
Gemeinden, aber auch die anderen Kommunen für den internationalen Wettbewerb
zu stärken. Vor allem wurde versucht, die
neuen EU-Beitrittsländer in ihrer Entwicklung in einem gemeinsamen Wirtschaftsund Gesellschaftsraum zu unterstützen.
Hauptschwerpunkte des Projektes waren der
Aufbau eines transnationalen Netzwerkes
zwischen den Gemeinden, die Vermittlung
von Erfahrungen und Kontakten in Bezug
auf die Wirtschaft im ländlichen Raum und
78
die Vorbeugung der Landflucht, die Zusammenarbeit bei Umweltthemen wie Wasser,
Abwasser, Abfall, Energie und Verkehr.
Vertreter für das Land Südtirol in diesem
Projekt war die Marktgemeinde Sand in
Taufers.
Das ESF-Projekt: „Alpin Wellness
Tauferer Ahrntal“ – Mit dem Europäischen
Sozialfonds (ESF) werden durch die Europäische Union Maßnahmen mit dem Ziel
gefördert, neue Arbeitsplätze zu schaffen,
bestehende Arbeitsplätze zu sichern, den
Unternehmergeist zu fördern, Arbeitslosigkeit, insbesondere Langzeitarbeitslosigkeit zu verringern, Beschäftigungsfähigkeit
herzustellen und zu erhalten, das Humankapital der Arbeitskräfte zu erhöhen sowie die
Chancengleichheit von Frauen und Männern
zu fördern.
Ein ESF-Projektbeispiel der Gemeinde
Sand in Taufers ist das Projekt „Alpin Wellness“. Nutznießer des Projektes waren alle
Interessierten im alpinen Bereich, speziell
jene aus dem Tauferer Ahrntal und ganz
Südtirol.
Die Projektteilnehmer/innen untersuchten unter fachlicher Anleitung die
natürlichen Lokalressourcen und lernten
aus diesem Knowhow- und Datenpool
neues Marktpotential zu entwickeln und zu
erschließen. Daraus abgeleitet wurden neue
Produkte und Anwendungen für die Umsetzung und die Vermarktung in den Bereichen
Wellness, Gastronomie, Landwirtschaft und
Hotellerie und Tourismus geplant.
Aus diesem Projekt entstand die Idee
für das „Tauferer Wasserglas“. Dieses eigens
kreierte und beschriftete Wasserglas ist eine
Aktion, um auf das kostbare Quellwasser
aufmerksam zu machen, und ein Instrument,
um dem Gast ein Stück Natur zu bieten.
Mit dem Projekt „GIS“ wurde die
Vernetzung des Meldeamtes und des Steueramtes mit dem geografischen Informationssystem (GIS) realisiert.
Im Jahre 2004 wurde das Projekt
„GemNova.net“ ins Leben gerufen, das
gemeinsame, innovative Projekte von
79
Gemeinden aus Nord-, Ost- und Südtirol
verfolgt. Den Grundstein für das Projekt
wurde durch die Universität Innsbruck
und die Europäische Akademie in Bozen
gelegt. Nachhaltig verfolgt werden Initiativen auf wissenschaftlicher und praxisorientierter Basis, die eine grenzüberschreitende
Gemeindeentwicklung zum Inhalt haben.
GemNova.net hat folgende Ziele:
¯ Steigerung der Leistungsfähigkeit der
Gemeinden mittels wissenschaftlicher
und praxiserprobter Methoden sowie
einer Informations- und Wissensplattform,
¯ Organisation von Lernpartnerschaften
in Bezug auf Modernisierung,
¯ Entwicklung von innovativen gemeindespezifischen Lösungen,
¯ Vernetzung von theoretischem Managementwissen mit praktischen Implementierungen,
¯ Förderung der regionalen und überregionalen Kooperation von Gemeinden.
Sand in Taufers hat beim GemNovaNet-Workshop „KomPot“ – Kommunale
Potentialanalyse neben weiteren 43 Südtiroler Gemeinden unterschiedlicher Größe teilgenommen. Die Ziele dieses Projektes sind:
¯ Kommunales Handeln vergleichbar zu
machen,
¯ Leistungsfähigkeit der Körperschaft
besser einschätzen zu können,
¯ Ressourcenpotential identifizieren,
¯ Reformanstöße für die eigene Verwaltung bekommen,
¯ Schaffung von Planungs- und Steuerungsgrundlagen,
¯ Berichtswesen effizient gestalten.
Als Datenbasis werden die Abschlussrechnungen, der Kassenbestand und die
Strukturdaten der Jahre 2002, 2003 und 2005
verwendet. Auf ein einheitliches Niveau
gebracht, können die Daten verglichen und
analysiert werden. Als Analyseergebnisse
entstehen verdichtete und vergleichbare
Berichte.
80
Dabei sind die Pflege von Strukturdaten, eine Finanzanalyse mit Kennzahlen,
die Bewertung der Dienste, Vorschläge
zur Weiterentwicklung und maßgebliche
Entwicklungsmöglichkeiten Hauptschwerpunkte. Zudem wurden Regeln für den
Umgang mit den Daten entwickelt (zum
Beispiel Anonymisierung)
Für die Weiterführung der Themen
sind Kernteams verantwortlich. Im Mai
2006 wurde im Beisein eines Vertreters der
Gemeinde Sand in Taufers die Weiterführung dieses Projektes beschlossen.
Die Gemeinde Sand in Taufers pflegt
eine Städtepartnerschaft mit der Gemeinde
Mayrhofen im Zillertal. Diese Partnerschaft
wird im Rahmen der Netzwerkarbeit intensiv gepflegt und es besteht ein reger Interessensaustausch.
Das Zillertal und das Tauferer Ahrntal sind seit jeher, nicht zuletzt durch die
geografische Lage, eng miteinander verbunden. Durch gemeinsame Traditionen und
durch gewachsene Freundschaften wurde
diese Verbundenheit ständig ausgebaut.
Teilweise werden grenzüberschreitende
Almenverbände gemeinsam bewirtschaftet;
auch Beziehungen unternehmerischer Art
werden gepflegt.
Um der Beziehung mit Nachhaltigkeit
Ausdruck zu verleihen, wurde in den 80er
Jahren das so genannte „Zillertal-Treffen“
ins Leben gerufen. Bei diesen regelmäßig
stattfindenden Treffen können die bestehen
Beziehungen gepflegt und weitere Verbindungen geknüpft werden.
Die Gemeinde Sand in Taufers nimmt
auch an den Treffen der Mittelpunktgemeinden teil, die zweimal im Jahr stattfinden. Bei
diesen Treffen der Bürgermeister/innen und
Gemeindesekretäre/innen von rund einem
Dutzend größerer Gemeinden werden aktuelle Probleme der Gemeinden besprochen
und Erfahrungen ausgetauscht.
Die „Ferienregion Tauferer Ahrntal“
ist ein Zusammenschluss der örtlichen
Tourismusvereine des Tauferer Ahrntals zu
einer Dachorganisation. Auch der Touris-
musverein der Gemeinde Sand in Taufers
ist Mitglied der Ferienregion Tauferer
Ahrntal.
Die Gemeinde Sand in Taufers lies
in Zusammenarbeit mit der Stadtpolizei
Bruneck ein Konzept über eine gemeindeübergreifende Nutzung der Gemeindepolizei erstellen. Dieses Konzept ist in der
Umsetzungsphase. Die Gemeinde Sand in
Taufers stellt die Dienste der Gemeindepolizei der Nachbargemeinden zur Verfügung. Die Gemeindepolizeistation befindet
sich jedoch in Sand in Taufers. Somit ist
eine effiziente und effektive Nutzung der
Ordnungshüter möglich.
Im Jahr 2002 ist im Rahmen eines ESFProjektes ein Pilotprojekt – damals einzigartig in Südtirol – gestartet worden. Seitdem
sind alle Gemeinden des Tauferer Ahrntals,
die Ferienregion und die Tourismusvereine
über ein gemeinsames Internetportal www.
taufererahrntal.info verbunden. Durch
interaktives Zutun von Bürgern, Vereinen,
Verbänden, Betrieben und Gaststätten wird
ein virtueller Veranstaltungskalender geboten. Außerdem konnte mit diesem Projekt
eine, allen zugängliche Wirtschaftsplattform,
aufgebaut werden.
Mit all diesen beschriebenen Beispielen wird deutlich, dass Sand in Taufers in
seiner gesellschaftlichen Entwicklung und
in der Kommunikationsfähigkeit sehr gut
in der Lage ist, sich in internationale Netzwerke einzubinden, sie zu unterstützen und
wesentliche Beiträge für Kooperationen zu
leisten. Diese Tatsache trägt dazu bei, dass
die Marktgemeinde Sand in Taufers bereits
jetzt ein gefragter, geschätzter und zuverlässiger Partner in vielerlei Hinsicht ist. Weil
die internationalen Anbindungen natürlich auch interne Klein-Netzwerke für die
umfassende äußere Darstellung, die interne
Kommunikation und die professionelle
Abwicklung der Projekte forderten, schritt
die Entwicklung der Gemeinde und ganz
besonders der Gemeindeverwaltung auf
zwei Ebenen rasant voran. Denn erst „innerbetriebliche“ Kooperation und Zusammen-
arbeit ermöglichen „überbetriebliche“ Netzwerke mit externen Partnern. So gesehen
befindet sich Sand in Taufers offenkundig
auf dem besten Weg.
81
13 Sage mir, was Du leistest …
Auch geförderte Projekte sorgen für nachhaltige Entwicklung
Die Leistungsfähigkeit einer Gemeinde
lässt sich an kaum einem anderen Indikator
so offensichtlich ablesen, wie an einzelnen Projekten. Dabei geht es weniger um
projektierte Baumaßnahmen und Bauwerke,
sondern vielmehr um die Umsetzung von
Maßnahmen, die der infrastrukturellen
Entwicklung, der Förderung der Wirtschaft
und der Fortentwicklung der Gemeinde
überhaupt dienen.
Projekte wie das touristische Entwicklungsleitbild oder Interreg-Maßnahmen im
Rahmen des EU-Programms, aber auch die
Kulturmeile im Tauferer Ahrntal wurden
bereits erwähnt. Sand in Taufers hat aber
auch die Möglichkeiten von „Leader-Plus“
genutzt. „Leader Plus Tauferer Ahrntal“ ist
ein so genanntes Strukturförderungsprogramm der Europäischen Union, dessen
Hauptziel es ist, benachteiligte, an der Peripherie gelegene, strukturschwache Gebiete
in der EU zu fördern. In Südtirol gibt es
fünf „Leader“-Gebiete: den Vinschgau, das
Sarntal, Ulten, das Wipptal und das Tauferer
Ahrntal. Das besondere an der LeaderFörderung war stets, dass die Projekte vor
Ort und von den Menschen, die dort leben,
direkt initiiert, geplant und umgesetzt
worden sind.
Im Leader-Plus-Gebiet des Tauferer
Ahrntals wurden in der ersten Leader-Periode, während der Jahre 2000 bis 2006, insge-
82
samt 169 Projekte mit einem finanziellen
Gesamtvolumen von beachtlichen sieben
Millionen Euro durchgeführt. Zwischen
65 und 70 Prozent der finanziellen Mittel
kamen aus dem „Leader“-Topf, der vom
Land Südtirol, dem Staat Italien und der
Europäischen Union gefüllt wurde. Den
Rest mussten die Projektbeteiligten selbst
finanzieren.
„Ich bin sicher, auch diese Selbstbeteiligung hat dazu beigetragen, dass
der ‚Mehrwert‘ der Projekte auf diese
Weise erheblich gefördert wurde, denn
nicht alles war geschenkt“,
sagt Helmuth Innerbichler, Präsident
der „Genossenschaft für Regionalentwicklung und Weiterbildung im Tauferer
Ahrntal“.
Von der 169 „Leader“-Projekten war
Sand in Taufers bei insgesamt 55 Projekten
indirekter und bei fünf Projekten direkter
Nutznießer.
Die Genossenschaft für Regionalentwicklung und Weiterbildung Tauferer
Ahrntal hat es sich zu einem der wichtigsten
Ziele gesetzt, die Aus- und Weiterbildung
zu fördern und zu unterstützen. Dadurch
soll die vergleichsweise periphere Lage des
Tales und der damit verbundene wirtschaftliche Standortnachteil zumindest virtuell
verkleinert werden.
Projekte - Leader Plus
Eine ebenso permanente wie nachhaltige Aus- und Weiterbildung stellt aus der
Sicht der Genossenschaft ein Basiselement
für eine dauerhafte Weiterentwicklung des
ländlichen Raumes dar. Die Bildungsmaßnahmen der Leader-Plus-Projekte sollen dem
Tal zu einem neuen Aufschwung verhelfen
und die Vitalität des peripher gelegenen
Gebietes sichern. Es soll eine grundlegende,
nachhaltige und qualitative Entwicklung
der Region in allen Wirtschaftsbereichen
gewährleistet werden. Die rasante Weiterentwicklung und ständige Veränderungen,
mit denen die moderne Gesellschaft des
21. Jahrhunderts konfrontiert ist, erfordern
ein kontinuierliches Investieren in Ausbildung und Qualifikation. Bildung und
Lernen sind heute nicht mehr allein eine
Frage freiwilligen Engagements, sondern
ein wesentlicher Faktor des Berufs und Wirtschaftslebens eines jeden Einzelnen. Dies zu
fördern, ist Ziel des Projektes „Weiterbildung im Tauferer Ahrntal“.
Im Durchschnitt veranstaltet die
Genossenschaft für Regionalentwicklung
und Weiterbildung Tauferer Ahrntal rund
80 Weiterbildungsveranstaltungen mit rund
900 TeilnehmerInnen pro Jahr. Die ständig wachsenden Teilnehmerzahlen in den
vergangenen Jahren drücken nicht nur das
rege Interesse der Bevölkerung an diesem
Bildungsangebot aus, sondern bestätigen
auch die Annahme nachhaltig, dass im
Tauferer Ahrntal nach wie vor ein sehr hoher
Bedarf an Schulungen und Weiterbildungsangeboten zu unterschiedlichsten Themen
besteht. Inzwischen sind das zweimal im
Jahr erscheinende Bildungsprogramm sowie die Bildungszentren mit ihren modern
ausgestatteten Schulungsräumen nicht mehr
wegzudenken. Die Weiterbildungsmaßnahmen werden ständig den besonderen Bedürfnissen der Bevölkerung angepasst und
oft auch kurzfristig organisiert, wenn dies
erforderlich ist. Die Genossenschaft arbeitet bei der Erstellung des Kursangebotes
eng mit Berufsverbänden, Organisationen
und Vereinen zusammen. Die Broschüre
mit dem Kursangebot wird allen bisherigen
Kursteilnehmern per Post zugeschickt. Sie
liegt darüber hinaus in allen öffentlichen
Einrichtungen zur freien Entnahme auf
und kann außerdem im Internet unter
www.taufererahrntal.info abgerufen werden.
Auch das internationale Käsefestival in Sand in Taufers, einst als private
Initiative aus der Taufe gehoben, wurde
schließlich ein Leader-Projekt. Am Ende der
ersten Förderungsperiode von Leader-Plus
erschien eine Broschüre mit den Paradeprojekten. Darin heißt es zum Thema Käsefestival: Die Viehwirtschaft im Allgemeinen
und die damit verbundene Milchwirtschaft
im Speziellen, spielen in der Landwirtschaft
83
84
des Tauferer Ahrntals eine herausragende
Rolle. Der Großteil der produzierten Milch
wird an den Milchhof Bruneck geliefert und
von dort aus weiterverkauft. Im direkten
Zusammenhang mit der Milch spielt folgerichtig auch der Käse als veredeltes Milchprodukt eine wichtige Rolle. In Sand in
Taufers wird bereits seit dem Jahr 2000 im
Rahmen des „Käsefestivals“ erfolgreich an
der Etablierung der „Käsekultur“ gearbeitet, die den Wert der Milch und ihrer Veredelung in Form von Käse gerecht werden
soll. Die stetig steigenden Besucherzahlen
sind bester Beweis dafür, dass Planung,
Organisation und Umsetzung des Veranstaltungskonzepts ausgezeichnet gelungen
sind und das Käsefestival als herausragende
Veranstaltung im Tauferer Ahrntal als sehr
sinnvoll zu bewerten ist.
Zielsetzung des Projektes Käsefestival war es vor allem, die Veranstaltung als
maßgebliches, nationales und internationales Ereignis fest zu verankern, und seine
Ausstrahlung über die Tallandschaft hinaus
nachhaltig zu konsolidieren. Gerade durch
die Förderung als Leader-Plus-Projekt war
es möglich, das Käsefestival zu einer vielfältigen und fast einzigartigen Leistungsschau
mit zahlreichen sehr gelungenen Kooperationen erblühen zu lassen. So geriet das Käsefestival auch in den Jahren als Leader-Plus
geförderte Veranstaltung zu einer gelungenen Präsentation des Themas „Genuss“.
Heute ist das Käsefestival sowohl touristisch
als auch wirtschaftlich ein nicht mehr zu
unterschätzender Faktor, wenn es um die
Positionierung des Tauferer Ahrntals als
Ferienregion für Genießer und Naturliebhaber geht. Und weit über 10 000 Besucher
an den drei Veranstaltungstagen in Sand in
Taufers sind deutlicher Beleg für die Beliebtheit des Events.
Auch das Projekt der Ahrntaler Aktivbauernhöfe gehört zu den Vorzeige-Projekten im Tal und in Sand in Taufers. In
der bereits erwähnten Broschüre wurden
die Maßnahmen, Ziele und Ergebnisse so
zusammengefasst: Im Tauferer Ahrntal
waren sich interessierte Kräfte zum richtigen
Zeitpunkt des Trends bewusst, dass „Urlaub
auf dem Bauernhof“ europaweit neben der
Spitzenhotellerie die stärksten Zuwächse in
der Branche vorweisen kann. Das Tauferer
Ahrntal verfügt über viele naturgegebene
Vorzüge und Infrastrukturen, die das Thema
Urlaub auf dem Bauernhof nahe legen. Allerdings waren die Angebote der bäuerlichen
Betriebe, die diese Art Urlaub anbieten, noch
nicht auf Spitzenniveau und die Strukturen
nicht voll ausgebildet.
Das Projekt „Ahrntaler Aktivbauernhöfe“ setzte sich zum Ziel, die Ausbildung
der Protagonisten zu verbessern, interessante und einzigartige Angebote auf den
Höfen zu erarbeiten, die Gästebetreuung zu
intensivieren, sowie eine gezielte Öffentlichkeitsarbeit und ein professionelles Marketing zu beginnen. Durch die qualitative
Verbesserung der Gästebeherbergung auf
den Bauernhöfen sollte auch das allgemeine
Interesse an diesem Angebot verbessert und
in der Folge das Einkommen aus diesem
Erwerbszweig erhöht werden.
In den meist monatlichen Sitzungen
wurden die Maßnahmen und Verbesserungsschritte diskutiert, geplant und realisiert. Qualitätsstandard, Auslastung der
einzelnen Betriebe und der Bekanntheitsgrad der Anbieter sollte gesteigert werden.
Das interressante Projekt wurde im
Zeitraum zwischen 2003 und 2007 durchgeführt. Dabei wurden zahlreiche Maßnahmen
initiiert. So wurden Kooperationen gebildet und ein gemeinsames Angebot für die
Gästebetreuung entwickelt. Es wurde eine
Internetpräsenz geschaffen und die Presseund Medienarbeit intensiviert. Gleichzeitig
wurde ein Folder produziert. Begleitend
wurden die an der Kooperation teilnehmenden Betriebe fachlich geschult, und es
wurden Fachexkursionen ins benachbarte,
deutschsprachige Ausland unternommen,
um dort andere Betriebe gleicher Zielrichtung kennenzulernen. Es fand auch ein
Kurs zum Thema Baubiologie statt, und
die Kontakte zu den anderen benachbarten
85
Tourismusvereinen und der Ferienregion
Tauferer Ahrntal wurden ausgebaut.
Eine Pressefahrt mit mehreren Journalisten wurde in Zusammenarbeit mit der
Ferienregion durchgeführt. Darüber hinaus
schaltete die Projektgruppe ein Inserat im
Katalog „Urlaub auf dem Bauernhof“ und
produzierte in Zusammenarbeit mit dem
Südtiroler Bauernbund eine Sonderausgabe
der Publikation „Kikeriki“ mit einer Auflage
von 35 000 Stück.
Der Einzelhandel ist ein wichtiger
Wirtschaftszweig in Sand in Taufers und
im Tauferer Ahrntal. Doch der Einzelhandel
befindet sich in einer schwierigen Situation
und so war es naheliegend, ihn in ein LeaderProjekt einzubinden und zu fördern. Denn:
die Lage könnte prekär werden, wenn der
Entwicklung nicht entgegengewirkt wird.
Bedingt durch strukturelle Veränderungen
wird der Einzelhandel im Tauferer Ahrntal
nachhaltig negativ beeinflusst. Dies liegt vor
allem an der Angebots- und Produktkonzentration in urbanen Gebieten und den
damit verbundenen Kaufkraftabflüssen im
lokalen Einzelhandel. Das führt wieder zu
einer negativen Änderung gewachsener
Handelsstrukturen und einer wesentlichen
Beeinträchtigung der Nahversorgung im
Tauferer Ahrntal.
Ziel des Projektes „Einzelhandel im
Tauferer Ahrntal: Marketing und Aktionen“ war es, die Kaufleute des Tauferer
Ahrntals in der Entwicklung zu innovativen und kundenorientierten Betrieben
zu unterstützen. Aber auch die Nahversorgung, vor allem in den peripheren Räumen,
zu sichern und die Kaufkraftabflüsse aus
dem Tauferer Ahrntal zu verringern. Die
Projektgruppe war bestrebt, zusätzliche
Kaufkraft zu generieren und das Bewusstsein des Begriffs „Wert des Handels“ für
das Tauferer Ahrntal bei den Einheimischen
aber auch bei den Gästen zu intensivieren. Zu den Zielen zählten aber auch die
Entwicklung professioneller Handlungskompetenzen auf Unternehmerseite und die
Stärkung des Bewusstseins für eine funkti-
86
onierende Nahversorgung auf Seiten der
Konsumenten. Überdies wurde versucht,
die Zusammenarbeit mit der Landwirtschaft
und dem Tourismus zu verstärken.
Eine überaus rege und aktive Projektgruppe arbeitete von Beginn an ganz gezielt
an konkreten Maßnahmen in den Bereichen
Aktionen und Marketing. So wurde ein
gemeinsames Logo entwickelt und ein
Produktkatalog des Einzelhandels erarbeitet.
Das „Ahrntaler Weihnachtsspiel“ wurde aus
der Taufe gehoben, das Ahrntaler Ochsengrillfest inzwischen zweimal organisiert und
durchgeführt. Mit den erzielten Ergebnissen
waren die Einzelhändler hoch zufrieden.
Alle Aktionen dienten vorrangig der
Kundenbindung und waren mit der Zielsetzung verbunden:
¯ Marketinginstrumente mit hohem Auf­merksamkeits- und Werbewert einzusetzen
¯ ein Anreizsystem für den Einkauf im
Tal zu schaffen
¯ Möglichkeiten zu finden, um auch
andere Betriebe aus den Bereichen
Landwirtschaft und Tourismus in das
Projekt mit einzubinden.
87
14 Sand in Taufers – Agenda-21-Gemeinde
Landeshauptmann Durnwalder wünscht sich
ein Beispiel das Schule macht
34 100 000 Einträge weist die größte
Internet-Suchhilfe „google“ unter dem Begriff
„Agenda 21“ aus. Damit nimmt der Begriff
einen Rang ein, der ihm gebührt, denn die
Agenda 21 ist das wichtigste entwicklungsund umweltpolitische Aktionsprogramm
des 21. Jahrhunderts. Es wurde auf der
Konferenz für Umwelt und Entwicklung
der Vereinten Nationen 1992 in Rio de
Janeiro als Leitpapier für eine nachhaltige
Entwicklung beschlossen. Diese Agenda,
die mit ihren 40 Kapiteln alle wesentlichen
Politikbereiche einer umweltverträglichen
Entwicklung anspricht, wurde seinerzeit in
Rio von Regierungsvertretern aus mehr als
170 Staaten der Erde verabschiedet. In der
Folgezeit wurde die Agenda 21 vielerorts zu
einer Leitlinie des öffentlichen Handelns. In
Deutschland gibt es fast 3000 Kommunen,
die beschlossen haben, auf ihrer Ebene eine
„lokale“ Agenda 21 zu erarbeiten.
Seit dem 23. April 2008 ist Sand in
Taufers die erste offizielle Agenda-21-Gemeinde Südtirols.
Mit dem Aktionsprogramm der Agenda
21 werden detaillierte Handlungsaufträge
gegeben, um einer weiteren Verschlechterung der weltweiten Situation entgegenzuwirken, eine schrittweise Verbesserung zu
erreichen und eine nachhaltige Nutzung der
natürlichen Ressourcen sicherzustellen. Das
Aktionsprogramm gilt sowohl für Industrie-
88
als auch für Entwicklungsländer. Es enthält
wichtige Festlegungen, unter anderem zur
Armutsbekämpfung, Bevölkerungspolitik, zu Handel und Umwelt, zur Abfall-,
Chemikalien-, Klima- und Energiepolitik,
zur Landwirtschaftspolitik sowie zu finanzieller und technologischer Zusammenarbeit der Industrie- und Entwicklungsländer.
In der Präambel der Agenda 21 heißt es
unter anderem:
„Die Menschheit steht an einem entscheidenden Punkt ihrer Geschichte.
Wir erleben eine zunehmende Ungleichheit zwischen Völkern und innerhalb von Völkern, eine immer größere
Armut, immer mehr Hunger, Krankheit und Analphabetentum sowie
eine fortschreitende Schädigung der
Ökosysteme, von denen unser Wohlergehen abhängt. Durch eine Vereinigung von Umwelt- und Entwicklungsinteressen und ihre stärkere Beachtung
kann es uns jedoch gelingen, die Deckung der Grundbedürfnisse, die
Verbesserung des Lebensstandards
aller Menschen, einen größeren Schutz
und eine bessere Bewirtschaftung
der Ökosysteme und eine gesicherte,
gedeihlichere Zukunft zu gewährleisten. Das vermag keine Nation allein
zu erreichen, während es uns gemeinsam gelingen kann: in einer globalen
Agenda 21
Partnerschaft, die auf eine nachhaltige
Entwicklung ausgerichtet ist …
… In der Agenda 21 werden die dringlichsten Fragen von heute angesprochen, während gleichzeitig versucht
wird, die Welt auf die Herausforderungen des nächsten Jahrhunderts
vorzubereiten. Die Agenda 21 ist Ausdruck eines globalen Konsenses und
einer politischen Verpflichtung auf
höchster Ebene zur Zusammenarbeit
im Bereich von Entwicklung und Umwelt … Die auf nationaler Ebene unternommenen Anstrengungen sind durch
eine internationale Zusammenarbeit zu
unterstützen und zu ergänzen  ...
… Bei der Umsetzung der in der Agenda 21 aufgeführten verschiedenen Programmbereiche gebührt den besonderen Gegebenheiten, die in den im
Übergang befindlichen Wirtschaftssystemen zum Tragen kommen, besondere Beachtung. Es muss auch anerkannt
werden, dass sich diese Länder bei der
Umstellung ihrer Wirtschaftssysteme
noch nie da gewesenen Herausforderungen stellen müssen, in manchen
Fällen unter Rahmenbedingungen,
die von erheblichen sozialen und politischen Spannungen geprägt sind …
… Die einzelnen Programmbereiche
der Agenda 21 werden im Form einer
Ausgangsbasis sowie bestimmter Ziele,
Maßnahmen und Instrumente zur Umsetzung konkretisiert. Die Agenda 21
ist ein dynamisches Programm. Sie
wird von den einzelnen Beteiligten im
Einklang mit den Gegebenheiten, Möglichkeiten und Prioritäten der einzelnen Länder und Regionen sowie unter
umfassender Berücksichtigung aller in
der Erklärung von Rio über Umwelt
und Entwicklung enthaltenen Grundsätze umgesetzt. Sie kann sich im
Laufe der Zeit angesichts veränderter
Bedürfnisse und Umstände fortentwickeln. Dieser Prozess stellt den Beginn
einer neuen globalen Partnerschaft dar,
die auf eine nachhaltige Entwicklung
ausgerichtet ist.“
An jenem 23. April 2008 kam Landeshauptmann Luis Durnwalder nach Sand
in Taufers, um die zentrale Gemeinde im
Tauferer Ahrntal bei den ersten Schritten auf
dem Weg in das Agenda-Zeitalter zu begleiten. In seiner Ansprache sagte Durnwalder
damals:
„Wir brauchen ein Gesamtkonzept für
unser Land Südtirol und für unsere
Zukunft. Wir haben eine sehr aktive
Gemeinde herausgenommen, die nun
89
beginnen soll, ein solches Konzept zu
entwickeln und auch zu verwirklichen.
Sand in Taufers hat bereits damit begonnen, sich zu vernetzen. Das ist der
Weg in die Zukunft. Wir müssen die
Menschen mit all ihren Bedürfnissen
sehen und alle sollen sich in diesem
Konzept wiederfinden. Es wäre mein
Wunsch, dass in Sand in Taufers ein
Beispiel erarbeitet wird, das Schule
macht und über die Landesgrenzen hinaus bekannt wird.“
In der Agenda 21 spielen sowohl die
Umwelt, das gesellschaftliche Gefüge und
die Menschen, als auch eine nachhaltig
betriebene Wirtschaft eine zentrale Rolle.
Doch Entwicklung muss messbar sein,
damit man Ergebnisse sichtbar machen
kann. Für Südtirol wurde in einer hochkarätig besetzten Runde von anerkannten
Experten eine Liste mit 74 konkreten Indikatoren für die Messung der Nachhaltigkeit künftiger Entwicklung erarbeitet. Eine
Datenbank, die öffentlich zugänglich sein
wird (www.sustainability.bz.it) und einen
so genannten „Benchmark“, der einen
Vergleich zwischen den künftigen Agenda21-Gemeinden Südtirols erlaubt, wurden
installiert.
Das heißt: anhand von 74 Indikatoren,
also Messpunkten die Informationen erkennbar machen, aus den Bereichen Umwelt,
Gesellschaft und Wirtschaft, lässt sich fortan
der aktuelle Zustand der Marktgemeinde
Sand in Taufers feststellen. Alle Beteiligten
aber betonen nachdrücklich, „dass dabei
nicht „neidvolle und resignative“ Quervergleiche angestellt, sondern die eigenen
Stärken und Schwächen im Verhältnis zum
Südtiroler Mittelwert herausgefiltert und
Trends ausgemacht werden sollen“. Die
Vorreiterrolle von Sand in Taufers dabei: die
Gemeinde im Tauferer Ahrntal soll als erste
in Südtirol Aktionen und Projekte entwickeln, die einerseits nachhaltige Verbesserungen bringen und gleichzeitig der Messlatte der 74 Indikatoren standhalten.
90
Das Wort „nachhaltig“ ist eine viel
verwendete und große Formulierung Denn
als nachhaltig gilt schnell Vieles. Doch was
bedeutet nachhaltig im Sinne der Agenda
21 nun konkret? Im so genannten „Brundtland-Bericht“ aus dem Jahre 1987, eine
der wichtigen Grundlagen für die spätere
Agenda, wurde als Ziel des Handelns
und damit als „nachhaltig“ eine Entwicklung bezeichnet, die die Bedürfnisse der
heutigen Generationen befriedigt, ohne die
der kommenden Generationen zu beeinträchtigen. Die Bedürfnisse können dabei
in drei Bereiche zusammengefasst werden:
Umwelt, Gesellschaft und Wirtschaft. Diese
drei Bereiche gelten als gleichwertig und
beeinflussen sich gegenseitig. Keiner der
Bereiche darf sich dabei auf Kosten des
anderen entwickeln.
Die wirtschaftliche Entwicklung,
so wurde weiter definiert, zielt auf die
Verbesserung der Lebensqualität, auf die
Sicherung eines angemessenen Grundeinkommens durch Arbeit. Sie ist aber darauf
angewiesen, dass ausreichende Umweltressourcen zur Verfügung stehen und stabile
soziale Verhältnisse diese Entwicklung
unterstützen. Daher müsse die Gesellschaft das Bewusstsein für einen verantwortungsvollen Umgang mit den natürlichen Ressourcen entwickeln, die sozialen
Gemeinschaften laufend stärken und in die
Veränderungs- und Entwicklungsprozesse
aktiv mit einbeziehen.
Ganz gleich also was die Gemeinde
Sand in Taufers künftig unternimmt, alles
wird über den Prüfstand der 74 Indikatoren gehen, wird sich der Prüfung unterziehen müssen, ob es den Bedürfnissen der
Menschen, dem Umweltgedanken und der
Wirtschaftlichkeit entspricht.
All das mag reichlich theoretisch sein,
doch die ersten konkreten Ansätze und
Pläne sind längst da.
Für die nachhaltige und zukunftsorientierte Standortentwicklung von Sand in
Taufers wurden bereits wichtige Projektschwerpunkte entwickelt.
¯
Kleine Kreisläufe, gute Produkte, faire
Preise: dazu gehören Projekte wie
die Stabilisierung des Käsefestivals,
der Ausbau des regionalen Vertriebssystems für bäuerliche Produkte
„Ahrntal Natur“, die Entwicklung
eines Konzeptes für eine „Käsestraße
Tauferer Ahrntal“ sowie die Weiterentwicklung der Kaufleute-Plattform
„Kaufen und genießen im Ahrntal“ mit
dem Schwerpunkt auf regionalen und
saisonalen Produkten.
¯
Handel und Kaufströme: hier wurde
für den Standort Sand in Taufers eine
Studie erstellt, die das Einkaufsverhalten analysiert. Auf dieser Basis sollen
entsprechende Maßnahmen realisiert
werden, die den Kaufkraftabfluss
begrenzen.
¯
Innovation heißt Arbeit sichern: hierbei werden die Innovationsmöglichkeiten für Betriebe erschlossen, die
berufliche Aus- und Weiterbildung
durch die Genossenschaft für Regionalentwicklung Weiterbildung weitergeführt, und es wird die Stiftung-VitalAktion „Gesunder Betrieb – Agenda 21
Gemeinde Sand in Taufers“ vorbereitet
und auf einer gemeinsamen Plattform
präsentiert.
¯
Tourismus als Lokomotive: dabei soll
das touristische Leitbild als dynamisches Projekt umgesetzt werden,
eine Bündelung der Angebote, deren
Vertrieb und Verkauf forciert werden
und eine Angebotspalette für den
Bereich „Energie-Tourismus“ in der
Energiegemeinde Sand in Taufers
entwickelt werden.
¯
Mobilität am Wirtschaftsstandort:
hierzu gehören Themen wie Verkehrsberuhigung durch den Umfahrungstunnel, die Ausweitung des Citybus-Sy-
stems, Einführung von Elektro-Bussen,
sichere Schulwege, der Bau einer Elektro-Bahn als Zubringer vom Ort zum
Skigebiet Speikboden und schließlich
die Kandidatur von Sand in Taufers im
Rahmen der Aktion „Alpine Pearls –
sanfte Mobilität in den Alpen“, die in
einer entsprechenden Zertifizierung
des Ortes münden könnte.
¯
Vitalität und Wirtschaftsstandort; VitalSand Konzeptentwicklung: dabei soll
mittelfristig ein Gesamtplan entwickelt werden, der die Elemente „Vital“,
„Wellness“ und „Gesundheit“ für die
Bürger, für die Bewohner des Tales, für
ein weiträumiges Einzugsgebiet und
für Gäste erschließt und nachhaltig
positioniert. Dieser Bereich gilt international als einer der so genannten
„Megatrends“ der Zukunft.
¯
Jugend und Zukunft: zur Sicherung
des Standortes Sand gibt es eine
Projektidee, die der gegebenen Überalterung der Gesellschaft entgegenwirken könnte. Die Gemeinde könnte
den Standort Taufers mit Sommerstipendien und Sommercamps attraktiv
halten, bei denen junge Menschen aus
Sand in verschiedenen Wissensgebieten an europäischen oder internationalen Plätzen, in einem für Sand interessanten Gebiet praktizieren und ihr
Wissen nach Sand in Taufers zurückbringen. Dieses System gilt schon jetzt
weltweit als ein neuer Hoffnungsträger
für die Vermittlung von Wissen und als
Förderer globaler Vernetzung.
Als ein wesentlicher Bestandteil der
Agenda 21 in Sand in Taufers entwickelt
sich seit 2008 sehr schnell auch die Aktion
„Vital-Gemeinde Sand in Taufers“.
Die „Ottawa Charta“ der Vereinten
Nationen sieht die Selbstbestimmung und
Autonomie der Menschen und örtlichen
Gemeinschaften als Grundlage für die nach-
91
haltige, gesunde und damit auch soziale
Entwicklung an. Einer der Begriffe dafür ist
die „Salutogenese“, wobei durch maßvolles
Leben in den Bereichen Essen, Bewegen,
Reden, physiologisches und psychologisches Wohlbefinden erreicht und erhalten
werden kann. Die Ottawa-Charta sieht den
Menschen selbst als wesentlichen Akteur für
seine Gesundheit und will ihn durch öffentliche Anleitung Hilfe zur Selbsthilfe bieten.
Im Rahmen der Aktivitäten der „Stiftung Vital“ sollen in Südtirol Erfahrungen
mit den Menschen vor Ort gemeinsam
entwickelt und dann untereinander weitergegeben werden. Strategisches Ziel ist es,
Menschen für die Erhaltung ihrer Gesundheit zu befähigen und die Erfahrungen in
einem breiten Netzwerk untereinander
auszutauschen.
Die Agenda-21-Gemeinde Sand in
Taufers will diesen Prozess als Pilotgemeinde aktiv betreiben. Die Schwerpunkte
wurden festgelegt:
¯ Entwicklung von sozialen Organisationen – die „Gesunde Gemeinde Sand
in Taufers“
¯ der gesunde Betrieb
¯ Rückenschule für alle
¯ „Healthy slow food für kids“ – eine
Version von Slow food für Sand in
Taufers
¯ Gesunde Ernährung, fairer Handel
¯ Referate als flankierende Maßnahmen
zur Gesundheit
¯ Jugend für das Volontariat
¯ Senioren und offenes Wohnen
¯ Wir für uns – ganz Sand in Taufers
arbeitet an Projekten.
92
93
15 Quellen der Energie
Das umfassende Konzept der Gemeinde sorgt
für Furore und findet vielfach Anerkennung
Zu den größten und wichtigsten Herausforderungen des 21. Jahrhunderts gehört die
Sicherstellung der Energieversorgung, die
heute mehr denn je in einem extremen Spannungsfeld zwischen Bedürfnissen, Umwelt
und Wirtschaft steht. Mehr als 90 Prozent der
momentan verwendeten Energieträger sind
in ihren Vorräten zeitlich begrenzt und weltweit werden erst drei Prozent des Verbrauchs
über erneuerbare Energien gedeckt. Über
70 Prozent der Energieressourcen werden
von gerade einmal 30 Prozent der Weltbevölkerung verbraucht. Dagegen steht
die Erkenntnis, dass eine umweltgerechte,
sichere und effiziente Versorgung mit Energie die Grundvoraussetzung für Wohlstand
und Wirtschaftswachstum ist. Und auch die
Tatsache, dass ein Wechsel von so genannten fossilen Energieträgern auf erneuerbare
Energieträger unbedingt vollzogen werden
muss, steht inzwischen praktisch außer jeder
Diskussion.
„Nicht nur weil es ein Gebot der Stunde ist, sondern auch unsere Verpflichtung, beschäftigen wir uns sehr, sehr
intensiv mit dem Thema“,
sagt Bürgermeister Helmuth Innerbichler. Er hat einen kühnen, aber durchaus realistischen Plan für Sand in Taufers.
In einem überschaubaren Zeitrahmen soll
die Marktgemeinde ein Energie-Standort
94
mit Vorzeige-Charakter werden. Umweltfreundlich, wirtschaftlich und eine Vielzahl
von alternativen Energieträgern nutzend –
so soll sich Sand in Taufers binnen weniger
Jahre präsentieren.
„Es wird künftig entscheidend sein,
ob eine Gemeinde über eigene Einnahmen verfügen kann, die aus Energieerzeugung gebildet werden“,
erklärt Innerbichler. Aus diesem Grund
wurde für die Gemeinde Sand und die
Fraktionen ein umfassendes und vernetztes
Energiekonzept entworfen, dass sofort in
die Umsetzungsphase kam und das auf der
Prioritätenliste der Projekte ganz oben angesiedelt wurde.
„Die Lösung des Energieproblems
muss in den wichtigen kleinen Projekten ebenso angegangen werden,
wie mit den großen Schritten. Die Einsparung im eigenen Haushalt ist also
genauso wichtig, wie der Bau eines
Wasserkraftwerkes oder eines Fernheizwerkes“,
sagt Innerbichler und fordert damit
jeden Bürger der Gemeinde zur Unterstützung und zur Mitarbeit auf dem Weg in die
Zukunft auf.
Seit dem 1. März 2006 wird in der
Gemeinde Sand in Taufers ein so genanntes
Energie
kommunales Energie-Management umgesetzt. Ziel dieses Projektes ist es, ohne Investitionen der Gemeinde etwa zehn Prozent
Wärme und Strom einzusparen. Damit will
die Gemeinde als Mitglied im Europäischen
Klimabündnis neben der Reduzierung der
eigenen Energiekosten auch einen lokalen
Beitrag zu den wachsenden globalen Treibhausproblemen leisten und den Ausstoß von
Kohlendioxid verringern.
2008 waren 18 gemeindeigene Gebäude
vom kommunalen Energiemanagement
erfasst: die Grundschule in Rein mit Kindergarten und Feuerwehr, in Ahornach ebenfalls die Grundschule mit Kindergarten und
Feuerwehr, in Kematen der Kindergarten
und die Feuerwehr, in Mühlen die Feuerwehr und der Sportplatz und in Sand das
Rathaus mit Bibliothek und Naturparkhaus,
der Kindergarten, der Bürgersaal, die Feuerwehr mit dem Jugendzentrum, der Musikpavillon, die Mittelschule, die Grund- und
Musikschule, die Tennishalle, der Sportplatz
und der Bauhof mit dem E-Werk.
Als das Projekt 2006 startete, ergab eine
Bestandsaufnahme, dass für die 18 gemeindeeigenen Gebäude 43 113 Liter Hei­z öl,
171 981 Kubikmeter Erdgas und 477 895 Kilo-­
watt Strom verbraucht wurden. Das entsprach
im Jahr 2 209 000 Kilowatt Wärme aus Heizöl
und Erdgas für die Beheizung der Räumlichkeiten und für Warmwasserverbrauch, sowie
knapp 478 000 Kilowatt Strom unter anderem
für die Beleuchtung, Lüftung, Pumpen und
Bürogeräte. Die jährlichen CO2-Emissionen
betrugen fast 850 000 Kilogramm und die
Gesamtkosten für Energie beliefen sich auf
216 000 Euro.
Als ein Jahr später eine erste Bilanz
gezogen wurde, waren die Ergebnisse
für alle Beteiligten einigermaßen überraschend. Bei Heizöl und Erdgas wurden
rund 15 Prozent eingespart, beim Strom
1,9 Prozent. Ein weiteres Jahr später waren
es 21 Prozent bei Öl und Gas und 5,5 Prozent
Strom. 2006 gerieten gut 92 000 Kilogramm
weniger CO2 in die Luft und 2007 sogar
130 000 Kilogramm. Wie war das möglich,
wenn doch die Gemeinde nicht einen Cent
in eine technische Maßnahme investiert
hatte, wenn weiterhin nur notwendige
Wartungs- und Instandhaltungsarbeiten
ausgeführt worden waren? Immerhin war
das ursprünglich von den Experten ins
Auge gefasste Einsparungsergebnis um
weitere zehn Prozent und damit deutlich
übertroffen worden.
Dipl.-Ing Thomas Königstein, der das
Projekt begleitet, war von den erfreulichen
Ergebnissen keineswegs überrascht. Energie
sparen ist sein täglich Brot. Die Mitarbeiter
der Gemeinde hatten indessen sehr wohl
Maßnahmen gesetzt und sich vor allem
sehr aufmerksam im Umgang mit dem
95
96
97
Thema verhalten. Sie trugen dafür Sorge,
dass folgende Dinge intensiv durchgeführt
wurden:
¯ Abschaltungen der Heizungsanlagen
außerhalb der Heizzeit
¯ Absenkungen der Heizungsanlagen
an Wochenenden und in den Ferien
während der Heizzeit
¯ Hydraulischer Abgleich der Heizungsanlagen
¯ Einstellung der Regelungen (soweit
vorhanden)
¯ Außerbetriebnahme bis zur Demontage von nicht benötigten Kesseln und
Heizungspumpen
¯ Außerbetriebnahme von unnötigen
Raumthermostaten
¯ Abschaltung oder Optimierung der
Warmwasserbereitung in Ferienzeiten
¯ Umstellung der Zirkulationspumpen
für Warmwasser von Dauerbetrieb auf
die Nutzungszeiten
¯ Zusammenschaltung von mehreren
Wärmeerzeugern auf einen Raumthermostaten
¯ Verdrahtung von Raumthermostaten
mit Heizungspumpen
¯ Regelmäßiger Filtertausch in den
Lüftungsanlagen.
„Das alles ist ohne Komfortverlust geschehen. Es musste also niemand frieren und es musste sich auch niemand
mit kaltem Wasser die Hände waschen.
Es geht beim kommunalen Energiemanagement nicht um den Selbstzweck,
sondern um den effizienten Umgang
mit den immer knapper werdenden
Energie-Ressourcen. Der Verbrauch
hat noch immer eine gewisse Höhe,
aber das liegt vor allem auch an der
unzureichend gedämmten Bausubstanz mancher Gebäude“,
sagt der Gemeinde-Umweltreferent
Wolfgang Mair.
Für Bürgermeister Helmuth Innerbichler ist das ein wesentlicher Ansatzpunkt für
künftige Baumaßnahmen. Richtig heizen,
98
richtig lüften, während der Ferien die
Heizungen abschalten, Strom sparen, dies
alles sei eine Sache und dringend notwendig – auch in der Bewusstseinsbildung der
Bevölkerung. Da müsse die Gemeinde mit
bestem Beispiel voran gehen. Eine andere
Sache seien die Sanierungsmaßnahmen und
Neubauten.
„Über die Bauordnung haben wir eine
Regelung für das gesamte Gemeindegebiet herbeigeführt, der zu Folge alle
Neubauten der Gemeinde im Klimahaus-Standard A ausgeführt werden
müssen. Alle anderen Bauten, private
und Sanierungen, müssen mindestens
Standard B haben“,
erklärt der Bürgermeister. Die Gemeinde
fördert alle energetischen Sanierungsmaßnahmen, die einer besseren Isolierung und
damit der Energieeinsparung dienen, mit
einem Beitrag aus dem Gemeindehaushalt. Nicht ohne Stolz verweist Innerbichler darauf, dass der neue Kindergarten in
Mühlen 2007 einer der ersten Kindergärten
Südtirols mit Klimahaus A-Standard gewesen ist. Das gab es zu diesem Zeitpunkt nur
in Lajen und dort betraf das Projekt nicht
den Kindergarten allein, sondern auch die
angrenzende Schule.
Der Maßnahmen- und Projektkatalog,
mit der die Gemeinde Sand in Taufers in
den kommenden Jahren das Thema Energie
besetzen will, hat rasant einen beachtlichen
Umfang angenommen.
Photovoltaik ist ein Teilbereich der so
genannten Solartechnik. Sie nutzt die Sonne,
um Strahlung in elektrische Energie umzuwandeln. Auf dem Dach der Tennishalle
in Sand in Taufers wurde 2007 eine solche
Anlage installiert, die in der Lage ist, rund
50 Kilowatt Strom zu produzieren. Binnen
zehn Jahren werden die Investitionskosten
von rund 250 000 Euro amortisiert sein.
Diese Anlage hat in der Gemeinde für Furore
gesorgt, denn immer öfter liegen nun in den
Sitzungen der Baukommission der Gemeindeverwaltung auch Ansuchen von privaten
Antragstellern vor, eine entsprechende
Genehmigung für eine Photovoltaikanlage
an ihren Privathaus zu erhalten.
Seit über zwölf Jahren ist das Gemeindegebiet mit einem Methangasnetz versorgt.
Davor gab es ein Lager mit permanenter
Anlieferung von Erdgas in der Industriezone in Mühlen. Mit der Fertigstellung der
Methangasleitung von Bruneck nach Sand,
konnte dann auch nahezu jeder Haushalt
Erdgas beziehen. Beobachtungen belegen,
dass inzwischen nur noch recht wenige
Verbraucher Heizöl verwenden. So gesehen
war Sand in Taufers schon damals in einer
Vorreiterrolle und bemüht, auf den seinerzeit umweltfreundlichsten und günstigsten
fossilen Energieträger zu setzen. Und
Methangas wird auch in Zukunft zur Abdeckung von Spitzenlasten von der Gemeinde
verwendet.
Doch die Zeiten wandeln sich schnell.
Inzwischen ist die Sorge um die Ressourcen
gerade bei fossilen Brennstoffen groß. Die
Entwicklungen auf den Weltmarkt für Rohöl
lassen Experten schon jetzt befürchten, dass
die Preise auch bei Gas unter gewissen
Umständen exorbitant ansteigen könnten.
„Es ist also geradezu eine Verpflichtung der Gemeinde, schon jetzt nach
entsprechenden Alternativen zu suchen und sie zu nutzen“,
erklärt Bürgermeister Innerbichler.
2008 wurde damit begonnen, in Teilabschnitten ein Fernheizwerk in Betrieb zu
nehmen. Dieses wird mit Biomasse betrieben, vornehmlich mit einheimischem Holz,
damit die Kaufkraft vor Ort bleibt. Mit
diesem Werk wird es möglich sein, rund
20 Millionen Kilowatt Wärme im Jahr zu
erzeugen. Der maximale Verbrauch der
Gemeinde lag 2007 bei etwa 30 Millionen.
Es wäre also möglich mit einer alternativen, umweltverträglichen und nachhaltigen Lösung fast zwei Drittel des gesamten
Bedarfs an Wärme-Energie selbst zu produzieren und damit weitgehend unabhängig
zu werden. In dem Werk können verschie-
dene Alternativen genutzt werden. Der Clou
ist eine Kombination aus Wärmegewinnung, Stromerzeugung und Speicherung
von Energie. Die Heizwerkzentrale steht in
der Gewerbezone Griesberg/Mühlen. Im
Heizraum der Mittelschule und in einem
der Funktionsräume unter dem Festplatz
in Sand werden Heizräume entstehen, mit
deren Technik Privathaushalte und Betriebe
mit so genannter „Spitzenenergie“ versorgt
werden.
Vor gar nicht allzu langer Zeit liefen die
Menschen nicht nur in Sand in Taufers Sturm
gegen ein geplantes Großkraftwerk der
ENEL in Rein in Taufers. Das rigide Konzept
sah vor, Rein quasi zu fluten und die Wassermassen mit einer Staumauer, wie in Lappach
und an vielen anderen Orten der Alpen, zu
bändigen, um sie dann mit ihren Gewalten
in Energie zu verwandeln. Seit August 2008
ist das neue Elektrizitätswerk der Gemeinde
in Betrieb. Ein Wasserkraftwerk der Extraklasse, das die gewaltigen Gletscherabflüsse
von den Dreitausender-Bergen in Rein in
Taufers nutzt. Doch in Rein ist deshalb keine
Staumauer gebaut worden und das kleine
Hochalpendorf unter dem Hochgall präsentiert sich nach wie vor in klassischer und
prächtiger Schönheit. Wenn die Wunden der
Rohrverlegung „verheilt“ und die Renaturalisierungsmaßnahmen abgeschlossen sind,
wird dieses Projekt wohl eindrucksvoll
veranschaulichen, wie man heute Elektrizitätswerke schonend und harmonisch mit
der Natur realisieren kann. Selbst das Naturschauspiel der Reiner Wasserfälle am Tobl
blieb uneingeschränkt erhalten. Das Werk
hat rund 25 Millionen Euro gekostet, doch
wird es künftig ein wesentlicher Wirtschaftsfaktor für die Gemeinde sein. Denn 63 Millionen Kilowattstunden Strom im Jahr bedeuten eine wichtige Einnahmequelle und ein
gutes Stück Unabhängigkeit. Die Gemeinde
benötigt derzeit rund 22 Millionen Kilowattstunden Stromenergie im Jahr. Es bleibt also
ein stattlicher Überschuss. Diese Überproduktion wird verkauft. Die eigens gegründete Betreibergesellschaft TEWAG gehört zu
99
51 Prozent der Gemeinde Sand in Taufers
und zu 49 Prozent dem Südtiroler Unternehmen SEL. Es ist somit bares Geld, das in
jeder Sekunde durch die 3,8 Kilometer lange
Druckrohrleitung daher schießt.
Auf eine private Initiative der Landwirtschaft ist die Entstehung einer Biogasanlage
zurückzuführen. Sie entstand in der Bodenfraktion Kematen zu einer Zeit, als viele
anderswo noch nachfragen mussten, was
das überhaupt ist. Kematen ist geprägt von
einer bäuerlichen Struktur, die Bauern dort
bewirtschaften einen Großteil der Fläche des
Tauferer Bodens. Aufgrund des Wachstums
der Bauernhöfe und der Konzentration auf
die Viehwirtschaft, entstanden biologische
Abfallprodukte, die von den umliegenden
Feldern nicht mehr aufgenommen werden
konnten und zu Geruchsbelästigungen
geführt haben. Eine Gruppe von Bauern und
Ingenieuren hat eine der modernsten Biogasanlagen konzipiert, geplant und schließlich
auch realisiert. Diese Anlage übernimmt
heute eine große Menge an Biomasse und
erzeugt wirtschaftlich „grüne Energie“,
indem durch Verbrennung von Biogas Strom
erzeugt und in das öffentliche Netz eingespeist wird. Die verbrauchten Bio-Abfälle
können mit einem höheren Düngewert und
ohne gravierende Stickstoffbelastungen
auf den Feldern ausgebracht werden. Die
Anlage in Kematen gilt als beispielhaft. Viele
Interessenten kommen von überall her, um
das Werk zu besichtigen – mit der Absicht,
es anderswo nach dem Erfolgsmodell aus
Sand in Taufers zu kopieren.
Ebenfalls auf einem privaten Engagement fußt eine weitere Initiative, die sich
eine schier unerschöpfliche Energiequelle
zunutze macht. Ein findiger Hotelier im
Hochalpendorf Rein in Taufers, hat an exponierter Stelle ein Windrad zur Stromerzeugung installiert und betreibt die Anlage seit
1996 wirtschaftlich. Was einst als Versuch
gestartet und teilweise belächelt wurde,
könnte auch eine weitere kleine, aber alternative Energiequelle im Tauferer Ahrntal
werden. Denn Wind spielt im nördlichsten
100
Tal Südtirols naturgemäß eine gewisse
Rolle. Durch die nördliche Ausrichtung
des Tales, mit der Wettergrenze am Alpenhauptkamm, entstehen dort häufige und
oft kräftige Winde bei bestimmten Wetterlagen. Das Windrad von Rein war und ist ein
wichtiger Beobachtungspunkt, an dem sich
viele Erfahrungswerte ablesen lassen. Die
Windkraft wird in ganz Europa nach wie
vor untersucht und ihre Wirtschaftlichkeit
geprüft.
Ergänzung wird mehr und mehr zu
einem wichtigen Thema und zum festen
Bestandteil der Energiemaßnahmen. Ohne
kostspielige Anlagen kann Energie inzwischen direkt aus der Erde gewonnen werden
und als zusätzliche Quelle zur Energieerzeugung genutzt werden. Abhängig vom Standort nutzen inzwischen viele Klimahäuser
Erdwärme als Potential sinnvoll aus. Auch
in Sand gibt es inzwischen einige, bereits
realisierte Projekte mit diesem Konzept. Sie
sind gute Anschauungsbeispiele für alternative Energieformen.
Die Gemeinde verfügt seit Anfang 2008
über einen Citybus, der von einem örtlichen
Konzessionär betrieben wird. Das Konzept
sieht die Anschaffung eines zweiten Fahrzeuges vor. Spätestens dann wird das Thema
eines elektrischen Antriebes interessant und
soll realisiert werden. Parallel dazu wurde
bei den Fahrzeugen des Gemeindebauhofes
bereits damit begonnen, auf Methangas
umzurüsten.
Sand in Taufers könnte auch schon bald
eine eigene Bio-Tankstelle mit den alternativen Treibstoffen Biogas, Biodiesel, Bioethanol und Wasserstoff erhalten. Gerade
Wasserstoff wird offensichtlich immer
interessanter. Er wird zwar heute hauptsächlich aus Rohöl und Erdgas gewonnen.
Doch ein absolut sauberer Energieträger ist
Wasserstoff nur dann, wenn er durch die
Wasserelektrolyse hergestellt wird. Der für
die Elektrolyse benötigte umweltfreundliche Strom kann mit Wasserkraft, Photovoltaik oder Windenergie erzeugt werden.
Über all diese Möglichkeiten verfügt Sand
in Taufers bereits und damit über beste
Voraussetzungen. Die meisten Kraftwerke
haben den Nachteil, dass der Wirkungsgrad
von der produzierten Energie nur dann optimal ist, wenn sie unmittelbar genutzt wird.
Wasserkraft, Photovoltaik und Wind können
auch nur sehr unwirtschaftlich gespeichert
werden. In Verbindung mit der Herstellung
von Wasserstoff aber kann die Kraft der
Natur dann gespeichert werden, wenn der
Verbrauch niedrig ist. Alle Energie-Projekte
in Sand in Taufers berücksichtigen diese
Überlegung.
Sämtliche dieser alternativen Wege der
Gemeinde münden schließlich in ein Haus.
In das „Haus der Energie“, für das Sand in
Taufers 2008 aufgrund der außergewöhnliche Energiepolitik den Zuschlag vom Land
Südtirol erhielt. Im Ortskern von Sand in
Taufers sind die so genannten „Posthäuser“
situiert, die traditionell als Einkehr für Gäste
und Reisende gegolten haben. Sie stehen leer
und sind inzwischen arg in die Jahre gekommen. Das mittlere Gebäude, die „Alte Post“,
liegt verkehrsberuhigt und eingebettet in
eine fußgängerfreundliche Umgebung, die
sich mit dem Bau des geplanten Umfah-
rungstunnels noch weiter verbessern wird. In
diesem Haus könnte eine multifunktionelle
Struktur entstehen, die einen aufschlussreichen Museumsrundgang ermöglicht, bei
dem man viel über Energie und alternative
Möglichkeiten erfahren kann. Das Konzept
sieht aber auch ein Schulungszentrum mit
den entsprechenden Räumlichkeiten vor,
infrastrukturelle Anbindungen und einen
menschenfreundlichen Außenbereich. Energie soll in diesem Haus künftig erlebbar und
erlernbar werden. Exkursionen zum Energielehrpfad in Mühlen, zu Energieeinrichtungen wie dem Fernheizwerk oder dem
Elektrizitätswerk sollen dort ihren Ausgang
nehmen. Und im Haus der Energie selbst
werden alle theoretischen Informationen
über die Entwicklung der Energie-Gemeinde
Sand in Taufers, über technische Möglichkeiten und Entwicklung, über den Stand
der modernen Forschung und über globale
Anstrengungen verfügbar sein. Auf diese
Art und Weise soll ein Kongress-Tourismus
zum Thema Energie angekurbelt und stetig
gefördert werden. Das Motto heißt: Energie
mit allen Sinnen erleben.
101
102
103
16 Mitreden ist wichtig und erwünscht
Bürgerinnen und Bürger haben alle
Möglichkeiten der Kommunikation
In den Jahren 2000 bis 2005 wurde in
der Gemeinde Sand in Taufers ein Entwicklungsprozess in Gang gesetzt, der nach
wie vor anhält. Der offizielle Startschuss
für diese nachhaltigen Veränderungsmaßnahmen fiel im Jahr 2000 mit dem so
genannten Leader-Plus-Programm und
der Gründung der Gesellschaft für Regionalentwicklung und Weiterbildung. Von
diesem Zeitpunkt an standen entsprechende finanzielle Möglichkeiten für bereits
entwickelte Ideen zur Verfügung und die
Umsetzung konnte beginnen. Die Gemeindeverwaltung bekannte sich seinerzeit klar
und deutlich zu diesem Entwicklungsprozess. Zum Präsidenten der Gesellschaft für
Regionalentwicklung und Weiterbildung
im Tauferer Ahrntal wurde Helmuth Innerbichler gewählt, der fünf Jahre später auch
Bürgermeister von Sand in Taufers wurde.
So gesehen ist die konsequente Fortführung des Prozesses einer nachhaltigen
Entwicklung der Gemeinde Sand in Taufers
nicht verwunderlich. Die Kontinuität blieb
gewahrt.
Allen Projekten, die unter der Begleitung von Leader-Plus aus Töpfen der Europäischen Union, des Staates Italien und des
Landes Südtirol unterstützt wurden, ist
eines gemeinsam: Die Ideen wurden von
Bürgerinnen und Bürgern aus dem Tauferer
Ahrntal und aus Sand in Taufers entwickelt,
104
initiiert und schließlich auch umgesetzt.
Somit haben alle Projekt den Charakter, von
der Basis zu kommen und für diese Basis
zu wirken. Der Führung von Leader Plus
war die Aufgabe zugeteilt, alle Projekte im
System einzubinden und miteinander zu
vernetzen. Dies hat sie dadurch erreicht,
dass jedes Vorhaben geprüft und freigegeben worden ist.
Der komplette Entwicklungsprozess
basiert auf der Überzeugung, dass die
Bürger aus Eigeninitiative und zu ihrem
Eigennutzen Ideen entwickeln, die von der
Gemeindeverwaltung als Gemeinnutzen
gefördert werden, so dass dem Einbringer
die notwendigen Möglichkeiten geschaffen
werden, seine Ideen umzusetzen.
Maßgebliche Projekte, die von der
Gemeindeverwaltung entwickelt sind,
werden der Bürgermeinung unterworfen,
dann erst beschlossen und weitergeführt.
Die Maßnahmen werden unter Berücksichtigung der sozialen Komponente getroffen, wobei die Rolle:
¯
¯
¯
¯
der Kinder, Jugendlichen und Familien,
der Frau,
der Menschen mit Behinderung,
der Senioren
maßgeblich berücksichtigt werden.
Mitsprache der Bürger
Der Entscheidungsfindungsprozess
hat mehrere Ebenen und läuft nach einem
Schema ab:
Ideenfindung und Ideensammlung:
Für neue Ideen ist in der Gemeinde Sand
in Taufers jeder zuständig und erwünscht.
Ideen aus der Gemeinde, wie auch außerhalb der Gemeinde, werden aufgenommen.
Aus der Gemeinde kommen Ideen:
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¯
von einzelnen Bürgern,
von Vereinen,
von freien Interessensgemeinschaften
(Frauenrunde),
von Unternehmen,
von Parteien, Vereinigungen und
Verbänden,
von Volksvertretern,
von Ämtern,
von der Kirche,
von der Gemeindeverwaltung
Ideenprüfung: Alle Ideen werden
offiziell geprüft (Gemeindeausschuss oder
Leader-Plus, lokale Aktionsgruppe) und
beurteilt. Bei positiver Beurteilung erfolgt
eine Grundsatzentscheidung der Gemeindeverwaltung oder der lokalen Aktionsgruppe.
Information und Bürgerversammlung: Über jedes größere Vorhaben wird
ausführlich über Informationsblätter oder
der Gemeindezeitung „Tauferer Bötl“ informiert. Im Rahmen von Bürgerversammlungen werden Meinungen gesammelt und
ausgetauscht. So werden Projekte auch
auf ihre Bürgeranerkennung geprüft. Die
Meinungen und Stellungnahmen fließen ein
und bilden somit eine von der Basis getragene Einheit. Die Bürgerversammlung dient
außerdem dazu, dass das Projekt in das Netz
der Gesellschaft, Wirtschaft, Kultur und
Natur entsprechend eingebunden wird.
Damit wird die ganzheitliche Vernetzung
des Entwicklungsprozesses gewährleistet.
Auch mit Hilfe des Internets ist es
möglich, dass die BürgerInnen und die
Unternehmen der Gemeinde Sand in
Taufers in das Verwaltungshandeln eingebunden werden, über Neues und Aktuelles
aus der Gemeindeverwaltung informiert
werden und Informationen, sowie Formulare herunterladen können (www.sand-intaufers.com).
Mitsprache: Um den Wirtschaftstreibenden von Sand in Taufers die Möglichkeit
zu geben, sich durch konkrete Wünsche
und Anregungen an der Ausarbeitung des
Leader-Plus Weiterbildungsangebotes zu
beteiligen, wurde im Jahre 2003 eine Fragebogenaktion durchgeführt. Das Ergebnis der
eingegangenen und ausgewerteten Daten
bildete die Basis für die Erstellung des
Weiterbildungsprogramms.
105
Entscheidung durch Gemeinderat
und Gemeindeausschuss: Unter Berücksichtigung der Bürgermeinung wird ein
Projekt von den zuständigen Gremien in
der Gemeindeverwaltung verabschiedet.
Damit alle Interessengruppen ihren entsprechenden Beitrag leisten können, wird eine
Entscheidung mit der notwendigen Zeitvorgabe beschlossen.
Einweihung und Zielüberprüfung:
Nach der Entscheidung werden Projekte
aufgrund der entsprechenden Vorgaben
umgesetzt. Bei Projektabschluss wird das
Ergebnis auf die Zielvorgabe geprüft und
in manchen Fällen mit einer öffentlichen
Einweihung, unter Beteiligung der BürgerInnen, seiner Zweckbestimmung übergeben. Im Rahmen dieses Prozesses können
die BürgerInnen sich in verschiedener Form
einbringen beziehungsweise Informationen
einholen.
Honoration und Mitteilungen: Regelmäßig verschickt die Gemeindeverwaltung an bestimmte Zielgruppen (Geburten,
Geburtstage, Vollendung eines runden
Geburtstages.) Glückwunschkarten. Der
Bürgermeister oder die Vizebürgermeisterin gratulieren den Bürgern zum 80., 85., 90.,
95. und 100. Lebensjahr bei einem Hausbesuch persönlich zum Geburtstag. Bei Vollendung des 18. Lebensjahres erhalten die
Jugendlichen neben einer Bibel auch einen
Bildungsgutschein von Seiten der Gemeindeverwaltung.
Als weiteren Bürgerservice verschickt
die Gemeindeverwaltung an die Bürger
eine Mitteilung, um sie auf den Verfall Ihres
Personalausweises aufmerksam zu machen.
In den 90er Jahren wurde in wesentlichen Angelegenheiten die Bevölkerung
106
als direktdemokratisches Organ mit einbezogen. Die Beschlüsse müssen nach den
rechtlichen Vorschriften (Gemeindeausschuss und Gemeinderat) erfolgen, doch
die Meinung der Bevölkerung wird gehört,
diskutiert und im Entscheidungsfindungsprozess maßgeblich berücksichtigt.
Im Landessozialplan ist die Bürger- und
Betroffenenbeteiligung verankert. Zudem
sollen soziale Vorhaben über die Erhebungen
und Analysen mit den BürgerInnen durchgeführt werden. Dieser Gedanke wird durch
die Errichtung von entsprechenden Institutionen von Seiten der Gemeindeverwaltung
unterstützt. Die Gemeinde Sand in Taufers
bekennt sich zu diesen Grundsätzen und
arbeitet seit Jahren an deren Umsetzung.
Nur eine durchdachte interne Organisation kann den Anforderungen der
BürgerInnen mit all ihren demokratischen
Möglichkeiten gerecht werden. Bürgerversammlungen, Sprechstunden, bürokratische
Abwicklungen, Einbringung und Behandlung von Themenschwerpunkten gehören
in der heutigen Zeit dazu. Diese Vorgehensweise hat die Gemeindeverwaltung veranlasst, über die Organisation nachzudenken
und eine darauf aufbauende Organisationsund Personalentwicklung zu erarbeiten, die
im Dezember 2006 in Zusammenarbeit mit
Experten entstanden ist.
Aus einer klassischen bürokratischen
Verwaltung mit wenig eigenständigen
Mitarbeitern hat sich eine Struktur entwickelt, die auf allen Ebenen mit Verantwortung und Kompetenzen ausgestattet ist.
Konflikte sind zu konstruktiven Problemlösungsprozessen umgewandelt worden.
Die Potentiale der Mitarbeiter konnten sich
somit auch mehr entfalten. Das Arbeits-
klima hat sich verbessert und wird damit
auch im Außenkontakt zu BürgerInnen und
BesucherInnen offenbar. Die Entwicklung
war eigentlich schon lang im Gange, jedoch
noch nicht für jeden offenbar und verständlich. Im Rahmen dieses Projektes ging es
darum, diese Realitäten offen zu legen und
transparent zu machen. Dies wurde dadurch
erreicht, dass Prozessabläufe erstellt und
die einzelnen Stellen beschrieben und deren
Stellvertretung geregelt wurde. Auch die
Pflege und Aktualisierung der Organisation
wurde aufgebaut.
Für die Umsetzung des Projektes
wurden vor allem neue und erprobte
Kommunikationsmittel und eine entsprechende Computersoftware eingeführt.
( B e s p re c h u n g e n , S i t z u n g s k a l e n d e r,
vernetztes Outlook-Programm). Bereits
vorhandene und bewährte Programme und
Methoden sind eingebunden worden, so
dass ein ganzheitliches Kommunikationssystem entstehen konnte. Neben dem Auf- und
Ausbau der Organisation wurden der Schulungsbedarf und die soziale Kompetenz der
MitarbeiterInnen analysiert und Einzelthemen nach Prioritäten behandelt. Die daraus
gewonnenen Erkenntnisse sind in Maßnahmepaketen festgelegt worden, beziehungsweise befinden sich in Umsetzung.
Marktgemeinde Sand in Taufers
Comune di Borgata Campo Tures
Corporate Identity: Mit der Realisierung der neuen Organisation wurde auch
das Erscheinungsbild der Gemeinde in
einem Corporate Identity überarbeitet.
Das neue Erscheinungsbild der Gemeinde
sieht eigene Logos für die unterschiedlichen Bereiche der Gemeindeverwaltung
vor. Dies spiegelt sich in der Brieffamilie,
verschiedenen Kennzeichnungen sowie bei
Info-Materialien wieder. Alle Logos sind
in ihrer grafischen Aufmachung, wie nachstehend ersichtlich, miteinander verwandt
und haben als Zeichen einen Bezug zu ihrer
Struktur.
„Der komplette Entwicklungsprozess
ist auch unter Berücksichtigung der
Bürgermeinung entstanden und wird
weiterhin so vorangetrieben. Nur so
werden Veränderungen akzeptiert,
breit mitgetragen und finden in der
gesamten vernetzten Entwicklung ihren Platz“,
sagt Bürgermeister Innerbichler, dem
die Kommunikation ein wichtiger Aspekt
seiner Tätigkeit für die Gemeinde ist.
Bürgerinformation – Notwendigkeit
der Veränderung: Dabei gilt es, über den IstZustand ausführlich zu informieren. Dies
wird in der Regel von einem zuständigen,
eigenen oder externen Experten getan. Nur
eine klare Sicht der Ausgangslage kann eine
Veränderung rechtfertigen.
Bürgerinformation – Aufzeigen von
Alternativen: Aus der Analyse des Zustandes
werden Alternativen mit ihren Vor- und
Nachteilen dargestellt und zur Diskussion
gestellt.
Bürgermeinung und Diskussion –
Die Stellungnahmen der Bürgerinnen und
107
Bürger, Vertreter verschiedener Interessengruppen und Vereine werden gehört,
gesammelt und bei der Entscheidungsfindung berücksichtigt.
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Es bieten sich viele Möglichkeiten zum
Informationsaustausch zwischen Bürgern
und Verwaltung:
¯ Bürgerversammlung,
¯ Veröffentlichung der Beschlüsse des
Gemeinderates und des Gemeindeausschusses, Berichte über Versammlungen,
¯ Stellungnahmen von Arbeitskreisen,
Institutionen, Interessensgruppen,
¯ Diskussionsrunden,
¯ Web-Seite der Gemeinde Sand in
Taufers mit Email-Adressen,
¯ direkte Telfonnummern der Gemeindebediensteten – veröffentlicht in der
Gemeindezeitung „Tauferer Bötl“ und
auf der Web-Seite,
¯ Sprechstunden (ein Großteil der politischen Vertreter bieten Sprechstunden
an),
¯ Bürgermeistersprechstunde – nahezu
täglich von 10.00 bis 12.00 Uhr,
¯ fachspezifische Vorträge,
¯ Pressespiegel,
¯ Vereinsversammlungen und Vereinsschriften,
¯ Stammtische,
¯ öffentlicher Kontakt zu Ämtern,
¯ Berichterstattung in der Gemeindezeitung „Tauferer Bötl“,
¯ Fragebogenaktionen
Im Laufe von eineinhalb Jahren hat
sich der Arbeitskreis periodisch getroffen,
eine Standortanalyse erarbeitet, Trends und
Tendenzen herausgearbeitet, die Chancen und Gefahren bewertet, Ziele für die
touristische Entwicklung erarbeitet, sowie
Maßnahmen und Projekte verabschiedet.
Zwischen den Treffen der Arbeitsgruppe
haben sich die Teilnehmer Impulse, Stellungnahmen und Informationen quer durch
alle Bereiche und Schichten der Bevölkerung
geholt und in ihre Arbeit mit eingebunden.
Am Ende stand im November 2007
ein fertiges Konzept, das weit über den rein
touristischen Anspruch hinaus wirkt. Dies
wurde im Rahmen einer Bürgerversammlung der Öffentlichkeit in seiner Gesamtheit
vorgestellt. Dieser Abschluss war gleichzeitig der Startschuss zur Umsetzung.
Die Erkenntnis aus der Arbeit war, dass
Sand in Taufers touristisch zwar stagniert,
aber alle Chancen in Umwelt, Natur, Kultur
und Freizeit hat und nur über die Gesamtbeteiligung der BürgerInnen den Tourismus ankurbeln kann. Dabei gilt es, die
gesellschaftlichen, kulturellen und sozialen
Aspekte zu berücksichtigen. Nur eingebettet in dieses gesamte Netzwerk hat der
Tourismus in Sand in Taufers wieder eine
Chance. Als wirtschaftlicher Motor braucht
der Tourismus auch die Identität und Beteiligung der BürgerInnen, diese wiederum
brauchen den Tourismus für ein „lebenswertes“ Sand in Taufers. Ein Konzept ist ein
Standpunkt und Basis für die Weiterentwicklung. Die eigentliche Umsetzung hat mit der
Präsentation begonnen. Alle sollen künftig
mitwirken, wie aus dem Zitat der Vorstellungsbroschüre ersichtlich ist: „Jeder in der
Gemeinde kann seinen Beitrag leisten um
Sand in Taufers als liebenswerte und lebenswerte Heimat zu erhalten und als Ferienort
mit hohem Erholungswerte zu gestalten.“
Ein konkretes Beispiel war die Entwicklung des „Tourismusleitbildes für Sand
in Taufers. Unter der Moderation der ETB
Edinger Tourismusberatung, wurde ein
Arbeitkreis von mehr als 20 Personen gebildet. Die Teilnehmer kamen aus folgenden
Bereichen:
¯ Gemeindevertreter,
¯ Hotellerie und Gastgewerbe,
¯ Kaufleute,
¯ Landwirte,
108
Industrie,
Handwerk,
Privatpersonen,
Tourismusverein.
Erstmals erhält auch eine Fraktion ein
eigenes Leitbild. Seit 2007 setzt sich eine
Kommission in der Fraktion Mühlen intensiv mit den Themen Weiterentwicklung und
Zukunftsplanung auseinander. Mit dem
Leitbild sollen Rahmenbedingungen für die
nächsten Jahre festgeschrieben werden. Das
Projekt wird von der Gemeinde nachhaltig
unterstützt und gefördert.
Die Kommunikation der Bürger mit
Politikern und Behörden ist bereits durch
die örtliche Nähe gegeben und findet
eigentlich permanent statt. Zufällig auftretende oder vereinbarte Treffen werden beidseitig gelebt und gepflegt. Viel ungeplante
Kommunikation entsteht im Vereinsleben,
nach der Arbeit oder nach Veranstaltungen.
Dieser Austausch wird von den Politikern
und Behörden gefördert. Dadurch ist man
ständig sehr nahe am Puls der Bevölkerung
und es werden viel öfter offene Meinungen
kundgetan und innere Antriebe freigesetzt.
Natürlich bietet Sand in Taufers den
Bürgerinnen und Bürgern auch die bereits
erwähnten organisierten Angebote und
Möglichkeiten in Kommunikation zu treten.
Mindestens einmal jährlich findet eine
Bürgerversammlung statt. Zudem werden
auch kurzfristige Bürgerversammlungen
organisiert.
Viel Wert legt die Gemeindeverwaltung auf eine umfassende Information der
Bürgerinnen und Bürger. Nur so kann ein
konstruktiver Meinungsaustausch entstehen. In der Verteilung der Informationen
sind die Medien, die Gemeindezeitung
„Tauferer Bötl“, das Internet und gezielte
Informationsschreiben an die unterschiedlichsten Interessengruppen die wichtigsten.
Aber auch über die verschiedenen Kommissionen und Arbeitsgruppen, die sich mit
Themen wie Verkehr, Jugend, Menschen mit
Behinderung, Leitbild, Landwirtschaft und
andere mehr beschäftigen, werden Informationen an die BürgerInnen transportiert.
Aufgrund geregelter Sprechstunden
mit Bürgermeister und Referenten kann
jeder Bürger mit den zuständigen Politikern
Kontakt aufnehmen und seine Anregungen
abgeben.
Die gezielte Aufnahme der Kommunikation des Bürgers mit den Behörden ist
aufgrund klar mitgeteilter Öffnungszeiten
und Zuständigkeiten möglich und wird
gerne genutzt, nicht zuletzt weil auch das
Gemeindepersonal auf eine konstruktive
Kommunikation mit den Bürgern geschult
wurde.
Die zahlreichen Vereine tragen intern in
ihrer Mitgliedschaft, sowie nach außen dazu
bei, dass die Dorfgemeinschaft zusammensteht und wächst und dass Kommunikation
stattfindet und gefördert wird.
Es gibt auch auch zahlreiche Eigeninitiativen der Bürger selbst, die sich zusammenschließen und gezielt den Austausch
untereinander, sowie mit Behörden und
Politik suchen.
Viele Projekte, Vorhaben und Initiativen der Gemeinde Sand in Taufers wurden
von Beratern begleitet, die zum Teil aus der
Gemeinde stammen oder extern hinzugezogen wurden. Gleichwie, auch das sind
Belege für das hohe Maß an Mitbestimmung. So entstanden die zahlreichen
Wanderwege, der Klettersteig, Radwege, die
Kulturmeile, der Energiepfad, aber auch das
Kaufleuteprojekt und vieles andere mehr
mit Unterstützung von interdisziplinären
Expertenteams. Was direkte Heimatkunde,
Ortskundigkeit und Verbundenheit betrifft,
sei erwähnt, dass die Gemeinde Sand in
Taufers eine Vielzahl von eigenen Fachleuten hat, die sich in nahezu allen Projekten
eingebracht haben. Beispiele gibt es auch
dafür genügend:
Der externe Expertenbeirat für die
Abgabe von Gutachten und fachlicher
Beratung des Gemeindeausschusses bei
der Behandlung von Anträgen zur Besetzung öffentlicher Flächen und Plätze mit
folgenden Mitgliedern:
¯ Arch. Dr. Thomas Duregger,
¯ Arch. Dr. Kurt Egger,
¯ Rudi Viehweider.
109
Die Arbeitsgruppe zur Ausarbeitung
von Vorschlägen zum Thema Ensembleschutz mit folgenden Mitgliedern:
¯ Bürgermeister Helmuth Innerbichler,
¯ Gemeindereferentin Dr. Petra Thaler,
¯ Gemeinderat Dr. Günther Früh,
¯ Gemeinderat Ernst Mairhofer,
¯ Gemeinderat Wilhelm Mairl,
¯ Externerer Berater Arch. Dr. Johann
Schwärzer.
¯ Die Verkehrskommission mit folgenden
Mitgliedern:
¯ Gemeindereferent Haidacher Christof,
¯ Gemeinderat Erwin Ausserhofer,
¯ Gemeinderat Christof Mutschlechner,
¯ Gemeinderätin Dr. Elfriede Steger,
¯ Gemeinderat Laurentius Eder,
¯ Gemeinderat Herbert Seeber,
¯ Gemeinderat Dr. Günther Früh.
¯ Der Sozialsprengelbeirat der Bezirksgemeinschaft Pustertal. Als Vertreter
der Gemeinde Sand in Taufers ist zu
nennen:
¯ Gemeinderat Laurentius Eder
Die Arbeitsgruppe für das Leitbild
Mühlen bestehend aus nachfolgenden
BürgerInnen der Fraktion Mühlen:
¯ Barbara Unterhofer,
¯ Robert Forer,
¯ Rudi Viehweider,
¯ Karl Weger,
¯ Andreas Innerhofer,
¯ Jakob Unterhofer,
¯ Norbert Abfalterer,
¯ Stefan Innerhofer.
Ziel des Leitbildes Mühlen ist die wirtschaftliche und kulturelle Aufwertung des
Dorfes mit dem Schwerpunkt der Verkehrsberuhigung.
Innerhalb des Leader-Plus-Projektes
„Tourismuswerkstatt Tauferer Ahrntal“
wurden folgende Experten zu folgenden
Themen zu Rate gezogen:
¯ Impulsvortrag von Erich Falkensteiner, Falk Tours, zum Thema: „Die
touristische Destination Südtirol –
110
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¯
Anforderungen an Betriebe, Orte und
Verbände“
Impulsvortrag der Frau Jeanette Huber,
Zukunftsinstitut Kelkheim, zum Thema:
„Die Zukunft des Tourismus“
Impulsvortrag von Dr. Simon Gspan,
Partner und Geschäftsführer der ETB
Edinger Tourismusberatung GesmbH,
Innsbruck-Wien zum Thema: „Klimawandel und Tourismus“
Impulsvortrag von Mag. Rainer M.
Hammerle, MBA MES Text- und PR
Agentur, Hall in Tirol zum Thema:
„Aktiv verkaufen: So punkten Sie bei
Gästeanfragen“
Impulsvortrag von Dr. Simon Gspan,
Partner und Geschäftsführer der
ETB Edinger Tourismusberatung
GmbH, Innsbruck-Wien, zum Thema:
„Welchen wichtigen Veränderungen im
Tourismus muss besonderes Augenmerk geschenkt werden: Wellness –
Rettung oder Falle“
Impulsvortrag von Alois Häusler,
Senior Consultant der ETB Edinger
Tourismusberatung GesmbH, Innsbruck-Wien zum Thema: „Wo stehe ich
mit meinem Betrieb? Erfolgreich selbst
einen Unternehmenscheck durchführen; Kennzahlen – statistische Spielereien oder strategische Grundlage?“
Viele Veranstaltungen, kultureller,
kulinarischer und typisch regionaler Tradition sind von den Bürgern, Vereinen und
Gemeindenvertretern gemeinsam abgehalten worden. Man denke an kirchliche
Festtage mit Prozessionen, an Konzerte der
Musikkapellen und Chöre, an die traditionellen „Kirschta Michl“-Feste, die Tauferer
Straßenküche, Jugend- und Familienfeste,
landwirtschaftliche Veranstaltungen und
vieles andere mehr. Dies hat dazu geführt,
dass Sand in Taufers eine sympathische,
attraktive und typisch „pustertalerische“
Gemeinde ist.
111
17 Umweltschutz beginnt überall
Fit in allen Klimazonen und in vielen
relevanten Bereichen
Die einzigartige Bergwelt, die Almen
zu Füßen der Dreitausender, die Auen
entlang der insgesamt 68 Fluss- und Bachläufe, elf kristallklare Seen, über 4000 Hektar
landwirtschaftliche Kulturflächen, ausgedehnte 6000 Hektar Wälder und gepflegte
Siedlungsräume sind ein kostbares Faustpfand der Gemeinde Sand in Taufers. Sie
zu erhalten und zu schützen, gehört zu den
wichtigsten Aufgaben des 21. Jahrhunderts.
Der sorgsame Umgang mit der Umwelt, der
sensible Auftrag, möglichst alle Menschen
für diese Umwelt zu gewinnen und die politische Herausforderung, tragbare Voraussetzungen für den Schutz der Umwelt zu
schaffen, hat die Gemeindeverwaltung
nachdrücklich angenommen.
Sand in Taufers ist in der näheren und
weiteren Umgebung von über 80 Bergen
umgeben, deren Gipfel jenseits der 3000Meter-Marke liegen. Vor dem erstaunten
Betrachter eröffnet sich die grandiose
Bergwelt der Zillertaler Alpen, der Venediger-Gruppe, der Durreck-Gruppe und
der Rieserferner-Gruppe. Unterschiedliche
Klimazonen erstrecken sich vom niedrigsten
Punkt in Sand in Taufers auf 838 Meter
Meereshöhe bis zum Gipfel des Hochgall,
der in der Permafrost-Region mit 3436
Metern den höchsten Punkt des Gemeindegebietes bildet. Eine empfindsame Gegend
ist diese Natur- und Kulturlandschaft und
112
leicht aus dem Gleichgewicht zu bringen.
Jedem Erschließungsgedanken steht daher
die Überlegung des Schutzes von Landschaft, Wald und Natur voran. Für alle infrastrukturellen Planungen gilt das gleiche.
Gemeindeverwaltung, Förster, Lehrer
und Landwirte übernehmen eine wichtige
Rolle bei den Sensibilisierungskampagnen.
Dass Kinder schon in der ersten Grundschulklasse mit Mitarbeitern der Forstbehörde den Wald besuchen, um dort die
Natur zu erleben, ist nur ein Beispiel für
einen möglichst sorgsamen Umgang mit
einer nur schwer reparablen Ressource.
Die komplette Energiewirtschaft von
Sand in Taufers, Lehrpfade und Wanderwege sowie touristische Angebote werden
unter Berücksichtigung der Kulturlandschaft geplant und realisiert. Dabei sind die
Erhaltung von Wald, Natur und Kultur das
oberste Gebot. Zum Schutz von Flora und
Fauna sind zahlreiche Naturschutzgebiete
und Biotope entlang der Ahr entstanden und
werden als schützenswerte „Ahrauen“ nachhaltig betreut. Wo der Naturpark „Rieserferner Ahrn“ in Rein in Taufers endet, beginnt
nahtlos der Nationalpark „Hohe Tauern“
und geht als Region im österreichischen
Staatsgebiet weiter. Der Naturpark „Rieserferner Ahrn“ wird eigenständig geführt und
geschützt. Die Einzigartigkeit der Bergwelt
in diesem Naturpark wird Interessierten im
Umwelt
Naturparkhaus im Dorfzentrum von Sand
in Taufers nähergebracht, mit dem Ziel
auch hier eine intensive Sensibilisierungskampagne zum Schutz der Landschaft zu
erreichen. 30 000 Besucher im Jahr besuchen dieses interessante Haus mit seinen
vielen Sonderausstellungen. Was man dort
an Lehrreichem und Wissenswertem sieht,
kann binnen weniger Minuten direkt und in
freier Natur bewundert werden.
Die Gemeinde Sand in Taufers ist
Mitglied des internationalen Klimabündnisses. Das ist ein Zusammenschluss europäischer Städte und Gemeinden, die eine
Partnerschaft mit indigenen Völkern der
Regenwälder eingegangen sind.
„Die Partner in diesem weltumspannenden Bündnis verbindet die gemeinsame Sorge um das Weltklima.
Um einen Beitrag zum Klimaschutz zu
leisten, wird auf das Engagement und
die Vielfalt der lokalen Ebene gesetzt.
Das Klima-Bündnis will den Erhalt des
globalen Klimas erreichen. Dazu gehören die Verringerung der Klima schädigenden Emissionen auf ein nachhaltiges Niveau in den Industrieländern
im Norden und der Schutz der Regenwälder im Süden des Planeten“,
heißt es im Leitbild des Klimabündnisses Südtirol.
Seit 1990 sind dem europäischen
Klimabündnis fast 1500 Städte, Gemeinden und Landkreise in Europa beigetreten. Die Kommunen arbeiten umfassende
Klimaschutzstrategien aus und ergreifen
vielfältige Maßnahmen zu ihrer Umsetzung, vor allem in den Bereichen Energie
und Verkehr. Klimaschutz beginnt für das
Klimabündnis im direkten Einflussbereich
der Kommune und umfasst eine weit über
die Pflichtaufgaben hinausreichende Zusammenarbeit mit Bürgerinnen und Bürgern,
Verbänden und Unternehmen. Koordiniert
wird das Klimabündnis von der Europäischen Geschäftsstelle in Frankfurt am Main,
unterstützt von nationalen und regionalen
Koordinations- und Kontaktstellen.
Die Mitglieder des Klimabündnisses
verpflichten sich zu einer kontinuierlichen
Verminderung ihrer Treibhausgasemissionen. Ziel ist es, alle fünf Jahre die CO2
-Emissionen um zehn Prozent zu reduzieren. Dabei soll der wichtige Meilenstein
einer Halbierung der Pro-Kopf-Emission
(Basisjahr 1990) bis spätestens 2030 erreicht
werden.
„Der Beitritt zum Klimabündnis war
einer der ersten und ganz wichtigen
Schritte in der Umweltpolitik der Gemeinde. Das heißt aber nicht, dass davor niemand an die Umwelt und deren
113
Schutz gedacht hat. Denn beispielsweise die Voraussetzungen dafür, dass
heute 98 Prozent unserer Gewässer getrennt und geklärt sind in Regenwasser und Schmutzwasser, waren frühe
Maßnahmen, ebenso wie auch die getrennte Müllsammlung“,
erklärt Bürgermeister Innerbichler.
Im Jahre 2001 wurden der Recyclinghof und die Kompostieranlage baulich
und organisatorisch zusammengelegt. Der
damals umgebaute Recyclinghof nahm dann
am 2. Januar 2002 seinen Betrieb auf. Mit
dieser Anlage konnte die Gemeindeverwaltung der Allgemeinheit danach noch bessere
Dienstleistungen anbieten. Die Öffnungszeiten wurden sehr großzügig gestaltet.
Jedem Bürger bietet sich somit die Möglichkeit, seine Wertstoffe und den Bioabfall im
Bringsystem zu entsorgen. Recyclinghof und
Kompostieranlage werden von der Bevölkerung aus Sand in Taufers geschätzt und gut
angenommen. Die biologische Verwertung
der Abfälle im Recyclinghof wird mit dem
Einsatz von „EM“-Kulturen optimiert.
„EM“ ist die abkürzende Bezeichnung
für „Effektive Mikroorganismen“, die der
japanische Professor Teruo Higa vor rund
25 Jahren entdeckte. Diese Mikroorganismen sind eine Kombination aus Milchsäurebakterien, verschiedenen Hefen und
fotosynthetisierenden Bakterien. Sand in
Taufers gehört zu den Anwendungspionieren auf dem Gebiet von EM und setzt es für
die Kompostierung ein. Der angelieferte
Kompost wird dabei regelmäßig mit dem
so genannten EMa besprüht. Zu hohe Flüssigkeitsgehalte werden vermieden, indem
Gesteinsmehl eingebracht wird. Das Mehl
aus mineralischen Komponenten dient den
Mikroben durch die große Oberfläche als
Besiedlungsfläche. In der Folge bildet sich
aus den Abfällen natürlich und vergleichsweise schnell Kompost. Der Einsatz von EM
ist in Sand in Taufers zu einer nicht enden
wollenden Erfolgsgeschichte geworden. Mit
Bussen reisen Interessierte aus halb Europa
114
an, um die Anlage und die Wirkung von EM
zu besichtigen und sich über die Einsatzmöglichkeiten aufklären zu lassen. Häufig
wird in der Gemeinde auch von „EM-Tourismus“ gesprochen.
Zwischengemeindliche Zusammenarbeit und Betriebsorganisationen im Bereich
der Müllentsorgung und Müllvermeidung
werden von der staatlichen, der regionalen
und der Landesgesetzgebung zusehends
stärker gefördert. Die Gemeindeordnung
widmet dieser Form der Ausführung öffentlicher Dienste einen eigenen Abschnitt. Die
Gemeinde Sand in Taufers beteiligt sich
gleich an mehreren übergemeindlichen
Körperschaften:
¯
Bezirksgemeinschaft Pustertal (Sozialdienste, Müllentsorgung): Die
Bezirksgemeinschaft fördert den sozialen, kulturellen und wirtschaftlichen
Fortschritt unter Wahrnehmung der
Umweltaufgaben. Sie führt diverse
Sozial- und Gesundheitsdienste
sowie die Bezirksmülldeponie und
des Kompostwerk. Außerdem führt
sie verschiedene Abfallsammel- und
Entsorgungsdienste und bietet einen
Umweltberatungsdienst an.
¯
ARA Pustertal AG: Die Hauptaufgabe
der Gesellschaft sind die Sammlung
und Reinigung der Abwässer des
Einzugsgebietes der Mitgliedsgemeinden, sowie die Entsorgung des Klärschlammes. Zielsetzung beziehungsweise der Zweck des Konsortiums ist
die Führung des einheitlichen Abwasserdienstes im Sinne des Art. 5 des L.G.
18.06.2002, Nr. 8 und die Abwicklung
der darin aufgelisteten Aufgaben.
¯
Konsortium WEG Wassereinzugsgebiet der Etsch: Seine Aufgabe besteht in
der Verwaltung des Zusatzzinses, der
von den Konzessionären von großen
Wasserableitungen zur Erzeugung
elektrischer Energie zu entrichten ist.
¯
„Öli“-System: Im Jahr 2005 wurde am
Recyclinghof das unter dem Namen
„Öli-System“ bekannter Sammelsystem eingeführt. Die Gemeinde Sand
in Taufers ist die erste Gemeinde im
Pustertal, die ihre Sammlung der Altund Bratfette der privaten Haushalte
über dieses System organisiert. Die
Gemeindeverwaltung hat im Frühjahr
2005 rund 1.500 Behälter angekauft
und mit der Sammlung begonnen.
Mittlerweile wurde von nahezu jedem
Haushalt dieser Behälter im Recyclinghof abgeholt. Gesammelt werden
gebrauchte Frittier- und Bratfette, Öle
von eingelegten Speisen, Butter- und
Schweineschmalz, verdorbene und
abgelaufene Speiseöle- und fette.
¯
Sammlung von Styropor und
Kunststoffbehältern: Seit Mitte des
Jahres 2006 besteht die Möglichkeit, im
Recyclinghof Styropor (Verpackungen
bei Elektrogeräten) sowie Kunststoffbehälter abzugeben. Gesammelt
werden: Verpackung aus Kunststoff
(Styropor), Kunststoffbehälter bis zu
10 Liter wie Kunststoffflaschen (PET),
Waschmittel- und Reinigungsflaschen
aus Kunststoff, kleine Kanister aus
Kunststoff, andere Flüssigkeitsbehäl-
ter aus Kunststoff. Dies ist ein zusätzlicher Beitrag zum Schutz der Umwelt
und die Restmüllmenge wird auf diese
Weise weiter reduziert.
Interessant ist, dass die eingesetzten
finanziellen Mittel für Umweltmaßnahmen
im Gemeinde-Haushalt in den vergangenen
Jahren deutlich zurückgegangen sind. Doch
das ist leicht erklärt. Weil die großen Investitionen bereits getätigt wurden, wird jetzt
folgerichtig weniger Geld benötigt.
In allen Fraktionen, Sand, Mühlen,
Kematen, Ahornach und Rein wurde der
gleiche Standard für Mülltrennung, Recycling, Wasser und Abwasser sowie für die
Sauberkeit im Dorf geschaffen. Die Sensibilisierung beginnt heute schon in den Kindergärten und Schulen durch gezielte Projekte
und aktives Lernen.
Selbst der Naturbadeteich ist letztlich
ein Projekt im Sinne der Umwelt. Schwimmspaß, Erholung, Sport und Entspannung in
einer natürlichen Umgebung – das gibt es
anderswo zwar auch, doch die Anlage in
Sand in Taufers ist einzigartig in Italien. Die
Idee dazu stammte vom damaligen Sportreferenten. Für die Projektierung zeichnet das Architekturbüro Ecker/De Monte
verantwortlich. Um die Wasserqualität
aufrecht zu erhalten, werden einerseits die
115
Selbstreinigungskräfte natürlicher Gewässer ausgenutzt. Andererseits wird das
Teichwasser in einem geschlossenen Kreislauf durch eine Pflanzenfilteranlage geführt.
Diese besteht aus Wasserpflanzen und
einem feinkörnigen Bodenmaterial. Zusätzlich werden effektive Mikroorganismen
(EM) als Ersatz von Chemie eingesetzt. Der
Naturbadeteich besitzt eine Gesamtwasserfläche von 4500 Quadratmeter. Davon
entfallen 2250 Quadratmeter auf den Regenerationsbereich und die andere Hälfte auf
die Schwimm- und Kleinkinderbereiche.
„Es gibt sehr viele Ansätze für aktiven
Umweltschutz und die Gemeindeverwaltung ist bemüht, den hohen Anforderungen, die wir an uns selbst stellen
und die von außen an uns gestellt werden, gerecht zu werden. Doch Umweltschutz betrifft uns alle. Er beginnt bei
jedem Einzelnen. Deshalb kann ich nur
alle Bürgerinnen und Bürger bitten und
auffordern, mitzuhelfen, mitzuarbeiten
und alles dafür zu tun, damit unsere
Gemeinde nicht nur so bleibt wie sie
ist, sondern dass sich die Dinge positiv weiterentwickeln. Wir dürfen nicht
vergessen, dass nur rund ein Prozent
von 16 386 Hektar Gemeindefläche
bebaut sind. Der Rest besteht also zu
großen Teilen aus hoch sensiblen, angreifbaren und unbedingt schützenswerten Flächen in allen Klimazonen.
Es gibt somit nichts, was nicht wichtig
und beachtenswert wäre“,
sagt Bürgermeister Innerbichler.
Da passt ein interessantes Konzept
nur allzu gut in das Umweltbild, das Sand
in Taufers abgibt. „Wandern ohne Auto“
heißt ein Projekt des Alpenvereins Südtirol.
Und die AVS-Sektionen Sand in Taufers und
Ahrntal haben in einer bemerkenswerten
Gemeinschaftsaktion als erste Sektionen
in Südtirol dieses Projekt umgesetzt. Es
wurden zwei rucksackgerechte Wanderführer veröffentlicht – einer für den Sommer
und ein zweiter für den Winter – mit denen
es möglich ist, ausgedehnte Wanderungen
zu unternehmen und dabei gänzlich auf
das private Auto zu verzichten. Sowohl
die Ausgangs- als auch die Endpunkte der
jeweils 23 Sommer- und Wintertouren sind
nämlich mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu
erreichen.
116
117
18 Verkehr lässt sich steuern
Ein Konzept, das für Bewegung sorgt und allzu viel Bewegung vermeidet
63 so genannte Beobachtungsstellen
für den Verkehr gibt es in Südtirol. Damit
werden das Verkehrsaufkommen, die
Verkehrsdichte, Spitzenzeiten und Durchschnittswerte landesweit an neuralgischen
Punkten ermittelt. Eine dieser Beobachtungsstellen steht in Mühlen in Taufers. Die
Ergebnisse aus dem Jahr 2007 von dort sind
bemerkenswert. 9952 Fahrzeuge passierten 2007 durchschnittlich am Tag die Zählstelle, in den Nächten 2006 waren es 1574.
Im Sommer 2007 wurden bis zu 13 198
Fahrzeuge täglich gezählt und 9678 im
Winter 2006. Der Nachtverkehr am gesamten Fahrzeugaufkommen betrug immerhin
19,3 Prozent. Das sind Zahlen, die recht
eindrucksvoll belegen, wie stark der Individualverkehr durch die Gemeinde Sand in
Taufers fließt.
„Verkehr ist – bedingt durch die weiter
zunehmende Mobilität jedes Einzelnen
– überall ein großes Problem und der
Verkehr wird immer stärker. Doch mit
Maßnahmen zur Eindämmung des
Verkehrsaufkommens und zur Verbesserung der Lebensqualität der Bevölkerung, kann man die Entwicklung in
bestimmten Bereichen steuern“,
sagt Bürgermeister Helmuth Innerbichler. Tatsächlich bemüht sich die Gemeinde
Sand in Taufers intensiv und in allen Frak-
118
tionen, das Thema Verkehr zu bearbeiten. Mit Erfolg, wie sich durch einzelne
Projekte, Maßnahmen und die Vernetzung
im Verkehrskonzept belegen lässt. Doch die
Herausforderung wird bleiben, so lange
sich Verkehr in dem gegenwärtigen Umfang
weiter entwickelt.
Sand in Taufers war immer schon das
Zentrum des Tauferer Ahrntals. Veranstaltungen, Märkte und Versammlungen waren
Anziehungspunkte für Menschen von überall her. Das bedeutete schon in der frühen
Dorfentwicklung Verkehr. Seit Beginn des
20. Jahrhunderts entwickelte sich dann
mit Rasanz der Tourismus. Das bedeutete
weiteren Verkehr. Tagesgäste, Urlauber und
die Bevölkerung stellten die Entwicklung der
Gemeinde irgendwann auf eine harte Probe.
Der renommierte Verkehrsplaner Prof. Dr.
Bernhard Winkler, in Sand in Taufers geboren und in München lebend, entwickelte
ein Projekt zur Verkehrsberuhigung seiner
Heimatgemeinde. Moderne Erkenntnisse der
Verkehrspsychologie, technische Lösungen
und die Vorstellungen der BürgerInnen
prägten dieses Konzept, an dem seit über
zehn Jahren immer weiter gearbeitet wird.
Eine siebenköpfige Verkehrskommission
begleitet diesen Weg intensiv und befasst
sich mit ständig neuen Entwicklungen und
weiteren großen Herausforderungen.
Verkehr
„Alle Entscheidungen zum Verkehr
und zur Mobilität sind immer unter
dem Aspekt der Lebensqualität abzuwägen. Klar ist für uns: Vorfahrt hat
der Schwächste. Also kommen zuerst
die Kinder, Menschen mit Behinderung
und ältere Menschen, dann kommt der
motorisierte Verkehr und schließlich
der Schwerverkehr“,
erläutert Verkehrsreferent Christof
Haidacher. Vor diesem Hintergrund verfolgt
das Verkehrskonzept der Gemeinde konsequenterweise den Zweck, den motorisierten
Verkehr einzuschränken und Fahrradfahrer
und Fußgänger zu fördern. Der gesamte
Dorfkern wurde mit dem Verkehrsberuhigungskonzept von Bernhard Winkler
durch künstliche Barrieren so angelegt,
dass man keine „Runden“ mehr fahren
kann und dennoch jedes Gebäude mit dem
Auto erreichbar ist. Ist das Auto aber erst
einmal abgestellt, führen die Barrieremaßnahmen dazu, dass man im Dorfzentrum zu
Fuß jeden Ort schneller erreichen kann als
motorisiert. Das Konzept ist umgesetzt und
wird ständig aktualisiert und den neuen
Anforderungen angepasst. Nachttaxis, der
Skibus, die Schülerbusse, der Ausbau von
Rad-, Wander- und Spazierwegen, organisierte Schülerlotsen, das Citybus-Konzept,
die Dorfpolizei oder die Parkraumbewirtschaftung haben im Laufe der Jahre dafür
gesorgt, dass mit immer neuen Maßnahmen
die ursprüngliche Ideen weiter entwickelt
worden ist.
Heute sind die Verantwortlichen
bemüht, die Wohngebiete und auch den
Dorfkern allgemein vom Verkehr zu entlasten. Der Bau der Tiefgarage und die
Parkraumbewirtschaftung waren so gesehen
wichtige Schritte für das Dorfzentrum von
Sand. Denn das Ziel war es, die von Dauerparkern belegten Stellplätze für Kunden der
Geschäfte und Bars frei zu bekommen. In
der Tiefgarage mit 167 Stellplätzen sind die
ersten zweieinhalb Stunden Parken kostenlos. Das ist einer der Gründe, warum sie
angenommen wird. Gleichzeitig wurden in
Sand in Taufers auch die „blauen“ Zonen
mit Parkraumbewirtschaftung eingeführt.
Die Geschäftswelt des Dorfes einigte sich
mit der Gemeinde-Verwaltung darauf, dass
man während der ersten 25 Minuten gratis
parken kann. 2008 wurde damit begonnen,
eine weitere Tiefgarage zu realisieren. Unter
dem Festplatz von Sand, mitten im Dorf,
wurde im Zuge der Neugestaltung das
Projekt durch einen Beschluss des Gemeinderates erweitert und 80 Stellplätze im Tiefgeschoss mit eingeplant. Damit nutzte man
eine nachgerade historische Chance. Denn
wäre der Festplatz einmal fertig gestellt
gewesen, hätte dort eine Tiefgarage praktisch
nicht mehr oder nur mit erheblich größerem
119
Aufwand realisiert werden können. So wie
das Projekt angelegt wurde, eröffnet es
sogar die Möglichkeit, einige Jahre später,
wenn weiterer Bedarf entstehen sollte, die
Garage um 300 weitere Plätze zu vergrößern, ohne das neue Auf- und Abfahrten
geplant werden müssen.
14 Millionen Euro Kosten, 950 Meter
Länge, drei Jahre Bauzeit, Baubeginn 2010 –
das sind die Eckdaten des vielleicht größten
Verkehrsprojektes, dass in Sand in Taufers
jemals realisiert worden ist. Bis 2013 soll ein
Umfahrungstunnel das Dorf erheblich vom
Durchzugsverkehr entlasten. Ein Plan, der
seit über 30 Jahren existiert, der aber in der
Prioritätenliste der Gemeindeverwaltung erst
2007 an die allererste Stelle gesetzt wurde.
„Eine unserer ganz großen Chancen
ist der Umfahrungstunnel. Weil mit
ihm die Verkehrsberuhigung im Dorf
weitergeführt wird, Lärm und Luftverschmutzung erheblich verringert werden. Die Lebensqualität wird steigen“,
erklärt Verkehrsreferent Christof Haidacher. Umfahrungsstraßen sind in Gemeinden generell nicht ganz ohne eine gewisse
Brisanz. Doch in Sand in Taufers hält sich
die Zahl der Kritiker in engen Grenzen.
Das liegt wahrscheinlich daran, dass sich
der überwiegende Teil der Bevölkerung
eine Verbesserung der eigenen Wohn- und
Lebensqualität verspricht. All jenen, die
einen Umsatzrückgang in den Geschäften
befürchten, hält Bürgermeister Helmuth
Innerbichler entgegen:
„Ich glaube der Umsatz wird sich sogar
steigern. Denn Verkehr macht keinen
Umsatz, den machen die Kunden und
die werden sich in einem ruhigeren
Dorf allemal wohler fühlen.“
Der Umfahrungstunnel ist Teil eines
großen Gesamtkonzeptes, das auch den
Bereich Pfarre mit dem Schulzentrum und
dem Senioren- und Pflegeheim mit einer
Unterführung sowie die Fraktion Mühlen
mit einer Umfahrung einschließt.
120
Ohne Auto werden vielleicht auch
einmal die Wintersportler von Sand in
Taufers aus ins Skigebiet Speikboden gelangen. Es gibt die Vision einer Mini-Metro, die
ihre Haltestelle beim großen Parkplatz am
Ortsausgang von Sand hat und die Fahrgäste bis direkt zur Talstation befördert. Das
wäre nicht nur verkehrstechnisch relevant,
sondern auch touristisch und wirtschaftlich,
denn die Gäste kämen nach ihrem Skitag
direkt ins Dorf zurück und würden nicht
dort vorbei fahren.
Längst keine Zukunftsmusik ist
der Ausbau des Radwegenetzes. Nachdem die Verbindung von Bruneck bis
nach Sand in Taufers besteht, sollen nun
nach und nach auch die innerörtlichen
Möglichkeiten für Radfahrer verbessert
werden. Die Brücke von Kematen nach
Mühlen ist eine der Maßnahmen hierfür.
Eine weitere Brücke über die Ahr ist in der
Nähe des Speikbodens angedacht. Radwege
sollen möglicherweise künftig eigene
Markierungen im Sinne eines Leitsystems
erhalten.
Auf gewisse Weise gehören auch Oberflächengestaltungen, die Erneuerungen von
Bodenbelägen und die öffentlichen Beleuchtungskörper zum Verkehrskonzept. So wurde
2008, im Zuge der Verlegung von Rohren für
die Fernwärme, der Fuß- und Radweg von
Kematen nach Mühlen verbreitert, asphaltiert, mit einer neuen Leitplanke und einer
Photovoltaik-Beleuchtung ausgestattet.
Sogar beachtliche Eigeninitiativen
tragen dazu bei, dass die Bewegungsfreiheit
der Bevölkerung verbessert wird. Das Traditionsunternehmen „Unionbau“ hat 2007 zu
ihrem 100-jährigen Bestehen die verfallene
Holzbrücke über die Ahr am Schlossweg
neu gebaut und sie der Gemeinde zum
Geschenk gemacht. Der Neubau der unsicher gewordenen Brücke beim Feldmüllerhof wurde von der Gemeinde finanziert.
Die Verkehrsplanung, die Verkehrsregelung und die allgemeine Verkehrsvermeidung sind ein jahrzehntelanges Thema.
Im Mittelpunkt dabei steht der Schutz
der Menschen, besonders der Kinder im
Verkehr. Aber auch unnützer Verkehr soll
vermieden werden. Mit der Erstellung von
Barrieren und der Einführung einer moderaten Parkraumbewirtschaftung sollen BürgerInnen und BesucherInnen zum „Gehen“
statt zum „Fahren“ animiert werden. Im
übrigen ist die Gemeinde bemüht, sämtliche
Barrieren für Menschen mit Behinderung zu
entfernen. Dieses Projekt ist 2008 begonnen
worden.
121
19 Festplatz, Parkraum und Wohnqualität ...
Gemeinde will auch künftig viele Projekte
realisieren und die Dörfer entwickeln
Mit einer regen Bautätigkeit hat Sand in
Taufers in den vergangenen Jahren stets aufs
Neue seine Fortentwicklung sichergestellt.
Öffentliche Strukturen sind notwendig, um
das Leben in wesentlichen Bereichen am
Leben zu halten. Der Bau des neuen Elektrizitätswerks am Tobl oder der Bau eines
Fernheizwerkes beispielsweise sind Meilensteine der jüngeren Zeit.
Auch in Zukunft sind große oder
einfach nur wichtige Projekte in Sand in
Taufers geplant. Dazu gehört beispielsweise
auch der Umfahrungstunnel, der mit einer
Länge von 950 Meter, einem zweispurigen
Ausbau und Kosten von rund 14 Millionen
Euro bis 2013 befahrbar sein soll. Über den
Tunnel hinaus und in ein Gesamtkonzept
eingebunden, sind in diesem Zusammenhang eine Unterführung bei der Pfarre,
eine Umfahrung für Mühlen, ein Kreisverkehr bei der Tunneleinfahrt und ein zweiter
Parkplatz unter der Mittelschule. Am Ende
soll die Pfarre verkehrsfrei sein, Sand vom
Durchgangsverkehr beruhigt und Mühlen
entlastet. Parallel dazu wird die Veränderung
der derzeitigen Hauptstraße voranschreiten. Sie wird dann zur Gemeindestraße, die
– verkehrsberuhigt und mit veränderten
Gehsteiglösungen – viel Lebensqualität und
Dorfcharakter erhalten soll.
Seit 2008 sind der Festplatz und die
anschließende Gestaltung der Oberfläche
122
im Bau. Ein vernetztes, ganzheitliches
Projekt sieht vor, den Platz in der Dorfmitte
auch dann mit Leben zu füllen, wenn nicht
gerade eine Großveranstaltung stattfindet.
Eine Stätte für Kultur, Sport, Jugend, Senioren und für die ganze Dorfbevölkerung soll
der Festplatz nach seiner Fertigstellung sein.
Der großzügig angelegte und überdachte
Festplatz wird mit einer Beschallungsanlage
ausgestattet, so dass dort auch Filme gezeigt
oder Vorträge gehalten werden können. Der
Proberaum der Bürgerkapelle wird erweitert und neu eingerichtet. 170 Quadratmeter
stehen künftig auch dem Chor für Proben
zur Verfügung. Ein Seniorenraum wird
ebenfalls eingerichtet und Räumlichkeiten
für die offene Jugendarbeit sind vorgesehen. Dazu Funktionsräume für den Kunsteislaufplatz, Kabinen für die Stromverteilung, ein Heizraum für das Fernheizwerk,
Lagerräume und – nach einer Projektabänderung im Gemeinderat – es entsteht auch
eine Tiefgarage mit rund 80 Stellplätzen. Bis
zum Winter 2009 soll das Projekt fertig sein.
Danach wird die Oberfläche mit viel Grün
und Bäumen parkähnlich gestaltet.
Bis 2010 soll die neue Feuerwehrhalle für Sand in der unteren Daimerstraße
gebaut sein. Die alte Halle ist zu klein, in der
Struktur veraltet und entspricht nicht mehr
den modernen Erfordernissen. Überdies
ist die Positionierung keineswegs optimal,
Öffentliche Bauten
nachdem die Verkehrsberuhigung im Dorf
umgesetzt worden ist. Mit Kosten von rund
2,5 Millionen Euro wird ab 2009 ein funktionstüchtiges Gebäude entstehen, das den
Anforderungen mit all seinen Räumlichkeiten standhält.
Wohnbau ist ein wichtiges Thema für
Sand in Taufers, denn die Bevölkerung
wächst. „An der Ahr“, in Nachbarschaft
der neuen Feuerwehrhalle, ist im zehnjährigen Bauleitplan eine weitere Wohnbauzone von beachtlicher Größe vorgesehen.
Zwischen 2009 und 2014 werden dort mit
einer Gesamtkubatur von mehr als 20 000
Kubik etwa 60 neue Wohnungen entstehen.
Das Konzept der Zone ist neu für Sand und
bemerkenswert, denn die Verkehrsinfrastrukturen wie Zufahrten, Abfahrten und
die Parkplätze werden komplett unterirdisch situiert, so dass oben ein viel höheres
Maß an Lebensqualität entsteht. Eine weitere
Zone wird in der Mühlwalder Straße mit
der Bezeichnung „Rienz III“ ausgewiesen.
Sie schließt direkt an Rienz I und II an. Dort
werden nach Bedarf ebenfalls bis 2014 etwa
20 neue Wohnungen gebaut. Die Gemeinde
ist bestrebt, in allen Fraktionen der Bevölkerung Wohnbauland zur Verfügung zu
stellen.
Um das Geh- und Radwegenetz
zwischen den Bodenfraktionen von Sand
in Taufers zu vervollständigen, soll 2009
die Weg-Lücke zwischen Kematen und der
Gewerbezone Sand geschlossen werden.
Nachdem der erste Parkplatz bei der
Pfarre 2008 fertig gestellt worden ist, soll
nun weiterer Parkraum unterhalb der Mittelschule entstehen, in dem die bereits bestehende Fläche nach Süden hin ausgeweitet
wird. Dort sind knapp 70 Stellplätze geplant,
einige Busparkplätze und ein Wendeplatz
für Busse. Damit kann der Bedarf an Parkplätzen im Bereich der Pfarre und der Schulzone weiter gedeckt werden.
Die Schulreform Südtirols sieht künftig
auch verstärkten Unterricht am Nachmittag vor. Den Gemeinden wurde in diesem
Zusammenhang die Einrichtung einer
Mensa zur Auflage gemacht. Für den Schulsprengel Sand in Taufers müsste gewährleistet werden, dass zwischen 800 und 1000
SchülerInnen verpflegt werden können. Die
Gemeinde hat dazu ein Projekt in Auftrag
gegeben, das einen Neubau in der Schulzone
mit Speisesälen für VolksschülerInnen, sowie
für Mittel- und OberschülerInnen und einer
den Anforderungen entsprechenden Küche
vorsieht. Die Fertigstellung der Mensa hängt
vom Landesfinanzierungsplan ab.
Die Grund- und Musikschule von
Sand in Taufers ist energietechnisch in
einem schlechten Zustand. Auch das
kommunale Energiemanagement besagt,
dass dort Handlungsbedarf bestehe. In einer
123
Baumaßnahme soll mit Gesamtkosten von
rund 1,8 Millionen Euro die Außenfassade
mit einer Wärmedämmung versehen, die
Fenster ausgetauscht und das Dach neu
eingedeckt werden. Am Ende der Bautätigkeit wird das Gebäude dem KlimahausStandard B entsprechen und bautechnisch
den gesetzlichen Bestimmungen angepasst
sein. Ein Großteil des Aufwandes wird über
den Finanzierungsplan für Schulbauten des
Landes abgewickelt.
Gleichzeitig gibt es ein Konzept, das
vorsieht, die Musikschule zwischen Widum
und Widumgarten in einem Neubau anzusiedeln, da die Grundschule dringend mehr
Räumlichkeiten benötigt.
In einer Hochrechnung wurde der
Gesamtwasserbedarf für die Gemeinde in
den kommenden 50 Jahren ermittelt. Das
Gesamtprojekt für die Wasserversorgung
sieht auch vor, beim Tobl einen großen
Wasserspeicher zu realisieren. Die Berechnungen ergaben auch, dass es sinnvoll
erscheint, die Bedürfnisse der Gemeinde am
besten durch den Abfluss an Wasser aus der
Bergfraktion Rein zu decken. Zusammen mit
der Druckrohrleitung für das neue Elektrizitätswerk wurde nun auch eine Wasserleitung
verlegt. Sie soll den Wasserspeicher mit 2000
Kubikmeter Fassungsvermögen speisen.
Die Anlage wird teilweise unterirdisch und
in unmittelbarer Nähe zum E-Werk gebaut.
124
Zusammen mit dem neuen und dem alten
E-Werk, in dem ein historisches Museum für
Elektrizität entsteht, wird der Wasserspeicher dann Teil einer Besichtigungseinheit,
die ihrerseits wiederum Teil des Energiekonzeptes ist. Denn diese drei Anschauungsobjekte sind Außenbereiche für das künftige
„Haus der Energie“. Über die Leitung, die
den Speicher füllt, soll überdies auch noch
weiterer Strom erzeugt werden.
Nachdem das Langlaufzentrum in Rein
fertig gestellt und in Betrieb ist, sieht es die
Gemeinde für dringend notwendig an, den
Parkplatz in Rein im Naturpark „Rieserferner Ahrn“ optisch so zu präsentieren, dass
er sich in die Landschaft einfügt und nicht
länger ein karger Fleck in der landschaftlich einmaligen Umgebung zu Füßen des
Hochgall ist. Dazu soll der Parkplatz mit
heimischen Hölzern und Produkten gestaltet und begrünt werden. Danach werden
91 Stellplätze zur Verfügung stehen und
acht Busparkplätze. Dazu wird auch ein
Spielplatz gebaut und eine Garage für die
Schneekatze. Überdies sieht das Gesamtprojekt den Bau eines Bürger- und Vereinssaales für Rein auf dem Grund des Langlaufzentrums vor.
Rein in Taufers ist die letzte Fraktion,
in der die Trennkanalisation noch aussteht.
Inzwischen wurden vier Projekte erstellt. Es
sieht vor, die notwendigen Arbeiten für die
Kanalisierung und den Anschluss an den
Hauptsammler zu realisieren.
In Mühlen hat sich in den vergangenen
Jahren die Wohnsituation am Peintenweg so
stark konzentriert, dass die Gemeinde es für
notwendig ansieht, die Straßengestaltung
so zu entwickeln, dass dort die Lebens- und
Wohnqualität garantiert ist. Deshalb wird
der Peintenweg zur verkehrsberuhigten
Straße umgebaut und neu gestaltet. Gleichzeitig wird der Verbindungsweg zur Moosstocksiedlung und der Anschluss an die
Fernwärme realisiert.
In der Wohnbauzone „Rienz“ fehlt
ein Kinderspielplatz. Der soll als außergewöhnliche und innovative Lösung gebaut
werden. Gleichzeitig soll der Grund, den die
Gemeinde dafür bereits gekauft hat, auch als
Naherholungszone für Mühlen angesehen
werden. Mit dem Projekt soll auch die Parkplatzsituation gelöst werden.
Das Jahr 2008 hat die Gemeinde Sand
in Taufers zum Jahr der Menschen mit
Behinderung erklärt. Es wurde ein Projekt in
Auftrag gegeben, das vorsieht im Laufe der
nächsten Zeit sämtliche architektonischen
Barrieren abzubauen, auch und vor allem
in öffentlichen Gebäuden, auf öffentlichen
Flächen, in Räumlichkeiten öffentlicher
Dienste und an der Öffentlichkeit zugänglichen Orten. Dabei geht es unter anderem
um Gehwegabsenkungen, die Verbreiterung
von Eingängen und vieles andere mehr. Für
die Umsetzung wurde eigens eine Arbeitsgruppe aus betroffenen BürgerInnen gebildet, die sämtliche Barrieren katalogisieren.
Der Abbau erfolgt dann Zug um Zug, und
der Maßnahmenkatalog wird bei jeder
Umbaumaßnahme berücksichtigt werden.
Ziel des Bürgermeisters ist es auch, eine
Person der Arbeitsgruppe als beratendes
Mitglied in die Gemeinde-Baukommision
zu berufen.
Zu seinem fünfzigsten Geburtstag
2006 bekam Hans Kammerlander ein ganz
besonderes Geschenk. Der gesamte Platz,
vom Tourismusverein bis zur Apotheke,
erhielt den Namen des berühmten Extrem-
bergsteigers aus Ahornach. Verbunden mit
der Umbenennung des Hans-Kammerlander-Platzes war auch die Errichtung eines
virtuellen Museums unterhalb des Tourismusbüros. Fünf große Säulen in der Form
gewaltiger Bergkristalle werden künftig
ein Symbol für die Berge der Welt sein. In
den Säulen sind Bildschirme integriert, auf
denen man Szenen aus dem Kletterleben von
Hans Kammerlander ansehen kann. Abends
erhalten die fünf Kristalle eine eindrucksvolle Beleuchtung.
Eine Dauerausstellung wird künftig in
Sand in Taufers mit einem Hauch von Nostalgie an die Tauferer Bahn erinnern. Historische Bilder und Informationen vermitteln einen Eindruck längst vergangener
Tage. Der besondere Clou an diesem Projekt
ist eine technische Besonderheit, außerhalb von Fachkreisen auch noch so gut
wie unbekannt ist. Das Geheimnis sind so
genannte „QR-Codes“ oder auch 2D-Codes.
In diesen Codes sind wertvolle Informationen verschlüsselt. Um diese Informationen
nutzen zu können, muss man den Code mit
der Kamera des eigenen (internetfähigen)
Handys fotografieren. Eine kleine Software
sorgt dafür, dass das Handy die Codierung
in eine Internet-Adresse umwandelt und
die Seite über das Handy abruft. Auf der
Internetseite befinden sich dann ausführliche Informationen zum Thema „Tauferer
Bahn“. Es ist bereits angedacht, in Sand in
Taufers künftig viele Punkte mit solchen
Codierungen zu versehen, so dass wichtige
Informationen leicht abrufbar werden.
125
20 Ein Bad für alle Fälle
Sportzonenkonzept vereint viele Themen zum großen Ganzen
Im Pustertal gab es früher eine ausgeprägte Bäderkultur. In Bad Moos in Sexten,
in Wildbad Innichen, in Bad Maistatt oder
auch in Bad Winkel in Sand in Taufers erholten sich die Menschen damals in Kurbädern.
Entspannende und erholsame Bäder, wohltuende Massagen, erfrischende und gesunde
Wassergüsse, waren bereits da ein Genuss.
Schon damals machte man sich die Natur,
ihre Kräuter und Heilpflanzen zu eigen, um
Wohlbefinden und Gesundheit zu fördern.
Im Rahmen einer Sommerfrische waren
die Bäder auch wichtiger Bestandteil eines
Urlaubs.
An diese alten Traditionen anzuknüpfen war im Laufe der Jahrzehnte und insbesondere in der Zeit des neu aufkeimenden
Tourismus nach dem 2. Weltkrieg immer
wieder mal ein Thema in Sand in Taufers.
Doch die alte Bäderkultur in Bad Winkel
lag brach – verdrängt von immer neuen
Trends und Mega-Trends der touristischen
Entwicklung weltweit. Doch auf einmal,
in den 90er Jahren, auf dem Höhepunkt
der Wellness-Welle, entstand eine Entwicklung, die sich mit Begriffen wie „Zurück
zur Natur“, „zurück zu den Wurzeln“ und
„alpine Wellness“ zu positionieren begann.
Und inmitten dieser aufkeimenden Bewegung fand auf einmal auch die traditionelle
Bäderkultur wieder ihren Platz, fernab von
Spaß-Bädern und Mega-Thermen-Tempeln.
126
Seit im Jahr 2004 das Hallenbad in
Luttach wegen dringender Sanierungsbedürftigkeit seine Pforten schloss und auch
nicht wieder geöffnet wurde, sind die rund
16 000 EinwohnerInnen im Tauferer Ahrntal
ohne Schwimmbad. Ein misslicher Zustand,
zumal das touristische Potential mit über
10 000 Gästebetten, mehr als 200 000 Gästen
und rund 1,2 Millionen Nächtigungen im
Jahr durchaus einen guten Markt für ein
Bad abgäbe. Wer fortan in den Fluten eines
Schwimmbades abtauchen wollte, sah sich
gezwungen nach Bruneck, Brixen oder
Innichen zu fahren. Versuche, eine gemeindeübergreifende und talweit gemeinsame
Lösung zu finden, scheiterten eher kläglich.
Ein Jahr nach der Schließung lag
Bürgermeister Helmuth Innerbichler eine
eigens in Auftrag gegebene Studie für ein
Bäderprojekt in Sand in Taufers vor. Mit
einem gleichermaßen ernüchternden wie
erstaunlichen Fazit:
„Ohne neue touristische Impulse, ohne
neue Investitionen und vernetzte Gesamtkonzepte und bei einer fortwährend veralterten Beherbergungsstruktur würden sich negative Tendenzen
der touristischen Nachfrage nicht korrigieren lassen.“
Spätestens seitdem es diese Untersuchung gibt, kurbelte Innerbichler das Thema
Bäderkultur
Sportzone und Bäderprojekt immer wieder
und stets mit noch mehr Nachdruck an.
Denn in der Studie von 2006 wird die Realisierung einer Bade- und Gesundheitsstruktur ausdrücklich favorisiert. Dort heißt es:
„Eine Ortschaft, die sich touristisch
das Thema Gesundheit vornimmt,
kann dies ohne adäquate Infrastruktur und Kompetenz nicht schaffen. In
einem „Wellnessmarkt“, der zunehmend realen Nutzen und Kompetenz
von Streicheleinheiten unterscheidet,
zählt für eine derartige Ausrichtung
ein detailliert ausgearbeitetes Gesamtkonzept, um die Tourismustreibenden
vor Ort mit ansprechenden Rahmenprogrammen und Inhalten zu stärken
und das Gesamtangebot ausbauen zu
können. Es scheint auch offensichtlich, dass eine Ortschaft, der attraktive
Hotelunterkünfte mit adäquater Infrastruktur fehlen, die Realisierung einer
Infrastruktur anstreben muss. Im Gesamtbild des touristischen Ortschaftsangebotes ist diese hier von größter
Bedeutung.“
(Mit der Formulierung „diese hier“
war das Bäderprojekt gemeint.) Im März
2008 bekam Helmuth Innerbichler einen
Mehrheitsbeschluss im Gemeinderat für
ein Projekt, das keineswegs nur ein reines
Bäderprojekt ist, sondern die Verwirklichung eines ganzheitlichen, vernetzten und
übergreifenden Konzeptes einer Sportzone
ist. Das Bad ist dabei nur Teil des Ganzen,
auch wenn es natürlich eine zentrale Rolle
spielt.
Sand in Taufers will sich in den kommenden Jahren verstärkt als gesunde Gemeinde
positionieren. Dies ist Teil der Agenda 21,
die dafür in Sand und den Fraktionen sehr
viel Entwicklungspotential bietet. Gesunde
Ernährung, gesunde Betriebe, Bewegung,
Sport, Rückenschule, gezielte Maßnahmen
für Kinder und Jugendliche, die Zusammenarbeit mit der Südtiroler Stiftung Vital – all
das sind Themen mit denen Sand in Taufers
konzeptionell und inhaltlich sehr schnell
punkten will. Da passt eine ausgeprägte
und vor allem für sämtliche Generationen
attraktive Sportzone nur allzu gut ins Bild.
Mehr noch, sie ist praktisch eine Grundvoraussetzung für Entwicklungen in Richtung
gesunde Gemeinde. In allen Sportbereichen
soll die Sportzone künftig „fit“ sein. Bürgermeister Helmuth Innerbichler sagt:
„Wir haben ja teilweise schon ideale
Voraussetzungen zur Schaffung der
Sportzone, weil einiges bereits vorhanden ist. Wir müssen diesen Bestand
aber jetzt zu einem Ganzen zusammenfügen, vernetzen und noch weiter ausbauen. Es ist kein Zukunftskonzept,
127
beispielsweise schöne Nordic-Walking-Schilder zu haben, wenn wir
diesen Sport nicht als Teil des Gesamten sehen und ihn in andere Bereiche
einbinden. Traditionelle Badekultur,
moderne Trends und eine Vielfalt an
Sportmöglichkeiten – dies alles muss
zusammenfließen.“
Fußball, Klettern in einer neuen,
spektakulären Halle, Yoseikan, Handball,
Tennis, Beachvolleyball, Fitness und Freizeitsport, das Freibad und ein Gesundheitsbad, all das und noch viel mehr soll in
die Gesamtplanung einfliesen und Berücksichtigung finden, damit die Bevölkerung,
Touristen und Tagesgäste auf breiter Basis
davon profitieren können. Denn: körperliche Fitness bekommt für den modernen
Menschen im Spannungsfeld seiner beruflichen und privaten Interessen eine immer
größere Bedeutung.
Das Bäderprojekt als solches sieht,
innerhalb einer der Landschaft fast perfekt
angepassten Architekturlösung, verschiedene Innen- und Außenbecken zum
Schwimmen, aber auch Fitnessbereiche,
einen Restaurantbetrieb, Räumlichkeiten
für gesundheitliche Anwendungen, eine
großzügige Sauna-Landschaft, ausgedehnte
Freiräume und Ruhezonen innen und außen
vor. Drei bauliche Ebenen sind vorgesehen
in einem Licht durchfluteteten Gebäude.
Mit rund zwölf Millionen Kosten hat
das Projekt auch finanziell eine beachtliche
Größenordnung. Doch es gibt einen Finanzierungsplan, der es ermöglicht, auf Darlehen zu verzichten, die die Gemeindekasse
belasten. Über Privatkapital, Sponsoren,
Interreg-Projekte, Verkauf von Grund und
Kubatur, Zuschüsse des Landes und Mehreinnahmen der TEW AG soll das Geld aufgebracht werden.
Und auch für die Betriebs- und Folgekosten, die bei Bäder-Projekten immer eine
große Skepsis bewirken und Kritiker auf
den Plan rufen, wurde in Sand in Taufers
eine innovative Lösung gefunden.
128
„Es kann und darf nicht sein, dass wir
von privaten Unternehmern ständig
den Mut zu großen Investitionen erwarten und die öffentliche Hand wagt
sich nicht an große Projekte heran“,
sagt Bürgermeister Innerbichler. Im
März 2008, bei jener entscheidenden Gemeinderatssitzung, in der er schließlich die Mehrheit für das Projekt Sportzone erhielt, schloss
er seine Präsentation mit dem Satz:
„Es ist eine Verantwortung, sich für
dieses Projekt zu entscheiden; es ist
aber eine ebenso große Verantwortung,
sich gegen dieses Projekt zu entscheiden.“
2009 soll mit dem Bau des ehrgeizigen
Projektes begonnen werden
129
Sand in Taufers in Zahlen
34 100 000 Einträge weist die Internet-Suchmaschine „Google“ unter dem
Begriff „Agenda 21“ aus. 63 000 000 Kilowatt Stunden Strom kann das neue
Elektrizitätswerk von Sand in Taufers im Jahr produzieren. 30 000 000 Kilowatt
Wärme benötigt die Gemeinde Sand in Taufers maximal pro Jahr. 20 000 000
Kilowatt Wärme wird das Fernheizwerk produzieren können. 387 826 Übernachtungen wies die Tourismusstatistik von Sand in Taufers für das Jahr 2007 auf. 82 000
Euro wurden vom Sozialsprengel 2006 für finanzielle Sozialhilfe aufgewendet. 49 231
Kilometer misst das ländliche Straßennetz der Gemeinde. 43 373 Kilometer lang sind
die asphaltierten Straßen. 36   541 Entleihungen wurden in der Bibliothek im
vergangenen Jahr getätigt. 36   529 Menschen besuchten das Naturparkhaus.
31 505 Hektar misst die Fläche des Naturparks Rieserferner-Ahrn. 18 970
Quadratmeter misst die Verkaufsfläche aller Geschäfte in Sand in Taufers. 17 773 italienische Besucher waren im Jahr 2007 Naturparkhaus. 15 063,95 Euro wurden 2007
an Parkgebühren eingenommen. Über 15 000 Besucher wurden beim Käsefestival
2008 registriert. 15 000 Stunden musizieren die Musikanten der Bürgerkapelle Sand
in Taufers im Jahr bei Proben und Konzerten. 13 198 Fahrzeuge wurden an einem Tag
im August 2007 an der Verkehrszählstelle in Mühlen registriert. Rund 13 000 Arbeitsstunden stecken in der Orgel der Pfarrkirche. 11.719 ausländische Besucher wurden im
Naturparkhaus 2007 gezählt. 11 000 Essen wurden im Rahmen der Aktion „Essen auf
Rädern“ 2006 ausgeliefert. 9952 Fahrzeuge passierten durchschnittlich 2007 täglich die
9207 Zentner Hausmüll entstanden 2007. 7037
einheimische Besucher kamen ins Naturparkhaus. 6008 Hektar Wald umgeben die
Gemeinde. 5858 Kilometer Schotterstraßen gibt es Gemeindegebiet. 5774 Betreuungsstunden leistete der Hauspflegedienst des Sozialsprengels. 5102 Bürger lebten am
21. Dezember 2007 in der Gemeinde. Der 5000. Bürger wurde am 8. November 2005
geboren. 4500 Quadratmeter misst die Wasseroberfläche des Naturbadeteichs in Sand
in Taufers. 4122 unentgeltliche Stunden leistete Freiwillige Feuerwehr Sand in Taufers
im Jahr 2007. 4062 Hektar Fläche werden landwirtschaftlich genutzt. Auf 3436
Meter liegt der höchste Punkt der Gemeinde, das ist der Gipfel des Hochgall. 3176
Verkehrszählstelle in Mühlen.
Gästebetten gibt es derzeit in Sand. 2.765 eingeschriebene Leser halten der Bibliothek die
Treue. 2550 erwachsene Personen leben in der Gemeinde. 2523 klingende Pfeifen
sind in der neuen Orgel der Pfarrkirche eingebaut. In 2465 Meter Höhe über dem Meer
130
wächst am Tristennöckl, oberhalb der Kasseler Hütte, der höchste Zirbenbestand der Ostal-
2.200 Stunden leistete die Freiwillige Feuerwehr Mühlen. 2080
2008 war das Jahr in dem Sand in
Taufers den Europäischen Dorferneuerungspreis erhielt. Rund 2000 Kubikmeter
Fassungsvermögen wird der neue Wasserspeicher am Toll haben. 1894 öffentliche
Haushalte zählt Sand in Taufers. 1850 Hektar Gletschergebiet wurden 1925 im Ahrntal
noch gemessen, heute sind es weniger als 1500 Hektar. Im Jahr 2001 wurden bei einer
Volkszählung 1934 Wohnungen ermittelt. 1.100 Personen pendeln täglich von
auswärts nach Sand zur Arbeit. 1050 wurde Sand in Taufers erstmals urkundlich
erwähnt. 1027,36 Euro betrug die Steuerbelastung pro Bürger in der Gemeinde Sand
in Taufers im Jahr 2007. 950 Meter lang soll der Umfahrungstunnel werden, der Sand
künftig vom Durchzugsverkehr befreien wird. 920 Pendler aus Sand in Taufers gehen
auswärts ihrer Arbeit nach. 901 Einwohner sind im arbeitsfähigen Alter. Das Ortszentrum liegt auf 864 Meter Meereshöhe. Der niedrigste Punkt der Gemeinde misst 838
Meter. 678 Senioren leben in Sand. 535 Unternehmen sind registriert. 511 Kinder
sind im schulpflichtigen Alter, 456 im Vorschulalter. 329 Kinder besuchen die Grundschule. 305 landwirtschaftliche Betriebe gibt es. Um 300 Stellplätze kann das Parkhaus unter dem Festplatz in Sand erweitert werden, wenn Bedarf besteht. 252 Mittelschüler werden gezählt. 245 Personen in der Gemeinde sind zwischen 45 und 64 Jahre
alt. Es gibt 192 öffentliche Betriebe. 169 Projekte wurden mit der Leader-Initiative
umgesetzt. 167 Kinder besuchen die Kindergärten. 167 Parkplätze gibt es in der Tiefgarage. 166 Hektar misst die bebaute Fläche. 164,47 Quadratkilometer misst die
Gemeindefläche. 137 Baukonzessionen wurden 2007 ausgestellt. Im gleichen Jahr wurden
136 Kilometer Kanalisation gemessen und 132 Kilometer Wasserleitungen. 128
Handwerksunternehmer gibt es. 126 ausländische Frauen sind in Sand ansässig. 126
pen. Rund
öffentliche Lampen gibt es im Gemeindegebiet.
Seiten umfasst das touristische Leitbild für Sand in Taufers, das 2007 präsentiert wurde.
121 Verkaufspunkte werden gezählt. 117 Betriebe sind im Handel aktiv. 115 Betriebe
gibt es in Industrie und Handwerk. 112 Betriebe widmen sich dem Gastgewerbe. 112
Bergbauernhöfe sind mit Straßen erschlossen. 101 so genannte Vorhaltungsprotokolle,
also verschiedene Strafmandate wurden 2007 von der Gemeindepolizei ausgestellt. 101
Häuser vermieten Zimmer. 100 Jahre alt werden 2008 die Tauferer Bahn, die Volksschule, der Hochaltar der Pfarrkirche, das E-Werk und das öffentliche Straßennetz. 98
131
Jahre alt wurde 2008 die älteste Bürgerin von Sand in Taufers.
96,72
Prozent der
Bevölkerung sind deutschsprachig. 94 Prozent beträgt der Warensektor Nicht-Lebensmittel.
88
Hektar der Gemeinde sind Gewässer und Feuchtflächen. 2007 wurden
81
Zuwanderer registriert. 80 Parkplätze wird der neu gestaltete Parkplatz in Rein bekom-
men. 80 neue Stellplätze entstehen im Parkhaus unter dem Festplatz in Sand. 79 länd-
liche Straßen sind vermerkt.
75 Abwanderer gab es 2007. 70 Frauen aus Nicht-EU-
Staaten lebten 2007 in Sand. 70 Prozent der weltweiten Energie-Ressourcen werden von
69 Verlustmeldungen für
68 Flüsse und
Bäche auf dem Gemeindegebiet. Die Netto-Verschuldung beträgt etwa 65 Euro pro
Bürger. 65 ausländische Männer sind ortsansässig. 2007 kamen 65 Kinder zur Welt.
64 Benutzungsgenehmigungen wurden 2007 erteilt. Die Frauenerwerbsquote betrug 2005
60,7 Prozent. Über 60 Vereine, Verbände, Zusammenschlüsse und Organisationen
gibt es in Sand in Taufers. 59 Hotels, Pensionen und Restaurants gibt es in Sand und den
Fraktionen. 51 Prozent der E-Werk-Betreibergesellschaft TEW AG gehören der Gemeinde
Sand in Taufers, 49 hält das Südtiroler Unternehmen SEL. 50 Kilowattstunden Strom
produziert die Photovoltaikanlage auf der Tennishalle in Sand. 49 Arbeitslose waren 2005
erfasst. 2007 sind 43 Frauen abgewandert und 42 zugewandert. 42 Angestellte
arbeiten in der Gemeindeverwaltung. 41 ortsansässige Männer stammen aus Nicht-EUStaaten. 39 Männer sind 2007 zugewandert, 32 abgewandert. 38 Buben erblickten
2007 das Licht der Welt. 35 Kilometer misst das Gasverteilungsnetz der Gemeinde. 35
Meter lang ist die neue Brücke, die Kematen mit Mühlen verbindet. 32 Baubeginnmeldungen gab es 2007 und 32 Bauendemeldungen. 32 geführte Wanderungen finden im
Sommer statt. 31 Prozent betrug 2006 die Bevölkerung zwischen 25 und 44 Jahren. 31
kulturhistorische Stätten umfasst die Kulturmeile im Tauferer Ahrntal. 30 EinwohnerInnen kommen in Sand auf einen Quadratkilometer. 29 Gemeinden aus zwölf Nationen
beteiligten sich am Wettbewerb um den Europäischen Dorferneuerungspreis 2008. 27
Geburten von Mädchen wurden 2007 erfasst. 23 Hektar Grünflächen, Parkanlagen und
Gärten sorgen für einen lebenswertes Sand. 23 Sommer- und 23 Wintertouren werden
gerade einmal 30 Prozent der Weltbevölkerung verbraucht.
gestohlene oder verlorene Gegenstände wurden 2007 gemacht. Es gibt
in den beiden Wanderführern der AVS-Sektion Sand in Taufers unter dem Motto „Wandern
ohne Auto“ angeboten. 23 Personen weist die Rangordnung für den geförderten Wohn-
bau 2008 auf. 21 Mitglieder aus fast allen Teilen der Bevölkerung zählte die Kommission,
132
die sich eineinhalb Jahre mit dem touristischen Leitbild für Sand in Taufers beschäftigte. 21
Kilometer Landesstraßen führen über das Gemeindegebiet. 19 Abendkonzerte finden in
Sand, Mühlen und Ahornach statt. 18 Garni-Betriebe sind registriert. 18 gemeindeeigene
Gebäude lieferten die Daten für das Projekt eines kommunalen Energiemanagements. 17
Prozent beträgt die Bevölkerung über 65 Jahre. 16 Kilometer Straßen sind beleuchtet. 16
Todesfälle gab es 2007. Unter 116 Gemeinden Südtirols belegt Sand in Taufers den
16.
Rang. 15 Eheaufgebote wurden 2007 bestellt. 14 Mal bereits traf sich der Kongress tsche-
chischer Zahnärzte in Sand. 13 Mal in der Saison heißt es: Gruseln bei der Kindergeister-
stunde auf der Burg Taufers. 13 der 14 höchsten Berge der Welt hat der Extrembergsteiger
Hans Kammerlander aus Ahornach bezwungen, den vierzehnten Gipfel ließ er aus, weil er
dort zwei gute Freunde verlor. 11 Kilometer Gemeindestraßen gibt es. 11 Seen sind in der
Karte von Sand verzeichnet. 11 Prozent beträgt die Bevölkerung zwischen 5 und 14 Jahren.
Gemessen an der Fläche ist Sand in Taufers die 9. größte Gemeinde Südtirols. 8 Kilometer
Staatsstraße führt über das Gemeindegebiet.
8 Todesfälle betrafen Frauen und 8 die
männliche Bevölkerung. Zum 8. Mal wurde 2008 bereits das Käsefestival in Sand veran-
staltet.
7 Altenwohnungen gibt es. 7 Mal im Sommer wird die Straßenküche in Sand
7 Ziviltrauungen wurden 2007 vorgenommen und 7 kirchliche Trauungen.
veranstaltet.
6
Verwarnungen wegen Übertretungen der Hundeverordnung wurden 2007 ausgespro-
hat
6 Anrainergemeinden, Sand in Taufers, Gais, Percha, Rasen-Antholz, Ahrntal und
chen. 6 Prozent beträgt der Warensektor Lebensmittel. Der Naturpark Rieserferner-Ahrn
Prettau. 6 Prozent der Bevölkerung ist zwischen 20 und 24 Jahre alt, 6 Prozent zwischen
0 und 4 Jahre.
6 Wohngemeinschaften gibt es in Sand. 5 Vorhaltungsprotokolle wegen
Vergehen gegen die Müllordnung wurden 2007 ausgestellt. 5 Prozent der Bevölkerung ist
5 Fraktionen besteht die Gemeinde – Sand, Kematen,
5 Mal führt der Extrembergsteiger Hans Kammerlander
Gäste in seine Bergwelt. 5 Feuerwehrhallen gibt es. 4 Ziviltrauungen und 4 Eheaufgebote
wurden in anderen Gemeinden vorgenommen. 3,8 Kilometer lang ist die Druckrohrleitung, durch die das Wasser zur Energieerzeugung im neuen E-Werk schießt. 3 Winterstraßenküchen gab es bisher. 3 mal schon wurde das Wintergolfturnier in Rein ausgetragen.
2,94 Prozent der Bevölkerung ist italienisch registriert. 1 Versöhnungsurkunde wurde
ausgestellt. 1 Tag lang gab es Verkehrserziehung im Kindergarten Mühlen. 1 Apotheke gibt
es in Sand. 0,33 Prozent der Bevölkerung von Sand in Taufers sind Ladiner.
zwischen 15 und 19 Jahre alt. Aus
Mühlen, Ahornach und Rein.
133
Mit freundlicher Unterstützung
Ahrntal Natur GmbH - Michael Oberhollenzer
Alimco AG
Aplhotel Stocker OHG
Apotheke Dr. Aichner
Beikircher Grünland OHG
Bergundtal GmbH
Brusa Helene
Despar Markt Pircher Martin
Elektrisola Athesina GmbH
Euroform K. Winkler
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Frank Italy GmbH
Frischbrot GmbH
Fuchsbrugger Martin
Garage Taufers des Oberbichler Anton & Co. OHG
Gasser Markus GmbH
Gasthof Brugghof - Roland Fuchsbrugger
Haidacher Peter & Co. OHG
HOBAG AG
Hotel Alte Mühle KG der Capineri B.& Co.
Hotel Berger des Berger Johann
Hotel Drumlerhof KG
Hotel Elefant - Mutschlechner Helmut
Hotel Feldmüllerhof des Leimegger Josef KG
Ing. J. Oberhollenzer KG des Christof Haidacher & Co.
Innerbichler Helmut GmbH
KAPESA OHG des Pörnbacher Karl & Co.
134
Karl Pörnbacher OHG
Marka Drogeriemarkt
Metzgerei Unterhofer Schneider Herbert
Niederwieser Bau OHG
Raiffeisenkasse Tauferer Ahrntal
Redaktionsbüro Südtirol Walther Lücker
Restaurant Mittelstation - Niederkofler Josef
Ria Druck d.Innerbichler R. & Co.KG
Schuhhaus Neumair der Neumair Maria & Co. OHG
Speikboden AG
Sport Mayrl
Sport-& Wellnesshotel Mühlener Hof OHG
Südtiroler Burgninstitut
Südtiroler Qualitätsprodukte
Südtiroler Sparkasse AG
Tischlerei Engl & Co OHG
Tourismusverein Sand in Taufers
Touristik OHG des Obermair Helmuth & Co.
Transbagger GmbH
Unionbau GmbH
Vitasan der Pfeifhofer Brigitte
WeWa-Markt Sand in Taufers
Wohn-Zentrum Jungmann AG
ZH General Construction Company AG
Zimmerei Laner & Oberkofler GmbH
135
Der hier abgebildete QR-Code führt auf die
Homepage der Dauerausstellung zum Thema
100 Jahre Tauferer Bahn.
QR-Code
Diese Abbildung ist ein so genannter
„QR“-Code. In diesem Code sind Informationen verschlüsselt. Um die Informationen
nutzbar zu machen, wird der Code mit der
Kamera des Mobiltelefons abfotografiert.
Über das Internet kann man beispielsweise
unter www.neoreader.com eine kleine Software auf das Handy laden, die den Code
lesbar macht. Viele Handys verfügen inzwischen über einen Web-Browser über den
dann die QR-Codierung auf die entsprechende Web-Site führt, die sich hinter dem
Code verbirgt.
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