PLAY IT LOUD! - HS-OWL

Transcrição

PLAY IT LOUD! - HS-OWL
EINBLICK
MASTERING
PLAY IT LOUD!
Das Mastering ist der letzte Feinschliff vor der Veröffentlichung eines Songs
und wird von vielen Musikern als die Königsdisziplin der Musikproduktion
angesehen. Ich gehe dem Mythos auf den Grund.
Von Niklas Großwald
ir schalten das Radio an, hören ein paar Minuten und was
stellen wir fest? Rein gar nichts.
Dafür gibt es sicherlich vielfältige
Gründe. Einer davon ist der ständig
gleiche Lautstärkepegel.
2
Mit Hilfe von Kompression und Limiting verkleinern Radiosender
die Bereiche zwischen lauten und
leisen Tönen bei gleichbleibenden
Spitzenpegeln. Der gefühlte Höreindruck, es ist lauter. Radiokompression und modernes Mastering sind
zwar nicht genau das Gleiche, verfolgen grundsätzlich aber die selben
Motive und zwar einen möglichst
lauten, individuellen und brillanten
Klang zu erzeugen.
Man könnte jetzt den Eindruck gewinnen bei der Arbeit eines Masteringtechnikers geht es darum einen
Song so laut und brillant wie möglich zu machen. Ob das wirklich der
Fall ist oder ob mehr hinter dem
Prozess steht - wir gehen der Frage
auf den Grund.
Die Namensgebung
Um ein Platte zu vervielfältigen,
muss zunächst eine Matrize geschnitten werden. Das übernimmt
eine Maschine die - unter Rotation
der Matrize - Senkungen und Erhebungen in das Ausgangsmaterial
schneidet. Die Matrize besteht aus
einer mit Lack beschichtete Folie,
die später versilbert und galvanisiert wird um sie haltbar zu machen
oder einer Edelstahlplatte die mit
Kupfer beschichtet ist. Auch an-
dere Materialien sind möglich und
während der Entstehung der Platte
wurde mit unzähligen experimentiert. Die Matrize dient als Negativ
für die folgenden Pressungen und
wird - dem Englischen entlehnt als Master bezeichnet.
3
GECHICHTE
EINBLICK
DES
MASTERING
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Das Gramophon von Emil Berliner
Walzen, Schneiden, Pressen
Die Geschichte beginnt im Jahre 1887 als Emil Berliner mit der
Erfindung des Grammophons den
Grundstein für die Entstehung des
Mastering legt.
Ende der vierziger Jahre nimmt die
kommerzielle Vinylproduktion so
richtig Fahrt auf und begünstigt die
Entwicklung. Ingenieure beginnen
nach und nach damit, Geräte wie
den Kompressor zwischen das Aufnahmemedium und den Vinylcutter
zu schalten. In Folge dessen werden
Platten immer lauter geschnitten
ohne an Klarheit zu verlieren. Vinyl
bleibt bis in die Mitte der achtziger
Jahre das Medium für Alben und
4
Singles - viel Zeit um den Prozess
des Schneidens zu perfektionieren.
Vinyl VS CD
Die digitale Revolution und eine
nachhaltige Beeinflussung der Industrie begann durch die Einführung der CD im Jahre 1982.
Bis Anfang der Neunziger verdrängte die kleine silberne Scheibe die
Schallplatte aus den Produktsortimenten kommerzieller Musikverleger. Eine Zeit die von Klangenthusiasten übrigens als die Blütezeit der
Pop- und Rockmusik beschrieben
wird.
Profitorientierte
Tonproduzenten
mussten zwangsläufig umsatteln.
Obwohl es weniger notwendig ist
eine CD-Master für die Massen
produktion vorzubereiten, verbrachten Toningenieure dennoch immer
mehr Aufwand damit ihre Master
für das Zielpublikum zu komprimieren, equalizen und zu pegeln. Alben
die von verschiedenen Produzenten
in unterschiedlichen Studios aufgenommen wurden, wurden durch das
Mastering zu einem einheitlichen
Hörerlebnis und für das Spielen in
unterschiedlichen Umgebungen fit
gemacht. [1]
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Moderne Master werden in binären Umgebungen erstellt.
Mastering für jedermann
Im Jahr 1996 kommt ein Gerät
auf den Markt, das alle wichtigen
Werkzeuge wie etwa den Equalizer,
den Kompressor, Expander oder Limiter in einer 19 Zoll Rack Einheit
vereint.
Der Finalizer von TC Electronic
Dieses Gerät arbeitet digital mit einer Auflösung von 24 Bit und einer
Abtastrate von 96 kHz und findet
wegen hochwertiger D/A-Wandler
sowohl in digitalen als auch analogen Studioumgebungen Anwendung. Der Finalizer wurde wegen
seines erschwinglichen Preises
(ein paar tausend Mark bei seiner
Markteinführung) zum Tool für jedermann. [1]
Im selben Jahr stellte die Firma
Steinberg ihre VST (Virtual Studio
Technology) Schnittstelle vor, die
es ermöglicht Softwareeffekte und
-instrumente als Plugins in virtuelle Produktionsumgebungen auf
Windowssystemen einzubinden.
In der Anfangszeit waren virtuelle Effekte den physikalischen
grundsätzlich unterlegen, durch
die steigende Rechenleistung und
[1] MusicTech Focus:Mastering, Anthem Publishing Ltd
die Entwicklung immer effizienterer
Algorithmen, wurden Plugins allerdings sehr viel leistungsfähiger.
Mittlerweile stellen sie echte Alternativen zu Hardwareeffektem dar.
Nebenbei etablierten sich einige
andere Standards zum Beispiel die
auf Apple Rechnern lauffähigen AUs
oder Plugins, die nicht mehr vom
Hauptprozessor, sondern von Hardwarekarten berechnet werden. In
der heutigen Zeit finden Plugins in
allen Bereichen der Musikproduktion, unter anderem im Mastering,
Verwendung und haben Musikern
zu mehr Autonomie in der Musikproduktion verholfen.
5
MODERNES
EINBLICK
MASTERING
Analog VS digital?
Als die digitale Studiotechnik aufkam und in die Territorien analoger
Geräte eindrang führte das immer
wieder zu Diskussionen zwischen
den Anhängern beider Lager. Mittlerweile sind einige Jahre ins Land
gegangen, diskutiert wird aber nach
wie vor. Die Argumentation der analogen Fraktion wird häufig mit Adjektiven wie weichem, natürlichem
Sound untermauert. Das digitale Lager kontert mit Brillanz, Detail und
Flexibilität. Passt die Kontroverse
überhaupt noch in die heutige Zeit
oder ist es der Versuch einiger an
alternden Techniken festzuhalten?
Wer über den Tellerrand der Studiotechnik hinaus schaut findet einige
interessante Beispiele im Vergleich
zwischen zwei alten Bekannten, der
CD und der Schallplatte.
Prinzipiell kann man die CD als
minderwertig betrachten, da sie
ein zerstückeltes Bild des Ganzen
wiedergibt. Wer Öl ins Feuer gießen
möchte, könnte aber behaupten,
dass selbst die hellsten Köpfe damit
überfordert wären sich in einer Sekunde über 44.100 Samples, die sich
in 65.536 Lautstärkenuancen entfalten Gedanken zu machen.
Im Gegensatz wird ein analoges
Mischpult auch noch funktionieren,
wenn ein einzelner Balanceregler
den Geist aufgibt.
Das dynamischere Medium ist die
CD mit einem Umfang von 96dB,
dass heißt mit einem maximalen
Unterschied von 96dB zwischen
den leisesten und lautesten Stellen.
Der Dynamikumfang einer “direkt”
geschnittenen Schallplatte liegt bei
etwas über 70 dB. Ein ähnliches
Verhalten können wir bei analogen
Kompressoren feststellen die in der
Regel etwas sanfter zu Werke gehen
als ihre digitalen Pendants.
Analoge Geräte verarbeiten Klänge physikalisch mit Hilfe mechanischer Bauteile. Dadurch entstehen grundsätzlich Störgeräusche
die zum Beispiel unregelmäßigen
Stromschwankungen zu Grunde liegen (Rauschen). Zwar werden Geräte so konstruiert, dass sie so wenig
wie möglich Rauschen (hochwertige Bauteile, abgeschirmte Stromleiter und so weiter) aber abschalten
lässt sich das Phänomen nicht.
CDs können ohne Klangverlust
vervielfältigt werden. Wenn sie allerdings fehlerhafte oder kaputte
Sektoren enthalten, können oft nur
Teile der CD mit spezieller Software
wieder hergestellt werden. Innerhalb digitaler Studioumgebungen
- in Sequenzern, DAWs oder an speziellen digitalen Konsolen - wird
ebenfalls ohne Klangverlust gearbeitet, ein defektes Bauteil oder ein
Fehler in der Software endet aber
üblicherweise mit dem Totalausfall.
Analoges Equipment ist nicht wegen überlegener Signalverarbeitung
so berüchtigt, sondern wegen der
offensichtlichen Unperfektion, dem
charakteristischen Klang den viele
Geräte über die Jahre entwickelt
haben. Es geht daher weniger darum, ob den nun Bits & Bytes oder
Potis und Schaltkreise besser klingen sondern welche Geräte durch
ihren Eigenklang überzeugen können.
Solid State Logic Hardware und Ihre virtuellen Nachbauten
6
Eine Frage der Klangfarbe
Squeeeze
Das Beste aus beiden Welten
Charakteristisch für Neve SSL
Equalizer ist eine Hüllkurve die sich
beim Anheben der Lautstärke immer weiter ausdehnt und nebenliegende Frequenzen proportional mit
anhebt. Das Ergebnis der weichen
Übergänge ist ein warmer, musikalischer Sound. [1]
Vergleiche zeigen, dass Analoge
Kompressoren die Nase noch leicht
vorne haben. Allgemein wird ihr
Klang als angenehmer, fetter angesehen, da Pegel in der Regel nicht so
harsch und steil komprimiert werden
wie bei den digitalen Nachbauten.
Allerdings kommt auch hier wieder
die Tatsache zum tragen, dass es
möglich ist, das Verhalten analoger
Geräte hervorragend zu emulieren,
was ein Test zweier schwedischer
Musikstudenten aus dem Jahr 2008
eindrucksvoll beweist. Getestet
wurde eine digitale Neuauflage des
analogen UA 1176LN von Universal
Audio. Die Testergebnisse wurden
als Mix A und Mix B in einem Forum der Seite gearslutz.com veröffentlicht. 75% der Hörer bewerteten
Mix B als besser klingend und viele
brachten ihn dadurch mit der analogen Hardware in Verbindung. 15
% waren für Mix A , 10% enthielten
sich. Die Auflösung ergab das Mix
B die digital komprimierte Version
war. [2]
Die Stärken analoger Geräte liegen
im Soundcharakter. Glücklicherweise verfügen viele moderne Geräte über analog-digital Wandler und
lassen sich problemlos in digitale
Umgebungen integrieren. Wer einen
individuell klingenden Sound erreichen möchte, sollte beiden Welten
gegenüber aufgeschlossen sein.
Der Neve SSL Equalizer in der Analyse
Digitale Messtechniken und mathematische Algorithmen sind in der
Lage akkurat zu ermitteln, was ein
SSL Equalizer macht. Daher können
analoge Werkzeuge digital präzise
nachgeahmt werden. Es gibt mittlerweile einige digitale EQs, die das
Verhalten analoger Equalizer simulieren und das so gut, dass selbst
die besten Ohren nicht über den
Versuch hinaus kommen, real von
digital zu unterscheiden. [1]
Ein gut klingender Nachbau stammt
zum Beispiel aus dem Hause Sonnox und trägt den Namen Oxford
Equalizer.
Master or Desaster?
Der Limiter schiebt die Pegel in
Richtung der Nulllinie. Wenn man es
hier übertreibt wird aus dem schieben allerdings ein quetschen und
Werte, die über die Nulllinie schießen, werden einfach abgeschnitten
was zu Clippings führt und sich im
Extremfall durch sehr harsch klingende Verzerrungen äußert.
Ob Analog oder Digital ist auch hier
wieder eine Frage des Geschmacks.
Als kompetente Plugins werden die
Limiter der Firma Waves betrachtet.
Ausdehnung der Hüllkurve bei steigender
Lautstärke. Der Sonnox Oxford EQ emuliert SSL Equalizer.
Die abgeschnitteten Kanten oben und
unten signalisieren starkes Limiting.
[1] Neve & SSL EQ De-Mystified, http://www.playgroundstudio.com/blog
[2] http://www.gearslutz.com/board
Auch analoge Sounds brauchten
eine Weile um sich zu dem zu entwickeln was sie heute sind. Digitale
Klangerzeuger sind bereits sehr nah
dran die Wirklichkeit zu simulieren.
Die Rasanz der Entwicklung spricht
für die “neue“ Technik. Qualitativ
sind schon keine wirklichen Unterschiede mehr auszumachen und natürlich ist das ganze auch eine Frage
des Geschmacks und des Budgets.
Wer modernes Mastering betreiben
will sollte sich folgende Fragen stellen. Wie werde ich Konkurrenzfähig.
Wo wird meine Musik gehört, auf
welchem Medium möchte ich sie
veröffentlichen und was geht technisch?
Hörumgebungen
Moderne Hörumgebungen fordern
viel Kompromissbereitschaft von
Masteringtechnikern. Songs werden überall und auf vielfältigen Systemen gehört. Unterwegs mit dem
Ipod, vor dem Computer, im Auto,
in Clubs, Bars, dem Radio oder der
heimischen Hi-Fi Anlage.
Da ein sehr Laut gemasterter Mix
auf einer Hi-Fi Anlage immer noch
recht annehmbar klingt, ein zu leiser Mix sich auf Handheld- oder
Computersystemen
aber
nicht
durchsetzen kann werden Tracks in
der Regel sehr “heiß” gemastert.
Durch die Verschiebung der Hörgewohnheiten und die Tatsache, dass
digitale Limiter in der Lage sind
einen Song Extrem an den Maximalpegel zu quetschen, hat sich ein
Phänomen entwickelt, dass die Pop
Musik schon seid einigen Jahren
dominiert.
7
MODERNES
EINBLICK
EINBLICK
MASTERING
Loudness War
Wenn man zwei Songs mit unterschiedlichen Lautstärken vergleicht
ist es üblich, dass der lautere als
besser klingend empfunden wird.
Das hängt damit zusammen, dass
die Bässe und Höhen bei steigendem Pegel stärker Wahrgenohmen
werden. Lautere Master setzen sich
außerdem bei viel Umgebungsgeräuschen durch. Rock-, Pop- und
Electromusiker die konkurrenzfähig
sein wollen, müssen also zwangsläufig auf den Loudness Zug aufspringen.
Begünstigt wurde diese Entwicklung durch das Aufkommen digitaler
Masteringtools. Außer Frage steht,
dynamischere Musik klingt spannender und führt nicht so schnell
zu Ermüdungserscheinungen der
Ohren. Viele Musiker sind daher der
Meinung, dass der Loudness War
nur eine Phase ist und sich langfristig nicht durchsetzen wird.
MP3, CD oder Vinyl
Wer einen Song mastert sollte sich
immer die Frage stellen für welches
Medium er die Musik vorbereiten
will. Schallplatten erfordern eine
ganz andere Behandlung als digitale Medien, zum Beispiel müssen
Frequenzen unter 300Hz wegen
schlechter
Stereoeigenschaften
Mono gesetzt werden.
Ein Masteringtechniker sollte gegeläufige
Distributionsstandards
kennen. Wie viel Platz habe ich auf
einer CD, welchen Mp3 Encoder
verwende ich und wie beschrifte
ich meine Medien? Dass alles sind
Fragen, die zum Erfolg einer Veröffentlichung beitragen können.
INTERVIEW
Chris Hampshire, ist einer der wenigen Produzenten
mit cross-genre Anspruch und erfolgreichen Projekten
in House, Progressive, Techno, Hard Dance und Trance. Über 100.000 verkaufte Schallplatten, mehr als 100
kommerzielle Releases, Kollaboration oder Remixe mit
und für Leute wie Sinead O Connor, DJ Tiesto, Satoshi Tomiie, Sourmash oder Tony De Vit sind Belege für
die Qualitäten des Brightoners. Seid einigen Jahren betreibt Chris mehrere erfolgreiche Independent Labels
wie etwa Discover, Flux Deluxe oder Kill The Lights,
alle unter dem Schirm der RecoverWorld Label Group.
Ich sprach mit dem Toningenieur über seine Erfahrungen mit dem Mastering.
Hi Chris, was ist Mastering und wo steht es im Gesamtkontext einer Musikproduktion?
Mastering ist ein Prozess der deine Songs für den Vertrieb im Internet, auf CDs oder Vinyl vorbereitet, ihn
in seiner Lautstärke und Auflösung der Konkurrenz anpasst.
Ich glaube es ist genau so wichtig wie die Anfängliche
Produktion und sollte als ganz eigener Schritt behandelt werden. Selbst wenn du dich dafür entscheidest
deine Tracks selber zu mastern, misch’ erst den Track
so gut wie möglich ab, lass’ ihn für mindestens einen
Tag Ruhen und komm‘ dann zurück um mit dem Mastering zu beginnen.
8
Bist du der Meinung man sollte seine Tracks nicht selber mastern?
Ich lehne es nicht rigoros ab, schließlich habe ich ja
viele meiner Tracks selber gemastert. Allerdings gibt
es einige Gründe die dagegen sprechen. Wenn du während des Mixes viel Zeit damit verbracht hast deine
Snare zu equalizen, wirst du während des Masterns
wahrscheinlich wieder anfangen an diesem Element
rumzuwerkeln. Da bist du einfach vorbelastet und eine
objektive Beurteilung fällt schwer. Letztendlich hängt
es aber auch von deinem Budget ab oder ob dein Label
einen guten Mastering Engineer stellen kann.
Du sagst du hast viele deiner Tracks selber gemastert. Wie kamst du mit dem Mastern in Berührung und
kannst du dich noch an deinen ersten gemasterten
Track erinnern?
In den Neunzigern, als ich mein erstes Studio öffnete,
kam ich durch das Pre Mastering - das ist der Schritt in
dem das Finale Master auf ein Medium gebracht wird mit dem Mastern in Berührung. Damals wurden Tracks
noch in einer typischen Studioumgebung, mit einem
Mischpult und Hardware gemischt und dann auf DATKasetten aufgenommen wurden. Ich war manchmal
unzufrieden damit, wie sich der Klang meiner Tracks
änderte nachdem sie das Studio verließen und zu mir
als fertiges Platte oder CD zurück kamen.
Das lag vielleicht daran, dass viele Mastering Ingenieure nicht vertraut mit unserem Sound waren also fing
ich an rumzuforschen und fand letzendlich ein Studio
das mir gefiel. Von da an habe ich versucht so viele Sessions wie möglich zu begleiten. Indem ich einige HighEnd Kompressoren und Limiter zu unserem bestehenden Studio Setup hinzufügte, war ich in der Lage meine
Tracks selber zu Mastern. Wenn ich sie dann zum Mastern schickte mussten die Tracks nur noch auf die CD
oder Schallplatte gebracht werden.
An den ersten Track den ich gemastert habe kann ich
mich nicht mehr erinnern.
Wie viele Songs hast du seitdem gemastert?
Sehr viele! Ich zähle nicht, aber es ist sicherlich eine
Zahl im vierstelligen Bereich.
Wie Lange dauert es einen Song zu mastern?
Das hängt vom dem Song ab. Alles ist möglich, angefangen bei einer Stunde, wenn es nur darum geht Anfang
und Ende anzupassen und den Song etwas zu leveln
oder zwei bis drei Stunden, wenn der Song drastischeres Equalizing erfordert. Wenn ein Song allerdings richtig schlecht klingt, schicke ich ihn einfach zurück. Du
kannst nur so viel machen in der Masteringphase.
drückung wenn du alte Schallplatten neu masterst.
Welche Tipps kannst du Bands und Künstlern geben,
die Ihren Mix für‘s Mastering vorbereiten wollen?
Lasst immer genug freien Headroom, Spitzenpegel von
-6dB sind völlig ausreichend und komprimiert eure
Songs nicht zu stark. Wenn Ihr es übertreibst, werdet
Ihr das finale Master kompromittieren.
Was meinst du mit kompromittieren?
Schlechte Komprimierungen, Clippings oder ähnliches
sind alles Faktoren die sich in der Summe bemerkbar
machen und auch durch das Mastern nicht mehr glattgebügelt werden können. Wenn du dein Auto lackieren
lassen willst und vorher selber eine Grundierung aufträgst denkst du vielleicht, das sieht ja Super aus aber
nachdem der Lackierer seine Farbe aufgetragen hat
werden viele kleine Unebenheiten sichtbar.
Wer sich im Internet über Audiosoftware informiert,
wird eventuell auf virtuelle Audioprozessoren stossen,
die behaupten den Klang von echtem analogen Equipment zu simulieren. Was hältst du von solchen Emulationen, können die mit ihren großen Brüdern mithalten?
Ich habe echte SSL Equalizer und bevorzuge sie. Trotzdem klingen die SSL Plugins von Waves ziemlich gut.
Wenn du weißt was du tust, kannst du mit moderner
Software sehr gute Resultate erzielen. Viele der billigeren Plugins sind problematischer als die High-End
Emulationen. Du bekommst wofür du bezahlst!
Moderne Kompressoren und Limiter erlauben extreme
Kompression ohne zu Übersteuern. Viele Produzenten
machen davon Gebrauch. In dem Zusammenhang wurde die Bezeichnung “Loudness war” recht populär. Was
hältst du von dieser Entwicklung?
Ich denke es hängt vom Genre ab. Dancemusic hat mit
Sicherheit ihren Teil dazu beigetragen, da Tracks über
die Jahre immer lauter gemastert wurden. Dancemusik,
die nicht laut genug ist wird von keinem DJ gespielt,
da sie im Vergleich zu den anderen Tracks schwach
klingt.
Wenn du jedoch einen Track zu stark komprimierst
entfernst du die Dynamik, was bedeutet das der Track
auf deinem Ipod sehr gut und auf einer teuren Anlage
ziemlich mies klingen wird. Toningenieure richten sich
danach wo Ihre Musik konsumiert wird und nehmen
Qualitätseinbußen in Kauf.
Bei Dance Musik ist es weniger problematisch, da diese Musik nicht den Anspruch hat natürliche Akustik
zu erzeugen. Meiner Meinung nach sollte Dance Musik schön laut gemastert werden, einige andere Genres
sollten allerdings nicht so hart gepusht werden.
Welches Equipment wird für das Mastering benötigt?
Gute, präzise Monitorboxen, die bis mindestens 30 Hz
runter gehen - wenn du denn Bass nicht hören kannst,
kannst du es nicht Mastern - einen ordentlichen Equalizer, Kompressor, Limiter und manchmal Rauschunter9
DIE
EINBLICK
TOOLS
MASTERING
Welche Tools man zum Mastern
braucht ist hier erklährt.
Ratio-, einen Treshold- und einen
Gain Regler verfügen.
Equalizer
Der Treshold legt fest ab welcher
Lautstärke die Kompression einsetzt.
Für das Mastering bieten sich Equalizer mit linearer Phaseverschiebung an. Bei üblichen EQs ist es der
Fall, dass Frequenzen die den Filter durchlaufen leicht zeitverzögert
hinauskommen. Dieses Phänomen
nennt sich Phasenverschiebung
und kann hörbar werden - Chorus
und Flanger sind zum Beispiel zwei
Tools die davon Gebrauch machen.
Equalizer mit linearer Phasenverschiebung kompensieren diesen
Effekt, indem sie alle Frequenzen
leicht zeitverzögert wiedergeben.
Der Ratio regelt das Verhältnis in
dem komprimiert wird. 2:1 bedeutet, dass ein Signal welches den
Grenzwert um 2 dB übersteigt mit
einer Lautstärke von 1 dB über dem
Grenzwert den Kompressor verlässt.
Der Gain Regler dient dazu den
Lautstärkeverlust der sich durch die
Komprimierung ergibt zu kompensieren.
Attack und Release steuern wie
schnell die Kompression einsetzt
und abklingt wenn ein Signal den
Grenzwert überschreitet.
reichen zuordnen lassen.
Grundsätzlich können beide Arten
miteinander kombiniert werden.
Stereobearbeitung
Ein gut bearbeitetes Stereobild, verleiht dem Song eine gewisse Breite,
das natürliche Bandfeeling.
Setzt man die Frequenzen bis ca
100 Hz Mono, erhält man mehr
Punch und Präzision. Bei Mastering
für Vinyl ist dieser Schritt unverzichtbar und man sollte das Material bei etwa 300 Hz Mono setzen,
da Schallplatten Probleme haben
Stereotöne in niedrigen Frequenzbereichen darzustellen.
Basslane bearbeitet das Stereobild
Der Linear Phase Eq von Waves kompensiert Phasenverschiebung.
Des weiteren ist es wichtig, dass der
EQ über frei einstellbare Filterbände verfügt, damit man jeden Song
individuell behandeln kann.
Einfache Lautsprecher machen sich
oft durch ein ungenaues Verhältnis
zwischen den Bässen, Mitten und
Höhen bemerkbar. Um trotzdem
einen linearen Frequenzgang zu
erreichen, sollte man in der Kette
nach dem Equalizer ein Werkzeug
zur Frequenzanalyse einfügen und
seinen Song zwischendurch mit anderen Songs vergleichen.
Kompression
Gut eingesetzte Kompression schafft
Headroom indem sie Peaks nach individuell getroffenen Einstellungen
absenkt.
Ein guter Kompressor sollte über
einen Attack-, einen Release-, einen
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Das Freeware Tool Basslane von
otiumFx eignet sich ausgezeichnet
für diesen Job.
Der Waves RComp liefert alle wichtigen
Kompressionseinstellungen in einer leicht
verständlichen GUI.
Einige Kompressoren bieten außerdem Schalter für soft- und hardknee also ob der Kompressor weich
oder abrupt einsetzt.
Multi- oder Breitband?
Es gibt zwei Arten von Kompressoren. Den Breitband- und den Multibandkompressor. Erster senkt die
Spitzen eines Signals über das gesamte Frequenzspektrum hinaus
ab. Die Multibandgeräte komprimieren stärker und effektiver als
ihre Kollegen, weil sie aus mehreren
Kompressoren bestehen, die sich
jeweils verschiedenen Frequenzbe-
iZotope Multiband Stereo Imaging
Möchte man das Stereobild in selektiven Frequenzlagen verbreitern
oder schmälern, bietet sich der Stereo Imager aus iZotope’s Mastering
Plugin Ozone an.
Exciter, Saturation und Co.
Zusätzliche Effekte wie Verzerrung
oder Bandsättigung können dem
Track zu mehr Brillanz oder Punch
und einer individuellen Note verhelfen.
Ein Exciter reichert das Signal mit
zusätzlicheb Obertrönen an. In dem
Plugin Ozone aus dem Hause iZotope ist ein Exciter zu finden, der
über vier individuell einstellbare
Frequenzbänder verfügt.
Ein wenig Excitement in sehr hohen Tonlagen sorgt für einen luftigeren Mix.
die Lautstärke in Richtung des Maximalpegels. Signale die den Maximalpegel überschreiten, werden
üblicherweise abgeschnitten wodurch mehr oder weniger höhrbare
Verzerrungen entstehen.
Limiter sind - üblich mit einem
Treshold Regler ausgestattet - einfach zu bedienende Tools, was einen
übertriebenen Einsatz begünstigt.
Im digitalen Bereich haben sich die
Waves L2 oder L3 Limiter durchgesetzt. Mit der integrierten OutCeiling Funktion, kann der Maximalwert gegen den gepusht wird
festgelegt werden.
Ich achte beim Limiten immer darauf, dass Peaks nur in sehr geringem Maß abgeschnitten werden.
Übersteuert ein Track zu oft, sollte
der Threshold auf einen höheren
Wert gesetzt werden. Ist der Song
zu leise, sollte man versuchen in der
Kompression Headroom rauszuhohlen und danach nochmal den Treshold des Limiters korrigieren.
Viele Toningenieure schwören auf
den positiven Effekt von Bandsättigung. Kleine Portionen sorgen für
einen samtigen Schleier, verringern
die Peaks und verdichten den Track
insgesamt. Wer über keine Bandmaschine verfügt kann durchaus mal
einen Blick auf das Plugin Reel Tape
Saturation von Digidesign oder den
Voxengo TapeBus werfen.
Digidesign Reel Tape Saturation
Limiting
Der Waves L3 gehört zu den renomiertesten digitalen Limitern.
Das letzte Tool in der Masteringkette, der Limiter, ist eine Extremform des Kompressors. Er drückt
11

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