klangkörper und ohröffner - chilli:freiburg:stadtmagazin

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klangkörper und ohröffner - chilli:freiburg:stadtmagazin
Musik_0511
08.05.2011
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it einer „magisch-meditativen Formel“ hat 1969 alles begonnen. Heute
zählt „Mantra“ von Karlheinz Stockhausen zu den wichtigsten Werken des
2007 verstorbenen Pioniers der Neuen
Musik. In diesem Stück wurde der Klavierklang durch einen sogenannten
Ringmodulator elektronisch verändert, Originalton und Elektroklang vermischten sich zu einem vielschichtigen Ganzen, als würde Musik mystisch
durch den Raum schweben. Den Auftrag dazu erhielt Stockhausen von
Heinrich Strobel, damaliger Musikabteilungsleiter des Südwestfunks und
wichtige Größe im zeitgenössischen
Musikgeschehen.
1971 wird Hans Peter Haller erster Leiter des neu gegründeten Experimentalstudios der Heinrich-Strobel-Stiftung des Südwestfunks, der neben den
Ringmodulatoren für Mantra gemeinsam mit dem Ingenieur Peter Lawo,
auch das „Halaphon“ entwickelte, ein
analoges Gerät zur Steuerung von
Klängen im Raum. „Mantra und die
neuen technischen Ausdrucksmöglichkeiten waren sicherlich die Initialzündung für die Gründung des
Experimentalstudios“, sagt dessen
heutiger stellvertretender künstlerischer Leiter Joachim Haas.
Seitdem wird im Experimentalstudio Musik moduliert, Klänge
in Echtzeit durch den Raum bewegt, Töne transformiert und
Akustik neu arrangiert.
Foto: © Klaus Fröhlich
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Wie das geht? Mithilfe des „MatrixMixers“, über „Vocoder“ oder „AReC“
– das „Halaphon“ ist bereits in der vierten Generation im Einsatz. Wer diese
fremd klingenden Geräte bestens bedienen kann, sind deren Entwickler, die
Spezialisten um Haas und Studioleiter
Detlef Heusinger, die sich im vierten
Stock des SWR-Studios an der Kartäuserstraße in einer Art Zwischenraum
von Musik und Technik bewegen.
Vor zehn Jahren gab es für dieses Berufsbild noch gar keinen Namen, heute
zieren „Musikinformatiker“ und „Klangregisseur“ die Visitenkarten der Freiburger Tontüftler. Rund zehn Köpfe
zählt das Experimentalstudio-Team.
„Neben der ganzen Technik sind wir
auch alle durch und durch Musiker“, betont Haas. Klangregisseure müssen Partituren perfekt beherrschen, sie begreifen sich als eigenständiges Ensemble,
als Klangkörper, ihre Instrumente sind
Mischpult, Laptop und Regler.
Sie gehen den Weg der Synthese von
Kunst und Technik über das Prinzip
des Dialogs mit den Komponisten, so
Haas. Sie wollen Wegbereiter und Ohröffner für Neues sein. „Das Ziel ist,
gemeinsam neue Dinge zu suchen. Hat
der Komponist die Idee, einen Ton wie
Schnee klingen zu lassen, versuchen wir
ihn mithilfe der Elektronik genau so
zum Schwingen zu bringen.“ Im Bereich
der Live-Elektronik sind die Freiburger
weltweit führend, Komponisten verschiedenster Richtungen wie Karlheinz
Stockhausen, Pierre Boulez, Luigi Nono oder Dieter Schnebel haben hier
Werke für Live-Elektronik realisiert. Ein
hochkarätig besetztes Kuratorium vergibt dafür jedes Jahr rund fünfzehn Stipendien. Die Umsetzung der daraus
entstehenden Werke zählt neben der
Arbeit im Klanglabor zur wichtigen
Aufgabe des Experimentalstudios, bei
rund 40 Konzertproduktionen in ganz
Europa sitzen die Freiburger Klangregisseure am Regler.
Wer der komplexen Arbeit des Experimentalstudios näherkommen möchte, kann in die „Matrix 11“ eintauchen.
In Zusammenarbeit mit der Allianz Kulturstiftung lädt das Experimentalstudio führende Musikwissenschaftler,
Interpreten, Komponisten und Klangregisseure ein, die in Workshops und
Konzerten die neuen Perspektiven der
Live-Elektronik unter Beweis stellen
werden.
Kai Hockenjos
matrix 11
29.5. – 4.6. 2011, SW
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20 Uhr, E-Werk-Freibu dio Freiburg, Sa, 4.6.2011,
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von Brian Ferneyhou
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Boulez,
Karlheinz Stockhausen
und André Richard
Weitere Konzerte am 29
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tudio Freiburg
Karten und weitere
Informationen unter
:
www.experimentalstu
dio.de
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Pfarrersohn
Der
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MUSIK IT’S BOOGIE-TIME
teuflische Musik
20 Jahre BOOGIE CONNECTION in Freiburg
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Illustration: © istock.com / Foto: © Boogie Connection
enn der Boogie nicht
in Amerika, sondern im
Schwarzwald entstanden
wäre, dann stünde als Geburtsstätte
Freiburg in den Jazzlexika, und die Musik würde dann so klingen, wie sie die
Boogie Connection spielt“, schrieb die
Fachzeitschrift „Jazzpodium“ einst über
das Freiburger Trio um Pianist Thomas
Scheytt, Gitarrist und Sänger Christoph
Pfaff und Schlagzeuger Hiram Mutschler. Seit 20 Jahren begeistert die Band
ihr Publikum mit einem feurigen Mix aus
Boogie, Blues, Soul und Rock’n’Roll. chilli-Autor Kai Hockenjos hat sich mit dem
Bandgründer Thomas Scheytt über das
runde Jubiläum, teuflische Musik und
schwäbische Einstellungen unterhalten.
chilli: Glückwunsch zum Zwanzigjährigen! Wie wird gefeiert?
Thomas Scheytt: Wir werden am 26. November ein großes Jubiläumskonzert im
Bürgerhaus in Denzlingen geben. Da
wollen wir es uns richtig gutgehen lassen und mit allen Freunden kräftig feiern. Es wird auch eine zweite Band dabei sein, mehr will ich aber noch nicht
verraten, es wird einige Überraschungen
geben.
chilli: Gibt es ein Konzert-Highlight aus
20 Jahren Bandgeschichte, das Sie herausheben möchten?
Scheytt: Wir wurden zwei Mal hintereinander auf das New-Orleans-Jazz-Festival in Ascona eingeladen, dem renom-
miertesten Festival dieser Art in Europa.
Das war eine große Ehre. Und in Monaco haben wir für Volkswagen zur Präsentation des neuen Bugatti-Rennwagens
gespielt und wurden mit dem Helikopter eingeflogen – auch ein sehr eindrucksvolles Erlebnis.
chilli: Ihre Musik – Blues, Boogie-Woogie, Ragtime und Rock ‘n’ Roll – wurde
früher als „des Teufels Musik“ verschrien. Wie kommt ein schwäbischer
Pfarrerssohn dazu, der in der Kirche orgelte, sich dieser Musik zu verschreiben?
Scheytt: Mein Vater hatte eine Vorliebe
für Swing und hat früher oft Stücke von
Glenn Miller und Duke Ellington zu Hause auf dem Klavier gespielt. Da habe ich
die Ohren gespitzt, das gefiel mir sehr
gut. Als Jugendlicher, ich hatte bereits
Orgel- und Klavierunterricht, kam ich
zum Rock’n’Roll und Boogie-Woogie.
Die deutschen Boogie-Pianisten Axel
Zwingenberger
und Vince Weber,
Mit dem
die in den 70er Jahren große Erfolge zum
feierten, begeisterten mich total. Ich spielte deren
Schallplattentitel nach, so hat alles
begonnen …
chilli: … und hat vor der kirchlichen Orgel nicht Halt gemacht.
Scheytt: Das stimmt. Ich spielte in der
Pfarrgemeinde meines Vaters Kirchenorgel und manchmal, wenn ich dachte,
es ist niemand da, habe ich einen Boo-
LIVE
Konzerte in der Regio
29. Mai 2011: Festival „Wein & Musik“,
Staufen, 18 Uhr Kronenbrücke
26. November 2011: Das Jubiläumskonzert,
Bürgerhaus Denzlingen, 20 Uhr
gie-Woogie zum Besten gegeben. Kürzlich wurde ich übrigens von der Gemeinde eingeladen und habe in der gleichen
Kirche ein großes Blues- und BoogieKonzert gespielt und dabei diese Anekdote erwähnt. Die Reaktion? Es haben
damals schon alle mitbekommen, die
Klänge drangen ja nach außen, es hat ihnen gefallen und niemand fand es teuflisch.
chilli: Boogie Connection spielt über 100
Konzerte im Jahr, und nach unseren Informationen fahren Sie mit dem eigenen
Boogie-Mobil am gleichen Abend immer
zurück. Kommt da Ihre schwäbische
Mentalität durch,
zu geizig für’s Hotel?
Scheytt (lacht): Das
hat nichts mit
Schwäbisch zu tun, das Hotel würden wir
bezahlt bekommen. Wir sind ständig unterwegs und in der Tat versuchen wir
deshalb so oft wie möglich, zu Hause zu
schlafen.
chilli: Die letzte Studio-CD liegt sechs
Jahre zurück, sind 20 Jahre Boogie Connection nicht ein schöner Anlass für eine
neue Scheibe?
Scheytt: Wir hatten es für dieses Jahr
tatsächlich geplant, kamen aber noch
nicht dazu. Das Thema ist aber noch nicht
vom Tisch und wer weiß, vielleicht
klappt es ja noch zum Jubiläumskonzert,
das wäre wunderschön.
Helikopter
Bugatti-Rennwagen
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MUSIK ZELT-MUSIK-FESTIVAL
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Das Zelt-Musik-Festival a
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Joy Denalane, der Country Legende Lyle Lo
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Fotos: © Jackie Hardt (1), Jiro Schneider (2), Michael Wilson (3), Razorlight (4)
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as große Zirkuszelt werden diese Künstler wahlweise ergrooven, ergreifen oder
ertönen lassen. Für den Groove ist vor
allem Joy Denalane (1) zuständig, die stilprägende
weibliche deutsche Soulstimme, die vor allem dank
ihrer Zugehörigkeit zum Hip Hop-Ensemble Freundeskreis Karriere macht: Der 99er Song „Mit Dir“
gemeinsam mit Rapper Max Herre war ihr erster großer Hit. Denalane und Herre wurden zum Paar, bekamen zwei Kinder, produzierten auch nach ihrer
Trennung zusammen die Musik, mit der die Sängerin
sich als Solo-Sängerin etablierte: das Debütalbum
„Mamani“ 2002 und vier Jahre später „Born And
Raised“, das Denalane komplett auf Englisch einsang. In diesen Tagen veröffentlicht sie ihr drittes
Studioalbum „Maureen“, das nach ihrem zweiten
Vornamen benannt ist und ihr persönlichstes Album
geworden ist. Die Berlinerin singt auf soulig warmen,
auf düster schleppenden Instrumentalen wie auch auf
treibenden Hip Hop-Beats von der Liebe, der Sehnsucht, von Wünschen und Hoffnungen. All das verpackt in eigene Geschichten und wieder in deutscher
Sprache – und mit einer stimmlichen Wucht, die in
der deutschen Musiklandschaft ihresgleichen sucht.
Auf der Zeltbühne trifft sie auf die ebenso stimmgewaltige, aufstrebende US-Künstlerin Janelle
INFO: Joy Denalane und Janelle Monáe:
6.7., 20 Uhr, Ticket (Stehplatz): 29¤
Lyle Lovett: 12.7., 20 Uhr, Ticket (Sitzplatz): 26–42 ¤
Razorlight: 17.7., 20 Uhr, Ticket (Stehplatz): 30 & 40 ¤
VVK-Tel.: 0761/504030, www.zmf.de
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Monáe (2), die schon für den Grammy nominiert war
und deren Debütalbum „Arch Android“ viel Beachtung fand. Ihre Musik strotzt vor Energie und Tanzwut. Das ZMF darf sich so nicht nur auf Deutschlands Souldiva Nummer eins, sondern auch auf eine
spannende neue Künstlerin freuen.
Alles andere als ein neues Gesicht ist dagegen Lyle
Lovett (3). Der US-amerikanische Sänger und Schauspieler hat 13 Alben, das jüngste ist „Natural Forces“,
veröffentlicht, vier Grammys geholt – eine Größe
der Country-Musik. Anfang bis Mitte der 90er versuchte sich der Texaner auch im Pop und R’n’B, allerdings mit überschaubarem Erfolg. Seine Stärke liegt
in der Einfachheit. Mehr als einen gut sitzenden Anzug, eine Akustikgitarre braucht der 53-Jährige
eigentlich nicht. Zum ZMF kommt er aber mit seiner
Acoustic Group. Lovett hat in seinen Songs etwas zu
erzählen und ergreift auch zwischen ihnen gerne mal
etwas länger das Wort.
Zum Abschluss des ZMF wird dann die britische Indieband Razorlight (4) das Zirkuszelt ertönen lassen.
Seit 2002 besteht die Band in wechselnder Besetzung um Frontmann Johnny Borrell an der Gitarre,
der zuvor bei den Libertines Bass spielte. „America“
oder „Wire To Wire“ sind Hits, durch die Razorlight
sich einen Platz im Indie-Olymp erspielten. Auf Radiostationen weltweit gehen diese melodischen
Pop-Rock-Hymnen auf Rotationskurs. Auf den hiesigen Bühnen machen sich Razorlight jedoch eher rar.
Aktuell arbeitet das Quartett an einem neuen Album
und spielt im Sommer nur ausgewählte Festivalgigs.
Das ZMF ist eines davon.
Daniel Weber
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Verschiedene Interpreten
206
Bossa Nova
Around The World
Republik der Heiserkeit
ZICK ZACK RECORDS
AFTER LIFE RECORDS
Vorsicht
Krötenwanderung
Titel: Krötenwanderung
Urheber: MC Frosch
Jahr: 2011
Universelle Eleganz
Auskotzen und Anprangern
Ja, es stimmt schon, er erfüllt immer
wieder auch die Klischees, die man
mit ihm verbindet, er taugt als musikalische Allzweckwaffe für die Bekämpfung schlechter Laune, zur globalen Berieselung von Kaufhäusern
und Fahrstühlen und für das Herbeischwofen des nahenden Sommers.
Aber der Bossa Nova ist viel mehr, das
haben in den letzten Jahren nicht nur
innovative DJs und experimentierfreudige Popmusiker aus allen Ländern verinnerlicht. Wie vielschichtig
dieser Stil mit seinem eleganten
Rhythmus und den sanften Melodien
sein kann, die vor etwas über 50 Jahren von Brasilien aus ihren Siegeszug
um die Welt antrat, das beweist dieser Sampler aus dem Hause Putumayo, den Garanten für gelungene
Compilations.
Hier begibt sich der Bossa Nova auf
eine hörenswerte Weltreise, auf der
diese leise, eher sanft und melancholisch ausgerichtete Musik beweist,
dass es einen großen Interpretationsspielraum für sie gibt. Didier Sustrac
aus Frankreich stellt den direkten
Draht vom Ohr zum Tanzbein her,
2raumwohnung zelebrieren ein Berliner Easy Listening, die Amerikanerin
Stacey Kent verjazzt einen Klassiker
zum Summer Samba ... Bis nach Norwegen und Korea geht diese süchtigmachende Reise der alterslosen Lady
aus Ipanema. Ja, jetzt darf der Sommer kommen.
Georg Giesebrecht
Gute Laune haben sie jetzt nicht unbedingt. Sie bersten eher vor Wut.
Die Rede ist von 206 und ihrem in
Fachkreisen bejubelten Debütalbum
„Republik der Heiserkeit.“
Sänger und Gitarrist Timm Völker
krächzt auf den 14 Stücken gegen die
Kälte in der Gesellschaft. „Es hat mich
zu viel Mühe gekostet / Es hat mich
immer angekotzt / Denn am Ende war
das Dunkel immer an allem schuld“,
heißt es da auf „Hallo Hölle“, einer
der besten Nummern der Platte. Die
Texte haben eine enorme Schlagkraft
und sind durchdrungen von tiefgründiger Direktheit. Er will kaputtmachen,
was ihn kaputtmacht. Die Bandkollegen Leif Ziemann am Bass und Florian
Funke hinter dem Schlagzeug verleihen seiner sprachlichen Vehemenz
den Nachdruck. Das Trio aus Leipzig
kreiert unruhige und vertrackte Songs,
die den Hörer gedankenverloren zurücklassen. Auskotzen, anprangern, im
Visier eine verlorene Republik. „Keine
Sonne, keine Cola / Nur eine schwarze
Brille“, lauten die ersten Worte auf
dem gleichnamigen Eröffnungsstück.
Die Platte schließt mit „Republik der
Heiserkeit / Winken und Lachen / Bis
nichts mehr übrig bleibt als ein Farbriss
in der Wand.“ Von 206 wird nach diesem äußerst gelungenen Einstand
wohl mehr übrig bleiben. Hoffentlich.
206 spielen am 26. Mai in Freiburg im
Slow Club.
Daniel Weber
Der Frühling ist da – und damit auch die
alljährliche Loveparade der Amphibien.
Wie jedes Jahr gibt es auch heuer wieder
eine Unmenge „Freiwilliger“, die Darwin
ins Handwerk pfuschen wollen und den
liebestollen Kröten über die Straße helfen. Natürlich ist Freiburg die unangefochtene Nr. 1 der Mülltrenner,
Kernkraftgegner und Biosprittanker, und so gab es schon vor
Dekaden improvisierte Krötenfangzäune aus Zeltheringen
und aufgeschnittenen Mülltüten. Mittlerweile wirken diese
Anlagen zwar noch nicht ganz
so wie der Zaun zwischen den USA und Mexiko, aber mindestens so wie die Fangzäune
beim Ski-Abfahrtslauf. Wehe dem, der sich
beim Austreten neben der Sternwaldwiese
in so einem Ding verfängt!
Gut dass jetzt MC Frosch etwas zur Rehabilitierung dieser schon sprichwörtlich
gewordenen Ökokrieger beigetragen hat:
„Komm lass die Kröten wandern,
springt alle in mein’ Teich,
Ich klopfe eure Herzen und
die Trommelfelle weich.
Der Frosch ist da und er reißt dich mit,
Leck mich an! Das wird ein Krötentrip!“
Ökodrogen! Das muss es sein, was die
Scharen in den Wald treibt!
„Ich bin der kleine Grüne, wegen dem
die Kröten wandern,
denn jeder, der mich kennt,
erzählt es allen andern.
Ich bin der Tümpelcheckerking
und werde dein Gangsterego töten,
ich bin das Monster von Loch Ness
und hab’ jede Menge Kröten,
und da sie grade wandern
schick ich sie bei Dir vorbei.
Ich bin MC Frosch der letzte Schrei!“
Für tadellose Reime wie in diesem
RAP (dessen Musik im Übrigen auch
was taugt) sind wir jederzeit zu haben.
Für die anderen gilt:
Keine Kröten für die Blöden,
Ihre Geschmackspoizei
Foto: © ddp