Handout Prüfgruppe Handwaffen ( PDF , 61,1 kB)

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Handout Prüfgruppe Handwaffen ( PDF , 61,1 kB)
Fachtechnische Untersuchung der Handwaffen der Bundeswehr
Die Prüfgruppe „Fachtechnische Untersuchung der Handwaffen der Bundeswehr“ im
Bundesministerium der Verteidigung hatte insbesondere den Auftrag, auf Grund
vorliegender Hinweise des Herrn Dieter Jungbluth, die Handwaffen der Bundeswehr
fachtechnisch zu untersuchen. Das G36 war davon ausgenommen.
Die Prüfgruppe „Fachtechnische Untersuchung der Handwaffen der Bundeswehr“
wurde mit Wirkung vom 22. Juni 2015 eingerichtet. Die Prüfgruppe besteht aus zwei
Referenten, die sich der Prüftätigkeit im Rahmen eines Schwerpunkteinsatzes
vollzeitlich widmen und einem Referatsleiter, der die Prüfgruppe neben seiner
Referatsleitertätigkeit führt. Keines der Mitglieder kommt aus dem Bereich der
Handwaffen der Bundeswehr und war somit auch nicht zuvor in die Projekte involviert,
die zur Beschaffung der untersuchten Handwaffen führten.
Zentraler
Ausgangspunkt
für
die
Bestimmung
des
Prüfungsgegenstands
„Fachtechnische Untersuchung der Handwaffen der Bundeswehr“ waren und sind für
die Prüfgruppe die Schreiben des Herrn Jungbluth
• an den damaligen Bundesminister der Verteidigung, Herrn Karl Theodor zu
Guttenberg, vom 20. Februar 2011,
• an den damaligen Bundesminister der Verteidigung, Herrn Dr. Thomas de Maizière,
vom 23. April und vom 27. Mai 2013,
• an den Bundespräsidenten, Herrn Joachim Gauck, vom 22. August 2013 und
• an die Bundesministerin der Verteidigung, Frau Dr. Ursula von der Leyen, vom 12.
Mai 2015.
Mit dem Ziel einer umfassenden inhaltlichen Prüfung der Hinweise des Herrn Jungbluth
war die Prüfgruppe bestrebt, überdies auch den Inhalt eines von Herrn Jungbluth
erstellten Datenträgers von 908 Dateien in 43 Ordnern (insgesamt rund zwei Gigabyte)
zu erfassen und bei der Prüfung zu berücksichtigen. Dabei ist anzumerken, dass die
vorgenannten Schreiben sowie der Inhalt des Datenträgers bestimmte Themen oder
Themenfelder nicht isoliert oder gebündelt darstellen, sondern insgesamt als im
Wesentlichen unstrukturierter Vortrag wahrgenommen werden, wobei fachtechnische
Aspekte oft mit subjektiv geschilderten persönlichen Erfahrungen mit dienst- und
beamtenrechtlichem Bezug etc. zusammen dargestellt werden.
Auf Grund der Vielzahl der angeführten Punkte hat die Prüfgruppe ihre Arbeit noch nicht
voll umfänglich abgeschlossen. Sie hat jedoch das bisherige Ergebnis ihrer Tätigkeit in
einem Teilbericht 1 zusammengefasst, der nun vorliegt.
In diesem Teilbericht wurden die folgenden Hinweise von Herrn Jungbluth geprüft und
einer Bewertung zugeführt:
• Heckler & Koch P8 (insb. Schadensneigung und konstruktive Auslegung zum
Gebrauch mit militärischer Munition DM51)
• Heckler & Koch P30 (konstruktive Auslegung)
• Heckler & Koch MG5 (verschiedene Einzelthemen)
• Heckler & Koch MG4 (verschiedene Einzelthemen)
• Heckler & Koch G36 Sicherheitsmanöverpatronengerät und
Mündungsfeuerdämpfer
• Verwendung Rheinmetall MG3 in der Waffenstation KMW FLW 100
In einigen Hinweisen sind die Beobachtungen von Herrn Jungbluth bezüglich der
aufgetretenen Probleme korrekt.
Die Prüfgruppe teilt aber die Bewertungen von Herrn Jungbluth zu den bisher
untersuchten Punkten in ganz überwiegendem Maße nicht. Teilweise sind bereits die
Sachverhaltsdarstellungen von Herrn Jungbluth aus Sicht der Prüfgruppe unzutreffend.
Besonders deutlich wird dies bei den Messungen von Herrn Jungbluth an der Pistole
P8, die maßgeblich für seine diesbezüglichen umfangreichen Behauptungen im
Schreiben an die Bundesministerin der Verteidigung, Frau Dr. Ursula von der Leyen,
vom 12. Mai 2015 waren.
Mit Blick auf das von ihm behauptete G-Maß von 3,6 mm bei der Pistole P8 der
Bundeswehr wurden an zwei Waffen aus der Serienfertigung vom Typ P8 und P8A1
Vermessungen der Länge des G-Maßes durchgeführt. Diese Messungen wurden
unabhängig voneinander durch zwei externe zivile Beschussämter 2 an jeweils beiden
Waffen vorgenommen. Das durch die Beschussämter ermittelte G-Maß beider Waffen
beträgt 7,5 mm (max. ± 1 mm Toleranz). Seiner Behauptung, dass das angeblich kleine
1
Im vorliegenden Teilbericht wurden priorisiert die Hinweise zu Handwaffen der Bundeswehr aus dem Schreiben
an die Bundesministerin der Verteidigung, Frau Dr. Ursula von der Leyen, vom 12. Mai 2015 untersucht und
bewertet.
2
Beschussamt Mellrichstadt, welches dem Bayerischen Landesamt für Maß und Gewicht unterstellt ist, und
Beschussamt Suhl, welches dem Thüringer Landesamt für Verbraucherschutz unterstellt ist
G-Maß von 3,6 mm in der P8 zu einem zu hohen Gasdruck in der Waffe und damit zur
Gefährdung des Schützen führt, wird damit die Grundlage entzogen. Den auf dieser
Annahme fußenden Schlussfolgerungen des Herrn Jungbluth mit Blick auf die Schäden
an der P8 wird damit das Fundament entzogen, da das tatsächlich G-Maß ca. doppelt
so groß ist wie von ihm behauptet.
Die festgestellten Schadensbilder bei der P8, sind offenbar vielmehr auf das
Zusammenwirken einer Mehrzahl von Faktoren zurückzuführen. Als Konsequenz wird
die P8, wo erforderlich, durch die P8 A1 ersetzt.
Im Weiteren:
P30
Die zum Konstruktionsmerkmal „Liderungsrille“ vorgetragene Kritik wird nicht geteilt. Die
P30 ist als Waffe unauffällig, die Liderungsrille ist ein auch in anderen Waffen zu
findendes Konstruktionsmerkmal. Die P30 wird international als Dienstwaffe auch von
anderen Sicherheitskräften eingesetzt.
MG4
Die Forderung des Herrn Jungbluth nach einer konstruktiven Anpassung des MG 4 wird
nicht geteilt. Ursache für den von ihm beschriebenen Vorfall waren mehrere
zusammentreffende schwerwiegende Bedienfehler. Vor diesem Hintergrund wäre der
mit einer konstruktiven Anpassung verbundene Aufwand unverhältnismäßig.
Hinsichtlich der Ausführungen zum Einsatz eines durch ein ziviles Beschussamt
beschossenen MG4 zur Munitions-Güteprüfung ist zu sagen, dass dies nicht per se
rechts- oder vorschriftswidrig ist. Es kommt hier stets auf den jeweiligen Fall an.
Mit Blick auf den Hinweis, das MG4 habe einen Lebensdauertest nicht bestanden,
konnte eine umfassende Sachverhaltsaufklärung nicht erfolgen. Allerdings wurden mit
dem MG4 mehrere Lebensdauertests erfolgreich durchgeführt.
Sicherheitsmanöverpatronengerät (SMPG)
Die Einführung des Sicherheitsmanöverpatronengeräts (SMPG) (alt) und auch die des
SMPG (modifiziert) wird von der Prüfgruppe, wie von Herrn Jungbluth auch, kritisch
gesehen.
Das SMPG (alt) wurde durch ein neues Manöverpatronengerät (MPG) ersetzt, welches
sich bisher als unkritisch erwiesen hat. Auch das SMPG (modifiziert) soll demnächst
aus der Nutzung genommen und durch das MPG (neu) ersetzt werden.
Mündungsfeuerdämpfer
Anders als von Herrn Jungbluth behauptet, spricht das WIWeB 3 in seinen
Ausführungen mit Blick auf die konstruktiven Vorgaben nicht von einem Form- und
Materialfehler.
Bei der Nutzung von Kurzbahnmunition wird mit Blick auf die festgestellten
Schadensbilder beim Mündungsfeuerdämpfer in der Bundeswehr eine Schutzbrille
getragen. Außerdem hat die Anweisung zum verstärkten Waffenreinigen zu einem
Rückgang der festgestellten Schadensbilder um ca. 80 % geführt.
MG3 auf Waffenstation FLW 100
Die Aussage von Herrn Jungbluth, dass aus dem Einsatz zurücklaufende MG3, die in
der Waffenstation FLW 100 eingesetzt waren, möglicherweise eine ungewöhnlich hohe
Schadensquote in Form von Gehäuserissen aufwiesen, bestätigte sich im Rahmen der
Untersuchungen nicht.
Gegenwärtig geht die Prüfgruppe noch weiteren Hinweisen zu Handwaffen der
Bundeswehr nach.
Es ist nicht ausgeschlossen, dass die Prüfgruppe in ihrem Abschlussbericht, der
spätestens im November 2015 vorgelegt werden soll und die noch offenen Punkte
abarbeiten wird, zu Ergebnissen kommt, die den Bewertungen von Herrn Jungbluth zumindest in Teilen - Recht geben.
Unabhängig davon war es sehr hilfreich, dass Herr Jungbluth persönlich für ein Treffen
mit der Prüfgruppe zur Verfügung stand. Hierdurch konnte die Prüfgruppe ein besseres
Verständnis der von Herr Jungbluth angesprochenen Punkte gewinnen, die ernst zu
nehmen sind.
3
Wehrwissenschaftliches Institut für Werk- und Betriebsstoffe