Casa di Goethe, Rom: Michael Ende in Italien

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Casa di Goethe, Rom: Michael Ende in Italien
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Casa di Goethe, Rom: Michael Ende in
Italien
Kaum ein Bücherschrank, in dem sich nicht die „Unendliche Geschichte“
fände, kaum ein Kind, das nicht mit „Momo“ oder „Jim Knopf“ aufgewachsen
wäre. Mit seinen Büchern schrieb sich Michael Ende (1929-1995) weltweit in
die Herzen von jungen und jung gebliebenen Lesern.
Jahre nach seinem Tod ist er noch immer einer der beliebtesten deutschen Schriftsteller. Seine
Bücher wurden in nahezu 40 Sprachen übersetzt und haben weltweit eine Gesamtauflage von
über 20 Millionen Exemplaren erreicht. Zahlreiche internationale Preise dokumentieren die
Anerkennung, die sein literarisches Schaffen bis heute genießt.
Michael Ende, der am 12. November 2009 80
Jahre alt geworden wäre, verfolgte mit seinen
Büchern das Ziel, aus den irrealen Ländereien
der Kunst und Imagination etwas ins reale Leben
herüberzuretten – nicht zur Vermischung,
sondern zur Bereicherung. Im Sinne der
Romantiker wollte Ende die Welt wieder mit
Poesie aufladen, die Phantasie der Menschen
mobilisieren und auf eine geistige Wirklichkeit
verweisen, die hinter den Dingen steht. Neben
seinen Jugendbuch-Klassikern schrieb Ende auch
Theaterstücke, Opernlibretti, Hörspiele,
phantastisch-surreale Geschichten und Gedichte voll hintergründigem Humor.
15 Jahre seines Lebens verbrachte Ende in Italien. Sein Umzug im Jahr 1970 war de facto eine
Art Emigration. Dem in Deutschland äußerst erfolgreichen Autor hatte die Kulturkritik der 68er
mangelnde Sozialkritik vorgeworfen und ihn als „Fluchtliterat“ ins Reich der Phantasie
verwiesen. Nach zahlreichen Anfeindungen hatte Ende deswegen Deutschland im Zorn
verlassen. Er zog mit seiner Frau Ingeborg Hoffmann nach Genzano di Roma ca. 30 Kilometer
südlich von Rom. Die in Italien herrschende künstlerische Vielfalt und Toleranz faszinierten ihn
und regten ihn bei seiner Arbeit an. Viele seiner Meisterwerke entstanden hier. In Italien reiften
seine Ideen, die dann auch in Deutschland so viel Anklang fanden, dass der Autor zu einer
Kultfigur und „Die unendliche Geschichte“ zu einem der erfolgreichsten deutschen Bücher der
Nachkriegszeit wurde. Nach dem Tod seiner Frau kehrte Ende 1985 nach Deutschland zurück.
Zum ersten Mal werden nun mit der Ausstellung „Michael
Ende in Italien“ ausführlich diese prägenden italienischen
Jahre vorgestellt. Die Ausstellung der Casa di Goethe erzählt
mit Texten, Fotos und Originaldokumenten Endes Leben als
Geschichte einer künstlerischen Selbstfindung. Erst in Rom,
in Anbetracht der phantastisch-manieristischen Tradition der
Stadt, war ihm klar geworden, dass alles, was ihn künstlerisch
und poetisch bewegte – das Phantastische –, keineswegs
‚eskapistisch’ war, keineswegs nur einer mehr oder weniger
wirklichkeitsfernen Lust am Absonderlichen, Entlegenen
entsprang, sondern einer künstlerischen Grundhaltung, der er
sich zugehörig fühlen konnte.
Highlights der Ausstellung sind Originalhandschriften aus dem Bestand des Deutschen
Literaturarchivs Marbach („Momo“ und „Die unendliche Geschichte“) sowie persönliche
Gegenstände des Schriftstellers. Ein besonderes Augenmerk wird dem Thema „Michael Ende
und die Musik“ gewidmet. Kaum jemand weiß, dass Wilfried Hillers Oper „Der Goggolori“, für
die Ende das Libretto schrieb und die Hiller als Stipendiat der Villa Massimo in Rom
komponierte, zu einer der erfolgreichsten deutschen Oper nach dem Zweiten Weltkrieg wurde
und dass sie unmittelbar von einem italienischen Vorbild beeinflusst wurde. Endes Rezeption in
Italien, die Tradition des Phantastischen in Rom, sein Verhältnis zu italienischen und
deutsch-römischen Künstlerkreisen sowie seine Freundschaft mit Angelo Branduardi werden
ebenso thematisiert wie das prägende Verhältnis zu seinem Vater, dem surrealistischen Maler
Edgar Ende.
Roman Hocke und Uwe Neumahr
Zur Ausstellung hat die Casa di Goethe den zweisprachigen Katalog „Michael Ende in Italien“
herausgegeben.
104 Seiten, zahlreiche Abbildungen. ISBN 978-3-930370-22-1
Der Katalog kann zum Preis von 15 Euro über die AsKI-Geschäftsstelle bezogen werden.
AsKI-Newsletter KULTUR lebendig 2/2009