Varietät und Variation
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Varietät und Variation
Varietäten und Variation im Deutschen ― Varietà e variazione del tedesco Dott.ssa Ilaria Meloni [email protected] http://people.unica.it/ilariameloni/ Varietà e variazione del Tedesco LINGUA TEDESCA 1 (lauree magistrali) AA 2013-2014 (CFU 6/12) Lingue Moderne per la Comunicazione e la Cooperazione Internazionale Lingue e Letterature Moderne Europee e Americane Traduzione Specialistica dei Testi Descrizione del corso Il corso si propone di descrivere il tedesco come lingua pluricentrica, che si differenzia in varietà nazionali (Binnendeutsch, Schweizerdeutsch e österreichisches Deutsch), ciascuna caratterizzata dalla presenza di specifiche varianti in particolare a livello fonetico, morfologico, lessicale, pragmatico ecc. Le dimensioni di variazione si realizzano inoltre, rispetto allo standard, anche all’interno della varietà diafasica e diamesica nonché nella varietà diastratica. Ilaria Meloni WiSe 2013 Varietà e Variazione del Tedesco LINGUA TEDESCA 1 (lauree magistrali) AA 2013-2014 (CFU 6/12) Lettorato Il corso è affiancato dalle esercitazioni di lingua ed è finalizzato al raggiungimento del livello B2/C1 del quadro di riferimento europeo. Durante il lettorato verranno presentati testi di attualità, letterari, economici, la cui lettura e rielaborazione permetteranno di consolidare l’abilità della scrittura e di curare la competenza orale (Referate individuali, 12 CFU). Contestualmente si affronteranno capitoli della grammatica di particolare complessità al fine di consolidare le competenze nella lingua. (livello B2/C1 del quadro di riferimento europeo) Lettorato: dal 4 ottobre lun. 16-18, Lab.1; ven. 8-10, Aula 12 Grammatica di riferimento: Karin Hall/Barbara Scheiner (2012). Übungsgrammatik DaF für Fortgeschrittene. Mit integriertem Lösungsschlüssel. Hueber. - Ulteriori materiali verranno forniti durante il corso Ilaria Meloni WiSe 2013 Varietà e Variazione del Tedesco Bibliografia o Ammon, Ulrich (1995). Die deutsche Sprache in Deutschland, Österreich und der Schweiz: Das Problem der nationalen Varietäten. Berlin/New York: De Gruyter o Braun, Peter (1998): Tendenzen in der deutschen Gegenwartssprache: Sprachvarietäten, 4. Aufl., Stuttgart: W. Kohlammer. o Thüne, Eva-Maria/Elter, Irmgard/Leonardi, Simona (2005). Le lingue tedesche: per una descrizione sociolinguistica, Bari: Graphis. Ulteriori materiali verranno forniti durante il corso. Dizionari di riferimento o Duden: Deutsches Universalwörterbuch. herausgegeben von der Dudenredaktion. 6., überarbeitete und erweiterte Aufl. - Mannheim [etc.]: Dudenverlag, o Ammon, Ulrich et al. (2004) Variantenwörterbuch des Deutschen: die Standardsprache in Osterreich, der Schweiz und Deutschland sowie in Liechtenstein, Luxemburg, Ostbelgien und Sudtirol. Berlin/New York: De Gruyter. Ilaria Meloni WiSe 2013 Varietäten und Variation im Deutschen Valutazione e modalità d’esame Prova scritta (Textarbeit su temi trattati con esercizi strutturali); Colloquio orale sugli argomenti in programma, in cui si discuterà anche l’esito della prova scritta. Il colloquio si svolgerà in tedesco. Il Referat, previsto durante il lettorato e obbligatorio per gli studenti con 12 CFU, è compreso nella valutazione. La prova scritta per l’esame da 6 CFU prevede la Textarbeit su temi trattati durante il lettorato. Ilaria Meloni WiSe 2013 Varietäten und Variation im Deutschen Kursinhalt Grundbegriffe: Varietät, Variation, Standardsprache, monozentrische und plurizentrische Sprache Das deutsche Sprachgebiet. Dialekte/Mundarten Entwicklungstendenzen im heutigen Deutsch. Variation in der diatopischen Varietät: Binnendeutsch, Schweizerdeutsch und österreichisches Deutsch = Standardvarietäten Variation in der diaphasischen Varietät: Umgangssprache. Stilschichten: dichterisch, gehoben, familiär, umgangssprachlich, salopp, derb Variation in der diamesischen Varietät: geschriebene und gesprochene Sprache Variation in der diastratischen Varietät: Soziolekte, Gruppensprachen, Sondersprachen, Jugendsprache, Fachsprachen Ilaria Meloni WiSe 2013 Varietäten und Variation im Deutschen Was ist eine Varietät? lat: varietās → ‘Verschiedenheit’ „Allgemeiner Terminus der Variationslinguistik für die je spezifische Ausprägung eines sprachlichen Verhaltens in einem mehrdimensionalen (regional, sozial, situativ, historisch) differenzierten ‚Varietätenraum’; betroffen sind jeweils unterschiedliche bzw. unterschiedlich viele sprachliche Merkmale einer bzw. mehrerer linguistischer Ebenen (Phonetik, Phonologie, Morphologie, Syntax, Lexik, Semantik, Pragmatik).“ (Bußmann: Lexikon der Sprachwissenschaft, 2002) Varietät: Teilmenge einer Einzelsprache – ein Zeichensystem, das diese Einzelsprache ergänzt oder modifiziert, aber nicht alleine existieren kann. Ilaria Meloni WiSe 2013 Varietäten und Variation im Deutschen Varietätenraum 3 Hauptdimensionen (Coseriu) diatopische Varietäten: geografische (regionale) Dimension (Dialekte) → räumliche Herkunft des Sprechers diastratische Varietäten: soziale Dimension (Soziolekte) → soziale Herkunft des Sprechers diaphasische Varietäten: funktionale Dimension (Funktiolekte) (Stil) → situativer Kontext der Kommunikation diamesische Varietäten: geschriebene und gesprochene Sprache Ilaria Meloni WiSe 2013 Varietäten und Variation im Deutschen Diasystem Diasystem (U. Weinreich) Verbindung von verschiedenen Varietäten zu einem einzigen System. „Unter ‚Diasystem’ verstehen wir eine linguistische Konstruktion, zusammengesetzt aus den Elementen einer Reihe von Kommunikationssystemen, die alle in einer Formel untergebracht werden können, weil jedes dieser Systeme fundamentale Übereinstimmungen mit jedem einzelnen anderen System aufzeigt, aber in bestimmten Punkten von ihnen abweicht. Die grundsätzlichen Übereinstimmungen sind für die Konstruktion des Diasystems notwendig, weil sonst nichts die Vereinigung in einem Diasystem rechtfertigt und ermöglicht. […] Auch Unterschiede zwischen den Systemen sind notwendig, weil es sonst nur ein einziges System gäbe, d.h. das Diasystem sich selbst aufhöbe. Ilaria Meloni WiSe 2013 Varietäten und Variation im Deutschen Varietät und Variation Variation: lat. variatio → ‘Veränderung, Abwandlung’ Variation: Möglichkeit unterschiedlicher Realisierungen einer Einheit des Sprachsystems in einer konkreten Äußerung. nationale Varietät: gesamtes Sprachsystem einer plurizentrischen Sprache, wie das österreichische Deutsch eine Varietät der deutschen Sprache ist. ≠ nationale Variante: eine „für eine Nation spezifische einzelne Sprachform z.B. Österreichisch (r) Karfiol (r Blumenkohl) Variation in der diatopischen Varietät: Binnendeutsch, Schweizerdeutsch e österreichisches Deutsch = Standardvarietäten diastratischen Varietät: Soziolekt, Gruppensprache, Fachsprache, Sondersprache, Jugendsprache diaphasischen Varietät: (Stil) gehobene Sprache, Umgangssprache, salopp, vulgär diamesischen Varietät: geschriebene und gesprochene Sprache Ilaria Meloni WiSe 2013 Varietäten und Variation im Deutschen Standardsprache und Varietät Sprache mit Varietäten Standardvarietäten sprachliche Standardisierung Standardsprache Normierung monozentrische Sprachen Italienisch, Polnisch Ilaria Meloni Kodifizierung in Grammatiken/Wörterbüchern plurizentrische Sprachen Deutsch, Englisch, Französisch … WiSe 2013 Varietäten und Variation im Deutschen Plurizentrische Sprachen (1/2) Sprachen mit mehreren Standardvarietäten, die sich zwar in einzelnen Punkten unterscheiden, aber nicht so stark, dass sie eigenständige Sprachen konstituieren würden. (Glück 2005, s.v. „Plurizentrische Sprache“) Plurizentrische Sprachen sind grenzübergreifende Sprachen mit konkurrierenden, aber auch interagierenden, nationalen (und gar übernationalen) Standardvarietäten mit verschiedenen Normen, die eine gemeinsame Tradition teilen (Clyne 1995b, S. 7) Die deutsche Sprache weist bei allen grundlegenden Gemeinsamkeiten auch nationale Unterschiede auf, die nicht mundartlich sind, sondern standardsprachlichen Charakter haben. Diese Unterschiede betreffen alle Teile des sprachlichen Systems. Sie finden sich auf der Ebene des Wortschatzes ebenso wie auf der Ebene der Grammatik oder der Aussprache. (Jakob Ebner 2008, 1) Ilaria Meloni WiSe 2013 Varietäten und Variation im Deutschen Plurizentrische Sprachen (2/2) Bis zu den 1980er Jahren wurde das in Deutschland gesprochene (Bundes-)Deutsch, als die allgemein gültige „Hauptvariante“ der deutschen Sprache angesehen, während das österreichische Deutsch ebenso wie das Schweizerdeutsch als davon abweichende „Neben- oder Außenvarianten“ wahrgenommen wurden (Moser 1985). Ilaria Meloni WiSe 2013 Varietäten und Variation im Deutschen Plurizentrische Sprachen Ilaria Meloni WiSe 2013 Varietäten und Variation im Deutschen Deutsch als plurizentrische Sprache (2/2) Als Vollzentren der deutschen Sprache mit eigenen Nachschlagewerken gelten demnach Deutschland, Österreich und die Schweiz. Halbzentren ohne eigene Nachschlagewerke sind Liechtenstein, Südtirol, Luxemburg und Ostbelgien Ilaria Meloni WiSe 2013 Varietäten und Variation im Deutschen Deutsche Sprachräume Ilaria Meloni WiSe 2013 Varietäten und Variation im Deutschen Dialekträume des Deutschen (1/2) Niederdeutsch Mitteldeutsch Oberdeutsch Ilaria Meloni WiSe 2013 Varietäten und Variation im Deutschen Dialekträume des Deutschen (2/2) Ilaria Meloni WiSe 2013 Varietäten und Variation im Deutschen Entwicklungstendenzen im heutigen Deutsch (1/2) Ausgleich und Vereinfachung Massenmedien Umgangssprache statt Dialekt kürzere u. einfachere Ausdrücke Ilaria Meloni Differenzierung und Intellektualisierung Gruppensprachen Fachsprachen Nominalstil WiSe 2013 Varietäten und Variation im Deutschen Entwicklungstendenzen im heutigen Deutsch (2/2) Zuwachs des Wortschatzes: Einfluss der Fachsprachen (Technik, Sport usw.) Anglizismen Internationalismen Verdeutschung Okkasionalismen mehrgliedrige Adjektivbildung Akkusativierung längere Zusammensetzungen Kurzwortbildungen Annähehrung an die gesprochene Sprache weitere Vereinfachungen in der Deklination u. Konjugation kürzere Sätze, Ausklammerung und Nominalisierung Ilaria Meloni WiSe 2013 Varietäten und Variation im Deutschen Variation in der diatopischen Varietät Binnendeutsch, Schweizerdeutsch und österreichisches Deutsch Die Variation betrifft: die Lexik die Grammatik (Mophologie und Syntax) die Phonetik/Phonologie die Pragmatik Ilaria Meloni WiSe 2013 Varietäten und Variation im Deutschen Bundesdeutsch/Binnendeutsch (1/5) Bundesdeutsch/Binnendeutsch u.a. Standardvarietät, die in Deutschland gesprochen wird 23 Nachschlagewerke → Die deutsche Rechtschreibung (2004 ) → Das Aussprachewörterbuch (20044) → Duden Universalwörterbuch (20035) → Großes Wörterbuch der deutschen Sprache (19993) 10 Bd. → Wahrig – Deutsches Wörterbuch (20027) → Brockhaus-Wahrig (1980-84) 6 Bd. → Wörterbuch der deutschen Gegenwartssprache (1980-82) ExDDR → Variantenwörterbuch des Deutschen (Ammon) →Großes Wörterbuch der deutschen Aussprache (1982) ExDDR → Deutsche Aussprache. Reine und gemäßigte Hochlautung mit Aussprachewörterbuch (196919) (erste Aufl. 1898 T. Siebs) Ilaria Meloni WiSe 2013 Varietäten und Variation im Deutschen Bundesdeutsch/Binnendeutsch (2/5) Teutonismen → Wörter und Ausdrücke des deutschen Standarddeutsch ( Varianten) Orthographie: (s)Resümee (österr./schweiz=Résumé) (e)Majonäse/(auch:) Mayonnaise (A; CH=Mayonnaise); Müsli (A; CH=Müesli); Teutonismus i.w.S. <ß> (schweiz.=<ss>) Orthophonie: (r) Waggon/Wagon [va»ßØ–, ∂°»ß‘ñ] (Nasalvokal) A; CH: [∂°»ßØ–Æ]; (e)Garage, Blamage, Montage, China, Chemie (D: -age [ə] – Schwa-Laut) A;CH [ʃ] Wortbildung: Zusammensetzung: D: Fabrikarbeiter A;CH: Fabriksarbeiter; Schweinebraten A;CH: Schweinsbraten Ableitung: Suffix –chen (norddt: Häuschen) oder –lein (süddt/: Häuslein)/A: -e(r)l; CH –li; z.B.: D: Hähnchen/A (s) A: Henderl/Hendel/Hendl; CH Güggeli; D: Sack; A: Sackerl Morphologie: Hilfsverb haben mit sitzen, stehen, liegen, hängen: z.B. norddt: Ich habe gesessen; süddt; A/CH: Ich bin gesessen; Substantivgenus: der Joghurt/Jogurt, (A) das; (ugs. u. österr., bes. wiener. auch: die); das/der Biskuit A;CH das; Substantivplural: D: das Billard/die Billarde; (A; CH: Pl.) die Billards; D: Lexiken/Lexika A;CH: Lexika Ilaria Meloni WiSe 2013 Varietäten und Variation im Deutschen Speisen/Mahlzeiten Wortschatz Bundesdeutsch/Binnendeutsch (3/5) Teutonismen Weitere in D-A-CH gebräuchliche Begriffe Abendbrot Abendessen, A: Nachtmahl (auch Bayern), Vesper (auch Baden-Württemberg) CH: Nachtessen (auch Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg) Apfelsine Orange Brühe D-A: Suppe/CH: Bouillon Feldsalat, Rapunzel, Rapünzchen (Thüringen, Sachsen), Ackersalat (Schwaben) A: Vogerlsalat, CH: Nüsslisalat, Nüssler (auch Ackersalat) Hörnchen (Bedeutung: Croissant) A: Kipferl (Hörnchen aus Teigware) CH: Gipfel(i) Kloß Knödel Sprudelwasser Sodawasser, Mineralwasser Rotkohl Blaukraut, Rotkraut; CH: Rotkabis Ilaria Meloni WiSe 2013 Varietäten und Variation im Deutschen Haus/Haushalt Wortschatz Ilaria Meloni Bundesdeutsch/Binnendeutsch (4/5) Teutonismen Weitere in D-A-CH gebräuchliche Begriffe Gardine Vorhang (auch süddt., selten auch im gesamten Sprachraum) A: Gardine ist ein Gattungsbegriff für einen Store, einen dünnen Fenstervorhang Reinemachen Putzen/Saubermachen Mülleimer Mistkübel, Abfallkübel, A: Müllkübel, CH: Kehrichteimer, Kübel, Kuttereimer (Schwaben) Tüte A: Sackerl, Sack – je nach Größe; schwäb. Guck(e) Treppe A: Stiege/CH: Treppe Klamotte (ugs. salopp) CH: Klamotte; D/A: Kleidungsstück plätten (landschaftlich) bügeln CH-A: bügeln/glätten Korridor/Flur A: Flur; CH: Gang WiSe 2013 Varietäten und Variation im Deutschen Bildungswesen/Verkehr/Handel/Spiele Wortschatz Bundesdeutsch/Binnendeutsch (5/5) Teutonismen Weitere in D-A-CH gebräuchliche Begriffe Abitur A: Matura; CH: Matur(a) Grundschule A: Volksschule; CH: Primarschule Federmappe (-mäppchen/-mapperl) Federtasche (Nordostdeutschland) Mäppchen/Mäpple (Westdeutschland) A: Federpennal, Federschachtel; CH: (Schul-)Etui (Nordwestdeutschland) Vorfahrt A: Vorrang; CH: Vortritt Bürgersteig D: Gehweg, Gehsteig, Trottoir (schwäb./fränk./pfälz., in Bundesdeutsch veraltet), (CH: exklusiv) Geldautomat A: Bankomat; CH: Bancomat, Postomat Kneipe, Wirtschaft (süddt. bis westdt.), Gastwirtschaft; Süddt: Beisl, Gasthaus, Wirtshaus (auch östl. Bayern), (CH): Beiz Torwart/Torhüter A-CH: Keeper/Torhüter; A: Tormann Ilaria Meloni WiSe 2013 Varietäten und Variation im Deutschen Deutsch in der EX-BRD und in der EX-DDR Keine Unterschiede in der Aussprache Häufig sind Neubildungen getroffen BRD DDR Hähnchen, Brathähnchen Broiler (heute: regional) Jeans Niethose (nur bis etwa Anfang der 1970er-Jahre, danach ebenfalls Jeans) Plastik Plaste Supermarkt Kaufhalle T-Shirt Nicki Astronaut Kosmonaut Team Kollektiv Arbeitnehmer Werktätiger Ein-/Zwei-/Dreizimmerwohnung Ein-/Zwei-/Dreiraumwohnung Diskjockey Ilaria Meloni Diskosprecher WiSe 2013 Varietäten und Variation im Deutschen Österreichisches Deutsch (1/7) Standardvarietät des Deutschen in Österreich „Was uns am meisten von unseren deutschen Nachbarn trennt, ist die gemeinsame Sprache“ (K.Kraus) Nachschlagewerke → Österreichisches Wörterbuch (ÖWB, erste Aufl.1951) → (Duden) Wie sagt man in Österreich? Wörterbuch der österreichischen Besonderheiten (Jakob Ebner, 1998) 1995 Beitritt Österreichs in der EU Protokoll Nr. 10 Verwendung spezifisch österreichischer Ausdrücke der deutschen Sprache im Rahmen der Europäischen Union (Internationale Verträge usw.) Ilaria Meloni WiSe 2013 Varietäten und Variation im Deutschen Österreichisches Deutsch (2/7) Beachtung österreichischer Ausdrücke Beim Beitritt Österreichs wurde im Protokoll Nr. 10 ein Liste von 23 Ausdrücken festgehalten, die parallel zu den deutschen Bezeichnungen zu verwenden sind. Bei jedem Vorkommen eines „Protokoll-Nr. 10-relevanten“ Ausdrucks in einem Rechtsakt wird zuerst der bundesdeutsche Ausdruck geschrieben, dann kommt ein Schrägstrich, dann der Ausdruck des Protokolls Nr. 10. Beim ersten Vorkommen in einem Rechtsakt wird eine Anmerkung hinzugefügt: "Österreichischer Ausdruck gemäß Protokoll Nr. 10 zur Beitrittsakte 1994". Diese Anmerkung darf nicht nummeriert sein. Sie muss ein "*" als Bezugszeichen erhalten. Ilaria Meloni WiSe 2013 Varietäten und Variation im Deutschen Österreichisches Deutsch (3/7) PROTOKOLL NR. 10 ÜBER DIE VERWENDUNG SPEZIFISCH ÖSTERREICHISCHER AUSDRÜCKE DER DEUTSCHEN SPRACHE IM RAHMEN DER EUROPÄISCHEN UNION Im Rahmen der Europäischen Union gilt folgendes: 1. Die in der österreichischen Rechtsordnung enthaltenen und im Anhang zu diesem Protokoll aufgelisteten spezifisch österreichischen Ausdrücke der deutschen Sprache haben den gleichen Status und dürfen mit der gleichen Rechtswirkung verwendet werden, wie die in Deutschland verwendeten entsprechenden Ausdrücke, die im Anhang aufgeführt sind. 2. In der deutschen Sprachfassung neuer Rechtsakte werden die im Anhang genannten spezifisch österreichischen Ausdrücke den in Deutschland verwendeten Ausdrücken in geeigneter Form hinzugefügt. Ilaria Meloni WiSe 2013 Varietäten und Variation im Deutschen Österreichisches Deutsch (4/7) PROTOCOLLO N. 10 CONCERNENTE L'USO DI SPECIFICI TERMINI AUSTRIACI DELLA LINGUA TEDESCA NELL'AMBITO DELL'UNIONE EUROPEA Nell'ambito dell'Unione europea si applica quanto segue: 1. Gli specifici termini austriaci della lingua tedesca contenuti nell'ordinamento giuridico austriaco ed elencati nell'allegato del presente protocollo hanno lo stesso status e possono essere usati con gli stessi effetti giuridici dei termini corrispondenti usati in Germania ed elencati nel suddetto allegato. 2. Nella versione linguistica tedesca dei nuovi atti aventi valore giuridico, gli specifici termini austriaci menzionati nell'allegato del presente protocollo sono aggiunti nel modo opportuno ai termini corrispondenti usati in Germania. Ilaria Meloni WiSe 2013 Varietäten und Variation im Deutschen Protokoll Nr. 10 (1/2) Ilaria Meloni Österreich Amtsblatt der EG 1) (s) Beiried (s) Roastbeef 2) (r) Eierschwammerl (r) Pfifferling 3) (r) Erdäpfel (e) Kartoffel(n) 4) (s) Faschierte(s) (s) Hackfleisch 6) Fisolen (die Fisole) Grüne Bohnen (e Bohne) 7) (e) Grammel(n) Grieben (e Griebe) 8) (s) Hüferl (e) Hüfte 9) (r) Karfiol (r) Blumenkohl 10) (e) Kohlsprosse(n) (r) Rosenkohl 11) (r) Kren (r) Meerrettich WiSe 2013 Varietäten und Variation im Deutschen Protokoll Nr. 10 (2/2) Ilaria Meloni Österreich Amtsblatt der EG 12) (r) Lungenbraten (s) Filet 13) (e) Marille(n) (e) Aprikose(n) 14) (e) Melanzani (e) Aubergine 15) (e) Nuss (e) Kugel 16) (s) Obers (e) Sahne 17) (r) Paradeiser (e) Tomate(n) 18) (r) Powidl (s) Pflaumenmus 19) (e) Ribisel (e) Johannisbeere(n) 20) (r) Schlögel (e) Keule 21) (r) Topfen (r) Quark 22) (r) Vogerlsalat (r) Feldsalat 23) (e) Weichseln (e) Sauerkirsche(n) WiSe 2013 Varietäten und Variation im Deutschen Österreichisches Deutsch (5/7) Austriazismen → Wörter und Ausdrücke, die für die österreichische Standardvarietät typisch sind Wortschatz: Einflüsse aus dem • Bairischen: Erdapfel, heuer, Pickerl • Alemannischen: Nuggi, Beiz, Kilbi • Wienerischen: Bim, hackeln • Italienischen: Karfiol, präpotent, Melanzani, Biskotten • Französischen: retour, Trafik • Lateinischen: perlustrieren, Matura, Remuneration • Ungarischen: Palatschinke, Gulyas (Gulasch) • Tschechischen: Powidl, Strizzi • Englischen: Juice, Goalmann, Corner • Slowenischen: Keusche, Pinze, Jause semantisch „falsche Freunde“: A: Sessel = Stuhl, D: Sessel = gepolstertes Sitzmöbel Ilaria Meloni WiSe 2013 Varietäten und Variation im Deutschen Austriazismen: Österreichische Speisen und Kuchen Apfelkücherl Fleischkäse (D: Leberkäse) Augsburger Sachertorte Palatschinken/A: die Omelette (D: das Omelett) Krapfen (D: Berliner) D: Pfannkuchen Germ/ Germknödel Ilaria Meloni Bosna/Bosner WiSe 2013 Varietäten und Variation im Deutschen Österreichisches Deutsch (6/7) Orthographie: Gulyás (D: Gulasch), zuhause (D, CH: zu Hause), garnicht (D, CH: gar nicht); umgelautetes Grundwort (-färbig: einfärbig, mehrfärbig (D: farbig) Orthophonie: [k]- Aussprache des <ch> im Wortanlaut vor vorderem Vokal in Lehnwörtern (Chirurg/China usw.); [k]- Aussprache des <g> im Suffix<ig> (wenig, König); Sprechmelodie und Sprachtempo Wortbetonung sind anders Österreichisches Aussprachewörterbuch von Rudolf Muhr Wortbildung: Zusammensetzung:Unterschiede in der Verwendung von Fugenmorphemen –s, Ø oder –e z.B. Rindsbraten (A) – Rinderbraten (D), Fabriksbesitzer (A) – Fabrikbesitzer (D),waagrecht (A) – waagerecht (D); Kein Fugen –n (Toilettetisch, -papier, -artikel); Adverbialsuffix –s (durchwegs, öfters, weiters); substantivische Verkleinerungssuffixe (Diminutivbildung) -erl / -el / -l (z.B. Hendl (A) – Hähnchen (D), Würstel (A) – Würstchen (D), Packerl (A) –Päckchen (D) – Sackerl/Säckchen, Stockerl; Bildung mancher Verben mit dem Suffix –eln (ankreuzeln / ankreuzen) Ilaria Meloni WiSe 2013 Varietäten und Variation im Deutschen Österreichisches Deutsch (7/7) Morphologie: Hilfsverb sein mit sitzen, stehen, liegen, hängen: süddt; A/CH: ich bin gesessen; ich bin gestanden(ich habe gestanden mittel- und norddt) Erzähltempus A: Perfekt (gesprochene Sprache)/Präteritum (geschriebene Sprache); Substantivgenus: die Ausschank (A) – der Ausschank (D); das E-Mail/die E-Mail - D: die E-Mail usw. Substantivplural: (süddt, A, CH) (auch) die Krägen (D. der Kragen/pl. die Kragen); der Wagen/die Wägen (D: Pl: die Wagen), usw. Syntax: …., dass Sie den ganzen Tag arbeiten hat müssen (D, CH: …, dass sie den ganzen Tag hat arbeiten müssen. Pragmatik: A, süddt.: Grüß Gott! - D Guten Tag!; CH: Grüezi!; fam. Servus!; D: Tag! Titel: D: Herr Minister; Frau Präsidentin, M.A. - A: Herr Magister; Frau Magistra Ilaria Meloni WiSe 2013