Modelle der Populationsdynamik

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Modelle der Populationsdynamik
Modelle der Populationsdynamik
Modelle der
Populationsdynamik
•
Modelle der zeitlichen Änderung der Größe von Populationen von
Einzellern, Tieren, Menschen, Pflanzen
•
Beschreibung der Größe einer Population:
- bei größeren Individuen die Anzahl der Individuen N
- bei kleineren Individuen die „Biomasse“ in z.B. kg oder t
- auch möglich durch die „Dichte“ (Biomasse / Volumen), z.B. g/l
•
Folgende Situationen sollen betrachtet werden:
- als einfachster Fall eine isolierte Population
- zwei Populationen, die um gemeinsame Ressourcen konkurrieren
- zwei Populationen, die in einem Räuber – Beute – Verhältnis stehen
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Modelle mit Dgln. (Populationsdynamik)
•
Eine isolierte Population
Eine isolierte Population
Exponentielles Wachstum
Exponentielles Wachstum
Abhängigkeit des Systemverhaltens vom einzigen Modellparameter r :
Je größer r, desto schneller nimmt N zu.
Modellannahme
Konstante relative Wachstumsrate:
1 dN
⋅
=r
N dt
r2 > r1
r > 0 , konstant, reziproke Zeit
N
relative Wachstums rate (relative growth rate)
•
Anfangsbedingung:
•
Lösung der Modell-Differentialgleichung:
ln N
N0 ⋅ e r2 t
ln N0 + r2t
N0 ⋅ e r1 t
N( 0 ) = N0
N ( t ) = N0 ⋅ e r ⋅t
2
ln N0 + r1t
(" Gesetz von Malthus" )
t
Modelle mit Dgln. (Populationsdynamik)
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Modelle mit Dgln. (Populationsdynamik)
t
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Eine isolierte Population
Eine isolierte Population
Logistisches Wachstum
Logistisches Wachstum
Exponentielles Wachstum ist unbeschränkt. Dies ist unrealistisch, da eine
wachsende Population gewisse Ressourcen (z.B. Nahrung, Brutplätze, ...)
benötigt, die nicht unbeschränkt vorhanden sind. Dem entsprechend
beobachtet man oft eine Begrenzung des Wachstum.
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Realistischeres Modell durch Modifikation des Modells des exponentiellen
Wachstums.
• Modellannahme
Relative Wachstumsrate nicht konstant, nimmt vielmehr mit wachsender
Populationsgröße ab:
1 dN
⎛ N⎞
⋅
= r ⋅ ⎜1 − ⎟
N dt
⎝ K⎠
Beispiel: Wachstum
einer Population von
Hefezellen
(Carlson 1913)
r > 0 , reziproke Zeit, heißt jetzt „intrinsische Wachstumsrate“ =
relative Wachstumsrate für N << K
(intrinsic growth rate)
K > 0 , „(tragende) Kapazität“, neuer Modellparameter,
bei N = K ist Wachstumsrate = 0, für N > K sogar negativ
(carrying capacity)
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Eine isolierte Population
Eine isolierte Population
Logistisches Wachstum
Logistisches Wachstum
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Anfangsbedingung:
N ( 0 ) = N0
•
Die Dgl. des obigen Modellansatzes lässt sich analytisch lösen:
N = N0 ⋅
ln N
ln K
ln K/2
N
K
K/2
1
N0 ⎛ N0 ⎞ −r t
+ ⎜1 −
⎟⋅e
K ⎝
K ⎠
t1/2
Logistisches Wachstum („Gesetz von Verhulst und Pearl“)
- Verhulst: 1804 – 1849
- Pearl: 1920 Bevölkerungswachstum in den USA
•
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Eine isolierte Population
Wenn die Populationsgröße die Hälfte der tragenden Kapazität erreicht hat,
ist die Wachstumsrate maximal.
Zu Beginn des Wachstums entspricht das logistische Wachstum einem
exponentiellen Wachstum
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Zwei Arten im Wettbewerb um gemeinsame Nahrung
Logistisches Wachstum
Der Parameter K bestimmt die Populationsgröße, die für t → ∞
angenommen wird und zwar unabhängig von der Anfangsgröße N0,
sofern nur N0 > 0.
Zwei Arten vom gleichen Typ, insbesondere mit gleicher Ernährungsbasis.
Es ergibt sich Kompetition um die gemeinsame Nahrung. Gleiche Situation
auch bei Kompetition zweier Arten um andere gemeinsam beanspruchte
Ressourcen.
N
Modellansatz: - Logistisches Wachstum für jede Art für sich allein
N=K:
Stabiler stationärer Zustand;
stabiler Attraktor –
alle Trajektorien mit N0 > 0
führen nach N = K.
K
t
t1/2
t
- zusätzlich kompetitive Wechselwirkung
Modell von Lotka und Volterra für Zwei-Spezies - Kompetition
⎛ N + α12 ⋅ N2 ⎞ dN2
⎛ N2 + α 21 ⋅ N1 ⎞
dN1
= r1 ⋅ N1 ⋅ ⎜⎜1 − 1
⎟⎟ , dt = r2 ⋅ N2 ⋅ ⎜⎜1 −
⎟⎟
dt
K1
K2
⎝
⎠
⎝
⎠
N=0:
Instabiler stationärer Zustand
t
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Zwei Arten im Wettbewerb um gemeinsame Nahrung
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Diskussion des Systemverhaltens bei den stationären Lösungen.
Ein bewährtes Hilfsmittel hierbei sind die Null-Isoklinen (nullclines). Die NullIsoklinen sind Kurven in der Phasenebene, die von allen durchgehenden Trajektorien in der gleichen Richtung geschnitten werden und zwar
Modell enthält 6 Parameter:
– r1 , r2 : Intrinsische Wachtumsraten der Arten 1 und 2
– K1 , K2 : Tragende Kapazitäten der Arten 1 und 2
– α12
: Kompetitionskoeffizient von Art 2 auf Art 1
– α21
: Kompetitionskoeffizient von Art 1 auf Art 2
α12 , α21 > 0 , dimensionslose Zahlen
Phasenraum:
⎞
⎛ dN
die N1 − Isoklinen ⎜ 1 = 0 ⎟ vertikal,
⎠
⎝ dt
Anfangszustand:
N2
⎞
⎛ dN
die N2 − Isoklinen ⎜ 2 = 0 ⎟ horizontal.
⎠
⎝ dt
Analytische Lösung des Modell-Gleichungssystems gelingt nicht!
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Zwei Arten im Wettbewerb um gemeinsame Nahrung
N1 ( 0 ) = N0 ,1 ; N2 ( 0 ) = N0 ,2
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N1
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Zwei Arten im Wettbewerb um gemeinsame Nahrung
Zwei Arten im Wettbewerb um gemeinsame Nahrung
Ein Schnittpunkt einer N1 - und einer N2 -Isokline ist ein Gleichgewichtspunkt
(stationärer Zustand). Das Gleichgewicht kann stabil oder instabil sein.
⎛ N + α12 ⋅ N2 ⎞
dN1
⎟⎟ = 0
= r1 ⋅ N1 ⋅ ⎜⎜1 − 1
K1
dt
⎝
⎠
⇒
N1 = 0
(N2 - Achse)
N1
N2
+
=1
1
K1
⋅ K1
α12
⎛ N + α 21 ⋅ N1 ⎞
dN2
⎟⎟ = 0
= r2 ⋅ N2 ⋅ ⎜⎜1 − 2
dt
K2
⎝
⎠
⇒
N2 = 0
N1
1
α 21
Modelle mit Dgln. (Populationsdynamik)
⋅ K2
Stationäre Zustände:
1) N1 = K1 , N2 = 0
2) N1 = 0 , N2 = K 2
3) Falls sich die beiden Geraden im 1. Quadranten schneiden,
ein weiterer stationärer Zustand [N1*, N2 * ]
(Gerade mit Achsenabs chnitten
N1 = K1 , N2 =
1
α12
⋅ K1 )
N2
(N1 - Achse)
+
N2
=1
K2
(Gerade mit Achsenabs chnitten
N1 =
1
α 21
⋅ K 2 , N2 = K 2 )
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N1
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Zwei Arten im Wettbewerb um gemeinsame Nahrung
α 21
K2
<
1
K1
Schwacher kompetitiv er Einfluss von Art 1 auf Art 2
>
1
K1
Starker kompetitiv er Einfluss von Art 1 auf Art 2
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Kombination der verschiedenen Möglichkeiten:
Eine Art „stark“, die andere „schwach“: Die Geraden schneiden sich nicht im
1. Quadranten. Die „starke“ Art überlebt, die „schwache“ stirbt aus.
1
α
Einfluss der Art 1 auf sich selbst, 21 Einfluss von Art 1 auf Art 2
K1
K2
K2
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N1
Zwei Arten im Wettbewerb um gemeinsame Nahrung
Stabilitätsuntersuchungen zeigen, dass es zweckmäßig ist, den kompetitiven
Einfluss einer Art auf die andere zu charakterisieren:
α 21
N2
Charakterisierung für Art 2 analog.
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Zwei Arten im Wettbewerb um gemeinsame Nahrung
Modelle mit Dgln. (Populationsdynamik)
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Zwei Arten im Wettbewerb um gemeinsame Nahrung
Kombination der verschiedenen Möglichkeiten:
Kombination der verschiedenen Möglichkeiten:
Beide Arten „schwach“:
Schnittpunkt im 1. Quadranten existiert
und dieser Zustand ist stabil.
Zustand der Koexistenz beider Arten.
Beide Arten „stark“:
Zwar schneiden sich die Geraden
im 1. Quadranten, aber dieser stationäre
Zustand ist instabil. Nur eine Art überlebt.
Welche, hängt von den
Anfangsbedingungen ab (Startchancen).
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Zwei Arten im Räuber - Beute – Verhältnis
Zwei Arten im Räuber - Beute – Verhältnis
Modell enthält 4 Parameter, alle > 0:
• rx , ry : Intrinsische Wachstumsraten der Beute und der Räuber
• a
: Einfluss der Räuber auf das Wachstum der Beute
• b
: Einfluss der Beute auf das Wachstum der Räuber
Klassisches Modell von Lotka und Volterra 1925/26 (Fische der Adria)
Für völlig verschiedene Arten auch unterschiedliche Symbole:
• Populationsgröße der Beute: x
• Populationsgröße der Räuber: y
Modellansatz:
• Beute wächst exponentiell bei Abwesenheit der Räuber
• Räuber sterben exponentiell aus bei Abwesenheit der Beute
• Räuber reduzieren das Wachstum der Beute proportional zu x ⋅ y
• Beute fördert das Wachstum der Räuber proportional zu x ⋅ y
Beute ohne Räuber:
y =0,
dx
= rx ⋅ x ⇒
dt
exponentielles Wachstum: x = x0 ⋅ e r x ⋅t
Räuber ohne Beute:
dx
= x ⋅ (rx − a ⋅ y ) ,
dt
dy
= y ⋅ (− ry + b ⋅ x )
dt
x =0,
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Zwei Arten im Räuber - Beute – Verhältnis
vertikale Gerade
x=
b
y
dy
=0
dt
S
rx / a
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x,y
Beute x
Räuber y
30
40
50
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Erweiterungen des Lotka-Volterra-Modells sind sinnvoll.
Z.B. nimmt das Lotka-Volterra-Modell an, dass die Pro-Kopf-Fressrate der
Räuber proportional zur vorhandenen Menge an Beute ist. Bei großem
Nahrungsangebot ist diese Annahme nicht realistisch, da die Fressrate
begrenzt ist. Dies kann im Modell durch einen Sättigungsterm für die Fressrate
berücksichtigt werden.
t
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Am Modell können Eingriffe in das System diskutiert weden:
a) Vertilgt man Räuber wie Beute proportional zur jeweiligen Populationsgröße
(Wachstumsrate rx der Beute verkleinern, Wachstumsrate ry der Räuber
vergrößern), so verschiebt sich der stationäre Punkt in Richtung einer
größeren Beute- und einer kleineren Räuberpopulation.
b) Vermehrter Schutz der Beute (a und b verkleinern) lässt Beute und Räuber
zunehmen.
5
20
10
Zwei Arten im Räuber - Beute – Verhältnis
15
10
5
Beute x
20
10
0
x
x(t) und y(t) sind periodische Zeitfunktionen.
x-Maxima (Beute) liegen früher als y-Maxima (Räuber).
0
5
dx
=0
dt
Zwei Arten im Räuber - Beute – Verhältnis
0
10
0
ry / b
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rx
a
ry
Die Null-Isoklinen schneiden sich
⎡r r ⎤
im stationären Punkt S = ⎢ y , x ⎥
⎣b a⎦
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Räuber y
dy
=0 ⇒
dt
− r y ⋅t
Trajektorien sind geschlossene Kurven, die den stationären Punkt S
im Gegenuhrzeigersinn umlaufen.
Null-Isoklinen:
horizontale Gerade y =
exponentielles Aussterben: y = y 0 ⋅ e
Zwei Arten im Räuber - Beute – Verhältnis
Bestimmung der stationären Zustände als Schnittpunkte der Null-Isoklinen.
dx
=0 ⇒
dt
dy
= − ry ⋅ y ⇒
dt
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