Historischer Kontext I. Hintergründe des Spanischen Bürgerkrieg
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Historischer Kontext I. Hintergründe des Spanischen Bürgerkrieg
Der Spanische Bürgerkrieg und die Bombardierung Guernicas A - Historischer Kontext I. Hintergründe des Spanischen Bürgerkriegs Seinen Beginn fand der Spanische Bürgerkrieg (1936 - 1939) in einem Putsch von Teilen des spanischen Militärs am 17./18. Juli 1936. Er richtete sich gegen die am 14. April 1931 ausgerufene Zweite Spanische Republik und hatte das Ziel, die konsolidierte Massendemokratisierung Spaniens zu verhindern. Seit Beginn des 20. Jahrhunderts befand sich Spanien in einem Prozess des wirtschaftlichen, sozialen und politischen Wandels, zu dem verschiedene gesellschaftliche Gruppen ganz unterschiedliche Einstellungen hatten. In den sich wirtschaftlich modernisierenden urbanen Räumen wie Barcelona, Sevilla oder Saragossa entwickelten sich neue gesellschaftliche Gruppen, darunter gut ausgebildete Selbstständige und Industriearbeiter. Gleichzeitig entstanden dort neue liberale Ideen und Einstellungen, die auch politische Mitbestimmungsrechte beinhalteten. Im Gegensatz zu den Städten beruhte das Gemeinwesen im ländlichen, äußerst stark vom Katholizismus geprägten, Spanien weiterhin auf Traditionen und Bräuchen sowie der Identifikation mit der Monarchie. Die modernen Entwicklungen in den Ballungsgebieten wurden von den religiösen Kleinbauern, den Großgrundbesitzern, dem Militär und dem Klerus selbst als Bedrohung wahrgenommen. Auch wenn es sich hierbei um geographisch trennbare Grundströmungen handelte, waren die Einstellungen und Perzeptionen innerhalb der einzelnen geografischen Räume und gesellschaftlichen Gruppen nicht vollständig homogen. Es gab sehr wohl auch innerhalb einzelner Gemeinden Konflikte bezüglich des richtigen Wegs für die Zukunft. Nachdem 1931 die Spanische Republik ausgerufen wurde, verfolgte die erste Regierung, bestehend aus den Republikanern und Sozialisten, das Ziel, das Land und die spanische Gesellschaft grundsätzlichen Reformen zu unterziehen, beispielsweise den Einfluss des Militärs zu begrenzen und das enge Verhältnis von Staat und Kirche zu lösen. Dies rief neben dem Widerstand der Kirche auch die Opposition der religiösen Landbevölkerung hervor. Die geplante Bodenreform wiederum rief den Widerstand der Großgrundbesitzer hervor. Das Militär wollte die geplante Kontrolle durch die Verfassungsorgane nicht akzeptieren. Dieses hatte sich in den vorangegangenen Jahren zu einem mächtigen innenpolitischen Akteur entwickelt. Seit dem Verlust der spanischen Überseekolonien 1898 war das spanische Offizierskorps ohne außenpolitische Funktion und stark überdimensioniert. Es hatte nach einer neuen Rolle gesucht und entwickelte dabei ein Selbstbild als Wächter der Einheit Spaniens. Diese sahen sie genauso wie die eigene Machtstellung durch die republikanische Regierung bedroht. Nicht zuletzt wegen dieses breiten Widerstands gelang es der Regierung nicht, die weitreichenden Reformen umzusetzen. Auch aufgrund des Ausbleibens tiefgreifender politischer und gesellschaftlicher Veränderungen zugunsten weiter Teile der in der Vergangenheit benachteiligten Gesellschaftsgruppen gewannen 1933 die Konservativen die Wahlen und stellten jegliche Reformbemühungen ein. Das linke Lager kam in der Folge zu der Erkenntnis, dass es zukünftig nur mit Geschlossenheit politisches Gewicht entfalten könne und gründete ein Wahlbündnis der fortschrittlichen Kräfte, das sich ausdrücklich der Wiederaufnahme der Reformpolitik verschrieb. Dem Bündnis gelang es 1936, den Wahlsieg davonzutragen. Wenige Monate später griff das spanische Militär, unterstützt von den spanischen Faschisten, ein und zettelte den Putsch gegen die demokratisch gewählte Regierung an. Die Putschisten gaben vor, eine „Revolution“ aufhalten und den Bolschewismus bekämpfen zu wollen. Letztlich ging es ihnen aber darum, jene Reformen zu verhindern, die das rechtskonservative Lager zuvor mit legalen Mitteln nicht zu verhindern imstande war. Es entluden sich in dem Bürgerkrieg dann jene Spannungen und Konflikte, die sich in den vorherigen Jahrzehnten aufgebaut hatten. „Der Staatsstreich löste in Wahrheit eine Reihe von Kulturkämpfen aus, in denen die moderne Großstadtkultur gegen den ländlichen Traditionalismus, säkulares Denken gegen Religion, autoritäres gegen politisch liberales Denken, das Zentrum gegen die Peripherie, die ‚neue Frau’ gegen das traditionelle Rollenbild der Geschlechter standen, ja sogar Jung gegen Alt, denn es herrschte auch ein Generationenkonflikt“ (Graham 2008: 16). Quelle: Graham, Helen (2008): Der Spanische Bürgerkrieg. Stuttgart: Reclam. S. 15-40 Nach drei Jahren eines überaus brutalen und blutigen Krieges konnten die Nationalisten - das Lager der Militärputschisten, Faschisten und Rechts-Konservativen - den Bürgerkrieg für sich entscheiden. Eine zentrale Rolle spielte hierbei der Anführer der „Africanistas“, der spanischen Afrika-Armee, und spätere Diktator Spaniens, General Francisco Franco. Dieser startete mit Beginn des Militärputsches einen Eroberungsfeldzug aus Nordafrika und landete mit seinen Truppen Ende Juli 1936 im Süden des spanischen Festlandes. Von dort aus bewegten sich Francos Truppen in Richtung Madrid und fielen durch außerordentliche Gewalttätigkeit auf. In den eroberten Gebieten wurde systematisch gemordert und gefoltert, Frauen die Köpfe rasiert und vergewaltigt. Auch Massenhinrichtungen waren an der Tagesordnung. Zum großen militärischen Erfolg Francos und der übrigen Putschisten hatte auch beigetragen, dass sie in dem Krieg frühzeitig technisch-militärische und Truppen-Unterstützung von den faschistischen Regimen in Deutschland und Italien erhielten. Hitler und Mussolini standen den Putschisten ideologisch sehr nah. Zusätzlich erhofften sie sich eine Verschiebung der Machtverhältnisse in Europa zu ihren Gunsten. Vor allem die Einsätze der deutschen und italienischen Luftwaffe brachten den Putschisten entscheidende Vorteile. Quelle: Graham, Helen (2008): Der Spanische Bürgerkrieg. Stuttgart: Reclam. S. 51-65) weitere Literatur zum Thema: Bernecker, Walther L./ Brinkamnn, Sören (2007): Kampf der Erinnerungen. Der Spanische Bürgerkrieg in Politik und Gesellschaft. 1936 – 2006. 3. Auflage. Nettersheim: Graswurzelrevolution. Collado Seidel, Carlos (2010): Der Spanische Bürgerkrieg. Geschichte eines europäischen Konflikts. 2. Auflage. München: C.H. Beck. II. Die Bombardierung der Stadt Guernica Im Mittelalter wurde die Stadt Guernica zu einem politisch bedeutenden Ort der Basken und zugleich zentralen Ort der baskischen Identität. Dank der mit dem König von Kastillien ausgehandelten lokalen Sonderrechte sowie politischen und wirtschaftlichen Privilegien, festgeschrieben in den sogenannten „fueros“, konnte sich Guernica in jener Zeit zu einem strategischen und wirtschaftlichen Zentrum im Baskenland entwickeln. In Guernica kamen regelmäßig die Stadträte an einem berühmten Eichenbaum zusammen. Im 19. Jahrhundert schloss sich ein Großteil der baskischen Bevölkerung - vor allem im ländlichen Raum der karlistischen Bewegung an, die eine politisch-religiöse Ideologie zur Verteidigung der Tradition in Spanien propagierte. Die Intellektuellen der Stadt Guernica schufen ein neues, radikaleres Selbstbild der Basken, das sie mit ihrer eigenen Sprache, rassischer Besonderheit und ihrer historischen, politischen Autonomie begründeten und das der gezielten Abgrenzung zu den Spaniern dienen sollte. 1876 verloren die Basken ihre Sonderstatuten. Während sich das andere urbane Zentrum im Baskenland, Bilbao, im späten 19. und frühen 20. Jahrhundert zu einer liberaleren Stadt entwickelte, wurde Guernica zum Zentrum des baskischen Nationalismus, des Protests und der Konfrontation. Seitdem repräsentierte die Stadt nicht nur das „Baskentum“ oder eine baskische ethnische Identität, sondern auch dessen politischen Ausdruck, den baskischen Nationalismus. Quelle: Raento, Pauliina/ Watson, Cameron J. (2000): Gernika, Guernica, Guernica? Contested meanings of a Basque place. In: Political Geography 19, S. 707-736. Im Falle Guernicas „war das strategische Hauptziel des Angriffs nicht etwa ein militärisches, sondern die völlige Demoralisierung der Bevölkerung. Die Zerstörung der Stadt Guernica hatte vor allem das Ziel, den baskischen Widerstand zu brechen.“ Quelle: Graham, Helen (2008): Der Spanische Bürgerkrieg. Stuttgart: Reclam. S. 106. Am 26. April 1937 wurde Guernica auf Anforderung der spanischen Miltitärputschisten unter der Führung von General Franco durch Luftangriffe der deutschen Legion Condor und der italienischen Luftwaffe vollständig zerstört. Gegen vier Uhr morgens warf das erste Kampfflugzeug einige Bomben ab, 15 Minuten später folgte eine Formation von drei Kampfbombern. Die systematische Bombardierung Guernicas dauerte in der Folge über drei Stunden an. Die Zerstörung der Stadt hatte so ein Ausmaß angenommen, dass die Bombardierung als erstes Experiment der totalen Kriegsführung in die Geschichte eingegangen ist. Quelle: http://www.museodelapaz.org/en/docu_bombing.php B - Rechtliche und politische Aufarbeitung I. Spanischer Bürgerkrieg Nach dem Ende des Bürgerkrieges errichteten die siegreichen Nationalisten um General Franco ihre faschistische Diktatur, gestützt auf Terror, Propaganda und die alleinige Deutungshoheit über die Vergangenheit. Raum für eine objektive Aufarbeitung des von den Bürgerkriegsparteien verübten Unrechts oder gar eine Aussöhnung gab es nicht. So konnten die tiefen Wunden, die der spanischen Gesellschaft zwischen 1936 und 1939 zugefügt wurden, und zu denen während der Franco-Diktatur noch zahlreiche hinzukamen, lange nicht verheilen – Schätzungen gehen davon aus, dass während des Krieges und der Franco-Diktatur etwa eine Million Menschen ermordet, vertrieben oder inhaftiert wurden. Bis heute wurden die tiefen gesellschaftlichen Gräben, entstanden im Bürgerkrieg und während der franquistischen Herrschaft, nicht vollends überwunden. Auch nach dem Tod Francos 1975 und der einsetzenden Demokratisierung Spaniens setzte keine wirkliche Aufarbeitung der Vergangenheit ein. Über allem stand die Angst, die demokratische Konsolidierung durch die Thematisierung der Geschichte und Klärung von Schuldfragen zu gefährden, und gar die Angst vor einem neuen Bürgerkrieg, nicht zuletzt geschürt von den Anhängern Francos über dessen Tod hinaus. Die neue politische Klasse und der spanische König schienen deshalb eher an einem Schlussstrich interessiert, was sich beispielsweise bereits in der Amnestieregelung von 1976/1977 manifestierte. Die Thematisierung der im Bürgerkrieg und während der Diktatur verübten Verbrechen fand, wenn überhaupt, für viele Jahre nur in der privaten Sphäre statt. Ende der 1990er Jahren gab es erste zivilgesellschaftliche Bemühungen, das zu Bürgerkriegszeiten und während des Franco-Regimes verübte Unrecht aufzuklären, aufzuarbeiten und den Opfern Genugtuung zu verschaffen. So gründete sich 2000 die nicht-staatliche Asociación para la Recuperación de la Memoria Histórica (ARMH) – die Vereinigung zur Wiedergewinnung des historischen Gedächtnis –, die nach Massengräbern forschte und sich für die Exhumierung der sterblichen Überreste von Opfern einsetzte. Erste politische Initiativen in Richtung Vergangenheitsbewältigung scheiterten hingegen zunächst am Widerstand der konservativen Partido Popular, die zu jener Zeit die spanische Regierung stellte und noch diverse ehemalige Franquisten beheimatet(e). Erst mit dem Wahlsieg der sozialistischen Arbeiterpartei PSOE im Jahre 2004 wurde dem Verlangen von weiten Teilen der Zivilgesellschaft nach einer offiziellen Aufarbeitung von Bürgerkrieg und franquistischer Diktatur Rechnung getragen. Die Regierungskommission zur Wiederherstellung der Würde und Erinnerung der Opfer des Franquismus (Comisión para reparar la dignidad y restituir la memoria de las víctimas del franquismo) wurde zur Ausarbeitung eines Gesetzes zur historischen Erinnerung (Ley de la memoria histórica de Espana) eingesetzt, welches 2007 in Kraft trat. Das Gesetz beinhaltete beispielsweise Regelungen zur Wiedergutmachung, Öffnung des Bürgerkriegsarchives und Schließung des „Valle des los Caídos“, der zentralen franquistischen Gedenkstätte. Stellt jenes Gesetz zwar einen wichtigen Schritt für die Auseinandersetzung mit der Geschichte gegen das Vergessen in Spanien dar, so hebt es nicht die alten Amnestieregelungen auf und sieht dementsprechend keine Strafverfolgung für vor 1975 begangene politische Verbrechen vor. Quelle: Mihr, Anja (2010): Francos langer Schatten – Aufarbeitung, Erinnern und Demokratie in Spanien. In: Kissel, Wolfgang/ Liebert, Ulrike (Hg.): Perspektiven einer europäischen Erinnerungsgemeinschaft. Nationale Narrative und transnationale Dynamiken seit 1989. Berlin, Münster: LIT Verlag. S. 127-143. II. Bombardierung Guernicas 1980, fünf Jahre nach dem Ende der Franco-Diktatur, wandte sich der damalige Bürgermeister von Guernica, Dumixi Abaitua, im Namen des gesamten Stadtrates in einem Brief an den damaligen deutschen Bundeskanzler Helmut Schmidt. Darin bat er – nachdem er die Verantwortung der deutschen Legion Condor für die Zerstörung Guernicas 1937 festgestellt hatte – darum, „dass das deutsche Volk dem baskischen Volk einen Beweis der Freundschaft und der Großzügigkeit liefert“. Zur Ausgestaltung dieses „Aktes der Freundschaft“ äußerte der Stadtrat von Guernica folgenden Bitten: 1. „Finanzierung der städtebaulichen Maßnahmen, die für die Stadt Guernica nötig sind, um ihrer historischen Aufgabe als Zentrum der baskischen Demokratie voll gerecht werden zu können. 2. Bau und Finanzierung eines Krankenhauses als Ersatz für das Krankenhaus, das bei der Bombardierung, die zudem zahlreiche Opfer forderte, zerstört wurde. 3. Schaffung eines baskischen Kultur- und Forschungsinstituts (…), da die baskische Sprache und Kultur unter dem diktatorischen Regime, das wir erdulden mussten, heftig verfolgt wurden. 4. Studienstipendien für junge Basken, die in Deutschland, sowie für junge Deutsche, die im Baskenland studieren wollen, um so auf wirkungsvolle Art und Weise das gegenseitige Verständnis und die gegenseitige Freundschaft zu fördern.“ (abgedruckt in: Bastian, Gert/ Kelly, Petra (Hg.) (1992): Guernica und die Deutschen. Dokumentation einer gescheiterten Wiedergutmachung. Hamburg, Zürich: Luchterhand. S. 88f.) Am 27. April 1997 schließlich – und damit 60 Jahre nach der Bombardierung Guernicas sowie 17 Jahre nach dem Gesuch des Stadtrates an die Bundesregierung – richtete sich der damalige Bundespräsident Roman Herzog in einem Grußwort an die Opfer des Luftangriffes. Darin erkennt Herzog ausdrücklich die Schuld der beteiligten deutschen Flugzeuge an, drückt den Überlebenden sein Beileid und Schmerz aus und reicht ihnen seine Hand zur Versöhnung. 1998 entschuldigte sich auch der Bundestag für die Zerstörung Guernicas, nachdem er dies noch am 24. April 1997 abgelehnt hatte. Dies bildete den Schlusspunkt eines 17 Jahre währenden konfliktreichen Dialogs zwischen der Stadt Guernica und der deutschen Regierung sowie vor allem auch innerhalb der deutschen politischen Klasse (Regierung, Parlament, Parteien). Die Lektüre der Dokumente (Briefe, Parlamentsanträge – und debatten) veranschaulicht, dass die Beurteilung der Vergangenheit oftmals von gegenwärtigen Motivationen beeinflusst wird und dass selbst dann, wenn Einigkeit über historische Fakten besteht, sich moralische, rechtliche und politische Verantwortung sich nicht immer decken. Die Auseinandersetzung ist in den Büchern von Gert Bastian und Petra Kelly (Guernica und die Deutschen. Dokumentation einer gescheiterten Wiedergutmachung. Hamburg, Zürich: Luchterhand.1992) und von Michael Kasper (Gernika y Alemania. Historia de una reconciliación. Bilbao: Bakeaz. 2002) dokumentiert. C - Kulturelle Repräsentation I. Spanischer Bürgerkrieg Seit Ende der 90er Jahre ist der Bürgerkrieg verstärkt Thema in der spanischen Literatur und im Film. Exemplarisch werden an dieser Stelle zwei Werke vorgestellt: 1. „Soldaten von Salamis“ (Buch von Javier Cercas, Berlin Verlag 2002) Inhalt: „Im Mittelpunkt steht die reale Figur eines führenden Mitglieds der faschistischen Partei Falange, dem – der Erschießung knapp entgangen – ein zweites Mal von einem republikanischen Milizionär das Leben geschenkt wird. Die fiktive Rahmenhandlung in der Gegenwart bildet die Recherchearbeit eines Journalisten, der sich – fasziniert von dieser Randepisode des Krieges – auf die Suche nach dem einstigen Lebensretter begibt und dessen Verliererschicksal als Parallele zu jenem des Falangeführers rekonstruiert. Bis zum Frühjahr 2004 war das Buch in der 33. Auflage bereits über 400.000 mal verkauft worden.“ Quelle: Bernecker, Walther L./ Brinkamnn, Sören (2007): Kampf der Erinnerungen. Der Spanische Bürgerkrieg in Politik und Gesellschaft. 1936 – 2006. 3. Auflage. Nettersheim: Graswurzelrevolution. S.307. 3. „La lengua de las mariposas“ (Film von José Luis Cuerda, 1999; basierend auf der gleichnamigen Kurzgeschichte des spanischen Autors Manuel Rivas) Inhalt: „Die Republik ist noch jung, als der kleine Moncho eingeschult wird, und beide sind sie schwach. Moncho, weil er an Asthma leidet und lange das Bett hüten mußte und die spanische Republik weil ihre Gegner beim Militär und beim Establishment zahlreich und stark sind. Moncho lernt bald, sich in seiner Klasse zu behaupten. Er findet heraus, dass der Lehrer gar nicht schlägt, wie er immer geglaubt hatte und im Gegenteil gewaltlose und moderne Erziehungsmethoden anwendet. Der Lehrer ist obendrein Republikaner, was bald zu einer Freundschaft mit Monchos Vater, der seine politischen Ansichten teilt, führt. Weil er klug und neugierig ist, wird die Schule bald zum reinen Vergnügen für Moncho. Mit dem Lehrer versteht er sich immer besser. Die beiden unternehmen zusammen Ausflüge, um die Natur zu entdecken. Moncho erstarkt, aber die Republik gerät immer mehr in Schwierigkeiten. Der Film zeigt sehr schön die Kluft zwischen den beiden Seiten Spaniens, Republikaner und ihre Gegner, auch in der Bevölkerung des kleinen Heimatorts von Moncho. Im Film reicht die Kluft bis in die Familie Monchos, die Mutter ist religiös und gegen die Republik und spürt, dass der Wind bald wieder aus einer anderen Richtung blasen wird. Dementsprechend verhält sie sich. Als der Widerstand des Militärs offen ausbricht, beugt sich auch der Vater gegen seine Überzeugung seiner Frau und den Verhältnissen.“ Quelle: http://roman-film.de/la_lengua_de_las_mariposas.html II. Bombardierung Guernicas 1. Pablo Picasso: La Guernica Der Maler Pablo Picasso erhielt von der spanischen republikanischen Exilregierung den Auftrag, ein Gemälde für den spanischen Pavillon der Weltausstellung 1937 in Paris anzufertigen. Wenige Tage nach der Bombardierung der Stadt Guernicas entschloss sich Picasso dazu, das 7,7 x 3,4 Meter große Wandgemälde „La Guernica“ zu malen. Es zeigt das Leid und den Schrecken des Krieges. „Guernica“ gilt als eines der berühmtesten Bilder der Moderne und als Symbol gegen den Terror des Krieges. (abrufbar unter: http://www.artchive.com/artchive/p/picasso/guernica.jpg) D - Öffentliche Debatten I. Die (deutsche) Debatte nach Bundeswehr-Anzeige 1990 Anlässlich einer 1990 erschienenen Anzeige der Bundeswehr, die Picassos Bild „Guernica“ mit der Bildunterschrift „Feindbilder sind die Väter des Krieges“ sowie einem begleitenden Text zeigt, und einer Aufsehen erregenden Rede von Günter Grass ist in Deutschland eine Debatte über die Zulässigkeit der Verwendung des Gemäldes in jenem Kontext entbrannt. Neben Fachleuten, Politikern und Literaten beteiligten sich auch „einfache“ Bürger in Leserbriefen an der Debatte. Unter der Überschrift „Das geschändete Bild“ dokumentieren Gert Bastian und Petra Kelly in Kapitel drei ihres Buches „Guernica und die Deutschen. Dokumentation einer gescheiterten Wiedergutmachung“ die Debatte: Dr. Dr. Juan Gutiérrez, Koordinator des Friedensforschungszentrums von Guernika, schreibt am 23. Oktober 1990 in einem Brief an den deutschen Verteidigungsminister: „(...) „Guernica“ ist eine Anklage gegen den Krieg und gegen die Zerstörung. Daraus ein Werbeobjekt für eine militärische Kraft zu machen, ist keine Lappalie, sondern eine schwerwiegende Manipulation, da die Bundeswehr in ihrer Traditionspflege verpflichtet ist, zur Legion Condor kritisch Stellung zu nehmen. (…)“ Am 7. November 1990 verfasst das Bundesverteidigungsministerium eine Antwort und versucht die Motivation für die Anzeige zu erklären. Darin heißt es unter andererem: „Wie die gesamte Anzeigenlinie verfolgt auch dieses Motiv die Absicht, zu kritischen Auseinandersetzung mit dem Thema Friedenssicherung anzuregen. Kaum ein anderes Bild hat jemals so gnadenlos die Schrecken des Krieges dargestellt. (…) Sie haben recht, dieses „Guernica“ spricht auch von deutscher Schuld. Aber es genügt nicht, bei dieser Feststellung stehenzubleiben. Wir müssen beim Betrachten des Bildes auch fragen lernen, wie es möglich war, daß damals überhaupt Feindbilder aufgebaut werden konnten, die einem Regime wie dem der Nationalsozialisten eine Chance gegeben, Guernica ins Verderben und die Welt in einen Krieg gestürzt haben, und wie ähnliches in Zukunft verhindert werden kann. Dazu und zu nichts anderem soll die Kampagne auffordern. (...)“ Schon am 17. September 1990 hatte die IG Medien einen offenen Brief an das Streitkräfteamt die Kampagne heftig kritisiert: „(...) Wir jedoch protestieren gegen diese böswillige Form der Benutzung von künstlerischer Kultur und Abstemplung des Künstler Picasso zum Kriegstreiber. (…)“ Am 8. März 1991 machte sogar der Schriftsteller Günter Grass die Bundeswehr-Anzeige zum Thema einer Rede vor dem damaligen Bundespräsidenten Richard von Weizsäcker: „(...) Doch nichts, keine Zeile erklärt dem Leser dieser Anzeige, warum Picassos „Guernica“ exemplarisch als Feindbild zu taugen hat. Unterschlagen wird der Anlaß für die Entstehung des Bildes. Ignoriert wird, daß kein Feind, wohl aber dessen schreiende Opfer zum Bild wurden. Durch Verschweigen wird weggelogen, daß es deutsche Piloten, Flugzeuge, Bomben und Maschinengewehrgeschosse gewesen sind, die die baskische Stadt Guernica zerstört und 1654 Bürger ermordet haben; keine Fußnote will den Namen der kriminellen Vereinigung, der Legion Condor, preisgeben. Schamlos und nach üblem Vorbild wird getextet. Indem die Bundeswehr Picassos Bild schändet, kehrt sich ihr Harmlosigkeit suggerierender Text ins Gegenteil: Er konstruiert ein Feindbild und bedient sich jener Methoden, die unter der Herrschaft des Faschismus und Stalinismus Praxis gewesen sind. (…) Indem ich Richard von Weizsäcker bitte, den Bundesverteidigungsminister aufzufordern, sich bei den Bürgern der Stadt Guernica zu entschuldigen, erwarte ich nicht viel (…), wohl aber, daß der höchste Repräsentant der Bundesrepublik Deutschland sein Amt wahrnimmt. Ein Brief des Bundespräsidenten an Günter Grass wurde zum Abdruck nicht freigegeben. Am 23. März 1991 bringt der Stadtrat von Gernika seine Empörung zum Ausdruck und bekundet: „1. daß er die Benutzung des Bildes „Guernica“ für jegliche Militärpropaganda schärfstens verurteilt, 2. daß „Guernica“ weiterhin das Symbol bleibt, das dazu beitragen möge, den Frieden in der Welt zu verbreiten, und fordert 3. daß die deutsche Armee eine Reproduktion von „Guernica“ in der gleichen Form und Größe wie die schon reproduzierte publizieren möge, deren Begleittext erklärt, daß das Bild die Zerstörung Gernikas und den Tod vieler Unschuldiger darstellt, wofür die deutsche Legion Condor verantwortlich ist.“ Dr. Dr. Juan Gutiérrez, Koordinator des Friedensforschungszentrums von Guernika, dankt Günter Grass in einem Brief vom 24. März 1991 für dessen „mutigen, würdigen und herausfordernden Auftritt vor dem Bundespräsidenten. (…) Ihre Worte (…) haben ein gutes Echo in der spanischen Öffentlichkeit gefunden und keine geringere Instanz als die Vertretung von Gernika in Zugzwang versetzt. Gestern hat das Plenum des Rathauses den Mißbrauch seitens der Bundeswehr verurteilt (...)“. Auswahl von Leserbrief-Zitaten in DIE ZEIT von März/April 1991: „(...) Für Grass steht fest, daß sich „Feindbild“ eben auf „Guernica“ bezieht: eine höchst fragwürdige Lesart, zeigt das Bild doch nichts, was sich als bildliche Verkörperung des Feindes, die üblicherweise böse, bedrohlich ist, eignen würde. (...)“ Ulrich Nill, Stuttgart „(...) Daß dieses erschütternde Bild als Versuch gedeutet werden könnte, ist uns absurd vorgekommen. Das war ein Fehler, und Fehler gesteht man ein. Aber war es auch ein Fehler, das Feindbilddenken in seiner ganzen Gefährlichkeit, sichtbar gemacht an seinen Ergebnissen, anzuprangern? Wer den Text von Günter Grass liest, sucht vergeblich nach jener Trennungslinie, die wir ziehen müssen, wenn uns der innere Frieden etwas wert ist. (...)“ Dr. Graf Schweinitz, (Bundesministerium der Verteidigung), Bonn „In einer Zeit, da lange gepflegte Feindbilder auf dem Müll der Geschichte gelandet sind, überrascht es doch – oder nicht? -, daß Günter Grass noch eins hat: die Bundeswehr. Wie kann es sonst sein, daß er auf die Anzeige mit dem Guernica-Bild mit fingerspitzer Moral davon ausgeht, daß außer ihm kein Mensch Sinn und Geschichte dieses Bildes kenne und daß demgemäß auch nur seine böswillige Interpretation zu vollziehen sei. (...)“ Hans Jungjohann, Kiel „Sehr geehrter Herr Grass, für Ihren Guernica-Artikel in der ZEIT möchte ich mich als Kunsthistorikerin und Generaldirektorin der Kölner Museen sehr herzlich bedanken. Sie bemängeln zu Recht, dass die offizielle Kunstgeschichte sich dazu nicht geäußert hat. (…)“ Hiltrud Kier, Köln „Sehr geehrter Herr Grass, (…) habe ich entnommen, daß Sie Herrn Bundesverteidigungsminister Dr. Stoltenberg aufgefordert haben, sich bei der Stadt Gernika (…) zu entschuldigen. Im Namen der Stadt Pforzheim, die seit 26.2.1989 mit Gernika im Rahmen einer Städtepartnerschaft freundschaftlich verbunden ist, darf ich Ihnen für dieses Engagement meinen herzlichen Dank aussprechen. (…)“ Dr. Joachim Becker, Oberbürgermeister der Stadt Pforzheim In dem Beitrag „Erneut Guernica-Geschwätz“ wirft der damalige Vorsitzende des Verbandes deutscher Soldaten e.V., Dr. Jürgen Schreiber, Generalmajor a.D., Günter Grass vor, die wahren historischen Fakten zum Luftangriff auf Guernica nicht zu kennen: „Eigentlich wollte ich nichts mehr über Guernica, (…), schreiben, denn das, was dort (…) am 26. April 1937 passierte, sollte eigentlich ausdiskutiert sein. (…) Woran ich mich stoße, ist, daß dieser Mann [Günter Grass] mit dem Anspruch des rigorosen Moralisten Dinge behauptet, die keine Fakten, sondern teils Lügen, teils Übertreibungen und Verzerrungen sind. (…)“ Quelle: Bastian, Gert/ Kelly, Petra (Hg.) (1992): Guernica und die Deutschen. Dokumentation einer gescheiterten Wiedergutmachung. Hamburg, Zürich: Luchterhand. S. 88f.