8. Arbeitsrecht und Geschäftsführer- anstellung

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8. Arbeitsrecht und Geschäftsführer- anstellung
Auszug aus "Systematischer Praxiskommentar GmbH-Recht", 1. Auflage 2009
Kreilinger
8. Arbeitsrecht und Geschäftsführeranstellung
Literatur
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Gottwald, Insolvenzrechts-Handbuch, 3. Auflage 2006; Gravenhorst, Das Anstellungsverhältnis des GmbHGeschäftsführers nach seiner Abberufung, GmbHR 2007, 417; Groß, Das Anstellungsverhältnis des GmbHGeschäftsführers im Zivil-, Arbeits- Sozialversicherungs- und Steuerrecht, 1987; Haase, Der Erholungsurlaub depss
Geschäftsführers einer GmbH aus rechtlicher Sicht, GmbHR 2005, 265 (Teil 1) und 338 (Teil 2); Habersack/Verse,
Rechtsfragen der Mitarbeiterbeteiligung im Spiegel der neueren Rechtsprechung, ZGR 2005, 451; Heilmann,
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Organmitgliedern juristischer Personen, in: Dieterich u.a. (Hrsg.), Festschrift für Marie Luise Hilger und Hermann
Stumpf, 1983, S. 365; Jula, Der GmbH-Geschäftsführer, 2. Auflage 2007; Kitzinger, Der GmbH-Geschäftsführer zwischen Arbeits- und Gesellschaftsrecht, 2001; Lieb, Der GmbH-Geschäftsführer in der Grauzone zwischen Arbeitsund Gesellschaftsrecht, 1987; Münchener Handbuch zum Arbeitsrecht, hrsg. von Richardi/Wlotzke, Band 1, Individualarbeitsrecht, 2. Auflage 2000 (zitiert: MüHdb-ArbR/Bearbeiter); Oberrath, Anwendung von Arbeitsrecht auf den
GmbH-Geschäftsführer, MDR 1999, 134; Oppenländer/Trölitzsch, Praxishandbuch der GmbH-Geschäftsführung,
2004; Reiserer, Die außerordentliche Kündigung des Dienstvertrags des GmbH-Geschäftsführers, BB 2002, 1199;
Reiserer/Peters, Die anwaltliche Vertretung von Geschäftsführern und Vorständen bei Abberufung und Kündigung,
DB 2008, 167; Remmert/Schmalz, Wirksamkeit von Gesellschafterbeschlüssen unter Beteiligung des Mehrheitsgesellschafter-Geschäftsführers über die Einführung oder Erhöhung seiner Geschäftsführervergütung, GmbHR 2008,
85.
A. Einleitung................................................................... 1
B. Allgemeine Grundsätze für „normale“ Mitarbeiter . 2–8
I. Vertretung der GmbH bei Vertragsschluss und
Vertragsbeendigung, Registerpublizität,
Wissenszurechnung .............................................. 2–4
II. Vorgründungsgesellschaft, GmbH i.Gr., GmbH i.L.
sowie Insolvenz ..................................................... 5–8
C. Der GmbH-Geschäftsführer .................................. 9–79
I. Die persönliche Stellung des Geschäftsführers...... 9–35
1. Trennung zwischen Organstellung und
persönlicher Stellung ............................................ 9
2. Bedeutung des Anstellungsvertrags .................... 10
3. Freier Dienstvertrag oder Arbeitsvertrag? ....... 11–17
4. Sonderfall: „Beförderung“ zum Geschäftsführer .......................................................... 18–20
5. Sonderfall: Drittanstellung............................. 21–28
a) Konzernsachverhalte und Anstellung bei
echten Drittfirmen ................................... 21–24
b) GmbH & Co. KG....................................... 25–28
6. In jedem Fall unanwendbare arbeitsrechtliche
Regelungen ....................................................... 29
II.
III.
IV.
V.
VI.
VII.
7. Direkt oder analog anwendbare Normen bzw.
Regelungsgedanken des Arbeitsrechts ..........30–33
8. Rechtsweg ...................................................34–35
Abschluss und Änderung des Anstellungsvertrags,
Befristung .........................................................36–42
Fehlerhafter Anstellungsvertrag ..........................43–44
Kündigung des Anstellungsvertrags, Wissenszurechnung, Beendigung bei Rechtsformwechseln, Insolvenz ...........................................45–55
Geschäftsführeranstellung und Sozialversicherungspflicht........................................................56–67
1. Grundsätze ...................................................56–59
2. Teilhabe am Gesellschaftskapital versus
Weisungsunterworfenheit ............................60–62
3. Faktische Abwicklung, Unternehmerrisiko,
sonstige Indizien ...........................................63–64
4. Ein-Mann-GmbH und Scheinselbstständigkeit .....65
5. Anfrageverfahren .........................................66–67
Geschäftsführeranstellung und Steuerrecht ........68–76
Sollinhalt eines Geschäftsführervertrags .............77–79
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A. Einleitung
1
Grundsätzlich weist die GmbH als Arbeitgeber ihrer „normalen“ Mitarbeiter keine Besonderheiten
gegenüber anderen Arbeitgebern auf. Da eine allgemeine Darstellung zum gesamten Arbeitsrecht
nicht Ziel bzw. Inhalt dieses Abschnitts sein kann, befasst sich dieser vorrangig mit arbeits-, dienstund sozialversicherungsrechtlichen Fragen im Zusammenhang mit dem oder den Geschäftsführer(n) einer GmbH. Für die Unternehmergesellschaft gelten dabei im Grunde keine Besonderheiten,
sodass diese nicht gesondert behandelt wird, sondern im Folgenden stets als mit angesprochen
gilt.
B.
Allgemeine Grundsätze für „normale“ Mitarbeiter
I.
Vertretung der GmbH bei Vertragsschluss und Vertragsbeendigung,
Registerpublizität, Wissenszurechnung
2
Wie jede juristische Person muss auch die GmbH naturgemäß bei Abschluss und Kündigung von
Arbeitsverhältnissen wirksam bzw. ordnungsgemäß vertreten werden. Hinsichtlich der Anstellung „normaler“ Mitarbeiter (zu den Abweichungen bei Geschäftsführer siehe Rn. 36 ff.) sind
die bei den §§ 35 ff. GmbHG dargestellten Grundsätze zu beachten, wonach die Vertretung
grundsätzlich durch Geschäftsführer (organschaftliche Vertretung) und/oder Prokuristen (rechtsgeschäftliche Vertretung) in zur Vertretung berechtigender Anzahl erfolgt. Auch der Abschluss durch
sonstige rechtsgeschäftliche Vertreter, wie etwa einen entsprechend bevollmächtigten Personalleiter, ist natürlich möglich. Aus dem Schriftformerfordernis des Nachweisgesetzes ergibt sich keine
Notwendigkeit, die Vollmacht eines solchen Bevollmächtigten schriftlich zu erteilen. Die Grundsätze der Anscheins- oder Duldungsvollmacht sind anzuwenden. Erfolgt eine Kündigung durch
einen Bevollmächtigten, erfordert wegen § 167 Abs. 2 BGB auch das Schriftformerfordernis gem.
§ 623 BGB keine schriftliche Vollmacht. Allerdings gilt hier wie bei jeder Vollmachtsvertretung
§ 174 BGB, wonach der Erklärungsempfänger bei einem einseitigen Rechtsgeschäft die Erklärung
unverzüglich zurückweisen und damit unwirksam machen kann, wenn eine Vollmachtsurkunde
nicht vorgelegt wird und nicht der Vollmachtgeber den Erklärungsempfänger von der Bevollmächtigung in Kenntnis gesetzt hat. Auf gesetzliche Vertreter wie die Organe der GmbH ist § 174 BGB
dagegen nicht anwendbar, weil hier das Handelsregister der Unsicherheit über die in Anspruch
genommene organschaftliche Vertretungsmacht entgegenwirkt.1 Kündigt jedoch ein gesamtvertretungsberechtigter Geschäftsführer alleine, besteht analog § 174 BGB ein Zurückweisungsrecht,
wenn die Ermächtigung nicht urkundlich nachgewiesen ist.2
3
Der Grundsatz der Registerpublizität hinsichtlich der Geschäftsführer- oder Prokuristenstellung
gilt auch in Bezug auf die Begründung und Beendigung von Arbeitsverhältnissen durch diese mit
„normalen“ Mitarbeitern. Die an sich rein deklaratorische Eintragung und Löschung des Geschäftsführers (vgl. § 39 GmbHG) können somit über § 15 HGB und nach allgemeinen Rechtsscheinsgrundsätzen relevant sein. Ein zwar bereits abberufener, aber noch im Handelsregister eingetragener Geschäftsführer darf nicht mehr, kann aber noch wirksam Arbeitsverträge für die GmbH
abschließen und beenden. Freilich wird vielfach positive Kenntnis des Vertragspartners von der
Abberufung vorliegen; dann kommt es auf die Eintragung nicht an. Besteht zwischen den Gesellschaftern Streit, z.B. über die Wirksamkeit eines Abberufungsbeschlusses, macht aber allein die
Kenntnis hiervon die Wirkungen der Registerpublizität nicht zunichte. Der bestellte, aber noch
nicht eingetragene Geschäftsführer ist wegen des deklaratorischen Charakters der Eintragung
bereits vollwirksam Geschäftsführer und kann daher unproblematisch Arbeitsverhältnisse begründen und beenden. Allerdings empfiehlt sich, bei Kündigungen einen schriftlichen Nachweis über
die Bestellung beizufügen, da sonst in diesem Sonderfall die Zurückweisung gem. § 174 BGB dro-
1 BGH NJW 2002, 1194.
2 BGH NJW 1981, 2374; LAG Köln, MDR 2003, 95.
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B. Allgemeine Grundsätze für „normale“ Mitarbeiter
hen könnte, weil das Argument der Registerpublizität dessen Anwendung hier nicht entgegengehalten werden kann.
Auch die Wissenszurechnung – wie etwa bei den Gründen für eine außerordentliche fristlose
Kündigung – richtet sich nach den allgemein für juristische Personen geltenden Grundsätzen, die
insbesondere von den Rechtsgedanken der §§ 28 und 166 BGB geprägt sind.3 Der GmbH als
Arbeitgeber wird somit z.B. ein Kündigungsgrund in für § 626 BGB fristauslösender Weise
bekannt, wenn er einem von mehreren (auch gesamtvertretungsberechtigten) Geschäftsführern
bekannt wird. Anders als bei Personengesellschaften wird auch das Wissen von ausgeschiedenen,
ggf. verstorbenen Organmitgliedern berücksichtigt.4 Größe und Arbeitsteilung einer Gesellschaft
dürfen nach ständiger Rechtsprechung nicht zu einer Bevorzugung bei der Wissenszurechnung
führen, sodass bei entsprechenden Zuständigkeiten, z.B. für die Einstellung, bzw. bei arbeitsteiliger
Entscheidungskompetenz im Personalwesen auch die Kenntnis eines Vertreters der GmbH ausreichen kann, der nicht zu deren Organen gehört.
II.
4
Vorgründungsgesellschaft, GmbH i.Gr., GmbH i.L. sowie Insolvenz
Für Arbeitsverhältnisse, die zwischen Mitarbeitern und der Vorgründungsgesellschaft begründet
werden, ergibt sich kein automatischer Übergang auf die GmbH. Entsprechend der in § 11
Rn. 12 ff. bzw. 36 ff. dargestellten Grundsätze zur Vorgründungsgesellschaft wird bei Auftreten
für die künftige GmbH ohne Offenlegung der ausstehenden Gründung nach den Grundsätzen des
betriebsbezogenen Geschäfts der wahre Unternehmensrechtsträger, d.h. die Vorgründungsgesellschaft als OHG oder der einzelne Gründer als Einzelkaufmann, verpflichtet. Ein späterer Übergang
müsste ausdrücklich und einvernehmlich vereinbart werden. Auch bei Offenlegung des Ausstehens
der Gründung wird diese Folge nur dann vermieden, wenn der Vertrag unter der aufschiebenden
Bedingung (§ 158 BGB) der Entstehung der GmbH geschlossen wird.
5
Bei der GmbH in Gründung (Vorgesellschaft) gehen die Arbeitsverhältnisse wie alle anderen Vertragsverhältnisse automatisch auf die GmbH über, sobald diese durch Eintragung entsteht. Ein
Widerspruchsrecht für die betroffenen Arbeitnehmer gibt es nicht. Die Vorgesellschaft wird bereits
durch ihre künftigen Organe vertreten, wobei die Einzelheiten zur Vertretungsmacht umstritten
sind (vgl. § 11 GmbHG). Ein stets von der Vertretungsmacht gedecktes Gründungsgeschäft dürfte
bei der Begründung von Arbeitsverhältnissen mit Nicht-Geschäftsführern kaum je vorliegen. Regelmäßig dürfte aber dort, wo schon Mitarbeiter eingestellt werden, eine Ermächtigung seitens der
Mitgesellschafter zur Aufnahme des vollen Geschäftsbetriebs gegeben sein; so insbesondere,
wenn ein schon bestehendes Unternehmen eingebracht wird. Bei echten Neugründungen ist
schon wegen der mittlerweile recht raschen Eintragung durch die Registergerichte aber stets vorzugswürdig, mit dem Abschluss von Arbeitsverträgen (wie mit allen anderen verschiebbaren
Geschäften) bis zur Entstehung der GmbH durch Eintragung zu warten. Hinzuweisen ist insoweit
besonders auf die Verlustdeckungs- und die Handelndenhaftung.
6
Die GmbH in der Liquidation weist in arbeitsrechtlicher Hinsicht keine Unterschiede zur normalen
GmbH auf, es besteht völlige Identität des Arbeitgebers. Im Falle eines Fortsetzungsbeschlusses
etwa gibt es in Bezug auf die ungekündigten Arbeitsverhältnisse keinen Handlungsbedarf, es gab
nie irgendeinen „Übergang“ (vgl. § 60 GmbHG zu den unveränderten Außenbeziehungen der aufgelösten GmbH). Freilich wird im Rahmen des Erreichens des nunmehr ja auf Abwicklung gerichteten Gesellschaftszwecks die (betriebsbedingte) Kündigung der Arbeitsverhältnisse naheliegen. Als
Dauerschuldverhältnisse müssen sie seitens des Liquidators zum voraussichtlichen Ende der
Abwicklung aufgelöst werden (ggf. eben durch Kündigung), da Aufgabe der Liquidatoren die
Beendigung der Geschäftstätigkeit insgesamt ist (vgl. § 70 GmbHG zu den Aufgaben der Liquidatoren).
7
3 Zur Anwendung von § 166 BGB auch auf die Organe juristischer Personen vgl. z.B. BGHZ 41, 282.
4 BGHZ 109, 327.
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8. Arbeitsrecht und Geschäftsführeranstellung
8
In der Insolvenz richtet sich das Schicksal der Arbeitsverhältnisse auch bei der GmbH nach den
Regelungen der InsO. Nach herrschender Meinung5 kann der Insolvenzverwalter gem. § 113 InsO
mit einer Frist von drei Monaten zum Monatsende kündigen. Kürzere Fristen bleiben unberührt,
längere Fristen und Kündigungsausschlüsse gelten nicht.6 Allein die Insolvenz als solche ist kein
wichtiger Grund gem. § 626 BGB.7 Die bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstandenen
Vergütungsansprüche der Mitarbeiter sind einfache Insolvenzforderungen gem. § 38 InsO, nach
Insolvenzeröffnung entstandene Vergütungsansprüche sind Masseverbindlichkeiten gem. § 55
Abs. 1 Nr. 2 InsO.
C.
Der GmbH-Geschäftsführer
I.
Die persönliche Stellung des Geschäftsführers
1.
Trennung zwischen Organstellung und persönlicher Stellung
9
Der Geschäftsführer wird durch seine Bestellung seitens der Gesellschafterversammlung oder ggf.
auch den Aufsichtsrat zum Organ der Gesellschaft. Seine Rechte und Pflichten in dieser Eigenschaft
als Organ ergeben sich vor allem aus dem Gesetz, der Satzung und den Gesellschafterbeschlüssen.
Sie unterliegt den Regelungen des GmbHG bzw. des Gesellschaftsrechts. Im Einzelnen ist hierzu
auf die Kommentierung bei §§ 35 ff. GmbHG zu verweisen. Diese organschaftliche Stellung bzw.
die Bestellung als Organisationsakt ist strikt von der persönlichen Stellung des Geschäftsführers
bzw. dem Anstellungsvertrag als der flankierenden schuldrechtlichen Vereinbarung abzugrenzen
(sog. Trennungstheorie).8
10
Die persönliche Stellung des Geschäftsführers wird primär durch den Anstellungsvertrag geregelt.
Dabei ist der die gesellschaftsrechtliche Bestellung flankierende Abschluss eines schuldrechtlichen
Anstellungsvertrags nicht Voraussetzung für eine voll funktionsfähige und wirksame Organeigenschaft. Gerade in der Ein-Mann-GmbH wird u.U. kein Anstellungsvertrag geschlossen werden, vor
allem dann, wenn die Tätigkeit des Geschäftsführers geringfügig ist. In solchen Fällen eines fehlenden Anstellungsvertrags bestimmen die Regelungen der §§ 664 ff. BGB zum Auftragsrecht die persönliche Stellung des Geschäftsführers. Wird jedoch – wie üblich – ein Anstellungsvertrag geschlossen, ist dieser die Grundlage für die persönliche Stellung des Geschäftsführers.
2.
Bedeutung des Anstellungsvertrags
3.
Freier Dienstvertrag oder Arbeitsvertrag?
11
Zwischen Geschäftsführer und GmbH besteht bei Existenz eines Anstellungsvertrags ein Dienstvertrag i.S.d. § 611 BGB. Grundsätzlich könnte dieser sowohl als freier Dienstvertrag oder auch als
Arbeitsvertrag ausgestaltet sein. Mit der herrschenden Meinung in Literatur und gesellschaftsrechtlicher Rechtsprechung ist die Anstellung des GmbH-Geschäftsführers regelmäßig als freies Dienstverhältnis einzustufen, der Geschäftsführer ist also regelmäßig kein Arbeitnehmer.9
12
Grundvoraussetzung für eine Einstufung als Arbeitsverhältnis bzw. Arbeitnehmer ist nach den allgemeinen Abgrenzungsregelungen des Arbeitsrechts eine Weisungsgebundenheit des
Geschäftsführers insbesondere bezüglich Zeit, Ort und Ausübung seines Diensts. Das normale Weisungsrecht der Gesellschafterversammlung führt nicht zu einer Weisungsgebundenheit in diesem
Sinne. Hinsichtlich wichtiger Indizien für die insoweit stets einzelfallbezogene Prüfung des Vorliegens einer entsprechenden Abhängigkeit wird auf die in Rn. 58 enthaltene Liste verwiesen.
5
6
7
8
9
OLG Naumburg, GmbHR 2004, 423; Baumbach/Hueck/Zöllner/Noack, § 35 Rn. 190 m.w.N.
BAG NZA 1999, 1331.
OLG Düsseldorf, NZG 2000, 1044; OLG Naumburg, GmbHR 2004, 423.
Zum Beispiel BGHZ 79, 38; 78, 82; BGH GmbHR 1990, 345; heute praktisch nicht mehr bestritten.
Baumbach/Hueck/Zöllner/Noack, § 35 Rn. 171 ff.
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C. Der GmbH-Geschäftsführer
Ein (Gesellschafter-)Geschäftsführer, der durch eine eigene Mehrheit in der Gesellschafterversammlung oder auch durch sonstige faktische Möglichkeiten, deren Entscheidungen zu bestimmen,
keine unerwünschten Weisungen der Gesellschafter zu befürchten hat, kann in keinem Fall Arbeitnehmer sein. Letzteres ist z.B. für das Familienoberhaupt der Familie, die zusammen die Mehrheit
der Geschäftsanteile hält, zu bejahen. Diese Möglichkeit, ihm unangenehme Weisungen zu verhindern, hat auch ein Geschäftsführer, der wegen seiner überlegenen bzw. für die Gesellschaft unentbehrlichen Geschäftskontakte, Patente, durch eine atypisch stille Beteiligung an der Gesellschaft
oder auch eine Sperrminorität auf die Entscheidungen der Gesellschafter maßgeblichen Einfluss
hat. Er ist nicht abhängig, also keinesfalls Arbeitnehmer. Lediglich in Fällen eines Fremd- oder Minderheitsgesellschafter-Geschäftsführers kommt demnach eine Eingliederung in eine fremde
Arbeitsorganisation und damit eine Arbeitnehmerstellung überhaupt in Betracht.
13
Nach Auffassung des BGH schließen sich die organschaftliche Stellung des Geschäftsführers und
eine Stellung als Arbeitnehmer jedoch auch in diesem Fall zwingend wechselseitig aus.10 Der
Geschäftsführer steht nach dieser Auffassung nie in einem Arbeitsverhältnis zur GmbH als juristischer Person, sondern repräsentiert die juristische Person unmittelbar als deren Organ bzw. als
Arbeitgeber.11 Diese Stellung Arbeitgeberfunktion schließt es danach aus, dass der Geschäftsführer zugleich arbeitsrechtlich den Status eines Arbeitnehmers einnimmt.
14
Das BAG kommt im (seltenen) Einzelfall hingegen durch Abgrenzung nach den allgemeinen Kriterien zu dem Ergebnis, dass ein Arbeitsverhältnis vorliegt.12 Dies könne nicht allein wegen der
Organstellung ausgeschlossen werden, es bestehe kein striktes Ausschlussverhältnis. Nur für den
Fall eines Mehrheitsgesellschafter-Geschäftsführers schließt auch das BAG eine Arbeitnehmereigenschaft gänzlich aus.13
15
Die Auffassung des BGH bzw. der gesellschaftsrechtlichen Rechtsprechung vermeidet den Wertungswiderspruch, dass gerade derjenige, der (jedenfalls gegenüber allen anderen Mitarbeitern)
die Arbeitgeberfunktion für die GmbH wahrnimmt, zugleich als Arbeitnehmer eingestuft wird. Für
sie sprechen auch die dogmatische Klarheit bzw. die Grundsätze des Organverhältnisses bei juristischen Personen. Der Haupthintergrund der Gegenansicht, auch dem (abhängigen) Geschäftsführer
einen gewissen Sozialschutz zuzubilligen, verliert an Strahlkraft, wenn die Möglichkeiten zur Vertragsgestaltung bedacht werden. Niemand ist gehindert, bei seiner Anstellung auf die Vereinbarung entsprechender Schutzrechte zu achten und damit selbst mit zu entscheiden, ob er arbeitnehmerähnlichen Sozialschutz genießt oder eher den Status eines selbstständigen Unternehmers.
Missbrauch im Sinne fingierter Geschäftsführungspositionen für „normale“ Mitarbeiter lässt sich
im Einzelfall auch ohne Aufgabe der dogmatischen Klarheit begegnen.
16
Die zutreffende generelle Verneinung des Arbeitnehmerstatus hindert den Rechtsanwender allerdings nicht, bei Bedarf einzelne arbeitsrechtliche Regelungen analog oder (mit gleichem Ergebnis)
im Rahmen des gesellschaftsrechtlichen Treueverhältnisses14 auf den abhängigen Geschäftsführer
anzuwenden. Die Einstufung als Arbeitnehmer wiederum macht keineswegs die gesamte Bandbreite der Arbeitnehmerschutzvorschriften anwendbar. Im konkreten Fall führen beide Auffassungen daher kaum zu unterschiedlichen Ergebnissen, was auch erklärt, warum es bei einem solchen
Massen-Sachverhalt über Jahrzehnte eine divergierende Einschätzung oberster Bundesgerichte
geben kann.
17
4.
Sonderfall: „Beförderung“ zum Geschäftsführer
Wird ein bisheriger „normaler“ Arbeitnehmer der GmbH zum Geschäftsführer berufen und
schließt einen entsprechenden Dienstvertrag mit ihr ab, stellt sich die Frage, ob das bisherige
Arbeitsverhältnis damit vollständig beendet ist oder ob es lediglich vorübergehend ruht.
10
11
12
13
14
BGHZ 79, 291; 49, 30; BGH NJW 1978, 1335; 1981, 1270.
MüHdb-ArbR/Ricardi, § 24 Rn. 111.
BAG GmbHR 1999, 925; 2003, 1208; anders dagegen: BAG GmbHR 1986, 263 und BAG BB 1999, 1437.
BAG AP Nr. 95 zu § 611 BGB.
Prononciert gegen eine analoge Anwendung des materiellen Arbeitsrechts und für eine Lösung über das gesellschaftsrechtliche Treueverhältnis: Haase, GmbHR 2007, 820 und GmbHR 2005, 265 ff., 338 ff.
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8. Arbeitsrecht und Geschäftsführeranstellung
19
Für den Fall eines „beförderten“ Arbeitnehmers der GmbH selbst ist das Ende der Arbeitnehmereigenschaft mit dem BGH wie dargestellt zwingend, weil alleine schon die Organstellung diese ausschließt. Das BAG sah dabei die Gefahr, dass Mitarbeiter zur Erleichterung der Kündigung kurzfristig in eine Geschäftsführerposition berufen werden, um sie dann ohne Kündigungsschutz
entlassen zu können. Ohne Verbesserung der übrigen Vertragsbedingungen habe – so das BAG –
der betreffende Arbeitnehmer keinen Anlass, auf den Bestandsschutz seines bisherigen Arbeitsverhältnisses zu verzichten.15 Sein bisheriges Arbeitsverhältnis bleibe daher auch während der
Geschäftsführertätigkeit in einer Art Ruhezustand bestehen und lebe bei dessen Beendigung wieder auf. Das BAG spricht insoweit von einem „ruhenden Arbeitsverhältnis“. Später wurde diese
Rechtsprechung durch das BAG teilweise fallen gelassen,16 die gesellschaftsrechtliche Rechtsprechung schließt die Existenz dieses Rechtskonstrukts jedenfalls nicht aus.17 Im Zweifel ist mittlerweile (auch mit dem BAG) von einer vollständigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses auszugehen.18 Nur bei kurz befristeter Übertragung der Geschäftsführerstellung bei sonst gleichen
Bedingungen kommt ein Fortbestand des Arbeitsverhältnisses in Betracht. Ein höheres Gehalt und
höheres soziales Ansehen sind dagegen Indizien für eine vollständige Beendigung des Arbeitsverhältnisses zugunsten des freien Dienstverhältnisses als Geschäftsführer.19
20
§ 623 BGB mit seinem Schriftformerfordernis für die Kündigung bzw. Aufhebung eines Arbeitsverhältnisses steht diesem Ergebnis auch dann nicht im Weg, wenn lediglich der neue Anstellungsvertrag als Geschäftsführer schriftlich abgeschlossen wird, nicht dagegen die Aufhebung des bisherigen Arbeitsverhältnisses. Denn durch den schriftlichen Anstellungsvertrag als Geschäftsführer wird
das Schriftformerfordernis des § 623 BGB für die Aufhebung des bisherigen Arbeitsverhältnisses
gewahrt. Diese Auslegung des neuen Anstellungsvertrags wird durch die Formvorschrift des § 623
BGB nicht eingeschränkt bzw. gehindert.20 Für die durch Auslegung zu ermittelnde Antwort auf
die Frage, ob die Parteien das bisherige Arbeitsverhältnis (konkludent) beenden wollten, ist dabei
auch auf außerhalb der Vertragsurkunde liegende Umstände zu achten.
Die Frage des „ruhenden Arbeitsverhältnisses“ sollte man weder dem Zufall noch der
Rechtsprechung überlassen. Bei der Bestellung eines Mitarbeiters zum Geschäftsführer
sollte vielmehr im Anstellungsvertrag auch explizit festgelegt werden, ob das bestehende Arbeitsverhältnis aufgehoben wird oder während der Dauer der Geschäftsführertätigkeit lediglich ruht. Das Unternehmen wird regelmäßig an der erstgenannten
Variante interessiert sein, der Geschäftsführer in spe an der letztgenannten, die ihm
seinen Kündigungsschutz erhält.
21
5.
Sonderfall: Drittanstellung
a)
Konzernsachverhalte und Anstellung bei echten Drittfirmen
Im speziellen Fall der sog. Drittanstellung, bei der nicht die GmbH selbst, sondern z.B. eine Konzerngesellschaft oder ein Unternehmen, das Managementdienstleistungen anbietet, den
Geschäftsführer anstellt und im Rahmen dieser Anstellung gewissermaßen zur Geschäftsführung
in die GmbH „entsendet“, ist Arbeitsrecht des Öfteren anwendbar. War die Anstellung als Arbeitnehmer bei der Konzern-Muttergesellschaft von Beginn an darauf angelegt, als Organ einer Tochtergesellschaft eingesetzt zu werden und dabei den Weisungen der Muttergesellschaft auch als
Arbeitgeberin zu unterliegen, liegt dies auf der Hand. Die Beteiligten haben sich ja bewusst für eine
Drittanstellung bei der Muttergesellschaft entschieden, der Betreffende ist dem Willen der Beteilig-
15
16
17
18
19
20
BAG, AP Nr. 3 zu § 5 ArbGG 1979; BAG, AP § 1 Angestelltenkündigungsgesetz Nr. 2.
BAG NZA 1994, 212; BAG GmbHR 2000, 1092.
OLG Hamm, GmbHR 2007, 821.
BAG NJW 2007, 3228.
BAG GmbHR 2006, 1101.
BAG NJW 2007, 3228; NJW-Spezial 2007, 484.
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C. Der GmbH-Geschäftsführer
ten nach für die Muttergesellschaft tätig.21 Gleiches gilt stets, wenn die Anstellung bei einem
außenstehenden Unternehmen erfolgt, das der GmbH den Fremdgeschäftsführer entgeltlich zur
Verfügung stellt. Dieser bleibt Arbeitnehmer des ihn entsendenden Unternehmens.
War die Anstellung bei einer Muttergesellschaft dagegen nicht planmäßig darauf ausgelegt,
Geschäftsführer bei einer Tochtergesellschaft zu werden, bzw. ist der neue Geschäftsführer ab seiner Bestellung nur mehr für die Tochtergesellschaft tätig, kommt eine Aufhebung des bestehenden
Arbeitsverhältnisses unter Neubegründung eines Dienstverhältnisses mit der GmbH in Betracht.
Anders als beim Arbeitnehmer der GmbH selbst (dazu Rn. 19) und auch anders als bei der GmbH
& Co. KG (dazu Rn. 25 ff.) bleibt mit dem BAG in Konzernsachverhalten der bisherige Arbeitsvertrag zur Konzernmutter aber im Zweifel bestehen. Der bestehende Anstellungsvertrag wird nicht
durch die Bestellung stillschweigend aufgehoben. Er ist dann vielmehr selbst der Anstellungsvertrag als Geschäftsführer, wenn sich die sonstigen Bedingungen nicht geändert haben.22 Es kann
also der mit der Konzernobergesellschaft abgeschlossene Arbeitsvertrag die Rechtsgrundlage für
die Geschäftsführerbestellung bei der Tochtergesellschaft sein.23
22
Werden die Bedingungen erheblich geändert – etwa die Vergütung des nunmehrigen Geschäftsführers deutlich erhöht – bzw. wird für die Geschäftsführerposition explizit ein neuer Anstellungsvertrag abgeschlossen, ist dagegen von einem Ende der Arbeitnehmereigenschaft auszugehen. In
letzteren Fällen kommt mit der bisherigen Rechtsprechung des BAG regelmäßig wiederum ein
„ruhendes Arbeitsverhältnis“ in Betracht. Wird der Betreffende als Organ der Tochtergesellschaft abberufen, lebt sein Anstellungsverhältnis zur Muttergesellschaft im ursprünglichen Zustand
wieder auf.24 Ob diese Rechtsprechung gegenüber der Auffassung, ein Ruhen des Arbeitsverhältnisses komme bei Abschluss eines Geschäftsführervertrags nur bei ausdrücklicher Vereinbarung
zwischen den Parteien in Frage,25 Bestand haben wird, bleibt abzuwarten. Ist dagegen unklar, ob
überhaupt ein neues (ggf. zusätzliches) Anstellungsverhältnis zwecks Geschäftsführertätigkeit
zustande gekommen ist, so gilt: Behauptet der (im Streitfall zumeist bereits gekündigte) Geschäftsführer, es hätten zwei schuldrechtliche Rechtsverhältnisse bestanden (Geschäftsführerdienstverhältnis und ruhendes Arbeitsverhältnis), hat er im Einzelnen die Tatsachen darzulegen, aus denen
sich ergeben soll, dass eine klar unterscheidbare und trennbare Doppelstellung vorlag.26
23
Ist der Geschäftsführer einer Tochtergesellschaft zugleich noch in anderer Funktion für die
Muttergesellschaft tätig und hat mit beiden Verträge abgeschlossen, ist entscheidend, ob
die Verträge eine Einheit bilden oder rechtlich zu trennen sind. Kriterien für eine Einheit sind dabei:
24
•
gleichzeitiger Vertragsschluss
•
einheitlicher Inhalt der verschiedenen Vereinbarungen
•
gleiche rechtliche Behandlung und
•
wechselseitige Abhängigkeit27
Liegt demnach eine Einheit vor, ist nach dem Schwerpunkt der Tätigkeit zu entscheiden. Liegt dieser in der (ohne besondere Einschränkungen gestalteten) Geschäftsführertätigkeit, liegt ein freies
Dienstverhältnis vor. Liegt er in der Tätigkeit beim herrschenden Unternehmen in nachgeordneter
Stellung, liegt insgesamt ein Arbeitsvertrag vor. Fehlt die Einheit, sind beide Verträge für sich zu
bewerten und es kann ohne Weiteres zur einen Gesellschaft ein Arbeitsverhältnis, zur anderen ein
freies Dienstverhältnis bestehen.28
21
22
23
24
25
26
27
28
Näher zur Drittanstellung mit detaillierter Fallgruppenbildung: Freckmann, DStR 2008, 52 ff.
BAG ZIP 1996, 514.
BAG BAGE 95, 62, 66 m.w.N.
BAG NZA 1986, 792.
So Ulmer/Habersack/Winter/Paefgen, § 35 Rn. 138 m.w.N.
BAG NZA 2008, 168.
BAG DB 1972, 2358; Freckmann, DStR 2008, 52, 55.
Freckmann, DStR 2008, 52, 55.
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8. Arbeitsrecht und Geschäftsführeranstellung
b)
25
GmbH & Co. KG
Eine eigene Fallgruppe in der Rechtsprechung des BAG bilden die Geschäftsführer der Komplementär-GmbH einer GmbH & Co. KG. Hier sind mit der Entscheidung, ob der Geschäftsführer
bei der KG oder der GmbH angestellt wird, weitreichende Folgen für dessen arbeitsrechtliche Einstufung verbunden:
Wird der Anstellungsvertrag mit der GmbH selbst abgeschlossen, ergeben sich keine Besonderheiten. Die Einstufung des Vertragsverhältnisses erfolgt nach den dargestellten allgemeinen Grundsätzen.
26
Wird der Geschäftsführer dagegen mit der Zielsetzung der Geschäftsführungsübernahme der
Komplementär-GmbH ausschließlich bei der (GmbH & Co.) KG angestellt, muss mit dem BAG nach
allgemeinen arbeitsrechtlichen Grundsätzen inhaltlich (persönliche Abhängigkeit, Weisungsgebundenheit …) geprüft werden, ob ein Arbeitsverhältnis vorliegt.29 Wenn der Anstellungsvertrag dem
Geschäftsführer keine Beschränkungen auferlegt, die über die auch für Fremdgeschäftsführer üblichen Regelungen hinausgehen, und er eine Vergütung deutlich über der eines gehobenen Angestellten erhält, geht das BAG regelmäßig von einem freien Dienstverhältnis aus.30
27
Ist der spätere Geschäftsführer zunächst im normalen Anstellungsverhältnis für die KG tätig und
wird dann – unter Aufgabe der Tätigkeit für die KG – zum Geschäftsführer der GmbH bestellt, wird
dies wie die Beförderung eines Angestellten der GmbH zum Geschäftsführer behandelt (vgl.
Rn. 19). Im Zweifel kommt es also zu einer vollständigen Aufhebung des bisherigen Angestelltenverhältnisses, das nicht als ruhend fortbesteht.31
28
Wird der Geschäftsführer für die GmbH und für die KG tätig, ist zu prüfen, ob der Anstellungsvertrag mit der KG und jener mit der GmbH voneinander abgrenzbar sind oder ob es sich um aufeinander abgestimmte Verträge handelt, die eine Einheit bilden. Während der abgrenzbare Vertrag
mit der KG regelmäßig zum Vorliegen eines Arbeitsverhältnisses mit dieser führt, ist bei einem einheitlichen Vertrag insgesamt ein freies Dienstverhältnis naheliegend.32
Insgesamt ist insbesondere in den Fällen der GmbH & Co. KG eine sorgfältige Vorüberlegung und eine klare Vertragsgestaltung unerlässliche Voraussetzung für die Vermeidung von Abgrenzungs- und Auslegungsschwierigkeiten. Die Entscheidung, mit
welcher Gesellschaft der Anstellungsvertrag geschlossen wird, sollte unter keinen
Umständen unüberlegt getroffen werden.
6.
29
In jedem Fall unanwendbare arbeitsrechtliche Regelungen
Unabhängig von der dogmatischen Einordnung als freies Dienstverhältnis oder Arbeitsvertrag sind
die allgemeinen Kündigungsschutzregelungen des KSchG auf Geschäftsführer aufgrund ausdrücklicher Anordnung des Gesetzgebers in § 14 Abs. 1 Nr. 1 KSchG i.V.m. § 17 Abs. 5 Nr. 1
KSchG nicht anwendbar. Auch die besonderen Kündigungsschutzvorschriften für Schwerbehinderte, Schwangere und sich in Elternzeit befindende Mütter und Väter sind nach zutreffender
Auffassung unanwendbar.33 Freilich kann aber im Anstellungsvertrag ihre Anwendbarkeit vereinbart werden. Wegen entsprechender Regelung des Gesetzgebers unanwendbar ist zudem das
Arbeitszeitgesetz (§ 18 ArbZG i.V.m. § 5 Abs. 3 BetrVG). Soweit nichts anderes vereinbart ist,
schuldet der Geschäftsführer gegen Zahlung seines Jahresgrundgehalts seine vollständige Arbeitsleistung. Nacht-, Sonn- und Feiertagsarbeit werden nur dann gesondert vergütet, wenn dies aus29 BAG NJW 1983, 2405; BAG ZIP 1992, 1496.
30 BAG ZIP 1992, 1496.
31 BAG GmbHR 2000, 1092 und speziell für die KG unter Aufgabe der eigenen früheren Rechtsprechung (z.B. BAG
NJW 1983, 2405), die in dieser Drittanstellungskonstellation stets von einem Arbeitsverhältnis ausging: BAG
NJW 2003, 3290.
32 Näher hierzu: Freckmann, DStR 2008, 52 ff.
33 BGH DB 1978, 878 und BAG, AP Nr. 1 zu § 38 (Schwerbehinderte) bzw. OLG Hamm, GmbHR 2007, 820 (mit
Anm. Haase): „insgesamt nicht vereinbar mit Stellung und Funktion eines Vertretungsorgans“; ebenso: Baumbach/Hueck/Zöllner/Noack, § 35 Rn. 178; Scholz/Schneider, § 35 Rn. 163.
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C. Der GmbH-Geschäftsführer
drücklich vereinbart ist.34 Ebenso unanwendbar ist das Betriebsverfassungsgesetz (§ 5 Abs. 2
Satz 1 BetrVG). Eine kollektiv-arbeitsrechtliche Einordnung des Geschäftsführers als Arbeitnehmer
verbietet sich auch im Übrigen, da er z.B. dem Betriebsrat oder streikenden Arbeitnehmern gegenüber gerade den Arbeitgeber vertritt. Ein Streikrecht für den Geschäftsführer etwa kommt nicht in
Betracht. Auch die Regelung des § 613a BGB (Betriebsübergang) ist mit dem BAG nicht anwendbar.35 Die ebenfalls vertretene generelle Nichtanwendbarkeit des Gesetzes zur Einführung des
Elterngelds36 erscheint in ihrer Pauschalität zweifelhaft. Im Übrigen erhebt diese Aufzählung nicht
den Anspruch der Vollständigkeit.
7.
Direkt oder analog anwendbare Normen bzw. Regelungsgedanken des Arbeitsrechts
Wo das Gesetz keine anderweitige Anordnung trifft, kommt grundsätzlich eine Anwendung
arbeitsrechtlicher Vorschriften in Betracht, soweit eine entsprechende persönliche Abhängigkeit
des Geschäftsführers vorliegt. Je nach Sachverhalt und Auffassung zur rechtlichen Einordnung des
Dienstvertrags handelt es sich dabei um eine direkte oder analoge Anwendung bzw. einen Ausfluss
des gesellschaftsrechtlichen Treueverhältnisses. Die so verstandene Anwendbarkeit einer konkreten
arbeitsrechtlichen Regelung auf den GmbH-Geschäftsführer ist dabei im Einzelfall nach ihrem Sinn
und Zweck zu prüfen. Wiederum ohne Anspruch auf Vollständigkeit sind hier zu nennen:
30
Eine Gehaltsfortzahlung im Krankheitsfall ist regelmäßig geschuldet, was sich bei Verneinung
der Arbeitnehmereigenschaft nicht aus dem Entgeltfortzahlungsgesetz, wohl aber aus §§ 611,
616 BGB ergibt. Danach verliert der Dienstverpflichtete seinen Vergütungsanspruch nicht, wenn er
durch einen in seiner Person liegenden Grund für eine „verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit“
ohne sein Verschulden gehindert ist, die Dienstleistung zu erbringen, worunter eben insbesondere
eine Erkrankung fällt. Ein Urlaubsanspruch des Geschäftsführers ergibt sich bei Verneinung der
Arbeitnehmereigenschaft nicht aus dem BUrlG. Aus der Treuepflicht der Gesellschaft gegenüber
dem Geschäftsführer lässt sich indes mit gutem Grund jedenfalls für die Urlaubsgewährung als solche ein Anspruch auf Mindestniveau des BUrlG ableiten.37
31
Die Vorschriften des Gesetzes über die betriebliche Altersversorgung sind auf den arbeitnehmerähnlichen Geschäftsführer anzuwenden (§ 17 Abs. 1 Satz 2 und 3 BetrAVG). Des Weiteren
können die von der Rechtsprechung entwickelten Wertungssystematiken des „arbeitsrechtlichen
Gleichbehandlungsgrundsatzes“ und der „betrieblichen Übung“ nach zutreffender Ansicht
auf einen abhängigen Geschäftsführer anwendbar sein,38 Letzteres allerdings nur, soweit sich der
Geschäftsführer die wiederholten Leistungen nicht eigenmächtig (sondern auf Basis entsprechender Weisungen der Gesellschafterversammlung) zuerkannt hat. Auch das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz ist auf GmbH-Geschäftsführer anwendbar, was in § 6 Abs. 3 AGG – mitten im
Abschnitt „Schutz der Beschäftigten“ – ausdrücklich normiert ist.39 Soweit hierzu vertreten wird,
neben den ausdrücklich angesprochenen Bedingungen für den Zugang (= Geschäftsführerbestellung) und Aufstieg (= etwa Beförderung zum Sprecher der Geschäftsführung) betreffe dies noch
weitere Phasen der Geschäftsführerstellung40, ist dem zu widersprechen.41
32
Auch im Bereich des Pfändungsschutzes (§§ 850 ff. ZPO) wird der Geschäftsführer wegen der
vergleichbaren Situation wie ein Arbeitnehmer behandelt, wenn ihn seine Tätigkeit vollständig
oder zu einem wesentlichen Teil in Anspruch nimmt. Die Geschäftsführervergütung unterliegt dann
33
34
35
36
37
38
OLG Dresden, GmbHR 1998, 197.
Gegen eine entsprechende Anwendung auf Geschäftsführer: BAG NZA 2003, 552.
Freckmann, DStR 2008, 52, 56.
BGH LM Nr. 5; Haase, GmbHR 2005, 265 ff.
Oberrath, MDR 1999, 134; vgl. auch BAG NJW-RR 1990, 1313: grundsätzliche Anwendung auf den nicht oder
nicht nennenswert an der Gesellschaft beteiligten Geschäftsführer.
39 § 6 Abs. 3 AGG lautet: „Soweit es die Bedingungen für den Zugang zur Erwerbstätigkeit sowie den beruflichen
Aufstieg betrifft, gelten die Vorschriften dieses Abschnitts für Selbstständige und Organmitglieder, insbesondere
Geschäftsführer und Geschäftsführerinnen und Vorstände entsprechend.“
40 So Horstmeier, GmbHR 2007, 125.
41 Das Gesetz formuliert ausdrücklich „soweit“. Entgegen Horstmeier, GmbHR 2007, 125 lässt sich allein aus dem
Umstand, man hätte noch präziser formulieren können, keine ausufernde Anwendung herleiten.
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8. Arbeitsrecht und Geschäftsführeranstellung
den gleichen Pfändungsschutzvorschriften wie Arbeitslohn42, auch beim Gesellschafter-Geschäftsführer43.
In all diesen Fällen sind in der Praxis verbreitet konkrete vertragliche Regelungen zu
finden, die deutlich über die gesetzlichen bzw. von der Rechtsprechung zugebilligten
Mindestansprüche hinausgehen. Jedem Geschäftsführer ist im Ergebnis dringend zu
raten, seine Rechte und Pflichten durch klare und umfassende Regelungen in einem
Anstellungsvertrag festzulegen. Für den Fremd- oder MinderheitsgesellschafterGeschäftsführer liegt die Bedeutung des Vertrags dabei in einer adäquaten Ausgestaltung seiner persönlichen Stellung. Auch der beherrschende Gesellschafter-Geschäftsführer kann durch klare vertragliche Regelungen aber transparente und damit
diskussionsfeste Grundlagen für Leistungen der Gesellschaft an ihn – und damit unter
anderem für den Umgang mit dem auch den Minderheitsgesellschaftern anteilig
zustehenden Gesellschaftsvermögen – niederlegen. Selbst für den Alleingesellschafter
sind klare Regelungen unter steuerrechtlichen Gesichtspunkten von großer Bedeutung. Eine Übersicht über einige besonders wichtige Regelungsinhalte und Fundstellen
für entsprechende Vertragsmuster finden sich in Rn. 79 bzw. 77.
8.
Rechtsweg
34
Bei einem Streit zwischen GmbH und ihrem Geschäftsführer in Bezug auf das schuldrechtliche
Dienstverhältnis stellt sich die Frage nach dem richtigen Rechtsweg in Form der Entscheidung zwischen Arbeitsgerichtsbarkeit und normaler Zivilgerichtsbarkeit. Gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 3 ArbGG ist
notwendige Voraussetzung für die Eröffnung des Wegs zu den Arbeitsgerichten die Arbeitnehmerund Arbeitgebereigenschaft der streitenden Parteien. § 5 ArbGG versucht den Arbeitnehmerbegriff für die Zwecke des ArbGG zu definieren. Für den GmbH-Geschäftsführer maßgeblich ist dabei
§ 5 Abs. 1 Satz 3 ArbGG mit seiner negativen Fiktion: Da der GmbH-Geschäftsführer organschaftliche Vertretungsmacht hat, gilt er nicht als Arbeitnehmer. Regelmäßig zuständig sind vielmehr die
Kammern für Handelssachen im Bereich der ordentlichen Gerichtsbarkeit (§§ 13, 95 Abs. 1
Nr. 4 Buchst. a GVG). GmbH und Geschäftsführer könnten jedoch für arbeitsrechtliche Streitigkeiten eine Zuständigkeit des Arbeitsgerichts vereinbaren, da sie gem. § 2 Abs. 4 ArbGG zur Prorogation dieses Rechtswegs befugt sind. Tatsächlich wird diese Möglichkeit praktisch nicht genutzt.
35
Auch das gerichtliche Vorgehen gegen die organschaftliche Abberufung, das ausschließlich in einer
Klage auf Feststellung der Geschäftsführerstellung bzw. in diesbezüglichem einstweiligem Rechtsschutz bestehen kann, erfolgt vor den Kammern für Handelssachen an den Landgerichten. Hierbei
kann zum einen die Nichtigkeit des Abberufungsbeschlusses und zum anderen das Fehlen eines
nach dem Gesellschaftsvertrag etwa erforderlichen Grundes (vgl. § 38 Abs. 2 GmbHG) geltend
gemacht werden.44
II.
36
Abschluss und Änderung des Anstellungsvertrags, Befristung
Abgesehen von den Sonderfällen der Drittanstellung stellt sich die Frage, wer die GmbH bei
Abschluss, Änderungen und Beendigung des Anstellungsvertrags vertritt. Hier ist regelmäßig die
Gesellschafterversammlung zuständig. Mit der in § 46 Nr. 5 GmbHG normierten Zuständigkeit
für die Bestellung des Geschäftsführers geht als Annex die Kompetenz zum Abschluss des
Anstellungsvertrags einher.45 Die Entscheidung erfolgt – vorbehaltlich abweichender Regelung
im Gesellschaftsvertrag – gem. § 47 Abs. 1 GmbHG mit einfacher Mehrheit. Ist der anzustellende
Geschäftsführer selbst Mitglied der Gesellschafterversammlung, so ergibt sich hieraus kein
42 BGH NJW 1978, 756.
43 Wie hier: Baumbach/Hueck/Zöllner/Noack, § 35 Rn. 192; Hachenburg/Stein, § 35 Rn. 213; a.A. BGHZ 41, 288
(für Vorstandsmitglieder).
44 Ausführlich zu den Aspekten der anwaltlichen Vertretung von Geschäftsführern bei Abberufung und Kündigung: Reiserer/Peters, DB 2008, 167 ff.
45 Allgemeine Meinung, z.B. OLG Hamm, GmbHR 2007, 820; Baumbach/Hueck/Zöllner, § 46 Rn. 36.
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C. Der GmbH-Geschäftsführer
Stimmverbot. Zwar ist eine Interessenskollision gegeben, die nach dem Rechtsgedanken der § 47
Abs. 4 GmbHG, § 43 GenG, § 34 BGB und § 136 Abs. 1 AktG zu einem Stimmverbot führen
könnte. Vorrang hat aber das Mitverwaltungsrecht des Gesellschafters beim vorliegenden verbandsrechtlichen Beschluss. Hierunter fällt auch die Entscheidung über die Vergütung.46 Der
Gesellschafter-Geschäftsführer kann also an der Entscheidung über seinen eigenen Anstellungsvertrag teilnehmen. Im Einzelfall erfolgt jedoch eine Missbrauchskontrolle,47 wonach z.B. Dienstbezüge unangemessen sind, die in einem Missverhältnis zu den der Gesellschaft geleisteten Diensten
stehen. Maßgebend ist dabei eine Gesamtschau aller vom Geschäftsführer erbrachten und aller
ihm gewährten Leistungen.48 Freilich kann diese „Selbstbedienung“ eines Mehrheitsgesellschafter-Geschäftsführers auch bei objektiver Angemessenheit zu Spannungen im Gesellschafterkreis
führen. Schon bei der Gestaltung des Gesellschaftsvertrags kann daher angezeigt sein, solchen
Konfliktfällen vorzubeugen, etwa durch die Begründung der Zuständigkeit eines fakultativen Aufsichtsrats. Ist nämlich ein Aufsichtsrat für die Geschäftsführerbestellung zuständig, was bei der
mitbestimmten GmbH zwingend und beim fakultativen Aufsichtsrat bei entsprechender Kompetenzzuweisung der Fall ist, so ist folgerichtig dieser Aufsichtsrat auch für den Anstellungsvertrag
zuständig,49 ohne dass insoweit beim mitbestimmten Aufsichtsrat wie zur Bestellung50 eine Zweidrittelmehrheit erforderlich wäre, weil der Abschluss des Anstellungsvertrags nicht § 31 MitbestG
unterliegt.
Stimmt der (künftige) Geschäftsführer selbst mit ab, kann ausnahmsweise sogar der Beschluss, an
dem der Anzustellende mitgewirkt hat – vorausgesetzt natürlich diese Mitwirkung bestand in seiner Zustimmung – als Anstellungsvertrag eingeordnet werden.
37
Im Übrigen ist es nicht erforderlich, dass alle Gremienmitglieder den Vertrag unterschreiben. Dies
wäre schon im Hinblick auf die Möglichkeit einer Mehrheitsentscheidung, deren Gegner dann ggf.
gerichtlich zur Unterschrift gezwungen werden müssten, eine unsinnige Anforderung. Es reicht
aus, wenn die Gesellschafterversammlung bzw. der Aufsichtsrat durch Beschluss den Inhalt des
Anstellungsvertrags vorgeben bzw. absegnen und festlegen, wer zur Unterzeichnung ermächtigt
wird. Auch ohne ausdrückliche Ermächtigung im entsprechenden Beschluss reicht es aus, wenn der
beherrschende Gesellschafter den Vertrag unterzeichnet. Die Unterzeichnung durch einen nicht
ausdrücklich ermächtigten Minderheitsgesellschafter ist ebenfalls genügend, wenn ein wirksamer
Gesellschafterbeschluss zum Anstellungsvertrag als solchem vorhanden ist und die Umstände ergeben, dass alle Gesellschafter mit der Unterzeichnung durch den Handelnden einverstanden sind.
Der Inhalt des Anstellungsvertrags muss im Übrigen nicht bis ins letzte Detail durch das zuständige
Gremium festgelegt werden. Insbesondere kann das Aushandeln der Einzelheiten auch einem Dritten – etwa auch einem professionellen Personalberater – überlassen werden.
38
51
Bestand mit dem künftigen Geschäftsführer bisher ein Arbeitsverhältnis (vgl. Rn. 19 f.),
sollte der Anstellungsvertrag als Geschäftsführer, wenn er zugleich als Aufhebung des
bisherigen Vertrags dienen soll, vorsorglich nicht nur aus dem Gesellschafterkreis, sondern auch vom für die Aufhebung des bisherigen Vertrags eigentlich zuständigen
Organ unterzeichnet werden. Die Problematik dieser unterschiedlichen Zuständigkeit
für die Beendigung des Arbeitsvertrags und den Abschluss des Geschäftsführervertrags
ist höchstrichterlich bislang ungeklärt.51
Ein Formerfordernis für den Anstellungsvertrag besteht – jedenfalls soweit der Anstellungsvertrag nicht ausnahmsweise als Arbeitsvertrag einzustufen ist – nicht. Nicht zuletzt aus steuerrechtli46
47
48
49
BGHZ 18, 205; BGH GmbHR 1991, 363; Scholz/K. Schmidt § 46 Rn. 70, 75.
Vgl. im Einzelnen Remmert/Schmalz, GmbHR 2008, 85 ff.
BGH WM 1976, 1226; BGHZ 111, 224.
So für den Fall des Mitbestimmungsgesetzes von 1976 ausdrücklich: BHGZ 89, 48 ff.; ebenso: Baumbach/Hueck/
Zöllner/Noack, § 52 Rn. 275.
50 § 31 Abs. 2 MitbestG schreibt zunächst eine Mehrheit von 2/3 der besetzten Aufsichtsratsstellen vor; scheitert
dies, tritt der besondere Ausschuss in Aktion.
51 Vgl. Goll-Müller/Langenhan-Komus, NZA 2008, 687, 688 f.
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8. Arbeitsrecht und Geschäftsführeranstellung
chen Gründen ist ein schriftlicher Vertragsschluss aber selbst beim Alleingesellschafter-Geschäftsführer dringend anzuraten. Soll der Anstellungsvertrag zugleich die Beendigung eines bisher
bestehenden Arbeitsverhältnisses beinhalten, ist hierzu wegen § 623 BGB Schriftform erforderlich.
40
Für Änderungen des Anstellungsvertrags gelten die vorstehenden Ausführungen entsprechend,
sodass auch insoweit Gesellschafterversammlung bzw. Aufsichtsrat zuständig sind. Insbesondere
hat der BGH seine frühere Rechtsprechung, wonach Änderungen auch durch Mitgeschäftsführer
möglich sein sollten, bereits vor längerer Zeit aufgegeben.52 Diese zutreffende Auffassung verhindert, dass sich Mitgeschäftsführer wechselseitig und unter Ausschluss der Gesellschafter Gehaltserhöhungen u.Ä. zukommen lassen.
41
Für die grundsätzlich ohne Weiteres mögliche Drittanstellung ist der gesetzliche Vertreter des
anstellenden Unternehmens zuständig. In der nicht mitbestimmten GmbH reicht ein Gesellschafterbeschluss zur entsprechenden Delegation des Anstellungsvertragsabschlusses weg von der
Gesellschaft(erversammlung) aus. Solange die von der Anstellung strikt zu trennende Berufung als
Organ in der Zuständigkeit der Gesellschafterversammlung bleibt, bedarf es keiner entsprechenden
Satzungsbestimmung. In Fällen einer nach der Montanmitbestimmung oder dem Mitbestimmungsgesetz von 1976 mitbestimmten GmbH bedarf eine Drittanstellung hingegen angesichts der
oben dargestellten Zuständigkeiten zumindest der Zustimmung des Aufsichtsrats.
42
Mangels Vorliegen eines Arbeitsvertrags i.S.d. § 620 Abs. 3 BGB sind die Beschränkungen für
Befristungen des TzBfG auf die Geschäftsführeranstellung nicht anzuwenden. Befristungen können daher ohne Sachgrund und wiederholt erfolgen.53 In jedem Fall zulässig ist die Befristung,
wenn auch die Bestellung zum Organ befristet erfolgt und die Befristung des Anstellungsvertrags
daran gekoppelt ist.
III.
Fehlerhafter Anstellungsvertrag
43
Auch wenn der Anstellungsvertrag als Geschäftsführer wie dargelegt regelmäßig kein Arbeitsverhältnis ist, ergibt sich doch in allen Fällen eine vergleichbare Problemstellung im Falle einer Nichtigkeit. Eine Nichtigkeit ergibt sich z.B., wenn es an einem notwendigen Gesellschafterbeschluss als
Grundlage der Anstellung fehlt oder wenn eine wirksame Anfechtung erfolgt ist. Konsequenz
einer Nichtigkeit ist grundsätzlich eine Unwirksamkeit ex tunc, also von Anfang an. Dies ist unproblematisch, wenn der Geschäftsführer seinen Dienst noch nicht angetreten hat. In diesem Fall wird
das Anstellungsverhältnis ohne Korrekturbedarf als von Anfang an unwirksam behandelt.
44
Wie bei einem bereits in Vollzug gesetzten Arbeitsverhältnis werden die unmodifizierten
Rechtsfolgen einer solchen Nichtigkeit den Interessen der Beteiligten jedoch dann nicht gerecht,
wenn der Geschäftsführer seinen Dienst bereits angetreten hat. Die gleichen Erwägungen, die zur
Rechtsfigur des faktischen Arbeitsverhältnisses geführt haben, unter anderem also die zeitliche
Komponente bzw. die fehlende Rückgewährfähigkeit der Leistung des Geschäftsführers und das
Interesse beider Seiten, für die Zeit der tatsächlichen Leistungserbringung die beabsichtigten wechselseitigen Rechte und Pflichten zu haben, führten deshalb zur Rechtsfigur des fehlerhaften Anstellungsvertrags54. Dabei werden trotz der Unwirksamkeit des in Vollzug gesetzten Vertragsverhältnisses alle Rechte und Pflichten für die Vergangenheit angenommen, die bei einer Vertragswirksamkeit
bestanden hätten. Für die Zukunft kann ein solches Arbeitsverhältnis freilich – unabhängig von
etwaigen Befristungen, die eben Teil eines unwirksamen Vertrags sind – von jeder Seite beendet
werden. Die wechselseitige Treuepflicht gebietet dabei jedoch eine Abwicklungsphase, die insbesondere sicherstellt, dass die GmbH (bei gehöriger Anstrengung) einen neuen Geschäftsführer verpflichten kann, bevor der fehlerhaft angestellte seine Tätigkeit einstellt.
52 BGH NJW 1991, 1680.
53 Baumbach/Hueck/Zöllner/Noack, § 35 Rn. 215; Rowedder/Schmidt-Leithoff/Koppensteiner, § 38 Rn. 44.
54 BGHZ 47, 341 (zur AG).
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C. Der GmbH-Geschäftsführer
IV.
Kündigung des Anstellungsvertrags, Wissenszurechnung, Beendigung bei
Rechtsformwechseln, Insolvenz
Die Zuständigkeiten für die Kündigung entsprechen denen der Anstellung.55 Die Ausführung des
unter Beachtung der Zuständigkeit gefassten Kündigungsbeschlusses kann Dritten überlassen werden.56 Der Gesellschafter-Geschäftsführer ist grundsätzlich nicht an der Mitwirkung an dem entsprechenden Gesellschafterbeschluss gehindert, weder mit seinen eigenen Stimmanteilen noch als
(von § 181 BGB befreiter) Vertreter für andere Gesellschafter. Für den Fall einer außerordentlichen Kündigung aus wichtigem Grund hat er jedoch kein Stimmrecht und ist auch von einer
Vertretung ausgeschlossen.57 Zutreffend ist, diesen Stimmrechtsausschluss auch auf eine vom
Geschäftsführer beherrschte Personengesellschaft zu erstrecken.58
45
Auch bei der Kündigung sind naturgemäß Abberufung als Organ und Beendigung des Anstellungsvertrags als grundsätzlich getrennte Vorgänge zu betrachten. So hat z.B. eine rechtskräftige
Entscheidung über das Vorliegen eines wichtigen Grunds für die Abberufung keine Rechtskraftwirkung für das Vorliegen eines wichtigen Grunds für die Kündigung des Anstellungsvertrags.59 Diese
Trennung zwischen Abberufung aus der Organstellung und Kündigung des Dienstverhältnisses
entspricht indes oft nicht den Interessen der Gesellschaft, sodass sich in Geschäftsführeranstellungsverträgen öfter eine Koppelung von Abberufung und Kündigung findet. Diese Koppelung ist als grundsätzlich zulässig von der Rechtsprechung anerkannt.60 Die Koppelung einer Beendigung des Anstellungsvertrags an die Abberufung als Organ aus wichtigem Grund erspart den
Kündigenden die Doppelprüfung, ob der Abberufungsgrund auch als Grund i.S.v. § 626 BGB tauglich ist, sowie das Fristproblem des § 626 Abs. 2 BGB.
46
Besteht keine Befristung, so ist eine ordentliche Kündigung durch beide Vertragsteile grundsätzlich jederzeit und ohne rechtfertigenden Grund möglich.61 Umstritten ist, welche Fristen hierfür
zu beachten sind, wenn der Anstellungsvertrag entgegen der hiermit ausgesprochenen dringenden Empfehlung hierzu keine Regelung trifft. Eine solche Regelung kann auch kürzere Fristen und
für den Fall einer Koppelung an eine Abberufung als Organ aus wichtigem Grund auch Fristlosigkeit vorsehen. Für den Fall der Koppelung der Anstellungsvertragsbeendigung an eine „normale“
Abberufung aus der Organstellung greift diese nur mit der Maßgabe, dass die Kündigung nicht
sofort, sondern nur mit der für das Dienstverhältnis maßgeblichen Frist für eine ordentliche Kündigung wirkt.62
47
Ist keine vertragliche Regelung getroffen, kommen für die Fristbestimmung § 621 Nr. 3 BGB (Kündigung von Dienstverhältnissen im Allgemeinen) und § 622 Abs. 1 und 2 BGB (Kündigung von
Arbeitsverhältnissen) in Betracht. Die Rechtsprechung wendet für beherrschende GesellschafterGeschäftsführer § 621 Nr. 3 BGB an63, im Übrigen § 622 Abs. 1 und (in entsprechender Anwendung) 264 an, was trotz der Wortlautproblematik und nur eingeschränkt vergleichbaren Situation
auch in der Literatur Zustimmung findet.65 Ausgeschlossen ist die ordentliche Kündigung wie bei
jedem Dienstverhältnis dann, wenn es auf befristete Zeit vereinbart wurde und das ordentliche
Kündigungsrecht während der Laufzeit nicht ausdrücklich vorbehalten wurde. Auch ohne Befristung kann im Anstellungsvertrag der Ausschluss der ordentlichen Kündigung (zum Schutz des
48
55 BGHZ 91, 217.
56 BGH WM 1968, 570; Goette, DStR 1999, 1537.
57 Vgl. unter anderem BGHZ 86, 177; BGH ZIP 1992, 760; BGH NJW 1969, 1484; OLG Zweibrücken, GmbHR
1998, 373.
58 Vgl. OLG Karlsruhe, NZG 2000, 264.
59 BGH GmbHR 1990, 345.
60 BGH NZG 1999, 1215; BGH NJW 1989, 2683 (zu Vorstandsverträgen).
61 BGH GmbHR 1994, 57.
62 BGH NJW 1989, 2683 (zu Vorstandsverträgen).
63 BGH GmbHR 1984, 312.
64 BGH GmbHR 1981, 158; 1984, 312.
65 Vgl. Baumbach/Hueck/Zöllner/Noack, § 35 Rn. 243; Roth/Altmeppen/Altmeppen, § 6 Rn. 81; Staudinger/Preis,
§ 621 Rn. 7 ff.; Heyll, S. 209; Bauer, Rn. 24.
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8. Arbeitsrecht und Geschäftsführeranstellung
Geschäftsführers) vereinbart werden. Eine solche Vereinbarung kann z.B. auch in einem Verweis
auf die Regelungen des BAT liegen.66
49
Ist eine ordentliche Kündigung nicht oder nicht rechtzeitig möglich, bleibt stets die außerordentliche Kündigung, wenn ein wichtiger Grund vorliegt. Dieser liegt vor, wenn wegen der tatsächlichen Umstände ein Festhalten am Dienstverhältnis bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist bzw. Befristung unzumutbar ist. Maßstab ist die Sicht eines objektiven Betrachters.
Verschulden ist nicht erforderlich,67 da es allein darauf ankommen muss, ob einer weiteren Zusammenarbeit die Grundlage entzogen ist. Aufseiten des Geschäftsführers kommen hier insbesondere
schwerwiegende, unberechtigte Vorwürfe aus dem (Mit-)Gesellschafterkreis, die eine Fortsetzung
unzumutbar machen,68 nachträgliche Befugnisbeschränkungen im Kernbereich der Geschäftsführertätigkeit69 oder das Verlangen der Gesellschafter nach gesetzwidrigen Maßnahmen – etwa das
Unterlassen des aus Sicht des Geschäftsführers erforderlichen Insolvenzantrags – in Betracht. Aus
Sicht der Gesellschaft sind unter anderem schwere oder wiederholte Pflichtverletzungen wie Vorteilsnahme bzw. Untreue70, sonstige Treueverstöße wie Verletzung der Verschwiegenheitspflicht,
unangemessene Spekulationsgeschäfte71 oder nachhaltiger Verstoß gegen Wettbewerbsverbot72,
eine Zerrüttung im Verhältnis zu (Mit-)Gesellschaftern oder Mitgeschäftsführern73, aber auch
geschäftliches Versagen74 zu nennen. Die Verletzung der Insolvenzantragspflicht berechtigt ebenfalls zur fristlosen Kündigung.75 Eine schwere Erkrankung kann hingegen bei Möglichkeit der
ordentlichen Kündigung eine fristlose außerordentliche Kündigung nicht begründen – der
Geschäftsführer ist nicht einseitig von Treuepflichten gebunden.
50
Besonders im Hinblick auf die Frist des § 626 Abs. 2 BGB (außerordentliche Kündigung innerhalb
von zwei Wochen nach Kenntnis des Kündigungsgrunds), aber auch in Anfechtungsfragen ist relevant, wessen Wissen hier der GmbH zuzurechnen ist. Hierbei kommt es allein auf die Kenntnis
derjenigen Personen an, denen das Recht zur Kündigung zusteht, bzw. bei der Anfechtung auf diejenigen, die den Vertrag geschlossen haben. Somit ist allein die Kenntnis der zusammengetretenen Gesellschafterversammlung bzw. wo einschlägig des Aufsichtsrats der GmbH relevant.76
Deren bzw. dessen Einberufung darf nicht unangemessen verzögert werden.77 Erlangt ein Mitglied
des für die Kündigung zuständigen Organs von zur Kündigung berechtigenden Umständen Kenntnis und wirkt nicht auf die Einberufung einer Gesellschafterversammlung hin, wird für den Fristbeginn auf den Zeitpunkt abgestellt, an dem eine Versammlung bei unverzüglicher Einberufung stattgefunden hätte.78 Die außerhalb der Gesellschafterversammlung erlangte Kenntnis aller
Gesellschafter genügt für den Fristbeginn nicht,79 auch hier ist auf den Zusammentritt abzustellen.
Ist der zu kündigende Geschäftsführer der einzige Geschäftsführer und verweigert er die Einberufung einer Gesellschafterversammlung, muss es dem einberufungsberechtigten Gesellschafter
gestattet sein, die für eine durch ihn erfolgende Einberufung nach § 50 Abs. 3 S. 1 GmbHG angemessene Frist abzuwarten.
66
67
68
69
70
71
72
73
74
75
76
77
78
79
BGH GmbHR 1998, 375.
Baumbach/Hueck/Zöllner/Noack, § 35 Rn. 218.
BGH GmbHR 1992, 301.
OLG Frankfurt/M., GmbHR 1993, 288.
BAG NJW 1973, 533 (Schmiergelder); OLG Karlsruhe, GmbHR 1988, 484 (Übernahme entgeltlicher Tätigkeit für
GmbH durch eigene Firma des GF ohne Unterrichtung der Gesellschafter); BGH GmbHR 1997, 998 (Verwendung
von GmbH-Personal beim Bau des Privathauses); OLG Brandenburg, NZG 2000, 143 (Für Gesellschaft nachteilige
Geschäfte mit Verwandten).
BGH BB 1967, 731; BGH WM 1975, 176.
BGH DB 1995, 970; OLG Düsseldorf, GmbHR 2000, 1050; 2005, 541.
LG Karlsruhe, GmbHR 1998, 684.
BGH WM 1976, 379; OLG Düsseldorf, BB 1986, 567.
BGH NJW 2005, 3069 und Hinweisbeschluss des BGH NZA 2008, 648.
Vgl. BGH NJW 1993, 464 bzw. zum Aufsichtsrat: Reiserer, BB 2002, 1199.
Vgl. Palandt/Weidenkaff, § 626 BGB Rn. 24.
BGH DB 1980, 1686; Reiserer/Peters, DB 2008, 170.
Vgl. BGH NJW 1998, 3274.
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Auszug aus "Systematischer Praxiskommentar GmbH-Recht", 1. Auflage 2009
C. Der GmbH-Geschäftsführer
Nochmals betont sei, dass die vorstehenden Ausführungen nur den Anstellungsvertrag, nicht die
Organstellung als Geschäftsführer betreffen. Letztere endet ohne Weiteres durch entsprechenden
Abberufungsbeschluss der Gesellschafterversammlung bzw. des Aufsichtsrats. Wegen der erforderlichen Handelsregisteranmeldung sei auch an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass die ersatzlose Abberufung des einzigen Geschäftsführers zur Ermöglichung der entsprechenden Handelsregisteranmeldung aufschiebend bedingt erfolgen sollte. Wird mit sofortiger Wirkung der einzige
Geschäftsführer abberufen, kann niemand die Anmeldung der Abberufung vornehmen. Auch die
Neufassung des § 35 Abs. 1 GmbHG hilft hierbei nicht weiter. Denn § 35 GmbHG regelt nur den
Empfang von Willenserklärungen durch und Zustellungen an eine geschäftsführerlose Gesellschaft
– nicht die Abgabe einer Anmeldung. Erforderlich ist letztlich immer die Beendigung beider Rechtsverhältnisse. Freilich kann dieses Ergebnis durch vertragliche Koppelung von Abberufung und Kündigung erreicht werden und auch ohne Koppelung die Beendigung beider Rechtsverhältnisse durch
einheitliche Erklärung erfolgen, die dann aber klar erkennen lassen muss, dass sie auf die Beendigung von Berufung und Anstellung gerichtet ist.
51
Will man beide Rechtsverhältnisse (Organstellung und Anstellungsvertrag) beenden,
ist eine Abberufung mit Wirkung vor Zugang der Kündigung mit Blick auf § 14 Abs. 1
Nr. 1 KSchG zumeist untunlich: Ist bei Zugang der Kündigung des Anstellungsvertrags
die Organstellung infolge vorher wirksamer Abberufung bereits beendet, kommt die
in § 14 Abs. 1 Nr. 1 KSchG angeordnete negative Fiktion (d.h. der Ausschluss des Kündigungsschutzes – vgl. Rn. 29) nicht zum Tragen. Es gilt daher insoweit: Erst kündigen,
dann abberufen.
Oft wird die Abberufung vor der Kündigung des Anstellungsvertrags wirken. Regelmäßig wird
für diese Phase, in der der Geschäftsführer seine vertraglich eigentlich geschuldete Tätigkeit – die
Geschäftsführung – nicht mehr erbringen kann, eine einvernehmliche Vereinbarung– zumeist wohl
ein Verzicht auf weitere Dienste und Zahlung einer Abfindung – zwischen den Beteiligten getroffen. Andernfalls besteht der Vergütungsanspruch des Geschäftsführers auch nach seiner Abberufung fort, wenn er seine Dienste der Gesellschaft anbietet. Nimmt diese das Angebot nicht an,
gerät sie in Annahmeverzug (§§ 294 ff. BGB), der Vergütungsanspruch bleibt, ohne dass der
Geschäftsführer nachleisten müsste (§ 615 Satz 1 BGB). Dabei geht die Rechtsprechung davon aus,
dass der ehemalige Geschäftsführer bis zur Beendigung auch des Anstellungsvertrags eine seinen
Kenntnissen und Fähigkeiten angemessene leitende Stellung übernehmen muss, wenn ihm dies
aufgetragen wird und er eine fristlose Kündigung vermeiden will.80 Die Kritik an dieser Auffassung,
eine Tätigkeit unterhalb der Geschäftsführerebene im selben Betrieb sei regelmäßig unzumutbar,81, übersieht die Unzumutbarkeit einer Zahlung fürs Nichtstun. Denn typischerweise wird nur
der abberufene Geschäftsführer einer Aufhebung des Anstellungsvertrags im Wege stehen, der
noch keine neue Beschäftigung gefunden hat. Will er in dieser Phase eine Vergütung, sollte auch
eine Arbeitsleistung zumutbar sein.82 Dabei hat der Gesellschaft nach zutreffender Auffassung der
Rechtsprechung als Konsequenz der Verweigerung einer entsprechenden Tätigkeit auch die fristlose Kündigung offenzustehen, da diese die Reaktionsmöglichkeit auf eine vollständige Leistungsverweigerung verbleiben muss.83 Freilich kann dies im Einzelfall – etwa bei ersichtlich missbräuchlichem bzw. schikanösem oder treuwidrigem Vorgehen der Gesellschafter – anders zu beurteilen
sein. Ein wegen angeblichem Vertrauensbruch abberufener Geschäftsführer braucht auch in anderer Funktion nicht für das Unternehmen tätig zu bleiben,84 auch Verschuldensgesichtspunkte sind
hier mit einzubeziehen. Wählt die Gesellschaft diesen Weg einer anderweitigen Beschäftigung im
80
81
82
83
84
BGH DB 1966, 1306; BGH GmbHR 1978, 85; OLG Karlsruhe, GmbHR 1996, 208.
Oppenländer/Trölitzsch/Baumann, § 13 Rn. 75.
So im Erg. auch Dernbach, BB 1982, 1266.
A.A. Gravenhorst, GmbHR 2007, 417.
OLG Karlsruhe, GmbHR 1996, 208, wo die (nach Arbeitsverweigerung ausgesprochene) außerordentliche Kündigung auch des Anstellungsvertrags deshalb im Ergebnis keinen Bestand hatte.
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Auszug aus "Systematischer Praxiskommentar GmbH-Recht", 1. Auflage 2009
8. Arbeitsrecht und Geschäftsführeranstellung
eigenen Unternehmen nicht, so bleibt ihr gegen die Zahlungsansprüche des abberufenen
Geschäftsführers nur § 615 Satz 2 BGB, wonach dieser sich anrechnen lassen muss, was er infolge
des Unterbleibens der Dienstleistung an Aufwendungen erspart und was er durch anderweitige
Verwendung seiner Arbeitskraft erwirbt oder böswillig zu erwerben unterlässt.85
Jedenfalls bereits fällige Vergütungsansprüche des Geschäftsführers können von diesem auch im
Urkundenprozess geltend gemacht werden.86
53
Auch sei darauf hingewiesen, dass in Fällen eines „ruhenden Arbeitsverhältnisses“ (siehe Rn. 19)
die Beendigung der Geschäftsführeranstellung zum Wiederaufleben dieses ruhenden Arbeitsverhältnisses führen kann. Soll dieses gleichzeitig mit dem Anstellungsvertrag gekündigt werden,
muss sich dies aus den Erklärungen des Kündigenden ergeben. In einem solchen Fall steht dem
Geschäftsführer als dem Kündigungsgegner dann auch der Weg zu den Arbeitsgerichten für eine
Kündigungsschutzklage offen.
54
Zu beachten ist auch, dass die Geschäftsführerstellung durch Umwandlungsvorgänge enden
kann. Wenn etwa eine GmbH in eine (kleine) AG umgewandelt wird, endet die Geschäftsführerstellung automatisch, nicht dagegen der Anstellungsvertrag. Soll der bisherige Geschäftsführer
nicht Vorstand werden, muss der Anstellungsvertrag gekündigt werden; andernfalls ist er entsprechend an die neue Stellung anzupassen.
55
Umstritten ist, ob Mehrheitsgesellschafter-Geschäftsführern, die sich selbst bestellen und die
Bedingungen ihrer Anstellung selbst festlegen konnten, in der Insolvenz bis zur Beendigung des
Dienstvertrags ein reguläres Geschäftsführergehalt als Masseforderung zusteht87 oder ob dem
Insolvenzverwalter das Wahlrecht gem. § 103 InsO zuzubilligen ist, wonach er die weitere Erfüllung
des Dienstvertrags schon vor dessen Beendigung ablehnen und den Geschäftsführer auf die einfache Insolvenzforderung wegen Nichterfüllung beschränken kann.88 Zutreffend ist Letzteres. Zwar
gibt es gewiss Fälle, in denen auch ein Gesellschafter-Geschäftsführer die Fristen der InsO benötigt,
um sich eine neue Vollzeitbeschäftigung zu suchen.89 Er hatte jedoch vor allen anderen Gelegenheit, die Schieflage des Unternehmens zu erkennen, ggf. auch gegenzusteuern oder sich selbst
und seinen Mitarbeitern die Situation rechtzeitig einzugestehen und nach neuen Möglichkeiten
Ausschau zu halten. Ein Geschäftsführer, der bis zuletzt voll werthaltig für seine GmbH arbeitet und
plötzlich (z.B. durch unerwarteten Schuldnerausfall) von der Insolvenz überrascht wird, so z.B. der
voll mitarbeitende Meister in der kleinen Handwerker-GmbH, wird andererseits regelmäßig vom
Wahlrecht des Insolvenzverwalters nichts zu befürchten haben. Dort, wo die Leistung nicht werthaltig ist, noch über Monate zulasten anderer Gläubiger ein unverändertes Gehalt an den Gesellschafter-Geschäftsführer auszahlen zu müssen, wäre in der Tat anstößig.90
56
V.
Geschäftsführeranstellung und Sozialversicherungspflicht
1.
Grundsätze
Die Frage der Sozialversicherungspflicht des GmbH-Geschäftsführers hängt von der Einstufung
seiner Geschäftsführeranstellung als versicherungspflichtige Beschäftigung ab. Dabei stuft die Sozialgerichtsbarkeit die Tätigkeit einer Person in einem Unternehmen enumerativ als abhängige
Beschäftigung, unternehmerische Tätigkeit oder selbstständige Dienstleistung ein. Da die GmbH als
solche der Unternehmer bzw. Arbeitgeber ist, ist für den Geschäftsführer eine Einordnung als selbstständiger Dienstleister oder als abhängig Beschäftigter vorzunehmen. § 7 Abs. 1 SGB IV enthält zu
Letzterem die relativ amorphe Definition. Danach ist (versicherungspflichtige) Beschäftigung „die
nicht selbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis“. Auf diese Definition greifen
85
86
87
88
89
90
Im Einzelnen zum Anstellungsverhältnis nach Abberufung: Gravenhorst, GmbHR 2007, 417.
Vgl. (mit näheren Ausführungen zum gerichtlichen Vorgehen) Reiserer/Peters, DB 2008, 170.
Vgl. etwa Gottwald/Haas, § 92 Rn. 142; Lutter/Hommelhoff/Kleindiek, Anh. § 6 Rn. 69.
Vgl. hierfür z.B. Baumbach/Hueck/Zöllner/Noack, § 35 Rn. 190; Heilmann, ZIP 1980, 344.
So die tragende Argumentation bei Lutter/Hommelhoff/Kleindiek, Anh. § 6 Rn. 69.
So zutreffend: Baumbach/Hueck/Zöllner/Noack, § 35 Rn. 190.
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C. Der GmbH-Geschäftsführer
sowohl § 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI zurück, der die Rentenversicherungspflicht normiert, als auch §§ 20
Abs. 1, 25 SGB III, die die Versicherungspflicht in der Arbeitslosenversicherung normieren. Eine Konsequenz dieser unpräzisen Definition ist, dass in den verschiedenen Zweigen des Sozialversicherungsrechts unterschiedliche Verständnisse des Beschäftigungsbegriffs bestehen. Immerhin verdeutlicht der Zusatz „insbesondere in einem Arbeitsverhältnis“, dass der sozialversicherungsrechtliche
Begriff „Beschäftigungsverhältnis“ nicht mit dem arbeitsrechtlichen Begriff „Arbeitsverhältnis“
deckungsgleich ist, sondern darüber hinausgeht. Die Frage, ob die Organstellung des Geschäftsführers nicht zwingend seine Arbeitnehmereigenschaft ausschließt (vgl. Rn. 14), ist für das Sozialversicherungsrecht deshalb belanglos.
Für das Sozialversicherungsrecht schließt die Organstellung die Abhängigkeit nicht aus.91 Das
wesentliche Merkmal für die Behandlung des Geschäftsführers im Sozialversicherungsrecht ist
somit allein seine persönliche Abhängigkeit. Diese entscheidet, ob die Tätigkeit „nichtselbstständig“ ist. Freilich werden für die Feststellung der persönlichen Abhängigkeit auch seitens des
BSG die Begriffe der Eingliederung in den Betrieb und der Unterordnung unter die Weisungen des
Arbeitgebers als Abgrenzungskriterien in den Vordergrund gestellt,92 sodass im Ergebnis nur
geringe Unterschiede zur in Rn. 12 aufgezeigten Abgrenzung bestehen. Die Einstufung durch die
Beteiligten ist dabei nicht maßgeblich. Die Einstufung folgt vielmehr der objektiv gegebenen
Rechtslage. Behandeln die Beteiligten den Geschäftsführer als selbstständigen Dienstleister, ist er
aber nach den objektiven Umständen abhängig, liegt ein Fall der „Scheinselbstständigkeit“ vor.
57
Hauptindizien gegen bzw. für eine Abhängigkeit sind dabei:
58
•
(fehlende) Teilhabe am Gesellschaftskapital mit Möglichkeit zur Verhinderung ungenehmer
Entscheidungen
•
(fehlende) Möglichkeit, die Entscheidungen der Gesellschafter aus sonstigen besonderen
Gründen leiten zu können
•
(fehlende) vertragliche Weisungsunterworfenheit und Eingliederung in den Betrieb (gegen
eine Abhängigkeit unter anderem: freie Verfügung über eigene Arbeitskraft inklusive Befugnis zur Tätigkeit für andere, Urlaubsantritt ohne Genehmigung, Befugnis zur Aufgabendelegation, weitgehend frei gestaltete Tätigkeit, freie Wahl von Beginn und Ende der Arbeitszeit
und [soweit sachlich möglich] frei gewählter Arbeitsort)
•
(fehlende) faktische Abwicklung einer selbstständigen Arbeit gemäß
•
(kein) unternehmerisches Auftreten am Markt und
•
(fehlendes) Unternehmerrisiko
•
(fehlende) Befreiung vom Selbstkontrahierungsverbot.
Ergänzend sind formelle Kriterien beachtlich, wie etwa:
•
Abführung von Lohnsteuer und Sozialversicherungsbeträgen
•
Gewährung von Urlaub bei Gehaltsfortzahlung
•
Gehaltsfortzahlung im Krankheitsfall
•
Führung einer Personalakte.
59
Maßgeblich ist stets eine Gesamtschau aller Indizien, die je nach Einzelfall und dessen Eigenarten
zu gewichten sind.
91 BSG NZA 1991, 869.
92 Vgl. neben vielen: BSG GmbHR 2006, 645.
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8. Arbeitsrecht und Geschäftsführeranstellung
2.
Teilhabe am Gesellschaftskapital versus Weisungsunterworfenheit
60
Entscheidend ist, ob die Stellung des Geschäftsführers so stark ist, dass er ihm nicht genehme Entscheidungen verhindern und relativ weisungsfrei agieren kann. Bei einem Mehrheitsgesellschafter-Geschäftsführer kommt deshalb Sozialversicherungspflicht nur in krassen Ausnahmefällen in
Betracht, in denen (z.B. über Treuhandverhältnisse oder atypisch stille Beteiligungen) tatsächlich
eine Drittbeherrschung möglich ist und ausgeübt wird.
61
Ein Minderheitsgesellschafter-Geschäftsführer und ein Fremdgeschäftsführer93 sind regelmäßig abhängig und damit sozialversicherungspflichtig.94 Zu Letzterem gibt es jedoch eine Reihe
praktisch relevanter Ausnahmen: Minderheitsgesellschafter können bei entsprechendem Einfluss in
der Gesellschafterversammlung (z.B. bei Stimmrechtsquoren, die eine Mitwirkung des Minderheitsgesellschafters jenseits der gesetzlichen Anforderungen erforderlich machen) oder auch dann,
wenn die Gesellschafter ihre Kontrollrechte tatsächlich nicht ausüben,95 sozialversicherungspflichtsfrei sein. Besondere Bedeutung kommt bei familiären Gesellschafterkreisen der Frage zu, ob
die Interessen der Beteiligten gleich gelagert sind und ein Direktionsrecht daher nicht ausgeübt zu
werden braucht bzw. aus familiärer Rücksichtnahme nicht ausgeübt wird. Der „Fremd“geschäftsführer, hinter dem sich der „Unternehmenspatriarch“ verbirgt, der steuerlich motiviert einzelne
Gesellschaften schon auf die nächste Generation übertragen hat, ohne seine faktische Bestimmungsbefugnis aufzugeben, unterliegt mangels Abhängigkeit nicht der Sozialversicherungspflicht,96 ebenso wenig der Fremdgeschäftsführer, der als Einziger im Unternehmen die notwendigen Fachkenntnisse hat und faktisch schalten und walten kann, wie er es will.97 Letztlich handelt
es sich aber stets um Entscheidungen im konkreten Einzelfall, auch Familienkonstellationen sind
keine Garantie für eine Sozialversicherungsfreiheit.98
62
Eine abhängige Beschäftigung kann schließlich nicht allein deshalb bejaht werden, weil der
Geschäftsführer teilweise – z.B. bei besonders wichtigen Unternehmensentscheidungen – Weisungen unterliegt oder Genehmigungen einholen muss. Jeder Dienstleister ist einem gewissen Weisungsrahmen unterworfen. Entscheidend ist vielmehr, ob der Geschäftsführer in Bezug auf die
Ausführung seiner Arbeit (Zeit, Ort, Art und Weise der Tätigkeit, Fällen von Entscheidungen etc.)
Weisungen unterworfen ist oder diese eben im Wesentlichen selbst bestimmt.
3.
63
Faktische Abwicklung, Unternehmerrisiko, sonstige Indizien
Nicht zu unterschätzen ist auch die Indizienwirkung der tatsächlichen Abwicklung durch die
Beteiligten. Ein klar dokumentierter Wille, die Tätigkeit auf Verrichtung selbstständiger Arbeit auszurichten und eine Behandlung der Geschäftsführervergütung als Gewinnentnahme sprechen für,
die Abführung von Lohnsteuer gegen eine Selbstständigkeit. Zwar ist mangels Deckungsgleichheit
zwischen Sozial- und Steuerrecht die Einschätzung des Finanzamts nur von indizieller Bedeutung,
aber eben nicht bedeutungslos. Trägt der Geschäftsführer durch Haftung, durch Darlehensgewährung an die Gesellschaft o.Ä. ein unternehmerisches Risiko, spricht auch dies gegen seine Abhängigkeit. Erhält er dagegen ausschließlich eine gewinnunabhängige Festvergütung, ist dies ein Indiz
für eine abhängige Beschäftigung.
93
94
95
96
97
98
BSG NZG 2002, 431.
Grundlegend: BSG GmbHR 2002, 324.
BSG GmbHR 2004, 494; 2006, 645 mit Anm. Löw.
BSG v. 23.9.1982 – 10 Rar 10/81, SozR 2100 § 7 Nr. 7; BSG GmbHR 2001, 668.
LSG Hessen, GmbHR 2007, 487 mit Anm. Löw (Revision zugelassen).
Vgl. etwa LSG Bayern, GmbHR 2007, 490 (Revision nicht zugelassen), das die als Geschäftsführerin von § 181
BGB befreite Ehefrau des Alleingesellschafters, die zudem zuvor selbst Alleingesellschafterin gewesen war, als
nichtselbstständig einordnet. Mitentscheidend dürfte dort jedoch gewesen sein, dass auch der Ehemann als
(Gesellschafter-)Geschäftsführer der GmbH tätig war und eine Reihe wichtiger Einzelkriterien wie etwa fehlende
Einzelvertretungsbefugnis, Überstundenzuschläge, Festgehalt etc. für eine Nichtselbstständigkeit stritten.
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C. Der GmbH-Geschäftsführer
In der Praxis werden der Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB und der
Einzelvertretungsbefugnis hohe Indizwirkung beigemessen. Soll etwa der Geschäftsführer einer Konzerngesellschaft sozialversicherungsfrei beschäftigt werden, kann dies
ggf. durch Einräumung einer gewissen Beteiligung und eben Befreiung von § 181
BGB sowie Einräumung von Einzelvertretungsbefugnis begünstigt werden. Freilich
wird der Geschäftsführer in diesen wie in allen anderen Fällen darauf achten müssen,
dass ihm auch ausreichend Mittel für die dann nötige eigene Vorsorge bzw. entsprechende privatversicherungsrechtliche Absicherungen gewährt werden.
4.
Ein-Mann-GmbH und Scheinselbstständigkeit
Personen, die im Zusammenhang mit ihrer selbstständigen Tätigkeit regelmäßig keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigen und auf Dauer und im Wesentlichen nur für einen
Auftraggeber tätig sind, droht die Einstufung als „Scheinselbstständiger“. Durch das Urteil des
BSG vom 24.11.200599 entstanden Irritationen im Bereich der Ein-Mann-GmbH. Deren Geschäftsführer hat mit „seiner“ GmbH ja nur einen Auftraggeber und persönlich i.d.R. keine Mitarbeiter
beschäftigt. Das BSG hielt diese Sachlage in der Person des Geschäftsführers für maßgeblich. Durch
§ 2 Satz 1 Nr. 9 und Satz 4 Nr. 3 SGB VI in der Fassung des Haushaltsbegleitgesetzes vom
29.6.2006100 hat der Gesetzgeber aber klargestellt, dass es bei Gesellschaftern auf die Auftraggeber der Gesellschaft ankommt und ihnen die Mitarbeiter der Gesellschaft zugerechnet werden.
5.
64
65
Anfrageverfahren
Sicherheit über Bestehen oder Nichtbestehen einer Sozialversicherungspflicht kann ein Anfrageverfahren gem. § 7a SGB IV schaffen. Bei Gesellschafter-Geschäftsführern, die der Krankenkasse (als
zentraler Einzugsstelle für die Sozialversicherungsbeiträge) mit entsprechendem Statuskennzeichen
gemeldet werden, wird automatisch ein Verfahren zur Prüfung der Sozialversicherungspflicht
seitens der BfA durchgeführt. Dieses Anfrageverfahren kann aber auch durch eigenen Antrag
eingeleitet werden. An das in diesem Verfahren gefundene Ergebnis sind die Sozialversicherungsträger (gem. § 366 SGB III auch die Bundesagentur für Arbeit) auch leistungsrechtlich gebunden.
66
Besteht Sozialversicherungspflicht, ist der Geschäftsführer ganz normal in der Kranken-, Rentenund Arbeitslosenversicherung beitragspflichtig und leistungsberechtigt. Besteht keine Sozialversicherungspflicht, kann sich der Geschäftsführer gleichwohl freiwillig in der gesetzlichen Krankenund Rentenversicherung, nicht aber in der Arbeitslosenversicherung versichern.101
67
VI. Geschäftsführeranstellung und Steuerrecht
Komplexität und Umfang des Steuerrechts lassen eine abschließende Darstellung im vorliegenden
Rahmen nicht zu. Lediglich zur groben ersten Orientierung, der eine individuelle Beratung durch
den steuerlichen Berater nachfolgen muss, sollen hier die wichtigsten Punkte angesprochen werden.
68
Die Einkünfte des bei der GmbH angestellten Geschäftsführers für seine Tätigkeit als solche sind
Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit i.S.d. § 19 EStG. Die Einordnung als Arbeitnehmer
bzw. abhängig Beschäftigter ist dafür nicht erforderlich. Lohnsteuerrechtlich ist der angestellte
Geschäftsführer nichtselbstständiger Arbeitnehmer. Umsatzsteuerrechtlich wird gem. Abschnitt 17
Abs. 2 Satz 1 UStR nach denselben Grundsätzen über das Vorliegen einer Selbstständigkeit i.S.d.
§ 2 Abs. 1 UStG geurteilt wie bei der Einkommen- und Gewerbesteuer. Dabei können die in H67
LStH 2007 unter dem Stichwort „Allgemeines“ genannten Kriterien sinngemäß herangezogen
69
99 BSG GmbHR 2006, 367.
100 BGBl. I 2006 S. 1402.
101 Eine umfassende Übersicht über die jeweiligen Pflichten und Leistungsansprüche sowie zu den Möglichkeiten
freiwilliger Versicherung für die wichtigsten Zweige der Sozialversicherung findet sich unter anderem bei Brand,
in: GmbH-Handbuch, Teil IV – Sozialversicherungsrecht, insb. Rn. 1312 ff.
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8. Arbeitsrecht und Geschäftsführeranstellung
werden. Somit ist der angestellte Geschäftsführer regelmäßig auch umsatzsteuerlich nichtselbstständig tätig.102
70
Für den bei der Komplementär-GmbH einer GmbH & Co. KG angestellten Geschäftsführer, der
gleichzeitig Kommanditist ist, wird ertragssteuerlich dagegen Selbstständigkeit unterstellt. Die Vergütung, die er erhält, gehört zu den Gewinneinkünften gem. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG (Einkünfte als selbstständiger Mitunternehmer der KG). In umsatzsteuerrechtlicher Hinsicht ist die
Frage der Selbstständigkeit jedoch auch in diesem Fall unter Anwendung der allgemeinen Grundsätze zu beurteilen.103
71
Ist der bei der GmbH angestellte Geschäftsführer jedoch zugleich Gesellschafter oder steht er
einem Gesellschafter nahe, so werden nicht alle als im Zusammenhang mit der Geschäftsführertätigkeit stehend deklarierten Zahlungsflüsse an ihn steuerlich als solche anerkannt. Insbesondere
beim Gesellschafter-Geschäftsführer ist vielmehr zwischen Arbeitslohn einerseits und Gewinnausschüttungen andererseits zu unterscheiden. Mit dem Stichwort der „verdeckten Gewinnausschüttung“ werden dabei in diesem Zusammenhang Auszahlungen an den Geschäftsführer
bezeichnet, die als Arbeitslohn deklariert sind, tatsächlich aber auf der Gesellschafterstellung oder
einem Näheverhältnis zum Gesellschafterkreis beruhen. Dieser werden steuerlich – wie die offenen
Gewinnausschüttungen bzw. Dividendenzahlungen – zu den Einkünften aus Kapitalvermögen
gem. § 21 EStG gerechnet. Nach der Rechtsprechung des BFH sind verdeckte Gewinnausschüttungen Vermögensvorteile, die eine Kapitalgesellschaft ihren Gesellschaftern (oder diesen nahe stehenden Personen) außerhalb der gesellschaftsrechtlichen Gewinnverteilung zuwendet, wenn sie
diesen Vermögensvorteil bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften
Geschäftsleiters nicht auch einem Dritten (unter sonst gleichen Umständen) gewährt hätte.104 Insbesondere Gehaltszahlungen an den Gesellschafter-Geschäftsführer dürfen daher nur in „angemessener Höhe“ als Betriebsausgaben abgezogen werden.105
72
Die Geschäftsführereinkünfte gem. § 19 EStG unterliegen „nur“ der direkten Einkommensbesteuerung beim Geschäftsführer, bei der GmbH werden sie als Betriebsausgaben abgezogen. Die Höhe
der Steuerbelastung hängt damit allein von der persönlichen Gesamteinkünftesituation des Gesellschafters bzw. von seiner individuellen Steuerlast ab. Einkünfte, die beim Gesellschafter-Geschäftsführer unter § 21 EStG fallen, sind bei der GmbH hingegen nicht als Betriebsausgaben abzugsfähig
und deshalb zunächst auf deren Ebene der Besteuerung unterworfen (Körperschafts- und Gewerbesteuer). Auf Ebene des (Geschäftsführer-)Gesellschafters unterliegen die tatsächlich ausgeschütteten Beträge (= der um die Steuerlast der Gesellschaft gekürzte ausgekehrte Gewinnbetrag) dann
nach aktuellem Recht zur Hälfte der Besteuerung (Halbeinkünfteverfahren). Ab dem 1.1.2009
unterliegen die ausgezahlten Beträge auf der Gesellschafterebene in voller Höhe der Pauschalbesteuerung von 25 % (§ 32d EStG in der Fassung ab 1.1.2009).
73
Seit dem Ende 2006 in § 32a Abs. 1 KStG normierten Korrespondenzprinzip, wonach der persönliche Steuerbescheid des Gesellschafters bzw. Zahlungsempfängers bei Feststellung einer verdeckten Gewinnausschüttung auf Gesellschaftsebene unabhängig von dessen individueller
Bestandskraft aufgehoben oder geändert werden kann, ist die zuvor größte Gefahr einer verdeckten Gewinnausschüttung – eine echte Doppelbesteuerung – beseitigt. Je nach individueller Situation kann es indes unverändert wichtige Gründe geben, eine verdeckte Gewinnausschüttung zu
vermeiden.
102
103
104
105
Vgl. BMF-Schreiben v. 31.5.2007 – IV A 5 S 7100/07/0031, GmbHR 2007, 893.
Vgl. BMF-Schreiben v. 31.5.2007 – IV A 5 S 7100/07/0031, GmbHR 2007, 893 – Beispiel 4.
Vgl. hierzu auch Ulmer/Habersack/Winter/Paefgen, § 35 Rn. 153 ff.
BFH BB 1995, 966.
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C. Der GmbH-Geschäftsführer
Maßgeblich bei Prüfung einer verdeckten Gewinnausschüttung ist die Gesamtausstattung der Geschäftsführung. Hierzu zählen neben dem Festgehalt insbesondere auch
Nebenleistungen wie ein Dienstwagen und Pensionszusagen. Diese dürfen eine Höhe
nicht überschreiten, die die GmbH bei normaler Geschäftslage ihrem Geschäftsführer
zu zahlen in der Lage und bereit ist. Verglichen wird nicht nur innerhalb des Unternehmens mit etwa vorhandenen Fremdgeschäftsführern oder den leitenden Angestellten.
Verglichen wird vielmehr mit vergleichbaren Unternehmen der gleichen Branche.
Maßgeblich sind Aufgabenstellung, zeitliche Beanspruchung und Verantwortung des
Geschäftsführers sowie natürlich Größe und wirtschaftliche Stärke der Gesellschaft.
Hilfreich kann hierzu ggf. ein entsprechendes Sachverständigengutachten bzw. die
gutachtliche Äußerung einer Personalberatungsfirma sein.
Besonders häufig Anlass zu Streit mit der Finanzverwaltung bildet in der Praxis der Bereich der variablen Gehaltsbestandteile (sog. Tantiemen). Tantiemen müssen grundsätzlich so gestaltet sein,
dass den Gesellschaftern als solchen eine angemessene Kapitalverzinsung erhalten bleibt. Tantiemen, die vom Umsatz abhängen, werden nur im Ausnahmefall – etwa bei einer reinen Vertriebstätigkeit der Gesellschaft – als Leistungsvergütung anerkannt. Gewinntantiemen dagegen finden
regelmäßig problemlos steuerliche Anerkennung, wenn die Regelanforderungen des BFH zu deren
Ausgestaltung eingehalten werden:
•
Die Tantieme muss sich auch an den Gewinnaussichten der Gesellschaft ausrichten.
•
Die gewährten Tantiemeversprechen an den oder die Gesellschafter-Geschäftsführer dürfen
50 % des Jahresüberschusses der Gesellschaft nicht überschreiten, sonst spricht ein
Anscheinsbeweis für eine verdeckte Gewinnausschüttung.
•
Die Jahresgesamtbezüge sollten sich regelmäßig in etwa 75 % Festgehalt und 25 % Tantiemeanteil aufteilen, ein bei Festlegung absehbares Überschreiten der 25%-Grenze ist gut zu
begründen.
•
Der variable Tantiemeanteil ist formelmäßig in Relation zu dem erwarteten Durchschnittsgewinn auszudrücken.
•
Die Gewinntantieme ist regelmäßig mit der tatsächlichen Gewinnsituation abzugleichen.
Liegt etwa der Gewinn wesentlich höher als erwartet, so kann dadurch die 75%-25%-Relation ohne schädliche Folgen verletzt werden. Durch entsprechende Herabsetzung des Tantieme-Prozentsatzes ist aber für die Zukunft anzupassen.
Pensionszusagen, die im Rahmen des § 6a EStG zu Pensionsrückstellungen führen, können zur
(Alters-)Absicherung des Geschäftsführers verwendet werden, ohne sofort die Liquidität der
Gesellschaft zu belasten. Ihre steuerliche Wirkung bzw. die mit einer Rückstellung verbundene
Steuerersparnis mindert sogar den aktuellen Liquiditätsabfluss. Für die steuerliche Anerkennung ist
eine Reihe von Voraussetzungen zu beachten, die sich vor allem aus § 6a EStG selbst ergeben.
Unter anderem sind dies:
•
Vollendung des 28. Lebensjahrs des Zusagebegünstigten bis spätestens 30.6. des Jahrs der
Rückstellung oder unverfallbare Anwartschaft nach dem Betriebsrentengesetz
•
zivilrechtliche Wirksamkeit einer von künftigen gewinnabhängigen Bezügen unabhängigen
Verpflichtung der Gesellschaft
•
Widerruflichkeit nur in Ausnahmefällen
•
eindeutige schriftliche Regelungen zu Art, Form, Voraussetzungen und Höhe der künftigen
Pensionsleistungen
•
Daneben droht auch hier die Einstufung als verdeckte Gewinnausschüttung, wenn die Pensionszusage durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist. Rechtsprechung und Finanzver-
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8. Arbeitsrecht und Geschäftsführeranstellung
waltung gehen dabei im Wesentlichen von folgenden Voraussetzungen für GesellschafterGeschäftsführer aus Sicht des Zusagezeitpunkts aus:
•
Angemessenheit der Versorgung (inklusive anderer Versorgungsansprüche z.B. aus der
gesetzlichen Rentenversicherung maximal 75 % der Gesamtbezüge)106
•
Erdienbarkeit der Pension (beim herrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer: mindestens
zehn Jahre zwischen Zusage und Ruhestandseintritt, Ruhestandseintritt nicht vor dem 65.
Lebensjahr, bei Zusage 60. Lebensjahr noch nicht vollendet; beim nicht beherrschenden
Gesellschafter-Geschäftsführer: Ruhestandseintritt frühestens zwölf Jahre seit Betriebseintritt und drei Jahre seit Zusage)
•
Voraussagbarkeit einer ausreichenden Ertragslage der Gesellschaft (15 Monate nach Neugründung bei Fehlen eines Vorläuferunternehmens noch nicht gegeben)107
•
hinreichende Gewissheit über die Qualifikation des Geschäftsführers, insbesondere durch
Ablauf einer Erprobungszeit (Zeitraum zwischen sechs Monaten und fünf Jahren, je nach
objektiver Qualifikation und Vorerfahrung)108
VII. Sollinhalt eines Geschäftsführervertrags
77
Ein qualitativ akzeptables Muster für einen Anstellungsvertrag würde den im Rahmen des vorliegenden Werks darstellbaren Umfang sprengen. Daher sei hier auf einige Fundstellen hingewiesen,
bei denen sich Muster für einen Anstellungsvertrag als GmbH-Geschäftsführer finden lassen.109
Außerdem soll – ohne Anspruch auf Vollständigkeit – im Sinne einer Checkliste auf einige wichtige
Regelungspunkte hingewiesen werden.
78
Eine auf den Einzelfall zugeschnittene inhaltliche Ausgestaltung der einzelnen Punkte bedarf dabei
der individuellen Beratung. Gerade bei anspruchsvollen Geschäftsführerpositionen ist dringend zu
raten, entsprechend fachkundigen Rat einzuholen. Bei Beteiligungsmodellen kann die Geschäftsführervereinbarung wegen § 15 GmbHG der notariellen Beurkundung bedürfen.
79
Wichtige Regelungspunkte sind unter anderen:
•
Beginn, Laufzeit bzw. Kündigungsregelungen für den Anstellungsvertrag
•
eindeutige Aussage zur Aufhebung oder zum Ruhen eines vor Geschäftsführerberufung
etwa schon bestehenden Arbeitsverhältnisses
•
Aufgabenbereich und Pflichten (einschließlich Treuepflichten und Betriebsgeheimnissen)
sowie Arbeitszeit (insbesondere Klarstellung, ob haupt- oder nebenberufliche Tätigkeit
geschuldet ist)
•
Vertretungsberechtigung, insbesondere Hinweis auf die Vertretungsmacht, die im Außenverhältnis eingeräumt werden soll (Einzel- oder Gesamtvertretung, ggf. Befreiung von § 181
BGB), und Regelungen zum Innenverhältnis, vor allem Festlegung von im Innenverhältnis der
vorherigen Genehmigung der Gesellschafterversammlung/des Aufsichtsrats oder einer
Abstimmung unter den mehreren Geschäftsführern bedürfenden Geschäften
•
Haftungsvereinbarungen, insbesondere etwaige Vereinbarung des Arbeitnehmerprivilegs,
Ausschlussfristen, Anspruch auf und Wirkung von Entlastungen
•
Regelungen zum Wettbewerbsverbot während und nach der Anstellung – bei Letzterem insbesondere Regelungen zur Kompensation und Berechnung derselben
•
Vergütung, soweit gewünscht insbesondere steuerrechtlich abgesicherte Vereinbarung zu
variablen Gehaltsbestandteilen
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Vgl. BMF-Schreiben v. 3.11.2004, IV B 2 – S 2176 – 13/04, in: BStBl. I 2004 S. 1045.
Vgl. BFH GmbHR 1998, 893 und BFH NJW 2000, 535.
Vgl. BFH GmbHR 1998, 342.
Ausführliche – gleichwohl nicht abschließende – Muster für einen Geschäftsführeranstellungsvertrag finden sich
etwa bei Brandmüller am Ende und bei Jula, S. 393 ff.
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Auszug aus "Systematischer Praxiskommentar GmbH-Recht", 1. Auflage 2009
C. Der GmbH-Geschäftsführer
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Urlaubsanspruch
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Regelung zur Fortzahlung im Krankheitsfall
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Vorsorgeleistungen, z.B. D&O-Versicherungen, Direktversicherungen, Pensionszusage, Hinterbliebenenversorgung, Unfallversicherung und Berufsunfähigkeitsabsicherung
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Sonderleistungen, z.B. Dienstwagen, Telefon, Dienstwohnung
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Regelungen zu etwaigen Beteiligungsmodellen110
110 Näher hierzu (insbesondere zur Zulässigkeit von Hinauskündigungsklauseln im Rahmen sog. Managermodelle):
BGH NJW 2005, 3641 sowie Habersack/Verse, ZGR 2005, 451.
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