Jim Kilpatrick Dean Hall Scottish Pipe Band Drumming
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Jim Kilpatrick Dean Hall Scottish Pipe Band Drumming
Scottish Pipe Band Drumming Highland Gathering Peine ie Schotten haben nicht nur sehr eigenwillige Sportarten wie "Tossing the Caber" (Baumstamm-werfen) oder "Putting The Stone" (Steinweitwurf) sondern auch einen ganz eigenen Trommelstil, das Scottish Pipe Band Drumming. Das Highland Gathering, das Anfang Mai im niedersächsischen Peine stattfand, ist daher nicht nur Schauplatz besagter schottischer Traditionen, sondern zugleich auch Austragungsort der dritten "Open German Championships for Pipe Bands". Ein Volksfest in besonderer Atmosphäre: unter den altehrwürdigen Bäumen des Stadtparks bieten Händler in ihren Zelten Tartans, Kilts, schottischen Malt Whiskey, Fudge und andere Spezialitäten an. Dazu kommt das unüberhörbare, ständige Gebläse und Geklacker der Pipe Bands mit ihren fast 500 Teilnehmern. Mit dabei der Australier Dean Hall, der seit drei Jahren in Deutschland lebt und an diesem Samstag nun mit den Clan Pipers aus Frankfurt hier gegen die Konkurrenz antritt. Sie spielen zwei Stücke – den traditionellen "March Strathspey Reel" und ein Medley aus 12/8 March, 4/4 Strathspey Dance, Slow D Air, 6/8 Jig, 7/8 Dance und einem 2/2 Reel. Dean ist als Drum Instructor für Pipe Bands in ganz Deutschland unterwegs und arbeitet als Berater für "kilts & more" in Mühlhausen, einem Laden für schottische Bekleidung und Instrumente. Er ist der einzige Drummer in Deutschland, der im Grade 1 spielt, der höchsten Klasse. Sozusagen der schwarze Gurt der Pipe Band Drummer. Ebenfalls anwesend ist Jim Kilpatrick, der 16-fache World Champion im Pipe Band Snaredrumming. Jim ist eher privat hier, um ein wenig Kontakte zu pflegen und natürlich seine eigenen Marchingprodukte zu promoten. Am Tag darauf werden sie im Rahmen der SoloWettbewerbe allerdings noch ein paar Demonstrationen ihrer Snarekünste präsentieren. "Jim Kilpatrick ist einer der meist verehrtesten und bewundertsten Drummer unserer Szene. Er hat Grenzen gesprengt, auf eine Weise, die inspirierend und "fun" zugleich ist.", sagt Dean und nennt ihn in einer Reihe mit Alex Duthart, dem großen Mastermind des Scottish Drumming. Als Jim am Rande spontan eine kleine Performance einlegt, bildet sich schnell eine größere Menschentraube, die meisten davon Drummer. Bewundernde Blicke sind ihm sicher, dem "Star" des Rudimental Drumming. Der Schotte ist eine Institution, eine Art lebende Legende. Er fing mit zehn Jahren bei den Pipebands an. Mit 15 begann er Schlagzeug zu spielen und verdiente kurz darauf das erste Geld damit. Seinen ersten Weltmeistertitel gewann er mit 18. Das war 1977. Mittlerweile trommelt der 47-jährige nicht mehr nur, sondern arbeitet als Berater für mehrere Firmen wie Premier Percussion oder Remo und reist für Festivals und Workshops rund um den Globus. Ich bin mit Dean zum Interview verabredet, Jim wird spontan dazustoßen. Wir legen den Interviewtermin auf 19 Uhr, da von mittags zwölf bis abends um sechs die Wettbewerbe laufen. Die Wartezeit zwischendurch wird von den Bands ausgiebig genutzt: Stücke werden noch geübt und auch das Marschieren in der Formation will feinabgestimmt sein. Dann das Einspielen und Stimmen der empfindlichen Bagpipes. Der Pipe Major läuft mit seinem kleinen Korg Stimmgerät von Dudelsack zu Dudelsack, hält es während des Spiels an die größte Pfeife und korrigiert, wenn nötig, mit geübten Griffen die Länge der Pfeife. Dean ist der "Leading-Drummer" und geht mit seinen Kollegen der Snare-Line immer wieder schwierige Figuren durch. Überall stehen Trommler, einzeln oder auch in kleinen Gruppen, die sich auf den kevlarbespannten Sidedrums, wie die Snaredrums auch genannt werden, warmspielen. Der Sound dieser Trommel ist einzigartig und unverkennbar. Die speziellen Pipeband-Felle werden auf mehrere hundert Kilo Spannung gebracht. Das Fell wird dabei über Tage verteilt langsam immer höher gespannt, bis es hart wie ein Brett ist. Direkt unter dem Schlagfell sitzt ein zweiter Snare-Teppich. Ein kräftiger Akzent mit den dicken Marching-Sticks auf diesen High-Tension Drums klingt dann wie ein Pistolenschuss. Klar und extrem durchsetzungsstark. Die Tenor Drums dagegen sind nicht so stark gespannt und vergleichbar mit den Toms an einem Drumset. Sie werden mit weichen, kurzen Schlägeln geschlagen, die wie kleinere Ausgaben der fülligen Bassdrum Mallets daherkommen. Dazu gehört das sogenannte "Flourishing", das effektvolle "Stick"-Twirling der Tenor Drummer. Eindrucksvoll auch das klangliche Erlebnis, als nach der Siegerehrung alle Gruppen in der "Massed Band" zusammen spielen. Gänsehauteffekt. "Ich würde auch Angst bekommen, wenn ich jemand wäre, der diese Musik zum ersten Mal hört und nicht kennt.", berichtet Chef-Organisator Helmut Horneffer. "Aber das ist nicht Ziel der Sache gewesen. Das haben die Engländer erfunden. Die wollten ihren Gegnern damit Angst einflössen! Die schottische Musik dagegen ist unglaublich friedlich. Ursprünglich hat der Piper für seinen Chieftain, das sind die Highland-Häuptlinge, die Chefs der Clans, zur Unterhaltung gespielt. Das heutige Pipe Drumming ist eine schottische Tradition, die natürlich aus der reinen Militärmusik entstanden ist, wo es darum ging, Befehle für die Fußtruppen laut und deutlich zu geben. Königin Victoria hat im 19. Jahrhundert die Bagpipes der schottischen Clans in das Militär eingeführt, um die Moral der schottischen Truppen zu stärken und ihnen auch in den fernen Kolonien des British Empire ein heimatliches Gefühl zu geben. So haben die schottischen Regimente im Prinzip die schottische Musik erhalten! Denn viel früher, 1746, nach der Schlacht von Culledon, wurde ja alles Schottische verboten: die Musik, Kleidung, die Sprache." Da meine Interviewpartner auf sich warten lassen, darf Helmut noch ein wenig mehr erzählen. Ich frage danach, wie bewertet wird und worauf es den schottischen Judges ankommt. "Der Spaß steht im Mittelpunkt. Es ist ein Treffen Gleichgesinnter, um sich auszutauschen und zusammen zu feiern.", erklärt er ab und will sich nicht auf den Wettbewerbsgedanken beschränken lassen. Ich hake noch mal nach. "Bei der Vorführung ist der Start und das Ende wichtig. Das muss sauber und ordentlich ausgeführt werden. Dann gibt es natürlich Regeln für die technische Ausführung, sowohl für Drums als auch für die Pipes. Es wird darauf geachtet, dass die Figuren im richtigen Handsatz ausgeführt werden. Das Äussere ist dabei auch wichtig, es handelt sich schließlich von der Tradition her um Musik mit militärischem Hintergrund. Es macht einen schlechten Eindruck, wenn man als ungekämmter, ungepflegter Typ in einem schmuddeligen Kilt auftaucht. Selbst wenn er fantastische Musik macht, wird er so nie einen ersten Platz machen. Wer sich auf diese Musik einlässt, sollte sich darüber im klaren sein, dass sie militärisch ist! Wir sind sehr um Authentizität bemüht und spielen die Stücke genau so, wie es die schottischen Regimenter auch tun." Donald McPhee, Inhaber von kilts & more, erzählt mir dann, er habe Jim gerade ins Hotel gefahren. Wo Dean sei, wisse er auch nicht. Er ist freundlich bemüht – ich trinke erst mal ein Guinness. Später nimmt er mich mit ins Hotel, wo wir auf Jim treffen. Nun bereit zum Interview, ergibt sich auf der Hotelterrasse doch noch ein höchst interessantes Gespräch. "Wo siehst du die Verbindung zwischen dem Rudimental Drumming und dem "normalen" Drumset? Pipe Band Drumming ist nicht so sehr ein "Rudimental Thing" wie manche sagen würden, es ist einfach eine Stilistik des Trommelns, so wie das Basler Trommeln oder Jazz, Rock, was auch immer. Ich erinnere mich an eine zufällige Session auf der Musikmesse. Da war dieser türkische Percussionist mit seiner Darbuka. Wir trommelten zusammen eine Art "Question & Answer"Ding. Er spielte exakt meine Figuren, obwohl er niemals etwas mit unseren Rudiments zu tun hatte! Letztlich ist jede Art von Drumming "rudimental". Die besten Schlagzeuger der Welt sind Rudimental Drummer gewesen. Billy Cobham, Steve Gadd, und ich denke auch Buddy Rich, haben in DCI-Bands (Drum Corps International, amerikanische Marching Bands, Anm. d. Autors) angefangen und lernten dort die Grundlagen des Rudimental-Spiels. Von diesem Rudimentalzweig sind sie dann „abgebogen“ indem sie weitere Instrumente dazugenommen haben. Wir als Snaredrummer bleiben eben grundsätzlich erst mal bei einer Trommel und breiten uns nicht auf andere Trommeln aus. Obwohl wir in der Pipe Band natürlich auch Bassdrums und Tenordrums haben. Die sind dann aber verteilt auf einzelne Spieler. Was wir tun ist natürlich rudimental, es geht jedoch darüber hinaus. Es ist sehr technisch. Die Grundlage sind einzelne Rudiments, die wir aber auf eine andere Weise nutzen. Das ist für einen Drumsetplayer sicher genauso schwierig, wie es für mich anders herum wäre. Ich selbst habe enge Verbindungen zu vielen der TopDrummer weltweit, und mit ihnen zusammengespielt. Chad Wackerman, Steve Smith, Simon Philips, Ricky Lawson, Dennis Chambers und viele andere. Sie haben großen Respekt vor den Pipe Band Snare Drummern. Sie sagen zu uns: Es ist unbegreiflich, was ihr da tut! Andersherum schaue ich mir diese Jungs an und sage ihnen dann das gleiche! Sie sind wirklich außergewöhnlich. Immer, wenn du eine bestimmte Spezialität hast, ist das, was für dich normal ist, überhaupt nicht normal für jemand anderen. Ich bin damit aufgewachsen. Deshalb ist die Art wie ich spiele für mich einfach eine natürliche Sache. Es gibt also einen beiderseitigen Respekt, auch gegenüber anderen Rudimental-Stilen. Die Welt rückt auch hier durch solche Dinge näher zusammen. Was ist der Unterschied zwischen DCI Bands und Scottish Pipe Band Drumming? Vor allem die Größe! Zu einer Pipe Band gehören durchschnittlich vielleicht 15 Pipers und sechs Snaredrummer, drei Tenordrummer und ein Bassdrummer. DCI-Bands haben dagegen alleine um die 60 Blasinstrumente, Glockenspiel etc. Es sind absolute Showbands. Sie haben die Color Guard, hübsche Mädchen in Uniformen mit Choreografie, Fahnen und Wimpel …. In der Besetzung sind es bis zu acht Bassdrums, fünf oder sechs Tom-Sets, den Quarts, Quints und Trios sowie allein 12 Snaredrummer. Das Ganze ist einfach etwas erweitert. Und sie spielen dann in einem Stadion vor 50.000 Leuten! Das ist schon was anderes … Es sind wirklich sehr gute Leute dort. Die sind alle gut. Sie haben sehr talentierte Leute und einige der besten Rudimental Drummer der Welt. Ich war zusammen mit Jeff Queen vor drei oder vier Jahren bei der PASIC (Percussive Arts Society International Convention, Anm. d. Autors) beim „Snaredrum Heritage Concert“ dabei. Eine Art "historische" DrumPerformance … Das war eine großartige Sache! Natürlich ist es auch eine ganz andere Musik. Wir haben ein melodisches Instrument mit nur neun Tönen und daher nicht das ganze musikalische System in den Händen. Um so erstaunlicher ist es, was aus diesen neun Tönen rausgeholt wird. Das ist wohl der offensichtlichste Unterschied. DCI Bands haben ja sogar Pauken, Tubular Bells und Marimba dabei. Das Jim Kilpatrick ist eine ganz andere Welt. Im Spielerischen besteht ein Unterschied darin, dass sie Rolls meist als Open Rolls spielen. Wir spielen hingegen traditionell meist den Closed Roll, also einen Presswirbel. Spieltechnisch nehmen wir wiederum Elemente aus diesem Stil wie das Backsticking und einiges dieser Showsachen und fügen sie in unser Spiel ein. Ein anderer Unterschied sind die DragBewegungen. Es gibt drei Arten, den Drag zu spielen. Da ist der Buzz Drag, der sehr dicht ist. Dann der Open Drag , bei dem die Schläge einzeln hörbar sind. Eine Interpretation, wie sie ein klassischer Perkussionist spielen würde: da-ga-dap! Wenn wir nun einen Drag spielen ist das oft ein Closed Drag. Es ist wie ein Flam, bei dem der erste Schlag des Flams ein "toter" Schlag ist, ... it's a dead stick in the drum. Der Stock wird ohne Bounce auf dem Fell liegen gelassen. Das sind Beispiele dafür, wie wir eigentlich die gleichen Rudiments auf eine andere Weise benutzen. … und wir tragen Röcke! (allgemeines Gelächter) Im Prinzip geht es um die Interpretation! Wir spielen alle die gleichen Rudiments. Ich schreibe seit 20 Jahren an einem Snaredrum-Rudimental Buch. Ich denke immer: Jetzt bin ich damit fertig …, komme aber nie wirklich ans Ende! Ich werde sterben mit diesem Buch in meiner Schublade! Dabei sind es beim Trommeln letztlich nur zwei Dinge, die wir tun: "either you tap or you buzz!" Das ist es! Unabhängig davon wie viele Schläge, welche Kombination, Akzente usw. Das ist die Grundformel. Wenn man dieses Instrument jedoch richtig spielen will, ist es eines der schwierigsten überhaupt … Was mich dabei mehr als alles andere interessiert, ist, alle diese verschiedenen Kulturen kennenzulernen. Zu hören und zu sehen, auf welche Arten die einzelnen Leute das, was sie spielen, auf ihre Musik anwenden." Wie sehr dabei die offene, innovative Art der schottischen Trommelkultur gelebt wird, macht Jim noch an einem Beispiel der legendären und wohl erfolgreichsten Pipe Bands aller Zeiten deutlich. Es ist die Band mit dem klangvollen Namen The House of Edgar Shotts & Dykehead Caledonia Pipeband. Er fing bei dieser Band an und übernahm später auch die Funktion des sogenannten Drum Majors. Auch Alex Duthart oder John B. Kerr, ein weiterer bekannter Drum Major, tauchen in der Historie dieser Band auf, die etliche Weltmeistertitel gewinnen konnte. "Ein aktuelles Stück, das wir für Wettbewerbe spielen, ist von Coldplay! Ich spiele dazu den Groove von Steve Gadd bei Paul Simon's "50 Ways To Leave Your Lover". D.h. ich spiele den Snare-Part und Bassdrum und Tenordrums übernehmen die Schläge von BD und Floor-Tom." Auch seinen Schülern, die den Namen Paul Simon oft zum ersten Mal hören, versucht er so, den Horizont für andere Musikstile zu öffnen, seine Erfahrungen und Einflüsse weiterzugeben. "Es wird heutzutage viel über Technik gesprochen und jeder hat irgendwo etwas aufgeschnappt. Wie denkst du darüber, z.B. bezüglich der vielzitierten Moeller-Technik? Ich bin nicht vertraut mit der Moeller Technik … nein, nein, das stimmt nicht. Ich bin es doch, weil … (überlegt kurz) Mmmh, es kommen so viele Drummer zu meinen Workshops und sagen mir: wir spielen das Moeller-System. Ich frage: was ist das Moeller-System? Du hebst den Stock an, … natürlich, … der Rebound usw. Ich sage dann nur: well, that's how you play a drum! Es ist kein neues Konzept. Moeller hat es einfach nur benannt. Was ich für mich entwickelt habe – und ich bin immer noch dabei, ist mehr eine Art Fingertechnik. Genauso wie die natürliche Whip-Motion von Moeller baue ich diese Fingerkontrolle in mein Spiel ein, um ein entspanntes Spiel zu ermöglichen. Ich benutze dazu meinen Mittel- und Ringfinger, um den Stock zu manipulieren. Je schneller ich dabei spiele, desto kleiner wird die Bewegung. Geschwindigkeit ist nicht mit totaler Energie verbunden, sondern mit eingesparter Energie. Du bist dabei entspannt und hast mit der geringsten Bewegung die größtmögliche Reaktion. Ich vergleiche es mal mit den Hula-Hoop Reifen, wie die Kinder sie benutzen. Der Reifen dreht sich zu Beginn langsam und du musst große Bewegungen mit deiner Hüfte machen, um ihn in Schwung zu halten. Wenn er sich dann schneller dreht machst du selbst nur noch relativ kleine Bewegungen. Das Gleiche gilt im Prinzip für den Drumstick." Zu vorgerückter Stunde geht es nun ins Restaurant zum wohlverdienten Abendessen. Hier treffe ich auch Dean wieder – den smarten "Guy from Melbourne", frisch geduscht und bester Laune. Er hatte sich nach dem ganzen Trubel genau wie Jim erst mal ins Hotel zurückgezogen. Während die anderen schon mal ihr Essen bestellen, setze ich mich mit Dean zur fachlichen Konversation an die Bar. "Das Scottish Drumming hat viel zu bieten. Ich glaube, dass sich jedem Drumkit-Spieler ganz neue Türen öffnen, wenn er sich nur ein kleines bisschen mit der schottischen Drumstilistik beschäftigt! Aber natürlich auch für den Rudimental Drummer. Es ist einzigartig. Wir haben den Closed Roll – für mich ist das eine andere Dimension, die den Sound des Scottish Drumming individuell macht. Mit dem Closed Roll haben wir diese Sounds "doh-dig-a-dag-doohh (singt eine längere Phrase vor…), was sich ganz schön anhört. Aber ich denke man könnte diesen Stil auch auf das normale Drumkit übertragen. Ich denke es ist möglich. Ich habe es nie getan, obwohl ich auch ein wenig Drumkit gespielt habe. Ich spielte in einer Celtic Rock Band, wo ich meine Pipeband-Drums in das Set integriert habe und dann innerhalb der Stücke zwischen Grooves und Rudimental Stuff wechseln konnte. Eigentlich haben wir ja innerhalb eines Drum Corps mit den Sidedrums, den Tenordrums und der Bassdrum fast ein komplettes Drumkit. Gespielt von verschiedenen Leuten mit verschiedenen Perspektiven. Wenn man sich nun vom Rudimental Drumming hin zum Kit-Playing bewegt, hilft all das natürlich in erster Linie an der Drumkit-Snare. Es gibt dir die Möglichkeit, interessante Figuren auf der Snare, wie kleine Snaresoli, einzubauen. Jim hat vorhin erzählt, dass sie praktisch einen Groove von Steve Gadd spielen … Ja, interessant, dass du ihn erwähnst. Steve Gadd begann ja als Corps Drummer. Er hat mit seinen ganzen Triplets und Open Rolls eine sehr geschmackvolle Snare-Arbeit. Er spielt viele Open Rolls mit Akzenten und das sehr schön auch in einer dezenten Lautstärke. Ich liebe diese Technik, die er benutzt. Wie du vielleicht heute gesehen hast, spielen wir auf der Snare viel Open Runs, das sind Singles mit Akzenten. Du kannst diese Rudiments auch von der Snare auf das Drumkit übertragen und über mehrere Trommeln spielen, was sehr effektiv ist. Wenn du es noch auf ein höheres Level bringen willst, kannst du die schottischen Phrasen direkt auf das Drumset übertragen und auf die Trommeln verteilen. Eine andere typische Eigenart des schottischen Drummings ist die "Dot and Cut"-Phrasierung, bei der gerade Sechzehntel shuffelig interpretiert werden. So finden Dinge aus der Schlagzeugwelt ihren Weg ins Pipe Band Drumming und umgekehrt. Das die Swiss Ruffs, wie wir sie nennen. Das sind vier Noten LRRL mit dem Akzent auf dem letzten Schlag. Ein schönes kleines Rudiment, leicht zu spielen. Scottish Drumming ist so eine offene Sprache. Ein Stil, der Ideen von überall her aufgenommen hat, ohne Clan Pipers Frankfurt mit Leading Drummer Dean Hall schottische Drumming verwendet Rudiments aus allen anderen Trommelsprachen. Es entwickelte sich aus dem Military Drumming so etwa um 1850. Die Army hatte Fife and Drum Bands und schmiss dann die Pfeifen raus und ersetzte sie für die Schotten durch den Dudelsack. Damals waren die Figuren sehr einfach und straight. Sie waren noch nicht so ausdrucksstark wie heute. In den 30er, 40er Jahren des letzten Jahrhunderts brachte dann ein berühmter, irischer Trommler, Patrick Donovan, die synkopierte Spielweise in die schottische Musik. Er hatte keinen militärischen Hintergrund und brachte praktisch den "Groove" in die Pipebands, wie wir ihn heute haben. Dann kam Alex Duthart. Duthart traf sich mit Dr. Fritz Berger aus Basel (Erfinder der Schlaghandschrift, Anm. d. Autors) und übernahm die Notation. Das war in den 60ern, wo sich alles revolutionierte. Es wurde voll und jazzy. Vorher war es "dummh-da-dum-dumdumdadumdadum"; nun wurde Doubletime gespielt, es kamen mehr "Accent Roll"-Sachen sowie viele dieser "Schweizer" Bewegungen dazu … All das gab den Drummern die Möglichkeit, die Time mit coolen Rudiments zu füllen, die einfach zu spielen waren. Einfacher als nur mit Single Strokes. Ein Beispiel sind Begrenzung. "American, Swiss, French, German… We're taking anything that sounds good!". Das ist der Grund, weshalb Pipe Band Drumming als eines der anspruchvollsten und technisch schwierigsten Arten des Trommelns angesehen wird. Da ist noch ein interessanter Punkt: Der traditionelle Marching Drummer ist ganz oft rechtslastig. Sehr stark auf die Downbeats orientiert. Wir hingegen benutzen die linke und rechte Hand gleichberechtigt. Durch den Wechsel öffnet es sich mehr. Du lebst ja hier in Deutschland. Die traditionellen Spielmannszüge wirken auf viele Schlagzeuger doch eher altbacken und wenig innovativ. Wie beurteilst du die Szene in Deutschland? Es entwickelt sich, ganz bestimmt. Gerade in Deutschland sind in den letzten Jahren viele Pipebands entstanden. Viele Spielmannszüge verwandeln sich in Pipebands. Eine Art Sinneswandel. Sie verkaufen ihre Flöten und Posaunen und kaufen sich Dudelsäcke … Wir haben mittlerweile 80 bis 100 Pipebands hier, vor zehn Jahren waren es halb so viele. Dean, vielen Dank für das äußerst interessante Gespräch und den kleinen Einblick in die Welt des Rudimental Drummings!" Websites: www.jimkilpatrick.com www.sdcpb.com www.drummingmad.net www.clanpipers.de www.kiltsandmore.de www.jokruse.de Text u. Fotos, Notensatz: Jo Kruse