Reisebericht PERU 2005
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Reisebericht PERU 2005
Reisebericht LernEinsatz Peru 2005 Beobachtungen und Erfahrungen 4. – 31. August http://www.dka.at Man entdeckt keine neuen Erdteile, ohne den Mut zu haben, alte Küsten aus den Augen zu verlieren. Andre Gide Reisebericht LernEinsatz Peru 2005 4. – 31. August Inhaltsverzeichnis Peru ................................................................................................ 3 Nachricht aus Peru ............................................................................ 4 Wie ist Lima...? ................................................................................ 8 „Wer hupt, der bremst nicht!“ .......................................................... 13 Leben, Erleben und Mitleben: Eindrücke aus Juliaca ............................ 17 Rassismus in Peru........................................................................... 22 Die wirtschaftliche und soziale Situation der Bevölkerung .................... 25 Landflucht in Peru ........................................................................... 29 Peruanische Frauen und Frau - sein in Peru........................................ 33 „Verdauungsprozess“ des Erlebten .................................................... 38 Mitreisende des LernEinsatzes .......................................................... 40 Seite 2 von 46 Reisebericht LernEinsatz Peru 2005 4. – 31. August Peru Fläche (Weltrang: 19): 1285216 km2 Einwohner (Weltrang: 39): F2003 27148000 = 21 je km2 Hauptstadt Lima Amtssprache Spanisch, Quechua, Aymara, verschiedene Sprachen im Regenwald Bruttonationaleinkommen 2140 $ 2003 je Einw. Währung 1 Neuer Sol (S/.) = 100 Céntimos politische Führung Staatsoberhaupt: Alejandro Toledo Manrique, Regierungschef: Pedro-Pablo Kuczynski Godard, Äußeres: Óscar Maúrtua de Romana Nationalfeiertag 28.7. Landesstruktur 25 Departamentos politisches System Verfassung von 1993 - Präsidialrepublik seit 1980 - Parlament (Congreso) mit 120 Mitgl., Wahl alle 5 J. - Direktwahl des Staatsoberh. alle 5 J. Wahlpflicht ab 18 J. http://www.weltalmanach.de/staat/staat_detail.php?fwa_id=peru http://en.wikipedia.org/wiki/Image:LocationPeru.png Seite 3 von 46 Reisebericht LernEinsatz Peru 2005 4. – 31. August Nachricht aus Peru Liebe Karin, liebe Veronika! Ich habe sowohl die Fragen beantwortet, als auch einen Reisebericht geschrieben, worum mich Veronika gebeten hat. Zuerst der Bericht: Ich erinnere mich des ersten gemeinsamen Wochenendes, wo wir formulierten, was jede/r von uns in die Reise einbringen will - ich habe mir damals eine "Offenheit für alles, was das Universum mit mir vorhat" vorgenommen. Sehr kühn, sage ich jetzt, das ist leichter gesagt als getan. Denn wie ich im Laufe des LernEinsatzes merkte, hatte ES viel vor und es war nicht immer leicht, meinem Vorhaben treu zu bleiben. Seite 4 von 46 Reisebericht LernEinsatz Peru 2005 4. – 31. August Da war die intensive Auseinandersetzung mit dem Nord-Süd-Gefälle, den vielen Problemen, denen sich die Bevölkerung hier gegenübersieht, dazu meine Position - aus einem reichen land - und hier wieder die Frage "was ist meine Aufgabe, in meiner Verantwortung....." Offenheit in diesem Zusammenhang hieß auch, mich nicht abzugrenzen gegenüber der Not der zahllosen Bettler, ihre Aussichtslosigkeit, ihr Leid heranzulassen und auszuhalten. Das ist schon nicht wenig. Dazu kam für mich, bedingt durch die Zusammensetzung der Gruppe, ein weiteres Thema auf: ich, 58- jährig in einer Gruppe mit jungen und sehr jungen, und das löste eine (manchmal) schmerzvolle Konfrontation mit dem Älterwerden aus. DAS wollte ich anfangs wegschieben - "dafür habe ich jetzt keine Zeit" (wie schon so oft in meinem Leben) - hat sich aber bei dieser Fülle von Jugend nicht lassen, anscheinend brauchte ich die Annahme dieses Themas jetzt, um sinnvoll weitergehen zu können - also Offensein, auch für den Schmerz, und zulassen. Seite 5 von 46 Reisebericht LernEinsatz Peru 2005 4. – 31. August Kaum hatte ich mich halbwegs damit angefreundet, kam das nächste Vorhaben auf mich zu: irgendwie passte die, zumindest in groben Zügen vorgeplante Reise, nicht mehr in mein (neues) Konzept, der Plan für die zwei Monate danach begann zu wanken und ich war wieder konfrontiert mit der Frage: bin ich bereit oder sperre ich mich, habe ich Angst? Mir fiel die Parabel vom Trapez ein. Man muss eine Trapezstange vollkommen loslassen, um die nächste ergreifen zu können, und dazwischen fliegt man ohne sich irgendwo festzuhalten durch den Raum, alleine im Vertrauen, dass die nächste Stange kommen wird und man sie im richtigen Moment auch ergreift. So hatte ich am Ende des LernEinsatzes als einzigen "Fixpunkt" eine Buskarte nach Caraz in den Cordilleren und die Bereitschaft, mich führen zu lassen bzw. das Vertrauen, geführt zu sein. Die ersten Tage in Stille haben EINE Klarheit gebracht: ich werde eine Woche mit den Campesinos im Süden leben, ich traue mir weitere Erfahrungen zu und habe mit Luis das Nötige abgeklärt. Ich habe wunderschöne Wanderungen gemacht, alleine mit der Natur - und Gott - habe nette Menschen kennen gelernt und lustige, kuriose Fahrterlebnisse gehabt (mit Huhn im Collectivo und quiekendem Schwein am Dach, ich eingeklemmt zwischen unzähligen Kartoffel- und Zwiebelsäcken). Nach einer Woche wusste ich, es ist Zeit zum Weitergehen und habe mir als Kontrast Casma nahe der Küste, umgeben von Wüste, ausgewählt. Ich habe mit einem Führer eine Wanderung in die Wüste gemacht und saß alleine am Strand, in Gesellschaft unzähliger Möwen, auf der einen Seite die Weite des Pazifiks, auf der anderen die einer unendlichen schönen Wüstenlandschaft, und da kam mir die Möwe Jonathan in den Sinn.... Jetzt bin ich in Lima, morgen mittags werde ich nach Juliaca fliegen, werde einige Tage in Puno sein, in einer Organisation für Menschenrechte die mir Luis empfohlen hat, und dort werde ich dann abgeholt und aufs Land zu den Campesinos gebracht. Seite 6 von 46 Reisebericht LernEinsatz Peru 2005 4. – 31. August Ich schreiben den Bericht jetzt, da ich noch nicht genau weiß, wann ich abgeholt werde und wie lange ich tatsächlich bei den Campesinos bin, und dort habe ich keine Internet-Möglichkeit. Und nun zu den Fragen: Sehr intensiv war für mich das Wochenende in den pueblos jovenes, zu erleben, wie die Schwestern mit dieser Situation leben und umgehen. Auch die Zeit mit Luis war ein Juwel und hat mich veranlasst, meine ursprünglichen Reisepläne aufzugeben. Die Vorträge waren keine Stolpersteine, das würde nicht passen, es waren allesamt hervorragende Fachleute, gut vorgebracht und abwechselnd von einigen aus der Gruppe toll übersetzt - dafür noch DANKE. Doch mit einigem Abstand meine ich, das Erleben prägte mich mehr und trägt mehr "Sprengkraft" für Veränderung in sich als die Theorie. Die Aussicht, was weiter, kann ich derzeit nicht beantworten, der Prozess ist im Gang, ich hab noch ganz Wichtiges vor mir und ich will offen sein, was mir gezeigt wird - und es aushalten. Liebe Veronika, dir ganz herzlichen Dank für deine Betreuung, dein SOSEIN, ich denke, es war oft schwer und du hast alle Situationen wunderbar gemeistert. Ich wünschte mir, ich hätte mir 26 (oder 27??) so viel Reife besessen wie du. An alle einen ganz herzlichen Gruß Theresa Erkönig Seite 7 von 46 Reisebericht LernEinsatz Peru 2005 4. – 31. August Wie ist Lima...? Am 18. Januar 1535 gründete Francisco Pizarro an den Ufern des Rio Rimac, zehn Kilometer von der Küste entfernt auf den Trümmern eines alten Tempels, die Stadt der Könige. In nur wenigen Jahrzehnten entstand eine Metropole mit punkvollen Gärten und Herrenhäusern nach andalusischem Vorbild. Lima hat einen quadratischen Grundriss, mit sich rechtwinklig kreuzenden calles und avenidas. Im Zentrum befindet sich der Plaza de Armas, so genannt, weil dort früher die Waffen gelagert wurden. Um diesen Platz gruppieren sich die Bauwerke der weltlichen und kirchlichen Macht: Regierungs- bzw. Gouverneurspalast, Rathaus und die Kathedrale. Seite 8 von 46 Reisebericht LernEinsatz Peru 2005 4. – 31. August In Lima gibt es viele bunte Häuser, auch am Stadtrand. Lima ist so bunt wie die peruanische Kultur. In Lima gibt es an jeder Ecke Kuchen- und Tortengeschäfte: Limonenkuchen, Apfelkuchen, Schokoladetorten..... Lima ist voll von freiberuflich arbeitenden jungen Menschen, die alles nur erdenkliche verkaufen und ihre Dienste anbieten. An jeder Ecke gibt’s ein Internetcafe, eine Lavanderia oder ein chinesisches Restaurant. Lima ist eine moderne Stadt voller Gegensätze und Widersprüche: grau vom Staub der Wüste, umschlossen von Armenvierteln, im Zentrum historische Bauten der Kolonialzeit und vornehme Viertel, die alle Annehmlichkeiten des Lebens bieten. Limas moderne Stadtviertel wie Miraflores, San Isidro und Barranco bilden einen Gegenpol zur restlichen Stadt. Hier wird der Smog durch den Wind des nahen Meeres erträglicher. Seite 9 von 46 Reisebericht LernEinsatz Peru 2005 4. – 31. August Hier gibt es Penas –Musikkneipen, Shopping-Center und elegante Villen man könnte sich auch in einer westeuropäischen Großstadt wähnen. In diesen modernen Stadtvierteln lebt die Ober- und Mittelschicht Limas. Auffallend ist, dass diese Limeños/Limeñas in goldenen Käfigen leben. Ihre Häuser sind eingegittert, davor steht ein Sicherheitsbeamter und mindestens ein Hund kläfft von Innen heraus. Oft sind auch noch die Straßenzüge extra bewacht. Die Limeños/Limeñas der Mittelschicht, mit denen wir es meist während des Lerneinsatzes zu tun hatten, warnten uns immer wieder, wie gefährlich ihre MitbürgerInnen sind. Die Ober- und Mittelschicht bewegt sich v.a. in den modernen Vierteln und meidet es, in die Randbezirke zu gehen, denn das ist ihnen viel zu gefährlich. Es verunsicherte mich sehr, mich in einer Stadt zu bewegen, wo vieles vergittert und bewacht ist. Wo Wachmänner und Sicherheitsbeamte an vielen Ecken stehen und vor öffentlichen Gebäuden bewaffnete Militärs auf Wachtürmen anzutreffen sind. Seite 10 von 46 Reisebericht LernEinsatz Peru 2005 4. – 31. August Randbezirke... Ende der 1950er Jahre setzt die große Landflucht der indigenen Bevölkerung ein, die, auf der Suche nach einem Auskommen, nach Lima strömte. Zählte man 1940 600.000 EinwohnerInnen, so sind es heute offiziell zehn Millionen – wahrscheinlich aber eher zwölf. Die Stadt platzt aus allen Nähten, die knatternden Motoren des mörderischen Verkehrs bilden eine ständige Lärmkulisse, sie droht an Auspuffgasen, Müll und ihren sozialen Problemen zu ersticken. Die meisten BewohnerInnen aus den sogenannten pueblos jovenes, den Armenvierteln, kommen aus den Anden. Sie tauchen unter in den vielen trostlosen Vierteln aus Wellblechhütten am Stadtrand, die sich weit in die Wüste hineinziehen. Etwa zwei Millionen Menschen leben hier, meist ohne Wasser- oder Stromversorgung. Die Hoffnungen auf ein besseres Leben sind da, meistens hausen die ZuwandererInnen doch über Generationen hinweg unter lebenswidrigen Bedingungen in den Randvierteln, ehe sie ihre soziale Situation verbessern können. Seite 11 von 46 Reisebericht LernEinsatz Peru 2005 4. – 31. August Lima ist Leben... Der öffentliche Verkehr in Lima scheint nie still zu stehen. Die öffentlichen Busse, die Hauptverkehrsmittel in Lima sind, haben eine bestimmte Farbe, die für die Strasse steht auf der sie fahren. Sie sind seitlich mit den Straßennamen, Bezirken und Plätzen beschriftet die sie abfahren, außerdem hat jeder Bus eineN SchreierIn welcheR versucht, die Passanten zum Zusteigen zu motivieren. Bald schon wagte ich mich in den Trubel des Verkehrs vom Stadtteil Magdalena ins Zentrum, zum Plaza Bolognesi, auf die Av. 9 de Diciembre, auf die Avancay, die Tacna zum Plaza de Martin und zum Plaza de Mayor ..... Ich dachte mir mehr als einmal, als ich durch die Strassen Limas zog: Lima ist eine faszinierende Stadt, ein brodelnder Kessel – voll mit Leben – in Lima spüre ich das Leben hautnah! MMaga Julia S. Gasser Seite 12 von 46 Reisebericht LernEinsatz Peru 2005 4. – 31. August „Wer hupt, der bremst nicht!“ Es gibt wohl viele Möglichkeiten ein Land oder eine Stadt und die Menschen kennen zu lernen. Eine Möglichkeit ist, mit den Leuten unterwegs zu sein, einen Teil ihrer Lebenswege und alltäglichen Wege zu teilen. Im Bus, im Taxi, im Flugzeug, …. Wenn man beispielsweise stundenlang mit Menschen in einem Bus von Lima nach Ica unterwegs ist, bekommt man viel von den Menschen und dem Land mit. Wie die Peruaner miteinander reden, nebeneinander schweigen, schlafen, essen, einen Film anschauen, Snacks verkaufen, sich bestehlen, …. Man sieht Landschaften vorüberziehen, heruntergekommene Stadtviertel, Leben auf Straßen und Plätzen, man erkennt die Wüste, bewässerte Plantagen, Herrenhäuser, Kreuze und Marterl, die von Straßentoten erzählen, und ja nicht zu vergessen – Müll, Müll, Müll, ….. Seite 13 von 46 Reisebericht LernEinsatz Peru 2005 4. – 31. August Lima! 8 Millionen Menschen! Keine U-Bahn, keine Straßenbahn, ….. Busse und Taxis tragen den gesamten öffentlichen Verkehr. So sitzt man zum x-ten Mal in einem Taxi und stellt richtig, dass man von Austria ist und nicht von Australia. Man wird aufgefordert, die Tür zu verschließen, damit kein Räuber an einer Kreuzung die Tür aufreißt und irgendein Stück herausraubt. Seite 14 von 46 Reisebericht LernEinsatz Peru 2005 4. – 31. August Und man bleibt am Ziel im Taxi sitzen, weil der Fahrer behauptet, dass es nicht herausgeben kann, was er dann doch kann, … E ines ist aber w ichtig! Sein G epäck darf m an nie aus den A ugen lassen, sonst ist sie w eg, die D igicam oder die Jacke und Sonstiges, … . Oder es befällt einen die Angst, weil so mancher Taxler fährt, als hätte er etwas gestohlen, oder die Armee wäre hinter ihm her, …. Oder man lernt einen netten Menschen kennen und beginnt zu philosophieren, ... Doch eines ist in jedem limanesischen Taxi schier gleich! Laute kitschige, peruanische Volksmusik …. Im Bus …. Veronika in einem Bus in Lima in spanischer Sprache: „Nur weil wir weiß sind, zahlen wir nicht mehr!“ Seite 15 von 46 Reisebericht LernEinsatz Peru 2005 4. – 31. August Mir fällt ein Bild ein! Mein „Haus- und Hofmechaniker“ hier in Österreich bekommt den Auftrag, das „Pickerl“ für einen öffentlichen Bus aus Lima zu machen. Welche Mängel würde er finden? Radkästen durchgerostet, Windschutzscheibe – Riss im Sichtfeld, glatte Reifen, kaputte Bustür, Sitze durchgesessen, Abgaswerte extrem, …… Unübersehbar! Unüberhörbar! Fahrer voll auf der Hupe und voll am Gas! Der Kassier hängt zum Fenster hinaus und ruft: „Brasil, Brasil, …..!“ Und wenn ich nur drei Sekunden vor dem anderen am Ziel bin! Blinker raus – überholen. Wenn nun jemand meint, es sei einfach über den Verkehr in Peru zu schreiben, dann täuscht er sich! Man hat so viele Bilder im Kopf! Und – wo sind die Worte ??? Bei mir sind sie weg, die Worte, um zu beschreiben, was man spürt, wenn man denkt – zurückdenkt! Christian Scheidl, wortlos Seite 16 von 46 Reisebericht LernEinsatz Peru 2005 4. – 31. August Leben, Erleben und Mitleben: Eindrücke aus Juliaca Wir befinden uns auf einer langen Fahrt durch die Anden. Auf über 4000 Meter rollen wir zwischen schneebedeckten Bergspitzen, weiten, steppenähnlichen Wiesen, himmelblauen Bächen und Lamaherden durch das peruanische Hochland. Nach einer kurzen Pause in Sicuani, einer kleinen, schönen Stadt mitten in der Sierra, setzen wir unsere Reise Richtung Juliaca fort. Nach sieben Stunden, in denen wir die wunderbare Landschaft in uns aufgesogen und die Natur voller Genuss bestaunt haben, kommen wir an unserem Ziel an. Seite 17 von 46 Reisebericht LernEinsatz Peru 2005 4. – 31. August Leise macht sich ein Gefühl der Enttäuschung und Beklemmung in mir breit. Statt saftigen Feldern, sauberen Flüssen, weiten Tälern und imposanten Gebirgszügen scheint es in Juliaca nur Staub, Dreck, Schmutz, Müll und viel Armut zu geben. „Hier werd ich mich nicht wohl fühlen“ ist mein erster Gedanke. Doch schon bald verwerfe ich diesen Einfall wieder. Padre Luis Zambrano, von allen nur liebevoll „Padre Lucho“ genannt, begrüßt uns herzlich und heißt uns in seiner Pfarre „Pueblo de Dios“ willkommen. Nachdem wir unseren Schlafsaal bezogen haben, werden wir mit einem leckeren Abendessen verwöhnt. Wie überall wird uns Vorspeise, Hauptspeise und Nachtisch, sowie viele frische Früchte aufgetischt. Müde von der langen Reise kriechen wir bald schon in unsere warmen Schlafsäcke und fallen erschöpft ins Bett. Gleich an unserem ersten Tag in Juliaca bekomme ich die Gastfreundschaft der Peruaner zu spüren. Auf dem Weg zum Markt kommen wir zufällig an einem Fest vorbei – eine peruanische Folkloregruppe steht auf einer Bühne und musiziert, viele Leute tanzen dazu. Seite 18 von 46 Reisebericht LernEinsatz Peru 2005 4. – 31. August Als uns die Peruaner bemerken, werden wir sofort freundlich durchs Mikrofon begrüßt. „Bienvenidos a nuestros amigos de los Estados Unidos“ – „Herzlich willkommen, Freunde aus den USA“, spricht der Sänger der Band. Während wir noch versuchen, das Missverständnis aufzuklären und durchs Getümmel rufen, dass wir keine Amerikaner, sondern Österreicher sind, stehen schon zwei Peruaner vor uns und fordern uns zum Tanzen auf… Ich fühle mich glücklich und freue mich, dass wir – Fremde, Ausländer, „Gringos“ – an den Tänzen und der Musik, einem besonders wichtigen Teil der peruanischen Kultur, teilhaben dürfen. Auch am nächsten Tag erlebe ich viel Positives in der für mich zu Beginn so trostlos wirkenden Stadt. Mit Padre Lucho besuchen wir eine Frauengruppe, den „Club de Madres“ der Pfarrei „Pueblo de Dios“. Von mehr als 50 Frauen werden wir freudig empfangen und mit „Mate de Coca“ und „Pan de los pobres“ begrüßt. Die Mütter erzählen uns von ihrem Leben, von ihrer Familie, von ihrer Stellung als Frau in der Gesellschaft. Viele mussten lange gegen den Widerstand ihres Mannes ankämpfen, um schlussendlich dem „Club de Madres“ beitreten zu können. Jetzt haben sie sich in Form einer Frauengemeinschaft, in der sie Handwerksprodukte für den Verkauf auf den umliegenden Märkten produzieren und sich über verschiedenste Themen austauschen, zusammengeschlossen. Sowohl Quechua als auch Aymara setzen sich nun vereint dafür ein, patriarchalische Strukturen aus den Köpfen der Peruaner verschwinden zu lassen; die größte Hoffnung setzen sie dabei in ihre eigenen Kinder. Nachdem uns die Frauen über ihre Aktivitäten im „Club de Madres“ berichtet haben, wollen sie wissen, wie die Frauen in Österreich leben. Ich spüre, dass sie sich über unseren Besuch sehr freuen und interessiert daran sind, mehr über unser Leben, unser Land, die Situation „unserer“ Frauen zu erfahren. Unser Treffen schließen wir mit gemeinsamen Tänzen ab. Wieder einmal spüre ich die peruanische Lebensfreude, die in diesem Seite 19 von 46 Reisebericht LernEinsatz Peru 2005 4. – 31. August Moment so deutlich auf mich überschwappt. Wir tanzen und tanzen und tanzen – und ich vergesse dabei völlig, dass es so vieles gibt, was mich von den Peruanern trennt, was mich von ihnen unterscheidet. Die Musik lässt für kurze Zeit alle Mauern, alle Barrieren, alle Grenzen zwischen „ihrer“ und „unsrer“ Welt einstürzen. An unserem letzten Tag im Hochland wird uns in Begleitung von zwei Peruanern ein Besuch bei einigen Campesino-Frauen, die auf den Feldern in der Nähe von Juliaca leben, ermöglicht. Der Busfahrer fährt durch die endlose Weite und ich frage mich, wie er wohl den richtigen Weg finden kann, wenn es doch keine Straßen gibt, die zwischen den Äckern zu den Häusern der Bauern führen. Doch sein Orientierungssinn ist gut und er führt uns zu einem kleinen Treibhaus, wo nach und nach immer mehr Frauen mit langen, schwarzen Zöpfen, Hüten und farbenprächtigen Röcken und Tüchern eintrudeln. Im ersten Moment denke ich mir, dass hier die Welt noch in Ordnung ist. Die Campesinos leben sehr traditionsgebunden, sie glauben an Pachamama; an die Götter der Erde, der Pflanzen, der Berge, der Flüsse, der Tiere. Sie sprechen Quechua oder Aymara, leben im Einklang mit der Natur, tragen ihre ursprünglichen Trachten. Auch die Schönheit der Landschaft, die ich schon auf unserer Fahrt nach Juliaca entdeckt habe, bringt mich hier wieder zum träumen. Doch so romantisch dieses Leben auf den ersten Blick wirkt, so herausfordernd und hart scheint es auch zu sein. Ohne Elektrizität und ohne Fließwasser müssen die Bauern ihren Alltag meistern; die Frauen bringen ihre Kinder ohne ärztliche Betreuung in ihren selbst gebauten Lehmziegelhäusern zur Welt. Gegessen wird, was die Felder hervorbringen. Ich fühle mich wie in einer völlig fremden Welt, mir erscheint alles ganz unwirklich. Irgendwie spüre ich eine große Hilflosigkeit in mir aufsteigen. Ich weiß nicht, über was ich mit den Frauen Seite 20 von 46 Reisebericht LernEinsatz Peru 2005 4. – 31. August sprechen soll. Vieles, was in meinem Leben und unserer Gesellschaft wichtig ist, was für uns zählt, scheint hier nicht zu existieren. Doch dann ergibt sich wie von selbst das perfekte Gesprächsthema: „Landwirtschaft“. Die Campesinos zeigen uns ihre Felder, erklären uns, wie sie sie bebauen, wie sie ihr Getreide und ihre Kartoffeln pflegen, welche Tiere sie hüten. Von uns wollen sie wissen, wie oft bei uns im Jahr geerntet wird und wie viele verschiedene Schafzuchten in Österreich leben. Trotz der Verschiedenheit, der Andersartigkeit, dieser kompletten Gegensätzlichkeit „unserer zwei Welten“ können wir Gemeinsamkeiten finden, die sowohl für das Leben der campesinos im Altiplano in Peru, als auch für die Existenz vieler österreichischer Landwirte „am anderen Ende der Welt“ ganz entscheidend sind. Und plötzlich verschmelzen diese zwei ungleichen Welten – Österreich und Peru - in meiner Vorstellung wieder zu einem Ganzen. Bei unserer Abschlussfeier am Samstag Abend in der Pfarre werden meine Ideen vom Nachmittag bestärkt. Wir stehen mit einigen peruanischen Jugendlichen, die für uns das Fest vorbereitet haben, rings um ein Lagerfeuer und beten. Viele sprechen ihre Wünsche aus, viele richten eine Bitte an Gott. Unser gemeinsames Gebet gibt viel Kraft und Energie frei. Padre Lucho schließt mit Worten, die ich so schnell nicht vergessen werde: Mit unserem Besuch hier in der Pfarre in Juliaca ist sein großer Traum in Erfüllung gegangen. Der Name „Pueblo de Dios“ – „Volk Gottes“ wird endlich seiner wahren Bedeutung gerecht. Nun stehen wir versammelt hier – Menschen aus unterschiedlichen Ländern, aus unterschiedlichen Kulturen, mit unterschiedlichen Vergangenheiten und unterschiedlichen Lebensrealitäten. Doch alle sind wir Kinder Gottes, alle sind wir Teil der unendlichen göttlichen Liebe; Peruaner und Österreicher genauso wie alle anderen Menschen der Erde. Daniela Blecha Seite 21 von 46 Reisebericht LernEinsatz Peru 2005 4. – 31. August Rassismus in Peru Ursprünglich wollte ich hier noch einmal verschiedene theoretische Aspekte, die wir zum Thema Rassismus in Peru gehört haben, beschreiben: Ein Land in dem sich rassistisches Verhalten und Feindseligkeit nicht gegen Fremde, gegen „Ausländer“ richtet, sondern gegen die eigenen Leute, Costa gegen Sierra und Selva, einer Minderheit gegen die Mehrheit. Allein schon die Geschichte Perus, die Kolonialisierung durch Spanien, die „Dekolonialisierung“ durch die „Chriollos“ – die Mestizensöhne der Spanier – die eigentlich keine war, die Jahre des Terrorismus durch den Sendero Luminoso, unter dem vor allem – und das nicht zufällig – die Bewohner des andinen Hochlands am meisten zu leiden hatten, ist eine Geschichte rassistischer Auseinandersetzungen im Land. Die Bezeichnung „Indígenas“ ist bei uns auf der Uni – als scheinbar wertfreie Bezeichnung einer Volksgruppe – ziemlich gängig, in Peru hat sie jedoch einen negativen Unterton. Und ist dabei noch der netteste Name für Ureinwohner Perus. „Cholo“ war lange Zeit ein Schimpfwort. Doch Diskriminierung läuft nicht nur verbal, ist für aufmerksame Augen tagtäglich sichtbar: Das Schönheitsideal: weiße Haut, blonde Haare, blaue Augen – allgemein gilt: je heller, desto besser. Werbeplakate zeigen Frauen – die von Europäerinnen, Amerikanerinnen, „Weißen“ – kaum zu unterscheiden sind, die Stewardessen am Flug von Lima nach Cusco mit TansPeru („Tan peruano como tu“!), mindestens braunhaarig, heller Teint – kein Vergleich zu den Frauen aus Sicuani, Juliaca und Puno. – ihnen bleibt viel verwehrt, nicht nur der Eintritt in Diskos in Miraflores. Seite 22 von 46 Reisebericht LernEinsatz Peru 2005 4. – 31. August Ich war eigentlich ziemlich überrascht. In einem Land, das mit gewaltigen Auslandsschulden und erheblichen wirtschaftlichen Problemen zu kämpfen hat, die zu einem nicht unerheblichen Teil vom „westlichen“ Ausland mitverschuldet sind, hätte ich eigentlich erwartet, eine gewisse Wut seitens der Bevölkerung darüber zu spüren. Vielleicht Hass gegen Weiße, Unverständnis und Misstrauen über die Beweggründe unserer Reise oder Ähnliches. Doch das war nicht der Fall. Natürlich waren wir ab und zu „wandelnde Dollarzeichen“, haben sich viele erwartet von uns zu bekommen, was unser Aussehen – wir, die Weißen – versprach, nämlich Geld. Aber viel öfters waren Wertschätzung, Überschätzung unserer Persönlichkeiten, Reaktionen unseres Auftretens, Hierarchien wurden aufgebaut, und wir auf die oberste Stufe gestellt, wir als die automatisch „Besseren“ – also genau das andere Extrem meiner Erwartungen, das ich aber als zumindest genauso schlimm empfinde wie offenen Hass. In beiden Fällen funktioniert die Kommunikation nicht. Seite 23 von 46 Reisebericht LernEinsatz Peru 2005 4. – 31. August Ein Erlebnis bei dem das allerdings ganz und gar nicht der Fall war, und das Beispiel eines wunderschönen Austausches und einer tatsächlichen Interaktion ist, möchte ich uns aber auch noch in Erinnerung rufen. Ich schreibe hier von unserem Abschlussabend mit den Jugendlichen der Pfarre „Pueblo de dios“ und Luis Zambrano in Juliaca. Alle Grenzen und Barrieren, die uns oberflächlich getrennt haben – Hautfarbe, Haarfarbe, kultureller Background – sind in den Gesprächen, dem Tanzen und Singen einfach verschwunden, es war auf einmal klar, dass sie real eigentlich so nicht existieren. Und das Schöne war, dass nicht nur wir das so erlebt haben – einseitigerweise –, sondern vor allem auch die Jugendlichen aus Juliaca. Teresa Peintinger Seite 24 von 46 Reisebericht LernEinsatz Peru 2005 4. – 31. August Die wirtschaftliche und soziale Situation der Bevölkerung Wenn man an Peru denkt, verbindet man das Land wahrscheinlich mit großer Armut, schlechter Wirtschaftslage oder Ähnlichem. Aber was ist viel Armut? Bleiben die Menschen dann ihr ganzes Leben arm? Was ist sonst noch schuld, außer einer schlechten Wirtschaftslage und der jeweils aktuellen Wirtschaftspolitik, dass Peruaner (wieder) verarmen? In Peru leben 54,8% der Bevölkerung in Armut, das bedeutet die erschreckend große Zahl von 16 Millionen armen Menschen. Das sind doppelt so viele Personen wie die gesamte Einwohnerzahl von Österreich. Arm sein heißt für die Menschen, mit weniger also 2 Dollar pro Tag überleben zu müssen. Es ist klar, dass niemand sein ganzes Leben unter der Armutsgrenze bleiben möchte, jeder einzelne kämpft jeden Tag gegen diese Armut und die damit verbundenen Probleme und Sorgen. Was machen Peruaner aber nun konkret, um die Armut hinter sich zu lassen? Ich möchte hier drei Möglichkeiten aufzählen: Seite 25 von 46 Reisebericht LernEinsatz Peru 2005 4. – 31. August Eine Möglichkeit gegen die Armut zu kämpfen, ist durch Bildung die Chancen auf Arbeit zu verbessern. Wie auch in Österreich möchten viele Jugendliche studieren und haben genaue Vorstellungen, was sie später beruflich machen möchten. Viele Familien können sich aber oft nicht einmal die Schule leisten und versuchen alles, um ihren Kindern die Schulbildung zu ermöglichen und einige wenige schaffen es auch noch an die Universität. Nicht zu arbeiten, ist in Peru Luxus, dort ist kaum jemand arbeitslos, weil man ohne Einkommen einfach nicht überleben kann, da es vom Staat ja auch keine Sozialleistungen gibt. Das bedeutet, dass jeder einfach arbeitet, sei es nun, Dinge wie Bürsten, Cremen, Kaugummis und Zuckerl in der Stadt zu verkaufen, Mototaxi oder Tricicleta zu fahren, als Schuhputzer zu arbeiten oder in der Landwirtschaft mitzuhelfen. Viele Menschen haben auch mehrere Jobs gleichzeitig oder andere gründen eigene Geschäfte und versuchen so ihr Glück, genug fürs Überleben zu verdienen. Seite 26 von 46 Reisebericht LernEinsatz Peru 2005 4. – 31. August Unzählige träumen von einem besseren Leben in Nordamerika oder Europa. Diejenigen, die im Ausland schon genügend Geld zum Leben verdienen, helfen ihren Verwandten, die in ihrem Heimatland geblieben sind, indem sie regelmäßig Geld nach Hause schicken. Diese drei Möglichkeiten sind nur einige Aktionen und Tätigkeiten, die helfen, die Armut in Schranken zu weisen. Aber auch die Familien, die es geschafft haben, die Armut zu besiegen, befinden sich nur knapp über der Armutsgrenze und sind daher wirtschaftlich sehr verletzlich. Abgesehen von der jeweils aktuellen Wirtschaftspolitik und Wirtschaftslage gibt es noch sogenannte „Mikroschocks“, die oft schuld daran sind, dass ganze Familien wieder unter die Armutsgrenze zurück fallen. Diese Mikroschocks sind zum Beispiel: Naturkatastrophen: vor allem eine Trockenheiten in den Anden und die damit verbundene schlechte Ernte; Krankheiten und schwere Unfälle, da nur 15-20% der Bevölkerung eine Krankenversicherung haben und sich deshalb verschulden oder das eigene Geschäft verkaufen, um eine Behandlung zu finanzieren; Verlust der Arbeit oder Tod eines Familienmitgliedes: das Einkommen der gesamten Familie schrumpft wieder beträchtlich und reicht nicht mehr aus; Raub: gerade in den Armenvierteln gibt es kaum Polizei, die das Eigentum der Menschen sichert; Konkurs des eigenen Geschäftes; der Vater/Mann verlässt die Familie, das heißt, dass sich viele Frauen als alleinerziehende Mütter durchschlagen müssen; Brand. Seite 27 von 46 Reisebericht LernEinsatz Peru 2005 4. – 31. August Deshalb wäre es sehr wichtig, dass die Regierung vermehrt in den Sozialsektor eingreift und ausreichende Staatsleistungen zur Verfügung stellt, um zu verhindern, das die Menschen wieder unter die Armutsgrenze zurückfallen, nachdem sie sich mühsam aus der Armut herausgearbeitet haben. Es wird dringend eine Art Sicherheitsnetz gebraucht, das eine Gesundheits- und Unfallversicherung, Investitionen in den Bildungssektor, Schutz vor Raub und Diebstahl, neue Arbeitsplätze, etc umfasst. Barbara Lackenbauer Seite 28 von 46 Reisebericht LernEinsatz Peru 2005 4. – 31. August Landflucht in Peru Ich sitze hier in Innsbruck, bin seit einiger Zeit wieder daheim und doch noch nicht angekommen. Ich bin voll verschiedenster Eindrücke und Erfahrungen, die ich noch nicht einordnen kann, die noch einen Platz brauchen. Schon in der Vorbereitung auf den LernEinsatz habe ich mich mit dem Thema Landflucht in Peru auseinandergesetzt. Ich habe Faktoren gesucht, warum so viele Menschen vom Land in die Stadt ziehen. Es war ein Thema, das weit weg war. Vieles von dem habe ich nicht verstanden. (Die Quellen für die nachstehenden Informationen meiner Recherche waren mehrere Seiten im Internet.) • Zwischen 1919 und 1930 kam es zur ersten Landflucht (Bauern und Mittelstand) Anstieg der städtischen Mittelklasse, speziell im Textilproletariat Anstieg der Arbeiter von 12.000 auf 18.000 Großgrundbesitzer rissen mit Gewalt und „legalen“ Maßnahmen Ländereien an sich Aufstände der Landarbeiter • Wirtschaft Saat und Ernte werden nicht mehr durch Eigenbedarf bestimmt, sondern durch Nachfrage am Weltmarkt > Zerstörung der Subsistenzwirtschaften (sich selbst versorgende Gruppen werden zerstört und durch sich konkurrierende Gruppen ersetzt) • Gesundheit Kein bzw. schlechter Zugang zu medizinischer Versorgung Seite 29 von 46 Reisebericht LernEinsatz Peru 2005 4. – 31. August • Bildung 9,1% der Peruaner sind Analphabeten Schulbildung ist Luxus und wird den Anforderungen des Alltags nachgestellt • Gesellschaft Kleine wohlhabende Oberschicht – Masse der kaum integrierten indigenen Ureinwohner Abwanderung in Städte > Suche nach Arbeit Meist nur am Stadtrand Unterkunft Große Elendsviertel – „Pueblos Jovenes“ „Pueblos Nuevos“ • Fortschreitende Verstädterung 70% der Andenbewohner leben heute in den Städten • Lima Einwohnerzahl hat sich in den letzten 50 Jahren verachtfacht ohne Vorortgürtel: 1951: 835.000 Einwohner 2005: 6.867.950 • Armut 49% der Landbevölkerung leben unterhalb der nationalen Armutsgrenze Bsp: Cajamarca 82% der Landbevölkerung ohne Strom 85% ohne Anschluss an Trinkwasserversorgung 86% ohne Kanalisation • Zentralisierung Regierung, Verwaltung und Wirtschaft sind extrem zentralisiert Drei Wochen vor dem LernEinsatz reiste ich schon durch Peru und habe viele Stunden in Bussen verbracht. Sie haben mich durch neue Landschaften geführt. Vorbei an Dörfern, Städten, menschenleeren Seite 30 von 46 Reisebericht LernEinsatz Peru 2005 4. – 31. August Gegenden. Und da habe ich es das erste Mal gesehen: verlassene Häuser, nicht nur ein paar, sondern viele, zerfallen oder mit zugemauerten Fenstern, ohne Dach,... und ich stellte mir viele Fragen: Wo sind wohl die Menschen hin? Was hat sie dazu bewegt wegzugehen? Wo wohnen sie jetzt und unter welchen Umständen? Wie geht es ihnen jetzt? .... Es war für mich nicht fassbar, viele Gedanken gingen mir durch den Kopf, ich konnte es nicht verstehen, ich war in einem fremden Land. Landflucht war nicht nur mehr ein Wort, ein wenig Information, sondern es waren nun auch Bilder, Gedanken und Gefühle. Im Kurs im Instituto Bartolome de las Casas war dann unter anderem Sendero Luminoso ein Thema. Und es wurde mir klar, dass neben all den verschiedensten Gründen, die ich zuvor gehört hatte, warum Menschen vom Land weggehen, auch Angst ein bedeutender war. Ein Wochenende in Lima verbrachten wir in den Pueblos Jovenes. Julia und ich waren bei Antonio und seiner Familie in Villa El Salvador, einem Armenviertel mit 400.000 Einwohnern, somit der zweitgrößte Stadtteil Limas, den es seit 30 Jahren gibt. Antonio erzählte uns von der Entstehung, wie viele Menschen auf einmal in die Stadt kamen, das Gebiet besetzten und gemeinsam Villa El Salvador sehr strukturiert aufbauten, das Gebiet in Zonen aufteilten,... und dafür wie sie dieses Stadtviertel aufbauten, bekamen sie von der UNO eine Auszeichnung. Wir besuchten auch den Friedhof auf dem Marialena Moyano begraben ist, eine Frau, die sich gegen Sendero Luminoso auflehnte, lautstark auftrat und deshalb Seite 31 von 46 Reisebericht LernEinsatz Peru 2005 4. – 31. August umgebracht wurde. Die Angst, die die Menschen in die Stadt brachte, war auch hier nicht weg. Im Kurs bekamen wir weitere Informationen über die wirtschaftliche Situation Perus, die eng mit der Migration im Land verbunden ist. Ein Problem ist es, dass die Bevölkerung wächst, die Wirtschaft aber nicht. In der Stadt gibt es mehr Möglichkeiten, mehr Hoffnung auf Arbeit, Bildung, Gesundheit, Zugang zu Infrastruktur... Seit dem Jahr 1940 hat sich die Verteilung der Bevölkerung von 30% in den Städten und 70% am Land bis zum Jahr 2000 ins Gegenteil umgekehrt. Und allein in Lima leben 30% der Gesamtbevölkerung (12 Mio. Einwohner). Nach den vielen Inputs und Erfahrungen hab ich mir vorgenommen mit den Menschen über die Landflucht und ihre Hintergründe zu sprechen. Aber so einfach war das nicht. Neben den sprachlichen Barrieren hatte ich auch Hemmungen dieses Thema anzuschneiden als ich Peruanern gegenüberstand. Ich spürte, dass ich nicht den Menschen zu nahe treten wollte, ich empfand, dass meine Neugierde hier falsch am Platz war, dass Landflucht ein Thema war, das ich nicht mit jemanden diskutieren wollte/konnte, der vielleicht selber in irgend einer Weise davon betroffen ist, dass ich die Geschichten gar nicht fassen kann und ich viel falsch machen konnte. Mir wurde bewusst... Landflucht ist nicht nur Geschichte, es ist nicht nur Vergangenheit sondern ein Teil der Gegenwart in Peru. Barbara Riedmann Seite 32 von 46 Reisebericht LernEinsatz Peru 2005 4. – 31. August Peruanische Frauen und Frau - sein in Peru „Die Zukunft ist weiblich oder es gibt sie nicht“ – dieser Buchtitel von Margarete Mitscherlich könnte man/frau als Beschreibung für Peru sehen. Obwohl die Männer das Land regieren, das durch seine Vergangenheit die Handschrift patriachaler Strukturen trägt, wird Peru von den Händen der Frauen getragen. Sie tragen ihr Land nicht im Sinne einer politischen Macht, sondern im Sinne ihres Engagements und ihres Enthusiasmus. Woher sie ihr Engagement nehmen, ist fraglich, denn das Leid, das ihnen vor allem während der Zeit des sendero luminoso angetan worden ist, und ihre immer noch benachteiligte gesellschaftliche Stellung lassen diese Antwort offen. Um ihre Lebenssituation besser dokumentieren zu können, sollen die folgenden Zahlen einen kleinen Einblick geben. Die Politik hat immer noch einen sehr geringen Anteil an Frauen. Die Gründe dafür sind vielfältig. Zum einen hat es viel mit der Schulbildung zu tun, die angesichts der oft geringen Möglichkeiten - vor allem in ländlichen Gebieten - sehr gering ist. Mädchen kommen daher seltener in den Genuss einer Ausbildung als Buben. Die Zahlen zeigen zwar nur eine geringe Differenz auf, dennoch geben sie einen guten Einblick, welche Ausbildungsmöglichkeiten die Kinder in ländlichen Gebieten generell haben. Im Vergleich sind es 61,9% der Mädchen und 59,3% der Buben, die keine Schuldbildung erhalten. Aufgrund der weiten Entfernung, die die Kinder zurücklegen müssten, um eine Schule zu erreichen, ist es ihnen oft nicht möglich täglich oder überhaupt hinzugehen. Stattdessen helfen sie in der Landwirtschaft mit, sorgen für ihre jüngeren Geschwister oder gehen selbst einer gering entlohnten Tätigkeit nach, um das Familieneinkommen ein bisschen aufzubessern. Denn dieses ist von ländlichen Familien oft sehr gering, so gering, dass es ihnen nicht möglich ist, die Schulausbildung ihrer Kinder zu zahlen. Seite 33 von 46 Reisebericht LernEinsatz Peru 2005 4. – 31. August Dennoch, der Wunsch, ihren Kindern eine Ausbildung zu bieten, ist sehr stark und wird von Seiten der Eltern und auch zum Teil von Seiten der Regierung gefördert. In diesem Bereich wird sehr viel getan und versucht eine Verbesserung zu erzielen. Trotz all der Verbesserungsversuche haben Mädchen, die aufgrund familiärer und kultureller Strukturen benachteiligt werden, eine kleinere Chance eine Schulbildung zu bekommen. Ihre Aufgaben werden eher im Bereich des Hauses gesehen. Dies schließt das Aufpassen jüngerer Geschwister, kochen, putzen und weitere hausalltägliche Dinge mit ein. Die nachstehenden Zahlen verdeutlichen diese Situation: 24% der Mädchen zwischen 6 und 14 Jahren besuchen keine Schule. Diese Situation findet man/frau vor allem in sehr armen ländlichen Gebieten und Gegenden, die von der indigenen Bevölkerung bewohnt sind. Die Analphabetenquote ländlicher Frauen ist höher als bei Männern. Generell kann man/frau aber dennoch sagen, dass sich die Analphabetisierungsrate mit den Jahren verbessert hat. Im Jahr 1981 lag die Gesamtzahl noch bei 26,1%, während sie 1998 bei nur mehr 11,4% lag. In der Stadt sieht die Situation der Frauen anders aus. Die Möglichkeit für Frauen eine Ausbildung zu erhalten ist in der Stadt größer als am Land. Durch die „modernere“ Sichtweise der Familien werden die Buben den Mädchen im Sinne der Ausbildung in selteneren Fällen vorgezogen. Die Prozentzahlen von Kindern, die keine Schulbildung erhalten, verhält sich bei beiden Geschlechtern ähnlich: 40,7% der Buben und 38,1% der Mädchen gehen im städtischen Raum nicht zur Schule. Obwohl die Lebenssituation in städtischen Regionen ein bisschen besser ist als in ländlichen, bleibt die Zahl der weiblichen Beschäftigten sehr gering. So zeigt die Gesamtzahl, dass nur 28% der Frauen im Jahr 1996 beschäftigt waren. Seite 34 von 46 Reisebericht LernEinsatz Peru 2005 4. – 31. August Doch abseits dieser Zahlen gibt es viel über die peruanischen Frauen zu sagen. Allein über ihre strahlenden und lachenden Gesichter, ihre natürliche Art und ihre Fürsorge für ihre Kinder könnte man/frau unzählige Bücher schreiben. Doch vor allem auch das Leid und die Gewalt, die ihnen in der Familie und während des sendero luminoso angetan worden sind, stehen ihnen ins Gesicht geschrieben und sprechen Bände. Jährlich werden in Lima rund 4000 registrierte Fälle von gewalttätigen Übergriffen an Frauen in der Familie gemeldet. Die Comisaría de la Mujer de Lima geht davon aus, dass die meisten Fällen nicht gemeldet werden und die Dunkelziffer daher noch höher ist. Familiäre Gewalt herrscht vor allem in niedrigeren Schichten, aber auch die höhere Schicht ist davor nicht befreit. Die Gewalt des sendero luminoso betraf Frauen und Männer auf unterschiedliche Arten. Unter den Opfern sind vor allem Männer, die 77% der Ermordeten ausmachen. Im Vergleich dazu waren es ““nur““ 23% Frauen. Doch die sexuelle Gewalt an Frauen übersteigt jede Ziffer, die man/frau zu den restlichen Gräueltaten findet. 84% der betroffenen Frauen erlebten sexuelle Gewalt. Dies betraf vor allem Frauen, deren Muttersprache Quechua war (73%), die am Land lebten (80%) und die Analphabeten in der spanischen Sprache waren (34%). Die Mehrheit der betroffenen Frauen war zwischen 10 und 30 Jahren alt. Seite 35 von 46 Reisebericht LernEinsatz Peru 2005 4. – 31. August Doch abseits all dieser Gewalt haben sich die Frauen zusammengeschlossen, um Bewegungen und Organisationen zu bilden, damit sie ihre Rechte, Wünsche, Ansprüche und Hoffnungen äußern und verlangen können. Die Bereitschaft sich untereinander zu helfen ist sehr groß. So wurden zum Beispiel in den pueblos jovenes in Lima comedores populares gegründet, um den Menschen vor Ort die Möglichkeit einer günstigen Nahrung zu geben. Vor allem die Frauen engagieren sich in diesem Bereich. Auch das Aufpassen mehrerer Kinder während die anderen Mütter in der Arbeit sind, ist eine gängige Gefälligkeit unter den Frauen. Dadurch unterstützen sie einander, um einmal ihnen und ihren Kindern eine bessere Zukunft zu ermöglichen. Während meines Aufenthaltes in Peru habe ich auch versucht heraus zu finden, wonach peruanische Frauen „Hunger haben“. Dazu habe ich mir ein paar Gedanken gemacht, die ich zum Abschluss als eine Art Zusammenfassung dieses Ausschnitts der Frauen Perus und als Denkanstoß in Stichworten wiedergeben möchte: Respekt, Akzeptanz, Gerechtigkeit, Frieden, gewaltloses Miteinander, Entschädigung für ihr Leid während des sendero luminoso, eine gute Zukunft für ihre Kinder, eine bessere und gerechtere Politik, die hält was sie verspricht, Arbeitsplätze und Gleichberechtigung. Seite 36 von 46 Reisebericht LernEinsatz Peru 2005 4. – 31. August Julia Günther Seite 37 von 46 Reisebericht LernEinsatz Peru 2005 4. – 31. August „Verdauungsprozess“ des Erlebten Hallo ihr Lieben! Ich hab´ als Thema des Peruberichts ja die pastorale Situation gewählt (Juliaca) - da aber im Liturgieheft zum Sonntag der Weltkirche Luis selbst ausführlich berichtet, tipp ich das selbe nicht nochmal. Ich denk´, ich lass euch lieber an meinem "Verdauungsprozess" von Peru hier in Estland teilhaben und schick euch einen Auszug aus meinem Tagebuch: Võru, 20. September 2005, 0.05 Tere! Ich trank starken Kaffee - zu starken - drum bin ich immer noch wach - in Gedanken bei euch - in Peru - und doch sitz´ ich im Bett in einer estnischen Wohnung - ein Wohnhaus rechts, eines links, eines vor dem unsrigen, eines dahinter - kommunistische Arbeitersiedlung - Wohnungen mit modernen Plastikfenstern zeugen bereits von gehobenem Standard - doch in so manchem Bad hier wird in der Wanne stehend "gekübelt" (Gudrun wird euch den Begriff erklären!) wie in Indien oder Peru oder ... Hinter mancher WC-Tür wartet ein Plumpsklo - der Deckel sorgsam verschlossen ... Rekord in der Küche: 7 Häferl Tee aus einem Teesackerl ... das meiste im Einkaufskorb kommt aus dem eigenen Gärtlein - Erdäpfel, Gurken, Tomaten, Äpfel - heuer in besonders rauen Mengen - Kriecherl, ... Petersilie und Suppenkraut ... auch die schönsten Blumensträuße werden aus selbst Gezogenem gebunden ... Fahrräder ohne Gang und Beleuchtung und doch ein recht nützliches Vehikel, wenn es gilt, ein paar Minuten später in der Früh aus den Federn zu müssen... Samstag - vormittags - Shopping am Dorfplatz - der "teacher´s departmentstore" öffnet auf dem Dorfplatz für einige Stunden seine Pforten humanitäre Hilfe ist angesagt! - d. h. auf groszen Plastikplanen Seite 38 von 46 Reisebericht LernEinsatz Peru 2005 4. – 31. August türmt sich Kleidung - milde Gaben "aus dem Westen" - 5 oder 10 Kronen das Stück (1 Euro = ca. 15 Kronen) - frisch gewaschen wie neu - Schuhe gibt´s gratis! - aber reguläre Ware ist einfach kaum leistbar! Gemütliches Plauderstündchen im Wohnzimmer bei herbstlich kühlen Temperaturen nur bei Überziehen zusätzlicher Kleidungsstücke möglich es empfiehlt sich, über alles den Schlafrock noch drüber und den behält man am besten auch im Bett an! - Das Heizhaus der Stadt wird erst am 1. Oktober "angeworfen" ... Auch Tallinner Straßenkinder schnüffeln Leim ... Sofortige ärztliche Behandlung ist nur mit Schmiergeld garantiert - alle möglichen und unmöglichen Hausmittelchen kommen selbstverständlich zuerst zum Einsatz! Und sie flüchten vom Land - Tallinn wächst und wächst und wächst ... und sie finden keinen Job ... und sie träumen vom Westen ... Sie werben um Mitglieder - Methodisten, Pfingstkirchler, Königskinder, ... und stellen ihre Kirchen auf ... Die Parteien- und Listenlandschaft ist extrem bunt! Und sie singen, musizieren und tanzen - auch die Burschen in den höheren Klassen - Wem gehört die Musik? Die Gastfreundschaft ist GROSS!!! Ist die Lebensrealität der Esten nun der unsrigen näher oder jener der Peruaner?! Auf oben ein wenig umrissenem Hintergrund reflektiere ich meine Erfahrungen in, mit und aus Peru - der totale Kulturschock blieb für mich noch aus - die drei Umpacktage zu Hause waren ja für mich nicht wirklich zu Hause ankommen ... Ich denk´, für mich wird´s im Oktober noch gröber tuff - wenn ich dann nach doch relativ langer Zeit mit all diesen Erfahrungen aus der Ferne, jenen aus dem Orient, aus dem Süden und aus einem postkommunistischen Land zu Hause "sitz" - weiß und reich - mit allen nur denkbaren Freiheiten - die doch auch oft so einengen können ... lg, Olga Schnutt Seite 39 von 46 Reisebericht LernEinsatz Peru 2005 4. – 31. August Mitreisende des LernEinsatzes Julia Günther Eine lustige, einfühlsame Reisende, die den Kontakt zu den Menschen nicht scheut, Kinder liebt und sehr sensibel und offen mit neuen Situationen umgeht. Im Regenwald fühlt sie sich so richtig wohl, wenn sie auch von den Moskitos heiß geliebt wird. Ihr großes Talent ist wohl, auch aus sehr schwierigen Situationen und Erlebnissen zu lernen und das Positive aus Allem herauszuholen. Julia Gasser - Stella, Juli Julia sagt, was sie denkt und daher weiß man, woran man ist. Sie ist eine Frau zum Pferdestehlen, Spaß haben oder auch um mit ihr über die Menschen und die Welt nachzudenken. Ihre sensible Seele bemerkt nicht jede/r sofort, aber auf so einer Reise lernt man einander schon ein bisschen besser kennen und so wissen wir: Julia ist einfach „a ganz a liabe“, die direkt auf das Leben und auf Schokotorten zugeht. Barbara Lackenbauer Barbara hat uns mit ihren Spanischkenntnissen oft Licht ins Dunkel gebracht. Sie wurde nie müde uns zu übersetzen und dafür sind wir ihr wirklich SEHR dankbar! Shiatsu ist ihre Leidenschaft und wer das Glück hat, in den Genuss einer Behandlung zu Seite 40 von 46 Reisebericht LernEinsatz Peru 2005 4. – 31. August kommen, muss aufpassen nicht schnell abhängig zu werden. Barbara ist neugierig auf die Welt und immer für ein Flascherl Bier und zum miteinander Lachen zu haben. Daniela Blecha Danielas Spanisch war immer zu verstehen, nur wenn sie mit Julia Stella „deutsch“ gesprochen hat, wurde es für uns schwierig. Sie ist eine wissensdurstige junge Frau, die alle Informationen und Gespräche in sich hineinsaugt. Es war eine Freude, ihr beim Lernen zuzusehen und ich musste immer wieder staunen, mit welcher Motivation und Freude sie in das Land Peru und alle Diskussionsfelder eintauchte. Unsere Jüngste war für mich oft auch der Sonnenschein unserer Gruppe. Theresa Erdkönig Unser ältestes Gruppenmitglied ist im Herzen jung geblieben. Die Fragen sind ihr nie ausgegangen, sei es, wenn es um Land und Leute in Peru ging, oder um praktische Reiseerfahrungen, die sie für ihren verlängerten Aufenthalt in Peru unentwegt sammelte. Theresa geht offen auf die Menschen zu, singt gerne mit uns und zieht sich dann auch wieder Mal ein bisschen zurück. Gemeinsam haben wir auf dieser Reise viel über uns selbst und das Leben gelernt. Seite 41 von 46 Reisebericht LernEinsatz Peru 2005 4. – 31. August Martin Hahn Martin und der Fotoapparat: darüber könnten wir wohl eine Geschichte schreiben, vor allem, weil ihm seine geliebte Kamera am Ende doch noch gestohlen wurde. Zugute halten kann man ihm seine Sensibilität beim Fotografieren. Er hat eine wahre Leidenschaft entwickelt, uns alle in den verschiedensten Positionen und Lebenslagen abzubilden, was nicht immer alle erfreut hat. Als einer unserer zwei Männer hat er immer wieder die männliche Sichtweise eingebracht. Er ist einfach ein lustiger, lieber, offener und begeisterungsfähiger Mensch. Gudrun Langmann Gudrun kann lachen bis sie keine Luft mehr hat und sie nicht mehr stehen kann. Dafür sind wir Zeugen. Oft hat uns ihr Lachen auch angesteckt. Manchmal hat es uns auch ein bissi irritiert. Gudrun kann aufmerksam zuhören und auch interessant und lebendig erzählen. Sie hat sich in Peru manchmal gefürchtet, aber immer wieder Strategien gefunden, mit ihrer Unsicherheit umzugehen. Eine Strategie: In Begleitung von Olga und Julia Stella Schokotorten essen gehen. Seite 42 von 46 Reisebericht LernEinsatz Peru 2005 4. – 31. August Teresa Peintinger Stille Wasser sind tief. Und wenn Teresa mal auftaut, dann erzählt sie Erlebtes so lebendig, dass ihr ganzes Gesicht und ihr Wesen zu strahlen beginnt und ich nie mehr aufhören möchte ihr zuzuhören. Vor allem beim Tanzen und Plaudern mit den Jugendlichen in Juliaca hat sie sich wohl gefühlt. Auch Teresa hat uns mit ihrem Spanisch unterstützt und gemeinsam mit Daniela, Barbara und mir die inhaltlichen Diskussionen weiterverfolgt. Sie ist eine junge Frau, die man einfach gern haben muss für ihr liebe, sonnige, offene Art mit anderen umzugehen. Ich denke, auch die Leute mit denen sie in Peru geredet hat, haben sie in ihr Herz geschlossen. Barbara Riedmann Barbara ist mit vollem Herzen Kindergärtnerin und Studentin. Wenn sie Kinder sieht und sie die Möglichkeit hat, sich mit ihnen zu beschäftigen, dann strahlt sie eine Zufriedenheit und Liebe aus, sodass alle Kinder sofort von ihr begeistert sind. Dem Studentin sein wird sie unserer Erfahrung nach vor allem beim Ausgehen gerecht. Nur hatte sie leider das Pech, dass wir eine SEHR ausgehfaule Gruppe waren. Barbara hat mit ihrem Gitarrespiel Begeisterung und Lockerheit in unsere Gruppe gebracht. Sie ist eine Reisende, die gerne direkt bei den Menschen mitlebt und keinen Luxus braucht. Das hat ihr auf der LernEinsatzreise auch zu schaffen gemacht. Aber ich bin mir sicher, dass es nicht ihre letzte Reise gewesen ist, denn wenn man einmal erfahren hat, wie wertvoll das Seite 43 von 46 Reisebericht LernEinsatz Peru 2005 4. – 31. August einfach mitleben mit Menschen ist, dann bleibt man unterwegs zu den Menschen. Christian Scheidl Unser zweiter Mann in der Runde sagt oft auch gerade heraus, was er denkt. Und auch das habe ich sehr zu schätzen gelernt. Am wohlsten hat er sich beim Projekt in Corillos gefühlt – mitten unter den Leuten aus der ganzen Welt, die dort mit den Jugendlichen der Straße arbeiten. Dort ist ihm auch deutlich bewusst geworden, was Armut heißen kann. Christian wird seine Erfahrungen in den Unterricht einbringen – denn wie er am Reflexionswochenende sagte: „Ich hab mich verändert, auch wenn ich es nicht genau beschreiben kann.“ Das gilt wohl für uns alle. Christian kann auch gut zuhören und nimmt seine Umgebung aufmerksam wahr. Den Kampf gegen die Orientierungslosigkeit hatte er bald mit Hilfe von Karten gewonnen. Christian hat vor allem Barbara beim Biertrinken nie allein gelassen, aber auch wir anderen konnten uns seiner immer sicher sein. Olga Schnutt Olga kann mit Gudrun im Duett lachen, dass die Tränen fließen. Normalerweise ist sie nicht so schnell aus der Ruhe zu bringen. Ihre Kamera hatte sie immer dabei, um möglichst alles festzuhalten. Aber Olga hat auch ein großes Herz, mit dem sie auf die Menschen in Peru und auch auf uns zugegangen ist. Beim Tanzen mit den Frauen in Juliaca war ihre Begeisterung so richtig sichtbar. Auch Olga kann gut zuhören und konnte auch Reiseerfahrung vom LernEinsatz nach Seite 44 von 46 Reisebericht LernEinsatz Peru 2005 4. – 31. August Brasilien einbringen. Sie war und ist ein Goldstück unserer Gruppe. Ach ja, Olga ist auch eine, die mich beim Schoko-tortensuchen begleitet hat. Veronika Schweiger Ich – das Oberalpaca unterwegs mit ihrer Herde. Immer für ein Glaserl Wein zu haben und für alle Fragen und Anliegen offen. Ich liebe Peru und es hat mir großen Spaß gemacht, mit allen meinen Alpacas zu reisen, wenn ich auch danach ein bissi müde war. Ich werde sicher wieder Mal nach Peru fahren und dort auch immer ein Stückerl von euch finden, in den vielen Erinnerungen, die wir miteinander teilen. Seite 45 von 46 Reisebericht LernEinsatz Peru 2005 4. – 31. August Seite 46 von 46