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ich lese , was mir passt.“ ich lebe , wie ich bin.
ich lebe , wie ich bin. ich lese , was mir passt.“ ich lebe , wie ich bin. ich lese , was mir passt.“ Geschlechtssensible Literatur für Kinder und Jugendliche I M PR E SSU M Diese Illustration stammt aus Paul und die Puppen von Pija Lindenbaum (Beltz & Gelberg 2008), einem Buch, das zeigt, wie unbekümmert Kinder KIischees hinter sich lassen. In glänzenden Röcken Fußball zu spielen ist für Paul und seine Freunde extrem cool. Herausgeberin ist das Referat für allgemeine Frauenangelegenheiten der Stadt Graz – eine Servicestelle für Frauen, für Frauenförderung und für die Gleichstellung von Frauen und Männern. Das Team des Frauenreferates steht für Unterstützung von Frauen im Sinne einer positiven weiblichen Identifikation und der Selbstbestimmtheit und Autonomie. Mag.a Bettina Deutsch-Dabernig (Inhalt) und Mag.a Nora Bugram (Redaktion) lasen sich quer durch Bücherregale und machten sich auf die Suche nach Pippi-Power. In jedem dieser starken Bücher steckt ein starkes Mädchen. Für das Layout zeichnet Rainer Pammer, Cuba Graz – www.cubaliebtdich.at – verantwortlich. Soweit möglich, wurde auf Originalillustrationen der Bücher zurückgegriffen. Paul und die Puppen: © Beltz & Gelberg / Gretel und Hänsel und die Hexe im Wald: © Jungbrunnen / Paulas Reisen: © Tulipan Verlag / Ich bin stark, ich sag laut Nein!: © Arena / Ich hasse Rosa: © Jacoby & Stuart / Zarah: © Bloomsbury / Prinzessinnen: © cbj / Ferien am Ende der Welt: © Jungbrunnen / Betti Kettenhemd: © Jungbrunnen / Marie Curie und das Rätsel der Atome: © Arena / Fotos: istockphoto.com, photocase.com, Fotostudio Stad, Foto Fischer/Graz ich lebe, wie ich bin. ich lese, was mir passt. …und damit das genauso bleibt, werden in dieser kleinen Broschüre einige Bücher vorgestellt, die sich NICHT an traditionellen Rollenzuschreibungen für Mädchen und Buben orientieren. Mädchen und Buben sollen so sein können, wie sie eben sind! Mutig oder schüchtern, unternehmungslustig oder vorsichtig, laut oder leise, zurückhaltend oder aufmüpfig… Das lateinische Wort „legere“ hat neben der Hauptbedeutung „lesen“ noch einige interessante Nebenbedeutungen: „sammeln“, „auswählen“ oder „auflesen“ – wir sammeln also beim Lesen auch Haltungen und Sichtweisen auf und wir wählen aus, welche Verhaltensweisen und Wesenszüge wir für uns selber erstrebenswert finden. Daher ist es mir besonders wichtig, dass Mädchen und Buben - vom Kindergartenbis ins Jugendalter – mit literarischen Figuren in Kontakt kommen können, die nicht traditionell typisch weiblich oder männlich agieren. Denn Gleichstellung von Frauen und Männern in unserer Gesellschaft kann nur dann funktionieren, wenn Kinder und Jugendliche die Möglichkeit haben, ihre Rollen selber zu definieren und nicht nur vorgefertigte Lebensmodelle angeboten bekommen! In diesem Sinne hoffe ich, dass Sie in dieser Broschüre einige Anregungen für Ihre Kinder und für sich selber finden. Dr.in Martina Schröck, Frauenstadträtin Buchempfehlungen für alle, die sich für geschlechtssensible Kinder- und Jugendliteratur interessieren! Empfehlenswerte Bücher aufzulisten – kein leichtes Unterfangen, denn „Was ist ein gutes Buch“? Astrid Lindgren wusste eine klare Antwort: „Wie muss ein gutes Kinderbuch sein? Falls du mich fragst, so könnte ich dir nach reiflicher Überlegung nur antworten: Es muss gut sein.“ (Ausstellungskatalog Astrid Lindgren für die ganze Welt. Eine Ausstellung auf Astrid Lindgrens Näs, Vimmerby, Schweden.) Gut ist ein Buch wohl dann, wenn das Kind, das es liest – Mädchen oder Bub – sich darin verlieren kann. Und auch wiederfinden... Bücher können die Wahrnehmung schärfen, die Fantasie wecken, Handlungsmöglichkeiten aufzeigen und zum Nachdenken anregen. Bücher können den Horizont erweitern – manche mehr, manche weniger, je nach Auswahl des Themas, der Darstellung der Figuren, dem Verlauf der Handlung. Dass Bücher die Welt verändern können, ist wohl etwas zu viel verlangt. Aber sie präsentieren mögliche andere Welten – und andere Sichten auf die Welt. In allen Facetten zeigen sie, wie Menschen denken und handeln. Langweilig sind Bücher, wenn bereits nach den ersten Seiten klar ist, wer „gut“ ist und wer „böse“ – so banal ist ja das Leben selbst auch nicht. Anstatt Schwarz und Weiß die vielen verschiedenen Grautöne zu entdecken und auf Buchheldinnen und –helden zu treffen, die anders agieren als erwartet, macht das Lesen bunter und spannender. Es gibt eine Vielfalt an Literatur, die Klischees bedient, weitläufige Meinungen bestätigt und Stereotypen prägt. Aktiv handelnde Buben und Männer, die breitbeinig mitten im Leben stehen und passiv darauf reagierende Mädchen und Frauen, die sich anlehnen – diese konstruierten Geschlechter begegnen uns nach wie vor in der Werbung, in Filmen, in der Literatur. Wie Frauen und Männer denken, entscheiden und handeln, prägt die Vorstellung von Weiblichkeit und Männlichkeit. Und umgekehrt: unsere Ideen der Weiblichkeit und Männlichkeit beeinflussen unser Handeln. Doch es gibt nicht „die eine Weiblichkeit“, ebenso wenig wie es „die eine Männlichkeit“ gibt. Jedes Mädchen, jeder Bub, jede Frau, jeder Mann ist einzigartig. Sie oder er ist mehr oder weniger mutig, frech, ängstlich, egoistisch, selbstbewusst, zärtlich, fürsorglich, unangepasst, selbstsicher, eigenwillig, einfühlsam, souverän und und und – sowie unter anderem eben entweder weiblich oder männlich. Mädchen sind nicht nur schüchtern, Buben sind nicht nur mutig – genau so wenig wie umgekehrt. Sie ist nicht nur „so“ und er ist nicht nur „so“: beide sind sowohl als auch! Über den „kleinen Unterschied und seine Folgen“ ist viel diskutiert worden. Der Unterschied ist, was er ist. Ein Unterschied und kein Mangel – in keine Richtung. Mädchen und Frauen stark zu präsentieren heißt nicht, Buben und Männer abwertend darzustellen. Emanzipierte junge Leserinnen und Leser wollen geschlechtssensible Literatur, die Klischees in Frage stellt, klassische Denkmuster hinterfragt, Möglichkeiten fern von bisher Gedachtem aufzeigt und vor allem die traditionelle Rollenverteilung aufhebt. Manche Bücher machen es den Lesenden leicht, sich mit den Personen zu identifizieren. Ihnen auf dem Sofa liegend, im Baum sitzend oder im Bus stehend über die Schulter zu blicken und zu verfolgen, wie sie handeln, heißt nicht zwangsläufig, ihrem Tun zuzustimmen. Vielmehr erleben die Leserin und der Leser voll Empathie eine denkbare Handlung mit – sie erleben eine Möglichkeit aus der Vielfalt der Möglichkeiten zu agieren. Wer hat schon die Zeit und die Gelegenheit, alle Geschichten der Welt selbst zu erleben? Abgesehen davon, dass man manche vielleicht gar nicht erleben möchte und es sehr spannend sein kann, den Blickwinkel des „anderen Geschlechts“ einzunehmen. Diese Broschüre richtet den Fokus auf selbstbewusst auftretende Mädchen und Frauen, die sich in kein Korsett zwängen lassen. Die selbstsicheren Buchheldinnen nehmen Charaktereigenschaften für sich in Anspruch, die weitgehend als männlich angesehen werden. Sie agieren nicht nur, aber auch im Kontext mit männlichen Darstellern, die auch mal anlehnungsbedürftig sind, ihre Gefühle artikulieren, Angst zeigen und sensibel auf ihre Umwelt reagieren – echte Kerle eben. Die ganze Bandbreite von Charaktereigenschaften sichtbar zu machen, bedeutet bereits den jungen LeserInnen die Vielfalt der Welt zu zeigen. Lesegenuss bieten Bücher, die Grenzen sprengen und der Leserschaft nicht die heile Welt vorgaukeln, sondern Konflikte thematisieren: Welchen Herausforderungen stellen sich Menschen, mit welchen Schwierigkeiten werden sie konfrontiert – unter anderem in ihrem weiblich Sein und ihrem männlich Sein. Mag.a Bettina Deutsch-Dabernig Gretel und Hänsel haben sich im Wald verlaufen, als sie an ein Haus kommen. „Jeder weiß, dass da die Hexe wohnt. Du musst nur auf dem Spielplatz nachfragen“, meint Hänsel. Und er ist sich sicher, dass die Hexe böse ist und sie auffressen will. Gretel kann das gar nicht glauben und klingelt. Die Hexe freut sich über ihre Gäste, sperrt die Haustüre ab und bittet die beiden in die Küche. Als sie Gretels Finger fühlen will, wird sogar ihr ein wenig mulmig. Und bald wird der noch mulmiger: „Warm und weich“, murmelte die Hexe, „gut gewürzt, fett, nicht zu wenig Zucker, so stell ich mir das vor. Und Marmelade dazu, das kann nicht schaden.“ Zum Glück stellt sich heraus, dass die Hexe nicht die beiden Kinder, sondern einfach nur Palatschinken braten will! Sigrid Laubes Gretel ist stark, sie glaubt nicht an Geschichten und Gerüchte und im Ernstfall stellt sie sich schützend vor Hänsel, der sich anlehnen möchte und kann. Maria Blazejovskys Illustrationen erinnern an das klassische Märchen und finden dabei doch ihren eigenen Weg. Für alle, die Gretel und Hänsel ganz neu kennen lernen wollen! „Und böse Hexen gibt’s eigentlich nicht“, beschloss Gretel und drückte auf den Klingelknopf. „Das wird ein schlechtes Ende nehmen“, jammerte Hänsel. Sigrid Laube/Maria Blazejovsky Ein bekanntes Märchen, ganz neu erzählt! „Fein“, sagte Gretel und rieb sich die Hände, „da wohnt jemand.“ „Gar nicht fein“, sagte Hänsel und bibberte, „da wohnt die alte Hexe.“ Paul Maar/Eva Muggenthaler Ein Plädoyer für Eigenständigkeit und gegen Anpassung! In ihren Träumen besucht die kleine Paula das Land der bunten Kreise. Alles ist bunt und kugelig und kaum wird Paula entdeckt, heißt es: Was will dieses Mädchen hier? Holt die Kugelpolizei! Sie ist gar nicht so wie wir! Schnell soll Paula angepasst werden, zum Glück kann sie aus einem Kreis ein Loch machen und fliehen. Sie landet im Land der tausend Ecken und soll ebenfalls sofort angepasst werden. Auch im Land der roten Töne und im Land Kopfunter ergeht es ihr nicht anders. Im Land der Daunen allerdings kann Paula bleiben, wie sie ist. Was hier zu beachten sei, bringt sich Paula selber bei. Für immer kann sie dennoch nicht bleiben, denn da wird sie schon aufgeweckt. Paul Maars Text ist sehr poetisch und liebevoll gereimt. Eva Muggenthaler setzt die verschiedenen Länder fantasievoll und atmosphärisch in Szene. Für Kinder, die sich nicht einfach einfügen, ohne zu hinterfragen! Neulich nachts, in ihren Träumen, ging die Paula auf die Reise durch den Wald aus Kugelbäumen in das bunte Land der Kreise. Aber schon wird sie erfasst und der Gegend angepasst! Susa Apenrade/Miriam Cordes Ich bin stark, ich sag laut Nein! So werden Kinder selbstbewusst Ein Bilderbuch, das in mehreren Situationen vor Augen führt, dass man Nein sagen kann und soll! Für alle, die üben wollen, Nein zu sagen! Lea stellt sich fest vor Jan hin, mit beiden Füßen fest auf den Boden. So ist sie stark und kann bei ihrer Meinung bleiben. Lea fühlt sich seltsam, wenn sie etwas macht, was sie eigentlich gar nicht machen will. Und sie es nur macht, weil andere Menschen das wollen. Die Leserin/der Leser begleitet Lea durch verschiedene Situationen und kann durch Entscheidungsfragen mit überlegen, wie Lea sich verhalten soll. Dabei wird klar, dass man immer stark und selbstbewusst „Nein!“ sagen kann, wenn man das möchte. Lea muss ihren Schokoriegel nicht hergeben, sie muss sich nicht von der Nachbarin drücken, von der Tante küssen oder vom Geschäftsfreund des Vaters auf den Schoß nehmen lassen. Und auch mit Fremden soll sie auf keinen Fall mitgehen! Susa Apenrades Text und Miriam Cordes‘ Illustrationen machen klar, dass auch Körpersprache zum Nein-Sagen dazugehört und dass man auch als Kind stark sein kann. Lea freut sich: „Ich kann gut NEIN sagen! Ganz laut!“ Die meisten Mädchen mögen am liebsten Rosa, aber ich hasse Rosa. Genauso wie diese Prinzessinnen, wie dieses ganze Prinzessinnen-Tralala, die Schleifchen und überhaupt Puppen. Und wenn dann noch alles rosa ist, wird mir schlecht. Nathalia Hense/Ilya Green Kann man Rosa hassen und dennoch ein richtiges Mädchen sein? Auf jeden Fall! Die Ich-Erzählerin dieses Buches mag kein Rosa. Sie mag Schwarz, Glitzersteine und Kräne. Aber Papa sagt, das ist was für Jungen. Ihr Freund Luis mag Puppen und näht ihnen Anziehsachen, dennoch ist er nach genauer Beobachtung ein richtiger Junge. Auf die Frage, warum Mädchen keine Jungensachen und Jungen keine Mädchensachen mögen dürfen, bekommt die Ich-Erzählerin eine Antwort, die keine Antwort ist: “So ist das nun mal“, haben sie mir da gesagt. Sie findet dennoch, dass sie ein richtiges Mädchen ist, auch wenn sie kein Rosa mag. Man kann mich ja nicht dazu zwingen. Empfehlenswert für alle Mädchen und Jungen, vom Kindergarten an! Nathalie Henses Text ist klar, einfach und ungeschnörkelt. Dazu passen Ilya Greens Zeichnungen perfekt: Klar und grafisch sehr ansprechend führen sie die im Text angesprochenen Rollenklischees im Bild weiter und ergänzen sie. Das Buch lädt dazu ein, Vorurteile zu hinterfragen und selbstbewusst sowie stark zu sein. Zoran Drvenkar / Martin Baltscheit Die gruselige Geschichte eines mutigen Mädchens, das sich nicht ängstigen lässt. Die Freundinnen machten Ihh und Ähh, und Zarah schaute in die Bäume und machte überrascht Ach. Ein Bilderbuch für Unerschrockene, die Freude am Gruseln haben. Vier Freundinnen und eine Freundin dazu beschließen in den Wald zu gehen. Die vier Freundinnen erzählen Geschichten vom schrecklichen Räuberhauptmann Raddek, vom gefürchteten Baumtroll Ogill (der zieht dir das Gehirn mit einem Ruck durch die Nase raus), vom Schlammfresser Feggel, der gern kleine Mädchen isst, vom Erdteufel Lappowick, vom gefährlichen Lindwurm Raskoff und von der blutrünstigen Vampirin Kattinka und wollen Zarah damit Angst einjagen. Solange bis es den vier Freundinnen selbst zu viel wird, sie rennen davon. Die unbeeindruckte Zarah beschließt heimzuge- hen – dort wartet auf die Leserinnen und Leser eine Überraschung und auf Zarah warten ihre MitbewohnerInnen: Raskoff, Lappowick, Feggel, Ogill und Kattinka. „Hallo, Zarah“, sagen sie und dann gibt’s Abendessen. Nur Raddek fehlt. Die letzte Illustration des Buches zeigt die vier Freundinnen im dunklen Wald, in einer Ecke sitzt Raddek. Zoran Drvenkars amüsante Geschichte wird von comicartigen, erfrischenden Illustrationen von Martin Baltscheit begleitet, die diese unheimliche Erzählung noch gruseliger machen. Philippe Lechermeier/Rebecca Dautremer Prinzessinnen Ein Sammelwerk mit unbekannten Prinzessinnen, das charmant Klischees hinter sich lasst und einen neuen Blick jenseits der rosa Glitzerwelt eroffnet. Ähnlich wie in einem Lexikon lässt Philippe Lechermeier augenzwinkernd seine Prinzessinnen auftreten. Man trifft auf Prinzessin Kannibalossa, die bereits als Kleinkind viel Platz für sich beanspruchte, und auf die äußerst gefährliche Prinzessin Hasardie. Jeder Prinzessin ist eine Doppelseite gewidmet, der je ein hinreißend poetisches Motto vorangestellt ist (etwa Nicht lächeln ist, als vergäße man, seine Blumen zu gießen.). Dazwischen stößt die Leserin/der Leser überraschend auf Landkarten und hilfreiche Tipps, wie das internationale Fächeralphabet, einen unkitschigen Prinzessinnentest oder eine Sammlung mit Prinzessinnensprichwörtern. Sehr „nützlich“ auch der alphabetische und thematische Index am Schluss des Buches! Rébecca Dautremers Illustrationen begleiten den literarischen und auch mit Reimen spielenden Text und machen das Buch zart und poetisch zum Gesamtkunstwerk. Empfehlenswert nicht nur für kleine „Prinzessinnen und Prinzen“, auch große werden an diesem Feuerwerk ihre Freude haben. Prinzessin Larifari: Unanständige Ausdrücke sind ihr keineswegs fremd, sie ist da völlig ungehemmt. Setzt euch gemütlich nieder, öffnet weit die Lider und entdeckt der Prinzessinnen vergessene Mitglieder. Und wer weiß: Vielleicht erkennt ihr euch darin sogar wieder! Prinzessinnen behandelt das Thema auf eine völlig neue Weise, und schickt Prinzessinnen, die zuvor niemand je sah, auf die Reise. Brigitte Jünger Ferien am Ende der Welt Wanda entdeckt, dass Omas ganz anders sein können, als sie gedacht hat! Zuerst ist Wanda gar nicht begeistert, dass sie die Ferien bei ihrer Oma verbringen soll, die sie zuletzt als Baby gesehen hat. Aber dann kommt alles anders: Ihre Oma ist das Gegenteil von Wandas Vorstellungen und auch das einsam in der Natur gelegene Haus birgt Überraschungen: Bären entpuppen sich als Schmetterlinge oder Sterne, Omas Fernseher ist ein Fernglas, es gibt kein Auto, mit dem man zum Schwimmbad fährt, zum See muss man zu Fuß gehen. Wandas Oma, die auch Wanda heißt, versteht es, den Zauber in Wandas Umgebung zu wecken, sie philosophiert mit ihrer Enkelin über das Nichts und lernt von ihr sogar das Stricken. Wanda hingegen freundet sich mit ihrem verhassten Namen an und nimmt Samen für eine Blumenwiese im Balkonkasten daheim mit. Brigitte Jünger hat mit Wandas Oma eine starke Frauenfigur kreiert, die klassischen Omaklischees ganz und gar nicht entspricht. „Tag, Engelchen.“ Was will denn die Schubkarre von mir? Der mich da anspricht ist ja gar kein Bauarbeiter, sondern eine Frau! Ihre Hose ist schmutzig, ihre Hände sind schmutzig, und ihre Haare hat sie zu einem grauen Zopf zusammengebunden. „Ich muss zu meiner Oma.“ „Alles klar, du hast sie gefunden, Engelchen. Den Rest gehen wir zu Fuß. Lad deinen Koffer in die Karre!“ Ein Buch für Mädchen und Buben, die sich von der Natur verzaubern lassen können! Albert Wendt Betti Kettenhemd Betti Kettenhemd ist die Geschichte eines wilden Kindes und die einer der stärksten Mädchenfiguren der aktuellen Kinder- und Jugendliteratur. Eine Hymne an die Kindheit für alle, die Pippi Langstrumpf und Ronja Räubertochter lieben! Österreichischer Kinder- und Jugendbuch Preis 2009 Betti Kettenhemd rannte über die Felder, sprang über den Brennnesselgraben, dort, wo er am breitesten ist. An ihrer Schulter flatterte Tek-tek. Ein Schatten huschte, gegen alle physikalischen Gesetze, auf der falschen Seite daher. Albert Wendts Text strotzt vor Freude an der Sprache und macht das Lesen zum Genuss. Am Rande der Seiten ergänzen Illustrationen von Christian Hochmeister das Bild der Leserin / des Lesers, die immer nur Teile des Ganzen zeigen, die Fantasie anregen und Bettis Dynamik unterstreichen. Glück ist nicht vernünftig. Die stille Bettina überwindet ihre größte Angst: Die Angst vor dem schwarzen Mülleimer, einem wilden Hundeungetüm, das als ehemaliger Kettenhund die Umgebung in Angst und Schrecken versetzt. Bettina befreit den Hund von der Kette, die er nachschleift, und als sie sich die Kette um den Körper schlingt, verschwindet die Angst. Begleitet von dem schwarzen Mülleimer lebt sie von da an in der Natur und wird unter die Fittiche des Rebhuhns Fräulein Tek-tek genommen. Betti spricht die Ruffwuffsprache und auch Knurrbettinisch, lernt das Tarnen und Täuschen und einiges mehr. Das wilde Kind ist Freude des Erzählers, der immer wieder in der Geschichte auftaucht, des Bauern Dummbarschs, dessen Mähdrescher eben Dummbarsch – Dummbarsch - Dummbarsch macht, und des fünften Busches, einem Angler, der als fünfter Busch am Weiher sitzt. Gar keine Freude ist sie hingegen für den Aufsichtsjäger Müller-Meckel: Betti zerrast mit ihrer unvernünftigen Lebensfreude seine schöne Ordnung. Um eben diese Ordnung wieder herzustellen, hegt er einen gemeinen Plan, der dank der Freundschaft mit dem schwarzen Mülleimer schief geht. Luca Novelli Marie Curie und das Rätsel der Atome Das Leben von Marie Curie, die sich stets als Frau durchzusetzen wusste, über Widerstände hinweg setzte und als erste Frau den Nobelpreis bekam. Ich bekomme den Nobelpreis und bin zudem die erste Frau, der diese Ehre zuteil wird. Für viele bedeutet das eine Auszeichnung für alle Frauen, die zu meiner Zeit in keinem großen Ansehen stehen. Marie Curie wurde 1867 in Warschau geboren, zu einer Zeit, als es für aufstrebende Frauen eine fast unüberwindliche Hürde war, als Mädchen geboren zu sein. Der Tochter sehr moderner Eltern war es möglich, eine Schulausbildung zu erhalten und dank eines Paktes mit ihrer Schwester in Paris zu studieren. Ihre Vision deckte sich nicht mit der damals gängigen Vorstellung, wie Mädchen und Frauen sein sollen. Als Physikerin forschte sie mit radioaktiven Strahlen und entdeckte gemeinsam mit ihrem Mann Pierre Curie neue Elemente, wofür sie 1903 den Nobelpreis erhielten. Nach einem tödlichen Unfall ihres Mannes übernahm sie als erste Frau in Frankreich seinen Lehrstuhl für Physik an der Universität. Aber Marie hatte auch Neider und litt unter einer Schmutzkampagne gegen sie. 1911 erhielt Marie Curie erneut den Nobelpreis, 1934 starb sie an einer durch die Strahlung hervorgerufenen Krankheit. Luca Novelli schildert Marie Curies Leben sehr spannend aus Curies eigener Sicht. Witzige Illustrationen lockern den Text auf jeder Seite auf. Ergänzt wird das Buch durch ein „radioaktives Wörterbuch“. Empfehlenswert für alle, die mehr über eine spannende Frau und Vorkämpferin in der naturwissenschaftlichen Forschung erfahren wollen. Wenn man jemanden so lieb hat, so wie Opa mich, dann stimmt daran etwas nicht, da bin ich sicher. Malvina, sage ich, Hüterin des Rechts. Das ist die wahre Bedeutung meines Namens. Ich bin die Hüterin des Rechts, und während ich es ausspreche und dabei in Klatsches Gesicht sehe, wird mir zum ersten Mal bewusst, was es wirklich bedeutet. Was es wirklich heißt, die Hüterin des Rechts zu sein. Es bedeutet, dass ich meine Rechte hüten muss, mein Recht zu leben, das Recht, mich zu wehren, das Recht zu reden. Empfehlenswert für jene, die der Stimme eines starken Mädchens zuhören wollen, das lernt, sich zu wehren. Beate Teresa Hanika Rotkäppchen muss weinen Malvina wird von ihrem Opa missbraucht. Sie stellt sich ihrer Vergangenheit und entdeckt, wie stark sie ist. Malvina ist dreizehn, als ihr Opa sie küsst. Aber sie muss sich doch um Opa kümmern, mehr tun, als ihm nur das Essen zu bringen – das hat sie ihrer Oma am Totenbett versprochen. Dann ist da auch noch Klatsche, ein Junge aus der Neubausiedlung, der sie plötzlich umkreist. Zu guter Letzt soll auch noch die alte Villa abgerissen werden, jener Ort, an dem sie mit ihrer Freundin Lizzy am liebsten ist. Je mehr Malvina von ihrem Opa bedrängt wird, desto mehr setzt sie sich mit ihrer Vergangenheit auseinander. Wenn sie versucht, sich an ihre Kindheit zu erinnern, fällt ihr nichts ein. Also fast nichts, es fühlt sich an, als würde man ein Fotoalbum aufschlagen, das von Hunderten blinden Flecken übersät ist. Doch langsam füllen sich die Flecken mit bunten Bildern. Der Opa kann nicht anders, hat Oma gesagt. Und das war gelogen. Schließlich gelingt es Malvina mit der Hilfe der polnischen Nachbarin ihres Opas, Frau Bitschek, die ihr Geheimnis ahnt, ihre Scham zu überwinden und stark zu sein. Sie beschließt zu reden, sie traut sich zu springen, immer, auch wenn man den Boden nicht sehen kann. Malvina vertraut sich Lizzy und deren Mutter an. Und sie entdeckt, dass sie nicht alleine ist, obwohl ihre Familie lange Zeit nicht genau hinhören wollte. Beate Teresa Hanika erzählt Malvinas Geschichte sehr eindringlich und einfühlsam. Helga Gunerius Eriksen Von ihm für immer Die Geschichte einer intensiven Sommerliebe und die einer ungewollten Schwangerschaft. Donna fährt mit ihrer besten Freundin Frida, deren Zwillingsbruder Fred und den Eltern der beiden auf Sommerurlaub nach Spanien. Dort verliebt sie sich Hals über Kopf in José. Die intensive, heimliche Urlaubsliebe, die für Donna die schönste Zeit ihres Lebens darstellt, trägt ungewollte Früchte: Wieder zu Hause in Norwegen stellt Donna fest, dass sie schwanger ist. Sie vertraut sich Tante M., bei der sie wegen ihrer schwierigen Familienverhältnisse wohnt, und Frida an, verrät jedoch nicht, wer der Vater des Babys ist. Sie will, dass José studieren kann, er soll nicht für ein ungewolltes Kind zahlen müssen. Donna will das Baby auf keinen Fall haben, sie empfindet die Schwangerschaft als ein Eindringen in ihren Körper und in ihr Leben. Sie will ihr Kind zur Adoption freigeben. Doch nach der Geburt wird das Fremde in ihrem Körper plötzlich zu einem kleinen Mädchen, dessen Mutter Donna ist und für das sie sofort Liebe empfindet. Helga Gunerius Eriksen beschreibt das Gedankenkarussell, das eine ungeplante Schwangerschaft auslöst, und thematisiert die Möglichkeiten, damit umzugehen. In meinem Bauch bewegt sich etwas, das nicht ich ist. Ein kleiner Steinewerfer drückt mir mit kleinen Fäusten Beulen in den Bauch. Das Fremde ist sauer auf mich, weil ich nichts von ihm wissen will. Es ist sauer, weil ich es nicht haben will. Solche Worte. Abtreibung. Adoption. Solche Worte traten plötzlich in mein Leben, aber sie gehören da nicht hin. Es ist nicht mehr mein Leben. Es ist das Leben des Fremden. Das Fremde hat nicht nur meinen Bauch übernommen, sondern mein gesamtes Leben gleich mit. Für alle, die von einer jungen Frau lesen wollen, die in einer schwierigen Situation eine Entscheidung trifft. Da spürte sie seine Hände auf ihrem Hals. Er drückte zu. Fest. Franka wollte schreien, aber kein Ton drang aus ihrer Kehle. Franka erstarrte. Das ist nicht wahr!, dachte sie. Meine Seele ist wie diese Mondlandschaft, dachte Franka. Kalt und rau. Eine Wüste. Wie soll in dieser Wüste noch jemals etwas wachsen? Was soll bloß werden? Was soll jetzt aus mir werden? Wie soll ich weiterleben, nach alldem? Für alle, die wissen wollen, wie stark Frauen auch als Opfer sein können! Sie will die Gewalt aus ihrem Leben verbannen, sie will sich nie mehr zu irgendetwas zwingen lassen. Jutta Treiber Vergewaltigt Franka ist ein selbstbewusstes Mädchen. Bis sie vergewaltigt wird. Dennoch schafft sie es, zurück ins Leben zu finden. Franka ist ein mutiges 17-jähriges Mädchen. Franka geht mit energischen, federnden Schritten. Sie pocht auf ihr Recht, sich alleine zu bewegen, auch in der Nacht. Doch eines Nachts auf dem Nachhauseweg vom Babysitten wird Franka von einem Unbekannten von hinten überfallen und brutal vergewaltigt. Franka ist zerbrochen, ihre Eltern versuchen hilflos, ihr beizustehen. Nach der ersten schlimmen Nacht gelingt es ihnen, Franka zu überzeugen, ins Krankenhaus und zur Polizei zu gehen. Franka hat es nicht gewagt, den Täter anzusehen, es könnte jeder gewesen sein, sie könnte ihn kennen, das macht ihr am meisten zu schaffen. Auch Frankas Freund Stefan und ihre beste Freundin Birgit versuchen fassungslos, für Franka da zu sein, die die Vergewaltigung immer und immer wieder durchlebt. Sie hat Selbstmordgedanken, stürzt in eine Depression. Franka schafft es nicht mehr, alleine aus dem Haus zu gehen, sie kann es nicht ertragen, jemanden in ihrem Rücken stehend zu wissen. Schließlich nimmt sie die Hilfe eines Psychologen in Anspruch. Franka beginnt, Bilder zu malen und ihre Vergewaltigung nieder zu schreiben. Zu Weihnachten reist sie mit ihren Eltern nach Lanzarote. In der Vulkanlandschaft der Insel erkennt sie sich selbst wieder. Schlussendlich schafft sie es, das Erlebte hinter sich zu lassen. Es gibt noch ein Leben außerhalb der Vergewaltigung, stellt sie fest. Jutta Treiber zeigt, dass man es auch als Opfer eines der schlimmsten Gewaltverbrechen schaffen kann, weiterzuleben. Bibliografie: Sigrid Laube Maria Blazejovsky Gretel und Hänsel und die Hexe im Wald Jungbrunnen 2006 978-3-7026-5777-2 EUR 13,90 Paul Maar Eva Muggenthaler Paulas Reisen Tulipan Verlag 2007 978-3-939944-04-1 EUR 15,00 Susa Apenrade Miriam Cordes Ich bin stark, ich sag laut Nein! Arena 2008 978-3-401-09165-5 EUR 13,40 Nathalie Hense Ilya Green Ich hasse Rosa Zoran Drvenkar Martin Baltscheit Zarah Philippe Lechermeier Rébecca Dautremer Prinzessinnen Jacoby & Stuart 2009 978-3-941087-44-6 EUR 13,40 Bloomsbury 2007 978-3-8270-5249-0 EUR 15,40 cbj 2008 978-3-570-13354-5 EUR 20,60 Brigitte Jünger Ferien am Ende der Welt Jungbrunnen 2008 978-3-7026-5791-8 EUR 12,90 Albert Wendt Betti Kettenhemd Jungbrunnen 2008 978-3-7026-5792-5 EUR 13,90 Luca Novelli Marie Curie und das Rätsel der Atome Arena 2008 978-3-401-06214-3 EUR 8,20 Beate Teresa Hanika Rotkäppchen muss weinen Helga Gunerius Eriksen Von ihm für immer Jutta Treiber Vergewaltigt Fischer 2009 978-3-596-85336-6 EUR 13,40 Oetinger 2009 978-3-7891-3407-4 EUR 10,20 Ueberreuter 2009 978-3-8000-5470-1 EUR 12,95 Außerdem empfehlenswer t: Manuela Olten Echte Kerle Buben sind immer mutig, Mädchen immer ängstlich. Hier wird mit diesem Irrglauben aufgeräumt! Bajazzo 2004. 978-3-907588-51-2. EUR 14,30 Nikolaus Heidelbach Was machen die Mädchen? Von Antraut, die ein Brot isst, bis Zeralda, die den Flugplatz findet, machen Nikolaus Heidelbachs Mädchen erfrischend unklischeehafte Dinge. Auch empfehlenswert ist die Variante der Buben: Was machen die Jungs? Beltz & Gelberg 2008. 978-3-407-79371-3. EUR 15,40 Thierry Lenain / Delphine Durand Hat Pia einen Pipimax? Heinz Janisch Die Prinzessin auf dem Kürbis und andere Geschichten Ein Bilderbuch über den kleinen Unterschied: Auch ohne Pipimax kann man ganz schön stark sein! Dieses Hörbuch beinhaltet drei moderne Märchen, die zeigen, dass Prinzessinnen nicht immer das sind, was man sich darunter vorstellt. Oetinger 2002. 978-3-7891-6836-9. EUR 8,80 Jumbo 2007. 978-3-8337-2020-8. EUR 10,95 Luise Holthausen Svenja will ein Junge sein Svenja will kein Mädchen mehr sein und wird spontan zu Sven. Ideal für alle, die gerade mit dem Lesen begonnen haben. Duden 2008. 978-3-411-70810-9. EUR 7,20 Heinz Janisch (Hrsg.) Märchen für mutige Mädchen Eine Sammlung von klassischen, fremden und modernen Märchen, in der gezeigt wird, dass in vielen Märchen eine mutige Mädchenfigur steckt. Boje 2008. 978-3-414-82159-1. EUR 20,60 Gisela Braun / Dorothee Wolters Das große und das kleine Nein! Nur ein kleines Nein genügt nicht! Dieses Bilderbuch zeigt, dass man laut und deutlich Nein sagen muss. Verlag an der Ruhr 2009. 978-3-927279-81-0. EUR 10,80 Brigitte Blobel Rote Linien. Ritzen bis aufs Blut Kitty ritzt sich – was harmlos beginnt, endet fast tödlich. Ein sensibles Buch über selbstverletzendes Verhalten. Arena 2007. 978-3-401-02733-3. EUR 6,20