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P H Y S I K I M A L LTA G ■ Heiße Töpfe, kühle Platte! Beim Induktionsherd sorgen kräftige Wirbelströme und Ummagnetisierungsverluste für eine schnelle Erwärmung. +) vgl. Physik Journal, Dezember 2004, S. 56 ürstchen schnipseln, Frikadellen kugeln und Teig für Eierpfannkuchen rühren – Kochen mit Kindern kann richtig Spaß machen. Wenn da nur nicht immer die Angst wäre, dass sich die Miniköche an den glühend heißen Kochstellen oder offenen Gasflammen verbrennen könnten! Da klingt es fast wie Zauberei, dass sich bei den Induktionsherden die Kochzonen eben nicht wie bei Elektroherd und Ceran-Kochfeld auf 600 Grad Celsius und mehr aufheizen. Bei den neuen High-TechHerden sorgt lediglich die Rückwärme des Kochgeschirrs dafür, dass die Platten wärmer werden. Abhängig von der Verweildauer der Töpfe können sich die Kochzonen dennoch auf bis zu 300 Grad Celsius erwärmen. Da diese nach dem Abschalten nicht träge die Wärme speichern und so schneller abkühlen, ist die Verbrennungsgefahr bei einer unachtsamen Berührung zwar nicht gebannt, aber immerhin deutlich reduziert. Die gemäßigte Hitze der Kochzonen erleichtert dann zur Freude der Eltern auch noch die Reinigung des Herds, denn übergekochte Milch oder Fettspritzer brennen nicht so schnell ein. Aber auch sonst kocht es sich auf einem Induktionskochfeld überraschend anders, denn diese HighTech-Herde heizen den Töpfen deutlich schneller ein. Gleichzeitig Miele W Induktionsherde versprechen Kochkomfort total: Da die Töpfe, Pfannen oder der Wok direkt erwärmt werden, halbiert sich die Ankochzeit. Außerdem kann so schnell nichts auf den Platten anbrennen, da sie sich nur wenig aufwärmen. punktet der Induktionsherd bei der Bedienungsfreundlichkeit, denn Berührungssensoren kontrollieren fein dosiert die Wärmezufuhr und sorgen dafür, dass die Kochzone wie beim Gasherd blitzschnell reagiert, wenn der Koch die Temperatureinstellung verändert. Und wenn das Telefon zwischendrin mal klingelt, lässt sich leicht eine Stop & Go-Funktion aktivieren, welche die jeweilige Kochzone von der eingestellten Leistung sofort auf Warmhalten zurückschaltet, damit nichts anbrennt. Mag(net)isches Kochen Wikipedia Wirbelströme erhitzen den Boden Abb. 1 Durch die eng gewickelte Induktionsspule (oben) fließt ein Wechselstrom, der ein Magnetfeld mit wechselnder Polarität hervorruft. Dieses dringt in den Topfboden ein und erzeugt dort in der Oberfläche Wirbelströme, die den Topf erwärmen (rechts). 46 Geschirrboden aus magnetisierbarem Material Glaskeramik elektromagnetisches Wechselfeld Induktionsspule Physik Journal 7 (2008) Nr. 12 ca. 25 kHz 50 Hz Steuerelement Umrichter Netz © 2008 Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim Beim herkömmlichen Elektroherd, der mit Heizwiderständen ausgerüstet ist, wird die Hitze mittels Wärmeleitung über die Kochfläche auf den Topf übertragen. Dagegen sorgt bei den Gasherden und den schicken Ceran-Feldern+) Wärmestrahlung dafür, dass sich das Kochgeschirr erwärmt. Eine Glaskeramik, die für Wärmestrahlung transparent ist, Wärme aber schlecht leitet, deckt die Heizwiderstände des Ceran-Felds ab. Auch Induktionsherde sind mit einer solchen Abdeckung ausgestattet, sodass sie auf den ersten Blick den Ceran-Feldern ähneln, allerdings bleibt es bei diesen Äußerlichkeiten dann auch. Denn beim Induktionsherd sind es elektromagnetische Wechselfelder, die durch induktive Erwärmung dem Topf direkt und ohne Umweg einheizen. Michael Faraday hat das Phänomen der elektromagnetischen Induktion vor knapp 180 Jahren erklärt. Lange Zeit galt die induktive Erwärmung als unerwünschter Nebeneffekt, da sich dadurch z. B. Transformatoren unnötig aufheizten. Heute dagegen wird P H Y S I K I M A L LTA G sie industriell u. a. eingesetzt, um ferromagnetische Oberflächen zu härten, Stähle zu schmelzen und Metalle schneller zu erhitzen, um sie anschließend in Form bringen zu können. Aber Faraday hätte sich wohl nicht gedacht, dass die Induktion auch beim alltäglichen Kochen hilft. Bei der induktiven Erwärmung macht man sich das Prinzip des Transformators zunutze. Aus diesem Grund liegen beim Induktionsherd unterhalb der Glaskeramik flache Kupferspulen, durch die ein Wechselstrom mit Frequenzen zwischen 20 und 50 kHz fließt (Abb. 1 links). Durch den Stromfluss entsteht um die eng gewickelte Spule herum ein Magnetfeld, das als Reaktion auf das sich ändernde Vorzeichen des Stroms ständig seine Richtung wechselt. Steht ein Topf auf der Kochzone, so durchsetzt das hochfrequente magnetische Wechselfeld dessen Boden und induziert dort Spannungsstöße und damit Wirbelströme (Abb. 1 rechts). Diese umschließen das Magnetfeld ringförmig und rufen ihrerseits ein (sekundäres) Magnetfeld hervor. Dieses wirkt den Änderungen des magnetischen Primärflusses besonders im Inneren derart entgegen (Flussverdrängung), dass das magnetische Primärfeld gerade mal wenige Zehntel Millimeter in den Topfboden eindringt. Die Folge: Die Wirbelströme durchsetzen den gesamten Topfboden nicht gleichmäßig, sondern fließen lediglich in einer dünnen Randschicht (Abb. 2). Die Eigenschaft hochfrequenter Wirbelströme, nur in der „Haut“ eines Leiters zu fließen (SkinEffekt) führt dazu, dass sich der effektiv genutzte Leitungsquerschnitt verkleinert. Damit erhöht sich der Widerstand des Leiters, sodass die Wirbelströme in der Randschicht genügend Joulesche Wärme erzeugen, um dem Topfboden direkt einzuheizen. So mutiert dieser beim Induktionsherd zur eigentlichen Kochplatte, und der Herd bleibt tatsächlich kalt, wenn kein Topf auf der Kochzone steht. Beim Induktionsherd trägt noch ein weiteres wichtiges Phänomen zum Aufheizen des Kochgeschirrs bei. Denn das Magnetfeld richtet im Topfboden, der aus einem ferromagnetischen Material besteht, die Elektronenspins als elementare magnetische Momente aus. Allerdings ist diese Magnetisierung nicht völlig reversibel, wenn das äußere Magnetfeld seine Richtung im Takt der Wechselstrom-Frequenz wechselt, d. h., die Magnetisierung widersetzt sich dieser schnellen Änderung. Dadurch entsteht im Material Reibung, und ein Teil der elektromagnetischen Energie, die bei jeder Ummagnetisierung aufzuwenden ist, wandelt sich in Wärme um (Hystereseverluste). Diese Wärmeverluste im Topfboden tragen immerhin etwa ein Drittel zur Heizleistung der Induktionsherde bei. Schneller, sicherer, sauberer In Bezug auf Schnelligkeit, Sicherheit und Reinigungskomfort hat der Induktionsherd die Nase vorn. Die in der Werbung häufig versprochene Energieeinsparung von rund 40 Prozent bezieht sich streng genommen nur auf die Ankochzeit, die sich durch die direkte Erwärmung des Topfbodens tatsächlich beträchtlich reduziert: Um zwei Liter Wasser zum Kochen zu bringen, benötigt der Induktionsherd lediglich fünf Minuten, das CeranKochfeld dagegen mehr als acht Minuten und der Elektroherd sogar gut elf Minuten. In der anschließenden Kochphase – die Nudeln müssen ja auch weich werden – gleicht sich die Energieeinsparung durch die kürzere Ankochzeit nach etwa 20 Minuten Kochzeit aus. Das liegt unter anderem an den im Betrieb permanent auftretenden Schaltverlusten in der aufwändigen Leistungselektronik, aber auch daran, dass beim Induktionsherd – im Gegensatz zum Elektroherd und zum Ceran-Kochfeld, bei denen auch die Restwärme für den KochEndspurt ausreicht – bis zum Ende „nachgeheizt“ werden muss. Eine aufwändige Suppe kocht sich auf dem Ceran-Feld also im Endeffekt etwas günstiger. ferromagnetischer Topfboden Wirbelströme sekundäres Magnetfeld stromdurchflossene Kupferspule primäres, magnetisches Wechselfeld Abb. 2 Das Magnetfeld der Kupferspule erzeugt im Topfboden kräftige Wirbelströme, die ihrerseits ein sekundäres Magnetfeld hervorrufen und so das Primärfeld im Inneren schwächen und es verdrängen. Omas Töpfe auf dem High-TechHerd Grundsätzlich lassen sich auf einem Induktionsherd alle leitfähigen, also metallenen Töpfe und Pfannen erwärmen. Allerdings zeigt sich, dass Töpfe mit Böden aus gut leitendem Aluminium und Kupfer auf dem High-Tech-Herd kalt bleiben, während sich Omas Emailletopf und ihre gusseiserne Pfanne schnell aufheizen. Das liegt daran, dass diese Materialien im Gegensatz zu Kupfer und Aluminium einen größeren spezifischen elektrischen Widerstand besitzen, der sich durch den Skin-Effekt noch erhöht, und zum anderen ferromagnetisch sind, sodass sie sich beim ständigen Ummagnetisierungsprozess zusätzlich erwärmen. Wer wissen möchte, ob sein Kochgeschirr induktionstauglich ist, kann dies mit einem kleinen Dauermagneten prüfen: Bleibt er am Topf haften, ist dieser geeignet, und dem Kauf eines Induktionsherds steht – außer dem (noch) recht hohen Anschaffungspreis – nichts mehr im Weg. Vor dem Kochen sollte man allerdings alles vorbereiten, denn ansonsten erlebt man mit dem Turbo-Herd – zumindest beim ersten Mal – sein schwarzes Wunder! * Ich danke den Firmen Bosch Haushaltsgeräte und AEG-Electrolux für Informationen zum Thema. Katja Bammel © 2008 Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim Physik Journal 7 (2008) Nr. 12 47 Dr. Katja Bammel, science & more redaktionsbüro, [email protected]