Konzeption RIMA - Blanc-und-Fischer

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Konzeption RIMA - Blanc-und-Fischer
Blanc-und-Fischer-Schule Sulzfeld
Konzeption RIMA
Judith Geyer (stand Juli 2010)
Gliederung:
1. Der Rahmen des Kurses
2. Ziele des Kurses
3. Inhaltliche Schwerpunkte
a) Das Kind in der Gruppe
b) Mathematischer Bereich
c) Wahrnehmungs- und Aufmerksamkeitstraining, Grunderfahrungen
Der Rahmen des Kurses ×
Die Einrichtung von Rechen-intensiv-Maßnahmen an der Blanc-und-Fischer-Schule in
Sulzfeld erfolgte zum Schuljahr 08/09. Es werden hier Kinder, die unter einer
Rechenschwäche leiden, aus verschiedenen Klassen und Schulen in kleinen Gruppen
zusammengefasst und erhalten die Chance, den Zahlenraum von den kleinen Zahlen an
noch einmal zu durchdringen. Um daran intensiv zu arbeiten, besuchen die Kinder über
einen Zeitraum von ca. 12 Wochen täglich für drei Stunden den RIMA-Kurs. Der
schulische Schwerpunkt liegt in dieser Zeit klar auf der Mathematik. Andererseits
bekommen die Kinder im Kurs kaum Hausaufgaben, sodass die Nachmittage frei sind,
um die nötigen Inhalte aus dem Regelunterricht aufzuarbeiten. Hier ist die Mitarbeit
der Eltern gefordert. Ebenso das Engagement der Klassen- und Fachlehrer, eine
Reduzierung des Stoffes vorzunehmen und den Kindern bzw. Eltern die nötigen
Materialien zukommen zu lassen. Inwieweit die Kinder in den Randstunden am
Unterricht ihrer Klasse teilnehmen, wird von Fall zu Fall entschieden.
Ausschlaggebend sind hier die Belastbarkeit der Kinder, die Organisation und
Strecke des Fahrweges, der Stundenplan u.s.w.
Die Meldung von Kindern, die einen RIMA-Kurs benötigen, erfolgt in der Regel durch
die Klassen- bzw. Mathematiklehrer/innen der Kinder, in einzelnen Fällen auch
zunächst über die Eltern.
Über die Dauer des Kurses wird Kontakt zu den Eltern gehalten oder zumindest
angeboten. Auch RIMA-Lehrer und Klassenlehrer halten in der Regel Kontakt über
den Zeitraum der Maßnahme und idealerweise darüber hinaus.
Am Ende der RIMA-Maßnahme wird ein Bericht über den Verlauf des Kurses verfasst.
Ziele des Kurses ×
Die genaue Zielsetzung des RIMA-Kurses muss von Kind zu Kind verschieden sein, da
die Kinder mit unterschiedlichen Voraussetzungen und Defiziten, die mit zu ihrer
Rechenschwäche beitragen, in den Kurs kommen. Dementsprechend variieren auch die
Arbeits- und Übungsschwerpunkte von Kurs zu Kurs sowie von Kind zu Kind.
Eine minimale Beschreibung der Zielsetzung des Kurses darf allerdings versucht
werden:
Jedes Kind soll seinem Auffassungsvermögen nach den Zahlenraum möglichst weit
durchdringen. Im optimalen Fall bis zum aktuellen Stand seiner Klassenstufe oder
sogar ein wenig darüber hinaus. „Durchdringen“ bedeutet, die Zahlen mit den
verschiedenen Zahlaspekten zu begreifen, damit umgehen und operieren zu können.
„Operieren können“ bedeutet wiederum eine Verinnerlichung, also ebenfalls ein
Begreifen der Rechenoperationen.
Ziel ist auch, ein Stück weit Vorstellungskraft aufzubauen, und darüber hinaus durch
ein passendes Material auszugleichen. Das impliziert, dass die Kinder lernen, das
Material selbständig und richtig zu benutzen, sodass sie es auch zu Hause und nach
Abschluss des Kurses in ihrem Regelunterricht benutzen können.
Ein weiteres Ziel besteht in der Veränderung einiger gewohnter, eingeschliffener
Verhaltensweisen. Solche Veränderungen sind z.B.:
•
•
Nach Möglichkeit weg vom zählenden Rechnen hin zur Vorstellung.
Weg vom Träumen oder Trödeln oder von Ablenkungsmanövern statt Rechnen
hin zum Anpacken der gestellten Aufgaben und zum Organisieren der
erforderlichen Hilfestellung.
•
Wohl die wichtigste Veränderung, die ein RIMA-Kurs anstrebt, ist die
Stärkung der Kinder. Weg von der Angst vor Zahlen und Mathematik und weg
von dem Gefühl „ich bin ein Versager“ hin zu dem gefühlten Wissen „Ich bin ein
(von Gott) gewollter und geliebter Mensch, ich habe auch viele gute Seiten“ und
hin zu einem adäquaten Umgang mit ihrer Schwäche.
Ein ganz wichtiges Ziel ist eigentlich kein Ziel sondern ein Nebeneffekt des Kurses,
dass allein durch die Anerkennung der Rechenschwäche und der folgende Besuch des
Kurses für die Kinder sowie für deren Eltern, eine enorme Entlastung eintritt. Die
Familien werden quasi befähigt, unter neuen Voraussetzungen an neue Herausforderungen der Schule, speziell der Mathematik, heranzutreten.
Die inhaltlichen Schwerpunkte des Kurses ×
Schwerpunkt 1: Das Kind in der Gruppe
Die Kinder müssen sich im RIMA-Kurs in eine neue Gruppe einfinden, ihre Position
darin finden und für die Dauer des Kurses mit den Kindern und der Lehrkraft
zurechtkommen. Dies ist eine der Grundlagen für erfolgreiches Lernen und erfordert
ein bestimmtes Maß an Selbst- und Sozialkompetenz.
Durch verschiedene Begrüßungszeremonien, gemeinsame Spiele oder Aufgaben, das
gemeinsame Lernen im Kurs soll die Sozialkompetenz der Kinder gestärkt werden.
Ebenso durch bestimmte Verhaltens- und Umgangsformen, auf die Wert gelegt wird.
(z.B.: Es darf jeder in der Gruppe so sein, wie er ist, niemand muss sich verstellen.
Wir lachen niemanden aus, wir helfen einander, Wir entschuldigen uns für
Fehlverhalten...)
Eine weitere Förderung der Selbstkompetenz - „nebenbei“ auch der sprachlichen
Kompetenz stellt der Abschlusskreis dar, bei dem der sog. Erzählstein herumgegeben
wird und jedes Kind die Gelegenheit hat, eine Reflexion über den RIMA-Tag
abzugeben. Die Kinder verbalisieren hier, was sie gerne gemacht haben oder nicht,
teilweise, welche Fortschritte sie gemacht haben, etc.
Die Eigenkompetenz, gleichzeitig die Methodenkompetenz der Kinder wird auch
dadurch ausgebildet, dass die Kinder Hilfe zur Selbsthilfe erhalten. Sie lernen mit
Material umzugehen, das ihnen hilft, Aufgaben zu lösen, die für das einzelne Kind
eben noch nicht auf der abstrakten Ebene zu bewältigen sind. Sie üben auch die
Einschätzung, welche Aufgaben sie ohne Hilfe schaffen, zu welchen sie Material
hinzuziehen und wo sie noch fremde Hilfe benötigen.
Schwerpunkt 2: Mathematischer Bereich ×
In diesem Bereich wird hauptsächlich mit den Folgenden Werken gearbeitet:
z
z
z
Maria Gerlach u.a.: „Kalkulie – Diagnose- und Trainingsprogramm für
rechenschwache Kinder“, Cornelsen-Verlag, Berlin 2007
A. Kistler, S. Schneider: „Rechnen ohne Stolperstein“, edition von freisleben,
Würzburg 2006
Martina Hagmaier, Claudia Wolff: Lu und Luisa, Bildungsverlag EINS
a) Pränumerischer Bereich
Dieser Bereich schafft das Grundverständnis für Bereich 2b) Arithmetik. Fast ohne
Zahlen, Zählen, Vergleichen und Rechnen wird hier ein Verständnis für Mengen
(gleiche, unterschiedliche), Serialitäten (mit Formen), Größenverständnis, Raum-LageBeziehungen, Sachsituationen , Operationen u.s.w. grundgelegt.
b) Arithmetik
Hier sollen vor allem Inhalts- und Methodenkompetenz aufgebaut oder erweitert
werden. Die Kinder bauen eine Vorstellung von Mengen und ihren Zerlegungen auf,
Entwickeln ein Verständnis für die Bedeutung der Zahlen in der Zahlenreihe und ihr
Verhältnis zueinander, für das System der Stellenwerte und für Rechenoperationen.
Ebenso werden Vergleiche(z.B. >,<), Serialitäten, und weitere Abhängigkeiten
(z.B.Tausch-und Umkehraufgaben, das Doppelte, die Hälfte) thematisiert und
verbalisiert.
Es wird versucht, das zählende Rechnen durch Rechnen über die Vorstellung und z.T.
durch Automatisierung zu ersetzen. Dazu auch 2e)
Es werden Rechenstrategien vermittelt, im optimalen Fall selbst erkannt, die das
Rechnen erleichtern. (Z.B. Orientierung an der 10 und an der 5, Verdoppeln und
Halbieren, Nachbaraufgaben...) Hierbei wird allerdings das Vermögen der einzelnen
Kinder besonders berücksichtigt, da ein Kind durch Strategien, die es nicht
durchschauen kann, leicht verwirrt wird.
Als die zu durchlaufenden Stationen beim grundlegenden Aufbau des Zahlen- und
Stellenwertverständnisses werden angesehen:
z
Die Bildung eines Begriffs der Zahlen von null bis zehn
Jeweils muss der Platz in der Zahlwortreihe, also später auf dem Zahlenstrahl
bzw. Rechenstrich, die Zahl als Angabe der Menge sowie deren mögliche
Zerlegungen, die Beziehung zu anderen Zahlen (><, Nachbarn...) durchdrungen
werden, bis der Zahlbegriff zuverlässig aufgebaut ist.
z
Die Rechenoperationen Plus und Minus
(Je nach Klassenstufe auch Mal und Geteilt)
z
z
Verständnis der 10(er) als Bündelung, daher die Bedeutung der Position der
Ziffern im Stellenwertsystem.
Festigung des Zahlbegriffs der 10 durch Rechnen zur 10 hin, von der 10 weiter,
(zurück zur 10, von der 10 rückwärts)
z
Erwerb der Zahlen im zweiten Zehner
z
Die 20 als weitere Bündelung, die sich analog zur 10 verhält
Im Folgenden bitte diese Kürzel beachten: Z = Zehner, E = Einer, ZÜ = Zehnerübergang
z
Die Zahlen bis 100
10er-Reihe analog zu den Zahlen 1 bis 10 (ebenso das Rechnen)
Die ZE-Zahlen (s. Fußnote) analog zu den Zahlen im zweiten Zehner
z
Z +/- Z
z
Z +/- E
z
ZE +/- Z
z
ZE +/- E ohne ZÜ
z
ZE +/- E mit ZÜ
z
ZE +/- ZE ohne ZÜ
z
ZE +/- ZE mit ZÜ
z
z
Wenn der Raum bis 100 auf diese Weise im Großen und Ganzen durchdrungen
ist, die Zahlen, sowie die Operationen Plus und Minus also klar sind, können die
Rechenoperationen Mal und Geteilt erlernt werden.
Bei Kindern ab dem dritten Schuljahr geht diese Folge analog weiter. Bis
Tausend, bis zur Million, je nach Klassenstufe.
Wie weit jedes Kind beim Durchlaufen dieser Schritte im Verlauf des RIMA-Kurses
kommt, ist unterschiedlich. Es scheint abhängig zu sein von verschiedenen Faktoren
wie z.B. der Ausprägung der Rechenschwäche, dem Vorwissen, der Fähigkeit, sich auf
den Stoff sowie das Arbeiten einzulassen, die Konzentrationsfähigkeit, persönliche
Rahmenbedingungen u.s.w.
c) Größen und Sachrechnen
Wenn die Kinder eine gewisse Festigkeit in den Bereichen a) und b) erlangt haben,
machen sie anhand von Größen und einfachen Sachsituationen die Erfahrung, dass
Zahlen und Operationen beim Umgang mit Größen im Zusammenhang mit den
entsprechenden Einheiten, sowie im Kontext von Sachzusammenhängen gleiche
Funktionen, jedoch gewissermaßen eine erweiterte Bedeutung haben. (z.B. kann man
sagen, wer mehr oder weniger Geld hat oder welcher Bleistift länger oder kürzer ist,
weil man weiß, welche Zahl, also welcher Betrag oder welche Länge größer oder kleiner
ist). Die Auseinandersetzung mit Größen und Sachaufgaben wirkt dann auch wieder
zurück auf den Bereich 2b) und vertieft ihn.
Die Größe „Zeit“ ist im Kurs nicht Thema, da der eben beschriebene Effekt hier nicht
eintreten kann, da die Einteilung der Zeit nicht mit dem Dezimalsystem konform ist.
Wird das Thema allerdings von Schülerseite aufgegriffen wird es innerhalb eines
eigenen Rahmens besprochen. Auch wird die auf der im Klassenzimmer hängenden Uhr
zu sehende Uhrzeit hin und wieder abgelesen, besprochen, wann die nächste Pause
ist...
d) Geometrie
Geometrie hängt stark mit Vorstellungskraft zusammen. Diese soll aufgebaut werden
durch einfache geometrische Übungen, vor allem aber durch die Arbeit im basalen
Bereich. Bauen mit Klötzen, Steckwürfeln..., den eigenen Körper an verschiedene
Stellen und in verschiedene Stellungen bringen (unter den Tisch kauern, auf den Stuhl
setzen, auf dem Stuhl stehen...) s. auch Schwerpunkt 3
e) Simultanes oder schnelles Erfassen von Anzahlen
Der entscheidende Punkt für nicht-zählendes-Rechnen ist, dass die Kinder die
Fähigkeit und das Vertrauen entwickeln, in der Vorstellung zu arbeiten. Eine sehr
wichtige Übung ist hierbei das simultane Erfassen von kleinen Mengen – und die
anschließende Gewissheit: “Diese Menge sehe ich (echt oder in der Vorstellung), die
brauche ich nicht zu zählen.“
Bei größeren Mengen geht es dann entsprechend darum, Mengen aufgrund ihrer
Gliederung ohne Zählen zu erkennen b.z.w. in die Vorstellung rufen zu können. Dieser
Prozess steht in Wechselwirkung mit dem arithmetischen Bereich (b), denn je
gefestigter die inneren Bilder sind, desto leichter lässt es sich rechnen, umgekehrt
können sinnvolle Bilder erst entstehen, wenn das Verständnis für die Gliederung
unseres Zahlensystems grundgelegt ist.
Schwerpunkt 3: Wahrnehmungs- und Aufmerksamkeitstraining,
Grunderfahrungen ×
In diesem Bereich werden in vielfältigen Übungen und Spielen Aufmerksamkeit und
Konzentration gefordert und gefördert und die Wahrnehmung im visuellen, auditiven
und taktilen Bereich geschult.
Der Körper wird ganzheitlich miteinbezogen. So z.B. auch in den Übungen aus der EduKinesthetik.
Hier werden körperliche Übungen gemacht, die vor allem Überkreuzbewegungen zum
Inhalt haben. Die Koordinationsfähigkeit wird dadurch verbessert, auch die Abfolge
von Bewegungen eingeübt und das Körperschema gefestigt, da viele Körperteile
einbezogen werden. Eine weitere Begleiterscheinung des sog. Brain-Gym ist auch, dass
Verknüpfungen im Gehirn gefördert werden.
Besonders „wackelige“, „fahrige“ Kinder erlangen mit zunehmender Wiederholung der
Übungen mehr Standfestigkeit und Halt.
Hinweis:
Vorliegendes Skriptum heißt Konzept, weil es immer offen ist für
Änderung und Fortschreibung...