fiat topolino - JCZ Jeep Club Zentralschweiz

Transcrição

fiat topolino - JCZ Jeep Club Zentralschweiz
Nr. 37-1 | 2013
März | April | Mai
www.swissclassics.com
[email protected]
Schweiz CHF 9.– | Österreich EUR 7.20
Deutschland EUR 7.– | BE/LUX EUR 8.30
SwissClassics REVUE
DAS OLDTIMERMAGAZIN DER SCHWEIZ
Mein Klassiker
FIAT TOPOLINO
SMVC-Clubnachrichten
Kaufberatung
Chevrolet Corvette C3
SPEZIALCARROSSERIE: Willy Bernath
WELTREKORDLER: Hanomag-Diesel
PÄSSEFAHRT: Triumph TR4, Teil 2
Nr. 37-1 | 2013 • März | April | Mai
Weitere Themen: MODELLE: Premiumclassixxs, BUB-Toys SWISSCLASSICS FAHRZEUGMARKT: 31 Seiten grossformatige Foto-Inserate
RECHT: Oldtimer, Gewinne und Steuern RATGEBER: Welches Motorenöl braucht mein Klassiker? ANTIQUARISCHES BUCH: Ernest Henry
001_Titel_Topolino.indd 1
01.02.13 16:37
RATGEBER | MOTORENÖL
Welches Motorenöl braucht mein Klassiker?
Schmierstoffe sind eine Wissenschaft. Mineralölkonzerne, Autohersteller, die Maschinenindustrie und zahllose
Chemieunternehmen beschäftigen Heerscharen von Spezialisten, um bestehende Produkte zu verbessern und
neue zu erfinden – laufend kommen Neuheiten für die unterschiedlichsten Anwendungsgebiete auf den Markt.
Motorenöle sind da nur ein Segment von vielen. Lesen Sie hier, worauf Sie als Oldtimerbesitzer achten müssen.
A
Text: Markus Rühle
ls vor über 100 Jahren die ersten Motorfahrzeuge auf
die Strassen kamen, gab es noch keine speziellen Motorenöle. Man verwendete Rizinusöl oder Maschinenöle. Im Vordergrund stand wie heute noch der Schmiereffekt
zur Verminderung von Reibung zwischen Flächen, z.B. bei der
Bewegung des Kolbens im Zylinder, in den Lagern der Kurbelwelle oder bei den zahlreichen Zahnrädern. Reibung ist
unerwünscht, weil sie zum einen Kraft kostet, die als Wärme
abgegeben wird, zum anderen aber auch die Oberflächen abträgt und zu Verschleiss führt. Praktisch gleich wichtig ist die
Stabilität gegen Flächenpressung, z.b. bei Zahnrädern, wo die
direkte Berührung der Metallflächen durch einen Schmierfilm verhindert werden soll.
Die Aufgaben von Motorenöl im Wandel der Technik
Die grössten technischen Fortschritte beim Motorenöl fanden
in den Dreissigerjahren statt, als man begann, Zusätze (Additive) beizugeben. In den Sechzigern mussten die Ansprüche der
Massenmotorisierung und der Verbesserung der Fahrzeugtechnik erfüllt werden, und heute stehen Umweltschutz und Verbrauchsminimierung im Vordergrund. Zur ursprünglichen Funktion der Reibungsminderung kamen hauptsächlich die Kühlung
(Wärmeabfuhr), die Haltbarkeit, die Verhinderung von Ablagerungen und der Transport von Schmutzteilchen zum Ölfilter
dazu. Wichtig ist auch die Dichtungsfunktion, denn Öl kann
Toleranzen im Motor ausgleichen. Auf die zahlreichen weiteren
Nebeneffekte wollen wir hier aus Platzgründen verzichten.
148
SwissClassics
148-151_Ratgeber.indd 148
Nr. 37 | 01.2013
02.02.13 12:30
WELCHES MOTORENÖL BRAUCHT MEIN KLASSIKER?
Die Viskosität
Öl wirkt nur in einem bestimmten Temperaturbereich. Das ist
ähnlich wie bei Butter, die im Tiefkühlfach steinhart, bei Zimmertemperatur streichfähig und in der heissen Pfanne flüssig
wird oder sogar verbrennt. Es war natürlich schon in der Frühzeit
der Motorfahrzeuge wichtig, dass das Motorenöl seine Schmierfähigkeit sowohl im Winter beim Start als auch beim heissen
Motor auf der Passüberquerung behielt. Man kennt die auf jeder Packung mit Mehrbereichsöl gross angeschriebene Bezeichnung der Viskositätseigenschaften, z.B. 10W-40. Die erste Zahl
bezeichnet dabei das Verhalten bei Kälte; je niedriger die Zahl,
desto besser schmiert das Öl bei tiefen Temperaturen. Die zweite
Zahl bezeichnet das Verhalten bei Hitze, je höher die Zahl, desto
besser die Schmierwirkung bei heissem Motor. Mehrbereichsöl
heisst hier im Prinzip, dass verschiedene Öle mit unterschiedlichem Schmierverhalten gemischt wurden, um eine möglichst
grosse Bandbreite zu gewährleisten. Früher gab es nur Einbereichsöl, man musste je nach Einsatzbedingungen des Fahrzeugs
unterschiedliches Öl verwenden, z.B. im Winter, im Sommer oder
bei Renneinsätzen. Auch wenn die Viskositätseigenschaft des
Öls heute auf den Verpackungen besonders gross ausgewiesen
wird, so ist sie, von Spezialeinsätzen wie Rennbetrieb einmal abgesehen, nur von untergeordnetem Interesse. Der normale Oldtimerbesitzer parkt seinen Wagen in der Garage und treibt ihn
nicht an die Leistungsgrenze – unter solchen Nutzungsbedingungen hat praktisch jedes moderne Mehrbereichsöl bequeme
Leistungsreserven, die bei weitem nicht ausgeschöpft werden.
Salopp gesagt: Wenn es lediglich auf die Schmierfähigkeit ankommt, können Sie jedes handelsübliche Premiumöl verwenden. Leider ist es mit der Schmierfähigkeit allein nicht getan.
Reibung entsteht z.B. bei der Auf-und-ab-Bewegung zwischen Kolben und
Zylinderwand (A) und in den Lagern der Pleuelstange (B).
Detergentien und Transport von Schmutzteilchen
Detergentien sind Zusätze, die den Motor vor Ablagerungen
schützen sollen. Bei der Verbrennung im Zylinder können Rückstände entstehen (Verkokung), und bei Erkalten des Motors
kann Schlamm ausgefällt werden. Beides lagert sich gerne im
Motor ab und führt früher oder später zu «Verstopfung». Die
Detergentien verhindern solche Ablagerungen schon vor der
Entstehung, oft bauen sie auch bestehende Ablagerungen ab.
Gerade letzeres kann für ein klassisches Triebwerk schädlich
sein, denn die Konstrukteure von damals rechneten mit diesen Ablagerungen, die durchaus auch ihre guten Seiten haben
konnten (z.B. Dichtungsfunktion). Füllt man heute ein modernes Öl in einen gut eingefahrenen historischen Motor, so lösen
die Additive die erwünschten Ablagerungen auf. Das kann zu
kapitalem Motorschaden führen.
Weitere Additive in modernen Motorenölen halten Schmutzteilchen in der Schwebe, sodass sie sich nicht am Boden absetzen
können, sondern zum Ölfilter transportiert und dort festgehalten werden. Heute ist das sinnvoll, bestimmte historische Motoren haben aber gar keinen Ölfilter oder nur einen Filter im
Nebenstrom. Hier soll sich der Schmutz z.B. in der Ölwanne absetzen und wird beim nächsten Ölwechsel entfernt. Bleiben die
Schmutzteilchen durch das moderne Öl in der Schwebe, werden
sie immer wieder durch den Motor gepumpt und führen zu erhöhtem Verschleiss.
Um hier das richtige Öl zu finden, muss man schon recht viel
über die Konstruktion des Motors wissen und aktiv nach einem
passenden Spezialöl suchen. Glücklicherweise werden solche
Öle im Oldtimerfachhandel angeboten, allerdings sind die Pro­
duktbeschreibungen oft verklausuliert. Ein Gespräch mit einem
Fachmann ist empfehlenswert.
www.swissclassics.com 148-151_Ratgeber.indd 149
Bei Zahnrädern z.B. muss das Öl mit dem Druck zwischen
den Zähnen fertig werden und Verschleiss minimieren.
Die Gefahr: Aggressive Additive
Seit Anfang der Motorisierung ging mit jedem technischen Fortschritt in der Motortechnik ein Sprung in der Öltechnik einher.
Und hier liegt das grösste Problem für den Oldtimerbesitzer,
denn was für die jeweils neueste Generation optimal ist, kann für
ältere Maschinen schädlich sein. Je grösser die Anforderungen
an das Motorenöl, je mehr Funktionen es zu übernehmen hat,
desto mehr Additive wurden und werden zugesetzt. Viele dieser
Additive wirken jedoch aggressiv auf Dichtungen und zum Teil
sogar auf bestimmte Metalle. Früher kamen bevorzugt Asbest,
Kupfer-, Filz- und Papierdichtungen zum Einsatz. Die Auswahl
des geeigneten Motorenöls hängt also in erster Linie davon ab,
ob es sich mit den im Motor befindlichen Dichtungsmaterialien
verträgt. Diese dürfen weder übermässig quellen noch schrumpfen noch sonst in irgendeiner Weise angegriffen werden, da Leck­
agen bzw. Ölverluste die Folge wären. Im Extremfall wird dann
die schmiertechnische Versorgung des Motors behindert, der
Motorschaden ist vorprogrammiert. Früher wurden bei der Lagerung der Motoren auch noch oft Buntmetalle verwendet, deren
Laufflächen von modernen Ölen angegriffen werden.
SwissClassics
149
02.02.13 12:30
RATGEBER | MOTORENÖL
HOCH
30‘000
Viskosität (mPa s)
SAE 40
«d
«d
ün
ne
s»
Ei
3,5
NIEDRIG
30°C
nb
SAE 5W-40
er
ei
ch
»
Me
hrb
sö
l
ick
es
SAE 5W
Ei
nb
ere
er
ei
ich
ch
söl
sö
l
Temperatur
150°C
HOCH
Optimale Temperaturbereiche von Einbereichs- und Mehrbereichsöl. Bild: Castrol/Clémençon
Dichtungen (z.B. die Zylinderkopfdichtung) können durch aggressives Öl angegriffen werden.
Die Problematik ist für den Oldtimerbesitzer praktisch nicht
lösbar, denn kaum jemand weiss, welche Materialien, insbesondere bei den Dichtungen, damals verbaut wurden. Selbst die
Betriebsanleitung oder andere technische Unterlagen werden
in den seltensten Fällen detailliert über die technischen Eigenschaften des vorgeschriebenen Öls Auskunft geben. Hier kann
man sich zwar mit nahezu unlegierten Motorenölen behelfen,
denn die sind nicht aggressiv. Erwischt man aber ein Öl aus einer zu frühen Epoche, dann fehlen möglicherweise Additive,
die der betreffende Motor braucht – und dann treten früher
oder später doch wieder Schäden auf.
Faustregel: Bestimmung nach Periode
Fahrzeuge ab ca. Baujahr 1960, die neu aufgebaut, d.h. mit
neuen Dichtungen und Lagern versehen wurden, können problemlos mit den modernsten Motorenölen betrieben werden.
Motoren, die nach dem Zweiten Weltkrieg bis in die 60er gefertigt wurden, vertragen relativ problemlos schwach aggressive
Einbereichsöle. Bei allen Vorkriegskonstruktionen sollten mild
legierte Industrieschmierstoffe, möglichst nach Zuordnung auf
Basis der Herstellervorschriften, verwendet werden.
Wenn Sie Ihr eigenes Fahrzeug einer Periode zuordnen, so achten Sie weniger auf die Erstinverkehrssetzung als auf das Jahr,
in dem Ihr Motor erstmals auf den Markt kam: Es gibt zahlreiche Nachkriegsmodelle, deren Motor noch aus der Vorkriegszeit stammt.
150
SwissClassics
148-151_Ratgeber.indd 150
Und nicht zuletzt: Früher oder später steht bei jedem Oldtimer
eine Motorrevision an. Eine gute Fachwerkstatt wird bei dieser
Gelegenheit mit Ihnen besprechen, ob Sie aus Originalitätsgründen auf zeitgenössischem Dichtungsmaterial bestehen wollen
oder ob die Dichtungen aus Material gefertigt sein dürfen, das
sich mit den aktuellen Ölen (und Treibstoffen!) verträgt.
Frustrierend bleibt, dass man bei einem Motorschaden nie sicher weiss, woran es gelegen hat. Möglicherweise war es eben
doch das falsche Öl. Nach einer fachmännischen Revision sollten
Sie aber sicher wissen, welches Öl das richtige für Ihr Triebwerk
ist – und Sie sind zumindest diese Sorge los.
Die Klassifizierung von Motorenöl
Motorenöl wird nach verschiedenen Systemen klassifiziert. Die
Amerikaner ordnen nach API, die Europäer nach ACEA – nähere
Informationen finden Sie im Internet. Das ist für den Fachmann
vielleicht interessant, dem durchschnittlichen Oldtimerfahrer bringt es aber wenig: Die für Klassiker besonders wichtige
Aggres­sivität der Additive gegenüber Dichtungen und Buntmetallen wird bei keiner Klassifizierung deutlich ausgewiesen. Für
Sie als Oldtimerbesitzer ist die Klassifizierung lediglich dann
sinnvoll, wenn Sie bereits wissen, welches Öl welcher Klasse für
Sie richtig ist. Dann können Sie gefahrlos die Ölmarke wechseln, denn die Öle verschiedener Hersteller sind innerhalb der
gleichen Klasse von mehr oder weniger gleicher Qualität.
Quellen
Henry Clémençon, ABC der Schmierung, Castrol, Mai 2009
Penrite-Post Schweiz 17-2012, Penrite Oil Roggwil, www.penrite.ch
Millers Oils Schweiz, British Inter Cars, 2575 Täuffelen, www.oldtimeroel.ch
Oldtimer Markt Sonderheft 10-1991
Fachvortrag Interessengemeinschaft Fahrzeugrestauratoren Schweiz IgFS,
www.igfs.ch, November 2012
Nr. 37 | 01.2013
02.02.13 12:30