Mini Marshall JMP 1H, JCM 1H und DSL 1H

Transcrição

Mini Marshall JMP 1H, JCM 1H und DSL 1H
Loud In
Heaven
Mini Marshall 50th Annv. „JMP 1H, JCM 1H & DSL 1H“
Mit dem DSL 1H geht eine Ära zu Ende – die Ära
Jim Marshalls, der Anfang April dieses Jahres verstarb.
Es ist der erste Verstärker überhaupt und der einzige
der Mini-Serie zum fünfzigsten Produktionsjahr,
dem Jim kein Vorwort im Manual widmen konnte.
Von Axel Heilhecker
Ein 200 Watt Major Marshall stellte im Jahr
1967 definitiv die ultimative Größe im englischen Rock-Amp-Imperium dar und hat diesen Status bis heute universell behauptet.
Dass sich die klangliche Größe der unübertroffenen Röhren-Konzeption im Allgemeinen
nicht nur in Watt und Gewicht erschließt, offenbart die limitierte 1 Watt Auflage der legendären Marshall-Klassiker eindrucksvoll.
Hier geht es um puren Sound – Sound, der
keine Effekte braucht. Ich kann eigentlich
nur sagen, dass ich authentischen „MarshallTon in Miniatur“ bisher so noch nicht gesehen und gehört habe. Sicher, es gab schon
Amps wie den Marshall Studio 15, und es ist
128 grand gtrs
auch kein Problem, einen großen Marshall
auf Wohnzimmer-Lautstärke herunterzuregeln, aber ein so kleiner wie leichter MarshallAmp, der auch in der Lage ist, seinen
Vorbildern vom Haptischen und Klanglichen
so nahezukommen, ist gleichwohl ein Novum
als auch ein würdiges Finale der fünfzigjährigen Produktion des sympathischen Jim
Marshall. Denn hier wird nicht die Wattzahl
verehrt, sondern das Voicing, die Stimme des
„Herrn“. Es wird einmal mehr demonstriert,
dass die Power eines Marshall eben nicht nur
auf Wattleistung basiert. Seine Klangidee definiert sich in der Kompression der Vor- und
Endstufe im Verhältnis zueinander, der Di-
Anzeige
rektheit seines Signalflusses, der Qualität seiner Bauteile (wie zum Beispiel der Transformatoren) und der Platzierung der Röhren und
auch der typischen Frequenzabstimmung. Die
Amps basieren allerdings auf Platinenbauweise und nicht auf den Spezifikationen der
Handwired-Serie. Dass das klingt, kennt man
vom YJM Modell. So what?
JCM 1
Für viele, die die Geburt der metallischen
1980er miterlebten beziehungsweise durchlebten, ist der JCM 800 einfach „der Amp“
schlechthin. Dass man das einmal in so einer
kleinen Büchse wiederfinden könnte, erschien
nicht nur mir unmöglich. Doch diese Kiste liefert das zu erwartende Szenario originalgetreu
ab. Seine Stärke basiert naheliegend auf der
Dynamik der angezerrten Sounds. Gespielt mit
einer Marshall TV 4x12“, fällt der Bereich von
leicht bis heavy, wie beim Original, äußerst dynamisch aus. Die verschiedenen Ansatzpunkte
sind durch das Regelverhältnis von Gain und
Volume entsprechend wählbar. Die dreibandige
Klangregelung (auf Presence-Regelung hat
man verzichtet) ist flexibel, effektiv und verhält
sich interaktiv. Es geht alles – von Blues bis
Heavy, von Stevie Ray Vaughan bis Gary
Moore. Die cleanen Sounds sind nicht ganz so
tragfähig bei 1 Watt Class A/B – ein Abstrich,
der aber für die Referenz dieses Amps nicht ins
Gewicht fällt. Denn was hier zählt, ist der
Punch des angezerrten Materials, welchem naturgemäß durch das leicht gemachte Endstufen-Clipping von 1 Watt locker auf die Sprünge
geholfen wird. Hier ist der Kleine dem Großen
klanglich sehr, sehr nahe und vom Handling
sogar überlegen. Der geringere Bass-Schub,
der bei den cleanen Sounds spürbar wird, ist
bei den heißeren Modi nicht von sonderlicher
Bedeutung und kann bei Bedarf durch Aktivieren des Boost-Schalters sowieso kompensiert
werden. Hier wird ein gut durchdachter, saturierter, noch dynamischer Breitwandsound
möglich, der auch im Bassbereich noch mal
mehr Druck schafft, sozusagen per Schalter,
der den fehlenden zweiten heißen Eingang des
großen Bruders ersetzt und zusätzlich das Voicing eines 2555 Jubilee Amps aktiviert. Booster-Pedale werden gut verarbeitet und
erübrigen oft auch den Boost Switch am Amp.
Dieser Breitwandsound klingt, seien Sie vorgewarnt, nicht nach 1 Watt. Wer „1 Watt“ hören
will, stellt den Power Switch auf 0,1 Watt beziehungsweise „Mitternachtsbetrieb“! Im HighPower Modus von 1 Watt reicht’s für Proben,
Clubs und alle Bühnen mit gutem Monitoring.
Ein Vorschalten des JCM unter Verwendung
von vorgeschalteten Lastwiderständen vor anderen Amps, Simulationen und Effekt-Prozessoren ist naheliegend und effektiv, denn das
Signal muss ja nicht erheblich gedrosselt werden. Doch die On Board Power-Reduktion
macht über die Beschallungsentspannung hinaus schließlich auch klanglich eine gute
Figur, denn sie gleicht durch zusätzliche Kompression den Lautstärkeabfall zwischen cleanen
und angezerrten Sounds aus. So sind wirklich
cleane, komprimierte Leads möglich. Denkbar
unaufwendig und sinnvoll ist auch das Loopen
zweier Modelle dieser Amp-Serie – denn jedes
Modell klingt definitiv anders und erfasst das
Typische der großen „Brüder“.
Wir führen folgende Hersteller:
Fender, Frank Hartung, Nick Page, Tausch,
Ray Gerold, Jozsi Lak, Schwarz Custom, Avalon,
BSG Musical Instruments, Off Guitar Design,
Michael Spalt Instruments & Rozawood
Gitarren Studio Neustadt Karl Dieter
Weinstr. 531 67434 Neustadt a.d. Weinstraße
Tel. (01 60) 94 74 20 07
www.gitarren-studio-neustadt.de
AXEL HEILHECKER´S BRETTGEFLÜSTER
DETAILS
Hersteller: Marshall
Modell: JCM 1H Top
Herkunftsland: England
Röhren: 2 x 12AX7, 1 x 12AU7
Endstufe: Class A/B
Switch: Boost und Power-Reduktion
1 Watt auf 0,1 Watt
Control: Gain, Volume Treble, Mid, Bass
Output: 8 und 16 Ohm
Preis: 770 Euro (Combo JCM 1C 875 Euro)
Modell: JMP 1H Top
Röhren: 2 x 12AX7, 2 x 12AT7
Endstufe: Class A
Switch: Boost und Power-Reduktion
1 Watt auf 0,1 Watt
Control: Volume Treble, Bass
Output: 8 und 16 Ohm
Preis: 760 Euro (Combo JMP 1C 865 Euro)
Modell: DSL 1H Top
Röhren: 2 x12AU7, 3x 12AX7
Endstufe: Class A/B
Switch: Channel, Deep Bottom, Tone Shift
und Power-Reduktion 1 Watt auf 0,1 Watt
Control: Gain, Volume (Classic) Gain,
Volume (Ultra) ,Treble, Mid, Bass
Output: Minimum 8 Ohm, FX-Loop
Preis: 805 Euro (Combo DSL 1C 945 Euro)
JMP 1
Er dürfte wahrscheinlich der Beliebteste der
drei beschriebenen Amps sein. Der mittige
Plexi-Sound der 1960er und 1970er ist universal legendär. Dynamik und Rundheit sind sein
Programm. Und ein kleines 1 Watt Class A single ended Modell ist a) handlicher und b) gehörfreundlicher auf kleinem Raum und in
direkter Nähe des „Todes-Korridors“, den ein
voll ausgefahrenes Topteil 1959 oder ein Major
Marshall ohne Master nun mal aufs Ohr gerichtet hinterlässt. Wer die Dynamik nochmals
reduzieren und auch die cleanen Sounds in die
Sättigung bringen möchte, nähert sich dem
kleinen Biest am besten von hinten und aktiviert die Powerreduktion. Auch hier gleichen
sich dann brachiale und cleane Attitüden lautstärkemäßig an. Der Boost Switch, auf der
Rückseite zu finden, schaufelt im ansonsten
straffen Mittensound noch mal Gain-Reserven
heran. Ein bisschen mehr Bottom hätte ich
mir im Normal-Modus gewünscht, aber hier
spielt die Wahl der Box die entscheidende
Rolle. Beim Verwenden von entsprechenden
Pedalen oder Sidegear inklusive Equalizer ist
das überhaupt keine Frage, denn der Grundsound stimmt. Die Klangregelung am Amp ist
spartanisch und relativ unnötig, zwölf Uhr
reicht vollkommen! Das macht den JMP 1 sehr
attraktiv. Er klingt immer rund, ohne unerwünschtes Aufweichen des Klangs. Das gilt
auch für die Verwendung von Boostern.
DSL 1
Vertrieb: Musik Meyer
www.marshallamps.de
www.musicstore.de
130 grand gtrs
Ein Class A/B Amp vergangener Neuzeit der
Neunziger mischt nun das Programm nochmals auf mit Vielseitigkeit. Der DSL ist ein
Zwei-Kanal-Amp und insofern haben wir es
nun mit einem modernen Klassiker zu tun, der
sowohl Blues, Shred, Glam und CountrySounds produzieren kann. Drei-Band-Equalizer mit Bottom und Voicing Switch bieten
dazu das entsprechende Rüstzeug an. Hier ist
es schaltungsbedingt auch ohne die Kompression der Leistungsreduktion möglich, die
Clean Sounds laut zu machen. Einen Vintagealike Ton mit Trash-Brett zu kombinieren, fällt
ebenfalls nicht schwer. Hilfe bei allem Angedachten bieten der obligatorische 0,1 Watt
Switch und der lobenswert gut klingende emulierte Line-Out auf der Rückseite. Mit diesem
Feature lassen sich Aufnahmen recht zufriedenstellend bewerkstelligen, zumal sich Direkt-Sounds gerade mit den Grundsounds
dieses Modells der Neunziger vertragen. Nach
eigener Erfahrung der letzten Jahre steht auch
dem DSL-Typ diese kleinere Dimensionierung
im DSL 1H gut, denn dem großen Original ist
es auch nur bei großen Lautstärken möglich,
Rundheit zu entwickeln, und das ist ja nicht
jedermanns Sache. Die Powersoaks, die man
sich zu solchen Zwecken zulegte, nahmen den
Amps oftmals die klangliche Offenheit. Marshalls Powerreduktion empfinde ich als sehr
gelungen, und das schon beim YJM, den man
ja stufenlos auf 0,1 Watt runterregeln kann.
Fazit
Eigentlich kann man festhalten: So, wie jeder
Mensch seinen speziellen Kulturbeutel immer
im Koffer parat hat, sollte auch jede/r Gitarrist/Gitarristin auch seinen/ihren privaten
Marshall jederzeit zur Hand haben. Welcher
das in diesem Fall ist, muss man natürlich herausfinden. Die Zeit drängt, denn die Serie ist
ziemlich limitiert. Bei meinen Russland/AsienTouren im letzten Jahr haben wir grundsätzlich 100 Watt Modelle bestellt. Schwierig
wurde es immer mit der DSL 2000er Serie.
Wenn sie auf der Bühne stand, war mir der
Amp von seinen Eckpunkten entweder zu
harsch oder zu indirekt, es war viel Dreherei,
das zu handlen. Wie gesagt, er gewinnt im
kleinen DSL 1H Design! Mein Favorit war
immer der 800er oder ersatzweise 900er Dual
Reverb. Der 800er macht in „klein“ eine hervorragende Figur. Ich vermisse nichts. Wenn
es flug- und reisetechnisch nicht so aufwendig
wäre, würde ich ihn gerne mit auf Tour nehmen und mit dem gestellten Bühnen-Equipment verbinden. Das Gute soll auch im
Himmel hörbar werden, Meister Jim sei Dank!
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Ein dickes „Wuff“ von Malteser Ricky!

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