Untergrundverbesserung und Tiefgründung für Fahrwege und

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Untergrundverbesserung und Tiefgründung für Fahrwege und
Untergrundverbesserung und Tiefgründung für Fahrwege
und Ingenieurbauwerke von Schienenwegen –
Zwischen Regellösungen und Zulassung im Einzelfall
Univ.-Prof. Dr.-Ing. habil. Christian Moormann
Universität Stuttgart, Institut für Geotechnik (IGS), Stuttgart, Deutschland
Moormann Geotechnik Consult, Stuttgart, Deutschland
Dipl.-Ing. Patrik Buhmann
Universität Stuttgart, Institut für Geotechnik (IGS), Stuttgart, Deutschland
Zusammenfassung
Für Ingenieurbauwerke und Infrastrukturmaßnahmen werden bei ungünstigen Baugrundverhältnissen, die eine den
Anforderungen an die Gebrauchstauglichkeit oder gar Standsicherheit entsprechende Flachgründung nicht ermöglichen, neben einer konventionellen Pfahlgründung Baugrundverbesserungsmethoden als ein technisch und ökonomisch
meist vorteilhaftes Gründungskonzept eingesetzt. Neben Untergrundverbesserungsmaßnahmen, die auf eine Veränderung der Eigenschaften des anstehenden Untergrunds in der Form abzielen, dass ein flächig verbessertes, gleichmäßiges
Tragverhalten erzielt wird, kommen zunehmend rasterförmig angeordnete, Säulen bzw. pfahlartige Tragglieder unterschiedlicher Ausführung zum Einsatz, mit denen die Einwirkungen - je nach Steifigkeit von Säule und Untergrund eher punktuell in die tieferen und meist tragfähigeren Schichten abgetragen werden, ohne jedoch die mittragende Wirkung des zwischen den Säulen anstehenden Bodens aufzugeben. Für derartige „punktförmige“ Tragglieder unter Ingenieurbauwerken und Fahrwegen bestehen keine allgemein anerkannte Bemessungs- und Nachweisverfahren, so dass
häufig projektspezifische Betrachtungen im Einzelfall erforderlich werden, was insbesondere für Schienenwege der
Deutschen Bahn gilt. Im Rahmen des Beitrags sollen Hinweise zur Bemessung und zum Nachweis sowie zur Risikobeurteilung und zur Ausführung von solchen Baugrundverbesserungen mit „pfahlartigen Tragelementen“ vorgestellt
werden.
1
Einführung
In den geltenden bahnspezifischen Regelwerken wie
der Ril 836 [1] wird für Fahrweggründungen der Deutschen Bahn AG zwischen Untergrundverbesserungsmaßnahmen und Tiefgründungen unterschieden. Während Untergrundverbesserungen im Sinne dieser Regelungen auf eine Veränderung der Eigenschaften des
anstehenden Untergrundes im Sinne eines verbesserten
gleichmäßigen Tragverhaltens abzielen, ist für Tiefgründungen der Lastabtrag über Einzelelemente in
tiefer liegende, tragfähige Baugrundschichten charakteristisch. Die Anforderungen an das Bemessungs- und
Nachweiskonzept unterscheiden sich nachhaltig.
Insbesondere bei Gründungen mit Säulen und „pfahlartigen Traggliedern“, ist indes die Unterscheidung in
die Kategorien „Untergrundverbesserung“ und „Tiefgründung“ häufig nicht eindeutig möglich. Dies gilt
insbesondere, wenn Elemente mit im Vergleich zu dem
umgebenden Boden deutlich höherer Steifigkeit zum
Einsatz kommen, beispielsweise Rüttelortbetonsäulen,
Verdrängungsbetonsäulen oder CMC-Säulen.
Während für Fahrweggründungen noch die vorgenannten, wenn auch nicht eindeutigen und abschließenden Regelungen bestehen, fehlen entsprechende
Vorgaben für Ingenieurbauwerke von Schienenwegen
vollständig, so dass im Regelfall Zulassungen im Einzelfall erforderlich werden.
Das Normenhandbuch Eurocode 7, Band 1, enthält in
seiner derzeitigen Fassung keine direkten Aussagen zu
Baugrundverbesserungen, sondern unterscheidet lediglich die konventionellen Gründungsformen einer
Flachgründung, einer Pfahlgründung und einer Kombinierten Pfahl-Plattengründung (KPP). Insoweit obliegt es dem Ingenieur, in Abhängigkeit von den projektspezifischen Randbedingungen zu entscheiden, ob
die Bemessung einer Baugrundverbesserung mit „steifen“ Säulen bzw. pfahlartigen Tragelementen
 als Flachgründung unter Ansatz von durch die
Baugrundverbesserung erhöhten Bodenkennwerten,
 als Pfahlgründung unter der Annahme, dass 100 %
der Einwirkungen auf die als annährend „starr“ angenommenen Säulen entfällt, oder
Bild 1
Gründungskonzepte nach Handbuch Eurocode 7, Band 1, und Baugrundverbesserung mit pfahlartigen
Tragelementen und Entkopplung durch lastverteilende Tragschicht (nach [4])
 als eine Art KPP unter Berücksichtigung der kombinierten Tragwirkung von Säulen und umgebenden Boden
erfolgt (Bild 1) - eine Entscheidung, die letztlich die
Kenntnis des tatsächlichen Tragverhaltens der Baugrundverbesserung bedingt.
Im Rahmen der Überarbeitung des Eurocode 7 werden derzeit die Definition und der Umgang mit solchen
„rigid inclusions“ genannten „steifen Säulen“ sowie
die Abgrenzung bzw. Überschneidung mit „Pfählen“
diskutiert.
Im vorliegenden Beitrag sollen Hinweise zu Bemessung und Nachweiskonzepten, zur Risikobeurteilung
und zur Ausführung von solchen Baugrundverbesserungen mit „pfahlartigen Tragelementen“ gegeben und
Anregungen für einen ganzheitlichen Bemessungsansatz formuliert werden.
2
Definitionen in bestehenden Regelwerken
2.1 Nationale und internationale Regelungen
In der aktuellen Fassung des Eurocode 7 bzw. des
Normenhandbuchs EC 7, Band 1, werden Bodenverbesserungen nur sehr knapp und unspezifisch in Abschnitt 5.5 behandelt, ohne dass die sehr unterschiedlichen Formen von Baugrundverbesserungsmethoden
thematisiert oder gar berücksichtigt werden. Für Baugrundverbesserungen mittels Säulen oder pfahlartigen
Tragelementen obliegt es daher, wie zuvor dargestellt,
dem Ingenieur, ein geeignetes Berechnungsmodell zu
wählen und ein Nachweiskonzept in Anlehnung an die
drei im EC 7-1 definierten Gründungformen, i.e. eine
Flachgründung, eine Pfahlgründung oder eine Kombinierte Pfahl-Plattengründung, zu wählen.
Im Rahmen der vorbereitenden Abstimmungen zur
Erarbeitung der nächsten Generation der Eurocodes,
deren Herausgabe für 2020 geplant ist, hat die Evolution Group 14 „Ground Improvement“ des TC250/SC7
Vorschläge für die zukünftige Regelung von Bodenverbesserungen im Rahmen des Eurocode 7 erarbeitet.
Im Hinblick auf die vorliegend relevante Thematik
einer Baugrundverbesserung mit Säulen bzw. pfahlartigen Tragelementen enthalten diese Vorschläge die
Definition von „rigid inclusions“ als diskrete, im Baugrund hergestellte Elemente mit definierten geometrischen und mechanischen Eigenschaften, die - quantifiziert durch eine einaxiale Druckfestigkeit - deutlich
steifer als der umgebende Baugrund sind und die von
dem zu gründenden Bauwerk „entkoppelt“ sind
(Bild 2). Die zur „Entkoppelung“ eingesetzte lastverteilende Tragschicht („load transfer platform“) kann
aus einer Tragschicht gut verdichteten granularen Materials (´ungebunden´), bindemittelstabilisierten (bindigen) Materials (´gebunden´) oder einer bewehrten
Tragschicht (´bewehrt´) bestehen. Analog dem in
Deutschland für eine Kombinierte Pfahl-Plattengründung (KPP) in [2] definierten Vorgehen wird von
der Evolution Group ein rechnerischer Nachweis der
Lastaufteilung in Säulen und Boden sowie der Nachweis der inneren Tragfähigkeit der Säulen (STR) gefordert, während ein Nachweis der äußeren Tragfähigkeit (ULS) der Säulen (GEO) nicht erforderlich ist.
Der Arbeitskreis 2.8 „Stabilisierungssäulen“ der
DGGT erarbeitet Empfehlungen für Stabilisierungssäulen, die als Trocken- und Nassmörtelsäulen, hydraulisch gebundene Stopfsäulen sowie Bodenmischsäulen
ausgeführt werden können. Die noch nicht veröffentlichten Empfehlungen, die über frühere Ansätze für
CSV-Säulen [3] weit hinausgehen werden, sollen Aspekte der Planung, der Bemessung und der Nachweisführung für die vorgenannten hydraulisch gebundenen,
unbewehrten Säulen mit relativ kleinen Durchmessern
enthalten [4]. Das für eine Gründung mittels Stabilisierungssäulen (STS) entwickelte Nachweiskonzept sieht
im Entwurf Fallunterscheidungen in Abhängigkeit des
zu berechnenden Steifigkeitsverhältnisses zwischen
dem Bettungsmodul der Säulen ks,StS und dem Bettungsmodul des dazwischen anstehenden Bodens ks
vor. Je nach Steifigkeitsverhältnis ks,StS/ks wird ein
gemeinsamer Lastabtrag von „weichen“/duktilen Säulen und Boden („schwimmende Gründung“) oder ein
einer Pfahlgründung entsprechendes Tragverhalten der
rigides“ [5] ist die wohl derzeit umfassendste Empfehlung für die Bemessung von Baugrundverbesserungen
mit „rigid inclusions“.
2.2 Regelungen für Schienenwege
Bild 2
Baugrundverbesserung mittels Säulen bzw.
pfahlartigen Traggliedern und Entkoppelung
vom Bauwerk durch Tragschicht
„starren“ Säulen vorausgesetzt und ein entsprechendes
Nachweisschema empfohlen. In [6] wird gestützt auf
Ansätze von Priebe [7], Kirsch [8] und EBGEO [9] ein
Steifigkeitsverhältnis von ks,StS/ks = 40 bis 50 zwischen
Säule und Boden als obere rechnerisch anzusetzende
Grenze für Baugrundverbesserungsverfahren bezeichnet.
Empfehlungen zur Bemessung und zum Nachweis
von Baugrundverbesserungen mit Säulen und pfahlartigen Tragelementen sind auch aus Skandinavien und
Frankreich bekannt. Die französische Richtlinie
„ASIRI  Amélioration des sols par les inclusions
Für Fahrweggründungen der Deutschen Bahn AG auf
nicht ausreichend tragfähigem Untergrund unterscheiden die bestehenden bahnspezifischen Regelwerke,
hier die Ril 836, zunächst grundsätzlich zwischen „Untergrundverbesserungsmaßnahmen“ (Modul 4202) und
„Tiefgründungen“ (Modul 4203).
Dabei sind Untergrundverbesserungen als Maßnahmen definiert, „die ein verbessertes gleichmäßiges
Tragverhalten des Bodens im gesamten Ausbreitungsbereich einer Oberflächenbelastung zum Ziel haben“.
Gründungssysteme, bei denen die Einwirkungen
„überwiegend“ über Einzelelemente mit und ohne
Mitwirkung des umgebenden Bodens in den tieferen
Untergrund abgetragen werden, gelten indes als Tiefgründungen im Sinne des Moduls 4203, bei denen der
Nachweis der Krafteinleitung in die Einzelelemente
nachzuweisen ist. Dabei ist die Einbindung der Säulen
in tragfähige Bodenschichten bzw. die Ausbildung als
„schwimmende Gründung“ das maßgebende Unterscheidungskriterium: Nach Modul 4202 werden „Verpfählungen“ als Untergrundverbesserung verstanden,
soweit „der anstehende Untergrund durch Einbringen
engstehender Pfähle oder Säulen, in der Regel als
schwimmende Gründung, in seinem Scherverhalten
anisotrop verbessert wird“. Werden durch die Pfähle
Tab. 1 Ansatz zur Klassifizierung und Abgrenzung der Risikoeinstufung von klassischen Baugrundverbesserungsverfahren und pfahlähnlichen Tragelementen zur Baugrundverbesserung (basierend auf [6])
oder Säulen hingegen „planmäßig oder herstellungsbedingt Lasten in tragfähige Bodenschichten eingetragen,
ist eine Tiefgründung nach den Regelungen des Moduls 4203 auszubilden“. Eine konkrete Entscheidungshilfe für die Klassifizierung fehlt indes.
Nach Ril 836 sind für „Verpfählungen“ zugelassene
oder geregelte Elemente zu verwenden, wobei neben
biegesteifen Pfahlelementen bei begrenzten Horizontallasten auch Stabilisierungssäulen zum Einsatz kommen
können.
Auch für den Fall, dass die Säulen in diesem Sinne
als Untergrundverbesserung betrachten werden können, ist durch einen entsprechenden Nachweis der
inneren Tragfähigkeit nachzuweisen, dass die in den
Säulen gegebenenfalls auftretenden Querbeanspruchungen aufgenommen werden können.
3
Verfahren und Risiken der Bauausführung
Für Baugrundverbesserungen mit pfahlartigen Tragelemente werden im Regelfall unbewehrte Elemente
mit entsprechender axialer Steifigkeit eingesetzt wie
Betonrüttel- bzw. Rüttelortbetonsäulen, Verdrängungsbetonsäulen, CMC-Säulen o.ä., im Einzelfall
können aber auch Fertigteilrammpfähle aus Beton,
Mikropfähle oder andere Pfahlsysteme eingesetzt werden.
Wehr & Sondermann (2012) [6] entwickeln einen
wichtigen Ansatz zur Klassifizierung und Abgrenzung
der Risikoeinstufung von klassischen Baugrundverbesserungsverfahren und pfahlähnlichen Tragelementen
zur Baugrundverbesserung, dessen wesentlicher konzeptioneller Ansatz in Tabelle 1 zusammengefasst
wird.
Danach ist insbesondere bei unbewehrten Säulen mit
kleinem Durchmesser (D  30 cm) und im Verhältnis
zum umgebenden Boden hoher axialer Steifigkeit, also
Systemen der Kategorie C, besondere Sorgfalt hinsichtlich der Berechnung und Bemessung geboten, da
eine Fehleinschätzung der inneren Beanspruchung der
Säulen unter vertikalen und horizontalen Einwirkungen
aus Bauwerkslasten und/ oder Bodenverschiebungen
Bild 3
zu einem Versagen der Säulen und einem damit verbundenen Verlust der Gesamtstandsicherheit der Gründung führen kann. In diesem Zusammenhang ist für die
Säulen auch die Sicherheit gegen Knicken zu untersuchen. Darüber hinaus ist bei der Bauausführung besonders darauf zu achten, dass die Säulen durch Bodenhebungen, Erdarbeiten oder Baustellenverkehr nicht
unbeabsichtigt auf Querkraft oder Zug beansprucht
werden und infolge dessen abscheren oder reißen.
4
Tragverhalten von „rigid inclusions“
Das Tragverhalten von Baugrundverbesserungsverfahren mit „steifen“ Säulen bzw. pfahlähnlichen Tragelementen ist von den Wechselwirkungen zwischen dem
direkt über Sohlspannungen in den Boden eingetragenen Lastanteil und den durch diesen verursachten Setzungen sowie den auf die Säulen entfallenden Lastanteil und dem hieraus resultierenden Widerstandssetzungsverhalten der Säulen abhängig, das wiederum
durch die mögliche Einbindung der Säulen in tragfähigere, steifere Schichten beeinflusst wird.
Die das Tragverhalten einer solchen Baugrundverbesserung mit „rigid inclusions“ und lastverteilender
Tragschicht prägenden Wechselwirkungen ähneln
dabei den das Tragverhalten einer Kombinierten PfahlPlattengründung (KPP) prägenden Interaktionseinflüssen zwischen Platte und Pfählen [10, 11]. So beeinflusst der direkt über Bodenpressung abgetragene
Lastanteil das Spannungsniveau im Boden und damit
die mobilisierbare Mantelreibung der Säulen.
Anders als bei einer KPP, bei der die Pfähle in der
Regel mit der meist steifen Bodenplatte kraftschlüssig
verbunden sind und bei der die Entkopplung der Pfahlköpfe von der Bodenplatte der Ausnahmefall ist [12,
13], wird das Tragverhalten von Baugrundverbesserungen mit entkoppelten, pfahlartigen Tragelementen zusätzlich zu den die KPP prägenden Wechselwirkungen - durch die aus der lastverteilende Tragschicht
resultierenden Interaktionen geprägt: Diese zwischen
dem Bauwerk und den Säulenköpfen angeordnete
lastverteilende nachgiebige Schicht beeinflusst maß-
Tragverhalten von Baugrundverbesserungsverfahren mit pfahlähnlichen Tragelementen
geblich die Lastaufteilung zwischen Säulen und Boden
(Bild 3) und damit für das Gesamttragverhalten, wobei
die dabei in der Tragschicht mobilisierte Gewölbewirkung und die Lastkonzentration auf den Säulen (siehe
Bild 2) insbesondere von der Mächtigkeit der Tragschicht sowie von der Steifigkeit und der Scherfestigkeit des Tragschichtmaterials abhängig ist [14, 15, 16].
Das Trag- und Verformungsverhalten der lastverteilenden Schicht ist ferner für die Mobilisierung von negativer Mantelreibung im oberen Bereich der Säulen
verantwortlich (Bild 3), wodurch es in den Säulen bis
zur neutralen Ebene zunächst zu einer Zunahme der
inneren Normalkraftbeanspruchung kommt und der
Lastabtrag in den Baugrund über (positive) Mantelreibung und Spitzendruck erst im unteren Abschnitt der
Säulen erfolgt. Die Säulen sind dabei bezüglich ihrer
äußeren Tragfähigkeit (Widerstand) in der Regel deutlich höher ausgenutzt als bei einer konventionellen
Pfahlgründung.
4
a) Grundriss
b) Schnitt
Variantenstudie
Im Rahmen einer Konzeptstudie wurde das Tragverhalten von unterschiedlich konzipierten Baugrundverbesserungen unter einem in einem Stahlbeton-Trog
geführten zweigleisigen Schienenweg, also einem
Ingenieurbauwerk, untersucht. Die Baugrundsituation
ist durch bindige Deckschichten weicher und steifer
Konsistenz über einer als Halbfestgestein ausgebildeten steiferen Schicht geprägt (Bild 4), wobei in der
vorliegenden Studie die Steifigkeit des Halbfestgesteins um den Faktor 8 höher angesetzt wird als die
Steifigkeit der bindigen Deckschichten. Untersucht
wurden neben einer klassischen Flachgründung eine
Baugrundverbesserung mittels im Rüttelstopfverfahren
(RSV) hergestellten Schottersäulen (D = 70 cm), die
in einem dreiecksförmigen Raster von e = 1,7 cm angeordnet sind, und eine Baugrundverbesserung mittels
Stabilisierungs- bzw. Betonsäulen (STS) (D = 32 cm),
die ebenfalls in einem dreiecksförmigen Raster mit
e = 1,7 m angeordnet werden. Für beide Baugrundverbesserungsformen wurde jeweils die Variante einer
„schwimmenden Gründung“ untersucht, bei der die
Fußebene der Säulen 1,0 m über der Oberfläche des
steiferen Halbfestgesteins endet, als auch eine Variante, bei der die Säulen 2,5 m in das Halbfestgestein
einbinden. In allen vorgenannten Varianten werden die
RSV- bzw. STS-Säulen mittels einer 0,5 m mächtigen
granularen Tragschicht von der Bodenplatte des Trogbauwerks entkoppelt. Im Sinne einer Grenzbetrachtung
wird zusätzlich noch eine Variante untersucht, bei der
die in das Halbfestgestein einbindenden STS-Säulen
ohne lastverteilende Tragschicht direkt an die Bodenplatte des Trogs angeschlossen werden.
Die Berechnungen wurden mit einem dreidimensionalen Finite-Element Modell (PLAXIS 3D) unter Ansatz
eines spannungsabhängigen elastoplastischen Stoffgesetzes (´Hardening Soil small strain´) durchgeführt.
Die in Tabelle 2 zusammengefassten Berechnungsergebnisse zeigen, dass sowohl bei dem Einsatz der RSV-
Bild 4
Baugrundverbesserung mittels Säulen bzw.
pfahlartigen Traggliedern und Entkoppelung
vom Bauwerk durch Tragschicht
Setzung [cm]
Lastverteilung
Mobilisierte
Säulen / Boden [%]
Säulenkraft [kN]
a) Flachgründung
4,7 cm
100 % / 0 %
-
b) RSV-Säulen ohne Einbindung + Tragschicht
2,6 cm
44 % / 56 %
68 kN
c) RSV-Säulen mit 2,5 m Einbindung + Tragschicht
2,4 cm
46 % / 54 %
72 kN
d) STS-Säulen ohne Einbindung + Tragschicht
1,7 cm
34 % / 66 %
56 kN
e) STS-Säulen mit 2,5 m Einbindung + Tragschicht
1,2 cm
36 % / 64 %
59 kN
f) STS-Säulen mit 2,5 m Einbindung, ohne Tragschicht
0,5 cm
81 % / 19 %
88 kN
Tab. 2 Rechnerische Ergebnisse der Variantenstudie
Säulen als auch bei den deutlich steiferen STS-Säulen,
der Charakter einer Baugrundverbesserung erhalten
bleibt. Während bei Rüttelstopfsäulen der über die
Säulen abgetragene Lastanteil bei 44 % bis 46 % liegt,
ist dieser bei dem Einsatz von im Querschnitt deutlich
kleineren, aber steiferen Stabilisierungssäulen mit
34 % bis 36 % kleiner, so dass trotz der steiferen Säulen auch hier der größere Lastanteil von 64 % bis 66 %
direkt über die Bodenspannungen abgetragen wird; der
Anteil der mittragenden Wirkung des anstehenden
Bodens ist also bei der Anwendung der Betonsäulen
höher als bei der Rüttelstopfverdichtung. Durch die
Einbindung der Säulen in das unterlagernde Halbfestgestein ergibt sich für beide Varianten (RSV, STS) bei
den gewählten Steifigkeitsverhältnissen keine wesentliche Beeinflussung hinsichtlich Lastverteilung und
Säulenkraft.
Werden die in das Halbfestgestein einbindenden Betonsäulen ohne lastverteilende Tragschicht an die Sohle des Trogbauwerks angeschlossen, wird die mittragende Wirkung der Bodenplatte deutlich reduziert, bei
dieser Variante werden bis zu rund 81 % der Einwirkungen von den Betonsäulen aufgenommen. Dies zeigt
die maßgebliche Bedeutung einer lastverteilenden
Tragschicht für die Lastaufteilung in solchen Baugrundverbesserungen mit „rigid inclusions“ und insbesondere für die Aktivierung des Lastabtrags über Bodenspannungen.
Die Spannungsverteilung unter der Bodenplatte ist
abhängig von der Mächtigkeit und den bodenmechanischen Eigenschaften der Tragschicht. Dabei kommt es
bei den hier gewählten Randbedingungen bei den STSSäulen (Bild 5) als auch - in abgeschwächter Form bei den RSV-Säulen zu einer gewissen Spannungskonzentration unter der Bodenplatte im Bereich über den
Säulenköpfen, wobei die Auswirkungen auf die Stahlbetonbemessung der Bodenplatte im Vergleich zu dem
Ansatz eines mittleren Bettungsmoduls gering sind.
Bild 5
Rechnerische Bettungsmodulverteilung für
Bodenplatte bei Einsatz von STS-Säulen mit
lastverteilender Tragschicht
Bild 6 verdeutlicht die Zusammenhänge durch Visulisierung der Vertikalspannungen im Baugrund und im
Bereich der Säulen an der Unterkante der granularen
Tragschicht. Die Lastkonzentration im Bereich des
Kopfes einer Säule hängt zum einen von der Tragwirkung der lastverteilenden Schicht und zum anderen
von dem Zusammenwirken der Steifigkeiten der am
Lastabtrag beteiligten Bauwerks- und Gründungselemente sowie des Baugrunds ab. Bei den vorliegenden
Bedingungen kommt es zu sowohl für die relativ steifen pfahlartigen Betonsäulen, als auch für relativ weiche Säulen einer Rüttelstopfverdichtung zu Spannungskonzentrationen oberhalb der Säulenköpfe.
Grundsätzlich ist daher im Einzelfall zu prüfen, inwieweit bei einer durch eine Tragschicht entkoppelten
Tragwerksstruktur Spannungskonzentrationen über den
Säulen bzw. pfahlartigen Tragelementen zu berücksichtigen sind.
Bild 6
5
Vertikalspannungen im Baugrund und im
Bereich der Säulen an Unterkante Schottertragschicht
Resümee
Die vorgestellten Überlegungen und numerischen
Variantenuntersuchungen zeigen eindrucksvoll die
komplexen Wechselwirkungen, die das Tragverhalten
von Baugrundverbesserungen mit pfahlartigen Tragelementen prägen und die Parallelen zu einer Kombinierten Pfahl-Plattengründung (KPP) zeigen, so dass
im Hinblick auf Baugrundverbesserungen mit pfahlartigen Tragelementen unter axialer Beanspruchung im
Zuge der Überarbeitung des Eurocode 7 auf die entsprechenden Regelungen im Abschnitt 7 „Pfahlgründungen“ verwiesen werden kann.
Werden die Säulen bzw. pfahlartigen Tragelemente
von dem Bauwerk durch eine lastverteilende Tragschicht entkoppelt, ist zusätzlich der hierdurch bedingte maßgebliche Einfluss auf die Lastverteilung zwischen Säulen und Boden sowie die initiierte negative
Mantelreibung im oberen Bereich der Säulen zu berücksichtigen – als zwei Wechselwirkungen, die in
dieser Form bei KPPs nicht auftreten.
Die vergleichenden Untersuchungen zu duktilen
Schottersäulen und steiferen Stabilisierungssäulen
zeigt, dass nicht allein das Steifigkeitsverhältnis zwischen Säulen und Boden das Tragverhalten der Baugrundverbesserung beeinflusst und dass nicht per se
steifere, aber im Querschnitt dünner Säulen eine risikoreiche Anwendung darstellen.
Die zuverlässige Beurteilung des Tragverhaltens
einer Baugrundverbesserung mittels pfahlartigen Tragelementen erfordert die Kenntnis des Tragverhaltens
und der Wechselwirkungen und damit eine entsprechend qualifizierte rechnerische Modellbildung des
Gesamtsystems; hierfür eignen sich im besonderen
Maße numerische Simulationsmodelle.
Unter den für die hier dokumentierte Variantenstudie
gewählten Systembedingungen ist die entkoppelnde
Tragschicht ein maßgebendes Unterscheidungskriterium gegenüber einer konventionellen Pfahlgründung
(siehe Vergleich Variante e) und f) in Tabelle 2). Allerdings ist dieses Kriterium für sich kein hinreichendes Charakteristikum, da weitere Einflüsse, wie die
Steifigkeiten der Bodenschichten im Bereich der Säuleneinbindung das Tragverhalten ebenfalls maßgeblich
prägen können.
Vereinfachte Bemessungsansätze zur Abschätzung
der Interaktionseinflüsse, wie in Bild 7 skizziert, dürften daher auch zukünftig Vorbemessungen vorbehalten
bleiben.
[4]
[5]
[6]
[7]
[8]
[9]
[10]
[11]
Bild 7
Ersatzmodell für vereinfachte Abbildung des
Tragverhaltens einer Baugrundverbesserung
mit pfahlartigen Tragelementen und lastverteilender Tragschicht
Wichtig ist für alle Baugrundverbesserungen mit
„steifen“ Säulen der Nachweis der inneren Tragfähigkeit der Säulen unter Berücksichtigung der vertikalen
und horizontalen Einwirkungen aus Bauwerkslasten
und gegebenenfalls vorhandenen Bodenverschiebungen.
6
[12]
[13]
Literatur
[1] Ril 836 „Erdbauwerke und sonstige geotechnische Bauwerke planen, bauen und instandhalten“,
1. Aktualisierung, gültig ab 01.10.2008, DB Netz
AG
[2] Richtlinie für den Entwurf, die Bemessung und
den Bau von Kombinierten Pfahl-Plattengründungen (KPP) („KPP-Richtlinie“). Hrsg. Arbeitskreis „Pfähle“ der DGGT, 2001, in: „Kombinierte
Pfahl-Plattengründungen“, Hanisch, J., Katzenbach, R., König . (Eds.), Ernst & Sohn, Berlin,
2002
[3] Merkblatt für die Herstellung, Bemessung und
Qualitätssicherung von Stabilisierungs-säulen zur
Untergrundverbesserung - Teil I: CSV-Verfahren.
[14]
[15]
[16]
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